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Elske Ammenwerth, Ronald Eichstädter, Ulrich Schrader
EDV in der Pflegedokumentation
Elske Ammenwerth, Ronald Eichstädter, Ulrich Schrader
EDV in der Pflegedokumentation
Ein Leitfaden für Praktiker
Unter Mitarbeit von:
Torsten Happek
Bettina Hoppe
Marianne Kandert
Ansgar Kutscha
Ulrike Kutscha
Gisela Luther
Cornelia Mahler
Petra Spies
und weiteren Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen des Universitätsklinikums Heidelberg und
anderer Einrichtungen.
Mit ausführlichen Fallbeispielen aus folgenden Einrichtungen:
Universitätsklinikum Heidelberg, Deutschland
Krankenhaus München-Bogenhausen, Deutschland
Medizinische Hochschule Hannover, Deutschland
Steiermärkische Krankenanstalten Graz, Österreich
Zürcher Höhenkliniken, Schweiz
Schlütersche
Cip
Ass.-Prof. Dr. Elske Ammenwerth
Private Universität für Medizinische Informatik und Technik Tirol
Innrain 98
A-6020 Innsbruck
Ronald Eichstädter
Psychiatrische Universitätsklinik
Voßstr. 4
D - 69115 Heidelberg
Prof. Dr. Ulrich Schrader
FH Frankfurt
Nibelungenplatz 1
D - 60318 Frankfurt
Die Autoren:
Die Autoren haben langjährige Erfahrungen mit der Einführung und Evaluation rechnergestützter
Pflegedokumentationssysteme am Klinikum Heidelberg und in anderen Einrichtungen; sie ist
Autorin zahlreicher wissenschaftlicher und praktischer Veröffentlichungen.
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© 2003 Schlütersche Druckerei und Verlag GmbH & Co. KG,
Hans-Böckler-Allee 7, 30173 Hannover
Alle Rechte vorbehalten. Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der
gesetzlich geregelten Fälle muss vom Verlag schriftlich genehmigt werden.
Die im Folgenden verwendeten Personen- und Berufsbezeichnungen stehen immer gleichwertig
für beide Geschlechter, auch wenn sie nur in einer Form benannt sind.
Gestaltung und Satz:
Druck und Bindung:
Vorwort
(wird nachgereicht)
Einleitung
Ulrich Schrader, Elske Ammenwerth, Ronald Eichstädter
„Computer – Darf sich die Pflege überhaupt damit befassen?“ Noch Anfang der 90er
Jahre wurde diese Frage intensiv diskutiert. Durch die fortschreitende Einführung des
neuen Werkzeugs „Computer“ in den pflegerischen Alltag wurde diese Frage aber bald
weniger relevant.
Anfangs erhielten eher die patientenfernen, administrativen Tätigkeiten wie
Materialwirtschaft, Dienstplanung, Essensbestellung oder Patientenadministration Hilfe
durch „Kollege Computer“. Die Unterstützung des eigentlichen Versorgungsprozesses,
des Pflegeprozesses, ist aber eine deutlich größere Herausforderung, wie viele erfolglose
Projekte belegen. Inzwischen gibt es einige erfolgreiche Projekte in diesem Bereich, wenn
die Zeit bis zu einem echten Routineeinsatz auch oft lang ist. Diese Entwicklungen zeigen
sich sowohl in Akutkrankenhäusern wie auch in Pflegeheimen und ambulanten
Pflegeeinrichtungen.
In Deutschland führten in der Vergangenheit häufig gesetzliche Änderungen zu einer
verstärkten Einführung von EDV in der Pflege. So wurden im Rahmen des
Gesundheitsstrukturgesetzes vermehrt OP-Systeme installiert, oder auf Grund der Pflege-
Personalregelung EDV-Systeme zur Einstufung von Patienten auf Station eingeführt. Jetzt
scheint mit der bevorstehenden Umstellung auf eine DRG-basierte Finanzierung (DRG =
Diagnostic Related Groups) in Deutschland wiederum ein erneuter Schub
bevorzustehen1. Gleiches gilt für die Schweiz und Österreich, wo etwa die Einführung von
Leistungserfassungssystemen der Pflege oder die vorgesehene Dokumentation eines
nationalen pflegerischen Minimaldatensatzes eine EDV-Unterstützung notwendig
machen. Ebenso wird in Österreich die gesetzliche Verpflichtung zur Dokumentation von
Pflegediagnosen eigentlich nur mit EDV-Unterstützung ermöglicht.
Eine ähnliche Tendenz ist durch die aktuelle Kostenentwicklung im Gesundheitswesen
zu beobachten, die die Suche nach rationelleren Vorgehensweisen verstärkt. Bei den
Pflegekräften - als größte Berufsgruppe im Gesundheitswesen - ist sowohl aus
volkswirtschaftlicher wie auch aus berufspolitischer Sicht ein hohes Interesse an einer
Transparenz der pflegerischen Tätigkeiten, des Pflegebedarfs und der erzielten
Pflegeergebnisse vorhanden.
1 Schrader, U.: DRGs - Der Einfluss auf die Pflegeinformationssysteme. In: Pflege Aktuell 54 (10): 550-553, DBFK Verlag, Eschborn, 2000.
Auch die Einrichtungen selber haben ein starkes betriebswirtschaftliches Interesse an
Daten aus der Pflege, um damit eine Kostenträgerrechnung oder die Vor- und
Nachkalkulation von Sonderentgelten oder Fallpauschalen bzw. der DRG präziser
erledigen zu können als bisher.
Mit Einführung der DRG, die in anderen Ländern zu einer deutlichen Verkürzung der
Liegedauern geführt haben, verstärkt sich auch der Aufwand in den Bereichen
Prozessmanagement und Qualitätssicherung. Die verstärkte Kooperationsbereitschaft
mit anderen Einrichtungen zum Zwecke einer integrativen Versorgung (z.B. in
Gesundheitsnetzen) erhöht zusätzlich den Bedarf an EDV-gestützter Kommunikation zur
Unterstützung der Kontinuität der Versorgung. Insgesamt werden pflegerische Daten
damit auch für das medizinische Controlling, für das Personal-, Ressourcen-, Prozess-
und Qualitätsmanagement sowie gegebenenfalls für die Abrechnung benötigt.
Auf Grund dieses rapide gewachsenen externen Interesses an Pflegedaten werden
zunehmend Ressourcen zu deren EDV-gestützter Erfassung zur Verfügung gestellt.
Dabei besteht aber die Gefahr, dass die Interessen der Pflegekräfte selber vernachlässigt
werden. Sie müssen also bei Auswahl und Einführung von EDV-Systemen mitreden und
auch mitentscheiden können. Dieses Buch möchte sie dabei unterstützen.
Extern benötigte pflegerische Daten wurden in der Vergangenheit in der Regel durch
neue Erfassungsformulare oder (moderner) durch spezielle EDV-Anwendungen zur
Datenerfassung erhoben. Solche Lösungen erforderten häufig die erneute
Dokumentation von Daten, die in der Pflegedokumentation bereits vorlagen. Diese
Mehrfacherfassung bedeutete damit zunächst einen Mehraufwand für die Pflegekräfte.
Allerdings hat eine EDV-Lösung immerhin den Vorteil, dass Daten einfacher
weiterverarbeitet werden können, und dass die erfassten Daten ausgedruckt und in eine
herkömmliche Pflegedokumentation eingeheftet werden können. Trotzdem führen
derartige Doppelerfassungen immer zu merklichen Akzeptanzproblemen bei den
Mitarbeitern, ganz abgesehen von der Fehlerträchtigkeit eines solchen aufwändigen
Verfahrens. EDV-gestützte Pflegedokumentationssysteme sollten daher immer in die
vorhandene EDV-Landschaft integriert sein und Schnittstellen zum Datenaustausch
anbieten.
Hinzu kommt, dass die Daten zwar oft von den Pflegekräften erfasst wurden, sie aber
selbst die Daten gar nicht zu sehen bekamen - etwa in Form von zeitlichen Verläufen des
Pflegeaufwands. Auch diese organisatorischen Barrieren standen einer erfolgreichen
EDV-Einführung im Wege.
Es zeigten sich jedoch auch deutliche Vorteile einer EDV-Lösung. Hierzu zählen
besonders die Lesbarkeit EDV-erfasster Daten, die sich von der handschriftlicher Einträge
abhebt; die größere Korrektheit dieser Daten, die sich durch programmgestützte Regeln
zur Erfassung plausibler Daten realisieren lässt; die sofortige Verfügbarkeit der Daten für
die Nutzer sowie die Möglichkeit zur Weiterverarbeitung.
Allerdings, wenn die erfassten Daten von anderen Personen als den Pflegekräften genutzt
und benötigt werden, kann darin auch ein erhebliches Qualitätsproblem liegen2. So leitet
sich eine gute Datenqualität ganz wesentlich aus dem Gebrauch der Daten durch die
Erfassenden ab3. Wird also etwa eine hohe Qualität der erfassten pflegerischen
Leistungsdaten benötigt, sollte dafür gesorgt werden, dass die Erfasser auch selbst mit
den Daten arbeiten können, und dass sie damit auf die Korrektheit der Daten für ihre
eigenen Entscheidungen angewiesen sind. Wenn z.B. Leistungsdaten aus den Daten des
Pflegeprozesses gewonnen werden können, wird also die Qualität der
Leistungsdatenstatistiken automatisch steigen.
Um einen EDV-gestützten Pflegeprozess erfolgreich einzuführen, muss zunächst gefragt
werden, warum und für wen eigentlich dokumentiert wird: Was ist die Aufgabe der
Pflegedokumentation? Die erste Antwort ist meist, dass sie gesetzlich gefordert ist. Im
Weiteren wird dann genannt, dass die Dokumentation als wichtige Basis informierten
Handelns dienen kann. Dass dieses schon immer so war, belegt das folgende Zitat, in
dem Florence Nightingale vor mehr als 140 Jahren die Pflegenden zur Dokumentation
auffordert: „For it may safely be said, not that the habit of ready and correct observation
will by itself make us useful nurses, but that without it we shall be useless with all our
devotion. ... If you find it helps you to note down such things on a bit of paper, in pencil,
by all means do so.“ 4 ("Denn man kann sicher sagen, dass das aufmerksame und
korrekte Beobachten allein uns nicht zu guten Krankenschwestern macht, aber dass ohne
dies unsere ganze Hingabe nutzlos wäre. ... Wenn Ihr feststellt, dass es euch hilft, Dinge
mit Papier und Bleistift festzuhalten, so tut es doch.”)
2 Ballou, DP; Tayi, GK.: Enhancing data quality in data warehouse environments. In: Communications of the ACM 41:73-78, New York, 1998. 3 Orr, K.: Data quality and systems theory. In: Communications of the ACM 41: 66-71, New York, 1998. 4 Nightingale, F.: Notes on Nursing. Dover Publications, New York 1860.
Heute muss eine Pflegedokumentation pflegerische Entscheidungen und Handlungen
nachvollziehbar machen. Daneben stellt sie ein Medium zur Kommunikation innerhalb und
außerhalb der eigenen Einrichtung sowie innerhalb der eigenen Berufsgruppe und mit
anderen dar. Weiter muss die Pflegedokumentation als Hilfsmittel zur Abrechnung und
strategischen Planung einer Einrichtung und sogar als Beweismittel im Falle von
Haftungsprozessen gesehen werden. Das heißt, dass eine gute Pflegedokumentation
heute als Basis einer informierten Versorgung dienen muss.
Was sind dabei die Vorteile einer EDV-gestützten Dokumentation? Warum werden
Papier und Schreibstift zur Dokumentation des Pflegeprozesses durch den Computer
abgelöst? Zunächst wird erreicht, dass die Lesbarkeit, Vollständigkeit, Verständlichkeit
und jederzeitige Verfügbarkeit der Dokumentation aller Stadien des Pflegeprozesses
sichergestellt wird. Die für eine Leistungsdokumentation geforderten Daten können nun im
Prinzip automatisch aus der Pflegedokumentation extrahiert werden.
Spezialdokumentationen und Berichte (wie etwa Leistungsübersichten) können
automatisch generiert werden. Qualitätsindikatoren können kontinuierlich aus den Daten
der Gesamtdokumentation ermittelt werden. Hierdurch kann ein hoher Nutzen für die
Einrichtungen und den Patienten realisiert werden. Allerdings kommt dieser Nutzen nicht
immer den Erfassenden zugute. Er äußert sich vielleicht lediglich in der Vermeidung
ansonsten notwendiger Mehrfacherfassung.
Damit also auch die Erfassenden den Nutzen unmittelbar erfahren, ist es erforderlich,
dass der Pflegeprozess in allen seinen Phasen unterstützt und der
Dokumentationsaufwand erheblich vereinfacht wird. Um den Aufwand bei der
Pflegeplanung so gering wie möglich zu halten, muss auf Pflegestandards,
Standardpflegepläne oder Clinical Pathways zurückgegriffen werden5, 6. Diese müssen
EDV-gerecht aufbereitet sein. Die Aufwände hierfür sind teilweise erheblich.
Ein weiterer, nicht unerheblicher Aufwand steckt in der Entwicklung pflegerischer
Terminologien, auf denen die Dokumentation basiert, sowie deren Verbindung mit den
entsprechenden administrativen Terminologien. Hierunter fallen etwa
Pflegezeitbemessungsverfahren wie das LEP (Leistungserfassung in der Pflege) oder die
PPR (Pflegepersonalregelung) im Bereich der Akutkrankenhäuser oder das vom
5 Schrader, U.: Pflegedokumentation und Informationssysteme. In: Rennen-Allhoff, Schaeffer D (Hrsg). Handbuch Pflegewissenschaft. 725-744; Juventa Verlag; Weinheim und München 2000. 6 Pabst, MK; Scherubel, JC; Minnick, AF.: The Impact of Computerized Documentation on Nurses' Use of Time. In: Computers in Nursing 14: 25-30, Lippincott-Verlag, 1996.
Kuratorium Deutsche Altershilfe favorisierte System PLAISIR sowie die der Abrechnung
zu Grunde liegenden Pflegeleistungen gemäß SGB XI. Die wesentliche Voraussetzung
dafür ist jedoch die Einigung auf eine einheitliche Terminologie, die in ihrer
Ausdrucksfähigkeit klinisch relevant ist7. Daher könnte neben anderen die ICNP8 ein sehr
interessanter Kandidat sein.
Zusammenfassend gibt es also eine Reihe von wesentlichen Voraussetzungen, um ein
Pflegeinformationssystem erfolgreich einzuführen und im Routinebetrieb betreiben zu
können.
Ziel und Aufbau des Buches
Das Buch beschreibt die Voraussetzungen und die einzelnen Schritte bei Auswahl und
Einführung EDV-gestützter Pflegedokumentationssystem im Detail. Wir möchten damit
allen Krankenhäusern, Arbeitsgruppen und Personen, die vor dieser Aufgabe stehen,
einen Leitfaden mit konkreten Tipps und Hinweisen bieten, der den Aufwand verringern
und typische Fehler vermeiden hilft. Wir hoffen, dadurch die Qualität und Effizienz
derartiger Auswahl- und Einführungsprojekte unterstützen zu können.
Das Buch ist geschrieben von Praktikern für Praktiker. Es versucht, ausgehend von
konkreten Erfahrungen allgemein gültige Regeln und Hinweise zu geben. Natürlich kann
dieser Versuch letztlich nur ein idealtypisches Projekt beschreiben. Konkrete Projekte
werden immer etwas anders ablaufen. Hier sei die besondere Bedeutung erfahrener
Projektleitungen oder guter externer Beratung betont, die ein solches Buch sicherlich nicht
ersetzen, nur unterstützen kann.
Im Einzelnen werden wir im Kapitel 1 zunächst einige grundlegende Aspekte zur
Pflegedokumentation behandeln und auch den rechtlichen Rahmen ausführlicher
darstellen. Kapitel 2 bis 5 beschreiben dann konkret die notwendigen Schritte bei
Auswahl, Vorbereitung, Einführung und Betrieb derartiger Systeme. Jedes Kapitel umfasst
immer auch zugehörige praxisnahe Checklisten.
7 Goossen, WTF; Epping, PJMM; Abraham IL.: Classification Systems in Nursing: Formalizing Nursing Knowledge and Implications for Nursing Information Systems. In: Methods of Information in Medicine 35:59-71, Schattauer, Stuttgart, 1996. 8 ICNP: International Classification for Nursing Practice; eine pflegerische Diagnosen- und Leistungsklassifikation, welche sich derzeit international in der Erarbeitung befindet. Näheres unter http://www.icn.ch/icnp.htm.
In Kapitel 6 berichten Einrichtungen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz von
ihren konkreten und durchaus unterschiedlichen Erfahrungen mit entsprechenden
Einführungsprojekten. Für alle Fallbeispiele sind Kontaktadressen angegeben, die dem
Leser die Kontaktaufnahme ermöglichen.
Im Anhang findet sich außerdem eine Liste mit Anbietern EDV-gestützter Pflege-
dokumentationssysteme sowie ein Anforderungskatalog zur Unterstützung der Auswahl
solcher Systeme. Jedes Kapitel enthält weiterführende Literatur, die dem Leser die
Vertiefung der angesprochenen Themen ermöglichen. Außerdem findet sich im Anhang
ein Verweis auf Bücher, Zeitschriften und Internetadressen zum Thema sowie Hinweise
auf Fortbildungsmöglichkeiten im Bereich Pflegeinformatik.
Vielleicht wird zukünftig eine Pflegekraft auf der Suche nach Krankenakten, z.B. für
statistische, qualitätssichernde oder pflegewissenschaftliche Aufgaben, nicht mehr
vergeblich suchen müssen:
"In attempting to arrive at the truth, I have applied everywhere for information, but in
scarcely an instance have I been able to obtain hospital records fit for any purpose of
comparison. If they could be obtained they would enable us to decide many other
questions besides the one alluded to. They would show the subscribers how their money
was being spent, what good was really being done with it, or whether the money was not
doing mischief rather than good."9
(“Bei meiner Suche nach Wahrheit habe ich an allen erdenklichen Stellen um Information
ersucht, es war mir aber so gut wie nie möglich, Krankenberichte zu erhalten, die zum
Zweck des Vergleichs getaugt hätten. Wenn solche Berichte verfügbar wären, dann
könnten wir viele Fragen beantworten. Diese Berichte würden den Geldgebern zeigen,
wie ihr Geld ausgegeben wird, wie viel Gutes tatsächlich damit getan wird oder ob mit
ihrem Geld mehr Unfug als Gutes gemacht wird").
9 Florence Nightingale. Notes on Hospitals, Longman, Green, Roberts, London 1863.
1. Grundlagen
Ronald Eichstädter, Ulrich Schrader, Elske Ammenwerth
Die Pflegedokumentation ist zusammen mit der ärztlichen Dokumentation ein
wesentlicher Bestandteil der klinischen Dokumentation. Die Pflegedokumentation ist
neben der direkten Pflege und deren Organisation ein Hauptaufgabenbereich der Pflege,
in dem sie die alleinige Entscheidungs-, Durchführungs- und Evaluationsverantwortung
trägt. Damit gewinnt die Pflegedokumentation an Bedeutung und rückt ins Zentrum
pflegerischer Aufgaben und Verantwortungsbereiche. Die pflegerische Dokumentation
geht heute in Teilen weit über die oft formalisierte und kategorisierte Art der täglichen
medizinischen Dokumentation hinaus.
Seit man sich in den 50er bis 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts intensiver mit der
Dokumentation der Pflegetätigkeit (USA) beschäftigt, hat sich gezeigt, dass die Pflege-
dokumentation vielfältige Aspekte umfasst. Hierzu zählen die rechtlichen Aspekte, die
unterschiedlichen Interessen, die mit einer Pflegedokumentation verbunden sind sowie
die jeweilige Umsetzung des Pflegeprozesses und zugehöriger Pflegetheorien.
Die Bezeichnung „Pflegedokumentation“ wird dabei häufig unterschiedlich verwendet. So
kann sie die gesamte schriftliche Verlaufsdarstellung aller pflegerischen Maßnahmen
beschreiben. Im engeren Sinne umfasst sie nur die Dokumentation des Pflegeprozesses
und damit z.B. nicht die Dokumentation der ärztlichen Anordnungen oder der
Vitalparameter.
Im Folgenden wird Pflegedokumentation vorwiegend als Pflegeprozessdokumentation
verstanden, also als Dokumentation aller Phasen des Pflegeprozesses.
1.1 Ziele der Pflegedokumentation
Die Pflegedokumentation hat heute eine ganze Reihe von Forderungen zu erfüllen. So
gehört zu ihr die Notwendigkeit, pflegerische Entscheidungen und Handlungen
nachvollziehbar festzuhalten. Sie ist gleichzeitig Medium zur Kommunikation zwischen
Pflegenden, Ärzten und anderen Beteiligten eines multidisziplinären Teams. Zusätzlich
dient sie der Verwaltung als Hilfsmittel zur Abrechnung der Behandlungsleistungen, als
Unterlage zur strategischen Planung einer Einrichtung, oder als Beweismittel in Zivil- und
Strafprozessen. Die Komplexität der Anforderungen scheint nur mit einer EDV-gestützten
Pflegedokumentation effizient erfüllt werden zu können. Die wichtigsten Ziele der
Pflegedokumentation werden im Folgenden zusammenfassend dargestellt.
1.1.1 Unterstützung der Patientenversorgung
Gewährleistung einer vollständigen, lückenlosen Darstellung der pflegerischen
Tätigkeiten.
Sicherstellung der Kontinuität der Pflege durch Unterstützung der Kommunikation
zwischen allen Beteiligten.
Unterstützung pflegerischer Entscheidungen durch Sammlung der
pflegerelevanten Informationen zu einem Patienten.
Vermeidung von mehrfachen Datenerhebungen durch Speicherung aller
pflegerelevanten Informationen.
Vermeidung von Widersprüchen und Fehlern in der Pflege durch Erfassung aller
geplanten und durchgeführten Maßnahmen.
Sicherheit für den Patienten durch zentrale Sammlung aller relevanten
Informationen.
Unterstützung der Organisation der Pflege durch Planung der durchzuführenden
Maßnahmen.
Unterstützung der ganzheitlichen, individuellen Patientenversorgung durch
Dokumentation nach dem Pflegeprozess.
Vermeidung des Verlustes von Informationen durch schriftliche Erfassung
(Erinnerungshilfe).
1.1.2 Unterstützung der Professionalisierung in der Pflege
Stärkung des Selbstbewusstseins der Pflegekräfte durch Darstellung der
erbrachten Leistungen.
Betonung der Eigenständigkeit der Pflege als eigener Berufsgruppe im
therapeutischen Team.
Stärkung der Selbstverantwortlichkeit der Pflegekräfte durch eigenständige
Planung und Durchführung der Pflege.
1.1.3 Unterstützung der Qualitätssicherung
Ermöglichung der Überprüfung der Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität der
Pflege durch Dokumentation der pflegerischen Tätigkeiten und Ergebnisse.
Steigerung der Qualität der Pflege durch strukturierte und kontrollierbare Planung
der Pflege.
Erhöhung der Qualität der Pflege durch Nutzung von allgemein gültigen
Pflegestandards.
1.1.4 Unterstützung des Krankenhausmanagements
Abrechnung erbrachter Leistungen, soweit heute schon möglich.
Schaffung einer Transparenz der erbrachten pflegerischen Tätigkeiten durch ihre
vollständige Dokumentation.
Ermöglichung von Kosten- und Leistungsvergleichen durch Dokumentation der
pflegerischen Maßnahmen und der dafür benötigten Ressourcen.
Unterstützung der Personalbedarfsplanung in der Pflege.
Unterstützung der Planung der Arbeitsabläufe und der Materialdisposition durch
vollständige Erfassung der pflegerischen Tätigkeiten und der verwendeten
Ressourcen.
1.1.5 Erfüllung rechtlicher Rahmenbedingungen
Erfüllung der Dokumentationspflichten durch lückenlose, patientenbezogene
Dokumentation der pflegerischen Maßnahmen.
Erfüllung der Pflicht zur Ausbildung von Pflegepersonal in der
Pflegeprozessdokumentation.
Rechtliche Absicherung gegenüber Klagen durch Unterstützung einer
vollständigen, patientenorientierten, nachvollziehbaren Dokumentation.
1.1.6 Unterstützung von Pflegeforschung und Ausbildung
Unterstützung der Ausbildung von Pflegepersonal durch dokumentierte
Fallbeispiele.
Unterstützung der Pflegeforschung durch systematische Sammlung von
Informationen aus der Praxis.
Ermöglichung der patientenübergreifenden Auswertung der pflegerischen
Tätigkeiten.
1.2 Rechtliche Aspekte der Pflegedokumentation
Die gesetzlichen Anforderungen an die Dokumentation der pflegerischen Praxis
unterlagen in den vergangenen fünf Jahrzehnten einem steten Wandel. Musste die
Pflegedokumentation ursprünglich lediglich rechtlichen Mindestanforderungen genügen,
so ist sie in den letzten Jahrzehnten zu einem wichtigen Teil der klinischen
Dokumentation geworden. Dabei soll im konkreten Einzelfall dokumentiert werden, wer,
was, wann und warum oder auch warum nicht unternommen hat, um wahrgenommene
Risiken und Gefährdungen des Patienten zu minimieren.
Die Pflicht zur pflegerischen Dokumentation als Teil der klinischen Dokumentation
resultiert aus der vertragsrechtlichen Nebenpflicht, die das nicht-ärztliche Personal als
Erfüllungsgehilfe des Krankenhausträgers dem Patienten aus dem Aufnahme- bzw.
Behandlungsvertrag schuldet10. Sie dient dabei dem Nachweis, dass dem
Rechtsanspruch des Patienten auf eine sachgemäße, den medizinischen Erfordernissen
und Standards entsprechende Behandlung seitens des Krankenhausträgers
nachgekommen wurde11. Die klinische und damit auch die pflegerische Dokumentation
gilt als eine „zusammengesetzte Urkunde“, die unter erheblicher Strafandrohung nicht
gefälscht werden darf und damit der Sorgfaltspflicht unterliegt.12 Diesen rechtlichen
Erfordernissen muss also die Dokumentation, in welcher Form auch immer, ob
konventionell oder elektronisch, genügen.
1.3 Der Pflegeprozess und seine Dokumentation
In Deutschland ist der Pflegedienst verpflichtet, den Pflegeprozess anzuwenden und
entsprechend zu dokumentieren13. Als eine rationale Methode der Problemlösung wurde
das Konzept des Pflegeprozesses in den frühen 70er Jahren des letzten Jahrhunderts auf
der Basis interaktionstheoretischer Annahmen und Modelle, zunächst in den USA,
entwickelt und in seinen Handlungsschritten weiter differenziert.
1.3.1 Der Pflegeprozess
Der Pflegeprozess wird dabei oft als Problemlösungsprozess zur Systematisierung der
Pflegehandlungen sowie als Hilfsmittel für ein hermeneutisches (von griech. hermeneuein =
deuten, auslegen) Fallverstehen verstanden. Die Pflege regt durch die Anwendung des
Pflegeprozesses einen kybernetischen (griech. kybernētike (téchnē) = Steuermannskunst)
Prozess an und stellt in dessen Verlauf sicher, dass den Bedürfnissen des zu
behandelnden Patienten angemessen Rechnung getragen wird. An die Stelle einzelner,
intuitiver bzw. emphatischer Interventionen tritt der systematische Problemlösungs- und
Beziehungsprozess, der die Lösung pflegerelevanter Probleme eines Patienten durch
Erreichung zuvor vereinbarter und immer wieder neu abzugleichender Zielen anstrebt.
Beim Pflegeprozess handelt es sich also um eine systematische, dynamische Methode
der Krankenpflege, um einen kontinuierlichen Prozess, der bei der Aufnahme beginnt und
bei der Entlassung endet.
10 BGH, Urteil vom 23.11.1982 - VI ZR 222/79 und vom 27.06.1978 - VI ZR 183/76, zit. nach DKG, 1999a, Hartwig, 1999, Schell, 1999, Streckel, 2000. 11 vgl. § 611 bzw. § 305 BGB. 12 vgl. § 267 StGB und § 276 BGB 13 gemäß § 4 Krankenpflegegesetz 1985.
Dabei wird der Pflegeprozess in seinen Bestandteilen unterschiedlich beschrieben. Folgt
man Yura und Walsh (1988) oder der Joint Commision for Accredition of Health Care
Organisations (WHO), so besteht er aus vier Komponenten:
1. Informationssammlung
2. Planung
3. Durchführung
4. Kontrolle.
Bei anderen Autoren wird nach Fiechter und Meier (1985) der Pflegeprozess wie folgt
beschrieben:
1. Informationssammlung: Erhebung von grundlegenden Informationen zum
Patienten wie Stammdaten, medizinische Diagnosen, Pflegeanamnese,
Behinderungen, Fähigkeiten, Biografie sowie weiterer pflegerisch relevanter
Daten.
2. Probleme und Ressourcen: Systematische Zusammenstellung der
pflegerelevanten Probleme des Patienten sowie seiner zur Lösung der Probleme
nutzbarer Ressourcen.
3. Pflegeziele: Festlegen der pflegerischen Ziele, aufbauend auf den erkannten
Problemen und Ressourcen.
4. Pflegemaßnahmen: Planung der pflegerischen Interventionen, basierend auf den
festgelegten Pflegezielen.
5. Pflegedurchführung: Durchführung der geplanten pflegerischen Maßnahmen.;
6. Pflegeevaluation: Beurteilung der Wirkung der Pflegeinterventionen auf den
Patienten.
Die Phasen 1 bis 4 werden dabei auch als Pflegeplanung bezeichnet. Abb. 1 stellt den
Pflegeprozess nach dieser Definition dar.
Abb. 1: Der Pflegeprozess.
Wiederum leicht unterschiedlich wird der Pflegeprozess von der American Nurses
Association (ANA) definiert. Hier besteht er aus den Phasen:
1. Anamnese: Sammlung der Gesundheitsdaten des Klienten.
2. Diagnose: Analyse der Daten der Anamnese, um die Diagnose zu stellen.
3. Ergebnisidentifikation: Identifizierung erwarteter Ergebnisse für die Pflegediagnose
des Patienten.
4. Planung: Entwicklung eines Pflegeplan und Anordnung von Interventionen, um die
erwarteten Ergebnisse zu erzielen.
5. Durchführung: Ausführung der Interventionen des Pflegeplanes.
6. Evaluation: Auswertung der erzielten Ergebnisse.
Letztlich stellen alle diese Ansätze verschiedene Unterteilungen des gleichen
systematischen Problemlösungsprozesses dar.
1.3.2 Die Pflegeprozessdokumentation
Die Dokumentation des Pflegeprozesses hat in allen Phasen zu erfolgen. Allerdings muss
beachtet werden, dass die Pflegedokumentation immer nur einen Teil der pflegerischen
Realität eines Patienten und seiner Versorgung wiedergibt, und zwar nur den Teil, der
sich schriftlich formalisieren bzw. EDV-gestützt automatisieren lässt.
Bereits seit vielen Jahren basieren die konventionellen, formularbasierten
Pflegedokumentationssysteme auf den Phasen des Pflegeprozesses. Die eingesetzten
Formulare sind dabei häufig ähnlich gestaltet. Sie bestehen typischerweise aus folgenden
Einzelformularen:
Bogen “Informationssammlung”, basierend auf einer vorgegebenen Gliederung (z.B.
ATLs = Aktivitäten des täglichen Lebens).
Bogen “Pflegeplanung” mit Spalten für Probleme und Ressourcen, Ziele und geplante
Maßnahmen.
Bogen “Pflegeverlauf” mit Spalten zur Abzeichnung der durchgeführten Maßnahmen
durch den jeweiligen Schichtdienst.
Bogen „Pflegebericht“ zum Eintragen freitextlicher Berichte.
Bogen „Kurvenblatt“ zum Eintragen von Vitalparametern, ärztlichen Anordnungen,
Medikation etc.
