entwicklungspolitik fuh vwt 2010

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1 TEIL 1: GRUNDLAGEN 1.1 1. KAPITEL BEGRIFFE UND KONZEPTIONELLE GRUNDLAGEN 1.1.1 DEFINITION UND ABGRENZUNGEN 1.1.1.1 Entwicklung 1.1.1.1.1 Definition 1.1.1.1.2 Abgrenzung: Wachstum und Entwicklung 1.1.1.2 Entwicklungslnder 1.1.1.2.1 Definition 1.1.1.2.2 Abgrenzungsprobleme 1.1.1.2.3 Postkommunistische Transformationslnder 1.1.1.3 Entwicklungspolitik 1.1.1.3.1 Definition 1.1.1.3.2 Abgrenzungen 1.1.2 FUNKTIONSBEGRNDUNGEN INTERNATIONALER ENTWICKLUNGSPOLITIK 1.1.2.1 Funktionsbegrndungen aus Sicht der Geberlnder 1.1.2.1.1 Altruismus 1.1.2.1.2 Eigennutzorientierung 1.1.2.2 Funktionsbegrndungen aus Sicht der Empfngerlnder 1.1.3 KOSTEN-NUTZEN-ANALYSE 1.1.3.1 Grundstzliches 1.1.3.2 Nutzen- und Kostenelemente internationaler Entwicklungspolitik 1.1.3.2.1 Zu den Nutzenargumenten 1.1.3.2.2 Zu den Kostenelementen 1.1.4 ZUSAMMENFASSUNG 1.2 2. KAPITEL: THEORETISCHE GRUNDLAGEN 1.2.1 ANHALTENDE UNTERENTWICKLUNG 1.2.1.1 Empirische Belege 1.2.1.1.1 Offensichtliche Beweise: 1.2.1.1.2 Problemstellung 1.2.1.2 Erklrungsanstze 1.2.1.2.1 Auerkonomische Erklrungsanstze 1.2.1.2.1.1 Klimatheorien 1.2.1.2.1.2 Sozialpsychologische Theorien 1.2.1.2.1.3 Modernisierungstheorien 1.2.1.2.2 Strukturalistische Erklrungsanstze 1.2.1.2.2.1 Dualismustheorien 1.2.1.2.2.2 Teufelskreistheorien 1.2.1.2.2.3 Bevlkerungstheorien 1.2.1.2.2.4 Auenhandelstheorien 1.2.1.2.2.5 Abhngigkeitstheorien 1.2.1.2.2.6 Fazit 1.2.1.2.3 Neoklassische Anstze 1.2.1.2.3.1 Grundidee und Vorlufer 1.2.1.2.3.2 Neoklassisches Standardmodell und Konvergenzthese 1.2.1.2.3.3 Neue Wachstumstheorie 1.2.1.2.3.4 Neue politkonomische Anstze 1.2.1.3 Erklrungsanstze im Kontext der Neuen Wachstumstheorie 1.2.2 UNFREIWILLIGKEIT 1.2.2.1 Freiwilligkeit im Sinne der Prferenzen 1.2.2.2 Freiwillige im Sinne mutwilliger Verursachung 1.2.3 ZUSAMMENFASSUNG 1.2.4 ANHANG ZUM 2. KAPITEL 1.2.4.1 Die neoklassische Wachstumstheorie

3 3 3 3 3 4 5 5 5 5 6 6 6 6 6 6 7 8 8 8 9 9 10 11 11 12 12 12 12 13 13 13 14 14 15 15 15 16 17 18 18 18 18 19 21 26 29 29 29 30 31 31 31

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1.2.4.2 Einfhrung von technischem Fortschritt 1.2.4.3 Konvergenz- und Divergenzthese 1.2.4.3.1 Konvergenzthese der Neoklassischen WT 1.2.4.3.2 Divergenzthese in der Neuen WT 1.2.4.4 Neue Wachstumstheorie 1.2.4.4.1 Allgemeiner methodischer Ausgangspunkt 1.2.4.4.2 Endogenisierung der Wachstumsrate 1.2.4.4.3 Globale Einschtzung 1.2.4.5 Beispielaufgaben BEISPIEL 1: BEISPIEL 2: BEISPIEL 3: BEISPIEL 4: BEISPIEL 5: BEISPIEL 6: BEISPIEL 7: BEISPIEL 8: BEISPIEL 9: BEISPIEL 10: 2 2. TEIL STRATEGIEN UND UMSETZUNGSPROBLEME 2.1 3. KAPITEL WIRTSCHAFTSPOLITISCHE AUFLAGENSETZUNGEN 2.1.1 NEOKLASSISCH BEGRNDETE AUFLAGENPOLITIK 2.1.1.1 Neoklassische Renaissance 2.1.1.1.1 Umbruch in den 70er und 80er Jahren 2.1.1.1.2 Inhaltliche Aspekte 2.1.1.2 Auflagensetzungen 2.1.1.3 Exkurs: Notwendige Selbstauflagen der IL 2.1.2 DIE ROLLE DER ORDNUNGSPOLITIK 2.1.2.1 Grundlegende Aspekte 2.1.2.2 Privatisierung 2.1.2.2.1 Effizienzbegrndung 2.1.2.2.2 Einschrnkungen 2.1.2.3 Deregulierung und Liberalisierung 2.1.2.3.1 Pldoyers fr Freihandel 2.1.2.3.2 Erwartete Gewinne aus einer Handelsliberalisierung 2.1.2.3.3 Einschrnkungen: Neue Handelstheorie 2.1.2.4 Rechtlich institutionelle Rahmenbedingungen 2.1.3 DIE ROLLE DER PROZESSPOLITIK 2.1.3.1 Grundlagenkontroverse 2.1.3.2 Orthodoxe Strategie 2.1.3.2.1 Ausgangsproblematik 2.1.3.2.2 Politikkonsequenzen 2.1.3.3 Heterodoxe Strategie 2.1.3.3.1 Strategieunterschied 2.1.3.3.2 Unterschiede in den theoretischen Ansichten 2.1.3.3.3 Abwgung/ Verbindung 2.1.4 DIE SPEZIFISCHE ROLLE DER EINKOMMENSPOLITIK 2.1.4.1 Einfhrung 2.1.4.2 Empirische Erfahrungen 2.1.4.3 Theoretische Aspekte und Argumente 2.1.4.4 Praktische Anwendungen und nominelle Ankersetzungen 2.1.5 ZUSAMMENFASSUNG 2.1.6 ANHANG ZUM 3. KAPITEL: FORMALE ANALYSE DER AUFLAGENSETZUNG

39 40 40 41 41 41 41 42 43 43 45 46 47 48 50 52 54 55 57 58 59 59 59 59 59 60 61 61 61 62 62 64 64 65 65 66 67 67 67 69 69 76 77 77 77 78 78 78 79 79 80 82 82

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2.2 4. KAPITEL: UMSETZUNGSPROBLEME 84 2.2.1 POLITKONOMISCHE UND SOZIO-KULTURELLE ERKLRUNGEN 84 2.2.1.1 Politkonomische Erklrungen 84 2.2.1.1.1 Koordinationsprobleme ber die Kostenverteilung 84 2.2.1.1.1.1 Problemstellung 84 2.2.1.1.1.2 Erklrung mit Hilfe des Zermrbungskrieg-Modells (war of atrition) 85 2.2.1.1.1.3 Notwendigkeit von Krisen fr strukturelle nderungen 88 2.2.1.1.1.4 Strategisches Eigeninteresse der Politiker 89 2.2.1.2 Sozio-kulturelle Erklrungen 90 2.2.1.2.1 Fehlende institutionelle Infrastruktur 90 2.2.1.2.2 Heterogene Prferenzen und Strukturvorstellungen 91 2.2.1.2.2.1 Heterogene Prferenzen 91 2.2.1.2.2.2 Heterogene Strukturvorstellungen 92 2.2.2 ZEITSTRUKTURPROBLEME 92 2.2.2.1 Zeitstruktur von Stabilisierungs- und Liberalisierungspolitik 92 2.2.2.1.1.1 Handelsliberalisierung 93 2.2.2.1.1.2 Kapitalliberalisierung 93 2.2.2.1.1.3 Preisliberalisierung 93 2.2.2.2 Zeitstruktur von Demokratisierung und konomischer Liberalisierung/ Stabilisierung 93 2.2.2.3 Tempo der Reformen 95 2.2.3 ZUR INTERNATIONALEN KOORDINIERUNG DER ENTWICKLUNGSPOLITIK 96 2.2.4 ZUSAMMENFASSUNG 96

1 Teil 1: Grundlagen1.1 1. Kapitel Begriffe und konzeptionelle Grundlagen1.1.1 Definition und Abgrenzungen

1.1.1.1 Entwicklung1.1.1.1.1 DefinitionWachstum, Evolution gemessen insb. Am BNE/ BSP Wachstum aber auch! Soziale (z.B. Lebenserwartung oder Kindersterblichkeit, Alphabetisierungsrate, Ernhrungslage), sozio-kulturelle (Gleichbehandlug von Rassen, Geschlechtern Gruppen etc.) und politische (politische Freiheit, Partizipation an pol. Entscheidungen) Indikatoren Zudem sind Evolutionsprozesse in diesen Bereichen interdependent Aber: Dominierendes Kriterium ist das konomische (i.e. pro-Kopf-Einkommen) insb. Bei der Einteilung in Entwicklungslnder etc. Grund dafr sind nicht zuletzt statistische Erfassungsprobleme bei den qualitativen Faktoren. Allerdings gibt es auch hinsichtlich der BNEMessung statistische Probleme: Insb. In den Entwicklungslndern existiert: ein hoher Realtauschsektor ein starker Anteil an Subsistenzwirtschaft Das BNE misst zudem nicht wesentliche Umweltzustnde, die das Wohlbefinden des Menschen stark beeinflussen. Daher wird an der Entwicklung eines Gesamtindikators gearbeitet, der die gesellschaftliche Wohlfahrt misst. 3

Ein solcher Index ist der UN Human-Development-Index, der neben BNE auch Bildungsstand etc. beinhaltet.

1.1.1.1.2 Abgrenzung: Wachstum und EntwicklungWirtschaftliches Wachstum ist eine notwendige Voraussetzung von Entwicklung, sofern diese auch Aspekte der Wohlfahrt wie eben hhere Bildung oder Lebenserwartung mit beinhaltet. Dies ist theoretisch nicht notwendig aber praktisch in nahezu jedem Entwicklungsgedanken der Entwicklungslnder beinhaltet. Neben der Zunahme quantitativer oder totaler Indikatoren wie BNE oder HDI umfasst Entwicklung auch strukturelle Vernderungen (im schumpeterschen Sinne ist Wachstum dann Ausdehnung der Produktion mit bekannten Methoden, Entwicklung ist Anwendung neuer Produktionsmethoden). Entwicklung im Sinne eines Handlungskonzeptes ist zudem mit einer bestimmten Zielsetzung verbunden. Allerdings sind theoretische Anstze zur Erklrung von Entwicklung bzw. Wachstum nicht dem selbst gesteckten Erklrungsanspruch gerecht geworden. Die meisten davon befassen sich mit den Entwicklungslndern und unterliegen einem engen RaumZeit-Bezug. Erst die neue Wachstumstheorie hat versucht eine allgemeine Theorie des Wachstums und der Entwicklung zu begrnden. Mit einem Entwicklungskonzept (i.s.d. Entwicklungspolitik) werden vielschichtigere und zielbezogenere Absichten verfolgt als mit einem reinen Wachstumskonzept (Wachstumspolitik) Das Verhltnis zwischen Wachstum und Entwicklung kann in einigen Thesen zusammengefasst werden: Wirtschaftswachstum ist eine notwendige Voraussetzung fr Entwicklung (sofern letztere auch eine Zunahme der Wohlfahrt beinhalten soll). Eine Umverteilung allein bedeutet nicht die Aufrechterhaltung eines Entwicklungsprozesses. Entwicklungspolitik bedeutet das Bejahen von Wirtschaftswachstum mit einer bestimmten Zielvorstellung, die sozio-kulturell unterschiedlich ausgeprgt ist. Sie hngt von geschichtlichen Traditionen, Normen, Wertsystemen und Vorstellungen ber Verteilungsgerechtigkeit ab. Stetiges Wirtschaftswachstum ist nur bei Beachtung der Umweltvertrglichkeit vorstellbar. Eine allgemeine weltweite Entwicklung ist nur dann mglich, wenn umweltvertrgliche Produktionsweisen auch weltweit eingesetzt werden. WiWa ist umso eher erreichbar, je strker die spezifischen sozio-kulturellen Entwicklungsvoraussetzungen inkl. Der spezifischen Zeitprferenzen bercksichtigt werden. Fr eine Entwicklungspolitik folgt daher, dass abstrakte Konzepte oder Konzepte, die an einem Land erfolgreich getestet wurden, nicht undiskriminierend anderen Lndern bergestlpt werden sollten. Die Effizienz der Entwicklung kann nicht berall gleich sein, weil die Ausgangsvoraussetzungen eine wesentliche Rolle spielen. In dieser Hinsicht ist dem Strukturalismus zuzustimmen. Allerdings bercksichtigt dieser Ansatz zumeist nicht in ausreichendem Ausma, dass fr Lnder, die sich entwickeln wollen, zumeist bestimmte Grundregeln gelten. Diese knnen als wirtschaftliche Konsistenzregeln (oder Marktlogik) bezeichnet werden. Also: Eine bestimmte wirtschaftstheoretische Grundlogik ist zu beachten, wenn Entwicklungspolitik Erfolg haben soll.

