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Dr. Reinold Hagen Stiftung Folie 1 ENGINEERING für die Blasformtechnik ENGINEERING für die Blasformtechnik Einbindung orthotroper prozessabhängiger Materialparameter in die Struktursimulation blasgeformter Kunststoffhohlkörper Patrick Michels, M.Eng (Hochschule Bonn-Rhein-Sieg) Dr.-Ing. Olaf Bruch Dirk Grommes, M.Eng

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Dr. Reinold Hagen Stiftung

Folie 1

ENGINEERING für die BlasformtechnikENGINEERING für die Blasformtechnik

Einbindung orthotroper prozessabhängiger

Materialparameter in die Struktursimulation blasgeformter Kunststoffhohlkörper

Patrick Michels, M.Eng(Hochschule Bonn-Rhein-Sieg)

Dr.-Ing. Olaf Bruch

Dirk Grommes, M.Eng

Dr. Reinold Hagen Stiftung

Folie 2

Inhalt

o Einführung

o Orthotrope prozessabhängige Materialparameter

o Einbindung in die Strukturanalyse

o Anwendung auf den Top-Load Test

o Zusammenfassung / Fazit

Dr. Reinold Hagen Stiftung

Folie 3

Einführung

Kristallisationsgrad

•Anteil an kristallinen Phasen

•Beeinflussung durch:

•Abkühlbedingungen

•Auswirkung:

•E-Modul und Streckspannung steigen mit höheren Kristallisationsgraden [1,2]

Orientierungen

•Ausrichtung der Molekülketten

•Beeinflussung durch:

•Verstreckung

•Extrusion

•Auswirkung:

•Anisotrope Materialeigenschaften [2,3]

Verarbeitungsprozess hat maßgeblichen Einfluss auf die mechanischen Eigenschaften !

Abb2: Schematische Darstellung des Blasformprozesses nach [7], a)

Vorformlingserzeugung, b) Schließvorgang, c) Aufblasen

a) b) c)

Abb1: Typische im Extrusionsblasformprozess

hergestellte Kunststoffhohlkörper [7]

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Folie 4

Einführung

o Aktuelles Forschungsprojekt ReBauVES* in Kooperation zwischen Dr. Reinold Hagen Stiftung, Hochschule Bonn-Rhein-Sieg (FB EMT und FB Angewandte Naturwissenschaften), Fraunhofer SCAI, Kautex Maschinenbau GmbH

o Ziel: Verbesserung der Vorhersagegenauigkeit der Simulation bzgl. der Produkteigenschaften blasgeformter Hohlkörper

o Untersuchung der Einflussfaktoren auf den prozessabhängigen E-Modul erfolgte bereits im vorausgegangenen Forschungsvorhaben MatRes**

Aufbau einer Entwicklungsumgebung zur Berücksichtigung orthotroper, prozessabhängiger Materialparameter in der

Struktursimulation blasgeformter Kunststoffhohlkörper

* ReBauVES: Ressourcenoptimierte Bauteilentwicklung durch systematische Verzahnung von Experiment und

multiskaligen Simulationsansätzen

** MatRes: Material und Ressourceneffizienz für blasgeformte Kunststoffhohlkörper

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Folie 5

• Untersuchte Parameter: 1. Verstreckgrad2. Formtemperatur3. Kühlzeit4. Entnahmerichtung

• Zielgröße: E-Modul

Ermittlung prozessabhängiger Materialdaten (DOE)

Abb.3: Spezieller Versuchsartikel

(Verstreckung durch mechanisches

Spreizen)

Einflussgröße Signifikanz Größenordnung des Einflusses

Entnahmerichtung, ui sehr hoch ca. 8 %

Formtemperatur, 𝜗f sehr hoch ca. 3 (TPrüf < 30 °C)…5 % (TPrüf > 30 °C)

Verstreckgrad, λ mittel - hoch ca. 0 (TPrüf > 30 °C)…3 % (TPrüf < 30 °C)

