fluoreszenz und struktur von flavonen, ii der einfluß von...

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This work has been digitalized and published in 2013 by Verlag Zeitschrift für Naturforschung in cooperation with the Max Planck Society for the Advancement of Science under a Creative Commons Attribution 4.0 International License. Dieses Werk wurde im Jahr 2013 vom Verlag Zeitschrift für Naturforschung in Zusammenarbeit mit der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V. digitalisiert und unter folgender Lizenz veröffentlicht: Creative Commons Namensnennung 4.0 Lizenz. Fluoreszenz und Struktur von Flavonen, II Der Einfluß von Hydroxygruppen in 6-, 8- und 2'-Stellung* Fluorescence and Structure of Flavones, II The Influence of Hydroxy Groups at Positions 6, 8 and 2'* Hans Geiger* und Harald Homberg Institut für Chemie der Universität Hohenheim, Garbenstraße 30, D-7000 Stuttgart 70 Z. Naturforsch. 38b, 253-257 (1983); eingegangen am 21. September 1982 Flavonoids, Fluorescence Spectra, Structure The fluorescence spectra of various 2'-, 6- and 8-hydroxy-, methoxy-, and glucosyloxy- flavones adsorbed on cellulose alone and with added shift reagents are reported. The correlation between fluorescence and structure of these compounds is discussed. Als wir kürzlich an anderer Stelle [1] über Zu- sammenhänge zwischen chemischer Struktur und Fluoreszenz von an Cellulose adsorbierten Flavonen in An- und Abwesenheit verschiedener Verschie- bungsreagentien berichteten, standen uns nur we- nige Verbindungen zur Verfügung, die in den Posi- tionen 6,8 und 2' durch Hydroxy-, Methoxy- oder Glykosyloxygruppen substituiert waren: deswegen konnten Regelmäßigkeiten, die durch diese Substi- tuenten hervorgerufen werden, nicht erkannt wer- den. Inzwischen haben wir uns eine größere Anzahl von Verbindungen der betreffenden Substitutions- typen beschafft und ihre Fluoreszenz-Spektren ge- messen. Die Ergebnisse sind in Tab. I und II zu- sammengefaßt, dabei wurden der Vollständigkeit halber auch verschiedene der 1. c. [1] schon ver- öffentlichten Werte mit aufgenommen. Als Verschiebungsreagenz wurde außer den schon 1. c. [1] verwendeten Reagentien (EDTA, Diphenyl- borsäure-jö-aminoethylester und Natriumcarbonat) noch Natriumtetraborat herangezogen, weil sich er- geben hatte, daß damit verschiedene 6-Hydroxy- flavone, die in Gegenwart anderer Reagentien nicht oder nur schwach fluoreszieren, kräftig fluoreszie- rende Komplexe bilden, und damit auf Chromato- grammen empfindlicher nachgewiesen werden kön- nen. Ehe die Ergebnisse im einzelnen besprochen wer- den, müssen noch verschiedene Arbeiten erwähnt werden, die seit unserer vorangehenden Veröffent- lichung [1] erschienen sind, und die die pH-Abhän- + 1. Mitt. vgl. I.e. [1]. * Sonderdruckanforderungen an Prof. Dr. H. Geiger. 0340-5087/83/0200-0253/$ 01.00/0 gigkeit der Fluoreszenz von monosubstituierten Flavonen in wäßriger bzw. wäßrig-methanolischer Lösung zum Gegenstand haben [2-4]. Diese Unter- suchungen haben nicht nur unsere 1. c. [1] gemachte Annahme bestätigt, daß die in manchen Fällen be- obachteten großen Abstände zwischen längstwelli- ger Absorption und Fluoreszenz auf eine Dissozia- tion im angeregten Zustand zurückzuführen ist, sondern auch gezeigt, daß sich während der Lebens- dauer des angeregten Zustandes unter Umständen auch Phototautomere und Exciplexe mit dem Lösungsmittel bilden können, sowie daß während der Messung des Spektrums auch Photoreaktionen, wie sie schon verschiedentlich beschrieben worden sind [5, 6], stattfinden können [4]. Diese Tatsachen erschweren zwar die exakte Deutung unserer Be- funde, schmälern aber nicht deren Wert für die Identifizierung von Flavonen unmittelbar auf Dünnschichtchromatogrammen. In Tab. I ist das Fluoreszenz verhalten verschie- dener 2'-Hydroxyflavone mit Phloroglucinoxyge- nierungsmuster im Ring A zusammengefaßt. Auf unbehandelten und mit EDTA besprühten Chro- matogrammen zeigen erwartungsgemäß nur die Flavonole 7 und 8 eine schwache Fluoreszenz, die aber nicht wie bei den entsprechenden Flavonolen ohne 2'-Hydroxygruppe bei 540-547 nm [1], son- dern bei 510-512 nm liegt; damit kann in solchen