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1.1.1.2 Entwicklungslnder1.1.1.2.1 DefinitionLnder, in denen groe Bereiche der Wirtschaft (noch) nicht entwickelt sind und groe Teile der Bevlkerung arm sind, werden als Entwicklungslnder bezeichnet. Das Vergleichskriterium sind dabei die westlichen Industrielnder.

1.1.1.2.2 AbgrenzungsproblemeEs ist keine eindeutige Grenze zwischen Industrie- und Entwicklungslndern zu ziehen, da keine allgemein akzeptierten Kriterien/ Indikatoren fr Unterentwicklung und Armut existieren. Es gibt unterschiedliche Teil- und Totalindikatoren, die offensichtlich nicht kausal unabhngig von einander sind: niedriges pro Kopf Einkommen geringe Spar- und Investitionsttigkeit geringe Kapitalintensitt und Arbeitsproduktivitt niedriger technischer Ausbildungsstand und fehlendes know-how in Technik und Management Dominanz des Primrsektors in der Produktionsstruktur Mangelnde oder nicht ausreichende Infrastruktur In der entwicklungspolitischen Praxis dient das BNE meist als Abgrenzungskriterium von Entwicklungslndern. Die Weltbank unterscheidet: Lnder mit geringem BNE pro Kopf bis 825 USD Lnder mit mittlerem Einkommen 826-10.065 USD Lnder mit hohem Einkommen 10.066 USD Die UN verwendet aber den Human development index (HDI) zur Abgrenzung. Dieser setzt sich aus den Komponenten Lebenserwartung bei Geburt, Wissen (Alphabetisierungsrate und Einschulungszahl) sowie Lebensstandard (gemessen am pro-Kopf-Einkommen). hochentwickelte Lnder: HDI 0,8 mittelmig entwickelte Lnder: 0,5 HDI < 0,8 unterentwickelte Lnder: HDI < 0,5

1.1.1.2.3 Postkommunistische TransformationslnderIn den 80er Jahren wurde nachfolgende Unterteilung unternommen: 1. Welt = westliche Industrielnder i.e. USA, Kanada, Westeuropa, Japan, Australien, Neuseeland, Sdafrika) 2. Welt = Staatshandelslnder i.e. kommunistische Staaten Osteuropas und Ostasiens 3. Welt = alle brigen Nach dem Zusammenbruch der 2. Welt hinsichtlich der kommunistischen Staatsordnung waren die Lnder zu Beginn der Transformationsphase aus Sicht der sozialen Indikatoren zwischen den Entwicklungslndern mittleren Einkommens und den Industrielndern anzusiedeln aus Sicht der wirtschaftlichen Indikatoren also insb. BNE, lagen die Einkommen der osteuropischen Lnder etwa auf dem Niveau der Entwicklungslnder mittleren Einkommens Aus diesem Grund kamen auch die Studien von OECD, IWF und Weltbank zu dem Schluss, dass diese Staaten (trotz einiger Unterschiede, wie z.B. mehr Einkommen aus Industrie als aus Agrar) als Entwicklungslnder mittleren Einkommens zu werten seien. Daher war die bilaterale Entwicklungspolitik in einigen Geberlndern (USA, S) analog der fr die Entwicklungslnder organisiert. 5

1.1.1.3 Entwicklungspolitik1.1.1.3.1 DefinitionEntwicklungspolitik bezieht sich auf die Entwicklung der Entwicklungslnder. Sie kann je nach Perspektive unterschiedlich gefasst werden: Aus Sicht der Entwicklungslnder: Wirtschaftspolitik, wobei jedoch die meisten Probleme der Entwicklungslnder politischer und sozio-kultureller Art sind als konomischer. Daher ist bei der wirtschaftstheoretischen Analyse nicht unbedingt zwischen Industrie- und Entwicklungslndern zu unterscheiden aber durchaus unterschiedliche Schwerpunkte zu setzen, die sich aus der Interdependenz von konomischen und politischen bzw. sozio-kulturellen Faktoren ergeben. Aus Sicht der Helferlnder: Aktive Hilfestellung zur Entwicklung anderer Lnder, was schon die Kreditvergabe privater Kreditgeber umfasst. Allerdings wird unter EP in der Regel staatliche EP verstanden. Diese umfasst im Wesentlichen Projektfrderungen (i.e. technische Hilfe, Beratung und finanzielle Frderung) sowie immer strker allgemeine Kreditvergabe an ansonsten auf den Kapitalmrkten nicht kreditwrdige Staaten. Diese erfolgt unter Auflagen, die zumeist der Wiederherstellung der Kreditwrdigkeit dienen sollen. Diese ist nmlich notwendige Voraussetzung fr die erfolgreiche Finanzierung und damit einen jeden Entwicklungsprozess. Ohne die Fhigkeit sich zu finanzieren, knnen sich die EL nicht entwickeln, sodass Entwicklungshilfe letztlich in der Untersttzung der EL bei Erlangung der Kreditwrdigkeit auf den Kapitalmrkten gesehen werden kann. Nachfolgend wird EP in diesem Sinne verwendet.

1.1.1.3.2 Abgrenzungen EP ist verwandt aber nicht identisch mit Wachstumspolitik und Weltwirtschaftspolitik Abgrenzung zur WP: Unterscheidung zwischen Entwicklung und Wachstum WWP wird hier zudem gefasst, als Beeinflussung der wirtschaftlichen Beziehungen insb. Zwischen den Industrielndern, die wirtschaftlich auf gleichem Niveau agieren und die WW dominieren EP kennzeichnet hier die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den IL und den EL, die wirtschaftlich ungleich sind.

1.1.2 Funktionsbegrndungen internationaler Entwicklungspolitik

1.1.2.1 Funktionsbegrndungen aus Sicht der Geberlnder Grtenteils aufgrund von Eigennutz Aber denkbar ist als Begrndung auch Altruismus Letzteres triff in den seltensten Fllen zu. Ggf. bei der Hilfe fr die allerrmsten Lnder aber ansonsten ist die Motivation Eigennutz,

1.1.2.1.1 AltruismusVerhalten, das selbstlos ist und sich tendenziell mehr auf die Wohlfahrt und das Glck Anderer richtet Die eigenen Bedrfnisse und Ziele werden zugunsten dieses Verhaltens zurckgestellt. In einer Demokratie, die EP betreibt muss also der A auf humanitren Gedanken und der Solidaritt der Bevlkerung basieren. Empirisch gesehen herrschen solche Gefhle im Durchschnitt nur gegenber den rmsten Lndern, wobei die Bereitschaft zu materieller 6

Hilfe begrenzt ist. Zudem wird der altruistische Auftrag nur von wenigen Interessengruppen vertreten, sodass die Politik einen Ausgestaltungsspielraum besitzt. Der altruistische Gedanke kann auf der politischen Ebene verstrkt oder verdnnt werden. Empirische Ergebnisse hinsichtlich der Motivation staatlicher EP zeigen keine altruistischen Beweggrnde (zudem muss man auch immer fragen, ob nicht schlechtes Gewissen eine Motivation sein kann, die wie A aussieht). Diese Gedanken von Verteilungsgerechtigkeit sind der christlich-abendlndischen Ethik eigen, whrend sie in der chinesisch-japanischen konfuzianischen Ethik fehlen. Dies kann auch bei internationalen Koordinierungsversuchen zu Verstndigungsschwierigkeiten fhren. Die Gewissensberuhigung ist dann auch nicht mehr als Altruismus zu verstehen, da sie einen spezifischen Kosten-Nutzen-Vergleich unterstellt: Die Kosten der Hilfe gegenber dem Nutzen des ruhigen Gewissens. Noch weniger altruistisch ist Entwicklungshilfe aus der Furcht vor internationaler chtung bzw. Sanktionierung heraus, die sich auf soziale Normen beruft. Es deutet einiges darauf hin, dass der A so gut wie gar nicht als Erklrungsansatz fr EP dienen kann, dass vielmehr verkappter Eigennutz dahinter steht.

1.1.2.1.2 EigennutzorientierungDie Interessen der Geberlnder knnen im Grunde zweierlei sein: 1. auenpolitische I 2. wirtschaftliche, innenpolitische oder kologische I Ad 1. Auenpolitische I: Die API dominieren seit jeher die EP o Entstanden aus Ost-West-Konflikt o Absteckung von Claims seitens der konkurrierenden System in der postkolonialen 3. Welt um die Ausbreitung der anderen Wirtschaftsordnung einzudmmen o Darber hinaus spezifische Motivationen fr jedes Land als Resultat der eigenen Geschichte UK und F als ehemalige Kolonialmchte USA selbst ehem. Kolonie und daher v.a. auenpolitisch und von innerer Sicherheit motiviert BRD Auenpolitik (i.e. Abwehr des Kommunismus) und sekundr auch wirtschaftspolitische (i.e. Frderung der eigenen Auenwirtschaftsinteressen) Interessen Die Begrndung fr EP muss dabei nicht immer aus einer Dogmenkonkurrenz oder Ideologie begrndet werden. Auch die Verbesserung des eigenen internationalen Image und ber die Abhngigkeit der Empfngerlnder mehr Einfluss in internationalen Organisationen. Dies begrndet insb. Die japanische Offensive in der EP in den 80er Jahren. Ad 2. andere Interessen: wirtschaftliche Motive: Exportfrderung und Rohstoffsicherung innenpolitische Motive: Eindmmung des Migrationsproblems aufgrund Angst der Industrielnder vor unbegrenztem Zuzug von Hunger und Armut aus den unterentwickelten Lndern kologische Motive: EP i.e. Entwicklungshilfe oder Schuldenerlass gegen das Versprechen von EL, die Umwelt zu schonen. Dies ist gleichbedeutend damit die EL auf ein Nachholen der wirtschaftlichen in Teilen zu verzichten, weil erkannt wurde, dass sie nicht denselben Lebensstandard haben knnen wie die westliche Welt, ohne dass die Umwelt massiv leidet. 7

1.1.2.2 Funktionsbegrndungen aus Sicht der Empfngerlnder Moralische, vergangenheitsbezogene Argumentation: o internationale Solidaritt o Wiedergutmachung an die ehem. Kolonien (Nasser 1963 Grndung der Organisation fr afrikanische Einheit OAU) o Abgelten des glcklichen Vorzugs durch den Zufall Zukunftsorientiert, an den Eigennutz appellierende Argumentation: o Versprechung, dass die Ausweitung staatlicher FDI in die EL fr die Investoren profitabel ist, insb. Weil dort mit einer hheren Arbeitsintensitt produziert wird, was einer geringeren Lohnrate gleichkommt o Teilweise auch Ablehnung der EP, um den Status quo beizubehalten (Muslim Iran) oder nicht in ein Abhngigkeitsverhltnis zu den westlichen Mchten zu gelangen (maoist china).

1.1.3 Kosten-Nutzen-Analyse hinreichende Bedingung fr EP: Der Nutzen der EP muss deren Kosten bersteigen Ausgangsbasis: Eine Politiknderung (z.B. die Entscheidung mit EP aufzuhren) fhrt Reaktionen herbei, die die Ausgangsbedingungen fr den Nutzenmaximierungsprozess der Politikbehrde beeinflussen: o Im Inland o Im Ausland

1.1.3.1 Grundstzliches Annahme: Der Staat maximiert eine soziale Wohlfahrtsfunktion, die die Prferenzen der (Wahl-)Bevlkerung reflektiert. Der Staat ist im Grunde eine Ansammlung eigennutzorientierte Politiker und Brokraten, die aber von der Wahlbevlkerung abhngig sind. Einige allgemeine Ziele der Bevlkerung, die die Politik der Regierung beeinflussen sind: o Materieller Wohlstand o Arbeitsqualitt o Sicherheit uere Innere o Umweltqualitt Das Betreiben von EP kann als Mittel gesehen werden, die obigen Ziele eher zu erreichen, sodass eine Ziel-Mittel-Analyse seitens der Politik sinnvoll erscheint. Internationale EP kann die Ziele wiefolgt beeinflussen: o Steigerung des materiellen Wohlstands im Inland, wenn es ihr gelingt, die Wachstumschancen in den EL zu steigern und dies eine positive Rckwirkung auf die IL hat o Verschlechterung der Arbeitsbedingungen kann verhindert werden, wenn EP lawinenartige Migration aus den EL aufhlt/ verhindert/ verlangsamt o Steigerung der ueren Sicherheit, wenn EP die EL zu Verbndeten auf der internationalen Bhne macht o Steigerung der inneren Sicherheit, wenn Migration verhindert wird o Steigerung der Umweltqualitt, wenn unterentwicklungsbedingte Umweltzerstrung dadurch verhindert wird Dementsprechend kann EP ein Mittel sein, um gesellschaftliche Ziele zu erreichen oder aber die Nichterreichung eines Ziels zu vermeiden 8

Es kann dementsprechend differenziert werden zwischen o Kostenminimierung und o Nutzenmaximierung Auerdem knnen die Ziele oft nur durch Produktion internationaler Kollektivgter i.e. politische Stabilitt, kologisches Gleichgewicht, militrisches GG etc. erreicht werden Eine hinreichende Bedingung fr die Durchfhrung der EP ist abhngig von der Individuellen Gewichtung der Geberlnder hinsichtlich o Der Bedeutung des EL fr die eigene Wirtschaft o Der Aussicht auf EP Erfolg Auerdem sind die Kosten-Nutzenargumente stets subjektive Erwartungsgren, sodass die faktische Entscheidung hinsichtlich EP zwischen den einzelnen Lndern stets unterschiedlich ausfallen wird. Auerdem spielt die Zeitprferenz eines Landes eine entscheidende Rolle, da die Nutzen- und Kostenelemente der EP zu unterschiedlichen Zeitpunkten wirksam werden.