WW Kühlzeit * Formtemp.,

𝜗f*tk niedrig - mittel ca. 3 % (Wert ist nicht eindeutig abschätzbar)

Ergebnisse aus Projekt MatRes (2011-2015) [3], Werkstoff: HDPE, (Lyondell Basell, Lupolen 4261)

Modellgleichung: E = 𝑓(ui, 𝜗f, λ, tk)

Abb.4: Spreizvorgang

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Folie 6

Einbindung in die Strukturanalyse

Ermittlung von Betrag und Richtung der

lokalen Verstreckung(eigene Routine)

Schnittstelle Metal-Mapper

(Fraunhofer SCAI)

Input:• Wanddickenverteilung• Lokale

Materialparameter• Lokale Orientierungen

ABAQUS Simulationsmodell

Modellgleichung prozessabhängige

Materialparameter

Lasten, Randbedingungen, etc.

Prozess-Netz Struktur-NetzBlasformsimulation

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Folie 7

Ermittlung von Betrag und Richtung der Verstreckung

Aus der Blasformsimulation via B-Sim ist bekannt:

o Globale Knotenkoordinaten des unverformten und des verformten Netzes

o Lokale Koordinatensysteme des unverformten und des verformten Netzes

Ausschnitt des unverformten Prozess-Netzes (Vorformling) zu Zeitpunkt t0

Ausschnitt des verformten Prozess-Netzes (Produkt) zum Zeitpunkt tÄnderung durch:• Starrkörpertranslation • Starrkörperrotation• VerformungErmittlung von Betrag und Richtung der

biaxialen Verstreckung in Hauptrichtung

Aufblasprozess

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Folie 8

Ermittlung von Betrag und Richtung der Verstreckung

Folgende Schritte werden durchgeführt:

o Verformungszustand x=f(X,t), über Knotenkoordinaten und Ansatzfunktionen

o Bildung des Deformationsgradienten : 𝐹 =𝜕𝑥𝑖

𝜕𝑋𝑗

• 𝐹 = 𝑅𝑈 bzw. 𝐹 = 𝑉𝑅

o Polare Zerlegung des Deformationsgradienten:

• 𝐹𝑇𝐹 = 𝑈² = 𝐶 bzw. 𝐹𝐹𝑇 = 𝑉² = 𝐵

o Ermittlung der Hauptdehnungsrichtungen:(Hauptachsentransformation)

• 𝜃𝐵 =𝑡𝑎𝑛−1 2𝐵12

𝐵11−𝐵22

2𝐵′11,22 =

𝐵11+𝐵22

𝐵11−𝐵22

2

2+ 𝐵12

2

o Verstreckgrade in Hauptrichtung:

• λ1 = 𝐵′11 und λ2 = 𝐵′22

Abb.5: Zur Veranschaulichung der Zerlegung des Deformationsgradienten in Rotation und Verformung, angelehnt an [6]

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Folie 9

Einbindung in das Abaqus Simulationsmodell

o Orthotropes linear elastisches Materialgesetz „Lamina“

•𝜀1

𝜀2

𝛾12

=

1

𝐸1−

𝜈12

𝐸10

−𝜈12

𝐸1

1

𝐸20

0 01

𝐺12

𝜎1

𝜎2

𝜏12

• Materialkonstanten 𝐸1, 𝐸2, 𝜈12, 𝐺12, 𝐺13, 𝐺23

o Bestimmung der lokalen E-Module 𝐸1und 𝐸2 über Modellgleichung

o Abhängigkeit von den lokalen Verstreckverhältnissen mittels Feldvariablen

o 𝐺12 = 𝐺13 = 𝐺23

o Überschlägige Berechnung des Schubmoduls 𝐺12 =𝐸1+𝐸2

4∙(1+𝜈)

o Annahmen zur Erweiterung des Gültigkeitsbereiches der Modellgleichung

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Folie 10

Erweiterung der Modellgleichung

*INITIAL CONDITIONS, TYPE=FIELD, Variable=1

20000, 1.36707034

………….