Ein typischer Ablauf der Verwendung dieser Formulare sieht wie folgt aus: Die
Pflegeanamnese wird anhand eines Formulars von einer examinierten Pflegekraft bei der
stationären Aufnahme des Patienten erhoben, um den so genannten „Ist-Zustand“ des
Patienten festzustellen. Gleichzeitig wird die ärztliche Anamnese erstellt, auf der die
ärztlichen Anordnungen (Diagnostik, Therapie) beruhen. Das Pflegepersonal legt die
pflegerischen Probleme, Ziele und Maßnahmen unter Berücksichtigung der Ressourcen
des Patienten fest und hält sie in einem schriftlichen Pflegeplan fest (dieser Schritt wird
häufig auf somatischen Stationen auf eine reine Maßnahmenplanung reduziert). Die
pflegerischen Maßnahmen werden nach ihrer Durchführung von der jeweils
verantwortlichen Pflegekraft auf dem entsprechenden Formular durch Handzeichen
dokumentiert. Zusätzlich wird nach jeder Schicht ein Pflegebericht geschrieben, der auf
die Besonderheiten des Verhaltens des Patienten genau eingeht, die Veränderungen des
Zustandes des Patienten beschreibt sowie den persönlichen Eindruck des Patienten auf
die Pflegekraft enthält.
Der Einsatz von Pflegestandards bzw. standardisierten Pflegeplänen kann die
Pflegedokumentation erheblich unterstützen, da sich z.B. bei der Erstellung des
Pflegeplans der Schreib- und Formulierungsaufwand reduzieren. Abb. 2 stellt den
Pflegeprozess beim Einsatz standardisierter Pflegepläne vor.
Abb. 2: Pflegeprozess bei Einsatz eines Dokumentationssystems mit standardisierten
Pflegeplänen.
Die Kritik an der Praktikabilität des Pflegeprozesses hält in der Bundesrepublik
Deutschland bis in die Gegenwart an. Dennoch hat sich diese Methode inzwischen als ein
sinnvolles und notwendiges Instrument der Professionalisierung pflegerischer Arbeit
etabliert. Die Ausführungsbestimmungen zum § 80 SGB XI (Qualitätssicherung)
präzisieren, was unter einer geplanten Pflege, also einer Pflege nach dem Pflegeprozess
zu verstehen ist.
Die Pflegeeinrichtungen sind auf der Grundlage einer benannten Konzeption
pflegerischen Handelns verpflichtet, für jeden Patienten unter Einbeziehung seiner
pflegerelevanten Probleme, Fähigkeiten und Bedürfnisse eine individuelle Pflegeplanung
zu erstellen, kontinuierlich zu evaluieren und entsprechend zu aktualisieren.
Eine in diesem Sinne umfassend geplante Pflege ist nach den Schritten des
Pflegeprozesses sachlich und kontinuierlich zu dokumentieren, um das
Leistungsgeschehen und die Qualität, mit der der im SGB XI festgeschriebenen
Pflegeauftrag umgesetzt wird, beurteilen zu können.
1.4 Pflegetheorien und pflegerische Terminologie
1.4.1 Theoriegeleitete Pflegedokumentation
Im Zuge der mannigfaltigen Arbeiten zum Thema Pflegedokumentation kam man
international zu der Überzeugung, dass eine theoriegeleitete Pflege sich auch in der
Prozessdokumentation abbilden muss, um den vielfältigen Anforderungen in der
Pflegetätigkeit gerecht zu werden.
Seit sich auch vermehrt andere Wissenschaften, wie beispielsweise die
Sozialwissenschaften und die medizinische Informatik, mit dem Thema beschäftigen, wird
klar, wie außerordentlich komplex eine umfassende Pflegedokumentation ist. Dabei
scheint sie im Vergleich zur Medizin weitaus schwieriger zu beherrschen, da einfach zu
handhabende und dennoch umfassende Kategoriensysteme nicht oder noch nicht
ausreichend zur Verfügung stehen.
Schon seit längerem gibt es Bestrebungen, die Pflegedokumentation zu formalisieren und
ihre Inhalte zu kategorisieren, um etwa einrichtungsübergreifende Vergleiche durchführen
zu können. Seit den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts bemüht man sich, besonders in
den USA, um eine EDV-gerechte Dokumentation. Sowohl die Amercian Nurses
Assocation (ANA), die North American Nursing Diagnosis Association (NANDA), die
World Health Organization (WHO) und auch das International Council of Nurses (ICN)
sind hier zu nennen. In den letzten Jahrzehnten erarbeitete man pflegerische
Klassifikationssysteme für Pflegediagnosen, Pflegemaßnahmen und Pflegeergebnisse
oder terminologische Systeme wie die Internationale Classification of Nursing Practice
(ICNP)14.
Wird mit Hilfe des Pflegeprozesses dokumentiert, so orientiert man sich häufig an dem in
der deutschen Krankenpflege eingeführten Modell von Roper, Logan und Tierney (1980)
und deren Abwandlungen. Des weiteren wird oft auf das Pflegemodell von Orem (1985)
mit seinem Konzept der Selbstpflege und dem damit verbundenen Selbstpflegedefizit
zurück gegriffen.
Die einzelnen Schritte des Pflegeprozesses sind inhaltlich an den theoretischen
Konzepten der Pflege auszurichten, soll der Pflegeprozess seine methodische Effektivität
entfalten. Erst der Bezug auf eine Theorie der Pflege klärt dabei die Perspektive, in der
die Situation eines Pflegebedürftigen entsprechend ihren Erfordernissen erfasst,
Probleme und Fähigkeiten identifiziert sowie Ziele und Maßnahmen vereinbart und
evaluiert werden.
So wird sich der Pflegeprozess in der psychiatrischen Pflege sinnvollerweise eher an den
theoretischen Konzepten wie z.B. Peplau (1995) oder Johnson (1980), die Pflege
internistischer bzw. chirurgischer Patienten dagegen eher an Konzepten z.B. von Orem
(1985) oder Krohwinkel (1993) orientieren. Im Einzelfall kann es ratsam erscheinen,
14 ICNP. Die internationale Klassifikation der Pflegepraxis. Deutschsprachige Ausgabe herausgegeben vom DBfK, SBK und ÖKV. Aus dem Englischen von der deutschsprachigen ICNP-Nutzergruppe. Hans Huber, Bern 2002.
Anteile der verschiedenen Konzepte sinnvoll zu kombinieren. Für solche komplexen
Geschehen, wie sie Interaktionsprozesse darstellen, passende EDV-Vorlagen zu
erarbeiten, fordert von allen Beteiligten ein hohes Maß an Engagement.
1.4.2 Verwendung einer einheitlichen Fachsprache
Es erscheint sinnvoll, in der Pflegeprozessdokumentation eine einheitliche Fachsprache
zu verwenden, die pflegerische Begriffe und deren Verwendung auf einem einheitlichen
Abstraktionsniveau präzise definiert. So wird es möglich, im Rahmen der pflegerischen
Leistungserfassung, bei Maßnahmen zur Qualitätssicherung oder auch bei
pflegewissenschaftlichen Forschungsarbeiten Informationen nachvollziehbar auswerten
zu können.
Die Entwicklung einer solchen einheitlichen pflegerischen Fachsprache befindet sich in
Deutschland erst in den Anfängen. Sie ist geprägt von der Auseinandersetzung mit
Pflegeklassifikationssystemen des angloamerikanischen Raums. Daneben steht eine
deutschsprachige Version der ICNP zur Überprüfung ihrer Anwendbarkeit zur Verfügung.
Weiterhin müssen grundsätzliche Fragen zu Notwendigkeit und Nutzen solcher
Pflegeklassifikationssysteme geklärt werden. Ebenso ist noch offen, ob die
Pflegewissenschaft in Deutschland in der Lage ist, eine eigene pflegerische Fachsprache
zu entwickeln oder ob Begriffe und Systematik amerikanischer bzw. internationaler
Pflegeklassifikationssysteme übernommen werden können. Die Übertragung von
Begriffen eines anderen Sprach- und Kulturkreis kann aber Probleme bergen. Es macht
auch einen Unterschied, ob die abstrakte Sprache eines Klassifikationssystems oder eine
aus der täglichen Praxis entstandene Beschreibung und Benennung einer Tätigkeit
verwandt werden soll.
Vor dem Hintergrund einer sich in den letzten Jahren deutlich abzeichnenden Forderung
nach einer EDV-Unterstützung der klinischen Dokumentation, gewinnt die Diskussion
über Notwendigkeit und Nutzen einer einheitlichen Pflegefachsprache eine ganz eigene
Dynamik.
1.5 Probleme mit der konventionellen Pflegedokumentation
Obwohl vielerorts seit einigen Jahrzehnten bereits nach den oben angeführten Methoden
und Kriterien auf Papier dokumentiert wird, sind in fast allen Einrichtungen, die sich mit
der Dokumentation der pflegerischen Praxis beschäftigen, Probleme damit zu erkennen.
Sind bisher die rechtlichen und sonstigen Anforderungen an eine ideale
Pflegedokumentation dargestellt worden, so müssen nun die typischen Problemfelder
festgehalten werden:
1.5.1 Unvollständige Dokumentation
Zahlreiche Untersuchungen belegen, dass die Pflegedokumentation häufig unvollständig
geführt wird in Bezug auf Informationssammlung, Probleme und Ressourcen, getroffener
Maßnahmen, Evaluation der Pflegeinterventionen sowie Pflegebericht. Als besonders
problematisch gilt die Unvollständigkeit in Bezug auf die Datierung und die persönliche
Unterschrift der jeweiligen Verantwortlichen.
1.5.2 Sachlich falsche Verwendung der Dokumentationssysteme
Ein oft beobachteter Fehler bei der Pflegedokumentation ist, dass die vorgegebenen
Formulare der angebotenen konventionellen Systeme häufig nicht den Vorgaben
entsprechend angewandt werden. So werden etwa Maßnahmen in der Problemspalte
eingetragen, oder andere Felder der Formulare nicht richtig ausgefüllt oder genutzt.
1.5.3 Problem der Ziel- oder Zuordnungsgenauigkeit
Häufig gelingt es den Dokumentierenden nicht oder nur lückenhaft, Ziele zu benennen,
diesen Zielen geeignete Interventionen zuzuordnen und dann entsprechend zu handeln.
Außerdem ist es nicht immer im Nachhinein möglich festzustellen, wer, was, wie und
warum oder warum nicht unternommen hat.
1.5.4 Sprachliche Ungenauigkeit, unklare Formulierungen
Es wird immer wieder angeführt, dass es große Schwierigkeiten bereitet, Erkenntnisse
und Rückschlüsse zu benennen und zu formulieren. Dies wird für alle Leistungsbereiche,
die Ziele und Probleme, Ressourcen und Interventionen betreffen, deutlich beschrieben.
Gerade in Zeiten eines Mangels an ausgebildeten Pflegekräften, in denen auch solche
Pflegekräfte Beschäftigung finden, die Deutsch nicht als erste Sprache erlernt haben,
kann dieses Problem erheblich an Brisanz gewinnen.
1.5.5 Nachträgliche und nicht kontinuierliche Dokumentation
Vielfach findet die Dokumentation nicht zeitnah statt, sondern es wird nachträglich und
aus dem Gedächtnis heraus dokumentiert, was zu Unvollständigkeiten der Dokumentation
führen kann. Ebenso wird häufig nicht kontinuierlich und nachvollziehbar dokumentiert.
Hieraus kann sich unter Umständen sogar ein Sicherheitsrisiko für die betroffenen
Patienten ergeben. Eine Evaluation der pflegerischen Versorgung kann in vielen Fällen
nicht kontinuierlich nachgewiesen werden.
1.5.6 Mangelnde Verfügbarkeit der Dokumentationsunterlagen für alle
Berufsgruppen
Im täglichen Umgang mit den Dokumentationsunterlagen passiert es oft, dass eine
Berufsgruppe, die sich der Dokumentation bei Visiten oder Untersuchungsgängen
bedienen möchte, diese nicht vorliegen hat. Oft wollen mehrere Personen auf die gleiche
Dokumentation zugreifen, sodass es zu Engpässen bei der Nutzung der Dokumentation
kommt. Da eine konventionelle Dokumentation ein Unikat ist, kann es sich nur jeweils an
einem Ort befinden.
1.6 Vorteile beim Einsatz einer EDV-gestützten Pflegedokumentation
Mit der Einführung einer EDV-gestützten Pflegedokumentation wird die Erwartung
verbunden, die Pflegedokumentation in herkömmlicher Form abbilden, dabei aber
qualitativ deutlich verbessern zu können. Gerade die genannten Probleme sollen dabei
gelöst werden.
1.6.1 Vollständigere Dokumentation, sachlich richtige Verwendung der
Dokumentationssysteme
Bei den Problemen der Unvollständigkeit sowie der sachlich richtigen Verwendung der
konventionellen Dokumentation kann ein elektronisches Anwendungssystem eine Lösung
anbieten, indem sowohl durch Nachfrage- und Aufforderungsmechanismen als auch
durch automatische Zuordnung der Einträge zum Verfasser die Vollständigkeit und
Korrektheit der Dokumentation erheblich verbessert werden kann. Dies führt auch zu
einer Erleichterung für den jeweiligen Nutzer.
1.6.2 Sprachliche Genauigkeit, Klarheit der Formulierungen
Durch im System enthaltene Vorgaben, etwa Leistungskataloge oder Textbausteine, ist es
nicht erforderlich, eigene Formulierungen zu finden. Durch die Verwendung einer
vorgegebenen einheitlichen und präzisen Fachsprache können
Formulierungsschwierigkeiten erheblich verringert werden.
Es bleibt weiterhin anzustreben, mit Hilfe einer theoriegeleiteten Pflegepraxis zu
kategorisieren und zu dokumentieren, was nach unseren Erfahrungen mit einem EDV-
gestützten Pflegedokumentationssystem gut unterstützt werden kann.
Auch die Verwendung von integrierten Leitlinien oder auch so genannten „Clinical
Pathways“ bietet sich bei der Verwendung der PC-gestützten Pflegedokumentation direkt
an. Gerade hierdurch kann in erheblichem Maße Planungsaufwand reduziert werden, da
sich dann die Planung auf die jeweils erforderliche Individualisierung des für den
Patienten in Frage kommenden „Clinical Pathways“ reduziert. Ein „Clinical Pathway“, also
klinischer Behandlungspfad, ist ein Dokument, dass den üblichen Weg der Leistung
multidisziplinärer Behandlung für einen speziellen Patienten-Typ beschreibt.
Zu hoffen ist, dass die Entwicklung einer einheitlichen Pflegefachsprache gefördert wird
und ihre Nutzung ähnlich wie in der Medizin gesetzlich verankert wird. Bereits heute ist es
in EDV-gestützten Anwendungssystemen möglich, die ICNP als Terminologie in einem
Pflegeplanungsprogramm zu hinterlegen und so von einem kategorialen System der
pflegerischen Sprache zu profitieren. Dadurch ergeben sich in Zukunft auch bedeutend
bessere Möglichkeiten, pflegerische Leistungen in die Kalkulation (Kostenträgerrechnung)
einfließen zu lassen. Vor dem Hintergrund der Einführung eines fallpauschalierten
Vergütungssystems in den deutschen Krankenhäusern (DRG) stellt die Einführung einer
EDV-gestützten Pflegedokumentation mit entsprechend automatisierten
Auswertemöglichkeiten auch für das Krankenhausmanagement eine wesentliche
Grundlage dar.
1.6.3 Zeitnahe und kontinuierlichen Dokumentation
In einem EDV-gestützten System kann durch regelmäßiges, selbstständiges Nachfragen
durch das System für eine kontinuierliche Dokumentation des Pflegeprozesses gesorgt
werden. Um hier eine zeitnahe Dokumentation zu erreichen, ist es allerdings erforderlich,
dass die Pflegenden über genügend Computer verfügen. Ansonsten wird auch hier wieder
erst zeitversetzt dokumentiert werden. Wenn das EDV-System den Erfassenden gut
unterstützt, kann es zu Zeitersparnissen gegenüber der konventionellen Dokumentation
kommen. Allerdings ist es möglich, dass diese Zeitersparnis durch eine vollständigere,
umfangreichere Dokumentation vermindert oder sogar aufgehoben wird.
1.6.4 Jederzeitige Verfügbarkeit der Dokumentationsunterlagen für alle
Berufsgruppen
Durch die Speicherung aller Daten in einem elektronischen Medium kann jede
Berufsgruppe zu jeder Zeit auf die Dokumentation zugreifen. Die Dokumentation steht
allen berechtigten Berufsgruppen - auch gleichzeitig - an ihrem jeweiligen klinischen
Arbeitsplatz zur Verfügung. Dieses ist ein großer Vorteil. Damit entfallen Wartezeiten für
den Zugriff auf Akten. Dies führt zu einer erheblichen Erleichterung in der täglichen
Arbeitsroutine und der berufsgruppenübergreifenden Kommunikation.
1.7 Gründe für geringen EDV-Einsatz
Mit einer EDV-gestützten Dokumentation ist es möglich, eine angemessene
Pflegedokumentation gemäß den unterschiedlichen komplexen Anforderungen
durchzuführen und dadurch langfristig formalen, pflegewissenschaftlichen und
ökonomischen Ansprüchen zu genügen. Daher gibt es seit vielen Jahren Bemühungen,
für den Bereich der Pflegedokumentation eine EDV-Unterstützung anzubieten. Dies ist
allerdings in der pflegerischen Routine in Deutschland bisher nur selten tatsächlich
umgesetzt. Nur wenige Häuser haben Routineerfahrungen mit EDV-gestützten
Pflegedokumentationssystemen gemacht (vgl. die Fallbeispiele in Kapitel 6).
Die Gründe für den geringen EDV-Einsatz sind zahlreich und seien nur exemplarisch
skizziert:
Probleme bei der Umsetzung und der Akzeptanz des Pflegeprozesses.
Geringe Computererfahrungen der Pflegekräfte.
Angst vor übermäßiger Kontrolle pflegerischer Tätigkeiten.
Mangelnde Formalisierung der pflegerischen Sprache.
Widerspruch zwischen intuitivem beruflichen Wissen und formalisierten EDV-Inhalten.
Fehlen von übergreifenden Pflegestandards.
Unzureichende Technik zur Datenerfassung direkt am Patientenbett.
Unklarer Nutzen (auch finanziell) bei hohem Einführungsaufwand.
Die genannten Probleme sind auch der Grund, warum kommerzielle Systeme zunächst
nur zögernd entwickelt und angeboten wurden. Inzwischen gibt es aber eine ganze Reihe
von Anbietern (siehe Liste in Kapitel 10). Viele der genannten Produkte sind aber im
Bereich der Pflegeprozessdokumentation nach unseren Kenntnissen immer noch nur
selten im Einsatz.
Im Bereich der Entwicklung pflegerischer Sprachen besteht sicherlich noch großer Bedarf.
Hier ist nicht nur die Pflegewissenschaft, sondern auch die Pflegeverbände und die Politik
gefordert. Solche klinisch relevanten Terminologien dienen dabei nicht nur einem
Vergleich von Einrichtungen untereinander, sondern können auch wesentliche Beiträge zu
einer Bestandsaufnahme pflegerischer Qualität und gegebenenfalls deren Verbesserung
leisten15.
Wegen des hohen Aufwands bei der Erstellung von Pflegestandards16 ist außerdem zu
fordern, dass die Entwicklung nicht von jeder Einrichtung betrieben wird, sondern dass
hier auf entsprechende nationale Entwicklungen der Pflegewissenschaft zurückgegriffen
15 Schrader, U.: Klassifikation von Pflegeresultaten - Ansätze, Probleme und Möglichkeiten. In: Dreiner, U; Grünewald, M; Meurer, PF (Hrsg): Multimedia in der Pflege. Schlütersche, Hannover 2001. 16 Bienstein, C.: Pflegestandards - Eine Hilfe zur Qualitätssicherung - Teil 1. Pflege Aktuell 49 (1): 24-26, DBfK Verlag, Eschborn, 1995
werden kann. Damit wäre dann aber auch der Grundstein für eine Evidenz-basierte Pflege
gelegt. Der dafür benötigte Aufwand, betrachtet man allein den Umfang der notwendigen
Literaturrecherche, ist heute von einer einzelnen Einrichtung gar nicht mehr zu erbringen.
Im Bereich der Akzeptanz und Ängste der Mitarbeiter können viele Probleme durch ein
gutes Projektmanagement reduziert werden. Eine überlegte und schrittweise Gestaltung
der Änderungsprozesse sowie eine Einbeziehung aller betroffenen Mitarbeitergruppen
reduziert Ängste und gewährleistet eine hohe Motivation der Mitarbeiter für die neue
Technologie. Insbesondere hier möchten wir mit diesem Buch Hilfestellung geben
Weiterführende Literatur
Ammenwerth, E.; Eichstädter, R.; Happek, T.; Haux, R.; Hoppe, B.; Kandert, M. et al.:
Evaluation rechnergestützter Pflegedokumentation auf vier Pilotstationen. Bericht Nr.
6/2001. Abteilung Med. Informatik, Heidelberg, 2001. http://www.ub.uni-
heidelberg.de/archiv/1792.
Bischoff, C.: Frauen in der Krankenpflege. Zur Entwicklung von Frauenrolle und
Frauenberufstätigkeit im 19. und 20. Jahrhundert. 2. überarbeitete Ausgabe. Campus,
Frankfurt 1994.
Clark, J.: The International Classification For Nursing Practice Project. Online Journal of
Issues in Nursing, Sept. 30, 1998. http://www.nursingworld.org/ojin/tpc7/tpc7_3.htm.
Deutsche Krankenhausgesellschaft: Die Dokumentation der Krankenhausbehandlung.
Hinweise zur Durchführung, Archivierung und Datenschutz. 2. überarbeitete und
erweiterte Auflage. Deutsche Krankenhaus Verlagsgesellschaft, Düsseldorf 1999.
Fiechter, V.; Meier, M.: Pflegeplanung. 4. Auflage. Recom Verlag, Basel 1985.
Goossen, W.: Pflegeinformatik. Eine Einführung in Informationssysteme in der Pflege und
in die Informationswissenschaft in der Pflege. Ullstein Medical, Wiesbaden 1998.
Gordon, M.: Nursing Nomenclature and Classification System Development. Online
Journal of Issues in Nursing. Sept. 30, 1998.
http://www.nursingworld.org/ojin/tpc7/tpc7_1.htm.
Hacker, W.; Scheuch, K.; Kunath, H.; Haux, R..: Computer in der Krankenpflege. Roderer,
Regensburg 1999. Insbesondere Kapitel 1 – 4 zu Zielsetzungen und Anforderungen der
Pflegedokumentation.
Hannah, K.J.; Ball, M.J.; Edwards, M.J.: Introduction to Nursing Informatics. Springer,
New York 1999. Grundlagen zum EDV-Einsatz in der Pflege.
Hartwig, T.: Pflegedokumentation: Ein rechtliches Muss oder eine segensreiche Pflicht?
In: Pflegezeitschrift 52 (4): 285-287, Kohlhammer, Stuttgart,1999.
Höhmann, U.; Weinrich, H.; Gätschenberger, G.: Die Bedeutung des Pflegeprozess für
die Qualitätssicherung in der Pflege (Reihe: Forschungsberichte der Sozialforschung,
Bd.261). Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung, Bonn 1996.
Johnson, D.: The Behavior Model for Nursing. In: Riehl, JP; Roy, C. (Hrsg): Conceptual
Models for Nursing Practice. Appleton-Century Croft, Norwalk 1980. 105-114.
Klie, T. (Hrsg.): Pflegeversicherung und Qualitätssicherung in der Pflege (Schriftenreihe
der Internationalen Homecare-Stiftung, Bd.12), 2. erw. Auflage. Bibliomed, Melsungen
1996.
Krohwinkel, M.: Der Pflegeprozess am Beispiel von Apoplexiekranken. Eine Studie zur
Erfassung und Entwicklung ganzheitlich-rehabilitierender Prozesspflege. Nomos
Verlagsgesellschaft, Baden-Baden 1993.
Leiner, F.; Gaus, W.; Haux, R.: Medizinische Dokumentation - Lehrbuch und Leitfaden für
die Praxis. Schattauer Verlag, Stuttgart 1999. Einführung in die Grundbegriffe der
medizinischen Dokumentation.
Menzel, M.; Baumhardt, G.; Rogers, M.; Rusch, S.: Konzeption, Implementierung und
Evaluation einer zukünftigen Pflegedokumentationspraxis am Universitätsklinikum
Heidelberg. Zwischenbericht. Universitätsklinikum Heidelberg, Heidelberg 2000.
Needham, I.: Pflegeplanung in der Psychiatrie, 2. Aufl. Recom, Basel 1991.
Orem, D.: Nursing Concepts of Practice. McGraw Hill, New York 1985.
Peplau, H.: Interpersonelle Beziehungen in der Pflege: Ein konzeptueller Bezugsrahmen
für eine psychodynamische Pflege. Recom, Basel 1995.
Pohl, J.: Pflegedokumentation kritisch betrachtet. In: Pflegemanagement 5 (2): 10-15,
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Roper, N.; Logan, W.; Tierney, A.J.: The Elements of Nursing. Churchill Livingstone,
Edinburgh 1980.
Schell, W.: Die Krankendokumentation. Heilberufe 47 (5): 36-37, Urban & Vogel, Berlin,
1999.
Streckel, S.: Rechtliche Anforderungen an eine EDV-gestützte Dokumentation. Die
Schwester/Der Pfleger 39 (1): 60-64, Bibliomed, Melsungen, 2000.
Thomson, M.: Durchführungsnachweis: Im Rahmen des Pflegeprozesses ist er
notwendig. In: Pflegezeitschrift 52 (7): 495-497,Kohlhammer, Stuttgart, 1999.
Yura, H.; Walsh, M.B.: The nursing process: Assessing, planning, implementing,
evaluating. Appleton & Lange, Norwalk, California 1988.
2. Auswahl EDV-gestützter Pflegedokumentationssysteme
Elske Ammenwerth, Torsten Happek, Ansgar Kutscha
Die Auswahl eines geeigneten EDV-gestützten Pflegedokumentationssystems stellt eine
große Herausforderung dar. Die Eignung eines EDV-Systems hängt von sehr vielen
Rahmenbedingungen ab und die Auswahl ist daher nur möglich, wenn ausreichende
Informationen über die bisherigen Strukturen und Abläufe in einer Einrichtung vorliegen.
So sollte vor dem eigentlichen Auswahlprozess zunächst eine Analyse des bisherigen
Dokumentationsverhaltens und darauf aufbauend die Beschreibung der Ziele und
allgemeinen Anforderungen in einem Sollkonzept erfolgen. Erst danach kann sinnvoll ein
detaillierter Anforderungskatalog aufgestellt werden, mit dessen Hilfe eine endgültige
Auswahl aus den kommerziell verfügbaren Softwareprodukten erfolgen kann.
In diesem Kapitel werden wir die einzelnen Schritte für eine solche Analyse und Auswahl
vorstellen. Dabei ist es sinnvoll, von Anfang an alle an der Einführung Beteiligten mit in
die Auswahl einzubeziehen (DV-Abteilung, Pflegemanagement, evtl. ärztlicher Bereich
oder andere Berufsgruppen).
Wenn ein Haus nur über eingeschränkte Erfahrung bei der Planung und Durchführung
von größeren EDV-Projekten hat, oder nur begrenzte Personalressourcen zur Verfügung
stehen, kann es hilfreich sein, schon oder gerade für die Planungsphase ein kompetentes
Beratungsunternehmen als Unterstützung heranzuziehen.
2.1 Analyse der bisherigen Pflegedokumentation Vor der Einführung bzw. Ablösung eines EDV-gestützten Pflegedokumentationssystems
ist es sinnvoll, sich im Detail mit den Strukturen und Prozessen vor Ort (also auf den
betroffenen Stationen) vertraut zu machen. Nur dieses Wissen ermöglicht später eine
fundierte Entscheidung bei der Auswahl eines geeigneten Softwareprodukt. Gleichzeitig
kann eine solche Systemanalyse auch helfen festzustellen, ob ein EDV-Einsatz in der
Pflegedokumentation überhaupt notwendig und sinnvoll ist – ob man nicht z.B. durch
Änderungen an Strukturen und Abläufen der papierbasierten Pflegedokumentation ggf.
vorhandene Probleme besser lösen kann als durch die zeit- und kostenaufwändige
Einführung von EDV.
Eine solche Systemanalyse besteht in der Regel zunächst aus der Erhebung und
Erfassung von Informationen, und zwar insbesondere durch Beobachtung (z.B.
Messungen, Dokumentenanalysen) oder durch (mündliche oder schriftliche) Befragungen.
Wenn alle notwendigen Informationen gesammelt sind, werden sie so zusammengestellt,
dass eine präzise Beschreibung der bisherigen Strukturen und Prozesse bei der
Pflegedokumentation entsteht.17
2.1.1 Aspekte der Systemanalyse
Es ist zweckmäßig, die Systemanalyse strukturiert vorzunehmen, d. h. sich an ein
Schema zu halten, das alle wichtigen Gesichtspunkte umfasst. Tabelle 1 stellt die
Bereiche vor, die man typischerweise vor der Einführung eines EDV-gestützten
Pflegedokumentationssystems untersuchen sollte.
Strukturanalyse Welche räumliche und personelle Struktur hat die Station?
Aufgabenanalyse Welche Aufgaben erfüllt die Pflegedokumentation auf dieser
Station?
Einflussgrößenanalyse Welche Faktoren beeinflussen die Pflegedokumentation?
Organisationsanalyse Welche Personen sind für die Pflegedokumentation
verantwortlich?
Ausstattungsanalyse Welche EDV-Systeme werden derzeit auf der Station
eingesetzt?
Dokumentationsanalyse Welche Formulare werden für die Pflegedokumentation
eingesetzt?
Ablaufanalyse Wie sieht der Ablauf der Pflegedokumentation im Einzelnen
aus?
Kommunikationsanalyse Welche Informationen werden per Pflegedokumentation ausge-
tauscht?
Tabelle 1: Mögliche Bereiche einer Systemanalyse vor Einführung eines EDV-
gestützten Pflegedokumentationssystems.
Die Strukturanalyse hält die räumliche (z.B. Anzahl Patientenzimmer, Anzahl
Stationszimmer) und personelle Struktur (Anzahl vollexaminierte Kräfte, Anzahl der
Schichten) in den betroffenen Bereichen fest. Dies hilft, später die technische und
personelle Planung für das einzuführende EDV-System zu erstellen.
17 Die folgende Darstellung orientiert sich an: Haux, R; Lagemann, A; Knaup, P; Schmücker, P; Winter, A.:
Management von Informationssystemen. Teubner-Verlag, Stuttgart 1998. Kapitel 6.
In der Aufgabenanalyse wird zusammengefasst, welche Aufgaben die
Pflegedokumentation in der betrachteten Einrichtungen hat und welche Ziele damit
verfolgt werden. So wird in einigen Häusern die Betonung auf einer optimalen
Unterstützung der Pflege durch ein Dokumentationswerkzeug liegen; in anderen Häusern
mag der Schwerpunkt in einer möglichst genauen Erfassung der pflegerischen Leistungen
bestehen. Eine genaue Analyse der Ziele der Pflegedokumentation ist eine fundamentale
Voraussetzung dafür, dass ein geeignetes EDV-System ausgewählt wird. Ein EDV-
System, das z.B. seinen Schwerpunkt auf der Leistungserfassung hat, wird ggf. nicht
geeignet sein, die pflegerische Qualitätssicherung zu unterstützen.
In der Einflussgrößenanalyse wird ermittelt, welche Faktoren von innen und außen die
Pflegedokumentation beeinflussen. Einflussgrößen von außen sind typischerweise
gesetzliche (z.B. Pflegepersonalregelung, Datenschutzgesetz) oder wirtschaftliche (z.B.