1.1.3.2 Nutzen- und Kostenelemente internationaler EntwicklungspolitikWichtigste Nutzenelemente: Aufbau bzw. Erhalt von Exportmrkten Aufbau bzw. Erhalt von Rohstoffquellen Vermeidung der Folgen von Migration aus den EL in die IL Vermeidung der Folgen globaler Umweltverschmutzung Positive externe Effekte einer wirtschaftlichen und politischen Stabilisierung der EL Positive externe Effekte der Verringerung der Ungleichverteilung in den EL Die wichtigsten Kosten sind Ressourcenverlust fr die eigene Weiterentwicklung Heranzchten von Konkurrenten auf Weltmarkt und Politik Mgliche Destabilisierung des internationalen Koordinierungsprozesses Risiko der Verschwendung knapper Ressourcen

1.1.3.2.1 Zu den Nutzenargumenten Aufbau/ Erhalt von Exportmrkten o Lieferbindung an Exporteure des Geberlandes gegen EP o Die Exporterlse aus diesen Vertrgen bertreffen erfahrungsgem schon nach kurzer Zeit die Kosten der Manahmen o Auch langfristige Effekte wie z.B. der Aufbau eines neuen Exportmarktes knnen die Folge sein weil z.B. die Produkte aus den Geberlndern favorisiert o Dies steigert Beschftigung und Wohlstand im Geberland Aufbau/ Erhalt von Rohstoffquellen o Durch EP an rohstoffexportierende Lnder knnen die Rohstoffimportabhngigen Industriestaaten folgendes erreichen: Abhngigkeit wird kontrollierbar i.e. Rohstoffzufuhr wird zuknftig (subjektiv) sicherer EP die das Bevlkerungswachstum in den EL eindmmt, verhindert Ausbeutung des Rohstoffes durch das EL selbst Stabilisierung der Rohstoffpreise auf bestimmten oligopolistischen Mrkten Vermeidung der Folgen einer Migrationsbewegung o berforderung der IL mit einer starken Migration o Soziale Spannungen zwischen Migranten und Einheimischen 9

o berfremdungs-, Arbeitsplatz- und Lohnniveaungste der einheimischen Bevlkerung o Eindmmung der Armut in den EL durch EP kann eine solche Migration verhindern Vermeidung der Folgen globaler Umweltverschmutzung o Umweltschdigungen in den EL bedrohen auch die IL o Entwicklungshilfe, die auf die Vermeidung der Umweltschdigung in den EL gerichtet ist, kann an zwei Stellen ansetzen: Finanzielle und technologische Hilfe bei der Verfolgung der Umweltpolitik in den EL Durchbrechung der konomischen und kologischen Abwrtsspirale, die aus dem Vorzug resultiert, den die EL kurzfristigen konomischen Aspekten geben (mssen wg. Zahlungsbilanzdefizit) anstatt langfristige kologische Ziele umzusetzen. Positive externe Effekte einer wirtschaftlichen und politischen Stabilisierung der EL o Stabilisierung der EL als positiver Bestandteil des zuk. Weltfriedens o Starke Verflechtung der Weltwirtschaft aufgrund Globalisierung o Der erwartete Nutzen der EP ist in diesem Kontext umso grer, je hher die W, dass die El sich nicht von selbst aus ihrer Misere befreien knnen. Positive externe Effekte der Verringerung von Ungleichverteilung in den EL o Je geringer die Ungleichverteilung in und zwischen den EL ist, umso geringer werden die nationalen und folglich auch internationalen Konflikte (Drogenmafia, Golfkrieg, Nord-Sd-Konflikt) sein. o Diese Konflikte reduzieren jedoch weltweit das wirtschaftliche Wachstum, welches ein wertvolles Kollektivgut ist.

1.1.3.2.2 Zu den KostenelementenJe risikoaverser die Politiker bzw. Whler der Geberlnder sind, desto hher werden sie die Kosten der nachfolgenden Szenarien bewerten: Anfnglicher Ressourcenverlust fr eigene Weiterentwicklung o Direkte Kosten in Form der Entwicklungshilfe selbst aber auch in Form von Administrationskosten (i.e. Durchfhrung konkreter EP Projekte sowie Aufbau und Erhalt von Behrden, die EP koordinieren) o Eigentliche Kosten sind ein in Preisen bewerteter Ressourcenverlust in Form von Arbeit, Kapital und technischem Wissensvorsprung. Dies sind die Opportunittskosten fr die eigene Weiterentwicklung Heranzchten von Konkurrenten auf dem Weltmarkt und in der Weltpolitik o Die IL, die EP leisten, fgen sich selbst Schaden zu wenn die von ihnen untersttzten EL zu Konkurrenten auf dem Weltmarkt avancieren. Diese Befrchtungen waren schon gegenber dem Marshall-plan geuert worden o Weiterhin bedingt eine wirtschaftliche Erstarkung der Lnder auch eine politische, die auch eine Gefahr fr die Geberlnder darstellen kann. Mgliche Destabilisierung des internationalen Koordinierungsprozesses o Die wirtschaftspolitische Koordination zwischen den Industrielndern wird schwieriger wenn immer mehr unterentwickelte Lnder die Entwicklungsschwelle berschreiten und zu den IL aufschlieen. o Je entwickelter ein Land, desto mehr Mitbestimmungsansprche werden angemeldet und durchgesetzt

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o Die Koordination der IL wird als unerlsslich fr den Erhalt der Weltwirtschaft und Vermeidung des Rckfalls in den Protektionismus betrachtet. Diese ist aber umso schwieriger je mehr Beteiligte zu koordinieren sind. Risiko der Verschwendung knapper Ressourcen o Gegenargument gegen EP ist: Dass die EL im Vertrauen auf EP notwendige Reformen der eigenen Politik etc. aufschieben und so weiter Ressourcen verschwenden o Es wird argumentiert, dass die EP die Notwendigkeit fr konsequente Umsetzung sozial einschneidender Reformen durch Politiker in den EL verringert o Entwicklungshilfen werden zudem in den EL weitgehend unproduktiv eingesetzt bzw. verschwendet oder durch Korruption zunichte gemacht o Daher ist unkonditionale EP abzulehnen, da ansonsten die EL ein Fass ohne Boden werden o Sowohl die Chaos-Theorie als auch die Lucas-Kritik (die die Endogeneitt und daher Variabilitt der Strukturgrundlagen betont) weisen darauf hin, dass die Auswirkung von Hilfen im Grunde nicht prognostizierbar ist o Die Empfehlung kann daher auf ein Stckwerk im Popperschen Sinne hinsichtlich der EP hinauslaufen o Doch selbst eine solche Haltung kann dann angezweifelt werden, wenn eine eindeutige politische Steuerbarkeit des EP Prozesses verneint werden muss.

Zur Lucas-Kritik im Zusammenhang mit der EP: Es wird modellhaft unterstellt, man knne die Realitt in einem System von Strukturgleichungen abbilden. Allerdings betont die LC, dass ein politischer Eingriff, die Parameter der Gleichungen verndert, sodass das Modell nicht zur Prognose der Reaktion auf Politikmanahmen verwendet werden kann, da keiner die notwendigen Parameter kennt. Dies ist insbesondere darauf zurckzufhren, dass unter rationalen Erwartungen die Reaktionen der WiSu politikabhngig sind. Um nun aber eine Kosten-Nutzen-Analyse durchfhren zu knnen, ist es notwendig, die Konsequenzen der Manahme prognostizieren zu knnen. Da jedoch die Koeffizienten der Gleichung bei r.E. von der Politik abhngig sind, kann das Ergebnis nicht aus dieser abgeleitet werden. Hierzu bruchte man eine Zustandsgleichung mit anderen Koeffizienten, die jedoch unbekannt sind.

1.1.4 Zusammenfassung Entwicklung als Evolutions- oder Fortschrittsprozess EL als im Verhltnis zu IL unterentwickelte Lnder EP ist die Strategie von IL, EL zu helfen in der Hoffnung auf positive Feedbacks (im seltensten Fall aus Altruismus) Hinreichende Voraussetzung fr EP: erwartete Kosten geringer als erwarteter Nutzen

1.2 2. Kapitel: Theoretische Grundlagen Da EP Opportunittskosten verursacht, ist eine notwendige Bedingung fr deren Einsatz zu formulieren. Diese sei die folgende: In den EL liegt andauernde, unfreiwillige Unterentwicklung vor o Es geht also nicht um die kurzfr. Linderung von Armut in den Lndern sondern um o Die langfristige Herausfhrung der Lnder aus der Unterentwicklung Daher sind die bestehenden Erklrungsanstze fr Unterentwicklung zu analysieren 11

Auch ist zu betrachten in wieweit unfreiwillige UE vorliegt

1.2.1 Anhaltende Unterentwicklung Problem: Entwicklungskonomie ist nicht wohldefiniert insb. Aufgrund der Umorientierung hin zum Mikrobereich in den 1970er-80er Jahren Dies sollte aber nicht zu einem Verzicht auf die Definition von Unterentwicklung fhren (resultierend als Antwort auf die Komplexitt aufgrund engen Fachausrichtung und Interdependenz der Antwort) Im Folgenden Erklrungsansatz fr konomische Unterentwicklung

1.2.1.1 Empirische BelegePunktuelle empirische Daten haben eine geringe Relevanz ohne entsprechende theoretische Begrndung

1.2.1.1.1 Offensichtliche Beweise:

1.2.1.1.2 ProblemstellungProblematik der Zahlen: statistische Erhebungsprobleme o kurze Untersuchungsperioden geringe Relevanz fr das Phnomen der Langzeit UE o Unterschiede zwischen lnderspezifischen Erhebungsverfahren o Verfgbarkeit und Verlsslichkeit statistischer Daten in EL unzuverlssig 12

o 30 Jahre sind kurzer Untersuchungszeitraum aber lang und andauernd sollte auch nicht mit unendlich lang gleichgesetzt werden Entwicklungsdivergenz innerhalb der EL gemessen am Pro-Kopf BIP o Whrend bei den IL und einigen Schwellenlndern eine Konvergenz stattfindet, gilt dies fr die EL nicht o Insb. Die ostasiatischen EL konnten ihren Standard wesentlich verbessern, die afrikanischen und sdamerikanischen nicht Theoretisches Erklrungsdefizit o Grund fr den Niedergang der Entwicklungskonomie weil dieses theoretische Defizit vorlag o Vielzahl von empirischen Analysen und Entwicklungsstrategien/ Hypothesen o Aber: keine konsistente Erklrung fr eine dauernde UE bestimmter Lnder o Folge: In Ermangeln einer solchen Begrndung konnte auch keine der Erklrungshypothesen bzw. Strategien international koordiniert betrieben werden. o Folglich mehrten sich in den 1980ern die Stimmen, die der EP jeglichen Nutzen absprachen o Hintergrund: Nur wenn Ursachen bekannt sind, kann eine konsistente Strategie verfolgt werden. Trial and error sind rausgeworfenes Geld.