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This work has been digitalized and published in 2013 by Verlag Zeitschrift für Naturforschung in cooperation with the Max Planck Society for the Advancement of Science under a Creative Commons Attribution4.0 International License.

Dieses Werk wurde im Jahr 2013 vom Verlag Zeitschrift für Naturforschungin Zusammenarbeit mit der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung derWissenschaften e.V. digitalisiert und unter folgender Lizenz veröffentlicht:Creative Commons Namensnennung 4.0 Lizenz.

Fluoreszenz und Struktur von Flavonen, II Der Einfluß von Hydroxygruppen in 6-, 8- und 2'-Stellung*

Fluorescence and Structure of Flavones, II The Influence of Hydroxy Groups at Positions 6, 8 and 2'*

Hans Geiger* und Harald Homberg Institut für Chemie der Universität Hohenheim, Garbenstraße 30, D-7000 Stuttgart 70

Z. Naturforsch. 38b, 253-257 (1983); eingegangen am 21. September 1982

Flavonoids, Fluorescence Spectra, Structure The fluorescence spectra of various 2'-, 6- and 8-hydroxy-, methoxy-, and glucosyloxy-

flavones adsorbed on cellulose alone and with added shift reagents are reported. The correlation between fluorescence and structure of these compounds is discussed.

Als wir kürzlich an anderer Stelle [1] über Zu-sammenhänge zwischen chemischer Struktur und Fluoreszenz von an Cellulose adsorbierten Flavonen in An- und Abwesenheit verschiedener Verschie-bungsreagentien berichteten, standen uns nur we-nige Verbindungen zur Verfügung, die in den Posi-tionen 6,8 und 2' durch Hydroxy-, Methoxy- oder Glykosyloxygruppen substituiert waren: deswegen konnten Regelmäßigkeiten, die durch diese Substi-tuenten hervorgerufen werden, nicht erkannt wer-den. Inzwischen haben wir uns eine größere Anzahl von Verbindungen der betreffenden Substitutions-typen beschafft und ihre Fluoreszenz-Spektren ge-messen. Die Ergebnisse sind in Tab. I und II zu-sammengefaßt, dabei wurden der Vollständigkeit halber auch verschiedene der 1. c. [1] schon ver-öffentlichten Werte mit aufgenommen.

Als Verschiebungsreagenz wurde außer den schon 1. c. [1] verwendeten Reagentien (EDTA, Diphenyl-borsäure-jö-aminoethylester und Natriumcarbonat) noch Natriumtetraborat herangezogen, weil sich er-geben hatte, daß damit verschiedene 6-Hydroxy-flavone, die in Gegenwart anderer Reagentien nicht oder nur schwach fluoreszieren, kräftig fluoreszie-rende Komplexe bilden, und damit auf Chromato-grammen empfindlicher nachgewiesen werden kön-nen.