DRG) Anforderungen. Einflussgrößen von innen können z.B. bestehende
Verfahrensanweisungen für die Pflegeplanung oder Leitlinien für die Pflegedokumentation
sein. Diese Informationen können Rahmenbedingungen bei der Auswahl eines EDV-
Systems darstellen, die zu beachten sind.
In der Organisationsanalyse sollte festgehalten werden, welche Personen für welche
Teile der Pflegedokumentation verantwortlich sind. Die examinierten Pflegekräfte z.B.
könnten verantwortlich sein für die Pflegeplanung, während die Schülerinnen diese nur
unter Anleitung erstellen dürfen. Diese Verantwortlichkeitsstrukturen müssen später dann
im neuen EDV-System abgebildet werden können.
Die Ausstattungsanalyse (siehe Abb. 3) untersucht den bisherigen Einsatz von EDV-
gestützten Werkzeugen in den betroffenen Bereichen. Hier ist es hilfreich, zwischen
Hardware und Software zu unterscheiden. So können auf einer Station bereits mehrere
Computer im Einsatz sein, die sich im Stationszimmer befinden. Auf diesen ist Software
für die Materialanforderung und für den Befunddruck im Einsatz. Außerdem sollte die
Vernetzung festgehalten werden – ob und ggf. in welchem Umfang z.B. Netzwerkdosen
vorhanden sind. Alle diese Informationen sind wichtige Rahmenbedingungen für ein
zukünftiges EDV-System.
Abb. 3: Beispiel für eine Ausstattungsanalyse einer Station vor Einführung eines EDV-
gestützten Pflegedokumentationssystems.
In der Dokumentationsanalyse werden die Formulare ermittelt und aufgelistet, die bisher
für die Pflegedokumentation verwendet werden. Die Mitarbeiter einer Station benutzen
z. B. ein Pflegedokumentationssystem auf Papierbasis, um den Verlauf der Behandlung
eines Patienten zu dokumentieren. Dieses besteht aus Formularen für die Pflegeplanung,
die Pflegedokumentation und die Berichtschreibung. Auf einer anderen Stationen werden
zusätzlich Überwachungsblätter sowie Formulare zur Ein-/Ausfuhrbilanzierung eingesetzt.
Die Ablaufanalyse (siehe Abb. 4) untersucht den Ablauf der Pflegedokumentation
genauer. Es wird z.B. ermittelt, welche Schritte bei der Pflegedokumentation ablaufen,
wer sie ausführt, und wie lange sie typischerweise dauern. So könnte die Pflegeplanung
in der Regel von der zuständigen Pflegekraft am Tag der Aufnahme eines Patienten
durchgeführt werden und im Mittel 30 Minuten dauern. Die Berichtschreibung dagegen
findet täglich am Schichtende und dauert ca. zwei Minuten pro Patient. Bei der
Ablaufanalyse können bei Bedarf den einzelnen Schritten auch direkt die eingesetzten
Dokumente und andere Werkzeuge zugeordnet werden, die sich aus den früheren
Analysen ergeben haben.
Abb. 4: Beispiel für der Analyse der Abläufe der Pflegedokumentation vor Einführung
eines EDV-gestützten Pflegedokumentationssystems.
Weitere Details bringt eine Kommunikationsanalyse. Diese untersucht, auf welche
Weise Informationen aus der Pflegedokumentation zu welchem Empfänger gelangen. Es
ist hilfreich, hier zwischen schriftlicher und mündlicher Kommunikation zu unterscheiden.
So könnte es sein, dass z.B. Ärzte und Co-Therapeuten regelmäßig in die Pflegeberichte
schauen und diese abzeichnen. Gleichzeitig werden parallel wichtige Informationen in der
mündlichen Übergabe weitergegeben. Weiterhin sollte auch berücksichtigt werden, dass
die Pflegedokumentation nicht nur innerhalb der Station, sondern auch nach außen von
Bedeutung ist. So können z.B. Verlegungsberichte von anderen Stationen genutzt
werden, um Informationen für die weitere Versorgung zu erhalten. Diese Informationen
sind wichtig, da diese Kommunikationsabläufe später auch durch das EDV-System
unterstützt werden sollten.
Je nach Vorwissen, der Komplexität der bisherigen Abläufe und der angedachten EDV-
Lösung kann die Systemanalyse unterschiedlich detailliert ausfallen und unterschiedliche
Aspekte betonen.
2.1.2 Methoden der Systemanalyse
Um an die gewünschten Informationen zu gelangen, können typischerweise
Beobachtungen, Befragungen, Datenbestandsanalysen sowie Messungen durchgeführt
werden.
Beobachtet werden können z.B. die Abläufe bei der Pflegeplanung, oder die eingesetzten
EDV-Werkzeuge auf einer Station. Durch Beobachtungen werden die Mitarbeiter in dem
zu analysierenden Bereich weniger belastet als durch Befragungen. Andererseits können
viele Informationen nur direkt mit Hilfe der Mitarbeiter gewonnen werden (z.B.
Verantwortlichkeiten). Hierbei werden entweder mündliche oder schriftliche Befragungen
eingesetzt. Schriftliche Befragungen bieten sich an, wenn man gleiche Fragen an viele
verschiedenen Personen hat, z.B. über den bisherigen geschätzten Zeitaufwand bei der
Pflegeplanung, oder über die Bedeutung der Pflegedokumentation für nicht-pflegerische
Berufsgruppen. Mündliche Befragungen sind besser geeignet, wenn die Fragen noch
nicht klar umrissen sind, und wenn eine direkte Diskussion (z.B. über Probleme bei der
Pflegedokumentation oder Wünsche für das EDV-Systeme) mit einzelnen Mitarbeitern
erwünscht wird.
Eine Datenbestandsanalyse ist möglich, wenn bestimmte Informationen bereits
schriftlich vorliegen. Analysiert werden können z.B. Patientenakten (z.B. in Bezug auf die
Vollständigkeit der Pflegeplanung), Verfahrensanweisungen zur Pflegedokumentation,
Berichte früherer Projekte oder Schulungsunterlagen.
Eine Sonderform der Datenbestandsanalyse ist die Literaturanalyse. Sie wird
durchgeführt, indem zu einem bestimmten Thema oder zu einer Fragestellung Literatur
gesucht und analysiert wird. Ziel ist es, einen Überblick über möglichst viele relevante
Aussagen zum untersuchten Thema zu erhalten. Aus der gefundenen Literatur können
Ideen für Lösungsmöglichkeiten des eigenen Problems gefunden werden, oder es kann
auch begründet werden, weshalb eine Lösung vorgezogen bzw. verworfen wird. Als
Literaturquellen bieten sich Bücher, Artikel in Zeitschriften, Berichte anderer
Krankenhäuser etc. an (siehe hierzu auch Liste in Kapitel 8).
Auch die Formularanalyse ist eine Form der Datenbestandsanalyse. Bei der Formular-
analyse wird die Struktur von Formularen untersucht, die im zu analysierenden Bereich
verwendet werden. Aus der Struktur können Informationsbedürfnisse abgeleitet werden.
Allerdings können aussagekräftige Ergebnisse in der Regel nur erreicht werden, wenn
man weiß, wie Formulare ausgefüllt werden, welche Tätigkeiten zur Bearbeitung des For-
mulars geführt haben und wie das Formular von welchem Empfänger weiterverwendet
wird. Die Analyse der Felder in dem Formular für die Pflegeplanung, das in einem
Krankenhaus verwendet wird, kann z.B. Aufschluss über die Informationen geben, die für
die Pflegeplanung bei einem stationären Patienten wichtig sind. Welche Informationen
letztendlich tatsächlich verwendet werden, kann man den ausgefüllten Formularen ent-
nehmen.
Unter der Methode Messung kann man die Tätigkeiten zusammenfassen, die zu einer
objektiven Erhebung quantitativer Daten führen. Messungen bieten sich an, wenn z.B.
genaue Aussagen über den Zeitaufwand, Wartezeiten oder Umfänge von Akten gemacht
werden sollen.
Generell sollten bei der Informationsbeschaffung die Aussagen und Meinungen
verschiedener Personen berücksichtigt werden, möglichst aus unterschiedlichen Berufs-
gruppen. Ein Mitarbeiter allein kann kaum über alle Nuancen eines Bereichs Bescheid
wissen. Wenn Sie beispielsweise die Meinung eines Arztes zur Notwendigkeit des EDV-
Einsatzes zur Unterstützung der Pflegeplanung einholen, so erhalten Sie von ihm - der
das in der Regel nie durchführt - sicherlich eine andere Auskunft als von einer Pflegekraft.
Jede Methode kann andere Fragen beantworten. Tabelle 2 stellt den Zusammenhang
zwischen den Bereichen einer Systemanalyse und geeigneten Methoden dar.
Beobachtung Befragung Daten-
bestands-
analyse
Messung
Strukturanalyse o + + -
Aufgabenanalyse - + + -
Einflussgrößenanalyse - + o -
Organisationsanalyse - + o -
Ausstattungsanalyse + o o -
Dokumentationsanalyse + o + o
Ablaufanalyse + + o +
Kommunikationsanalyse + + o o
Tabelle 2: Zusammenhang zwischen Bereichen der Systemanalyse und geeigneten
Datenerhebungsmethoden (+ = geeignet, o = teilw. geeignet, - ungeeignet).
Die Ergebnisse der Systemanalyse sollten auf jeden Fall schriftlich fixiert werden. Nur so
bleiben die gewonnenen Erkenntnisse auch über längere Zeit verfügbar. Die Ergebnisse
sollten, wenn möglich, nicht nur als Text, sondern z.B. in Form von Grafiken,
Ablaufdiagrammen, Tabellen, Listen etc. präsentiert werden.
Unabhängig von der eingesetzten Methoden der Systemanalyse sollte die Projektleitung
immer den zu untersuchenden Bereich mehrmals selbst aufsuchen und sich einen per-
sönlichen Eindruck über den Bereich verschaffen.
Zur Durchführung von Systemanalysen gibt es umfangreiche Literatur, insbesondere zur
systematischen Planung, Vorbereitung und Durchführung von Befragungen,
Beobachtungen, Messungen, sowie zur übersichtlichen Darstellungen der Ergebnisse.
Bitte beachten Sie hierzu die weiterführende Literaturliste.
Checkliste 1 stellt die wesentlichen Aspekte einer Systemanalyse zusammen.
Ziel der Systemanalyse ist die Darstellung der wesentlichen Strukturen und Abläufe
der Pflegedokumentation.
Eine vollständige Systemanalyse ist nicht möglich, sie sollte aber versuchen, die
relevanten und typischen Strukturen und Abläufe der Pflegedokumentation
darzustellen.
Als Methoden der Systemanalyse kommen Beobachtungen, Befragungen,
Datenbestandsanalysen, Literaturanalysen, Formularanalysen, und Messungen in
Frage.
Eine korrekte und umfassende Systemanalyse liefert die Informationen, welche für die
Erstellung des Sollkonzepts notwendig sind. Sie ist entsprechend sorgfältig
vorzunehmen.
Die Ergebnisse der Systemanalyse sollten schriftlich festgehalten werden.
Nach Abschluss der Systemanalyse sollte geprüft werden, ob die erkannten
Schwachstellen auch ohne den aufwändigen EDV-Einsatz (z.B. durch Reorganisation
von Abläufen) behoben werden können.
Checkliste 1: Systemanalyse.
2.2 Erstellung eines Sollkonzepts
An die Analyse der bisherigen Pflegedokumentation schließt sich die Erstellung eines
Sollkonzepts an. Dieses sollte sich aus dem analysierten Ist-Zustand ableiten und die
Ziele beschrieben, die durch eine Änderung des gegenwärtigen Zustands der
Pflegedokumentation erreicht werden sollen. Anschließend werden die Maßnahmen
definiert, mit denen man die Ziele zu erreichen gedenkt.
Bei der Zieldefinition sollte ein EDV-Einsatz nicht im Vordergrund stehen. Die
Zieldefinition ist am Ergebnis orientiert, während die EDV dazu nur als ein mögliches
Werkzeug dienen kann. Auch organisatorische Maßnahmen können so im Sollkonzept
eine wichtige Rolle spielen. Häufig können die formulierten Ziele der Pflegedokumentation
nur durch ein Ineinandergreifen von organisatorischen Maßnahmen und die Bereitstellung
von EDV-Werkzeugen erreicht werden.
Für die Erarbeitung eines Sollkonzepts ist es notwendig, Klarheit über die gewünschte
Form der Pflegedokumentation zu erlangen. Hierzu ist es sinnvoll, in einem ersten Schritt,
in Orientierung an den in Kapitel 1 beschriebenen allgemeinen Zielen der
Pflegedokumentation, die individuellen Zielvorstellungen für ein konkretes Haus
abzuleiten. Aus eher globalen Zielen sollten dann in einem nächsten Schritt detaillierte
Unterziele abgeleitet werden, die als messbare Größen beschrieben werden sollten. An
diesen Größen können sich später die Bewertungskriterien für die Systemauswahl
orientieren. Nach Abschluss des Projekts bieten diese Kriterien dann auch die
Möglichkeit, den Zielerreichungsgrad zu analysieren und die Ergebnisse des Projekts in
Relation zu den Anforderungen und den Kosten zu bewerten (z.B. wurde die
Vollständigkeit der Pflegedokumentation erhöht?).
Inhaltlich ist es erforderlich, sich in der Phase der Sollkonzepterstellung mit den erkannten
Schwachstellen aus der Systemanalyse auseinander zu setzen und dafür geeignete
Lösungen zu erarbeiten (z.B. wurde beobachtet, dass der Pflegeprozess nur unvollständig
dokumentiert wird; dies soll in Zukunft durch Einführung eines EDV-System verbessert
werden). Die Erkenntnisse aus der Systemanalyse, die als positiv oder unkritisch bewertet
werden, können dagegen direkt in das Sollkonzept übernommen werden (z.B. greifen
auch Ärzte auch die Pflegedokumentation zu; dies soll weiterhin möglich sein).
Die Lösungsansätze zur Beseitigung der wesentlichen Schwachstellen sollen den Zielen
als Maßnahmen zugeordnet werden. Hierbei ist es besonders wichtig, die
Zusammenhänge und Abhängigkeiten einzelner Maßnahmen zur Erreichung der Ziele
darzustellen. Oft besteht die Hoffnung, allein durch den Einsatz eines EDV-Systems
organisatorische Defizite beseitigen zu können. Die Praxis sieht dann anders aus:
Während der Detailspezifikation oder der Einführung des EDV-System wird häufig
festgestellt, dass das EDV-System doch nicht im Stande ist, die - mit Schwächen
behafteten - organisatorischen Abläufe des Hauses abzubilden. In der Konsequenz
werden dann während der Einführungsphase die Problemlösungen auf der Seite des
EDV-Systems gesehen und aufwändige Realisierungen im EDV-System gesucht.
Massive Zeit- und Budgetüberschreitungen sind die häufigen Folgen.
Das Sollkonzept sollte schriftlich ausgearbeitet werden und den Entscheidungsträgern zur
Planung des weiteren Vorgehens vorgelegt werden. Eine mögliche grobe Gliederung stellt
Tabelle 3 vor. Zur besseren Übersichtlichkeit sind die Ergebnisse der Ist-Analyse mit
aufgenommen worden.
Sollkonzept zur Pflegedokumentation ... Stand: ... Verabschiedet von: ... am: ... 1. Kurzbeschreibung des Hauses 2. Zusammenfassung der Ist-Analyse 2.1 Strukturanalyse 2.2 Aufgabenanalyse 2.3 Einflussgrößenanalyse 2.4 Organisationsanalyse 2.5 Ausstattungsanalyse 2.6 Dokumentationsanalyse 2.7 Ablaufanalyse 2.8 Kommunikationsanalyse 2.9 Zusammenfassung, insb. der Schwachstellen 3. Ziele der Pflegedokumentation im Hause 3.1 Ziel 1: Sicherstellung einer hohen Qualität der Pflege 3.1.1 Teilziel: Pflege nach dem Pflegeprozess 3.1.2 Teilziel: Verfügbarkeit aller pat.bezogenen Informationen 3.1.3 Teilziel: Verwendung pflegerischer Leitlinien 3.1.4 .... 3.2 Ziel 2: Unterstützung des Pflegemanagements 3.2.1 Teilziel: Ermöglichung eines Leistungsübersicht 3.2.2 Teilziel: Ermöglichung einer Kostenübersicht 3.2.2 Teilziel: Ermöglichung einer Personalbedarfsrechnung 3.3 .... 4. Organisatorische und technische Maßnahmenpakete 4.1 Maßnahmenpaket zu Ziel 1 4.1.1 Durchführung von Schulungen zum Pflegeprozess 4.1.2 Einführung einer EDV-gestützten Pflegedokumentation 4.1.3 Einführung pflegerischer Leitlinien 4.1.4 ... 4.2 Maßnahmenpaket zu Ziel 2 4.2.1 Aufbau Berichtswesen für Kosten- und Leistungsdaten 4.2.2 ...
Tabelle 3: Ausschnitt aus einer Gliederung für ein Sollkonzept zur Pflegedokumentation.
Checkliste 2 stellt die wichtigsten Punkte bei der Erstellung eines Sollkonzepts
zusammen.
Das Sollkonzept baut auf den Ergebnissen der Systemanalyse auf.
Es beschreibt detailliert die Ziele der Pflegedokumentation in einem Haus
Es stellt dar, in welcher Form diese Ziele erreicht werden sollen (Maßnahmenpakete).
Verschiedene Wege können zum Ziele führen! Neben einer EDV-Einführung sind oft
organisatorische, personelle oder strukturelle Maßnahmen die einfachere Lösung.
Checkliste 2: Sollkonzept.
2.3 Auswahl eines passenden EDV-gestützten
Pflegedokumentationssystems
Damit die Einführung eines EDV-gestützten Pflegedokumentationssystem für alle
Beteiligten zu einem Erfolg wird, sind verschiedene Voraussetzungen zu beachten. So
muss das neue EDV-System in die vorhandenen Strukturen und Abläufe passen. Hierzu
sollte, wie beschrieben, eine umfangreiche Systemanalyse durchgeführt und ein
Sollkonzept erstellt werden. Erst dann ist es möglich zu entscheiden, ob die Einführung
eines EDV-gestützten Pflegedokumentationssystem in Betracht zu ziehen ist, bzw. welche
Funktionalität das neue EDV-System besitzen soll, welche Anforderungen es erfüllen soll,
welche technische Infrastruktur vorhanden bzw. notwendig ist, und welche Schnittstellen
ggf. zu anderen EDV-Systemen zu berücksichtigen sind. Insbesondere ist auch zu
beachten, dass die EDV-Einführung erhebliche Einführungskosten sowie ebenfalls
erhebliche Folgekosten nach sich zieht. Aufwand und erwarteter Nutzen sind hier also
sorgfältig abzuwägen.
Ist die Entscheidung für ein EDV-System gefallen, wird es häufig eine Reihe von
geeigneten Kandidaten für EDV-Systeme auf dem Markt geben. Das Ziel ist nun,
basierend auf den Informationen der Systemanalyse sowie auf dem Sollkonzept, das
geeignetste System, also das mit dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis, auszuwählen.
Die Auswahl eines passenden EDV-System umfasst Marktanalyse,
Pflichtenhefterstellung, Ausschreibung, Vergleich der Angebote und Auswahl.18
Da Eigenentwicklungen von Software in größerem Umfang heute kaum mehr
durchgeführt werden, werden wir auf diese auch nicht weiter eingehen. Bei Interesse sei
18 Die folgende Darstellung orientiert sich teilweise an: Haux, R; Lagemann, A; Knaup, P; Schmücker, P; Winter, A.: Management von Informationssystemen. Teubner-Verlag, Stuttgart 1998. Kapitel 8.
hierzu auf Literatur im Bereich Software Engineering verwiesen (siehe weiterführende
Literatur).
2.3.1 Marktanalyse
Eine Marktanalyse hat das Ziel zu ermitteln, welche Produkte im Bereich EDV-gestützte
Pflegedokumentation prinzipiell auf dem Markt verfügbar sind. Da vorher bestimmte
Vorstellungen gegeben sein müssen, wie das neue System auszusehen hat, erfolgt eine
Marktanalyse in der Regel erst nach einer ausführlichen Systemanalyse. Sie hat zum Ziel,
einen Überblick über verfügbare Produkte zu geben, Anregungen für die Lösung von
Problemen im betrachteten Bereich zu liefern, und geeignete Produkte auszuwählen, die
für eine ausführliche Bewertung in Frage kommen. Es kann aber auch sinnvoll sein,
bereits begleitend zur Systemanalyse und Sollkonzepterstellung mit der Marktanalyse zu
beginnen, um sich am „Machbaren" orientieren zu können.
Um sich einen Überblick über die Marktsituation zu verschaffen, können unterschiedliche
Quellen zu Rate gezogen werden. Hinweise auf geeignete Produkte können vergleichbare
Einrichtungen geben, z.B. Einrichtungen ähnlicher Größe. Auch Artikel und Anzeigen in
Fachzeitschriften, Fachmessen, öffentliche Ausschreibungen oder Einträge in Software-
Katalogen, in öffentlich zugänglichen Datenbanken oder Hinweise im Internet können
weiterhelfen, um an Adressen von Herstellern geeigneter Produkte zu kommen. Einen
Überblick über Hersteller von EDV-gestützten Pflegedokumentationssysteme finden Sie
als Anhaltspunkt im Anhang in Kapitel 10.
2.3.2 Pflichtenheft erstellen
Das Pflichtenheft (oft auch als Anforderungskatalog oder Lastenheft bezeichnet) ist eine
Auflistung aller Anforderungen, die an ein Produkt gestellt werden. Es dient als Grundlage
für die spätere Auswahl. Üblicherweise werden in einem Pflichtenheft die Anforderungen
an die Funktionalität („funktionale Anforderungen“) unterschieden von den nicht-
funktionalen Anforderungen. Letztere beschreiben, wie die funktionalen Anforderungen zu
erreichen sind. So kann z.B. eine funktionale Anforderung lauten, dass die Verwendung
vordefinierter Pflegepläne bei der Pflegeplanung möglich sein muss. Dies sagt aber noch
nichts über den Aufwand und die Benutzerfreundlichkeit aus. Dies wird in den nicht-
funktionalen Anforderungen dargestellt.
Die Aufstellung sinnvoller und überprüfbarer Anforderungen ist eine Aufgabe von großer
Komplexität. Wenn möglich, sollte hier auf Erfahrungen aus ähnlichen, früheren
Ausschreibungen zurückgegriffen werden. Hilfreich ist es immer, die Anforderungen
schrittweise aus den (im Sollkonzept festgehaltenen) Zielen der Pflegedokumentation,
unter Berücksichtigung der technischen und organisatorischen Rahmenbedingungen,
abzuleiten. Gerade im Bereich der Erstellung von Pflichtenheften kann ggf. auch die
Einbeziehung externer Beraterfirmen sinnvoll sein.
In einem ersten Schritt werden die Ziele, die mit Hilfe des Pflegeinformationssystems
erfüllt werden sollen, aus dem Sollkonzept übernommen und weiter detailliert. Solche
Ziele können z. B. ein adäquater Umfang der Dokumentation bei möglichst geringen
Kosten sein. Die Ziele - sie können auch in einer Zielhierarchie über mehrere Stufen auf-
gegliedert werden - sollten lösungsneutral und allgemein verständlich formuliert sein.
Im nächsten Schritt werden die Ziele in Anforderungen überführt. Mit Hilfe der
Anforderungen kann beurteilt werden, wie gut oder schlecht ein
Pflegedokumentationssystem seine Aufgaben erfüllt. Sie müssen daher so formuliert sein,
dass die Bewertung möglich und nachvollziehbar wird. Die Anforderungen sollten also so
formuliert sein, dass sie möglichst eindeutig mit „erfüllt“ oder „nicht erfüllt“ beantwortet
werden können (z.B. „Das System weist deutlich auf das Fehlen einer Pflegeplanung
hin.“). Teilweise werden in Pflichtenheften auch verschiedene Grade verwendet (z.B. „voll
erfüllt“, „teilweise erfüllt“, „geplant“, „nicht erfüllt“). Dies ermöglicht feinere Bewertungen,
macht den späteren Vergleich von verschiedenen Produkten aber aufwändiger.
Wenn Sie Ihr Projekt sorgfältig geplant und zu Beginn eine ausführliche Systemanalyse
durchgeführt sowie ein Sollkonzept erstellt haben, sollten Sie jetzt daraus die
Anforderungen ableiten können.
Generell gilt: Sie sollten die Anforderungen sorgfältig erarbeiten und später, insbesondere
bei der Systemauswahl, nicht mehr ändern oder nur mit ausführlicher Begründung.
Mehrere Ziele können natürlich auch miteinander in Konflikt stehen, z. B. wenn ein
Pflegeinformationssystem eine höhere Qualität der Dokumentation bei Reduzierung des
zeitlichen Aufwands erbringen soll. Diese Zielkonflikte dürfen nicht unterdrückt werden,
auch wenn es so nicht möglich sein wird, alle Ziele komplett zu erfüllen. Zunächst ist es
wichtig, sich über diese Konflikte bewusst zu werden; später, wenn es um die Systemaus-
wahl geht, müssen dann evtl. Kompromisse gefunden werden.
Pflichtenhefte sollten detailliert genug sein, damit sie bei der Auswahl aus verschiedenen
Produkten helfen. Gleichzeitig sollten sie aber nicht zu umfangreich sein, sodass sie für
die ausschreibende Einrichtung und die Anbieter noch handhabbar sind. Es ist sinnvoll,
sich auf die zentralen funktionalen und nicht-funktionalen Anforderungen zu
konzentrieren. Tabelle 4 stellt eine mögliche Gliederung für ein Pflichtenheft vor. Im
Kapitel 10 finden Sie eine Vorlage zur Erstellung eines eigenen Pflichtenheftes, das
natürlich an die eigenen Wünsche und Bedürfnisse angepasst werden muss.
Bei der Erstellung des Pflichtenheftes ist es sinnvoll, Prioritäten festzulegen, da die
vorhandenen Anbieter entweder nie alle Anforderungen abdecken, oder eine komplette
Abdeckung zu teuer ist. Es sollte also festgelegt werden, welche Anforderungen
unbedingt erfüllt sein müssen („KO-Kriterien“), welche erfüllt sein sollten, und welche
nicht so wichtig sind.
Neben den Anforderungen sollte das Pflichtenheft auch Informationen enthalten zum
Ersteller des Pflichtenhefts, zu den Rahmenbedingungen, die im zukünftigen
Einsatzbereich gelten, und zur Zielsetzung, die mit dem Produkt erreicht werden soll.
Diese Informationen liegen ja aus der Systemanalyse und der Sollkonzepterstellung vor
und sind auch für den Anbieter hilfreich, damit er ein möglichst passendes Angebot
abgeben kann.
Bei der Erstellung des Pflichtenhefts sollte darauf geachtet werden, dass die darauf
basierenden Angebote gleichzeitig als Lastenheft für den Anbieter gelten und als
vertragsbegründende Unterlage in später ggf. abzuschließenden Verträge eingehen.
Pflichtenheft zum Projekt „EDV-gestützte Pflegedokumentation“ Stand: ... Verabschiedet von: ... am: ... 1. Vorstellung Krankenhaus und Stationen 2.1 Name, Adresse, Ansprechpartner 2.2 Größe, Anzahl Betten 2.3 Räumliche und personelle Struktur 2.4 Leitbild, Aufgaben 2. Ausgangssituation 2.1 Zielsetzung der Pflegedokumentation 2.2 Organisation der Pflegedokumentation 2.3 Eingesetzte Werkzeuge zur Pflegedokumentation 2.4 Abläufe der Pflegedokumentation 2.5 Einflussgrößen auf die Pflegedokumentation 2.6 Schwachstellen und ihre Bewertung 2.7 Vorhandene EDV-Ausstattung 3. Zielsetzung für dieses Projekt 4. Anforderungen (siehe Kapitel 10 für Details)
4.1 Funktionale Anforderungen 4.2 Nicht-funktionale Anforderungen
Tabelle 4: Mögliche Gliederung eines Pflichtenhefts für ein EDV-gestütztes
Pflegedokumentationssystem.
2.3.3 Ausschreibung
Auf der Grundlage des Pflichtenhefts kann nun die Ausschreibung erfolgen, d. h. die
Aufforderung zur Angebotsstellung. Diese sollte eine ausreichende, aber klare Frist
enthalten. Sie wird entweder, für alle potenziellen Anbieter zugänglich, in Zeitungen oder
Fachzeitschriften, beispielsweise im Bundesanzeiger, öffentlich ausgeschrieben. Oder
Anbieter geeigneter Produkte werden direkt angeschrieben mit der Bitte, ein Angebot
abzugeben (beschränkte Ausschreibung). Interessierte Firmen erhalten neben dem
Pflichtenheft die Beschreibung der Ausschreibungsmodalitäten, eine Vorgabe für den Auf-
bau des Angebots und ggf. Demonstrationsaufgaben, welche die gewünschte Funktio-
nalität beispielhaft verdeutlichen. Im öffentlichen Bereich sind in Deutschland bei der
Ausschreibung auf die Grundsätze der „Verdingungsordnung für Leistungen“ (VOL) zu
achten.
Um die notwendigen Informationen zu einem Produkt erhalten zu können, sollte möglichst
konkret formuliert werden, welche Aspekte interessieren. Bei Software sind beispielsweise
folgende Gesichtspunkte wichtig:
* Informationen zum Anbieter
* Funktionalität des Produktes (mit klarem Bezug auf das vorgegebene Pflichtenheft)
* Systemvoraussetzungen (z.B. technischer Art)
* Kosten für Investition, Einführung und Betrieb
* personeller Aufwand für Einführung und Betrieb
* Realisierung von Datenschutz und Datensicherheit
* Schnittstellen zu anderen Produkten
* Erweiterbarkeit und Beschränkbarkeit
* Referenzen des Anbieters
Mit einem derartigen Anforderungsprofil können Firmen angesprochen bzw. angeschrie-
ben werden mit der Bitte um Aussagen zu den aufgeführten Aspekten. Auskünfte geben
auch Informationsmaterialien wie Prospekte und Demonstrationsprogramme, Vor-
führungen bzw. Präsentationen von bereits installierten Anwendungssystemen oder Test-
installationen im eigenen Krankenhaus. Alle gewonnenen Informationen können verglei-
chend nebeneinandergestellt werden, um eine Bewertung zu ermöglichen.
Der Zeitraum zwischen Beginn und Ende der Ausschreibung sollte genügend groß
gewählt werden, insbesondere bei umfangreichen Anforderungen, um den Anbietern
Gelegenheit zu geben, ein sorgfältig ausgearbeitetes Angebot abzuliefern, welches
tatsächlich auch Bezug nimmt auf die vorhandenen Gegebenheiten im Krankenhaus und
auf die formulierten Anforderungen.
2.3.4 Vergleich der Angebote
Nach Ablauf der Abgabefrist für die Angebotsstellung können die eingegangenen Ange-
bote verglichen werden. Auch wenn das Pflichtenheft sorgfältig formuliert wurde, ist es
möglich, dass in einem Angebot Antworten fehlen oder nicht beurteilt werden können.
Dann müssen Sie nachfragen oder mit Intervallen arbeiten (für das fragliche Kriterium je
den besten und schlechtesten Erfüllungsgrad annehmen, so dass statt eines Werts für die
Zielerfüllung ein Intervall entsteht). Nach der Einzelbewertung aller Angebote können
diese miteinander verglichen werden. Wenn ein Angebot die K.O.-Kriterien nicht erfüllt,
wird es nicht in den Vergleich aufgenommen.
Es sollte sorgfältig geprüft werden, ob ein Produkt die Anforderungen im Pflichtenheft
tatsächlich erfüllt. Produkte, die angeboten werden, befinden sich oft noch im
Entwicklungsstadium, oder eine Funktionalität ist zwar im Prinzip vorhanden, aber noch
nie erfolgreich eingesetzt worden. Auch wenn die Erfüllung einer Anforderungen geplant
ist, sollte man sich hüten, diese als „so gut wie“ realisiert zu bewerten.