1.2.1.2 Erklrungsanstze

1.2.1.2.1 Auerkonomische Erklrungsanstze1.2.1.2.1.1 Klimatheorien

Montesquieu: Arbeitsbereitschaft steigt mit Entfernung vom quator Huntington 1915: Heies Klima beeintrchtigt Leistungsfhigkeit Entwicklung des Bodens, Lagerhaltungsmglichkeiten etc. Heute: weitgehende Ablehnung der Theorien, da auch zwischen EL gleicher Klimazonen sehr unterschiedliche Standards erreicht werden Die monokausale Ablehnung kann natrlich nicht multikausale Zusammenhnge treffen. Strategieimplikation: o keine, das Klima kann nicht konomisch beeinflusst werden 13

1.2.1.2.1.2

Sozialpsychologische Theorien

McClelland 1961: Fehlen des individuellen Bedrfnisses nach Leistung als Erklrungsansatz Berufung auf Max Webers These, dass der asketische Kalvinismus sehr stark die Leistungsbereitschaft stimuliere Hagen 1962: Fehlen unternehmerischer, schpferischer Persnlichkeiten. Dies sei insb. In traditionalistischen Gesellschaften der Fall, in denen eher unkreative Kindererziehung zu initiativ-armen Persnlichkeiten fhrt Anlehnung an Schumpeters Theorie. Strategieimplikationen: o keine direkten o nderung des Menschen? o Aber: Offene Gesellschaft und ihre Feinde!Modernisierungstheorien

1.2.1.2.1.3

Entwicklung der EL in Richtung der modernen IL Kulturwandel/ sozialer Wandel/ Verwestlichung Theorie der politischen Modernisierung (Almond, Pye, Cole) o Entwicklung und Vergrerung bestimmter Handlungskapazitten o Vermeidung von durch das pol. System nicht erfllbaren Ansprchen an selbiges o Nachweis von Coleman und Almond 1960, dass eine positive Korrelation zwischen konomischer Entwicklung und bergang zu Wahldemokratie besteht Evolutionsansatz (Parsons, Levy, Moore) o Linearer, gleichgerichteter Wandel durch eine zunehmende Differenzierung von sozialen Funktionen o Evolutionre Universalien sind Erfindungen, die von entwickelten Gesellschaften wahrscheinlich unabhngig von einander gemacht werden (Brokratie, Geld, Marktorganisation, Rechtssystem, Wahlrecht etc.) Theorie der sozialen Mobilisierung (Deutsch) Wirtschaftsstufentheorie (Rostow) o Stationen der Entwicklung einer Gesellschaft auf dem Weg in die Moderne: Traditionelle Gesellschaft (dominante Landwirtschaft, hierarchische Kultur, fatalismus, geringe vertikale Mobilitt) Anlaufstadium (investitionsfrdernde Vernderungen der sozialen Verhaltensweisen und damit Anstieg der Investitionsquote) Take-off (Anstieg der Investitionsquote auf mindestens 10%, erstmaliges Auftreten moderner Schlssel-Strukturen mit hohen Wachstumsraten und dynamischem Unternehmertum Reifestadium (effiziente Nutzung der Ressourcen mit Hilfe moderner Techniken 5/6 ausgelassen Strategieimplikationen o Modernisierungstheorien: Notwendigkeit struktureller Anpassungsprogramme zur Beschleunigung sozialen Wandels konomisch (Anreiz- und Steuerungssysteme) Politisch (Demokratisierung) Sozio-kulturell (Schaffung eines stabilen Rechtsrahmens) o Hauptelement der EP Strategie des IWF und Weltbank 14

1.2.1.2.2 Strukturalistische Erklrungsanstze1.2.1.2.2.1 Dualismustheorien

Die Dualismustheorien erklren Unterentwicklung durch das Zusammentreffen eines traditionellen Gesellschafts- und Wirtschaftssystems mit einem fremden, hufig von auen kommenden System innerhalb eines Landes. Der moderne Bereich wchst und entwickelt sich, der traditionelle Bereich stagniert oder schrumpft sogar. Es wird unterstellt, dass der moderne Sektor kulturell und konomisch nicht in die Gesellschaft integriert ist. Langfristig wird der traditionelle Sektor, der durch niedrigere Produktivitt und Lhne gekennzeichnet ist, aber in dem modernen Sektor aufgehen. Ein zentrales Problem besteht darin, die Arbeitskrfte aus dem traditionellen Sektor in dem produktiveren Bereich zu beschftigen. Die postulierten Rigiditten bieten Anlass fr Kritik: starre Produktionsweisen und Konsumgewohnheiten im traditionellen Subsistenzsektor geringe Mglichkeit der Faktorsubstitution ber die beiden Bereiche hinweg regionale Abschottung des traditionellen Bereichs auf dem Land vom modernen in der Stadt aufgrund fehlender Verkehrs- und Handelswege Bei Jorgenson 1961 ist dauernde UE erklrbar, nicht so bei Lewis 1954 und Fei und Ranis 1964. Allerdings ist das Jorgenson-Modell dem ursprnglichen Ricardo-Modell uerst hnlich und daher identischer Kritik (nicht endogen erklrter technischer FortschrittsPessimismus) ausgeliefert. Strategieimplikationen insb. im Rahmen einer Binnenmarktstrategie o Importsubstitution Importzlle sollen der heimischen Industrie so lange Schutz bieten, bis diese konkurrenzfhig geworden ist Diese Strategie wird in den EL vielfach angewandt aber meist als Industrialisierungsstrategie aufgefasst Eher ernchternde praktische Erfahrungen mit dieser Strategie o Autozentrismus Wirtschaftliche Abkopplung vom Weltmarkt und Verfolgung einer eigenen Entwicklung Dies soll zum Aufbau eines funktionierenden Binnenmarktes und Abbau der abhngigkeitsgetriebenen Deffizienzen fhren. Verzicht auf Vorteile aus dem Auenhandel o Bildungsinvestitionen und Anpassungsinvestitionen im traditionellen SektorTeufelskreistheorien

1.2.1.2.2.2

Diese Theorien beruhen auf dem Konzept sich selbst verstrkender Prozesse. Die Idee ist, dass durch die Wirkung kumulativer Prozesse Ungleichgewichte nicht beseitigt, sondern noch verstrkt werden (Myrdal 1944, 1957). Es lsst sich zeigen, dass eine konomie in einem stabilen Gleichgewicht mit niedrigem Pro-Kopf-Einkommen gefangen sein kann. Einerseits hat das niedrige Pro-Kopf-Einkommen in Entwicklungslndern eine niedrige Sparquote zur Folge. Entsprechend niedrig sind die Investition und die Kapitalausstattung. Andererseits ist auch die Nachfrage nach Investitionen gering, da auf Grund der geringen Kaufkraft auch die Absatzchancen gering sind. Im Ergebnis fhren beide Kanle dazu, dass das Pro-Kopf-Einkommen auf einem niedrigen Niveau verbleibt.

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Das Modell von Nurkse ist das bekannteste und wird kurz skizziert. Problematisch ist allerdings auch hier die Unterstellung bestimmter Rigiditten und fehlender Faktorsubstituierbarkeit

Strategieimplikationen o Strategie des gleichgewichtigen Wachstums Problemursache: fehlende Kapitalausstattung, Enge der nationalen Mrkte Planung und Durchfhrung auf einander abgestimmter Investitionsvorhaben auf breiter Front Notwendigkeit eines big push Kritik: Nichtumsetzbarkeit aufgrund des Fehlens der notwendigen institutionellen Infrastruktur o Strategie des ungleichgewichtigen Wachstums Ursache: nicht das Kapital aber die Fhigkeit zu investieren und damit die Kapitalnachfrage fehlen Auslsung des Wachstums durch wirtschaftliche Ungleichgewichte Engpsse oder berkapazitten sollen dabei die Investitionen in den jeweils notwendigen Sektor lenken. Kritik: Nicht ausreichendes Kapitalangebot Nicht ausreichende Zahl von risikofreudigen Unternehmen Gefahr der allgemeinen Destabilisierung durch SpilloverEffekte Aber: Dieser Ansatz ist Anknpfungspunkt der Neuen WachstumstheorieBevlkerungstheorien

1.2.1.2.2.3

Zunchst ist die klassische Bevlkerungstheorie von Thomas Malthus (1766 1834) zu erwhnen. Entsprechend dieser Theorie wchst die Bevlkerung mit konstanter Wachstumsrate, die Wachstumsrate der Nahrungsmittelproduktion fllt dagegen im Zeitablauf. Daher sind Kriege, Hungersnte und Epidemien unvermeidlich, um die Bevlkerung wieder an den Nahrungsmittelvorrat anzupassen, wenn nicht durch Geburtenkontrolle die Wachstumsrate der Bevlkerung prventiv an den Nahrungsmittelvorrat angepasst wird. Auch aus Sicht der neomalthusianischen Theorien stellt das Bevlkerungswachstum ein Haupthindernis bei 16

der berwindung der Unterentwicklung dar. Gem diesen Theorien existieren Bevlkerungsfallen, aus denen sich eine konomie nicht befreien kann. Nur durch sehr hohe Investitionen ber einen langen Zeitraum kann eine deutlich ber dem Bevlkerungswachstum liegende Wachstumsrate des Einkommens realisiert werden, so dass die konomie in ein neues stabiles Gleichgewicht mit hherem Pro-Kopf-Einkommen gelangt. Problematisch sind hier Rigidittsannahmen bezglich exogenen technischen Fortschritts, die eben aufgrund dessen Exogeneitt willkrlich sind. Strategieimplikationen: o Soziale Anreiz- oder Zwangstrukturen analog der Ein-Kind-Politik in China o Big pushAuenhandelstheorien

1.2.1.2.2.4

Eine weitere Theorie (Perroux 1948) zur Erklrung von andauernder Unterentwicklung stellt auf die auenwirtschaftlichen Beziehungen ab. Whrend Entwicklungslnder berwiegend Primrgter exportieren, besteht der Export von Industrielndern zum groen Teil aus Industrieerzeugnissen. Es wird nun die These vertreten, dass sich langfristig das Austauschverhltnis der Primrgter gegenber den Industriegtern verschlechtert. Das bedeutet, die Terms of Trade der Entwicklungslnder sinken. Der Auenhandel hat somit nur fr die Industrielnder einen positiven Wohlfahrtseffekt, die Entwicklungslnder hingegen mssen im Zeitablauf fr jede importierte Gtereinheit mehr Gtereinheiten exportieren, so dass der Auenhandel fr sie wohlfahrtsmindernd wirkt. Perroux pldiert fr die Untersuchung unter Gesichtspunkten wie Macht, Herrschaft oder Zwang. Die soziologischen Begrndungen wurden von den Wirtschaftswissenschaften durch den mathematisch-konomischen Begriff der Elastizitt ersetzt. Prebisch (1958) teilt die Welt in Zentrum und Peripherie ein und unterscheidet diese anhand konomisch-struktureller Faktoren wie den Preis- und Einkommenselastizitten der Nachfrage nach den jeweiligen Exportgtern. Die Einkommenselastizitt der Nachfrage nach Industrieprodukten in den EL ist hoch whrend die EEN nach Primrrohstoffen in den IL gering ist. So resultieren tendenziell sinkende Preise fr Grundstoffe und steigende Preise fr Industrieprodukte. Dies wird zudem auch ber steigende Lhne weitergegeben. Einwnde sind, dass die IL nicht ausschlielich Industrieerzeugnisse und die EL nicht ausschlielich Primrgter herstellen Probleme mit dem den Terms- of trade Konzept zugrundeliegenden Preisindizes. Auerdem gibt es unterschiedliche Terms-of-trade sodass eine Verschlechterung der tot nicht automatisch mit Wohlfahrtsverlusten gleichzusetzen ist Zuletzt ist zu beachten, dass Vernderungen der Gterstruktur und Qualittsnderungen nicht in die tot eingehen. Strategieimplikationen: o Strategie der Exportdiversifizierung Ausweitung des Exportangebots traditioneller wie auch neuer Gter Eingliederung des EL in die internationale Arbeitsteilung soll die wirtschaftliche Entwicklung vorantreiben Vermeidung der Abhngigkeit von einem oder wenigen Exportprodukten 17

Manahmen: Exportprmien, Subventionen, Steuernachlsse, Exportrisikogarantien Voraussetzung: Funktionsfhige Exportinfrastruktur i.e. Hfen, Straen etc. o Forderung nach neuer Weltwirtschaftsordnung Insb. In den 70er und 80er Jahren durch UNCTAD verbreitet Schaffung weltweiter Rohstoffabkommen, Angebot gnstiger Verschuldungsmglichkeiten, Zollerleichterungen.1.2.1.2.2.5 Abhngigkeitstheorien

Schlielich soll noch eine Klasse von Theorien erwhnt werden, die ihre Ursprnge in verschiedenen Imperialismustheorien hat und auf die strukturelle Abhngigkeit der Entwicklungslnder von den Industrielndern abstellt. Die Kernthese ist, dass es einen historischen Entwicklungsprozess gegeben hat, der zu einer Einteilung der Welt in hoch entwickelte Metropolen (Industrielnder) und unterentwickelte Peripherien (Entwicklungslnder) gefhrt hat. Innerhalb der Peripherien gibt es eine Oberschicht, die die gleichen Interessen vertritt wie die Metropolen und daher kein Interesse an einer nderung der Zustnde hat. Es werden zudem teilweise kapitalistische teilweise feudale Produktionsstrukturen vorgefunden. Die Metropolen verfgen somit ber einen mchtigen Brckenkopf in der Peripherie, der es ihnen ermglicht die fr die EL ungnstigen Verhltnisse aufrechtzuerhalten. Strategieimplikationen o Autozentrismus (s.o.) o Importsubstitution (s.o.) o Revolution von Kapitalismus zu SozialismusFazit

1.2.1.2.2.6

Die oben erluterten strukturalistischen Entwicklungstheorien, die vor allem in den 1950er und 1960er Jahren entwickelt wurden, weisen auf verschiedene mgliche Ursachen der Unterentwicklung hin. Es fehlt allerdings eine konomisch konsistente Erklrung fr andauernde Unterentwicklung. Da wesentliche Aussagen der Theorien auf nicht ausreichend begrndeten ad hoc Annahmen beruhen und zudem die Theorien sich einer empirischen berprfung weitgehend entziehen, ist die Bedeutung der strukturalistischen Theorien in den letzten Jahrzehnten zurckgegangen. In den Vordergrund traten dagegen neoklassische Wachstumstheorien, denen wir uns im folgenden Abschnitt zuwenden wollen.