Ehe die Ergebnisse im einzelnen besprochen wer-den, müssen noch verschiedene Arbeiten erwähnt werden, die seit unserer vorangehenden Veröffent-lichung [1] erschienen sind, und die die pH-Abhän-

+ 1. Mitt. vgl. I.e. [1]. * Sonderdruckanforderungen an Prof. Dr. H. Geiger. 0340-5087/83/0200-0253/$ 01.00/0

gigkeit der Fluoreszenz von monosubstituierten Flavonen in wäßriger bzw. wäßrig-methanolischer Lösung zum Gegenstand haben [2-4]. Diese Unter-suchungen haben nicht nur unsere 1. c. [1] gemachte Annahme bestätigt, daß die in manchen Fällen be-obachteten großen Abstände zwischen längstwelli-ger Absorption und Fluoreszenz auf eine Dissozia-tion im angeregten Zustand zurückzuführen ist, sondern auch gezeigt, daß sich während der Lebens-dauer des angeregten Zustandes unter Umständen auch Phototautomere und Exciplexe mit dem Lösungsmittel bilden können, sowie daß während der Messung des Spektrums auch Photoreaktionen, wie sie schon verschiedentlich beschrieben worden sind [5, 6], stattfinden können [4]. Diese Tatsachen erschweren zwar die exakte Deutung unserer Be-funde, schmälern aber nicht deren Wert für die Identifizierung von Flavonen unmittelbar auf Dünnschichtchromatogrammen.

In Tab. I ist das Fluoreszenz verhalten verschie-dener 2'-Hydroxyflavone mit Phloroglucinoxyge-nierungsmuster im Ring A zusammengefaßt. Auf unbehandelten und mit EDTA besprühten Chro-matogrammen zeigen erwartungsgemäß nur die Flavonole 7 und 8 eine schwache Fluoreszenz, die aber nicht wie bei den entsprechenden Flavonolen ohne 2'-Hydroxygruppe bei 540-547 nm [1], son-dern bei 510-512 nm liegt; damit kann in solchen

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254 H. Geiger-H. Homberg • Fluoreszenz und Struktur von Flavonen

Tab. I. Fluoreszenz verhalten von 2'-substituierten Flavonen.

Substitutionsmuster Fluoreszenzmaxima Substanz Nr. Chromenon Phenyl

3 5 3 7 8 2' 3' 4' 5' 6' unb. EDTA NA Soda

5.7.2' -Trihy droxyflavon 1 • • L L 512 510 Datiscetin - 3 -r utinosid 2 A • • L L 525 530 5.7.2'. 4' -Tetrahy droxyflavon 3 • • • • L L 505 502 5.7.2'. 3' - Tetrahy droxyflavon 4 • • • • L L 562 537 Isoetin 5 • • • • • L L 565 497 Isoetin - 7 -methy lether 6 • O • • • L L 563 500 Datiscetin 7 • • • 510 512 520 512 Morin* 8 • • • • • 500 510 520 545

0 = OH; O = OCH3; A = Glykosyloxy; unb. = unbehandelt; EDTA = mit 0,2 M Ethylendiamintetra-essigsäure-dinatriumsalz in Wasser besprüht; NA = mit 1-proz. Diphenylborsäure-/S-aminoethylester in Methanol besprüht; Soda = mit 5-proz. Na2C03 in Wasser besprüht. * Werte aus I.e. [1].

L = dunkler, die Eigenfluoreszenz der Schicht löschender Fleck. Wert (normale Ziffern) = sehr schwache Fluoreszent; Wert (kursive Ziffern) = schwache Fluoreszenz; Wert (halbfette Ziffern) = Fluoreszenz mittlerer Intensität.