Das Vorgehen für den Vergleich entspricht dem üblichen Vorgehen bei einer Sy-
stembewertung: zunächst wird jedes Produkt für sich bewertet, dann die Ergebnisse ver-
gleichend nebeneinandergestellt. Die Nutzwertanalyse ist ein typisches Verfahren für die
mehrdimensionale Bewertung von Produkten. Durch die Nutzwertanalyse wird festgestellt,
welches Produkt die höchste Punktzahl erreicht. Diese Punktzahl ergibt sich aus der
Erfüllung bzw. Nicht-Erfüllung der Anforderungen. Am einfachsten ist es, die Anzahl der
erfüllten Anforderungen aufzuaddieren. Dieses ist aber in der Realität häufig zu ungenau.
In der Nutzwertanalyse werden daher den Anforderungen Gewichte gegeben. Am
einfachsten ist es, wenn Sie die Summe der Gewichte begrenzen, z. B. auf 100%.
Gleichzeitig kann der Erfüllungsgrad der Anforderungen auf einer Skala festgelegt werden
(z.B. von 1 bis 4). Durch Addition der gewichteten Erfüllungsgrade ergibt sich für jedes
Produkt schließlich ein Nutzwert.
In Tabelle 5 sind die einzelnen Elemente der Nutzwertanalyse mit Beispielwerten für zwei
EDV-gestützte Pflegedokumentationssysteme zusammengestellt. Produkt 2 schneidet für
diesen Teil besser ab als Produkt 1.
Bewertungskriterium
(Kurztext)
Gewicht Produkt 1 Produkt 2
G E1 E1*G E2 E2*G
B3.1.1 Freitext möglich 20 4 80 4 80
B3.1.2 Textbausteine verwendbar 10 0 0 2 20
B3.1.3 Rechtschreibprüfung
vorhanden
15 0 0 2 30
B3.1.4 Chronologische Darstellung 10 3 30 3 30
B3.1.5 Ersteller protokolliert 20 4 80 4 80
B3.1.6 Berichte nicht mehr änderbar 15 3 45 1-4 15-60
B3.1.7 Stornierungsfunktion
vorhanden
5 3 15 0 0
B3.1.8 Formatierungsmöglichkeiten
vorhanden
5 1 5 2 10
SUMME 100 255 265 - 310
Tabelle 5: Beispiel einer Nutzwertanalyse für den Bereich „Pflegeberichtschreibung“ aus dem
Teil „funktionale Anforderungen“ eines Pflichtenheftes.19 G = Gewicht [%]; E1 bzw. E2 = Erfül-
lungsgrade der Produkte 1 bzw. 2 auf einer Skala von 1 bis 10; E1G bzw. E2G = gewichtete
Erfüllung der Anforderung.
2.3.5 Durchführung einer Produktpräsentation
Eine Produktauswahl, die nur auf den Angaben der Hersteller beruht, ist zwangsläufig zu
unsicher für eine endgültige Entscheidung. In einem nächsten Schritt sollten daher die
Anbieter, deren Produkte beim Vergleich am besten abgeschnitten haben, ihre Produkte
vor Ort vorstellen. Um die Tauglichkeit der Produkte zu prüfen, ist es hilfreich, typische
Abläufe der Pflegedokumentation (die aus der Systemanalyse bekannt sind), von den
Anbietern durchspielen zu lassen. Hierfür sollten den Hersteller Szenarien vorgegeben
wird (siehe Beispiel in Tabelle 6).
Auf Basis der vorgeführten Funktionalität und der erst in der Präsentation sichtbaren
Benutzerfreundlichkeit können dann die Bewertungen ggf. angepasst werden. Bei
Produktpräsentationen sollten möglichst auch zukünftige Benutzergruppen eingeladen
werden. Diese können ggf. fundierte Aussagen über die Eignung eines Produktes
machen, die eventuell bei der Pflichtenhefterstellung übersehen wurden.
Szenario für den Teil „Pflegeberichtschreibung“
19 Die Darstellung orientiert sich an: Haux, R; Lagemann, A; Knaup, P; Schmücker, P; Winter, A.: Management von Informationssystemen. Teubner-Verlag, Stuttgart 1998. Seite 121.
Präsentationen durch ... am ... 1. Öffnen des Pflegeberichtes eines Patienten Wie lange dauert das Öffnen? Wie viele Mausklicks sind dafür notwendig? 2. Anschauen der Pflegeberichte der letzten 5 Tage Wie übersichtlich ist die Darstellung? Kann der Darstellungszeitraum flexibel angepasst werden? 3. Hinzufügen eines Pflegeberichtes Können Textbausteine verwendet werden? Kann Freitext ergänzt werden? 4. Wechseln in die Pflegeplanung und Nachschlagen eines Eintrages Wie aufwändig ist das Wechseln? 5. Wechsel zum Pflegebericht Wie aufwändig ist das Wechseln? 6. Änderung eines Eintrags am aktuellen und am vorletzten Pflegebericht Kann die Möglichkeit des Änderns flexibel erlaubt/verboten werden? Sind vorgenommene Änderungen im System später nachvollziehbar? 7. Stornieren des vorletzten Pflegeberichtes Ist in der Dokumentation nachvollziehbar, dass ein Eintrag storniert wurde? Ist ersichtlich wer diesen Eintrag wann storniert hat? Wird ein Stornogrund dokumentiert? 8. Schließen des Berichts Könnten alle Änderungen vor dem Schließen verworfen werden? Muss ein Speichern der Änderungen explizit bestätigt werden?
Tabelle 6: Auszug aus einem Szenario für eine Produktpräsentation für das Modul
„Pflegeberichtschreibung“ eines Pflegedokumentationssystems. Bei jedem Schritt sind
kritische Punkte zum Systemverhalten ergänzt, welche bei der Präsentation besondere
Beachtung finden werden.
2.3.6 Durchführung von Pilotinstallationen
Produktpräsentation ermöglichen die Überprüfung von Funktionalität und Benutzer-
freundlichkeit. Sie erlauben aber noch keine vertiefende eigene Überprüfung der Stabilität
und Performance und berücksichtigen auch noch keine ggf. notwendigen Schnittstellen.
Diese kann erst in Pilotinstallationen überprüft werden.
Hierzu sollten, wenn möglich, Vereinbarungen mit den Herstellern über eine
kostengünstige, zeitweise Probeinstallation getroffen werden. Während der
Probeinstallation sollten sowohl Informatiker als auch spätere Benutzer das EDV-System
in verschiedenen Variationen ausprobieren, um mögliche Schwachstellen,
Inkompabilitäten (d.h. Unverträglichkeiten von Systemen) oder Schnittstellenprobleme zu
erkennen. Auch die Aussagen des Herstellers zu den benötigten technischen
Infrastrukturen kann erst in Pilotinstallationen überprüft werden.
Sollten eigene Pilotinstallationen aus finanziellen oder technischen Gründen nicht
durchführbar sein, dann sollte zumindest geprüft werden, in wie weit das Produkt bereits
in anderen Häusern im Einsatz ist. Ein Besuch vor Ort kann helfen, einige der offenen
Fragen zu klären und sich einen Eindruck vom System zu verschaffen.
Nach Abschluss der Pilotinstallation können dann die Bewertungen letztmalig angepasst
werden.
2.3.7 Auswahl eines Systems
Basierend auf den Angeboten, den Bewertungen, den Präsentationen und ggf. der
Pilotinstallation sollte nun ein begründeter Vorschlag für ein bestimmtes Produkt erstellt
werden. Kommt kein System in Frage, sollte geprüft werden, ob die Anforderungen ggf.
zu hoch waren. Es kommen dann folgende Alternativen in Frage:
Neuausschreibung, ggf. mit reduziertem oder geändertem Pflichtenheft. Der
technische Fortschritt ist häufig so schnell, dass bereits nach kurzer Zeit bessere
Systeme oder neuere Versionen vorhandener Systeme verfügbar sein werden.
Eigenentwicklung.
Kooperation mit einem Hersteller zur gemeinsamen Weiterentwicklung eines
Produkts.
Bei einer Eigenentwicklung oder einer Kooperation mit dem Hersteller sollte aber bedacht
werden, dass dieses Vorhaben häufig zeit- und risikointensiv ist. Bei einer Entscheidung
für eine Weiterentwicklungskooperation mit einem Hersteller ist besonders darauf zu
achten, in den Verträgen die Leistungen des Herstellers und die Mitwirkungsleistungen
des Auftraggebers sowie die zeitlichen Vorgaben detailliert festzulegen. Außerdem
müssen die Verträge definierte Ausstiegsmöglichkeiten enthalten, sollten die Ziele nicht
wie geplant erreicht werden.
Checkliste 3 stellt die wesentlichen Schritte bei der Systemauswahl zusammen.
Die Marktanalyse sollte möglichst vollständig sein, um keine Produkte zu übersehen.
Das Pflichtenheft sollte sich aus dem Sollkonzept ableiten.
Es sollte die Bedürfnisse aller relevanten späteren Benutzergruppen berücksichtigen.
Das Pflichtenheft sollte die wesentlichen funktionalen und nicht-funktionalen
Anforderungen nennen, im Umfang aber überschaubar bleiben.
Die Ausschreibung muss mit einer klaren Fristsetzung verbunden sein und
ausreichend Informationen für die Anbieter enthalten.
Frühzeitig sollte festgelegt werden, wie der Vergleich von Angeboten bzw. Produkten
durchgeführt werden soll.
Die Formulierung von K.O.-Kriterien hilft bei der frühzeitigen Reduzierung der Anzahl
alternativer Angebote.
Produktpräsentationen und Pilotinstallationen helfen bei der Entscheidung und
ermöglichen die Einbindung zukünftiger Benutzer.
Checkliste 3: Systemauswahl.
2.4 Von der Systemauswahl zum Vertrag
Ist die Entscheidung für ein EDV-System gefallen, müssen in Detailverhandlungen mit
dem Hersteller der genaue Lieferumfang, das Vorgehen bei der Systemeinführung, die
Wartungsmodalität und der Preis ausgehandelt werden. Es empfiehlt sich, nicht einfach
das Angebot des Herstellers anzunehmen, sondern in einem Vertragswerk die Rechte
und Pflichten der Vertragspartner festzulegen. In Deutschland finden für die
Vertragsgestaltung im Bereich öffentlicher Auftraggeber die „Besonderen
Vertragsbedingungen“ (BVB) und die „Erweiterten Vertragsbedingungen“ (EVB-IT)
Anwendung. Ist mit dem Hersteller ein „Letter of Intent“ abgeschlossen, können bereits
parallel zu den Verhandlungen die Vorbereitungen zur Einführung beginnen.
Sind an der Realisierung des Systems mehrere Vertragspartner (z.B. für die Lieferung der
Hardware, der Software oder der Realisierung von Schnittstellen) beteiligt, so können
dafür einzelne Verträge abgeschlossen werden. Um jedoch Probleme zwischen den
Vertragspartnern zu reduzieren und um die Rückabwicklung bei Nichterfüllung eines
Vertragspartners zu erleichtern, empfiehlt es sich, die Verträge mit einem
Generalunternehmer abzuschließen, der die übrigen Vertragspartner seinerseits
unterbeauftragt.
Es ist üblich, in einem Rahmenvertrag das Vorgehen für die Systemeinführung
festzulegen. Dabei ist es möglich, die Gesamteinführung in mehrere Phasen zu gliedern.
Die Phasen können sich dabei z.B. an der Ausbreitung über das Haus orientieren
(zunächst Einführung in einer Einrichtung, dann in weiteren) oder eher an der Vertiefung
der Funktionalität (Funktionalität wird schrittweise flächendeckend eingeführt). Tabelle 7
stellt je ein Beispiel für eine mögliche Phaseneinteilung dar. Weitere Details zur den
Phasen der Systemeinführung finden sich im Anhang.
Phase Beispiel 1 Beispiel 2 1 Systeminstallation Systeminstallation
Aufbau Projektstruktur Schnittstellen Einführung auf Pilot-Station
Aufbau Projektstruktur Patientendatenschnittstelle zum
patientenführenden System Flächeneinführung der
Pflegeberichtschreibung 2 Roll-Out über weitere Stationen
der gleichen Klinik Funktionale Erweiterung um Informationssammlung Maßnahmendokumentation Leistungsdatenschnittstelle zum
Abrechnungssystem 3 Roll-Out über weitere Kliniken Funktionale Erweiterung um
Pflegeplanung Zielevaluation
4 Roll-Out über weitere Kliniken Berufsgruppenübergreifende Nutzung Anbindung an Elektronische
Patientenakte / Archivsystem Ggf. weitere Funktionalität
Tabelle 7: Beispiele für zwei Phasenpläne für die Einführung eines EDV-gestützten
Pflegedokumentationssystems.Links Phasen einer Ausbreitungsstrategie, rechts Phasen
einer Vertiefungsstrategie.
Neben den Details für die erste Einführungsphase müssen die späteren Phasen dabei nur
durch ihre Eckdaten vereinbart werden. Ebenso kann ein Rahmenvertrag z.B. nur eine
Klausel enthalten, die den Abschluss eines Wartungs- und Pflegevertrags vereinbart,
ohne diesen schon zu diesem Zeitpunkt abzuschließen.
In einzelnen Verträgen werden dann die Überlassung der Software, der Kauf der
Hardware, die Wartung und Pflege sowie die Erbringung von Dienstleistungen geregelt.
Als schwierig erweisen sich in der Regel verlässliche Vereinbarungen über die Erbringung
von Dienstleistungen, da diese am schlechtesten kalkulierbar sind. Hier sind die meisten
Unwägbarkeiten zu erwarten. Es ist sinnvoll, genau zu prüfen und dann im Vertrag
festzuschreiben, welche Dienstleistungen von der Einrichtung selbst erbracht werden
können und welche Dienstleistungen günstiger vom Hersteller eingekauft werden.
Mögliche Dienstleistungen umfassen:
Beratung
Unterstützung bei Projektleitung
Schulung
Unterstützung bei Einführung (Customizing, Zusatzprogrammierung, Schnittstellen-
anpassung, etc.)
Unterstützung bei Betrieb (Systembetrieb, Serverbetreuung, Clientbetreuung)
Unterstützung bei Benutzersupport („HelpDesk“)
Checkliste 4 stellt die wesentlichen Inhalte der Vertragsgestaltung zusammen.
Festlegen der Rahmenbedingungen und des Phasenplans
Vertrag für Überlassung der Software
Vertrag für Kauf der Hardware
Vertrag für Wartung und Pflege
Vertrag über Dienstleistungen für Beratung, Customizing und Schulung
Festschreibung von Lieferumfang und Qualitäts- und Zeitzielen
Festschreibung der Leistungen des Auftraggebers
Checkliste 4: Vertragsgestaltung
Weiterführende Literatur
Ammenwerth, E.: Die Modellierung von Anforderungen an die Informationsverarbeitung im
Krankenhaus. Promotionsschrift. Abt. Med. Informatik, Universität Heidelberg. 1999.
http://www.ub.uni-heidelberg.de/archiv/1101. Insbesondere die Kapitel 8 und 9 zu Zielen
und Anforderungen an Pflegedokumentationssystemen.
Hacker, W.; Scheuch, K.; Kunath, H.; Haux, R.: Computer in der Krankenpflege. Roderer-
Verlag, Regensburg 1999. Insbesondere Kapitel 6, 7 und 9 zu Informationstechnologien
für die Pflege, Ergonomischen Anforderungen, und Bewertung und Auswahl von EDV-
Systemen in der Pflege.
GMDS, ADS, AKI, DBfK: Checkliste für die Projektierung eines DV-gestützten
Pflegeinformationssystems. Eigenverlag, Köln, Eschborn, Göttingen 1996. Beschreibt
Ziele, Voraussetzungen, und Anforderungen an EDV-gestützte
Pflegeinformationssysteme.
Hannah, K.J.; Ball, M.J.; Edwards, M.J.A.; Hübner, U.: Pflegeinformatik. Springer,
Heidelberg 2002.
Hannah, K.J.; Ball, M.J.; Edwards, M.J.: Introduction to Nursing Informatics. Springer,
New York 1999. Insbesondere Kapitel 13 zur Software- und Hardware-Auswahl.
Haux, R.; Ammenwerth, E.; Buchauer, A.: Anforderungskatalog für die
Informationsverarbeitung im Krankenhaus, Version 1.0b. Bericht Nr. 1/2001 der Abteilung
Medizinische Informatik, Heidelberg, 2001. Verfügbar unter: http://www.umit.at/reqhis.
Haux, R.; Lagemann, A.; Knaup, P.; Schmücker, P.; Winter, A.: Management von
Informationssystemen. Teubner-Verlag, Stuttgart 1998. Insbesondere Kapitel 6 – 8 zur
Analyse, Bewertung und Auswahl von Informationssystemkomponenten.
Krallmann, H.; Frank, H.; Gronau, G.: Systemanalyse im Unternehmen. Oldenbourg,
München, Wien 1999. Einführung in die Systemanalyse.
Müller-Hengstenberg, C.D.: BVB - Computersoftware. Erich Schmidt Verlag, Berlin 2001.
Umfassendes Material zur Vergabe von DV-Aufträgen der öffentlichen Verwaltung.
Schröder, G.F.: Softwareverträge. Lizenzierung, Erstellung und Kauf. Beck-Verlag,
München 2002. Informationen und Musterverträge.
Sommerville, I.: Software Engineering. Addison-Wesley, München. 2001. 6. Auflage.
3. Vorbereitungen für eine EDV-gestützte Pflegedokumentation
Elske Ammenwerth, Ansgar Kutscha, Ulrike Kutscha
Ist ein geeignetes Pflegedokumentationssystem ausgewählt und der Vertrag mit dem
Hersteller abgeschlossen, stehen vor einer Einführung umfangreiche Vorarbeiten an. Eine
gute Vorbereitung der Systemeinführung ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor für das
Gesamtprojekt. Hierzu gehören neben der Vorbereitung des Softwareprodukts (z.B.
Erarbeitung von Katalogen) auch die Vorbereitung der Rahmenbedingungen wie der
Projektorganisation unter Einbeziehung der betroffenen Mitarbeitergruppen sowie der
Aufbau der technischen Infrastruktur. Von besonderer Bedeutung ist hierbei eine
adäquate Projektorganisation mit einer kompetenten Projektleitung.
3.1 Projektorganisation und Projektplanung
Da die Auswahl und Einführung EDV-gestützter Pflegedokumentationssysteme ein
Projekt darstellt, ist für eine geeignete Projektorganisation zu sorgen. Dies bedeutet, dass
eine Projektleitung sowie ein geeignetes Projektteam etabliert werden müssen. Die
Projektleitung muss die notwendigen Kompetenzen mitbringen sowie ausreichende
Befugnisse und die notwendigen Ressourcen erhalten, das Projekt durchzuführen. Für ein
Einführungsprojektion im Bereich Pflegedokumentation bietet sich eine Person mit
pflegerischem und informatischem Know-how an. Gleichzeitig sollte sie bereits
Erfahrungen mit der Leitung von Projekten haben. Im Kapitel 8 sind einige Möglichkeiten
zur Erlangung von pflegeinformatischem Know-how dargestellt.
Im Projektteam müssen die für die Projektdurchführung notwendigen Kompetenzen
gebündelt werden. Selbstverständlich müssen im Projektteam erfahrene Pflegekräfte
vertreten sein. Es empfiehlt sich aber, auch nicht-pflegerische Berufsgruppen (z.B. Ärzte
und Co-Therapeuten), die je nach Struktur und Ablauf der Pflegedokumentation von deren
Änderungen betroffen sind, in das Projektteam zu integrieren. Daneben sind natürlich
auch Personen einzubeziehen, die für die Rahmenbedingungen verantwortlich sein
werden. Dieses sind z.B. (medizinische) Informatiker, (Netzwerk)-Techniker und Experten
für inhaltliche Fragen der Pflegedokumentation (z.B. Pflegewissenschaftler).
Insbesondere bei größeren Einführungsprojekten sollten die Mitglieder im Projektteam im
notwendigen Umfang für die Projektaufgabe freigestellt werden. Ansonsten besteht die
Gefahr, dass z.B. Vertreter einzelner Stationen in ihrer täglichen Routinearbeit so
eingespannt sind, dass sie ihre Aufgaben im Rahmen des Projekts nicht zeitgerecht
erbringen können. So kommt es häufig vor, dass Pflegekräfte nicht regelmäßig an
Projekttreffen teilnehmen können und ihre Arbeitspakete wie z.B. die Organisation von
Schulungen oder die Anpassung der Arbeitsabläufe nicht durchführen können. Dies kann
den Projektzeitplan und das Erreichen der Projektziele stark gefährden. Letztendlich
werden so die Kosten für das Projekt höher, als die Kosten einer Freistellung gewesen
wären.
Von höchster Bedeutung ist es auch, dafür zu sorgen, dass alle Gruppen, die Einfluss auf
das Projekt nehmen wollen, hierzu Gelegenheit bekommen. Nei größeren Projekten ist
die Einrichtung eines Projektausschusses (auch Lenkungsausschuss genannt) üblich.
Dieser stellt das oberste Aufsichtsgremium für ein Projekt dar und sorgt dafür, dass die
verschiedenen Interessengruppen über das Projekt informiert sind und ggf.
unterschiedliche Interessenslagen ausgeglichen werden können. Der Lenkungsausschuss
muss im Unternehmen akzeptiert sein und sollte nicht zu groß (bis etwa 7 Mitglieder)
besetzt werden. Bei der Einführung eines EDV-gestützten Pflegedokumentationssystems
könnte ein solcher Ausschuss neben der Projektleitung z.B. mit je einem Vertreter aus der
Pflegedirektion, der Verwaltung, dem ärztlichen Dienst und der Informatik- bzw. der IT-
Abteilung besetzt sein. Wichtige Aufgabe des Lenkungsausschusses ist die genaue
Spezifizierung der Projektziele, die Steuerung und Überwachung des Projektverlaufs
sowie die Unterstützung der Projektleitung bei auftretenden Problemen.
Konkrete Empfehlungen für die notwendigen Ressourcen bei der Einführung eines
EDV-gestützten Pflegedokumentationssystems sind kaum möglich, da sie zu stark von
den organisatorischen Strukturen, den bisherigen Abläufen, den bisherigen EDV-
Erfahrungen, dem Umfang an abzulösender und an neu einzuführender Funktionalität, der
Komplexität des neuen Systems, den vorgesehenen Zeiträumen sowie den vorgesehenen
Stationen für eine Einführung abhängen. Eine Projektgruppe von mehreren Personen ist
aber auf jeden Fall notwendig für die Pilotierung. Auch sollte bedacht werden, dass zwar
der Einführungsaufwand mit zunehmender Erfahrung sinkt, der Aufwand für Schulungen
aber bestehen bleibt und der Aufwand für die kontinuierliche Betreuung der Stationen
ständig steigt. Entsprechende Projekt- und Betreuungsstrukturen sind also über eine
längere Zeit vorzusehen.
Die Aufgabenverteilung innerhalb der Projektgruppe kann ebenso unterschiedlich sein.
Ein Beispiel für eine Projektorganisation stellt Abb. 5 dar.
Abb. 5: Beispiel für eine Projektorganisation (Universitätsklinikum Heidelberg).
In diesem Beispiel sind die Projektaufgaben sind in einen inhaltlichen und einen
technischen Teil getrennt. Für jeden Bereich gibt es jeweils eine Projektleitung in jeder
Pilotklinik. Die Koordination erfolgt über die jeweilige Gesamt-Projektleitung, welche sich
wiederum eng koordinieren.. Die inhaltlichen und die technischen Projektleitungen bilden
jeweils zusammen das Projektteam in einer Klinik. Die Key-User sind den inhaltlichen
Projektleitungen zugeordnet (nicht dargestellt). Zweimonatlich finden Treffen aller
Projektleitungen zusammen mit den jeweiligen Pflegedienstleitungen statt. In kürzeren
Abständen finden Treffen der Projektteams auf Klinikebene statt.
Eine weitere Voraussetzung für ein erfolgreiches Projektmanagement ist die Kenntnis der
Verträge durch die Projektleitung. Nur dadurch kann ein konsequentes Vorgehen im
Projekt und die Einhaltung der Vertragsbedingungen durch den Auftragnehmer schon
projektbegleitend von der Projektleitung überwacht werden.
Da häufig unerwartete Probleme auftauchen und Entscheidungen kurzfristig getroffen
werden müssen, empfiehlt es sich, dafür der Projektleitung die Hoheit über ein (Teil-)
Budget einzuräumen.
Zum Thema Projektorganisation und Projektmanagement gibt es eine Reihe guter
Literatur (siehe unten). Wir wollen daher hier nur auf einige weitere wesentliche Punkte
hinweisen. Das Projektziel und der Projektauftrag müssen (am besten schriftlich)
zwischen dem Auftraggeber (z.B. der Einrichtungsleitung) und der Projektleitung fixiert
werden. Hierbei sollte z.B. geklärt sein, ob das Ziel zunächst nur der Pilotbetrieb auf
wenigen Stationen, ein Routinebetrieb auf einer größeren Zahl von Stationen oder die
Flächeneinführung im ganzen Haus ist. Sinnvoll ist es, nach Klärung des Zieles und der
Projektorganisation, einen Vorgehensplan (Projektplan) aufzustellen, in dem das
geplante Vorgehen, die Verantwortlichkeiten, die Zeitplanung und die finanziellen
Rahmenbedingungen benannt werden. Dieses hilft, später im Projektverlauf das Ziel nicht
aus den Augen zu verlieren. Detailliertere Ausführungen zur Projektplanung finden sich
ebenfalls in der Literatur.
Bei fehlenden oder geringen Erfahrung in der Organisation und im Management von EDV-
Projekten kann es auch sinnvoll sein, hierzu auf die speziellen Kenntnisse und
Erfahrungen eines externen Partners zurückzugreifen, dem die Projektleitung ganz
übertragen wird oder der als Berater einer internen Projektleitung zur Seite steht. Ist die
Einbindung eines externen Partners geplant, sollte überlegt werden, ob dieser schon bei
der Systemauswahl oder der Vertragsgestaltung mit dem Hersteller hinzugezogen wird.
Checkliste 5 stellt die wesentlichen Punkte bei der Projektorganisation zusammen.
Gibt es eine klare Organisationsstruktur, bestehend aus Lenkungsausschuss,
Projektleitung und Projektteam?
Sind der Datenschutzbeauftragte und die Personalvertretung eingebunden?
Sind alle wesentlichen Interessengruppen in den Strukturen verankert?
Sind die Mitarbeiter für ihre Aufgaben im Rahmen des Projekts ausreichend von
Routineaufgaben freigestellt sowie genügend kompetent?
Hat die Projektleitung Kenntnis über die Verträge?
Hat die Projektleitung die Hoheit über ein (Teil-)Budget?
Gibt es einen schriftlichen Projektauftrag und einen abgestimmten Projektplan?
Liegt genügend eigene Erfahrung mit Projektmanagement vor?
Checkliste 5: Projektorganisation.
3.2 Auswahl von Pilotstationen
Üblicherweise wird die Einführung einer EDV-gestützten Pflegedokumentation nicht
gleichzeitig auf allen Stationen beginnen, sondern auf ausgewählten Pilotstationen.
Hierbei sind Stationen sinnvoll, die besonders an einer Mitarbeit interessiert sind. Es ist
offensichtlich, dass insbesondere die ersten Stationen, auf denen ein neues EDV-System
eingeführt werden soll, einen besonders hohen Aufwand haben. So ergibt sich oft erst
nach den ersten Installationen, dass z.B. das Pflegedokumentationssystem doch nicht
optimal in die Abläufe integriert ist, dass Schnittstellen fehlerbehaftet sind, oder dass
aufwändige Änderungen an der Software oder an den Abläufen auf Station notwendig
werden.
Es ist daher sinnvoll, ausreichend Personalressourcen für die Einführungsprozesse zur
Verfügung zu stellen und auf eine gute Vor-Ort-Betreuung, insbesondere in den ersten
Wochen nach Einführung, zu achten. Auch eine Aufstockung der technischen Ausstattung
(z.B. Austausch von Computern und Bildschirmen) freut die zukünftigen Anwender.
Natürlich müssen auch die betroffenen nicht-pflegerischen Gruppen informiert und
eingebunden werden. Dies alles hilft, die Motivation auf den Stationen auch in den
eventuelle schwierigeren Anfangsphasen aufrecht zu erhalten und erlaubt es dem
Projektteam, frühzeitig Rückmeldung über auftretende Probleme zu bekommen, bevor sie
schwerwiegendere Auswirkungen haben.
Bei der Auswahl von Pilotstationen ist darauf zu achten, dass die dortigen Mitarbeiter
offen über die möglichen Probleme und Aufwände bei der Einführung des neuen
Anwendungssystems hingewiesen werden. Die Mitarbeiter sollten freiwillig bereit sein, als
Pilotstationen mitzuwirken und hierzu explizite Unterstützung durch die
Pflegedienstleitung bekommen. Ein enger Kontakt zwischen Pilotstationen und
Projektleitung bzw. Projektteam ist hier von besonderer Bedeutung, Ansprechpartner auf
beiden Seiten sollten klar benannt werden.
Checkliste 6 stellt die wesentlichen Punkte bei der Auswahl geeigneter Pilotstationen
zusammen.
Sind die Mitarbeiter der Pilotstationen an der Mitarbeit interessiert?
Können die Pilotstationen die zu erwartenden Aufwände erbringen?
Ist die Hardware-Ausstattung auf den Pilotstationen ausreichend?
Kann das Pflegedokumentationssystem auf den Pilotstationen optimal in die
Arbeitsabläufe integriert werden?
Ist die Unterstützung durch die Pflegedienstleitung gegeben?
Sind die Ansprechpersonen zwischen Projektteam und Pilotstation benannt?
Ist für eine gute Vor-Ort-Betreuung der Pilotstationen gesorgt?
Checkliste 6: Auswahl von Pilotstationen.
3.3 Motivation der zukünftigen Benutzer
Um den Vorbehalten gegenüber der Pflegeprozessdokumentation und den Ängsten
gegenüber Computern in der Pflege entgegen zu treten, sollten bei der Einführung einer
EDV-gestützten Pflegedokumentation möglichst günstige Bedingungen geschaffen
werden. Die Bereitschaft des Pflegepersonals sowie anderer betroffener Berufsgruppen,
sich mit der Veränderung der Dokumentation zu beschäftigen, und der Wille, sich auf
etwas Neues einzulassen, ist dabei eine wichtige Voraussetzung für das Gelingen des
Projekts.
Es sollte daher insbesondere bei der Auswahl der ersten Stationen auf ein möglichst
günstiges Klima geachtet werden. Hierzu gehört natürlich zunächst die enge Absprache
mit den Pflegedienstleitungen und den betroffenen Stationsleitungen. Weiterhin sollte für
ein gutes internes Marketing des Projekts gesorgt werden. So sollten alle betroffenen
Stationen von Beginn an regelmäßig und unaufgefordert über die Ziele des Projekts, den
Stand und das geplante weitere Vorgehen unterrichtet werden. Neben schriftlichen
Informationen (z.B. in Form von Präsentationen, Flyern oder über das Intranet) bieten sich
gerade zu Beginn auch größere Informationsveranstaltungen an. Die Information und
Einbindung aller betroffenen Mitarbeitergruppen ist umso erfolgreicher, je intensiver diese
bereits bei der Auswahl eines passenden EDV-gestützten Pflegedokumentationssystem
(siehe Kapitel 2) einbezogen waren. Selbstverständlich sollten erfahrene Pflegekräfte als
zukünftige Benutzer in das Projektteam eingebunden werden. Die Motivation und
Einbindung der betroffenen Berufsgruppen sollte aber keine einmalige Aktivität bleiben,
sondern sich durch das ganze Projekt hindurchziehen.