1.2.1.2.3 Neoklassische AnstzeIn der neoklassischen Theorie lsst sich UE als unfreiwilliges Phnomen nicht ableiten. Dies ist nur in der neuen Wachstumstheorie mglich. Nachfolgend wird der historische Entwicklungsprozess nachvollzogen.1.2.1.2.3.1 Grundidee und Vorlufer

Zum Konzept der Neoklassik Mikrotheoretische Fundierung von Makroaussagen i.e. Nachweis des nutzenmaximierenden Verhaltens einzelner Akteure als konsistent mit diesen Aussagen NK Theorien hinterfragen empirische Rigiditten hinsichtlich deren theoretischer Rationalitt o Zumeist kommen sie zu dem Ergebnis, dass Rigiditten das Ergebnis von Regulierungen oder anderen Verzerrungen sind

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o Diese knnen in einer unregulierten Marktwirtschaft nicht bestehen weil rationale Akteure den pareto-ineffizienten Zustand durch optimierendes Verhalten ndern wrden Allerdings wurden in der jngeren Theorie insbesondere Theorien keynesianischer Provenienz formuliert, die strukturelle Rigiditten rationalisieren. Diese rekurrieren vielfach auf Koordinierungsprobleme, die bei der Internalisierung von Externalitten auftreten. Da diese Theorien ansonsten auf neoklassischen Fundamenten aufbauen kann man sie ggf. als neue neoklassische Synthese bezeichnen.

Stagnationstheorien der Klassik Smith, Mill, Ricardo = Klassik als damals revolutionrer Gegenansatz gegenber zentralistischen Theorien des Absolutismus Markt/ Preismechanismus als Ordnungsgedanke Entwicklungspessimismus als Kennzeichen der Klassik. Dieser beruht auf der Annahme der Knappheit bestimmter notwendiger Ressourcen wie z.B. Boden. I.V.m. der Annahme sinkender Grenzertrge fhrte dies zum Stagnationsglauben der klassischen politischen konomie. Dieser bezog sich allerdings auf alle, insbesondere die bereits entwickelten Volkswirtschaften, hat also nichts mit den hier betrachteten EL zu tun. Hauptkritik: Ad-hoc Annahme unzureichenden technischen Fortschritts. Die Stagnation braucht dann nicht einzutreten, solange der technische Fortschritt ein bestimmtes Niveau erreicht. Im Gegensatz zum klassischen Pessimismus gab sich die Neoklassik einem ebenso unbegrndeten Wachstumsoptimismus hin. Erst die neue Wachstumstheorie endogenisierte den technologischen Fortschritt1.2.1.2.3.2 Neoklassisches Standardmodell und Konvergenzthese

Neoklassische Wachstumstheorie Das neoklassische Standardmodell zur Erluterung von Entwicklungsphnomenen war, zumindest in den letzten Jahrzehnten, das Wachstumsmodell von Solow (1956). Das Modell wurde in seinen Grundzgen bereits in Kapitel 3.3 des Grundstudiumskurses Makrokonomik II beschrieben. Im Anhang finden Sie eine ausfhrliche Darstellung der neoklassischen Wachstumstheorie unter Bercksichtigung exogenen technologischen Fortschritts und damit einer positiven Wachstumsrate im steady state. Sie sollten sich mit Hilfe des Anhangs zunchst noch einmal mit den wesentlichsten Implikationen vertraut machen. Es lsst sich feststellen, dass es in dieser traditionellen Wachstumstheorie keine Mglichkeit der Erklrung einer andauernden Wachstumsschwche gibt, da die Wachstumsrate exogen ist. Zudem basiert die neoklassische Wachstumstheorie auf einer langfristigen Gleichgewichtsbetrachtung. Dies impliziert, dass 1. der (exogene arbeitsvermehrende) technische Fortschritt zum zentralen Punkt der Betrachtung wird, da nur er eine positive gleichgewichtige Wachstumsrate ermglicht (siehe Anhang) 2. das Problem der Arbeitslosigkeit in den Hintergrund tritt, da sich in der langen Frist Marktungleichgewichte auflsen und daher nicht weiter bercksichtigt werden mssen und 3. Preisflexibilitt und Faktorsubstituierbarkeit in einem Makromodell angenommen werden mssen.

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Aus dem Solow-Modell folgt: (1) Es kann in einer solchen Modell-Welt keine permanenten Unterschiede in den Wachstumsraten ber Volkswirtschaften hinweg geben d.h., die langfristige oder steadystate-Wachstumsrate ist in allen Lndern dieselbe , wenn alle Lnder sofortigen und kostenlosen Zugang zu denselben Technologien haben. Letzteres wird jedoch in der traditionellen Wachstumstheorie implizit unterstellt; denn die dort getroffene Annahme exogenen technischen Fortschritts (technischer Fortschritt fllt hier berall gleichmig verteilt wie Manna vom Himmel) lsst sich nicht vereinbaren mit systematischen Unterschieden im Zugang zu diesen Technologien. Technologischer Fortschritt wird zur Begrndung des Wachstums bentigt weil er die Kapitalakkumulation am Laufen hlt. (2) Solange die konomie noch nicht das langfristige Gleichgewicht erreicht hat, ist es sehr wohl mglich, dass es Wachstumsdifferenzen gibt. Entsprechend der neoklassischen Wachstumstheorie wachsen Lnder, deren Kapitalintensitt niedriger ist als die gleichgewichtige Kapitalintensitt, schneller als im langfristigen Gleichgewicht. Ein niedrigerer Kapitalstock je effizienter Arbeitseinheit impliziert also eine hhere Wachstumsrate. Somit sollten Entwicklungslnder, deren Kapitalintensitt typischerweise niedriger ist als die der Industrielnder, schneller wachsen als Industrielnder. Die konomische Begrndung ist wie folgt: Eine niedrigere Kapitalintensitt impliziert nach dem Gesetz abnehmender Grenzertrge eine hhere Grenzproduktivitt des Kapitals. Eine niedrige Kapitalintensitt bedeutet demnach eine relativ hohe Durchschnittsproduktivitt des Kapitals. Da die Haushalte, wie in dem Solow-Modell angenommen wird, einen konstanten Anteil des Pro-Kopf-Einkommens sparen, sind die Investitionen je Kapitaleinheit relativ gro. Das bedeutet dann, die Wachstumsrate ist hher als im langfristigen Gleichgewicht. Je grer die Kapitalintensitt im Zeitablauf wird, desto niedriger wird die Durchschnittsproduktivitt und demnach auch die Wachstumsrate. Hat die Kapitalintensitt ihr langfristiges Gleichgewicht erreicht, so fllt auch die Wachstumsrate auf das Niveau der langfristigen Wachstumsrate zurck. Wird zudem auch noch die Mglichkeit der internationalen Kapitalmobilitt bercksichtigt, so wird die Geschwindigkeit der Konvergenz sehr gro, da Kapital aus den Industrielndern in die Entwicklungslnder fliet, die sich durch eine hhere Grenzproduktivitt des Kapitals auszeichnen. Die Kapitalintensitt und damit das Pro-KopfEinkommen in den Entwicklungslndern erreicht somit bei internationaler Kapitalmobilitt in dem Modell der neoklassischen Wachstumstheorie sehr schnell das Niveau der Industrielnder. (3) Nicht nur die langfristige Wachstumsrate ist in verschiedenen Lndern durch den exogenen technologischen Fortschritt identisch, sondern auch das Niveau des Pro-KopfEinkommens ist in verschiedenen Lndern grundstzlich identisch. Allerdings sind Unterschiede in den Niveaus im Gegensatz zu langfristigen Wachstumsdifferenzen durchaus mglich, wenn die Volkswirtschaften sich beispielsweise in ihren Prferenzen, Rechtsordnungen, Eigentumsverfassungen oder in ihren Steuersystemen unterscheiden. Dies soll am Beispiel der Sparquote verdeutlicht werden. Nehmen wir an, ein Industrieland erhht (zum Beispiel durch wirtschaftspolitische Manahmen) auf Dauer die volkswirtschaftliche Sparquote. Das bedeutet, die Investitionen und die Kapitalintensitt steigen ebenfalls (es muss ex post stets Sparen = Investitionen gelten), es wird eine hhere als die gleichgewichtige Wachstumsrate realisiert. Mit steigender Kapitalintensitt fllt nun aber die Durchschnittsproduktivitt des Kapitals und die Investitionen je Kapitaleinheit gehen wieder zurck. Im neuen Gleichgewicht reichen die Investitionen wieder gerade aus, um die neue gleichgewichtige (hhere) Kapitalintensitt zu erhalten. Auf Grund der gestiegenen Kapitalintensitt ist auch das Pro-Kopf-Einkommen gestiegen. Es ist aber 20

wichtig zu beachten, dass die hhere Wachstumsrate nur ein bergangsphnomen ist, die langfristige Wachstumsrate hat sich nicht verndert. Somit kann auch im Rahmen der traditionellen neoklassischen Wachstumstheorie ein unterschiedliches Einkommensniveau begrndet werden. Allerdings wird diese Unterentwicklung dann in diesem Theorieverstndnis als letztlich freiwillig interpretiert, so dass sie auch kein Anlass fr internationale Entwicklungspolitik sein kann. Als freiwillig wird sie deshalb interpretiert, da die nationalen Sparquoten, Rechtsordnungen und Eigentumsverfassungen als frei gewhlt betrachtet werden und die Aufrechterhaltung ineffizienter Steuersysteme letztlich als irrational und damit selbst verschuldet angesehen wird. Auch die Zeitprferenzrate der jeweiligen VoWi kann letztlich als subjektiv und freiwillig gewhlt betrachtet werden. Konkret bedeutet eine hhere Zeitprferenzrate ein geringeres Wachstum weil im steady state das Grenzprodukt des Kapitals der Zeitprferenzrate entspricht. Aufgrund der abnehmenden Grenzproduktivitt des Kapitals weist also eine VoWi mit hoher ZP eine geringere Kapitalintensitt aus. Weil also k* geringer ist, wird auch das Pro-Kopf-Einkommen also f(k*) geringer sein. Sieht man von solchen als freiwillig oder irrational charakterisierten Verhaltensmustern ab, sollte nach der neoklassischen Wachstumstheorie Konvergenz in der Entwicklung vorherrschen. Es folgt, dass UE nur freiwillig sein kann, weil sie aus exogenen Prferenzen oder Wertsystemen resultiert. Selbiges gilt fr ineffiziente Steuersysteme, die von nutzenmaximierenden WiSu gendert werden mssten. Strategieimplikationen: o Aufforderung an die EL die Zeitprferenz zu ndern und mehr zu sparen o Strukturelle Anpassungsprogramme i.e. Abbau ineffizienter Steuersysteme etc. o Abbau von Kapitalmobilittsschranken o Senkung des Bevlkerungswachstums zur Erhhung der Pro-KopfErsparnis

Kritik und Erweiterung In der Realitt liegen Divergenz- bzw. Polarisierungstendenzen vor. Dies gilt sowohl fr Pro-Kopf Einkommen als auch Wachstumsraten o Dies ist der Ausgangspunkt der neuen Wachstumstheorie, die einen unterschiedlichen Zugang zu Technologien als Erklrungsansatz whlt o Die neuen politkonomischen Anstze versuchen unterschiedliche Zeitprferenzen bzw. Steuersysteme als rational bzw. effizient zu begrnden1.2.1.2.3.3 Neue Wachstumstheorie