Flavonolen die An- oder Abwesenheit einer 2'-OH-Gruppe leicht nachgewiesen werden. Der Grund für diese Verschiebung dürfte in der Möglichkeit zur Ausbildung einer Wasserstoff brücke zwischen OH-2' und OH-3 zu suchen sein. Nach dem Besprühen mit Dipheny 1 bor säure - ß - aminoethy lester (NA) zeigen alle Flavonoide dieser Gruppe eine kräftige Fluores-zenz, die ungefähr in den erwarteten Bereichen liegt. Hervorzuheben ist nur, daß 4 mit seiner 2'.3'-Dihy-droxygruppierung bei 562 nm fluoresziert, während die Maxima der entsprechenden 3'.4'-Dihydroxy-flavone bei 545-550 liegen [1], auch die zusätzliche Einführung einer 2'-0H-Gruppe in ein 3'.4'-Dihy-droxyflavon (5 und 6) bewirkt eine Verschiebung der Fluoreszenzmaxima nach 565 nm. Die Lage der Fluoreszenzmaxima der 2 '-Hydroxyflavone in Gegen-wart von Natriumcarbonat ist ohne diagnostische Bedeutung. Demgegenüber muß aber erwähnt wer-den, daß 1, 2 und 4 genau wie die entsprechenden 4'-Hydroxyisomeren - auch bei der visuellen Be-trachtung in Ammoniakatmosphäre - deutlich fluoreszieren. Dieser Effekt war zwar zu erwarten, da in beiden Fällen eine Wechselwirkung mit der Carbonylgruppe möglich ist, aber er bedurfte noch der experimentellen Nachprüfung.

In Tab. II ist das Fluoreszenz verhalten aller uns zugänglichen Flavone, die eine Hydroxy-, Methoxy-oder Glykosyloxygruppe in 6- oder 8-Stellung be-sitzen, zusammengestellt. In unbehandeltem bzw.

mit EDTA besprühtem Zustand fluoresziert, unab-hängig von sonstigen Substituenten, keines der 8-Hydroxyflavone. Es scheint demnach wie für 5-Hydroxyflavone ein recht effizienter strahlungs-loser Desaktivierungsprozeß zu existieren, über dessen Natur man aber aufgrund der vorliegenden Messungen keine Aussage machen kann. Bei den 6-Hydroxyflavonen ist das Bild nicht so einheitlich: In Abwesenheit einer Hydroxygruppe in 5-Stellung fluoreszieren 6-Hydroxyflavone, wobei im Falle von 10 und 11 EDTA eine starke bathochrome Ver-schiebung bewirkt und bei 9 zu schlecht reproduzier-baren Resultaten führt, weswegen die Deutung dieses Effekts weiteren Untersuchungen vorbehal-ten bleiben muß. In Anwesenheit einer 5-Hydroxy-gruppe und Abwesenheit einer 3-Hydroxygruppe ist wie üblich keine Fluoreszenz beobachtbar. In Anwesenheit von Hydroxygruppen in 3- und 5-Stel-lung hängt das Fluoreszenzverhalten von dem gesamten Substitutionsmuster ab; da 3.5-Dihydro-xyflavone ohnehin nur schwach fluoreszieren, han-delt es sich hier eventuell nur um graduelle Unter-schiede, d.h. die Fluoreszenzintensitäten liegen teil-weise unter und teilweise über der Nachweisgrenze unserer Meßanordnung. Die Einführung einer Me-thoxy- oder Glykosyloxygruppe in die 6- oder 8-Stellung eines Flavons, das außerdem noch min-destens einen weiteren Substituenten trägt, ändert auf unbehandelten oder mit EDTA besprühten

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255 H. Geiger-H. Homberg • Fluoreszenz und Struktur von Flavonen

Tab. II. Fluoreszenzverhalten von 6- und 8-substituierten Flavonen.