Checkliste 7 stellt die wesentlichen Punkte bei der Motivation der Mitarbeiter zusammen.
Ist die Bereitschaft der Mitarbeiter gegeben, sich auf die Neuerungen durch die
Einführung des Pflegedokumentationssystem einzulassen?
Besteht zwischen Pflegedienstleitung, Stationsleitung und Projektteam ein enger
Kontakt?
Werden die Mitarbeiter durch das Projektteam regelmäßig über Ziele und Stand des
Projekts informiert?
Stehen erfahrene Pflegekräfte für die Projektarbeit zur Verfügung?
Checkliste 7: Motivation der Mitarbeiter.
3.4 Umsetzung des Pflegeprozesses
Die Einführung eines EDV-gestützten Pflegedokumentationssystem verfolgt oft zwei Ziele
mit unterschiedlicher Priorität: Die Unterstützung der Dokumentation des Pflegeprozesses
sowie eine pflegerische Leistungsdokumentation.
In vielen Bereichen findet man die Ausgangssituation, dass der Pflegeprozess nicht
vollständig dokumentiert wird (vgl. Kapitel 1.5) – sei es aus Zeitmangel, auf Grund
überwiegend kurzliegender Patienten oder auf Grund von Verständnisschwierigkeiten. Es
besteht somit die Gefahr, dass eine durch das neue Pflegedokumentationssystem
geförderte Dokumentation des gesamten Pflegeprozesses vom Benutzer als (unnötiger)
Mehraufwand empfunden wird. Um diesem vorzubeugen, sollte im Vorfeld geprüft
werden, inwieweit gegenwärtig die Umsetzung des Pflegeprozesses auf den Stationen
gegeben ist. Dies kann durch stichprobenhafte Analysen von Pflegedokumentationen
erfolgen, ggf. ergänzt um eine breitere schriftliche oder mündliche Befragungen (vgl.
Kapitel 2.1). Wenn sich Mängel in der Dokumentation des Pflegeprozesses ergeben,
sollten Fortbildungsmöglichkeiten zu diesem Thema angeboten und möglichst auch
verbindlich vorgeschrieben werden.
Die Einführung einer EDV-gestützten Pflegeprozessdokumentation (also einer
Pflegedokumentation, die den gesamten Pflegeprozess umfasst) scheint uns nur bei
ausreichender Akzeptanz des Pflegeprozesses Erfolg versprechend, da die gebotene
Funktionalität sonst entweder nicht genutzt oder als belastend und unsinnig empfunden
wird. Bei einer entsprechenden Akzeptanz des Pflegeprozesses und einer adäquaten
Unterstützung durch die Software wird sich jedoch zeigen, dass eine EDV-gestützte
Pflegeprozessdokumentation eine hohe Qualität bei verträglichem Aufwand ermöglicht.
Checkliste 8 stellt die wesentlichen Punkte bei der Umsetzung des Pflegeprozesses
zusammen.
Soll eine EDV-gestützte Dokumentation des gesamten Pflegeprozesses eingeführt
werden?
Soll eine Pflegedokumentationsanalyse und/oder schriftliche bzw. mündliche
Befragungen durchgeführt werden?
Wird der Pflegeprozess bisher schon adäquat umgesetzt?
Sind Fortbildungen zum Pflegeprozess vor oder begleitend zu einer EDV-
Unterstützung angezeigt?
Checkliste 8: Umsetzung des Pflegeprozesses.
3.5 Arbeitsorganisation auf den Stationen
Die Einführung einer EDV-gestützten Pflegedokumentation kann erhebliche
Auswirkungen auf die Abläufe auf einer Station haben. So kann z.B., bedingt durch eine
gegebene Ausstattung mit Computern, die Dokumentation nicht mehr an allen Orten
möglich sein. Der Zugriff auf die Pflegedokumentation kann z.B. plötzlich auf die
Stationszimmer beschränkt sein. Wenn mobile Computer geplant sind, ist der Zugriff
prinzipiell überall möglich. Ebenso kann es zu bestimmten Zeiten (z.B. kurz vor der
Übergabe) zu Engpässen an den Computern kommen (vgl. Abb. 6). Auch Ärzte und Co-
Therapeuten müssen sich ggf. auf das andere Medium einstellen.
Abb. 6: Gleichzeitige Pflegedokumentation kurz vor einer Übergabe.
Weiterhin muss bedacht werden, dass das EDV-gestützte Pflegedokumentationssystem
zumindest anfänglich meist die komplette papiergebundene Patientenakte und
insbesondere die Kurve nicht ersetzt, sondern dass beide sinnvoll kooperieren und
harmonieren müssen. Es muss z.B. geklärt werden, welche Teile der EDV-gestützten
Pflegedokumentation in welchen Situationen ausgedruckt und in die Akte geheftet werden
sollen, bzw. welche Teile der Papierakte ggf. im EDV-System nacherfasst werden sollen.
All dies hat Auswirkungen auf die Arbeitsabläufe und das Dokumentationsverhalten.
Diese Änderungen sollten im voraus bedacht und entsprechende Vorbereitungen
getroffen werden. So könnten bereits im Vorfeld das Dokumentationsverhalten angepasst,
klare Dokumentationsrichtlinien erarbeitet und Abläufe (z.B. bei der Visite oder Übergabe)
angepasst werden.
Checkliste 9 stellt die wesentlichen Punkte bei Arbeitsorganisation der
Pflegedokumentation zusammen.
An welchen Orten wird bisher dokumentiert?
Stehen genügend PC-Arbeitsplätze für die Stoßzeiten der Dokumentation zur
Verfügung?
Welche Teile der Dokumentation sollen weiterhin auf Papier, welche im PC erfolgen?
Wie können Redundanzen zwischen Papier- und EDV-Dokumentation vermieden
werden?
Welche Änderungen sind ggf. an den Dokumentationsabläufen notwendig?
Welche Auswirkungen hat die Umstellung auf nicht-pflegerische Berufsgruppen?
Checkliste 9: Arbeitsorganisation der Pflegedokumentation.
3.6 Aufbau der zentralen Hardwarekomponenten
EDV-gestützte Pflegedokumentation führt zu einer großen Menge an Daten, die verwaltet
und archiviert werden müssen. Hierzu sind geeignete Hardwarekomponenten notwendig,
wie zentrale Server mit ausreichendem Plattenplatz und Leistungsfähigkeit (siehe Abb.
7). Diese Komponenten müssen so gestaltet werden, dass sie möglichst ausfallsicher und
leistungsfähig sind. Auch der Datenschutz (also der Schutz vor unbefugten Zugriff auf die
zentralen Datenbestände) und die Datensicherheit (also der Schutz vor einem
Datenverlust) sind zu gewährleisten. Außerdem ist sicherzustellen, dass das so
aufgebaute digitale Archiv über eine lange Zeit (empfohlen sind 30 Jahre) erreichbar
bleibt, auch bei technologischer Weiterentwicklung von Hard- und Software.
Abb. 7: Blick in einen Serverraum in einem Universitätsklinikum.
Für eine optimale Konfiguration, entsprechend den Bedürfnissen und den Ressourcen der
Einrichtung, ist auf jeden Fall informatisches Know-how erforderlich. Dieses kann von der
Herstellerfirma, vom eigenen Personal oder durch externe Beratungsfirmen geliefert
werden.
Schließlich sollte geklärt werden, ob die notwendige Netzinfrastruktur vorhanden ist.
Heutzutage erfolgt die Installation EDV-gestützter Pflegedokumentationssystem
üblicherweise im Client-Server-Betrieb. Dies bedeutet, dass ein Server mit einer
Datenbank den zentralen Datenbestand verwaltet, auf den dann von den verschiedenen
Arbeitsplatzrechnern (den Clients) zugegriffen werden kann. Je nach Anzahl der Clients,
Ausstattung des Servers, Komplexität der Software und Umfang an Patienten ist hierzu
eine gewisse Kapazität des Netzwerkes erforderlich. Dieses sollte vorher in
Zusammenarbeit mit dem Hersteller in realistischen Szenarien ermittelt werden, denn es
stellt den wesentlichen Punkt bei der Planung der EDV-Arbeitsplätze dar.
Checkliste 10 stellt die wesentlichen Punkte bei den zentralen Hardwarekomponenten
zusammen.
Konzeption einer geeigneten Serverkonfiguration und –kauf
(Verfügbarkeit/Redundanz)
Auswahl eines geeigneten Serverraums (Sicherheit, Netzanschluss)
Aufbau eines geeigneten Datensicherungsverfahrens
Aufbau eines Datenschutzkonzeptes
Prüfung und ggf. Erweiterung der Netz-Infrastruktur
Checkliste 10: Zentrale Hardwarekomponenten
3.7 Installation und Adaptierung der Systemsoftware
Eine Softwareprodukt zur Pflegedokumentation kann normalerweise nicht einfach
installiert und sofort genutzt werden. Vielmehr sind eine Reihe von Vorbereitungen
notwendigen, die auch als Adaptierung oder „Customizing“ (Anpassung an die Wünsche
des Kunden (engl. Customer)) bezeichnet werden. Hierbei wird die Software an die
Gegebenheiten vor Ort angepasst.
Sobald geplant ist, das Pflegedokumentationssystem auf mehr als einer Station
einzuführen, ist es dringend angeraten, mindestens zwei Instanzen (d.h. Versionen) der
Software aufzubauen: Eine Instanz für Test und Schulung und eine Instanz für die
produktive Nutzung. Teilweise werden auch für Test und Schulung getrennte Instanzen
aufgebaut, insbesondere wenn im Rahmen der Tests auch Programmierungsarbeiten
stattfinden. Für die Übertragung von Änderungen und Anpassungen zwischen den
Instanzen ist ein klares Konzept erforderlich, das von den Verantwortlichen strikt
eingehalten werden muss, um die Übereinstimmung der Instanzen zu sichern.
Zur Adaptierung gehört zum einen die Vorbereitung der notwendigen Kataloge und
Pflegestandards. Auf Grund der Komplexität dieser Aufgabe wird dies im Einzelnen im
folgenden Kapitel 3.8 beschrieben. Auch der Integration des
Pflegedokumentationssystems in das Informationssystem der Einrichtung haben wir
wegen seiner zentralen Bedeutung ein eigenes Kapitel 3.9 gewidmet.
Daneben sind aber auch eine ganze Reihe von weiteren Anpassungen der Software
notwendig. So muss zunächst die Organisationsstruktur der Einrichtung, angefangen vom
Namen des Hauses, über die Abteilungen, Stationen, Zimmer ggf. bis hin zu den
einzelnen Betten hinterlegt werden. Weiterhin können bei vielen Softwareprodukten der
Aufbau der Bildschirme, die Anordnung von Menüeinträgen oder die Druckvorlagen
angepasst werden. Es sollte im Vorfeld entschieden werden, ob diese Anpassungen für
die gesamte Einrichtung einheitlich oder für bestimmte Bereiche, oder sogar für einzelne
Stationen, unterschiedlich sein sollen. Je einheitlicher die Parametrierung ist, desto
einfacher ist später die Pflege des Systems sowie die Schulung und Betreuung der
Mitarbeiter.
Ein wesentlicher Bestandteil der Systemadaption ist die Definition von
Zugangsberechtigungen. Meist erfolgt die Definition von Berechtigungsgruppen (z.B.
getrennt für Stationsleitung, examinierte Kräfte, Auszubildende, Ärzte und Co-
Therapeuten, usw.). Die einzelnen Anwender werden dann ihren Stationen und
Berechtigungsgruppen zugeordnet. Es ist sinnvoll, zunächst ein
Zugriffsberechtigungskonzept zu erstellen, das beschreibt, welche Benutzergruppe
welche Funktionen im EDV-gestützten Pflegedokumentationssystems nutzen darf. So
werden examinierte Pflegekräfte im Allgemeinen vollen Zugriff auf die Patienten ihrer
Station erhalten, während Auszubildende ggf. nur eingeschränkte Schreibrechte erhalten.
Das Zugriffsberechtigungskonzept kann dann in einem zweiten Schritt im System
hinterlegt werden. Eine Zugangsberechtigung für Notfälle mit ggf. eingeschränkten
Rechten ermöglicht es, dass z.B. neue Mitarbeiter bereits mit dem System arbeiten
können, auch wenn sie noch keine „ordentliche“ Zugangsberechtigung im System haben.
Tabelle 8 stellt ein Beispiel für ein Zugriffsberechtigungskonzept dar, Abb. 8 die konkrete
Einrichtung von Gruppenberechtigungen in einem EDV-gestützten
Pflegedokumentationssystem.
Benutzerverwaltung Textbausteine/ Katalogpflege
Pflegedokumentation
lesen schreiben
lesen schreiben
lesen schreiben
Inhaltl. Klinikums-Administrator
ja ja ja ja ja ja
Techn. Klinikums-Administrator
ja ja ja ja ja nein
Key-User ja ja ja teilweise ja ja Pflegepersonal ja nein ja nein ja ja Schüler nein nein ja nein ja teilweise FSJ/Zivi/Praktikant nein nein ja nein ja teilweise Ärzte nein nein ja nein ja teilweise Co-Therapeuten nein nein ja nein ja teilweise
Tabelle 8: Beispiel für ein Zugriffsberechtigungskonzept für eine EDV-gestützte
Pflegedokumentation.
Die Hauptarbeit bei der Adaptierung findet normalerweise direkt nach der Beschaffung
eines Produkts statt. Dennoch müssen auch später immer wieder die Einstellungen über-
wacht und bei Bedarf ggf. geändert werden. Dazu ist es notwendig, einen Verant-
wortlichen für die Adaptierung im laufenden Betrieb zu benennen. Außerdem sollten alle
Parametrierungen schriftlich dokumentiert werden.
Abb. 8: Beispiel für die konkrete Einrichtung von Benutzerberechtigungen in einem EDV-
gestützten Pflegedokumentationssystem.
Links für die Gruppe der Key-User, rechts für die Gruppe der Ärzte.
Der Aufwand für diese Anpassungen sollte auf keinen Fall unterschätzt werden. Deshalb
ist zu empfehlen, im Rahmen der Vertragsvereinbarungen mit dem Hersteller
entsprechende Beratung und unterstützende Dienstleistungen zu vereinbaren. Im
Einzelfall kann die Anpassung auch erfolgen, wenn Kollegen aus anderen Einrichtungen,
die das gleiche Softwareprodukt bereits eingeführt haben, zu Rate gezogen werden
können. Beim Anbieter können ggf. Referenzkrankenhäuser erfragt werden.
Die Adaptierung muss sorgfältig vorgenommen werden. Was vor der Inbetriebnahme
vergessen wurde, kann später zwar noch eingefügt werden, aber dies kann größere
Auswirkungen zur Folge haben. Es sollten auch die Fälle berücksichtigt werden, in denen
die vorgegebene Adaptierung ggf. nicht genügt. So sollten z.B. immer auch
Freitexteingaben erlaubt werden, falls die vorbereiteten Textbausteine nicht genügen.
Das Ergebnis der Adaptierung muss unbedingt mit den späteren Benutzern abgestimmt
werden. In umfangreichen Testfällen sollten möglichst viele denkbare Situationen
durchgespielt werden. Die Einbeziehung der zukünftigen Benutzer in die Adaptierung ist
ein ganz wesentliches Mittel, Motivation und Akzeptanz zu steigern - die Mitarbeiter
werden es danach quasi als „ihr“ System ansehen.
Checkliste 11 stellt die wesentlichen Punkte bei der Installation und Adaptierung der
Systemsoftware. zusammen.
Welche Instanzen der Software sollen eingerichtet werden und nach welchen Regeln
erfolgt die Übertragung zwischen den Instanzen?
Sind Vereinbarungen über Beratungsleistungen z.B. mit dem Hersteller getroffen?
Welche Person(en) ist/sind verantwortlich für die Adaptierung des Systems während
der Einführung und im laufenden Betrieb?
In welcher Form erfolgt die Dokumentation der Systemeinstellungen?
Wie tief wird die Organisationsstruktur hinterlegt?
Welche Berechtigungsgruppen sollen eingerichtet werden und welche Berechtigungen
sollen diese erhalten?
Wie sieht eine Zugangsberechtigung für Notfälle aus?
Checkliste 11: Installation und Adaptierung der Systemsoftware.
3.8 Vorbereitung der Kataloge
Eine wichtige Voraussetzung für einen sinnvollen Einsatz EDV-gestützter
Pflegedokumentation ist das Hinterlegen von Textbausteinen in Form von Katalogen. Die
meisten erhältlichen EDV-gestützten Pflegedokumentationssysteme bauen auf derartigen
Textbausteinen auf. Diese Textbausteine reduzieren Formulierungsaufwände und damit
den Dokumentationsaufwand insgesamt und tragen zur Vergleichbarkeit und
Auswertbarkeit der Pflegedokumentation bei. Diese Vorteile gelten nicht nur für eine EDV-
gestützte Pflegedokumentation, sondern auch für die konventionelle Dokumentation.
Daher werden auch hier häufig z.B. Pflegestandards zur Unterstützung der
Dokumentation und der Qualitätssicherung eingesetzt. Allerdings erlauben EDV-gestützte
Pflegedokumentationssysteme eine einfachere Verwaltung umfangreicher Textbausteine
sowie ein einfacheres Anpassen der Vorgaben an die Bedürfnisse des individuellen
Patienten, als dies in der Papierversion möglich sein kann.
Der Aufbau der Kataloge ist in den verschiedenen Softwareprodukten unterschiedlich. Im
einfachsten Falle kann nur eine Liste von Textbausteinen hinterlegt werden. Viele EDV-
gestützte Pflegedokumentationssysteme bieten darüber hinaus die Möglichkeit,
Textbausteine hierarchisch geschachtelt aufzubauen. Eine solche Hierarchie kann z.B.
drei Ebenen enthalten (siehe Abb. 9): In der ersten Schicht wird die pflegerische
Terminologie vorgegeben (z.B. einzelne Begriffe wie „Appetit”). Aufbauend auf diesem
Wortschatz können dann in der zweiten Ebene Sätze oder Aussagen erstellt werden, die
typische Ressourcen, Probleme, Ziele oder Maßnahmen abbilden (z.B. „Appetit stark
vermindert“). Auf der dritten Stufe schließlich werden diese Sätze zu vollständigen,
standardisierten Pflegeplänen verknüpft, die typische, zusammengehörige Komplexe aus
Problemen, Zielen oder Maßnahmen enthalten.
Abb. 9: Drei Ebenen eines Pflegekatalogs sowie Möglichkeiten seiner Indexierung.
Neben dem Dreieck die Zuordnung zu im Hintergrund liegenden Katalogen.
Standardisierte Pflegepläne orientieren sich typischerweise an pflegerischen Phänomenen
(z.B. Juckreiz, siehe Tabelle 9), an pflegerischen Diagnosen (z.B. Selbstfürsorgedefizit,
siehe Tabelle 10), an medizinischen Diagnosen (z.B. Pflege bei Gastroenteritis, siehe
Tabelle 11), oder sie beschreiben pflegerische Handlungsabläufe (z.B. Legen eines venösen
Zugangs, siehe Tabelle 12). Es ist sinnvoll, zu Beginn der Katalogarbeit sich für einen Typ
zu entscheiden.
Probleme Ziel Maßnahmen Juckreiz keinen Juckreiz Salben oder Creme nach Arzt-
anordnung auftragen weniger Juckreiz Medikamente nach Arztanordnung Juckreiz erfragen und
dokumentieren aufgekratzte Haut intakte Haut Stoffhandschuhe anziehen Infektion der Haut keine Hautinfektion Fingernägel schneiden
medizinische Bäder nässende Haut Versorgung mit Klinikwäsche trockene Haut Bettwäsche wechseln defekte Haut Körperpflege mit geeigneten
Pflegemittel
Tabelle 9: Beispiel für einen an einem pflegerischen Phänomen orientierten
Pflegestandard: „Juckreiz“.
Probleme Ziel Maßnahmen Patient ist unfähig die Aktivitäten des täglichen Lebens durchzuführen
Patient stellt sich den Anforderungen des täglichen Lebens
ermitteln der ursächlich begünstigenden Faktoren
desorganisiertes oder chaotisches Umfeld
Patient kennt persönliche Ressourcen und soziale Institutionen die ihm zur Hilfestellung dienen
Die Beteiligung des Patienten fördern bei der Problemerfassung und der Entscheidungsfindung
beeinträchtigte geistige oder körperliche Koordination
Patient erkennt individuelle Schwäche und handelt danach
strukturierten Tagesplan anbieten
eingeschränktes Bewegungsfeld Haushaltstraining Bewegungseinschränkungen allgemein oder einzelner Körperteile
Patient kann mit Bewegungseinschränkung umgehen
Mithilfe des Patienten bei motivationsfördernden und resozialisierenden Programm
Patient kann sich nicht an zeitliche Absprachen halten
Zuverlässigkeit und Sorgfalt Patient führt Tages- bzw. Wochenplan selbständig
fehlende Motivation Patient zeigt Bereitschaft zur Mitarbeit
situationsbezogene Gesprächs-bereitschaft zeigen
Körperpflege wird vernachlässigt Sauberkeitsgefühl und Zufriedenheit des Patienten
Initiative zur Körperpflege und Kleiderpflege durch positive Rückmeldung fördern
unzureichende Körperpflege gepflegtes Erscheinungsbild
Tabelle 10: Beispiel für einen an einer pflegerischen Diagnosen orientierten
psychiatrischen Pflegestandard: „Selbstfürsorgedefizit“.
Probleme Ziel Maßnahmen Unsicherheit der Eltern/des Patienten
Eltern/Patient sind informiert Eltern/Patient über Hygienevorschriften und Handling informieren
Infektionsgefahr Infektionsgefahr vermeiden Kittelpflege, Isolation, strenge Händedesinfektion
Gefahr der Dehydratation ausgeglichener Flüssigkeitshaushalt
Flüssigkeitsbilanzierung
Temperaturanstieg physiologische Körpertemperatur
ausreichend Flüssigkeit anbieten
Gewichtsverlust physiologische Gewichtszunahme
2x/d Kontrolle des Körpergewichtes
unzureichende Nahrungsaufnahme ausreichende Kalorienzufuhr Magensonde legen veränderte Stuhlkonsistenz physiologische Stuhlkonsistenz Diät nach ärztl. Anordnung; kleine
Mahlzeiten anbieten vermehrte Stuhlentleerung Stuhlentleerung < 3x/d häufiges Wechseln der Windeln;
Beobachtung und Pflege der Haut im Windelbereich
Aspirationsgefahr durch Erbrechen freie Atmung Hilfestellung beim Erbrechen; Oberkörperhochlagerung
Nahrungsreste im Mund für Wohlbefinden sorgen Mundpflege durchführen
Verunreinigung der Kleidung saubere Kleidung Kleidungswechsel Verunreinigung der Bettwäsche saubere Bettwäsche Bett beziehen
Tabelle 11: Beispiel für einen an einer medizinischen Diagnosen orientierten
pädiatrischen Pflegestandard: „Gastroenteritis“.
Probleme Ziel MaßnahmenVenenverweilkanüle liegt keine Infektion Einstichstelle und Infusion beobachten
und dokumentieren Reizung an der Einstichstelle Entzündung frühzeitig
erkennen Verbandwechsel alle 2 Tage
Thrombophlebitis Thrombophlebitis vermeiden Venenverweilkanüle ziehen Entzündungserscheinungen vorhanden
Entzündung lindern Quarkumschläge anlegen
Bewegung eingeschränkt freie, schmerzfreie Bewegung auf freie Beweglichkeit achten
Tabelle 12: Beispiel für einen an pflegerischen Handlungen orientierten Pflegestandard:
„Venöser Zugang“.
Für Auswertungen und das Wiederfinden von speziellen Fällen ist es hilfreich, wenn
Einträge des Katalogs mit Sekundärkataloge (z.B. ICNP20, Leistungsziffern etc.) verknüpft
werden können. Damit werden standardisierte patientenübergreifende Auswertungen
(z.B. von Pflegediagnosen oder erbrachten pflegerischen Leistungen) ermöglicht.
Beim Aufbau der Kataloge und standardisierten Pflegepläne ist zu prüfen, ob diese
fachspezifisch erarbeitet werden sollen, oder ob die Erstellung fachübergreifend möglich
ist. Bei fachspezifischen Katalogen besteht die Gefahr, dass in verschiedenen Bereichen
ähnliche Einträge erarbeitet und eingepflegt werden (z.B. Bausteine zum Thema
Dekubitus, die in verschiedenen Kliniken benötigt werden). Dies erhöht den Aufwand und
verhindert eine spätere fachübergreifende Auswertung. So sollte zumindest der
Grundwortschatz auf jeden Fall fachübergreifend aufgebaut und gepflegt werden. Die
Formulierung von Problemen, Zielen und Maßnahmen, basierend auf dem Grundwortschatz,
ist dagegen bereits teilweise fachabhängig. Aber selbst bei den standardisierten
Pflegeplänen sind aus unserer Erfahrung noch fachübergreifend gültige Pflegestandards
denkbar.
20 ICNP: International Classification for Nursing Practice; eine pflegerische Diagnosen- und Leistungsklassifikation, welche sich derzeit international in der Erarbeitung befindet. Näheres unter http://www.icn.ch/icnp.htm.
Die genaue Gliederung der Kataloge, die Verantwortlichkeiten für die einzelnen Teile
und die Art und Weise der Abstimmung bei Aufbau und Weiterentwicklung sind auf jeden
Fall genau festzulegen, um Doppelaufwände und Unstimmigkeiten in den Katalogen zu
vermeiden. Hierzu ist die Einrichtung eines Standardisierungsgremiums sinnvoll. Dieses
muss eng in das Einführungsprojekt eingebunden sein, um praxis- und zielorientiert der
Einführung zuarbeiten zu können. Abb. 10 stellt die eine mögliche Aufteilung der
Verantwortlichkeiten bei der Katalogpflege vor.
Abb. 10: Mögliche Aufteilung der Verantwortlichkeiten bei der Katalogpflege.
Die Vorbereitung geeigneter Textbausteine und standardisierter Pflegepläne ist sehr
aufwändig. Häufig haben sich Einführungsprojekte von Pflegedokumentationssystemen
sehr verzögert, weil die Katalogarbeit unterschätzt wurde und die vor der Einführung
mühselig erstellten Kataloge in der Routine nicht akzeptiert wurden. Es ist also wichtig,
die für die Katalogarbeit notwendigen Aufwände zu berücksichtigen und Möglichkeiten
wahrzunehmen, Aufwände zu reduzieren. Außerdem muss auf die Praxistauglichkeit der
erstellten Kataloge geachtet werden.
Hilfreich ist es auf jeden Fall, wenn bereits vorhandene Kataloge anderer Krankenhäuser
oder Stationen wieder verwendet werden können. Dies kann Aufwände ggf. drastisch
reduzieren. Auch die Hersteller liefern (teilweise gegen Aufpreis) bereits vorbereitete
Kataloge aus. Bei dem Grundwortschatz können in Entwicklung befindliche, internationale
Terminologien für die Pflege, wie z.B. die ICNP, in Zukunft eventuell direkt in
Softwareprodukte übernommen werden. Dies hätte den Vorteil, dass auch
hausübergreifende Vergleiche, z.B. zum Pflegeumfang, durchgeführt werden könnten.
Aber auch (oder gerade) solche standardisierten Wortschätze müssen dann zunächst an
die eigenen Bedürfnisse angepasst und ergänzt werden.
Auf der Ebene der standardisierten Pflegepläne gibt es in vielen Krankenhäusern bereits
Vorarbeiten, die in der Papier-Dokumentation zum Einsatz kommen. Sie hängen häufig
von Krankheitsbildern ab und sind damit stark klinik- oder sogar stationsabhängig. Je nach
Schwerpunkt der einzelnen Stationen werden z.B. verschiedene Pflegekonzepte oder
Pflegediagnosen verwendet. Vorhandene pflegerische Leitlinien, die häufig auch als
Pflegestandards oder Qualitätssicherungsstandards in der Pflege bezeichnet werden,
können ggf. als Vorlage dienen, müssen aber meist auf das für die Routinedokumentation
Bedeutsame reduziert und auch geeignet aufgeteilt werden. Hierbei kann ein Verweis auf die
pflegerische Leitlinie, die dem standardisierten Pflegeplan zu Grunde liegt, eingefügt werden.
Wichtig ist es auf jeden Fall, dass die auf Station arbeitenden Pflegekräfte an der
Erarbeitung der Textbausteine und standardisierten Pflegepläne beteiligt werden. Dies
sichert die Einsetzbarkeit und Akzeptanz beim späteren Einsatz. Um frühzeitig die
Praxistauglichkeit der standardisierten Pflegepläne zu überprüfen, kann man
standardisierte Pflegepläne schon vorab auf den Pilotstationen als Papierdokument
einsetzen. Eine weitere Möglichkeit ist, die Pilotierung nicht erst mit einem (fast)
vollständigen Katalog zu beginnen, sondern sich bei der Einführung des
Pflegedokumentationssystems auf ein bestimmtes Spektrum (z.B. auf bestimmte
Krankheitsbilder) zu beschränken und die weitere Entwicklung des Katalogs in enger
Rückkopplung mit dem Routinebetrieb zu betreiben.
Die Zeitaufwände für die Vorbereitung der Kataloge hängen von der Anzahl der beteiligten
Fachbereiche, von der Komplexität der Software, von vorhandenen Vorarbeiten und der
Erfahrenheit der dafür eingesetzten Personen ab. Es sollte auf jeden Fall bereits mehrere
Monate vor dem geplanten Einführungstermin mit der Vorbereitung der Kataloge
begonnen werden. Tabelle 13 stellt den Umfang der Katalogarbeit in den ersten drei
Jahren nach der Einführung eines EDV-gestützten Pflegedokumentationssystems in einer
Einrichtung exemplarisch dar.
Stand Anzahl vordefi-nierter Pflegestandards
Umfang Kataloge
Sept. 1998 (vor Einführung auf 1. Psychiatrischer Pilotstation)
36 (Psychiatrie) Basiskataloge konnten aus dem Dt. Herzzentrum München übernommen werden, sie wurden durch Basiseinträge und Pflegestandards der Psychiatrie erweitert.
August 2000 (Routineeinsatz auf 2 psychiatrischen Stationen)
55 (Psychiatrie) 18 Ressourcen, 436 Probleme, 201 Ziele, 293 Maßnahmen
Okt. 2000 (vor Einführung auf je einer Station der Haut- und Kinderklinik)
23 (Kinderklinik)
12 (Hautklinik)
0 Ressourcen, 223 Probleme, 136 Ziele, 271 Maßnahmen
13 Ressourcen, 110 Probleme, 69 Ziele, 124 Maßnahmen
Dez. 2000 (Routineeinsatz auf 2 psychiatrischen und 2 somatischen Stationen)
55 (Psychiatrie)
30 (Kinderklinik)
20 (Hautklinik)
18 Ressourcen, 436 Probleme, 201 Ziele, 293 Maßnahmen
0 Ressourcen, 242 Probleme, 111 Ziele, 260 Maßnahmen
6 Ressourcen, 174 Probleme, 72 Ziele, 183 Maßnahmen
Juni 2001 (Routineeinsatz auf 2
43 (Psychiatrie)
30 (Kinderklinik)
10 Ressourcen, 384 Probleme, 167 Ziele, 270 Maßnahmen
psychiatrischen und 2 somatischen Stationen)
25 (Hautklinik)
30 (übergreifend)
0 Ressourcen, 242 Probleme, 111 Ziele, 259 Maßnahmen
48 Ressourcen, 191 Probleme, 95 Ziele, 216 Maßnahmen
18 Ressourcen, 262 Probleme, 131 Ziele, 247 Maßnahmen
Mai 2002 (Routineeinsatz auf 2 psychiatrischen und 2 somatischen Stationen)
43 (Psychiatrie)
34 (Kinderklinik)
21 (Hautklinik)
29 (übergreifend)
10 Ressourcen, 384 Probleme, 169 Ziele, 271 Maßnahmen
0 Ressourcen, 285 Probleme, 147 Ziele, 286 Maßnahmen
22 Ressourcen, 161 Probleme, 89 Ziele, 171 Maßnahmen
17 Ressourcen, 261 Probleme, 129 Ziele, 232 Maßnahmen
Tabelle 13: Beispielhafter Umfang der eingesetzten Pflegekataloge auf in drei Kliniken im
Universitätsklinikum Heidelberg.