Wir haben soeben gesehen, dass sich permanente Wachstumsdifferenzen mit der neoklassischen Wachstumstheorie nicht begrnden lassen und auch Niveauunterschiede nur mit Einschrnkungen in Einklang zu bringen sind mit der neoklassischen Wachstumstheorie. Einen Ausweg bietet hier die neue Wachstumstheorie, der es mglich ist, sowohl empirisch festzustellende Wachstumsdifferenzen als auch Niveauunterschiede zu erklren. Wesentliches Merkmal der neoklassischen Wachstumstheorie ist die Exogenitt des technologischen Fortschritts. Wird dieser auerhalb des Modells entstehende Fortschritt nicht 21

bercksichtigt, kommt die Kapitalakkumulation zum Stillstand. Der Grund ist die abnehmende Grenzproduktivitt des Faktors Kapital, so dass der Anreiz, den Kapitalstock weiter zu erhhen, verschwindet. Damit wird auch die Wachstumsrate Null. An diesem Punkt setzt nun die neue Wachstumstheorie an. Gemeinsames Kennzeichen dieser Theorie ist, dass sie in der Lage ist, eine positive Wachstumsrate, auch ohne Rckgriff auf einen exogenen technologischen Fortschritt, endogen in dem Modell zu bestimmen. Auf diese Weise knnen dann internationale Wachstums- und Einkommensdifferenzen erklrt werden. Dies gelingt der neuen Wachstumstheorie durch zwei alternative Mechanismen. Erstens existieren Modelle, die die Akkumulation von Faktoren in den Mittelpunkt stellen (AK+LBD), zweitens gibt es Modelle, die den technologischen Fortschritt endogenisieren (F&E). Erste Modellklasse (1): Humankapitalakkumulation, AK-Modell In dieser Modellklasse, die als Wachstumsdeterminante auf die Akkumulation von Faktoren zurckgreift, knnen wir zwei Versionen unterscheiden. Eine erste Mglichkeit anhaltendes Wachstum zu begrnden besteht darin, Modelle zu konstruieren, die zwar weiterhin gesamtwirtschaftlich konstante Skalenertrge aufweisen, aber bercksichtigen, dass alle Faktoren akkumulierbar sind. Auch das neoklassische Modell ist durch konstante Skalenertrge gekennzeichnet, allerdings wird dort nur die Akkumulation von Kapital zugelassen. Wird aber nur Kapital in der Produktionsfunktion bercksichtigt (also der Produktionsfaktor Arbeit nicht integriert, so dass die Produktionsfunktion linear wird), so ist die Grenzproduktivitt des Kapitals konstant und es resultiert anhaltendes Wachstum, falls die Sparquote und somit die Rate der Kapitalakkumulation hher ist als die Abschreibungsrate. Die einfachste solche Funktion ist die AK-Funktion Y = AK. Die Grenzproduktivitt des Kapitals gleicht dem exogenen technischen Fortschritt und weist damit keine fallenden Skalenertrge auf. Man kann aber neben Sachkapital als zweiten Faktor auch Humankapital integrieren. Humankapital ist von dem Faktor Arbeit, so wie wir ihn bisher betrachtet haben, zu unterscheiden. Es wird angenommen, dass es selbst bei konstanter Bevlkerung mglich ist, den Bestand an Humankapital zu erhhen. Dies geschieht durch Investitionen in Bildung, zum Beispiel durch betriebliche Weiterbildung oder den Besuch von Schulen und Universitten. Im Ergebnis fhrt dies zu einer Produktionsfunktion mit konstanten Grenzproduktivitten der beiden nun akkumulierbaren Faktoren Sach- und Humankapital, ohne dass technologischer Fortschritt eingefhrt werden muss. Erste Modellklasse (2): Learning by doing Eine zweite Mglichkeit, anhaltendes Wachstum ohne technologischen Fortschritt zu begrnden, besteht in der Annahme gesamtwirtschaftlich steigender Skalenertrge auf Grund positiver Externalitten. Diese Modelle stellen zumeist auch auf die Kapitalakkumulation ab, sie bercksichtigen aber, dass mit der Zunahme des Kapitalstocks auch der Stand des Wissens als durch die Unternehmen nicht internalisierter Nebeneffekt steigt. Modelltheoretisch ausgedrckt, der Parameter A aus dem Solow-Modell in (siehe Anhang) wird durch jede Erhhung des Kapitalstocks ebenfalls erhht. Der Kapitalstock bernimmt damit die Rolle des exogenen technologischen Fortschritts im Solow-Modell. Durch diese Externalitt kommt es zu gesamtwirtschaftlich steigenden Skalenertrgen (dies sehen Sie, wenn Sie den Parameter A im Anhang durch K ersetzen), entscheidend ist, dass so die Tendenz zu fallenden Grenzproduktivitten verhindert wird. Diese Modelle stellen bereits eine Verbindung zu der im Folgenden erluterten zweiten Modellklasse her, die den technologischen Fortschritt endogenisiert. Formal wird endogenes Wachstum bei den Modellen mit steigenden Skalenertrgen zwar durch die Akkumulation von Faktoren gesichert, inhaltlich aber

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ist es der technologische Fortschritt (ausgedrckt durch eine Vernderung des Parameters A), der ein Fallen der Grenzertrge des Kapitals verhindert. Dynamische Interaktion zwischen Lernen und Erfindung Einiges spricht dafr, dass learning-by-doing in der Praxis endlich und begrenzt ist. Nur ein fortwhrendes Angebot von neuen Erfindungen ist ein Lernprozess scheinbar aufrechtzuerhalten. Dies beeintrchtigt aber nicht die Relevanz, den Lernprozess selbst zu modellieren. Ein realistisches Wachstumsmodell msste daher die Anreize fr eine kostspielige Erfindung neuer Gter und Produktionsprozesse mit einbeziehen. Allerdings ist anzuerkennen, dass learning-by-doing ein Phnomen ist, das zu enormen Verbesserungen bestehender Technologien fhrt. Zudem ist anzunehmen, dass lbd die Anreize fr weitere Erfindungen beeinflusst, weil es die Kosten der Erfindung und damit ihre Profitabilitt und so letztlich die Rate an Erfindungen beeinflusst. Somit ist anzunehmen, dass eine dynamische Interaktion zwischen Lernen und Erfindung besteht: Lernen ist von Erfindungen abhngig, in sofern als es als nicht intendierte Erforschung des endlichen produktiven Potenzials erfundener Technologien zu betrachten. Young (1993) stellt einen Versuch zur Fassung dieser Interaktion vor. Er geht von einer Gesellschaft aus, die zu jedem Zeitpunkt wei, wie eine gegebene Gtermenge produziert werden kann. Jedes dieser Gter erfhrt begrenztes learning-by-doing. Das so generierte Wissen kann von den Firmen nicht exklusiv internalisiert werden und verbreitet sich somit ber Sektoren hinweg. Unternehmer in anderen Industrien erfinden neue Gter und erhalten darauf ein lebenslanges Patent als Kompensation fr ihre Leistung. Zudem gibt es freien Zugang zum Erfindungsprozess. Zwar haben die Spillover-Effekte positive Externalitten ber Sektoren hinweg zur Folge, doch erfolgt die Produktion unter Bedingungen monopolistischer Konkurrenz. Die Prferenzen werden zudem so spezifiziert, dass kein Gut wesentlich ist, sondern fr jede gegebene Preisverteilung die Nachfrage einkommenselastisch vom Grad 1 ist. Young kommt in dem Modell zu dem Ergebnis, dass die Marktgre der entscheidende diskriminierende Faktor ist: In kleinen Mrkten ist die Profitabilitt von Erfindungen gering, da die hohen Entwicklungskosten fix sind. Dort wird die Erfindungsrate der begrenzende Faktor sein. Lernen hat hier wenig oder keine begrenzende Effekte. Subventionen fr Erfindungen wrden hier die Wohlfahrt verbessern. In groen Mrkten sind Erfindungen hingegen sehr profitabel. Das Wachstum wird von der Rate des Lernens begrenzt, die selbst vom Muster der Konsumnachfrage abhngt. Steuern auf Erfindungen, die Ressourcen fr die Produktion freigibt wirkt wohlfahrtssteigernd). Young findet auch GGs in denen der Erfindungsprozess weitgehend irrelevant wird, in dem Sinne, dass eine Steuer/ Subvention keinen Einfluss auf die steady-state Wachstumsrate htte. Die Ergebnisse sind modellabhngig insbesondere in dem Sinne, als dass es zu berschssigen Aktivitten in dem Sektor kommen kann, deren Aktivitt vergtet wird (Erfindungen) obwohl dieser positive Externalitten produziert. Setzt man kleine Lnder mit kleinen Mrkten gleich, kann das Youngsche Modell andauernde Unterentwicklung erklren sofern zustzlich international protektionistische Marktschranken existieren. In globalen Marktwirtschaften mit freiem Gter-, Kapital-, und Erfindungsverkehr drfte die Marktgre eine wesentlich geringere Bedeutung einnehmen. Selbst in solchen Mrkten kann man im Kontext der Neuen Wachstumstheorie andauernde Unter23

entwicklung ableiten, weil sich in diesem Theorierahmen die Wachstumsrate durch wirtschaftspolitische Manahmen beeinflussen lsst. Auch Wachstumsunterschiede sowie unterschiedliche Pro-Kopf-Einkommen knnen hergeleitet werden. Zweite Modellklasse: Forschung und Entwicklung Diese Modelle gehen im Gegensatz zu den oben vorgestellten Modellen davon aus, dass die Akkumulation von Faktoren kein langfristiges Wachstum bewirken kann, da die Grenzproduktivitt fallen wird und so die Akkumulation zum Stillstand kommen muss. Die zweite Modellklasse stellt daher die Endogenisierung des technologischen Fortschritts explizit in den Mittelpunkt. Der technologische Fortschritt wird durch die bewusste Ressourcenverwendung privater Unternehmen in einem Forschungs- und Entwicklungssektor erreicht. Es lassen sich grundstzlich zwei verschiedene Modellierungen unterscheiden. Einerseits wird der technologische Fortschritt durch die quantitative Produktinnovation (horizontale Differenzierung), also eine stetig zunehmende Produktvielfalt, abgebildet. Eine zunehmende Zahl der Gter wird als grundlegende Innovation, also als technologischer Fortschritt, interpretiert. Andererseits wird der technologische Fortschritt durch die qualitative Produktinnovation (vertikale Differenzierung), also die zunehmende Produktqualitt, ausgedrckt. Diese Qualittsverbesserungen reprsentieren den stndigen Prozess der Produktaufwertung in einer bestehenden Branche. Diese beiden als komplementr zu betrachtenden Modellierungen beleuchten somit jeweils unterschiedliche Aspekte des technologischen Fortschritts. Nach diesem Ansatz lsst sich Wissen in zwei Kategorien unterteilen: konkret angewandte Erkenntnisse ber ein bestimmtes Produkt bzw. Produktionsverfahren (designs oder blueprints) Allgemeine theoretische Erkenntnisse, die im weiteren F&E Prozess Verwendung finden (engineering, applied science, basic scientific knowledge) Im Unterscheid zu den obigen Anstzen der neuen Wachstumstheorie ist Wissen hier kein ffentliches Gut mehr. Es vereinigt nach der Definition von Romer die Eigenschaften eines ffentlichen wie auch privaten Gutes, da es zum Einen nicht rivalisierend (mehrere Konsumenten knnen ohne gegenseitige Beeintrchtigung konsumieren) aber teilweise ausschlussfhig (i.e. einzelne Wisu haben Zugang, andere nicht) ist. Die Ausschlussfhigkeit ist stetig und verschiedentlicher Intensitt. Schlussfolgerungen: 1. Durch F&E induzierter technischer Fortschritt kann nicht im Rahmen eines vollstndigen Wettbewerbsmarktes erklrt werden 2. Die nur teilweise Ausschlussfhigkeit begrndet die Existenz von WissensSpillovers Die Unvereinbarkeit von F&E mit den Annahmen des vollkommenen Wettbewerbs (1) lsst sich anhand eines Gedankenexperiments zeigen: im vollst. Wettbewerb mit konstanten Skalenertrgen in der Produktion werden die eingesetzten Produktionsfaktoren mit ihren marginalen Grenzkosten entlohnt und die produzierten Endgter zu Preisen, die den marginalen Grenzkosten der Produktion entsprechen abgesetzt. Unternehmen erwirtschaften damit im Wettbewerbsgleichgewicht keine Gewinne Aus der Nicht-Rivalitt folgt, das die marginalen Grenzkosten einer Einheit Wissens null sind was dann auch dem GG-Preis des Wissens entspricht. Da aber bei F&E hohe Kosten entstehen, werden die Durchschnittskosten des Wissens stets ber den marginalen Grenzkosten liegen (Average Cost = Total Cost/x (variable cost +fixed costs)/x >0 wegen F > 0 und v = 0. Marginal Cost = TC/x = 0 AC > MC) 24

Bei vollstndigem Preiswettbewerb wird der gesamte erwirtschaftete Output fr die Entlohnung der rivalisierenden Faktorinputs Arbeit und Kapital verwendet Somit bleiben fr die Entlohnung von F&E Kosten keine Ressourcen brig. Damit amortisieren sich die fixen Produktionskosten des Wissens bei vollst. Wettbewerb nie. Somit muss das Wissen zumindest temporr zu einem Preis verkauft werden knnen, der ber seinen Grenzkosten liegt. Dies wird durch die Ausschlussfhigkeit erreicht, die es dem Erfinder ermglicht zumindest teilweise Monopolgewinne zu erwirtschaften Schumpeter