*MATERIAL, NAME=HDPE

*ELASTIC, TYPE=LAMINA, DEPENDENCIES=1

** E1, E2, N12, G12, G13, G23,, FV

794.77, 794.77, 0.3, 305.68, 305.68, 305.68,, 1.0

776.35, 825.68, 0.3, 308.08, 308.08, 308.08,, 1.5

807.57, 856.90, 0.3, 320.09, 320.09, 320.09,, 4.0

770

780

790

800

810

820

830

840

850

860

870

1 1,5 2 2,5 3 3,5 4

E-M

od

ul

[ N

/mm

² ]

Verstreckgradverhältnis φ[ - ]

Experimentell

bestimmter Bereich

E1(φ) E2(φ)

Annahmen:

• Rückführung auf uniaxiale Verstreckung 𝜑 =𝜆1

𝜆2

• Extrapolation auf Verstreckgrade von 1 - 4

• Isotrop bei Verstreckgradverhältnis 𝜑 =1

• Linear steigender Einfluss der Entnahmerichtung bis

Grenzwert (hier 1,5)

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Folie 11

Einbindung plastischer Materialparameter

• Erweiterung auf plastische Materialdaten über Fließhypothese nach Mises-Hill [4,5] in Verbindung mit isotroper Verfestigung:

𝜎𝑣 = 𝐹(𝜎22 − 𝜎33)2+𝐺(𝜎22 − 𝜎11)2+𝐻(𝜎11 − 𝜎22)2+2𝐿𝜎232+2𝑀𝜎31

2+2𝑁𝜎122

𝐹 =1

2

1

𝑅222 +

1

𝑅332 −

1

𝑅112

𝐺 =1

2

1

𝑅332 +

1

𝑅112 −

1

𝑅222

𝐻 =1

2

1

𝑅112 +

1

𝑅222 +

1

𝑅332

𝐿 =3

2𝑅232 ; 𝑀 =

3

2𝑅132 ; 𝑁 =

3

2𝑅122

𝑅11 =𝜎11

𝜎0 ; 𝑅22 =𝜎22

𝜎0 ; 𝑅33 =𝜎33

𝜎0 ; 𝑅12 =𝜎12

𝜏0 ; 𝑅13 =𝜎13

𝜏0 ; 𝑅23 =𝜎23

𝜏0

• Abhängigkeit von Verstreckgrad und Entnahmerichtung über die R-Werte implementiert

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Folie 12

Verifizierung der Einbindung

770

780

790

800

810

820

830

840

850

860

870

1 1,5 2 2,5 3 3,5 4

E-M

od

ul [

N/m

]

Verstreckgradverhältnis φ[ - ]

Experimentell

bestimmter Bereich

E1(φ) E2(φ)

• Verifizierung der Ermittlung von Betrag und Richtung der Verstreckung

• Verifizierung der Datenübertragung

• Verifizierung der lokalen orthotropenE-Module

Verstreckgradverhältnis

Prozess-Netz

Verstreckgradverhältnis

Struktur-Netz

Abb.6: Verstreckgradverhältnis auf Prozess-und Struktur-Netz

Abb.7: E-Modulverteilung einer typischen Griffflasche. a) Verstreckgradverhältnis, b) E-Modulverteilung, c) Verlauf Modellgleichung

a) b)

c)

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Folie 13

Verifizierung der Orientierungen

Max. Verstreckung in Umfangsrichtung

Max. Verstreckung in Extrusionsrichtung

Abb.8: Zonen zur Überprüfung der Orientierungen anhand einer Stauchflasche Abb.9: Vorformling in der geschlossenen Blasform unmittelbar vor dem Aufblasen

Abb.10: Orientierungen in Zone 1

Abb.11: Orientierungen in Zone 2

Zone 1

Zone 2

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Folie 14

Anwendung auf den Top-Load Test

0,0

50,0

100,0

150,0

200,0

250,0

300,0

350,0

0,0 2,0 4,0 6,0 8,0 10,0 12,0 14,0

Re

aktio

nskra

ft [ N

]

Stauchweg [ mm ]