Substitutionsmuster Fluoreszenzmaxima Substanz Nr. Chromenon Phenyl

3 5 6 7 8 2' 3' 4' 5' 6' unb. EDTA NA Soda Borax

6-Hydroxyflavon* 9 • 460 1 460 520 460 6-Hy droxy - 7 -methoxyfla von 10 • 0 462 502 475 547 460 6.7 -Dihydroxyflavon* 11 • • 465 502 507 537 485 8 -Hydroxyflavon * 12 • N N 490 N N 7.8 -Dihydroxyflavon * 13 • • L L 557 500 500 5 -Hydroxy - 6 -methoxyflavon 14 • 0 L L L L L 5.6-Dihydroxyflavon * 15 • • L L L L L Scutellarein- 7 -glucosid* 16 • • A • L L L 490 480 Scutellarein* 17 • • • • L L L 480 L Patuletin - 3 -glucosid 18 A • O • • • L L 570 L L Primetin 19 • • L L L L L Herbacetin-3-sophorosid-8-glucosid* 20 A • • A • L L 532 L L Gossypetin-3-sophorosid-8-glucosid* 21 A • • A • • L L 555 L L 6 -Hydroxy kämpferol 22 • • • • • 537 547 560 515 537 6 -Hydro xykämpferol - 7 -glucosid 23 • • • A • nmb nmb nmb 510 515 6 -Methoxy kämpferol 24 • • 0 • • 540 547 527 535 540 6 -Methoxy kämpferol - 7 -glucosid 25 • • 0 A • 535 537 525 520 535 Quercetagetin 26 • • • • • • L L 552 L 540 Quercetagetin - 7 -glucosid * 27 • • • A • • L L 575 L 532 Patuletin 28 • • 0 • • • 532 542 552 L 535 Patuletin - 7 -glucosid 29 • • 0 A • • 547 547 585 522 547 Herbacetin 30 • • • • • L L L L2 L Herbacetin-8-glucosid 31 • • • A • 545 552 527 535 540 Gossypetin* 32 • • • • • • L L L L3 L Gossypetin - 7 -glucosid 33 • • A • • • L L 580 L L Gossypetin - 8-glucosid 34 • • • A • • 547 557 572 525 555

0 = OH; O = OCH3; A = Glykosyloxy; unb. = unbehandelt; EDTA = mit 0,2 M Ethylendiamintetra-essigsäure-dinatriumsalz in Wasser besprüht; NA = mit 1-proz. Diphenylborsäure-ß-aminoethylester in Methanol besprüht; Soda = 5-proz. Lösung von NaCÜ3 in Wasser besprüht; Borax = mit 1-proz. Natriumtetraborat in Wasser besprüht. L = dunkler, die Eigenfluoreszenz der Schicht löschender Fleck; N — neutral, d.h. der Fleck ist unter der UV-Lampe nicht sichtbar; Wert (normale Ziffern) = sehr schwache Fluoreszenz; Wert (kursive Ziffern) — schwache Fluoreszenz; Wert (halbfette Ziffern) = kräftige Fluoreszenz. * Werte dieser Verbindungen sind teilweise I.e. [1] entnommen - bei dem dort als Quercetagetin angegebenen

Handelspräparat handelt es sich in Wirklichkeit um das entsprechende 7-Glucosid 27. 1 Schlecht reproduzierbares Fluoreszenzmaximum zwischen 477 und 500 nm; 2 bei Tageslicht grünlich blau;

3 bei Tageslicht olivgrün; nmb = nicht meßbar.

Chromatogrammen nichts an der Fluoreszenzfähig-keit, und der Einfluß auf die Lage des Fluoreszenz-maximums ist gering.

Mit Diphenylborsäure bilden die beiden 8-Hy-droxyflavone ohne 5-Hydroxygruppe (12 und 13) fluoreszierende Komplexe, was bei 13 mit seiner o-Dihydroxygruppierung nicht weiter verwunder-lich ist; ob bei 12 der der OH-8-Gruppe benachbarte Pyransauerstoff an der Komplexbildung beteiligt ist, muß noch an Hand weiterer Modellsubstanzen

geklärt werden. 8-Hydroxyflavone, die außerdem eine 5-Hydroxygruppe besitzen, bilden mit Diphe-nylborsäure keine fluoreszierenden Komplexe; bei der einzigen scheinbaren Ausnahme von dieser Re-gel in Tab. II - Gossypetin-7-glucosid (33) - tritt die Fluoreszenz erst nach einigen Sekunden auf, d.h. die fluoreszierende Spezies dürfte das Produkt einer chemischen Reaktion sein. Dasselbe dürfte auch bei den tiefgefärbten, nicht fluoreszierenden Produkten aus 30 sowie 32 der Fall sein.