Die zweite Implikation von der obigen Definition von Wissen ist die Existenz von WissensSpillovers (2). Dies sind die positiven externen Effekte aus der Diffusion des nicht ausschlussfhigen Anteils neuen Wissens. Durch Spillovers haben auch WiSu, die nicht an der Entwicklung einer Innovation beteiligt waren Zugang zu einem Teil des neuen Wissens. Offenlegung von Patentierungen, Personalbewegungen zwischen Unternehmen sowie wiss. Publikationen zhlen zu den Diffusionskanlen. Unterstellt man, dass jede Innovation zu einem bestimmten Grad den Wissenskapitalstock einer Vowi erhht, erleichtern Wissens-Spillovers zuknftige Innovationen. In diesem Sinne bewirken industrielle Innovationen einen selbsterhaltenden kumulativen Prozess, der ein langfristiges Produktivittswachstum ermglicht. Romer (1990), Grossmann und Helpman (1991) begrnden diese These wiefolgt: Durch seine Nicht-Rivalitt ist Wissen personenungebunden und damit unbegrenzt akkumulierbar. Anders als erlernte Fhigkeiten und Fertigkeiten, die mit dem Tod eines Menschen verloren gehen unterliegt es keinen physikalischen Grenzen. Somit ist Wissen keine knappe Ressource und die Anzahl mglicher Innovationen ist unbeschrnkt. Die Wissensproduktion hat keine abnehmenden Grenzertrge. Der durch Wissens-Spillovers generierte Wissens-Kapitalstock senkt die Kosten der Innovation. Somit ist es realistisch, dass der Anreiz zur F&E auch bei einer zunehmenden Anzahl bestehender Innovationen erhalten bleibt. Die von der traditionellen Wachstumstheorie abweichenden wichtigsten Ergebnisse sind: in fast allen Modellen der NWT bleibt das gleichgewichtige Wachstum wegen der unterstellten positiven Externalitten unter dem optimalen Wachstum Eine Erhhung der Investitionen wirkt vielfach wachstumsbeschleunigend An die Stelle der Konvergenz tritt die Mglichkeit polarisierender Entwicklungen. Es besteht die Mglichkeit mehrerer stabiler Entwicklungsgleichgewichte. Dies kann auf Niveaus oder auf Raten bezogen sein. Je nach dem vergrert oder verkleinert sich die Schere. Unterschiede in den Kapitalrenditen mssen sich nicht ausgleichen Kapital kann aus rmeren Lndern abgezogen werden, der Handel nutzt dann primr denen mit besserer Ausgangslage Zur Entwicklungsanpassung bedarf es i.d.R. mehr als irgendwelcher Transfers von finanziellem oder physischem Kapital Technischer Fortschritt ist nicht ohne Weiteres zu transferieren. Er muss zumindest teilweise selbst erarbeitet werden, was den Verbrauch knapper Ressourcen erfordert. Strategieimplikationen o Schaffung von Bedingungen fr Learning by doing durch Technologietransfers und Strukturinvestitionen in Ausbildung

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o Technologische Transfers werden erst dann produktiv, wenn mit diesen gearbeitet wird und LBD im Sinne der Imitation etc. entsteht o Dies geschieht jedoch nur wenn die infrastrukturellen Bedingungen im Sinne der Lernfhigkeit der Arbeitskrfte gegeben sind. o Schaffung der Bedingungen fr rentable Investitionen in den EL o Markterweiterung durch Schaffung von Freihandelszonen oder Marktffnung o Ausrichtung des gelernten Fortschritts auf die Bedrfnisse des eigenen Landes o Interventionistische Elemente wie Erziehungszlle und industrie-/ strukturpolitische Manahmen o Hintergrund ist die Standardansicht, dass Steuern oder Subventionen die Antwort auf Externalitten sind als Politikantwort auf Marktversagen o Gefahr des Staatsversagens Gemeinsames Kennzeichen der Modelle der neuen Wachstumstheorie ist also die Endogenisierung der Wachstumsrate. Dadurch wird es im Gegensatz zu der neoklassischen Wachstumstheorie mglich, zum Beispiel durch wirtschaftspolitische Manahmen die Wachstumsrate zu beeinflussen, so dass auch internationale Wachstumsdifferenzen (Wachstumsschwche) und Unterschiede in den Pro-Kopf-Einkommen (Unterentwicklung) nun theoretisch hergeleitet werden knnen. Je nach Modellierung bieten sich zur berwindung einer Wachstumsschwche somit verschiedene wirtschaftspolitische Manahmen an. Die Erklrung erfolgt im Rahmen der NWT mit so wenigen Ad-hoc Annahmen wie mglich (insb. Hinsichtlich Rigiditten und Inflexibilitten). Es ist aber nicht davon auszugehen, dass in der Realitt Rigiditten/ Inflexibilitten keine Relevanz besen. Diese sind aber soziokulturell bzw. politisch zu begrnden. Dies ist der Ansatz der Neuen politkonomischen Anstze.1.2.1.2.3.4 Neue politkonomische Anstze

Gemein ist den Anstzen: kein eigenmchtiger Diktator, der effizienten Einsatz von wirtschaftspolitischen Instrumenten vornehmen knnte Jede Korrektur suboptimalen wirtschaftlichen Verhaltens ist mit Umverteilungseffekten verbunden, sodass es automatisch zu Verteilungskonflikten kommt. Bei der berwindung dieser Konflikte treten Koordinationsschwierigkeiten auf. In den modernen, neoklassischen Anstzen der Entwicklungskonomie geht es modelltheoretisch gesehen durchweg um den Versuch, Unterentwicklung logisch-konsistent in einem Modell mit so wenig Ad-hoc-Annahmen (insbesondere was Rigiditten und Inflexibilitten anbelangt) wie mglich zu erklren. Dies ist auch theoretisch sinnvoll. Jedoch sollte man dies nicht so berinterpretieren, dass in der Realitt keine Rigiditten und Inflexibilitten vorherrschen, die mit fr die Unterentwicklung verantwortlich sind. Da jedoch neoklassische konomen von der prinzipiellen Funktionsfhigkeit des Marktmechanismus ausgehen, mssten diese Inflexibilitten demnach politisch oder soziokulturell begrndet werden. Dies ist dann auch der Ausgangspunkt der neueren politkonomischen Anstze, die in diesem Abschnitt kurz beschrieben werden. Diese Anstze kann man auch so interpretieren, dass sie in gewissem Sinne ein Verbindungsglied zwischen den strukturalistischen Anstzen und der herkmmlichen neoklassischen Erklrung oder Methodik bieten, indem sie mikrokonomische Fundierungen fr einige der strukturalistischen Annahmen liefern. Es ist bei dieser Theorierichtung zu unterscheiden zwischen Anstzen, die auf 26

(1) strategische Entscheidungen eigeninteressengeleiteter Politiker, oder auf (2) nationale Verteilungskonflikte oder aber auf (3) internationale Verteilungskonflikte rekurrieren.

(1) Strategische Entscheidungen eigeninteressengeleiteter Politiker Ein Ansatz, den man der so genannten Neuen Politischen konomie oder Public ChoiceTheorie zuordnen kann, verweist auf Eigeninteressen von Politikern oder Akteuren im politischen System. Die strategische Verfolgung dieser Interessen knne dazu fhren, dass bewusst suboptimale, das Gemeinwohl nicht maximierende (i.e. pareto-inferiore), Strategien gewhlt werden. Die jeweiligen politischen Amtsinhaber haben ja eine gewisse Freiheit hinsichtlich der Wahl wirtschaftspolitischer Instrumentarien wie z.B. des Steuersystems oder der Staatsausgaben. Der strategische Einsatz wirtschaftspolitischer Instrumente mit dem Ziel beispielsweise der Wiederwahl oder der politischen Umsetzung von Ideologien (basierend auf subjektiven Weltanschauungen) vermag zu gesamtwirtschaftlich ineffizienten Handlungen und Ergebnissen fhren. Da auf Wiederwahl bedachte Politiker die Interessen bestimmter Bevlkerungsgruppen im Auge haben mssen, sind Verteilungskonflikte sowie der allgemeine Grad an Instabilitt des politischen Systems (z.B. in Form der Hufigkeit von Regierungswechseln) entscheidend fr die gesamtwirtschaftliche Effizienz des Einsatzes wirtschaftspolitischer Instrumente. So kann z.B. im Falle einer hohen politischen Instabilitt in einem Land eine Parlamentsmehrheit oder Regierung geneigt sein ein ineffizientes Steuersystem zu whlen, weil ein solches die Handlungsfhigkeit zuknftiger Regierungen einschrnkt. Ein solches begrndet dann auch eine wirtschaftliche Unterentwicklung wenn keine Korrekturmglichkeiten im politischen System in Form von Bestrafung durch die betroffenen WiSu vorliegen. Letzteres setzt aber ein gewisses Ma an Transparenz und eine entwickelte Informationsstruktur voraus. Da EL selbst hinsichtlich solcher Kriterien im Rckstand sind, kann ein solcher Mechanismus auch nach Einfhrung von Demokratie nicht wirken. Strategiemanahmen Dieser Ansatz wrde es nahe legen zu versuchen, den Politikern die Hnde zu binden. Dies impliziert auf der wirtschaftspolitischen Ebene, Regelbindungen festzuschreiben und Sanktionen fr Abweichungen von Regelversprechen einzufhren, so dass eigenntziges Abweichen weniger erstrebenswert ist. Sanktionen mssten aber auch bei der Behinderung notwendiger institutioneller Reformen, zum Beispiel zur Installierung eines modernen Finanzsystems, zum Tragen kommen. (2) Nationale Verteilungskonflikte Ein zweiter politkonomischer Ansatz zur Erklrung von Unterentwicklung beruht auf folgender Idee. Selbst wenn die Politiker nicht versuchen, auf Kosten des Gemeinwohls strategisch Eigeninteressen durchzusetzen, kann eine Situation entstehen, in der effizienzsteigernde Manahmen auf Grund eines Konfliktes ber die Verteilung der Kosten verzgert oder gar nicht durchgefhrt werden. Jeder politische Anpassungsprozess, wie zum Beispiel die nderung eines ineffizienten Steuersystems, ist mit einer Umverteilung von Einkommen 27

und/oder Vermgen verbunden, das heit auch bei einer gesamtwirtschaftlich sinnvollen Manahme entstehen Gewinner und Verlierer. Solange kein effizienter (einkommenspolitischer) Koordinationsmechanismus gefunden beziehungsweise politisch durchgesetzt werden kann, wird eine Korrektur ineffizienter Zustnde verhindert. Dies wird insbesondere dann geschehen, wenn es im Gegensatz zum wirtschaftspolitischen Leitbild der lteren neoklassischen wie auch keynesianischen Theorien keinen allmchtigen, gemeinwohlmaximierenden Staat gibt, sondern die Regierungen schwach sind. Die besagte Schwche ist bezogen auf die fehlende Durchsetzungs- oder Koordinationskraft und grndet darin, dass die Regierung selbst keine homogene Einheit darstellt, sondern aus heterogenen, nicht kooperativ handelnden Individuen oder Gruppen bzw. Parteien besteht und bei ihren Entscheidungen auf die Interessen anderer Gruppen insbesondere Whlergruppen (zwecks Machterhalt) Rcksicht nehmen muss. Prinzipiell kann sich mit diesem Ansatz eine Unterentwicklung begrnden. Ob diese eine andauernde sein kann wrde voraussetzen, dass keine Korrektur ber die Abwahl der Politiker besteht. Der Ersatz schwacher Demokratien durch Diktaturen (meist durch Militrjuntas) ist aber auch kein Garant fr das bentigte Wachstum. Strategieimplikationen o Auch aus diesem Ansatz knnte man die oben fr (1) genannte Strategie folgern. Eine berlegene Strategie wre hier allerdings der Aufbau von Koordinationsmechanismen (wie zum Beispiel Einkommenspolitik), mit Hilfe derer man die fr das Ausgangsproblem verantwortlichen Koordinationsprobleme grundstzlich berwinden knnte. o Die Anstze (1) und (2) stehen auch im Einklang mit der sog. Grundbedrfnisstrategie, die die Bereitstellung bestimmter Mindeststandards im Hinblick auf Konsum, ffentliche Gter und Dienste und Partizipation sichern soll. o Problem der Erfolge, die erzielt werden und wurden: Der Wohlstand sickert nicht von der Reichen zu den Armen durch. Die Antwort in Form von Transferzahlungen an die Armen verpufft aber zumeist in Konsum und lsst keinen Raum fr Investitionen, was gegenber einer direkten Investitionsfrderung zu Wachstumseinbuen fhrt. Allerdings ist zu beachten, dass in den rmsten VoWis der Konsum zumeist in Form von Ernhrung etc. erfolgt. Dies ist in diesem ZusH mit einer Verbesserung des Humankapitals gleichzusetzen. Sodass keine Wachstumseinbue die Folge sein muss.

(3) Internationale Verteilungskonflikte Ein dritter politkonomischer Ansatz, mit dem versucht wird, Wachstumsschwche und Unterentwicklung zu erklren, argumentiert wie folgt. Selbst wenn es auf nationaler Ebene keine Verteilungskonflikte gbe, beziehungsweise allmchtige gemeinwohlmaximierende Regierungen bestnden, knnte es nichtsdestoweniger beim Versuch, die internationale Wirtschaftsordnung effizienter zu gestalten, zu internationalen Verteilungskonflikten kommen. Viele wirtschaftspolitische nderungen fhren nmlich zu internationalen Umverteilungen und folglich tendenziell zu internationalen Verteilungskonflikten. Auch hier gibt es ein Koordinationsproblem, da auf internationaler Ebene keine bergeordnete Institution mit entsprechenden Machtbefugnissen existiert und zwischenstaatliche Abkommen an den genannten Verteilungsproblemen scheitern knnen. Dies zeigt sich in dem langsamen Abbau der protektionistischen Hrden der IL untereinander und gg. den EL obwohl die Politik behauptet, ein solcher sei pareto-effizient. Aber gerade ein solcher Abbau ist erforderlich, um die Entwicklungslcke schlieen zu knnen. 28

Auch die ber protektionistische Verfahren ablaufenden Verteilungsauseinandersetzungen der IL untereinander beeintrchtigen die EL besonders stark. Wenn z.B. die IL Abwertungswettlufe veranstalten, um Inflation abzubauen werden die unbeteiligten EL stark in Mitleidenschaft gezogen. Strategieimplikationen o Dieser Ansatz steht in Einklang mit Forderungen nach Abbau und koordinierter moralischer chtung des Protektionismus (ganz allgemein, das heit auch und insbesondere in Industrielndern) sowie einer Strkung internationaler Organisationen wie der Welthandelsorganisation.