Auch nach erfolgreicher Einführung einer EDV-gestützten Pflegedokumentation sind die
Kataloge weiter zu pflegen. Im praktischen Einsatz ergeben sich häufig fehlende Begriffe
oder Änderungswünsche an standardisierten Pflegeplänen. Um die Akzeptanz und die
Effizienz der Pflegedokumentation nicht zu gefährden, sollten solche
Änderungswünsche gesammelt, abgesprochen, und koordiniert im Softwareprodukt
umgesetzt werden. Hierzu muss zum einen gewährleistet werden, dass die
Änderungswünsche überhaupt festgehalten werden. Hier kann man im einfachsten Fall
auf jede Station ein Buch hinterlegen, oder man baut ein Intranet-gestütztes
Berichtswesen auf. Parallel dazu sollte aber auch durch Dokumentationsanalysen und
Beobachtungen regelmäßig geprüft werden, ob die Kataloge Mängel aufweisen. Die
Einarbeitung der Kataloge sollte dann koordiniert erfolgen.
Der Aufbau der Kataloge und insbesondere der standardisierten Pflegepläne geht häufig
einher mit einer intensiven Diskussion über vermutete Gefahren wie eine übermäßige
Standardisierung der Pflege und eine Abkehr von der individuellen Patientenversorgung.
Dies ist allerdings kein Effekt des EDV-Einsatzes, sondern er ergibt sich häufig auch beim
Einsatz standardisierter Pflegepläne im Zusammenhang mit der papierbasierten
Pflegedokumentation. Ein EDV-Einsatz ermöglicht aber im Gegensatz zu Papier, die
standardisierten Pflegepläne einfacher auf die konkreten Bedürfnisse eines individuellen
Patienten anzupassen. Dies sollte vom ausgewählten Softwareprodukt gut unterstützt
werden, um der Gefahr einer zu pauschalen Pflegedokumentation vorzubeugen. Auf jeden
Fall sollten, wie schon beschrieben, bei Diskussionsbedarf entsprechende
Fortbildungsangebote gemacht werden. Checkliste 12 stellt die wesentlichen Punkte bei der
Arbeit an Pflegekatalogen dar.
Planen Sie genügend Zeit und Ressourcen für die Erarbeitung der Kataloge ein.
Die Personen, die die Kataloge erstellen bzw. überarbeiten, sollten genügend
Praxiserfahrung haben (z.B. Stationsleitungen).
Bei fachübergreifenden standardisierten Pflegeplänen muss gegebenenfalls ein
Standardisierungsgremium eingerichtet werden. Wichtig ist ein praxis- und
zielorientiertes Arbeiten des Gremiums im Hinblick auf die Einführung des Systems.
Überlegen Sie schon bei der Planung der Kataloge, welche Auswertungen für Sie
relevant sind (Auswertung zur Qualitätssicherung, zur Leistungsdarstellung, zur
Fortbildung etc.), dies wird die Erstellung ihrer Kataloge beeinflussen.
Werden Kataloge vom Hersteller mit ausgeliefert, oder gibt es Häuser, die einem ihre
Kataloge zur Verfügung stellen? Wenn ja, welche?
Können diese auf die eigenen Bedürfnisse angepasst werden?
Ist insbesondere bei dokumentationsorientierten Katalogen die Hinterlegung von
Sekundärkatalogen (z.B. für Leistungsdaten nach OPS, Hauskatalog oder ICNP)
möglich und lassen sich Abbildungsregeln definieren?
Können schon vorhandene Pflegestandards des Hauses als Vorlage genommen
werden?
Erproben Sie die standardisierten Pflegepläne schon vorab als Papierdokumentation.
Beginnen Sie die Pilotierung ggf. mit einem Ausschnitt des zukünftigen Spektrums
(konzentrieren Sie sich z.B. auf bestimmte Krankheitsbilder) und erweitern Sie den
Katalog dann in enger Rückkopplung mit dem Routinebetrieb.
Organisieren Sie ein Änderungsmanagement der Kataloge für den laufenden Betrieb.
Checkliste 12: Katalogarbeit bei EDV-gestützten Pflegedokumentationssystemen.
3.9 Integration in das Krankenhausinformationssystem
EDV-gestützte Pflegedokumentationssysteme werden üblicherweise nicht als isolierte
Produkte eingesetzt, sondern in die vorhandene EDV-Landschaft integriert. Dies
bedeutet, dass sie zum einen auf Datenbestände anderer Produkte zugreifen können, um
Doppelerfassungen zu vermeiden (z.B. Zugriff auf die Patientenstammdaten aus dem
Patientenverwaltungssystem), oder um die Pflegedokumentation zu unterstützen (z.B.
Zugriff von dokumentierten Maßnahmen aus direkt auf pflegerische Leitlinien auf einem
elektronischen Wissensserver). Zum anderen sollen Daten aus der Pflegedokumentation
an andere Systeme weitergegeben werden (z.B. Weitergabe von pflegerischen
Leistungsdaten an das Abrechnungssystem). Falls ein bestehendes EDV-gestütztes
Pflegedokumentationssystem durch ein neues abgelöst werden soll, ist auch die
Übernahme von Datenbeständen aus dem Altsystem zu gewährleisten.
In allen Fällen ist eine Integration zwischen verschiedenen EDV-gestützten
Anwendungssystemen notwendig. Die Integration lässt sich grundsätzlich auf drei
verschiedene Weisen darstellen:
Integration der Anwendungssysteme
Aufrufintegration
Datenschnittstellen.
Bei der Integration der Anwendungssysteme ist das Pflegedokumentationssystem
Bestandteil des klinischen Arbeitsplatzsystems und greift auf die gleichen Datenbestände
zu. Diese Lösung beinhaltet die Integration auf der Ebene des Anwendungssystems.
Tabelle 14 stellt diese Konstellation aus Sicht des Benutzers exemplarisch dar.
Klinisches Arbeitsplatzsystem
Aktuelle Stationsliste: Station B
o Patient1, Gerhard, *27.11.1975 o Patient2, Berta, *23.09.1953 o Patient3, Else, *11.11.1982 o Patient4, Werner, *02.03.1948
Bitte Patient markieren und Funktion wählen
Verlegen Entlassen
Speisenbestellung Untersuchungen anfordern
Befunde einsehen Pflegeanamnese Pflegeplanung
Maßnahmendokumentation Pflegeevaluation
Pflegebericht
Tabelle 14: Klinisches Arbeitsplatzsystem mit integrierter Pflegedokumentation.
Bei der Aufrufintegration wird die Pflegedokumentation eines Patienten aus dem
Anwendungssystem heraus aufgerufen, das z.B. das Stationsmanagement realisiert. Das
klinische Arbeitsplatzsystem und das Pflegedokumentationssystem sind jedoch von der
Datenhaltung und von der Applikation getrennte Systeme. Beim Aufruf werden die
identifizierenden Variablen (des Patienten) übergeben. Ist der Patient im
Pflegedokumentationssystem schon bekannt, wird direkt in dessen Pflegedokumentation
verzweigt; ist der Patient neu, wird er anhand der übergebenen Daten im
Pflegedokumentationssystem zunächst angelegt. Diese Form der Integration ist für eine
Weitergabe von Daten aus dem Pflegedokumentationssystem nicht geeignet. Eine
Aufrufintegration kann aber auch zusätzlich zu einer Datenschnittstelle realisiert werden.
Ziel der Aufrufintegration ist es, dem Anwender das Wechseln zwischen
Anwendungssystemen zu erleichtern, wenn z.B. Aufnahme, Verlegung und Entlassung
von den Pflegekräften über die Funktion Stationsmanagement im
Patientenverwaltungssystem durchgeführt werden. Tabelle 15 stellt diese Konstellation
aus Sicht des Benutzers exemplarisch dar.
Klinisches Arbeitsplatzsystem
Aktuelle Stationsliste: Station B
o Patient1, Gerhard, *27.11.1975 o Patient2, Berta, *23.09.1953 o Patient3, Else, *11.11.1982 o Patient4, Werner, *02.03.1948
Bitte Patient markieren und Funktion wählen
Verlegen Entlassen
Speisenbestellung Untersuchungen anfordern
Befunde einsehen zum Pflegedokumentationssystem <xx>
Tabelle 15: Klinisches Arbeitsplatzsystem mit Aufrufintegration zum
Pflegedokumentationssystem.
Bei Datenschnittstellen organisieren Hintergrundprozesse die Übergabe und
Übernahme bestimmter Daten zwischen den Anwendungssystemen. In größeren Häusern
und bei heterogenen Anwendungssystemen kommen dabei häufig Kommunikationsserver
zum Einsatz, die den Austausch der Daten steuern und dabei ggf. auch unterschiedliche
Datenformate konvertieren. Ein wesentlicher Standard für die Kommunikation
medizinischer Daten ist HL721, wobei auch bei einer Kommunikation via HL7 die Details
der Kommunikation zwischen den Kommunikationspartnern genau abgesprochen werden
müssen.
Datenschnittstellen bieten eine gute Möglichkeit, heterogene Anwendungssysteme zu
integrieren und auf der Ebene der Funktionalität jeweils das Anwendungssystem
auszuwählen, das die gewünschte Funktionalität am besten abbildet. Dem muss jedoch
schon bei der Systemauswahl entgegen gehalten werden, dass den Möglichkeiten der
Datenintegration Grenzen gesetzt sind: Kommunikation ist eine zusätzliche
Systemkomponente, die vom sendenden und empfangenden System in gleicher Weise
und vollständig unterstützt werden muss und die im Routinebetrieb auch betreut werden
21 HL7, Health Level Seven. Siehe http://www.hl7.org.
muss. Insbesondere bei der Kommunikation von Änderungen und Stornierungen kann es
zu Problemen kommen, wenn im Zielsystem schon Aktionen durchgeführt wurden, die bei
einer Stornierung zum Verlust dokumentierter Daten führen können. Die Aufbau und
Pflege von Kommunikationsschnittstellen erfordert ausreichende personelle Ressourcen
und entsprechendes Know-how. Tabelle 16 stellt diese Konstellation aus Sicht des
Benutzers exemplarisch dar.
Pflegedokumentationssystem
Aktuelle Stationsliste: Station B
o Patient1, Gerhard, *27.11.1975 o Patient2, Berta, *23.09.1953 o Patient3, Else, *11.11.1982 o Patient4, Werner, *02.03.1948
Bitte Patient markieren und Funktion wählen
Pflegeanamnese Pflegeplanung
Maßnahmendokumentation Pflegeevaluation
Pflegebericht
Tabelle 16: Eigenständiges Pflegedokumentationssystem (Die Patientendaten werden von
patientenführenden System über eine Datenschnittstelle übernommen).
Eine geeignete Integration ist wesentlich für den späteren Nutzen des
Pflegedokumentationssystems. Die Vor- und Nachteile sowie die Aufwände der einzelnen
Integrationsmöglichkeiten sollten eingehend betrachtet werden. Für die Planung der
Integration sollten aus den beschriebenen Gründen Spezialisten der beteiligten
Anwendungssysteme zu Rate gezogen werden.
Checkliste 13 stellt die wesentlichen Punkte bei der Integration EDV-gestützter
Pflegedokumentationssysteme in das Krankenhausinformationssystem dar.
Informieren Sie sich frühzeitig und umfassend über die Integrationsmöglichkeiten, die
die vorhandenen Anwendungssysteme, die mit dem Pflegedokumentationssystem in
Beziehung stehen, bieten.
Integrationsmöglichkeiten (insb. Verfügbarkeit von Schnittstellen) müssen bereits bei
der Systemauswahl berücksichtigt werden.
Beachten Sie zum Zeitpunkt der Vertragsgestaltung, dass auch die Anforderungen
und Aufwände der Hersteller/Betreiber der übrigen beteiligten Systeme berücksichtigt
werden.
Die Probleme bei der Realisierung der Integration und von Schnittstellen werden für
das Haus erleichtert, wenn ein Auftragnehmer die Gesamtverantwortung für diesen
Bereich übernimmt.
Beginnen Sie bei der Einführung frühzeitig mit dem Test der Schnittstellen. Testen Sie
intensiv auch alle Sonderfälle, die in einem Haus vorkommen: Die Tücke steckt im
Detail!
Berücksichtigen Sie einen ausreichenden Vorlauf der Patientendatenschnittstelle im
Produktivsystem: Beim Produktivstart sollten alle Patienten im Pflegedokumentations-
system schon bekannt sein!
Checkliste 13: Integration EDV-gestützter Pflegedokumentationssysteme in das
Krankenhausinformationssystem.
3.10 Planung der PC-Arbeitsplätze
Neben der Vorbereitung der Software und der Kataloge ist eine sorgfältige Vorbereitung
der PC-Arbeitsplätze auf Station notwendig. Der umfassende Einsatz EDV-gestützter
Pflegedokumentation ist üblicherweise mit der vorhandenen technischen Infrastruktur
nicht realisierbar. Daher sollte zunächst, auch in enger Zusammenarbeit mit der
Herstellerfirma, die notwendige Rechnerausstattung geprüft werden. Generell gilt: Je
umfangreicher die einzuführende Funktionalität, desto größer die Anzahl der notwendigen
PC-Arbeitsplätze. So müssen üblicherweise pro Station für die Minimalfunktionalität (z.B.
nur Pflegeplanung) bereits zwei bis drei Rechner im Pflegebereich zur Verfügung stehen,
um größere Wartezeiten zu vermeiden. Häufig erweist sich dieses als nicht einfach, da in
vielen Stationszimmern der Platz für weitere PC-Arbeitsplätze nicht vorhanden ist.
Weiterhin sollte auf das EDV-gestützte Pflegedokumentationssystem auch von den
Arbeitsplätzen nicht-pflegerischer Berufsgruppen (z.B. Ärzte, Co-Therapeuten) aus
zugegriffen werden können. Auch hier sind daher ggf. Rechnerinstallationen oder –
aufrüstungen notwendig.
Auf die Pflegedokumentation soll nicht nur im Stationszimmer, sondern in vielen Fällen
auch vom Flur oder von den Patientenzimmern aus zugegriffen werden können. Wenn die
Arbeitsabläufe dies erfordern, muss geprüft werden, ob der Einsatz von mobilen
Computern (z.B. in Form von Laptops auf Stationswagen) oder von bettseitigen
Computern sinnvoll, realisierbar und finanzierbar ist (siehe Abb. 11). Wenn dieses
unterbleibt, besteht die Gefahr, dass insbesondere bei der Dokumentation mit Hilfsmitteln
wie Zetteln etc. gearbeitet wird, und Informationen später in den Computer übertragen
werden. Dies erhöht die Fehlerrate, verringert die Vollständigkeit, führt zu verspäteter
Dokumentation, erhöht insgesamt die Aufwände und führt letztlich zu einer geringen
Benutzerakzeptanz. Auf der anderen Seite erfordert z.B. der Aufbau eines Funknetzes mit
mobilen Computern eine nicht unerhebliche Investition, ein umfassendes technisches
Know-how und entsprechende Ressourcen zur Wartung. Letztlich sollte die Entscheidung
basierend auf der Analyse der bisherigen Dokumentationsabläufe und der Ziele eines
EDV-Einsatzes erfolgen.
Abb. 11: Einsatz mobiler Computer für Datenabruf und –dokumentation während einer
Visite.
Checkliste 14 stellt die wichtigsten Punkte der Planung der EDV-Arbeitsplätze
zusammen.
Welche Funktionalität wird eingeführt?
Welche Benutzergruppen benötigen EDV-Zugriff?
Wie viele PCs sind also notwendig?
Wie sieht die derzeitige PC-Ausstattung aus?
Wie viele PC-Arbeitsplätze müssen eingerichtet werden?
Sind Aufrüstungen bestehender Arbeitsplätze notwendig?
Reichen die verfügbaren Drucker aus?
Ist der Einsatz mobiler Computer notwendig?
Checkliste 14: Planung der EDV-Arbeitsplätze.
3.11 Durchführung von Schulungen
Bei Einführung einer EDV-gestützten Pflegedokumentation sollten rechtzeitig und
ausreichend Schulungen durchgeführt werden. Diese lassen sich im Wesentlichen in drei
Bereich gliedern. Zunächst sollte für die Benutzer, die noch wenig EDV-Erfahrung haben,
ein grundlegender PC-Kurs durchgeführt werden, in dem die Grundlagen zum Computer,
zu Eingabegeräten wie Maus und Tastatur und zum Betriebssystem erklärt werden. Die
zweite Kurseinheit, die in der Einführungsphase für alle Mitarbeiter verpflichtend sein
sollte, schult dann im Umgang mit dem EDV-gestützten Pflegedokumentationssystem,
also insbesondere die Pflegeplanung, die Maßnahmendokumentation und die
Berichtschreibung. Für ausgewählte „Key-User“ sollten dann Vertiefungskurse angeboten
werden, die z.B. die Benutzerverwaltung, die Katalogverwaltung, oder die
Formulargestaltung umfassen. Tabelle 17 stellt beispielhaft den Umfang von Schulungen
für ein EDV-gestütztes Pflegedokumentationssystem dar.
Stationen
Art der Schulung Wer wurde geschult
Zeitpunkt der Schulung
Pflegekräfte
Drei Stationen: Gruppenschulung (je 4 - 5 Pflegekräfte für 2 - 3 Stunden Eine Station: Einweisung durch geschulte Key-User, zumeist Einzelschulungen Eine Station: Teils Gruppenschulung, teils Einzelschulung
alle Pflegekräfte (meist incl. Nachtwachen)
Gruppenschulung: 2 Monate vor PIK-Einführung Einzelschulung: vor und während PIK-Einführung
Key-User
Einzel- und Gruppenschulung, je 2 - 3 Stunden
Je 2 pflegerische Mitarbeiter pro Station
2-3 Monate vor der Einführung
Ärzte Einweisung durch Key-User, zumeist kurze Einzelschulungen
alle Ärzte während PIK-Einführung
Co-Therapeuten
Einweisung durch Key-User, Kurze Einzelschulungen
alle Co-Therapeuten
während PIK-Einführung
Sozialarbeiter
Einweisung durch Key-User, kurze Einzelschulungen
alle Sozialarbeiter während PIK-Einführung
Tabelle 17: Beispiel für den Umfang von Schulungen zu einem EDV-gestützten
Pflegedokumentationssystem in einer Einrichtung.
Die Schulungen sollten rechtzeitig vor der Inbetriebnahme stattfinden, dürfen aber auch
nicht zu früh erfolgen, damit die Inhalte noch frisch im Gedächtnis sind. Bewährt hat sich
ein Zeitabstand von ein bis zwei Wochen, soweit dies organisatorisch möglich ist. Ab-
hängig von den Vereinbarungen mit dem Anbieter kann die Schulung im Krankenhaus
selber oder extern (z.B. beim Anbieter) erfolgen. Die Schulungen selber können durch
eigene Fachkräfte oder durch externe Dienstleister geleitet werden. Auf jeden Fall sollte
der Dozent aber mit den Abläufen auf den betroffenen Stationen vertraut sein, um die für
diese Stationen relevante Funktionalität adäquat schulen zu können. Für ein
konzentriertes Lernen sollten auch interne Schulungen generell nicht direkt am
Arbeitsplatz, sondern in Kleingruppen in eigenen Schulungsräumen stattfinden. Sinnvoll
ist es, über die Schulungen hinaus Übungsmöglichkeiten an Testsystemen anzubieten.
So sollte auf den Stationen neben dem Echtsystem auch ein Test- und Schulungssystem
zur Verfügung stehen.
Es hat sich häufig eingebürgert, nach der erfolgreichen Einführung eines EDV-Systems
keine zentralen Schulungen für neue Benutzer mehr anzubieten. Diese werden vielmehr
bereits durch die erfahreneren Benutzer eingewiesen (Multiplikator-Effekt). Hierbei ist zu
beachten, dass bei der Weitergabe immer etwas Wissen verloren geht. So lässt sich
häufig beobachten, dass das Wissen über die Bedienung bestimmter Funktionalität auf
Grund der häufig hohen Fluktuation im Pflegebereich schnell verloren geht. Dies führt
dazu, dass insbesondere so komplexe Systeme wie EDV-gestützte
Pflegedokumentationssysteme nur noch sub-optimal eingesetzt werden. Es scheint daher
sinnvoll, in regelmäßigen Abständen Schulungen durchzuführen, um Wissen
aufzufrischen. Außerdem ist zu bedenken, dass die Software gepflegt werden muss, also
regelmäßig neuere Versionen eingespielt werden. Auch das Wissen um die Neuerungen
in neuen Versionen sollte nicht nur so „im Vorbeigehen“ vermittelt werden, sondern
systematisch, zumindest für die Key-User. Diese können dann im Stationsalltag immer
wieder bei Problemen Hilfestellung und Anregungen geben und somit zur Auffrischung
von Wissen beitragen.
Daneben ist es immer sinnvoll, entweder auf Papier oder im Intranet eine
Kurzbeschreibung der zentralen Funktionen eines EDV-Systems anzubieten, die zum
Selbststudium zur Verfügung steht und bei Einarbeitungen neuer Benutzer verwendet
werden kann.
Checkliste 15 stellt die wichtigsten Punkte bei der Planung und Durchführung von
Schulungen für ein EDV-gestütztes Pflegedokumentationssystem zusammen.
Wer muss geschult werden (Mitarbeiter, Key-User, andere Berufsgruppen)?
Wann kann die Schulung organisiert werden?
Sind Schulungsräume und Schulungspersonal vorhanden?
Kennt der Dozent die Abläufe bei der Pflegedokumentation auf den Stationen?
Wie wird die Weitergabe von Informationen über Programmänderungen etc.
organisiert?
Wie werden Nachschulungen organisiert? Wer nimmt daran teil?
Wie werden im Routinebetrieb Schulungsnotwendigkeiten erkannt?
Wo werden Schulungsunterlagen abgelegt?
Checkliste 15: Durchführung von Schulungen.
3.12 Erstellung eines Betriebskonzepts
Bereits vor der Einführung eines EDV-gestützten Pflegedokumentationssystems sollte
geklärt werden, wer für die Betreuung des Systems verantwortlich ist. So ist es für den
reibungslosen Betrieb und auch für die Organisation der Einführung notwendig, rechtzeitig
die Verantwortlichkeiten für die inhaltlichen, technischen und organisatorischen
Fragestellungen festzuhalten. Insbesondere sind für die betroffenen Mitarbeiter
Ansprechpartner zu benennen, die während und nach der Einführung bei Problemen zur
Verfügung stehen.
Zahlreiche Aufgaben sind für einen reibungslosen Betrieb notwendig, z.B.
Überprüfung der Vollständigkeit und Rechtzeitigkeit der Datenerhebung, der inhalt-
lichen Qualität der Daten sowie der Organisationsabläufe und -strukturen, Beseitigung
von Unzulänglichkeiten.
Regelmäßige Sicherung und Archivierung von Daten.
Regelmäßige Pflege der Kataloge, Abstimmung mit anderen Einrichtungen.
Netzmanagement, z. B. Einrichtung und Pflege von Netzwerkzugriffsrechten,
Verwaltung von zentralem Plattenplatz.
Gewährleistung des Datenschutzes, z. B. Erteilung und Überprüfung von Zu-
griffsrechten.
Benutzerbetreuung, Schulung von neuen Mitarbeitern, Einrichten neuer Mitarbeiter,
Nachschulungen.
Pflege von Rechnersystemen und Peripheriegeräten, z. B. Reinigung, Austausch der
Druckerpatrone, Einbau von Ersatzteilen.
Berichtswesen, z. B. Führen eines Logbuchs über den Systembetrieb.
Überwachung und Wartung der Schnittstellen.
Abhängig von der Größe und Organisation des Krankenhauses und der Art des Anwen-
dungssystems können unterschiedliche Personen mit der Betreuung des Betriebs be-
auftragt werden. Da es aber für Anwender nicht immer einfach ist, genau zuzuordnen, wer
für welches Problem zuständig ist und weil auch die einzelnen Tätigkeiten oft so
miteinander verzahnt sind, dass ein ggf. hoher Abstimmungsaufwand nötig ist, ist es
sinnvoll, die Betreuung des Betriebs auf mehreren Ebenen zu organisieren.
Auf der ersten Ebene („First level support“) ist ein Ansprechpartner für die Benutzer eines
Bereichs (z.B. einer Station) zuständig, der sich um routinemäßige Arbeiten und Probleme
kümmert, ggf. auch für mehrere im Bereich eingesetzte Anwendungssysteme. Dies kann
z.B. ein entsprechend erfahrener Benutzer (der Key-User) sein. Alternativ bzw. ergänzend
kann auch ein zentraler Benutzerservice aufgebaut werden, der den Benutzern bekannt
und telefonisch erreichbar ist. Dadurch ist es nicht nötig, dass die Anwender alle für die
Betreuung ihrer Anwendungssysteme zuständigen Personen kennen.
Dieser Ansprechpartner der ersten Ebene gibt nicht lösbare Probleme sowie Änderungs-
wünsche weiter an Personen auf der zweiten Ebene der Betreuung („Second level
support“), in der Regel an die für die allgemeine DV-Betreuung zuständigen Personen
(DV-Betreuer, technischer Betreuer, DV-Beauftragter). Die Ansprechpartner der zweiten
Ebene ziehen bei schwerwiegenden Problemen Ansprechpartner der dritten Ebene hinzu.
Die dritte Ebene („Third level support“) wird von DV-Fachabteilungen oder externen
Institutionen, z. B. dem Anbieter eines Softwareprodukts, verkörpert. Es handelt sich hier-
bei um Systemspezialisten oder Mitarbeiter der Entwicklungsabteilung.
Bei der Definition dieser drei Ebenen ist zu berücksichtigen, dass gleichzeitig sehr
unterschiedliche Aufgaben wahrzunehmen sind, die sich im Wesentlichen in technische
(z.B. Installationen, Netzwerk) und inhaltliche Aufgaben (z.B. Katalogarbeit, Schulungen)
trennen lassen. Üblicherweise wird man diese Aufgaben auf verschiedene Personen
aufteilen, um die optimale Betreuung zu gewährleisten (vgl. auch Abb. 5).
Nachdem geklärt ist, welche Rollen zu besetzen sind, ist festzuhalten, wer im Einzelnen
diese Funktionen übernimmt. Die inhaltliche Betreuung sollten möglichst akademisch
ausgebildete Pflegekräfte übernehmen, die sowohl die theoretische als auch die
praktische Erfahrung haben. Die technische Betreuung sollte möglichst von ausgebildeten
(Medizin-)Informatikern übernommen werden.
Bei gekauften Softwareprodukten sollte zusätzlich geprüft werden, ob ein Wartungsver-
trag für das Anwendungssystem zur Fehlerbehebung abgeschlossen werden sollte. Dabei
ist darauf zu achten, dass auch die Wartung des Datenbanksystems und des Betriebs-
systems berücksichtigt ist. Viele Krankenhäuser nutzen die Möglichkeit, Software-Pflege-
verträge mit den Software-Anbietern zu vereinbaren. In diesem Fall werden alle Software-
erweiterungen zusätzlich zur Fehlerbehebung in regelmäßigen Zeitabständen als
Software-Updates vom Anbieter bereitgestellt. Im Falle des Abschlusses von
Wartungsverträgen müssen auftretende Fehler dokumentiert, dem Vertragspartner
gemeldet und die Fehlerbehebung kontrolliert werden.
Checkliste 16 stellt die wesentlichen Punkte bei der Erstellung eines Betreuungskonzepts
dar.
Welche Aufgaben sind für einen reibungslosen Betrieb notwendig?
Wie wird der First-Level-Support organisiert?
Wie wird der Second-Level-Support organisiert?
Wie wird der Third-Level-Support organisiert?
Ist ein Wartungsvertrag notwendig oder sinnvoll?
Wie werden Fehler dokumentiert und deren Behebung protokolliert?
Checkliste 16: Erstellung eines Betreuungskonzepts.
3.13 Erstellung eines Ausfallkonzepts
Jedes EDV-gestützte Pflegedokumentationssystem kann, auch wenn es ausführlich
getestet wurde und gut betreut wird, im Laufe des Betriebs einmal ganz oder teilweise
ausfallen. Auch die Hardware (an Client oder Server) oder die Netzinfrastruktur kann
einmal versagen, selbst wenn sie redundant ausgelegt ist. Dies kann die Pflegeplanung
und Pflegedokumentation für einen gewissen Zeitraum erschweren (z.B. wenn einzelne
Stationsrechner ausfallen) oder vollständig unmöglich machen (z.B. bei einem Ausfall des
zentralen Servers).
Um den Betrieb dann weiter aufrecht erhalten zu können, sollte frühzeitig ein Ausfall-
konzept erstellt werden, das regelt, welche Aktivitäten in diesem Fall durchzuführen sind.
Beispielsweise kann in einem Ausfallkonzept für ein EDV-gestütztes
Pflegedokumentationssystem festgelegt werden, dass bei einem Ausfall die
Dokumentation vorübergehend auf papierbasierten Formularen erfolgen soll (die natürlich
vorrätig sein müssen). Ein Ausfallkonzept ist auch hilfreich, wenn das Einführungsprojekt
bei größeren Problemen abgebrochen werden muss. So sollte gewährleistet sein, dass
die bereits erfassten Daten im EDV-gestützten Pflegedokumentationssystem nach
Projektabbruch ausgedruckt und damit auch nach Abschalten des Systems weiterhin zur
Verfügung stehen.
Das Ausfallkonzept sollte vor EDV-Einführung erstellt werden. Während des laufenden
Betriebes sollte es dann ständig gepflegt und erweitert werden, wenn z. B. Störungen
eintreten, für die im Ausfallkonzept noch keine Lösung beschrieben ist.
Checkliste 17 stellt die wesentlichen Punkte bei der Erstellung eines Ausfallkonzepts
zusammen.
Welche Auswirkungen hätte ein ganz- oder teilweiser Ausfall?
Wie wahrscheinlich ist ein solcher Ausfall?
In welcher Form soll während eines Ausfalls dokumentiert werden?
Welche Werkzeuge (z.B. Formulare) sind hierfür vorzuhalten?
Liegt ein Ausfallkonzept vor, und ist dieses auch allen Mitarbeitern bekannt?
Checkliste 17: Erstellung eines Ausfallkonzepts.
Weiterführende Literatur
von Geis, I.: Datenschutzrecht. C.H. Beck Verlag, München 2002.
GMDS, ADS, AKI, DBfK: Checkliste für die Projektierung eines DV-gestützten
Pflegeinformationssystems. Eigenverlag, Köln, Eschborn, Göttingen 1996. Insbesondere
Kapitel 2 zu den Voraussetzungen EDV-gestützter Pflegedokumentation.
Hacker, W.; Scheuch, K.; Kunath, H.; Haux, R.: Computer in der Krankenpflege. Roderer,
Regensburg 1999. Insbesondere Kapitel 8 und 11 zum Projektmanagement und zum
Schulungskonzept.
Hannah, K.J.; Ball, M.J.; Edwards, M.J.: Introduction to Nursing Informatics. Springer,
New York 1999. Insbesondere Teil IV zu Vorarbeiten vor einer EDV-Einführung in der
Pflege.
Haux, R.; Lagemann, A.; Knaup, P.; Schmücker, P.; Winter, A.: Management von
Informationssystemen. Teubner-Verlag, Stuttgart 1998. Insbesondere Kapitel 5 und 9 zur
Projektplanung und Systembereitstellung.