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256 H. Geiger-H. Homberg • Fluoreszenz und Struktur von Flavonen

6.7-Dihydroxyflavone bilden, sofern sie keine Hy-droxygruppe in 5-Stellung tragen, mit Diphenylbor-säure kräftig fluoreszierende Komplexe; 5.6-Dihy-droxyflavone (15, 16 und 17), die keine Hydroxy-gruppe in 3-Stellung besitzen, bilden dagegen keine fluoreszierenden Komplexe. 6-Hydroxyflavone mit Hydroxygruppen in 3- und 5-Stellung bilden im Gegensatz zu den entsprechenden 8-Hydroxy-flavonen Komplexe, die, wenn auch nicht sehr inten-siv, fluoreszieren. Die Lage der Fluoreszenzmaxima hängt hierbei recht empfindlich vom gesamten Sub-situtionsmuster ab, so daß es verfrüht wäre, aus dem vorliegenden Tatsachenmaterial allgemeine Regeln abzuleiten, obschon sich gewisse Regel-mäßigkeiten andeuten: Falls im Ring B keine ortho-Dihydroxygruppierung vorhanden ist, liegen die Fluoreszenzmaxima stets längerwellig als bei den entsprechenden 6-Desoxyverbindungen, ist dagegen im Ring B eine or^o-Dihydroxygruppierung vor-handen, so liegen sie kürzerwellig, wenn eine freie 7-Hydroxygruppe vorhanden ist, aber längerwellig, wenn diese Gruppe glykosidiert ist.

Die Einführung zusätzlicher Methoxy- oder Gly-kosyloxygruppen in die 6- oder 8-Stellung ändert meist (Ausnahme 14!) nichts an der Fluoreszenz-fähigkeit seines Diphenylborsäurekomplexes, und die Lage der Fluoreszenzmaxima scheint ähnlichen Regelmäßigkeiten unterworfen zu sein, wie sie vorstehend für 6-Hydroxyflavone aufgezeigt wur-den.

Das Fluoreszenzverhalten von Flavonen mit Hy-droxy-, Methoxy- oder Glykosyloxy-Gruppen in 6- oder 8-Stellung nach dem Besprühen mit Na-triumcarbonat ist weniger regelmäßig als bei Fla-vonen ohne diese Substituenten, denn durch diese zusätzlichen Substituenten wird das Redoxpotential der entstehenden Phenolatanionen häufig soweit erniedrigt, daß diese mit Luftsauerstoff reagieren. Dieser Nachteil wird teilweise dadurch aufgewogen, daß die dabei entstehenden Oxydationsprodukte teilweise recht charakteristisch gefärbt sind (30 und 32); aber aus der Tatsache, daß nach Behandlung mit Natriumcarbonat keine Fluoreszenz auftritt, kann man bei diesen Verbindungen, auch wenn visuell gesehen keine Oxydation stattgefunden zu haben scheint, keine Schlüsse ziehen, denn es ist dann immer noch mit einer Reaktion im angeregten Zustand zu rechnen, was ein sehr effektiver Lösch-prozeß ist.