Messung Herstellerangaben ISO_VG=1 ORTHO-ISO ORTHO

Abb.12: Simulationsmodell Griffflasche

Erläuterungen:

Messung: Ergebnisse der Stauchversuche der realen Griffflasche

Herstellerangaben: Materialparameter nach Datenblatt

ISO_VG=1: Isotropes linear elastisches Materialgesetz überlagert mit isotropen plastischen

Materialdaten, E-Modul nach Modellgleichung für ein Verstreckgradverhältnis von φ=1

ORTHO-ISO: Orthotropes linear elastisches Materialgesetz in Abhängigkeit der lokalen Verstreckungen

überlagert mit isotropen plastischen Materialdaten

ORTHO: Orthotropes linear elastisches Materialgesetz überlagert mit orthotropen plastischen

Materialdaten, beides in Abhängigkeit der lokalen Verstreckungen

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Folie 15

Zusammenfassung

o Einbindung prozessabhängiger orthotroper Materialparameter konnte realisiert werden

o Annahmen für die Modellgleichung noch stark idealisiert

• E-Module bei Verstreckgradverhältnissen zwischen 1 und 2 bisher nicht bekannt

• Lediglich Betrachtung einer uniaxialen Verstreckung

o Bestimmung des Schubmoduls steht noch aus

o Eventuelle Orientierungen im Vorformling bisher unberücksichtigt

o Die bisher durchgeführten Untersuchungen an Lupolen 4261 zeigen keine statistisch signifikanten Abhängigkeiten plastischer Materialparameter von Verstreckung und Entnahmerichtung

o Zeit-und Temperaturabhängigkeit ist noch nicht berücksichtigt

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Folie 16

Fazit

o Aufbau einer Entwicklungsumgebung zur Berücksichtigung orthotroperprozessabhängiger Materialparameter in der Strukturanalyse blasgeformter Kunststoffhohlkörper konnte erfolgreich realisiert werden

o Für Standard HDPE deutet sich im Bereich typischer Verstreckgrade keine unbedingte Notwendigkeit der Berücksichtigung an

o Erweiterung der Untersuchung der „Verstreckgradempfindlichkeit“ auf andere Materialien (z.B. bimodales PE) und Artikel (technische Teile) ist angedacht

o Eine Erweiterung zur Berücksichtigung von zeitabhängigen Effekten (Dehnratenabhängigkeit, Viskoelastizität, Viskoplastizität) ist in Arbeit

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Folie 17

ReBauVES

Ressourcenoptimierte Bauteilentwicklung durch systematischeVerzahnung von Experiment und multiskaligen Simulationsansätzen

Projektförderung

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Folie 18

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

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Folie 19

Quellen

[1] Beerbaum, H.: Ermittlung strukturbezogener bruchmechanischer Werkstoffkenngrößen an Polyethylen −Werkstoffen: Dissertation, Universität Halle-Wittenberg. Berlin : Mensch und Buch Verl., 2000.

[2] Ehrenstein, G.: Polymer-Werkstoffe: Struktur Eigenschaften Anwendung. 3. Aufl. s.l. : Carl Hanser Fachbuchverlag, 2011.

[3] Grommes, D.; Bruch, O.; Geilen, J. (2015). Investigation Of The Influencing Factors On The Process-Dependent Elasticity Modulus In Extrusion Blow Molded Plastic Containers For Material Modelling In The Finite Element Simulation. Conference Paper Polymer Processing Society 2015 Graz

[4] Hill, R. (1948). A theory of the yielding and plastic flow of anisotropic metals. Proceedings of the Royal Society A, 193: p.p. 281-297

[5] N. N.: Abaqus Analysis Users Guide. Version: 6.14, 2014

[6] Mc Ginty, B.: Continuum Mechanics. http://www. continuummechanics.org/cm/index.html. Version: 2012. [Zugriff am15.03.2016]

[7] Thielen, M. ; Hartwig, K. ; Gust, P.: Blasformen von Kunststoffhohlkörpern. München : Hanser, 2006.