ICN.: Offizielle Beschreibung der International Classification for Nursing Practice (ICNP).
International Council of Nurses. 2001. WWW: http://www.icn.ch/icnp.htm.
ICNP. Die internationale Klassifikation der Pflegepraxis Deutschsprachige Ausgabe
herausgegeben vom DBfK, SBK und ÖKV. Aus dem Englischen von der
deutschsprachigen ICNP-Nutzergruppe. Hans Huber, Bern 2002.
Mehrmann, E.; Wirtz, T.: Effizientes Projektmanagement - Erfolgreich Konzepte
entwickeln und realisieren. Econ Ullstein List Verlag, München 2000. Einführung in das
Projektmanagement.
Schilling, G.: Projektmanagement – Der Praxisleitfaden für die erfolgreiche Durchführung
von kleinen und mittleren Projekten. Gert Schilling Verlag, Berlin 2000. Einführung in
Grundlagen des Projektmanagements.
Schwering, H.: Sprache gestaltet Wirklichkeit - EDV und Sprache in der Pflege. In: Dr.
med. Mabuse 123: 34-36, Mabuse Verlag, Frankfurt, 1999. Zu den Problemen bei der
pflegerischen Katalogarbeit.
Streckel, S.: Rechtliche Anforderungen an eine EDV-gestützte Dokumentation. Die
Schwester/Der Pfleger 39 (1): 60-64, Bibliomed, Melsungen 2000. Übersicht über
rechtlicher Rahmen zu EDV-gestützter Archivierung.
Tannenbaum, A.S.: Computernetzwerke. Addison-Wesley, München 2001. 2. Auflage.
4. Einführung und Betrieb der EDV-gestützten
Pflegedokumentation
Elske Ammenwerth, Torsten Happek, Gisela Luther
Nach erfolgreichem Abschluss aller Vorbereitungen (siehe Kapitel 3) steht der Einführung
des EDV-gestützten Pflegedokumentationssystems nichts mehr im Wege. Wegen der
Komplexität des Vorhabens sollte die Einführung schrittweise und geplant ablaufen und
durch die zentrale Projektleitung entsprechend koordiniert werden. Hier ist insbesondere
der zentrale Projektplan entscheidend (vgl. Kapitel 3.1). Er sollte die Einführungsschritte
klar beschreiben und Verantwortlichkeiten festlegen. Änderungen an der Planung sollten
dokumentiert werden.
4.1 Strategie der Einführung
Eine klare Einführungsstrategie, die die Rahmenbedingungen für die Einführung
beschreibt, sollte ausgearbeitet und mit allen Beteiligten abgestimmt werden. Dazu ge-
hören der Zeitpunkt und Zeitraum für die Umstellung, der Umfang der Einführung sowie
die Vorgehensweise. Insbesondere sind zwei Aspekte festzulegen: Zunächst muss geklärt
werden, ob die Einführung nacheinander auf einzelnen Stationen, oder gleichzeitig auf
mehreren Stationen erfolgen soll. Zum anderen muss festgelegt werden, ob die EDV-
gestützte Funktionalität schrittweise eingeführt wird, oder gleich komplett. Damit kann die
Einführung im Prinzip auf folgende Arten erfolgen:
Die erste Möglichkeit ist die flächendeckende sofortige Umstellung, z.B. einer
gesamten Klinik, und sofortige Einführung der gesamten Funktionalität des neuen EDV-
gestützten Pflegedokumentationssystems. Diese Methode bedeutet ein großes Maß an
Stress und ein intensives Projektmanagement, um erfolgreich zu sein, ermöglicht aber
einen raschen Umstieg. Häufig ist diese Umstellung zu einem bestimmten Stichtag auch
technisch oder organisatorisch gar nicht vermeidbar.
Um die Risiken etwas zu minimieren, besteht als zweite Möglichkeit die Einführung der
gesamten Funktionalität zunächst in einem kleineren Bereich, dem nach
erfolgreichem Abschluss schrittweise weitere Bereiche folgen. In diesem Fall beginnt man
üblicherweise mit einer Pilotinstallation auf einer oder mehreren Modellstationen, die auf
Grund ihrer Rahmenbedingungen optimale Voraussetzungen für eine erfolgreiche
Einführung zu bieten scheinen. Nach erfolgreicher Einführung wird das System nach und
nach auf andere Stationen ausgeweitet. Diese Möglichkeit wird häufig gewählt, da Fehler
aus der Adaptierung, Fehler im Produkt oder Probleme bei der Einführung nur in einem
begrenzten Bereich wirksam werden. Auf Probleme kann schneller reagiert werden, die
Einführung kann schrittweise erfolgen und die Erfahrungen bei der Pilotinstallation können
bei der Verbreitung verwendet werden. Nachteilig ist, dass der Einführungszeitraum
länger und der Austausch von Personal zwischen Modellstation und anderen Stationen
daher schwierig ist und ggf. extra Schulungen erforderlich sind.
Falls das neue EDV-gestützte Pflegedokumentationssystem eine komplexe und für die
Benutzer neue Funktionalität besitzt, bietet es sich an, das EDV-System schrittweise
einzuführen, also z.B. einzelne Module nacheinander in Betrieb zu nehmen. So könnte
z.B. zunächst das Pflegeplanungsmodul eingeführt werden, erst später das
Dokumentationsmodul. Die Möglichkeiten zur Aufteilung hängen vom System und den
Arbeitsabläufen auf Station ab. Das bedeutet, dass schrittweise Teile des alten (z.B.
papierbasierten) Pflegedokumentationssystems durch das neue EDV-gestützte System
ersetzt werden. Nachteil ist hierbei, dass über einen längeren Zeitraum hinweg beide
Systeme verwendet und gewartet werden müssen. Insbesondere sind hierbei adäquate
Schnittstellen (z.B. durch Ausdrucken von Formularen) notwendig. Vorteil ist, dass
Probleme jeweils einzeln lokalisiert und gelöst werden können. Voraussetzung hierfür ist
natürlich, dass das Pflegedokumentationssystem so modular aufgebaut ist, dass es
schrittweise eingeführt werden kann.
Die modulweise Einführung kann sowohl parallel in einem größeren Bereich als auch
kombiniert mit einer schrittweisen Einführung auf einzelnen Stationen kombiniert werden.
Abb. 12 stellt die Möglichkeiten in der Übersicht dar.
Abb. 12: Vier Möglichkeiten der Einführung eines EDV-gestützten
Pflegedokumentationssystems.
Bei jeder dieser vier Möglichkeiten kann außerdem entschieden werden, zunächst nur
einen Teil der Patienten EDV-gestützt zu dokumentieren, um Aufwände zu verringern. So
könnte die EDV-gestützte Dokumentation zunächst für z.B. fünf Neuaufnahmen
durchgeführt, um dann erst nach 8 Wochen auf alle Neuaufnahmen ausgeweitet zu
werden.
Alle Ansätze haben ihre Vor- und Nachteile. Wichtig ist, die Voraussetzungen genau zu
prüfen und dann die Herangehensweise zu wählen, die mit den gegebenen Ressourcen
am besten zu vereinbaren ist. Selbstverständlich sollte die Entscheidung darüber nur
gemeinsam mit den betroffenen Stationen getroffen werden, da jede Einführungsstrategie
unterschiedliche Auswirkungen auf die Stationsabläufe haben wird. Checkliste 18 stellt die
wesentlichen Punkte bei der Einführungsstrategie für ein EDV-gestützte
Pflegedokumentationssystem dar.
Welche Einführungsstrategie wird gewählt?
Wann erfolgt die Umstellung?
Wie lange dauert die Umstellung
Welche Funktionalität wird zu welchem Zeitpunkt abgelöst?
Welche Bereiche sind betroffen?
Sind alle Beteiligten informiert?
Werden alle Patienten oder nur einige nach dem neuen System dokumentiert?
Wie wird während der Übergangszeit dokumentiert?
Checkliste 18: Strategie der Einführung.
4.2 Die ersten Schritte
Nach der Entscheidung über das prinzipielle Vorgehen sind die Einführungsschritte im
Detail zu planen. Üblicherweise wird im Projektplan (vgl. Kapitel 3.1) zunächst ein grober
Zeitplan formuliert, der nun schrittweise verfeinert werden kann. So ist nach Abschluss
der Vorbereitungen ein günstiger Zeitpunkt für die Einführung festzulegen. Bewährt haben
sich hier feste, länger im voraus mit allen Beteiligten vereinbarte Stichtage. Der Zeitpunkt
für die Einführung sollte so gewählt werden, dass der Routinebetrieb auf Station möglichst
problemlos weitergehen kann. Es wäre beispielsweise nicht empfehlenswert, ein EDV-
gestütztes Pflegedokumentationssystem mitten in einer Phase mit geringer
Personalbesetzung (z.B. wegen Krankheit und Urlaub) einzuführen. Weiterhin sind Zeit-
und Personalpläne abzustimmen (z.B. sollten die Key-User in den Einführungswochen
nicht in Urlaub sein), Verantwortlichkeiten (Einrichten der Hard- und Software,
Vorbereitung der Schnittstelle, Einpflegen der Anwender in das neue System)
festzulegen, Prioritäten zu setzen und die Katalogarbeit ausreichend vorbereitet sein
(siehe Details in Kapitel 3). Die Schulungen sollten nicht zu lange vor dem geplanten
Einführungstermin stattfinden (siehe Kapitel 3.8).
Wenn während der Umstellung Probleme auftreten, wird anhand im Vorfeld festgelegter
Kriterien entschieden, ob die Inbetriebnahme abgebrochen wird. Um dennoch den weite-
ren Betrieb zu gewährleisten, kann das Ausfallkonzept angewendet werden.
Abb. 13 stellt exemplarisch den Ablauf der Einführung auf verschiedenen Pilotstationen im
Universitätsklinikum Heidelberg dar.
Abb. 13: Beispiele für Einführungsschritte und Einführungsdauer auf den
Pilotstationen am Universitätsklinikum Heidelberg.
Prinzipiell muss während der ersten Wochen nach der Einführung genügend
Betreuungspersonal zur Verfügung stehen und den Mitarbeitern auch bekannt sein.
Mitarbeiter einer Station haben in der Regel genügend zu tun, auch ohne dass sie den
Umgang mit einem neuen EDV-System lernen müssen. Bis die neuen Arbeitsabläufe
reibungslos funktionieren, sollte deshalb Entlastung durch zusätzliches Personal geboten
werden. Erst hier zeigt sich, ob die Schulungen ausreichend waren, ob das
Betreuungskonzept bekannt ist und funktioniert, ob die technische Infrastruktur
ausreichend und die Motivation der Benutzer hoch genug ist.
Mängel in der Vorbereitungsphase zeigen sich häufig erst, wenn es (fast) zu spät ist. Mit
negativen Überraschungen ist immer zu rechnen, denn es gibt auch bei optimaler
Vorbereitung immer Aspekte, die übersehen wurden. Sie lassen sich beherrschen, wenn
genügend Betreuungsressourcen vorhanden sind. Während der Einführungswochen zeigt
sich wieder die zentrale Rolle der Projektleitung. Sie sollte in dieser Zeit besonders
aufmerksam sein, um potenzielle Probleme zu verhindern, auftretende Probleme
möglichst frühzeitig zu erkennen, und adäquat auf alle Schwierigkeiten reagieren zu
können. Dies hilft, die meist schwierige Anfangsphase erfolgreich zu bewältigen.
Checkliste 19 stellt die wesentlichen Punkte bei den Einführungsschritten zusammen.
Liegt eine Einführungsstrategie vor?
Sind der Stichtag sowie die weiteren Termin für die Umstellung mit allen Beteiligten
vereinbart und abgestimmt?
Ist klar, in welchen Schritten welche Funktionalität eingeführt wird?
Ist das definierte Betreuungskonzept allen Mitarbeitern bekannt?
Sind alle Schulungen rechtzeitig abgeschlossen?
Sind die Kataloge ausreichend vorbereitet?
Ist ggf. eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung in der Einführungsphase notwendig?
Sind die PC-Arbeitsplätze eingerichtet?
Sind die Key-User benannt, geschult und allen Mitarbeitern bekannt?
Ist das Benutzerberechtigungskonzept in der Software umgesetzt?
Sind alle zukünftigen Benutzer im System eingerichtet worden?
Funktionieren die Schnittstellen zu anderen EDV-Systemen?
Ist das Ausfallkonzept allen Beteiligten bekannt?
Sind die Mitarbeiter informiert, motiviert und bereit für die Einführung?
Checkliste 19: Einführungsschritte.
4.3 Abschluss und Abnahme der Einführung
Nach erfolgreicher Durchführung der vorher geplanten Einführungsschritte und befriedi-
gendem Betrieb über eine festgelegte Dauer sowie ggf. erfolgten Fehlerkorrekturen kann
das eingeführte Softwareprodukt offiziell abgenommen und anschließend in den
Routinebetrieb übergeben werden. Dies bedeutet, dass sich das Projektteam, das die
Einführung organisiert hat, zurückzieht und die vorher festgelegten Betreuer den Betrieb
übernehmen.
Es empfiehlt sich, diese Systemabnahme erst einige Zeit (z.B. mehrere Wochen) nach
erfolgreichem Abschluss der Routineeinführung durchzuführen. Dabei sollte der Zeitpunkt
und das genaue Vorgehen bei der Systemabnahme bereits im Projektplan und in den
Verträgen festgehalten sein, da nach der Systemabnahme üblicherweise die Zahlungen
an die beteiligten externen Firmen fällig werden. Vor der Abnahme ist es üblich, Fehler zu
beheben, Benutzerwünsche in die Software zu integrieren, das Antwortzeitverhalten zu
verbessern und Dateninstabilitäten zu beheben sowie die organisatorischen Abläufe und
Strukturen zu optimieren. Rechtzeitig vor der Systemabnahme sollten die Abnahme-
kriterien festgelegt werden. Neben Anforderungen zum fehlerfreien Betrieb und
Antwortzeitverhalten sollten v. a. die Funktionalität, die Benutzungsoberfläche und die
Systemtechnik (Datenbank, Kommunikation etc.) geprüft werden. Dies gilt auch für
eventuelle gesetzliche Auflagen.
Eine protokollierte Systemabnahme und -übergabe ist von großer Wichtigkeit für den
„sauberen“ Abschluss eines Projekts und den befriedigenden Betrieb. Die
Systemabnahme erfordert, dass das neue Produkt gründlich getestet wurde, bevor es in
der Routine betrieben wird. Die Systemübergabe entlastet formal das Projektteam und
macht den Mitarbeitern, die nun für den Routinebetrieb zuständig sind, deutlich, dass die
Verantwortung für die sinnvolle und effiziente Nutzung nun in ihren Händen liegt. Dabei
muss der zeitliche Personalbedarf für den Routinebetrieb sorgfältig geplant werden,
sodass rechtzeitig Stellen geschaffen oder umgewidmet sowie Mitarbeiter eingestellt und
eingearbeitet werden können. Der Übergang in die Routine wird erleichtert, wenn das
Personal für den Betrieb sich zumindest zum Teil aus dem Projektteam rekrutieren lässt.
Das Einführungsprojekt sollte (wie im übrigen jedes größere Projekt) mit einem
Abschlussbericht enden. Dieser ist von der Projektleitung anzufertigen und sollte die
Projektplanungen sowie die Ergebnisse der Einführung beschreiben. Der
Abschlussbericht sollte außerdem einen Ausblick auf das weitere Vorgehen bieten. Er
sollte vom Auftraggeber sowie vom Projektleiter unterschrieben werden. Tabelle 18 stellt
eine mögliche Gliederung vor.
1 Einleitung
2 Ziele des Projekts/Projektplanung
3 Stand des Projekts/Zielerreichung
4 Tatsächliche Aufwände
4.1 Sachaufwände
4.2 Personelle Aufwände
4.3 Aufwände für externe Beratung
5 Bewertung
5.1 Bewertung des Produkts
5.2 Bewertung des Projektablaufs
6 Nutzungspotenzial
6.1 Nutzungspotenzial aus Sicht der Anwender
6.2 Nutzungspotenzial aus Sicht des Projektteam
7 Möglichkeiten des weiteren Vorgehens
8 Zusammenfassung
Anhang
Tabelle 18: Mögliche Gliederung für einen Abschlussbericht.
Checkliste 20 stellt die wesentlichen Punkte bei den Einführungsschritten zusammen.
Sind Vorgehensweise und Kriterien für die Abnahme im Projektplan und in den
Verträgen dokumentiert?
Werden die Anforderungen an den Datenschutz gewährleistet?
Ist das Antwortzeitverhalten auch im produktiven System zufriedenstellend?
Stimmen die Leistungen des Systems mit dem Pflichtenheft überein?
Wird die Pflegedokumentation vollständig bzw. so wie vereinbart abgebildet?
Wird das EDV-System von den Mitarbeitern akzeptiert?
Ist die weitere Routine-Betreuung des EDV-Systems geregelt und bekannt?
Wurden die Ziele des Einführungsprojekts (z. B. Vollständigkeit und Übersichtlichkeit
der Dokumentation) tatsächlich erreicht?
Liegt ein schriftliches Abnahmeprotokoll sowie ein Abschlussbericht vor?
Checkliste 20: Abschluss der Einführung.
4.4 Betrieb eines EDV-gestützten Pflegedokumentationssystems
Wenn das Projekt zur Einführung eines EDV-gestützten Pflegedokumentationssystem
erfolgreich abgeschlossen ist, beginnt der Betrieb. Der Pflege- und Wartungsvertrag muss
spätestens jetzt abgeschlossen werden und zum Ende der Gewährleistungsfrist des
Auftragnehmers in Kraft treten. Von Seiten des Betreuungspersonals ist eine enge
Zusammenarbeit mit dem Hersteller erforderlich. Die Form der Zusammenarbeit ergibt
sich aus dem Vertrag.
Die Gewährleistung eines erfolgreichen Betriebs ist ebenso wichtig wie eine erfolgreiche
Einführung. Die ständige Einsatzbereitschaft muss sichergestellt werden, indem die
Systemnutzung wie vorgesehen ermöglicht wird und etwaige Probleme möglichst schnell
behoben werden. Jetzt muss sich das erstellte Betreuungskonzept und das
Ausfallkonzept bewähren.
Die inhaltliche und technische Betreuung des Betriebs eines
Pflegedokumentationssystems benötigt u. U. viel Zeit. Wie viel Zeit und Personal
notwendig sind, hängt von vielen Faktoren ab, z. B. der Art und Funktionalität des EDV-
Systems, der Infrastruktur des Krankenhauses, der organisatorischen Einbettung, den
Abläufen, der Sorgfalt bei der Vorbereitung der Einführung etc.
Es kann sich bei der Betreuung des Betriebs herausstellen, dass das EDV-gestützte
Pflegedokumentationssystem nicht optimal an die Erfordernisse angepasst wurde. So
könnte sich z.B. herausstellen, dass die Benutzerführung bei der Pflegeplanung doch
nicht so intuitiv ist wie gedacht. In diesem Fall muss abgewogen werden, ob erforderliche
Anpassungen vorgenommen werden oder das Anwendungssystem unverändert weiter-
betrieben wird. Um die Benutzerakzeptanz aufrecht zu erhalten bzw. zu erhöhen, ist es oft
sinnvoll, Änderungen vorzunehmen. „Kleinere“ Änderungen, z. B. eine andere
Darstellung von Auswahlmenüs, können je nach Flexibilität des Softwareprodukts selber
durchgeführt werden; „größere“ Änderungen, z. B. die Einführung einer umfangreicheren
Leistungsdokumentation auf Grund neuer gesetzlicher Anforderungen, werden
üblicherweise als neue Versionen vom Hersteller herausgegeben. Generell ist bei allen
Änderungen Vorsicht geboten: Zu viele Änderungen im Nachhinein führen leicht zu Flick-
werk und verunsichern die Benutzer. Außerdem können Änderungen neue Fehler produ-
zieren, was einen zusätzlichen Betreuungsaufwand bedeutet. Deshalb ist es sinnvoll,
neue Versionen zunächst in einer Testumgebung ausführlich zu erproben, und sie dann
einzuführen („Roll-out“) – natürlich nur nach Information aller Benutzer und Betreuer.
Gleichzeitig sollten Programmupdates nur eingespielt werden, wenn der erwartete Nutzen
die immer vorhandenen Risiken wie Performanceverluste, Instabilitäten und neue Fehler
aufwiegen. Nach Abschluss eines Updates sollte dieses nachvollziehbar dokumentiert
werden.
Auch wenn ein EDV-gestütztes Pflegedokumentationssystem sorgfältig und ausführlich -
getestet wurde, ist es in der Regel (wie fast jedes Softwareprodukt) immer noch mit
Fehlern behaftet. Diese Fehler sollten natürlich so schnell wie möglich behoben werden.
Der Ablauf hierbei sollte vorher festgelegt sein. So muss der Fehler zunächst von den
Anwendern an einen Zuständigen gemeldet werden (vgl. Ausführungen in Kapitel 3.12).
Dieser sollte sich bemühen, den Fehler zu reproduzieren. Ist dies möglich, kann er ggf.
direkt behoben werden, oder er muss zur Behebung an die Entwickler weitergeleitet
werden. Egal ob reproduzierbar oder nicht: Jeder Fehler muss in einem Fehlerprotokoll
dokumentiert werden, zusammen mit der Reaktion auf den Fehler. Dies erleichtert dem
Hersteller die Fehlersuche und ermöglicht dem Krankenhaus, die Behebung der Fehler in
neuen Versionen zu überprüfen.
Je nach Schwere des Fehlers, d. h. je nach den von ihm hervorgerufenen Auswirkungen,
tritt das vor der Einführung vorbereitete Ausfallkonzept in Kraft (vgl. Kapitel 3.13). Auf der
Basis des bei kommerziellen Produkten vereinbarten Wartungsvertrags kann der Anbieter
nun die Fehlerbehebung durchführen.
Neben der Fehlerbehebung gehört auch die regelmäßige Benutzerpflege im System
(Anlegen und Löschen von Benutzern) sowie die Pflege der hinterlegten Kataloge zur
Wartung. Die Zuständigkeiten hierzu sollten, wie bereits erläutert, im Betreuungskonzept
geregelt sein. Eine regelmäßige Pflege der Kataloge gewährleistet, dass sich die Kataloge
entsprechend den Bedürfnissen der Benutzer weiterentwickeln und garantiert damit u.a.
eine gleichbleibende Qualität der Pflegedokumentation. Checkliste 21 stellt die
wesentlichen Punkte bei den Einführungsschritten zusammen.
Haben sich Benutzerberechtigungs- und Ausfallkonzept bewährt?
Hat sich das Betreuungskonzept bewährt, sind Vertreter ernannt?
Gibt es einen Wartungsvertrag?
Werden die Daten regelmäßig gesichert?
Ist der Datenschutz gewährleistet?
Wird eine Prioritätenliste von Software-Fehlern und Verbesserungswünschen zentral
gepflegt?
Wie werden Fehler behoben?
Erfolgt die Updateplanung nach Rücksprache mit den Anwendern?
Erfolgt zunächst ein Test eines Updates in einer Testinstanz, und erst dann Freigabe
und Roll-Out?
Werden Updates dokumentiert?
Werden den Anwendern Neuerungen und Fehlerbehebungen der Software bekannt
gegeben?
Werden Kataloge regelmäßig weitergepflegt?
Werden neue Benutzer eingetragen und ausgeschiedene Benutzer regelmäßig
entfernt?
Checkliste 21: Betrieb eines EDV-gestützten Pflegedokumentationssystems.
Weiterführende Literatur
Hacker, W.; Scheuch, K.; Kunath, H.; Haux, R.: Computer in der Krankenpflege. Roderer,
Regensburg 1999. Insbesondere Kapitel 10 zur Einführung von EDV-gestützter
Pflegedokumentation.
Haux, R.; Lagemann, A.; Knaup, P.; Schmücker, P.; Winter, A.: Management von
Informationssystemen. Teubner-Verlag, Stuttgart 1998. Insbesondere Kapitel 10 – 12 zur
Systemeinführung, Projektabschluss, und Betrieb.
Hannah, K.J.; Ball, M.J.; Edwards, M.J.: Introduction to Nursing Informatics. Springer,
New York 1999. Insbesondere Kapitel 18 zu typischen Problemen bei der Einführung.
Kühnel, C.; Krause, A.; Laux, H.; Zimmermann, H.: Einführung eines EDV-gestützten
Pflegedokumentationssystems. In: PR-Internet – Pflegeinformatik 2: 30–35, HpS-
Medienverlag, 2000.
5. Auswirkungen der EDV-gestützten Pflegedokumentation
Elske Ammenwerth, Cornelia Mahler
Die Einführung einer EDV-gestützten Pflegedokumentation kann eine Reihe von
Auswirkungen haben. So können sich Zeitbedarf und Qualität der Pflegedokumentation
verändern, Arbeitsabläufe beeinflusst werden, die Kommunikation und Kooperation mit
anderen Berufsgruppen kann sich wandeln und auch das Pflegemanagement kann
tangiert werden (vgl. Kapitel 1.6 zu den erwarteten Vorteilen). Vor der Einführung sollten
die Ziele der Einführung diskutiert und formuliert werden (vgl. Kapitel 3.1).
Welche Auswirkungen konkret auftreten und ob sie als positiv oder negativ angesehen
werden, hängt wesentlich von den Rahmenbedingungen in einem Krankenhaus ab. Wir
werden in diesem Kapitel darstellen, welche wesentlichen Auswirkungen die Einführung
eines EDV-gestützten Pflegedokumentationssystem haben kann und wovon diese im
Allgemeinen abhängen.
5.1 Methoden zur Ermittlung von Auswirkungen
Die Auswirkungen eines EDV-gestützten Pflegedokumentationssystems sind häufig
zunächst vor allem subjektiv ersichtlich. So können z.B. die Aufwände für die
Pflegedokumentation deutlich steigen, während die Lesbarkeit und Übersichtlichkeit
parallel zunimmt. Um diese subjektiven Eindrücke belegen zu können, können
systematische Bewertungsstudien durchgeführt werden. Diese umfassen entweder
vergleichende Erhebungen vor und nach der Einführung eines neuen EDV-Systems oder
die parallele Erhebungen auf verschiedenen Stationen mit bzw. ohne System. Bei allen
Vergleichen ist zu berücksichtigen, dass die übrigen Bedingungen möglichst gleich sein
sollten. So ist es nicht sinnvoll, zwei Stationen mit völlig unterschiedlichem
Patientenklientel und Dokumentationsverhalten zu vergleichen. Gleichzeitig kann aber
auch die Erhebung vor und nach der EDV-Einführung auf der gleichen Station verfälscht
sein, wenn z.B. das Personal gewechselt hat oder die Auslastung deutlich anders ist.
Auf jeden Fall sollten zuerst die Ziele formuliert werden, die mit der Untersuchung der
Auswirkungen verfolgt werden. Wenn eine größere Bewertungsstudie geplant ist, sollte
biometrische bzw. statistische Beratung eingeholt werden. Diese hilft Ihnen, die Ziele der
Studie zu definieren, ein geeignetes Studiendesign und die passenden Instrumente
auszuwählen sowie die Studie durchzuführen und auszuwerten.
Die eigentliche Bewertung basiert typischerweise auf mündlichen oder schriftlichen
Befragungen (z.B. Interviews, Fragebögen), Beobachtungen (z.B. Zeitmessungen), oder
Dokumentenanalyse (z.B. Bewertungen der Pflegedokumentation) (vgl. hierzu Kapitel
2.1). In der Literaturliste finden Sie einige Publikationen, die Fragebögen,
Interviewleitfaden, oder Leitfaden zur Analyse von Quantität und Qualität der
Pflegedokumentation vorstellen.
5.2 Übersichtlichkeit und Lesbarkeit der Pflegedokumentation
Papierbasierte Pflegedokumentationen sind auf Grund der vielen Formulare und der
verschiedenen Handschriften oft unübersichtlich und schlecht lesbar. Ein EDV-Einsatz
verspricht hier Abhilfe. Ein positiver Effekt entsteht aber nicht automatisch. Wenn die
Gestaltung der Benutzerschnittstelle im EDV-System schlecht ist (z.B. durch eine Vielzahl
von unübersichtlichen Masken), kann dies die Übersichtlichkeit deutlich herabsetzen.
Auch eine zu kleine Schriftart oder ein schlecht eingestellter Monitor können die
Lesbarkeit ebenfalls herabsetzen.
In der Studie am Universitätsklinikum Heidelberg waren drei Monate nach Einführung
über 60 Prozent der Mitarbeiter der Meinung, dass das EDV-System die
Pflegedokumentation übersichtlicher mache, nach 9 Monaten waren es bereits über 85
Prozent. Die Lesbarkeit wurde nach drei Monaten von knapp 70 Prozent, nach neun
Monaten von über 90 Prozent als besser angesehen als vorher. Hier spielen offensichtlich
auch Lerneffekte beim Umgang und beim Navigieren im EDV-System eine Rolle.
5.3 Vollständigkeit der Pflegedokumentation
Die Vollständigkeit der Pflegedokumentation ist zunächst abhängig von den
Dokumentationsrichtlinien einer Station oder einer Klinik. So wird nicht in allen Kliniken
z.B. eine Pflegeanamnese, eine schriftliche Pflegeplanung oder ein pflegerischer
Entlassbericht regelmäßig erstellt. Ein EDV-Einsatz kann (bei entsprechend geeigneter
Softwaregestaltung) die Pflegedokumentation erleichtern. Dies wird häufig als Chance
begriffen, das Dokumentationsverhalten zu überdenken und zu verändern. Hierdurch
kann sich der Umfang an Dokumentation erhöhen. Dies ist aber keine direkte Auswirkung
des EDV-Einsatzes, sondern des geänderten Dokumentationsverhalten. Der EDV-Einsatz
ermöglicht aber häufig erst entsprechende Änderungen, da das System z.B. Schreib- und
Formulierungsaufwände durch vordefinierte Textbausteine reduzieren und unvollständige
Dokumentationen anmahnen kann.
Am Beispiel des Universitätsklinikums Heidelberg sei dies exemplarisch skizziert. Auf
zwei somatischen Stationen wurde die Einführung eines EDV-gestützten
Pflegedokumentationssystems durch eine Studie begleitet. Auf diesen beiden Stationen
wurde bisher keine ausführliche Pflegeplanung erstellt. Bereits drei Monate nach
Einführung des EDV-Systems zeigte sich, dass nun für fast alle Patienten eine
Pflegeplanung erstellt wurde. Nach neun Monaten war zusätzlich bei fast allen Patienten
auch eine Pflegeanamnese vorhanden. Die Funktionalität der Zielevaluation wird
ebenfalls bereits teilweise eingesetzt. So konnte festgehalten werden, dass parallel zur
Einführung des EDV-gestützten Pflegedokumentationssystems die Vollständigkeit der
Pflegeprozessdokumentation gestiegen ist.
5.4 Qualität der Pflegedokumentation
Der Begriff der „Qualität“ einer Pflegedokumentation wird häufig unterschiedlich verwandt.
Wir wollen ihn hier wie folgt verwenden:
Die Qualität beschreibt, ob die Pflegedokumentation in sich stimmig und verständlich ist,
den individuellen Verlauf der pflegerischen Versorgung eines Patienten nach dem
Pflegeprozess adäquat und widerspruchsfrei wiederspiegelt, und wertfrei ist.