Schließlich haben wir in Tab. II noch das Fluo-reszenzverhalten in Gegenwart von Natriumtetra-borat aufgenommen, weil dieses Reagenz mit den von uns untersuchten 6-Hydroxyflavonolen 22, 23, 26 und 27 stärker fluoreszierende Komplexe liefert, als die übrigen Reagentien, und diese Verbindungen damit empfindlicher auf Chromatogrammen nach-gewiesen werden können. Eingehender können die durch dieses Reagenz hervorgerufenen Fluoreszenz-erscheinungen erst diskutiert werden, wenn um-fangreiches Material vorliegt, zumal dieses Reagenz sowohl Boratkomplexe bilden, als auch Phenolat-anionen erzeugen kann.

Zusammenfassend kann man sagen, daß, obwohl das Fluoreszenzverhalten von 6- und 8-substituier-ten Flavonen recht komplex ist, es dennoch zusam-men mit anderen spektroskopischen Daten zur Strukturvermittlung von Flavonen herangezogen werden kann. In jedem Fall ist das Fluoreszenz ver-halten eine wichtige „Vorprobe", denn es kann, z.B. bei der Isolierung von Flavonoiden aus Pflanzen-material schon untersucht werden, sobald die be-treffende Verbindung als einigermaßen diskreter Fleck auf einem Chromatogramm erscheint und liefert dann wichtige Anhaltspunkte für die weitere Auftrennung.

Durchführung der Messungen

Die untersuchten Flavonoide waren entweder in unserem Laboratorium vorhanden, wurden nach bekannten Methoden synthetisiert oder aus ge-eignetem Pflanzenmaterial isoliert (2 und 7 aus Datisca cannabina L. [7]; 22, 23, 26 und 27 aus Tagetes erecta L. [8, 9]; 24, 25, 28 und 29 aus Tagetes patula L. [9, 10]; 33 aus Chrysanthemum segetum L. [11])-

Für die DC wurden selbst beschichtete Cellulose-platten (MN 300, Macherey, Nagel u. Co., Düren (Rhld.) und als Fließmittel wurden Essigsäure-Wasser-Gemische verwendet, deren Zusammenset-zung so gewählt wurde, daß der iif-Wert der zu messenden Substanz zwischen 0,2 und 0,8 lag. Die Flavonoide wurden als Lösung von 1 mg in 1 ml 80% wäßr. Methanol aufgetragen. Die Zusammen-setzung der Verschiebungsreagentien ist in den Legenden von Tabb. I und II angegeben. Gemessen wrurde in 5-nm-Schritten mit dem Chromatogramm-Spektralphotometer KM 3 (Carl Zeiss, Oberkochen). Zur Anregung der Fluoreszenzen unterhalb ca. 450 nm wurde das Monochromatfilter 315 verwen-det, für alle übrigen Fälle das Filter 365 nm.

Dem Fonds der chemischen Industrie sei für die finanzielle Unterstützung gedankt.

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257 H. Geiger-H. Homberg • Fluoreszenz und Struktur von Flavonen

[1] H. Homberg und H. Geiger, Phytochemistry 19, 2443 (1980).

[2] R . Schipfer, O. S. Wolfbeis und A. Knierzinger, J. Chem. Soc. Perkin II 1981, 1443.

[3] O. S. Wolfbeis und R. Schipfer, Ber. Bunsenges. Phys. Chem. 86, 237 (1982).

[4] O. S. Wolfbeis, A. Knierzinger, H. Hermann und R. Schipfer, J. Photochem., im Druck.

[5] T. Matsuura und H. Matsushima, Tetrahedron 24, 6615 (1968).

[6] T. Matsuura, T. Takemoto und R. Nakashima, Tetrahedron 29, 3337 (1973).

[7] H. Griesebach und H. J. Grambow, Phyto-chemistry 7, 51 (1968).

[8] P. S. Rao und T. R. Seshadri, Proc. Indian Acad. Sei., Sect. A 14, 265 (1941).

[9] H. Geiger, im veröffentlicht. [10] P. S. Rao und T. R. Seshadri, Proc. Indian Acad.

Sei., Sect. A 14, 643 (1941). [11] T. A. Geissman und C. Steelink, J. Org. Chem. 22,

946 (1957).