1.2.1.3 Erklrungsanstze im Kontext der Neuen WachstumstheorieAuch Modelle, die die Verteilungsaspekte zum Untersuchungsgegenstand machen, knnen zu einer Erklrung spezifischer Wachstumsbesonderheiten dienen, sofern eine besonders groe Ungleichverteilung hinsichtlich der Entwicklungslnder als deren Charakteristikum gesehen wird. Anstze, die Humankapital als entscheidenden Motor des Wachstums ansehen, erklren Unterentwicklung z.B. mit unvollkommenen Kreditmrkten auf denen Arme kreditrationiert werden und damit nicht in die eigene Bildung investieren knnen. Alesina und Roderick (1994) stellen in deren Modell auf Vermgens- und nicht Einkommensverteilung ab. Sie versuchen die Literatur zur endogenen WT und der Literatur zur Mehrheitswahl ber Steuerstze zu vereinigen. Mit diesem Modell kann gezeigt werden, wie Verteilungseffekte die Wahl der Wachstumsrate in einem politischen GG berhren. Aus dem politischen Konflikt zwischen Individuen, die ihr Einkommen aus Arbeit und solchen, die es aus Kapital erhalten, folgt dass es sich fr eine Regierung nur dann lohnt die Wachstumsrate zu maximieren, wenn sie nur um das Wohl der Kapitalbesitzer besorgt ist. Wirtschaftswachstum und Wohlfahrt gehen somit nicht Hand in Hand. Aus dem Modell folgt auch, dass Demokratien mit gleicher verteiltem Vermgen hhere Wachstumsraten aufweisen als solche mit ungleich verteiltem. Dies resultiert daraus, dass eine groe arbeitsabhngige Schicht fr hhere Steuern auf Kapital votieren wrde, was das Realeinkommen der Arbeiter erhht aber das Wachstum verringert.

1.2.2 UnfreiwilligkeitDie Neueren Politkonomischen Anstze sind das Verbindungsglied zwischen den strukturalistischen Anstzen und der neoklassischen Erklrung, da sie Mikrofundierungen fr strukturalistische Annahmen liefern. Wenn solche politisch oder sozio-kulturell bedingten Rigiditten auftreten, kann argumentiert werden, dass die UE freiwillig ist bzw. dass sich EP erst lohnt wenn die Rigiditten beseitigt wurden. Daher soll im Folgenden Unfreiwilligkeit untersucht werden. Diese kann so gefasst werden, dass sie 1. den Ausschluss von Freiwilligkeit im Sinne der Prferenzen oder 2. den Ausschluss der mutwilligen oder fahrlssigen Verschuldung der konomischen Unterentwicklung ausdrckt.

1.2.2.1 Freiwilligkeit im Sinne der PrferenzenFreiwilligkeit kann erklrt werden mit zu hohen Zeitprferenzen und wachstumshinderlichen Verteilungsprferenzen. Letzteren liegt eine sozio-kulturelle Herbringung zugrunde sodass man von einer soziokulturellen Begrndung von UE sprechen kann. 29

Hohe Zeitprferenz = niedrige Sparrate, damit geringe (Human)Kapitalakkumulation lfr. Im Neoklassischen Modell geringere pro-Kopf Einkommen und in der NWT eine geringere langfristige Wachstumsrate. (Das Grenzprodukt des Kapitals entspricht im GG der ZPR, das Grenzprodukt des Kapitals sinkt, je hher die ZPR, desto geringer das Grenzprodukt des Kapitals und damit auch das Wachstum im GG wegen y* = f(k*)) Damit wre andauernde UE prferenztheoretisch erklrt. Da eine hohe Zeitprferenz freiwillig ist, kann man auch UE aufgrund einer solchen als freiwillig betrachten. Man kann aber auch argumentieren, dass eine solche Interpretation zwar fr die IL gilt, nicht aber fr die EL, wo die hohe ZP Resultat der niedrigen Entwicklung ist, da bei einem Leben am Existenzminimum hohe Zeitprferenzraten keine Gelegenheit geben, sich in Ersparnissen niederzuschlagen. Eine geringe ZP seitens der kleinen begterten Schicht in den EL ist nicht ausreichend, um zu einer erhhten Kapitalakkumulation zu fhren. Somit erzwingt die Schiefverteilung in den EL die hohe durchschnittliche ZP. Man kann auch argumentieren, dass die Schiefverteilung selbst als Folge der UE angesehen werden kann wenn letztere mit geringem Bildungsstand (i.e. geringe Fhigkeit mit Geld umzugehen oder sich rationale Erwartungen zu bilden) einhergeht. Es besteht also eine beidseitige Kausalitt zwischen UE und hoher ZP. Auch gegenber der sozio-kulturellen Begrndung der Freiwilligkeit der UE kann diese Argumentation gefahren werden. Die Begrndung lautet: Die UE ist Resultat zu hufiger Verteilungskonflikte, die auf bestimmte Verteilungsgerechtigkeitsnormen zurckgefhrt werden knnen. Eine Kultur mit hohem Verteilungskonfliktpotenzial ist entwicklungsschdlich weil dort die sozio-kulturellen Gegebenheiten nicht mit denen des Marktsystems harmonieren. UE und VGN knnen sich aber ebenso gegenseitig beeinflussen wie UE und ZP. Die Argumentation ist somit mit denselben Argumenten angreifbar. Sicher ist es nicht sinnvoll allen EL vorzuwerfen, deren UE sei in soweit freiwillig als ihre VGN wachstumshemmend und ihre ZP zu hoch seien. Allerdings ist im Einzelfall zu prfen, ob nicht ein solches Szenario vorliegt. Es ist aber zu bercksichtigen, dass es auch Koordinationsprobleme geben kann, die verhindern, dass die EL aus eigener Kraft die Lcke schlieen. Allerdings ist die notwendige Voraussetzung fr EP im Sinne der Unfreiwilligkeit der UE als stets gegeben zu betrachten, da alle anderen Haltungen in moralisch bedenkliche Zynische Positionen mnden. Das impliziert aber noch nicht, dass auch die hinreichende Bedingung fr EP auch gleichzeitig erfllt ist. Eine andere Begrndung fr freiwillige UE kann die offenkundige Existenz korrupter Regierungen sein, da man argumentieren kann, die Bevlkerung knne ja eine solche strzen. Allerdings ist dies mit sehr hohen Transaktionskosten (das eigene Leben) verbunden, sodass es individuell rational ist, sich nicht aufzulehnen. Zudem kann auch hier eine gemeinsame Endogenitt vorliegen, in dem Sinne als eine korrupte Regierung gerade erst das Resultat der UE ist.

1.2.2.2 Freiwillige im Sinne mutwilliger VerursachungEL verhalten sich ordnungs-/ organisationspolitisch oft in sofern fahrlssig als sie wider besseres Wissen in ineffizienten Strukturen (z.B. Planwirtschaft) verharren. Die logische Schlussfolgerung ist hier, die EP mit bestimmten Auflagen zu verbinden, die die ineffizienten Strukturen aufbrechen. 30

1.2.3 ZusammenfassungNotwendige Voraussetzungen fr EP: andauernde UE Unfreiwilligkeit der UE Alte Meinung: Klima, Kultur, Ressourcen, Kapitalknappheit als Bestimmungsgren der UE Neue Meinung: Marktoffenheit, Wettbewerb und technischer Fortschritt als Determinanten der UE. Allerdings ist zu bercksichtigen, dass letztere Faktoren von ersteren geprgt werden. Technischer Fortschritt als Ergebnis der Geschichte, Kultur, Erziehung, Institutionen, ffnungspolitik in EL und IL. Technologieverbreitung entsteht wiederum durch Humankapital und int. Handel, was durch die NWT theoretisch untermauert werden kann.

1.2.4 Anhang zum 2. Kapitel

1.2.4.1 Die neoklassische WachstumstheorieKernstck des neoklassischen Wachstumsmodells, das auf die Arbeiten von Solow (1956) und Swan (1956) zurckgeht, ist eine substitutionale Produktionsfunktion. Kombiniert mit einer konstanten Sparquote erhlt man daraus ein einfaches Gleichgewichtsmodell. In einem derartigen Modell (ohne technologischen Fortschritt) geht das Pro-Kopf-Wachstum gegen Null. Daher ist das Modell spter so modifiziert worden, dass exogener technologischer Fortschritt bercksichtigt wurde. In diesem Fall kann dann eine positive gleichgewichtige Wachstumsrate abgeleitet werden. Optimales Wachstum: maximaler Pro-Kopf Konsum ist im Wachstumsgleichgewicht realisiert. Der maximale Pro-Kopf-Konsum ist realisiert wenn gilt d(C/N)/dk = 0. Eigene Ergnzung: Zusammenfassung der Anahmen Kontinuierliche, keine diskrete Zeit t Homogenes Gut fr Konsum und Investition mit Y als Aggregat Vollkommener Wettbewerb auf allen Mrkten (Mengenpassung) keine Friktionen keine Informationsdefizite Rationale Nutzenmaximierer Reprsentative Ein-Periodenfirma ohne Lagerhaltung Annahmen zur Produktionstechnologie der konomie: o Lineare Homogenitt (vom Grade r=1) Das Fehlen von Skalenertrgen ermglicht die Aggregation der Unternehmen zu einem reprsentativen Unternehmen aber: Preissetzung nicht als Monopolist sondern als Mengenanpasser Lin. Hom. Und Fehlen von Skalenertrgen ermglicht Verwendung von Pro-Kopf-Funktionen o Gltigkeit der Inada-Bedingungen o Positive abnehmende Grenzprodukte: Fixe Technologie bzw. exogener technischer Fortschritt Wachstumsrate von Kapital, Konsum und Einkommen ist vom exogenen Bevlkerungswachstum abhngig. Sie wachsen mit dieser konstanten Rate Pro-Kopf-Gren verndern sich im Gleichgewicht nicht mehr 31

Die Anteile am Einkommen (die auf Arbeit und Kapital entfallen) sind bei Vorliegen einer Substitutionselastizitt von eins (Cobb-Douglas Y = K N1- ) konstant sowohl im GG als auch auf dem Weg dorthin.

Stylized Facts von Kaldor - Das Einkommen wchst mit einer annhernd konstanten Rate - Das Verhltnis von Kapital zu Einkommen ist annhernd konstant - Die Profitrate (Gewinn/Kapital) ist annhernd konstant - Die Kapitalintensitt steigt - Die Durchschnittsproduktivitt der Arbeit bzw. das Pro-Kopf-Einkommen wachsen mit einer annhernd konstanten Rate - Es existiert eine Korrelation zwischen Gewinnquote und Investitionsquote - Die Wachstumsraten knnen von Land zu Land differieren. Modellstruktur Kommen wir nun zur Modellstruktur: Die aggregierte Produktionsfunktion mit den beiden Faktoren Arbeit Nt und Kapital Kt besitzt folgende Form (6.1) Yt = F[Kt;AtNt]

wobei At den Stand der Technik darstellt. Beachten Sie, dass der Stand der Technik mit dem Faktor Arbeit multipliziert wird. Technologischer Fortschritt, also eine Erhhung von A, bedeutet, dass der gleiche Output mit einem geringeren Arbeitseinsatz produziert werden kann. Deshalb spricht man in diesem Fall auch von arbeitssparendem technologischen Fortschritt (im Gegensatz zu kapitalsparendem technischem Fortschritt). Es lsst sich zeigen, dass fr die Existenz eines langfristigen Gleichgewichts arbeitssparender technologischer Fortschritt angenommen werden muss. Zunchst abstrahieren wir aber noch von technologischem Fortschritt und betrachten A als Konstante. Da wir uns mit Vernderungen ber die Zeit beschftigen, dient t als Zeitindex, also kennzeichnet beispielsweise Yt den Output zum Zeitpunkt t. In dem einzigen Sektor der konomie wird ein homogenes Gut hergestellt, das sich entweder konsumieren (Ct) oder investieren (It) lsst, um den Kapitalstock zu erhhen. Des weiteren wird angenommen, dass ein konstanter Teil der Produktion gespart wird, die Sparquote wird mit s bezeichnet. Die Abschreibungsrate auf den Kapitalstock wird mit gekennzeichnet. Damit lsst sich das dynamische Verhalten des Kapitalstocks darstellen: (6.2) ,

wobei ein Punkt ber einer Variablen die Ableitung nach der Zeit kennzeichnet. Die Zunahme des Kapitalstocks entspricht den Bruttoinvestitionen abzglich der Abschreibungen. Darber hinaus ist I = sY bercksichtigt worden. (Um genau zu sein, haben wir bercksichtigt, dass I = S, S = sY, Y = F[.]) Schlielich wird nun angenommen, dass auch die Bevlkerung (und damit auch der Faktor Arbeit) im Zeitablauf nicht konstant ist, sondern mit der konstanten, exogenen Rate n wchst. Wird unterstellt, dass die Bevlkerung zum Zeitpunkt Null auf Eins normiert ist, dann lsst sich die