Wird Qualität so definiert, ist schnell klar, dass sie nicht primär von den eingesetzten
Werkzeugen (Papier oder EDV) abhängt, sondern vom Dokumentationsverhalten der
einzelnen Pflegekraft. Je nach Fachbereich, Ausbildung und Erfahrung kann die
Dokumentation des Pflegeprozesses als notwendiges Übel oder als gute Unterstützung
des eigenen professionellen Arbeitens verstanden werden. Der Einsatz adäquater
Dokumentationswerkzeuge kann hier aber eine Unterstützung anbieten. So bieten EDV-
Systeme üblicherweise Textbausteine an, die z.B. typische Probleme, Ziele und
Maßnahmen enthalten, die zu standardisierten Pflegeplänen verbunden sind (vgl. Kapitel
3.8). Diese können bei der Formulierung passender Einträge helfen. Auch das typische
Ableiten von Zielen aus den pflegerischen Problemen sowie das Aufstellen passender
Maßnahmen zum Erreichen dieser Ziele wird der Pflegekraft zum größten Teil
abgenommen. Dafür müssen nun aber die standardisierten Pflegepläne an die
individuellen Bedürfnisse des Patienten angepasst und die Maßnahmen ggf. terminiert
werden.
Die Erfahrung zeigt, dass begleitende Schulungen zur sinnvollen Verwendung der
Dokumentationswerkzeuge unerlässlich sind. Ansonsten besteht die Gefahr, dass die
vorgegebenen standardisierten Pflegepläne unreflektiert übernommen werden und die
Dokumentation zwar vollständiger wird, aber nicht (mehr) die individuelle
Patientenversorgung widerspiegelt. Wichtig ist daher, schon bei der Schulung eine
kritische Überarbeitung der standardisierten Pflegepläne einzuüben.
Am Beispiel des Universitätsklinikums Heidelberg seien die Veränderungen der
Pflegedokumentation exemplarisch skizziert. Auf allen vier Stationen, auf denen das EDV-
gestützte Pflegedokumentationssystem eingeführt werden sollte, wurden Kataloge mit
typischen Problemen, Ziele und Maßnahmen vorbereitet, aus denen zwischen 10 und 30
vordefinierte Pflegepläne je Station vorbereitet wurden (siehe Tabelle 13). Der
überwiegende Teil der EDV-gestützten Pflegedokumentation erfolgte dann auf Basis
dieser vordefinierten Pflegepläne.
Bei der Pflegeplanung wählt also die Pflegekraft einen oder mehrere vordefinierte
Pflegepläne aus (z.B. „Selbstpflegedefizit“ und „Persönlichkeitsstörung“). Das EDV-
System wurde so eingerichtet (parametriert), dass der Pflegeplan nicht als Ganzes
übernommen werden kann, sondern dass die Übernahme einzelner Elemente (Probleme,
Ziele, Maßnahmen) jeweils durch Anklicken gezielt bestätigt werden musste. Somit
musste der vordefinierte Pflegeplan zumindest einmal durchgelesen und die passenden
Elemente müssen ausgewählt werden. Fehlende Elemente (z.B. ein weiteres Problem)
konnten dann in einem zweiten Schritt hinzugewählt werden. Dies erfolgte aber eher
selten.
Die Erarbeitung der Kataloge führte auf den Pilotstationen bei den beteiligten Mitarbeitern
zu einer Diskussion über das Dokumentationsverhalten. Gleichzeitig wurde die EDV-
Einführung genutzt, um insbesondere im somatischen Bereich die schriftliche
Pflegeplanung umfassend einzuführen. Begleitende Schulungen zum Pflegeprozess
fanden dagegen nicht statt.
Nach Einführung des EDV-Systems zeigte sich nun eine deutliche Erhöhung der Anzahl
der geplanten bzw. dokumentierten Probleme, Ziele und Maßnahmen. Dies war auch zu
erwarten, da in dem EDV-gestützten Dokumentationssystem eine detailliertere
Darstellung der einzelnen Elemente bei weniger Schreibaufwand möglich war. Diese
zahlenmäßigen Unterschiede zeigen, dass die EDV-gestützte Dokumentationen eine
ausführlichere Darstellung einzelner pflegerischer Tätigkeiten erleichtert.
In der Beurteilung der inhaltlichen Qualität der Pflegedokumentationen konnte nach der
Einführung des EDV-gestützten Dokumentationssystems eine Verbesserung der
Vollständigkeit festgestellt werden. Gleichzeitig wurde aber auch erkennbar, dass bei den
EDV-gestützten Dokumentationen die angewendeten Pflegestandards oft nicht
ausreichend an die individuellen Bedürfnisse der Patienten angepasst wurden. Weiterhin
wurde festgestellt, dass Probleme und Maßnahmen, die im Pflegebericht oder in der
Informationssammlung genannt wurden, häufig keinen Eingang in die Pflegeplanung
fanden. Mit zunehmender Übung im Dokumentationssystem und in der Reflexion der
pflegerischen Dokumentation konnten diese Probleme dann schrittweise reduziert
werden.
Diese Ergebnisse zeigen, dass die Qualität der Pflegedokumentation nicht zwangsläufig
mit der Einführung eines EDV-gestützten Dokumentationssystem steigt. Die
Auseinandersetzung der Stationen mit ihrem Dokumentationsverhalten sowie Schulung
und kontinuierliche Begleitung des Pflegepersonals in der Anwendung des
Pflegeprozesses sind nötig, um eine echte inhaltliche Qualitätsverbesserung zu erreichen.
5.5 Zeitbedarf für die Pflegedokumentation
Der Zeitbedarf für die Pflegedokumentation hängt von vielen Faktoren, wie der
Pflegebedürftigkeit der Patienten, den Dokumentationsrichtlinien und den
Dokumentationsabläufen (also Ort und Zeitpunkt der Dokumentation) ab. Erst danach
spielen Benutzerfreundlichkeit und Leistungsfähigkeit der eingesetzten EDV-Werkzeuge
eine Rolle. Damit ist eine Aussage darüber, ob ein EDV-Einsatz den Zeitaufwand für die
Pflegedokumentation verringert, häufig schwierig.
So wird sich, wenn ein EDV-Einsatz zum Anlass genommen wird, die Vollständigkeit der
Pflegedokumentation zu erhöhen, der Zeitbedarf für die Dokumentation vermutlich aber
nicht reduzieren. Vielmehr wird er, entsprechend dem erhöhten Umfang der
Dokumentation, ggf. sogar steigen – so werden nun vielleicht mehrmals täglich
Maßnahmen dokumentiert, während dies früher nur einmal pro Schicht erfolgt ist. Auch
können die Pflegepläne nun ausführlicher sein und mehr geplante Maßnahmen als früher
umfassen, was ebenfalls die tägliche Maßnahmendokumentation verlängert. Das EDV-
System kann aber ggf., insbesondere wenn es benutzerfreundlich gestaltet ist, einiges an
Mehraufwand wieder reduzieren. So kann der Schreibaufwand bei der Pflegeplanung
durch die Verwendung von Textbausteinen (vgl. Kapitel 3.8) reduziert werden.
Im Universitätsklinikum Heidelberg konnte bei Zeitmessungen auf einer Station
festgestellt werden, dass der EDV-Einsatz den Zeitbedarf bei der Pflegeplanung
(erwartungsgemäß) im Vergleich zur früheren Erstellung auf Papier deutlich reduzierte.
Gleichzeitig verdoppelten sich in den ersten Wochen aber die zeitlichen Aufwände für die
tägliche Maßnahmendokumentation. Auch die Dauer der täglichen Berichtschreibung
verlängerte sich deutlich, was vor allem durch anfängliche Probleme beim
Maschinenschreiben bedingt wurde. Nach längerem Umgang mit dem System
verringerten sich aber die Unterschiede im Zeitaufwand wieder deutlich, und inzwischen
sehen die Pflegekräfte subjektiv überwiegend eine Zeitersparnis verglichen zu früher.
5.6 Akzeptanz des Pflegeprozesses
Die Pflege und die Dokumentation nach dem Pflegeprozess wird in der pflegerischen
Ausbildung in Deutschland seit vielen Jahren gelehrt. Die tatsächliche Umsetzung dieses
Gedankens findet sich aber häufig nicht in der Dokumentation wieder. Eine EDV-
Unterstützung der Pflegedokumentation wird daher häufig als Weg gesehen, Schreib- und
Formulierungsprobleme zu reduzieren und damit mittelfristig auch die Akzeptanz des
Pflegeprozesses zu unterstützen.
Kommen erst mit Einführung einer EDV-gestützten Pflegedokumentation die
Pflegeplanung und -dokumentation mit standardisierten Pflegeplänen zum Einsatz, ändert
sich das pflegerische Vorgehen in Bezug auf den Pflegeprozess. Standardisierte
Pflegepläne bilden die Beziehungen zwischen pflegerischen Problemen, Zielen und
Maßnahmen ab. Das typische Ableiten von Zielen aus den pflegerischen Problemen und
der passenden Maßnahmen zum Erreichen der Ziele wird der Pflegekraft damit zum
größten Teil abgenommen. Im Vordergrund steht die Überarbeitung der standardisierten
Pflegepläne, also das Anpassen der Standards an die individuellen Bedürfnisse des
Patienten, und die Terminierung der Maßnahmen. Wichtig ist, schon bei der Schulung
eine kritische Überarbeitung der standardisierten Pflegepläne einzuüben.
Im Universitätsklinikum Heidelberg wurden auf allen Pilotstationen Messungen zur
Akzeptanz des Pflegeprozesses durchgeführt. Dabei konnten teilweise leicht steigende
Akzeptanzwerte gemessen werden, die Veränderungen waren aber nicht deutlich. Auch in
Gesprächen gaben die Pflegekräfte überwiegend keinen Zusammenhang an. Der
Pflegeprozess sei ein rein intellektueller Vorgang, der nicht durch das verwendete
Dokumentationswerkzeug bestimmt sei. Dies macht deutlich, dass die Einführung des
Pflegeprozesses zunächst fachbezogene Schulungen und Aufklärungsarbeiten erfordert.
Eine anschließende EDV-Einführung kann dann die häufig genannte Barriere hoher
Schreibaufwände reduzieren und damit die Einführung und Akzeptanz erleichtern.
5.7 Professionalität und Qualität der Pflege
Ein EDV-Einsatz wird insbesondere von Vertretern aus der Pflege häufig als Zeichen für
eine größere Professionalität und Selbstständigkeit der Pflege angesehen. Diskutiert wird,
ob ein EDV-Einsatz das Selbst- und Fremdbild der Pflege positiv beeinflussen kann, und
ob letztlich ein adäquater Einsatz von EDV-Werkzeugen auch die Qualität der Pflege
erhöhen kann.
In den diesbezüglichen Gesprächen auf den Pilotstationen am Klinikum Heidelberg zeigte
sich, dass die Meinungen zur Professionalisierung in der Pflege durchaus geteilt waren.
Eine Gruppe von Pflegekräften stand Computern in der Pflege generell eher ablehnend
gegenüber. Sie kritisierten die Abhängigkeit vom PC, die Entfremdung vom Patienten und
empfanden das EDV-System eher als einschränkend und zu standardisierend. Diese
Meinung war dabei oft auch verbunden mit eher geringer Sicherheit beim Umgang mit
Computern. Diese Befragten wollten insgesamt möglichst wenig Zeit mit Dokumentation
verbringen. Daraus resultiert, dass sie zunächst auch wegen der hohen Initialaufwände
sehr skeptisch waren, dann aber nach einiger Übung durchaus den geringeren Aufwand
bei der Pflegeplanung und die bessere Lesbarkeit begrüßten.
Auf der anderen Seite sah eine große Zahl an Pflegekräften das EDV-System durchaus
als Unterstützung ihres professionellen Arbeitens. Es könne die Planung und Erinnerung
pflegerischer Maßnahmen unterstützen, die Pflege transparenter, die Dokumentation
lesbarer und besser verfügbar machen (auch für andere Berufsgruppen) und
insbesondere die Arbeit nach dem Pflegeprozess unterstützen. Von dieser Gruppe
wurden Computer auch eher als adäquates und modernes Hilfsmittel für die Pflege
angesehen. Eine Gefahr für die Individualität der Pflege oder eine „Entmenschlichung“ der
Pflege wurde von ihnen nicht gesehen.
Die Auswirkungen von EDV-gestützter Pflegedokumentation auf die Qualität der Pflege an
sich wurden von den meisten Pflegekräften als gering angesehen. Hier spielte nach ihrer
Aussage mehr die Ausbildung und die Erfahrung als die Dokumentation eine Rolle. Von
einigen Pflegekräften wurde aber angemerkt, dass gerade Planungs- und
Erinnerungshilfen schon Auswirkungen auf die pflegerische Qualität haben können, indem
z.B. eine differenzierte Auswahl an Maßnahmen in der Planung vorgeschlagen wird oder
geplante Leistungen auch wirklich zeitgerecht eingefordert werden.
5.8 Abläufe bei der Pflegedokumentation
Die Abläufe bei der Pflegedokumentation können sich zwischen einzelnen Stationen
deutlich unterscheiden. So können Ort, Zeit, Häufigkeit, Werkzeug und Ersteller der
Dokumentation variieren. Auf manchen Stationen werden Maßnahmen z.B. regelmäßig im
Patientenzimmer dokumentiert, auf anderen überwiegend im Stationszimmer. Manche
Stationen erstellen eine ausführliche Pflegeanamnese zusammen mit dem Patienten,
während dies auf anderen Stationen nicht erfolgt. Teilweise werden von nicht-
pflegerischen Berufsgruppen Teile der Pflegedokumentation regelmäßig gelesen und
abgezeichnet. An anderen Orten erfolgt dies nur selten oder nie. Ursachen für
Unterschiede können in Fachgebiet, Patientenklientel, Größe, Organisationsstruktur,
Zusammensetzung des Behandlungsteams, vorhandenen Richtlinien und Traditionen
oder in einer Vielzahl weiterer Aspekte liegen. Natürlich kann die Einführung eines EDV-
Systems genutzt werden, um Abläufe zu analysieren, kritisch zu hinterfragen und ggf. zu
modifizieren. Im Wesentlichen sollte aber das verwendete Dokumentationswerkzeug die
Abläufe der Pflegedokumentation optimal unterstützen. Ist dies nicht der Fall, wird der
Dokumentationsablauf behindert und gestört.
So wurden auf einigen Pilotstationen am Universitätsklinikum Heidelberg vor der EDV-
Einführung Teile der Maßnahmendokumentation im Patientenzimmer durchgeführt (siehe
Abb. 14). Nach EDV-Einführung war dies nicht mehr möglich, da im Patientenzimmer
keine Computer aufgestellt worden waren. Dies führte zu einer Störung der gewohnten
Dokumentationsabläufe und zur Einführung doppelter Zwischendokumentation auf Papier.
Der Einsatz mobiler Geräte (vgl. Abb. 11) ist häufig also unumgänglich.
Abb. 14: Papierbasierte Pflegedokumentation direkt am Krankenbett auf einer
Neugeborenen-Station.
Auf der anderen Seite kann ein EDV-System aber auch neue Möglichkeiten eröffnen. So
ist der Zugriff auf die Papier-Dokumentation für nicht-pflegerische Berufsgruppen häufig
erschwert (die Akte muss im Stationszimmer geholt werden, sie ist ggf. nicht verfügbar
etc.). Wird das EDV-System entsprechend vorbereitet, kann das Einsehen der
Pflegedokumentation von jedem Rechner auch außerhalb der Station erfolgen. Dies
wiederum ermöglicht, dass z.B. Ärzte regelmäßig von ihrem Arbeitsplatz aus
Pflegeberichte lesen und abzeichnen, was ohne EDV-Unterstützung mühsam wäre.
Die Wechselwirkungen zwischen den Dokumentationsabläufen und den Möglichkeiten
des EDV-Systems sind also komplex und bedürfen einer sorgfältigen vorherigen Analyse
und Anpassung (vgl. Kapitel 2.1).
5.9 Kooperation mit anderen Berufsgruppen
Wie bereits dargelegt, kann die Art des Dokumentationswerkzeugs durchaus
Auswirkungen auf die Kooperation der Pflege mit nicht-pflegerischen Berufsgruppen (wie
z.B. Ärzte, Co-Therapeuten, Sozialarbeiter etc.) haben. Je nach Gestaltung des EDV-
Systems und den geänderten Dokumentationsabläufen kann es einen positiven oder
negativen Effekt auf die Kooperation haben.
Bei der Beurteilung des Einflusses eines EDV-Systems auf die Kooperation zwischen den
Berufsgruppen ließen sich am Universitätsklinikum Heidelberg ganz unterschiedliche
Tendenzen erkennen. Zunächst gab die Mehrheit der Ärzte der Pilotstationen an, dass die
Pflegedokumentation generell eine wichtige Informationsquelle darstelle. Dabei wurde in
der papierbasierten Dokumentation überwiegend auf den Pflegebericht zugegriffen. Nach
der EDV-Einführung gab die Hälfte der Ärzte an, das EDV-System zu nutzen. Der Nutzen
wurde von ihnen überwiegend als hoch eingeschätzt. Die andere Hälfte der Ärzte
verwendete das EDV-System nicht, obwohl ihnen ein Zugang eingerichtet worden war.
Als Grund wurde u.a. der langsamere Zugriff auf das EDV-System verglichen mit der
Verfügbarkeit der Papierakte und die einfachere mündliche Kommunikation genannt. Die
mündliche Kommunikation wurde von den Pflegekräften selber unterschiedlich beurteilt.
Einige wünschten sich mehr schriftliche Kommunikation, andere bevorzugten dagegen
ebenfalls die direkte mündliche Kommunikation mit den Ärzten. Insgesamt wünschte sich
die Mehrheit der befragten Ärzte aber eine EDV-Unterstützung beim Zugriff auf die
Pflegedokumentation.
Die tatsächliche Nutzung des EDV-Systems hing dabei vor allem davon ab, inwieweit die
verschiedenen Berufsgruppen Absprachen trafen, das EDV-System tatsächlich in den
täglichen Ablauf zu integrieren. So gab es Stationen, die gezielt andere Berufsgruppen
durch das Setzen von Reitern auf bestimmte Einträge im Pflegebericht hinwiesen. Das
Lesen der Hinweise wurde vom EDV-System vermerkt, sodass eine gute Transparenz
und Belegbarkeit des Informationsaustauschs erzielt wurde. Dies wurde als sehr positiv
angesehen. Gerade Berufsgruppen, die für Patienten auf der Station zuständig sind, aber
nicht oft direkt vor Ort anwesend sind, gleichzeitig aber regelmäßig PC-Zugang haben
(z.B. der Kliniksozialdienst), hatten über die EDV-basierte Pflegedokumentation und die
integrierte Kommunikation über Reiter einen sehr hohen Nutzen.
Es bestehen also Potenziale, die Kooperation zwischen den Berufsgruppen durch EDV-
Einsatz zu verbessern. Um diese umzusetzen, sollten neben dem Pflegedienst auch
andere Berufsgruppen an der Planung und Durchführung der Einführung eines
Pflegedokumentationssystems beteiligt werden.
5.10 Die EDV im Urteil der Nutzer
Der Erfolg oder Misserfolg eines Systems lässt sich relativ gut an der Akzeptanz durch die
Benutzer ablesen. Jeder Benutzer fällt für sich das Urteil, ob ein EDV-System ihm
persönlich mehr Vor- als Nachteile bringt. In die Bewertung wird er sehr viel mehr
Faktoren einbeziehen, als in einer Studie explizit erhoben werden können. Daher ist es
immer hilfreich zu fragen, ob die Benutzer insgesamt weiter mit dem EDV-System
arbeiten möchten. Typischerweise wird diese Bewertung am Anfang dominiert von der
aktuellen Situation, wie z.B. Handhabungs- oder Performanceproblemen. Nach einiger
Zeit, wenn genügende Übung und Gewöhnung möglich war und sich ggf. geänderte
Arbeits- und Dokumentationsabläufe eingespielt haben, spiegelt die Bewertung eher die
prinzipiellen Vor- und Nachteile des EDV-Systems an sich wieder.
Im Universitätsklinikum Heidelberg gaben nach bereits drei Monaten über 75 Prozent,
nach neun Monaten dann über 85 Prozent der Benutzer auf den vier Pilotstationen an,
weiter mit dem EDV-gestützten Pflegedokumentationssystem arbeiten zu wollen. In den
Interviews verwiesen die Pflegekräfte überwiegend auf den hohen persönlichen Nutzen in
ihrer täglichen Arbeit. Aspekte wie Erleichterung der Dokumentation sowie Planungs- und
Erinnerungsfunktionen wurden genannt, außerdem auch Lesbarkeit und Verfügbarkeit.
Die zeitlichen Aufwände wurden, wie berichtet, unterschiedlich gesehen. In den
Bereichen, in denen der Pflegeprozess bereits vorher in der Dokumentation abgebildet
worden war, schätzte man die Aufwände nach einer Einarbeitungsphase als etwa gleich
ein. Zeitersparnisse gaben die Pflegekräfte vor allem im Bereich der Pflegeplanung an,
höhere Aufwände dagegen bei der Maßnahmendokumentation. Auf den somatischen
Stationen dagegen wurden die Aufwände, bedingt durch den jetzt höheren Umfang an
Dokumentation, größer. Hier machte sich auch der Bedarf nach Möglichkeiten zur
Dokumentation am Patientenbett deutlich, der bei der Planung EDV-gestützter
Dokumentationssysteme berücksichtigt werden sollte.
Weiterführende Literatur
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Erhebungsinstrumente und Studienergebnisse zur Akzeptanz ausführlich vor.
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Studien. In: Intensiv 4: 45-49, Stuttgart, Thieme, 1996;
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Regensburg 1999. Insbesondere Kapitel 12 zu den Auswirkungen EDV-gestützter
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Pflegedokumentation. In: Forum der Medizin-Dokumentation und Medizin-Informatik 2: 7-
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Pflegedokumentation: Qualitätsverbesserung durch PIK? In: Deutsche Pflegezeitschrift
54(12): 877-881, Kohlhammer, Stuttgart, 2001. Stellt ein Instrument zur Qualitätsmessung
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Pohl, U.; Ammenwerth, E.; Eichstädter, R.; Haux, R.: Rechnerbasierte
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Richter, D.: EDV-Einsatz in der Pflege - ein Problemaufriss. In: Pflege 10: 29-34, Hans
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Krankenhaus und neue Formen der Arbeitsorganisation in der Pflege. In: Büssing, A.
(Hrsg.) Von der funktionalen zur ganzheitlichen Pflege. Reorganisation von
Dienstleistungsprozessen im Krankenhaus. Verlag für Angewandte Psychologie,
Göttingen 1997.
6. Praktische Erfahrungen mit EDV-gestützter
Pflegedokumentation
Jedes Projekt zur Einführung eines EDV-gestützten Pflegedokumentationssystems
verläuft anders. Wir haben in den bisherigen Kapiteln vorgestellt, welche Aspekte
sinnvollerweise bei der Vorbereitung und Durchführung eines entsprechenden Projekts
berücksichtigt werden sollten und welche Auswirkungen erwartet werden können. In den
folgenden Kapiteln werden wir nun Fallbeispiele präsentieren. Unterschiedliche Kliniken
aus Deutschland, Österreich und der Schweiz werden über ihr Vorgehen und ihre
Erfahrungen bei der Einführung eines EDV-gestützten Pflegedokumentationssystems
berichten. Am Ende des Buches finden Sie die E-Mail-Adressen der jeweiligen Autoren,
die Sie für Kontaktaufnahmen verwenden können.
6.1 Struktur der Fallbeispiele
Um die Fallbeispiele vergleichbar zu machen und um die Zuordnung zu den bisherigen
Kapiteln zu ermöglichen, sind sie einheitlich gegliedert. Tabelle 19 stellt die Struktur der
Fallbeispiele dar.
1. Beschreibung des Hauses
2. Gründe für eine EDV-Einführung, Auswahl Software, Auswahl Pilotstationen
3. Projektorganisation
4. Bisherige Pflegedokumentation, Vorbereitungen zum Pflegeprozess
5. Vorbereitungen der Software und der Hardware
6. Durchführung von Schulungen
7. Einführungsstrategie und eingeführte Funktionalität
8. Betreuungskonzept
9. Ausfallkonzept und Umgang mit Störungen
10. Auswirkungen des EDV-Einsatzes
11. Verwendung durch andere Berufsgruppen
12. Akzeptanz des EDV-Systems bei den Mitarbeitern
13. Fazit
Tabelle 19: Struktur der Fallbeispiele.
6.2 Universitäts-Kinderklinik und Poliklinik Heidelberg: Besonderheiten in
der Pädiatrie
Marianne Kandert, Bettina Hoppe
In der Universitäts-Kinderklinik und Poliklinik wurde das EDV-gestützte
Pflegedokumentationssystem PIK („Pflegeinformations- und Kommunikationssystem“) auf
zwei Pilotstationen eingeführt: H11 und H10.
6.2.1 Station H11
6.2.1.1 Beschreibung der Kinderklinik und der Pilotstation
Als Krankenhaus der Maximalversorgung umfasst das Universitätsklinikum Heidelberg 14
Kliniken und acht Institute. Kinder aller Altersstufen werden in der dazu gehörigen
Kinderklinik behandelt und betreut. 202 Betten verteilen sich auf fünf Abteilungen
(Allgemeine Pädiatrie, Kinderkardiologie, Onkologie, Neonatologie und Kinderneurologie),
damit verfügt der Pflegedienst der Kinderklinik über insgesamt ca. 260 Planstellen.
Auf der Pilotstation H11 (Allgemeinpädiatrie) wurden Säuglinge und Kleinkinder im Alter
bis zu zwei Jahren behandelt. Typische Krankheitsbilder waren Infektionen des Gastro-
Intestinal-Traktes, der Atemwege, der ableitenden Harnwege, etc., weiterhin wurden prä-
und postoperativ Patienten mit Missbildungssyndromen und auch Patienten mit Zustand
nach Epilepsien versorgt.
Die durchschnittliche Verweildauer der Patienten lag bei 4 bis 4,5 Tagen, dadurch ergab
sich bei einer Anzahl von 15 Betten eine Bettenauslastung von ca. 60 bis 65 Prozent.
Pflegerische Schwerpunkte bildeten die Grund- und Behandlungspflege, die
Überwachung von Vitalfunktionen, die prä- und postoperative Versorgung von Patienten
und die Anleitung von Eltern. 11 Planstellen waren durch neun Vollzeit- und vier Teilzeit-
Kinderkrankenschwestern besetzt.
Die Station wurde im Oktober 2001 wegen niedriger Belegungszahlen zugunsten einer
neu eröffnenden Kurzliegerstation geschlossen.
6.2.1.2 Gründe für eine EDV-Einführung, Auswahl Software, Auswahl
Pilotstationen
Nachdem die Einführung EDV-gestützter Pflegedokumentation auf zwei psychiatrischen
Stationen (siehe späteres Fallbeispiel) bereits erfolgt war, bestand der Wunsch, auch auf
somatischen Stationen Erfahrungen zu sammeln. Durch die Erfassung eines möglichst
unterschiedlichen Patientenspektrums (pädiatrische, psychiatrisch und dermatologisch
erkrankte Patienten) sollte geprüft werden, ob eine EDV-gestützte Pflegedokumentation
gleich gut in unterschiedlichen Bereichen eingesetzt werden kann.
Die Station selber war an der Auswahl des Pflegedokumentationssystem nicht beteiligt.
Die Entscheidung, das Softwareprodukt PIK für Pilotstationen am Universitätsklinikum
Heidelberg einzusetzen, war bereits 1998 gefallen und wurde für die H11 übernommen.
Die Station H11 wurde von der Pflegedienstleitung auf Grund guter Arbeit als Pilotstation
favorisiert, die Mitarbeit an PIK war als Anerkennung gedacht. Nach Anfrage fiel die
Entscheidung im Pflegeteam für PIK, da die stellvertretende Stationsleitung das Projekt
befürwortete. Zwar zeigten im Vorfeld nicht alle Pflegekräfte Interesse, die Teilnahme an
dem Projekt wurde insgesamt aber akzeptiert.
6.2.1.3 Projektorganisation
Um die Einführung von PIK und später den laufenden Betrieb vor Ort zu gewährleisten,
wurde ca. sechs Monate vor Beginn der Einführung von PIK eine Projektleitungsstelle (50
Prozent) geschaffen. Die technische Betreuung übernahm der EDV-Beauftragte der
Kinderklinik. Als Key-User auf der Station wurden zwei interessierte Pflegekräfte
ausgewählt, die Stationsleitung war lediglich als „‚normaler“ Nutzer in das Projekt
eingebunden.
6.2.1.4 Bisherige Pflegedokumentation, Vorbereitungen zum Pflegeprozess
Das Ergebnis einer im Vorfeld durchgeführten Dokumentationsanalyse zeigte unter
anderem, dass ein Teil des Pflegepersonals sowohl zeit- als auch patientennah
dokumentierte, der andere Teil nur einmal gegen Schichtende. Neben einer knappen
Pflegeanamnese wurde die Dokumentation von Maßnahmen nur im Sinne einer
Auflistung von bestimmten, vorwiegend grundpflegerischen Maßnahmen auf einem
stationsspezifischen Formular eingesetzt. Auf einen aussagekräftigen Pflegebericht wurde
Wert gelegt. Bei Patienten am Monitor erfolgte zusätzlich das Führen eines
Überwachungsprotokolls im Patientenzimmer. Eine Pflegeplanung wurde nicht
durchgeführt.
Eine Auffrischung der Kenntnisse hinsichtlich des Pflegeprozesses fand nicht statt.
6.2.1.5 Vorbereitungen der Software und der Hardware
Durch die beiden Key-User wurden initial 23 standardisierte Pflegepläne entworfen. Diese
wurden inhaltlich im gesamten Pflegeteam besprochen und von der Projektleitung in PIK
eingegeben. Nach der Einführung von PIK erfolgte eine Erweiterung auf 30
standardisierte Pflegepläne (mit insgesamt 0 Ressourcen, 242 Problemen, 111 Zielen und
259 Maßnahmen).
Zusätzlich zu einem älteren, bereits vorhandenen Pflege-PC wurde die Station mit zwei
weiteren Rechnern ausgestattet. Zwei PC‘s wurden im Stationszimmer, einer in einem
Personalraum aufgestellt.
6.2.1.6 Durchführung von Schulungen
Nach Schulung der Projektleitung und der Key-User wurde bei einem Teil des
Pflegepersonals eine Gruppenschulung durchgeführt, die anderen Pflegekräfte wurden in
einzelnen Sitzungen durch die Projektleitung geschult. Je nach PC-Erfahrung waren pro
Pflegekraft ein bis drei Schulungen mit einer Dauer von zwei bis drei stunden nötig. Die
Vertiefung des Erlernten wurde vor Ort durch die Key-User und ein Testsystem, das ca.
sechs Wochen vor der Einführung zur Verfügung stand, unterstützt.
6.2.1.7 Einführungsstrategie und eingeführte Funktionalität
In Absprache mit den Pflegekräften wurde der Zeitpunkt der Einführung auf den 1.Oktober
2000 festgelegt. Zunächst erfolgte auf Wunsch der Pflegekräfte die Dokumentation in PIK
bei lediglich zwei Patienten, innerhalb von vier Wochen bei allen Patienten. Die Dauer
dieser Übergangsphase wurde der Station überlassen. Per EDV eingeführt wurde die
Pflegeplanung, die Maßnahmendokumentation und die Berichtschreibung. Als
Besonderheit der Maßnahmendokumentation bei den pädiatrischen Patienten wurden
neben dem Abhaken von Maßnahmen zusätzlich so genannte Beobachtungskriterien (wie
z.B. Hautzustand oder Trinkverhalten eines Patienten) dokumentiert (siehe Abb. 15).
Das hausspezifische Anamneseformular wurde nach Generieren eines
stationsspezifischen Anamneseformulares in PIK abgelöst, das, organisatorisch bedingt,
ausgedruckt und im Patientenzimmer von Hand ausgefüllt wurde. Eine viel umfassendere
Maßnahmendokumentation in PIK ersetzte das Führen des Formulars mit den
aufgelisteten Maßnahmen, ebenso entfiel das Formular für den Pflegebericht. Neu war
das Erstellen einer Pflegeplanung.
Eine genaue zeitlichen Planung von Maßnahmen war laut Meinung der Pflegekräfte mit
der erforderlichen zeitlichen Flexibilität bei der Durchführung von Pflegemaßnahmen an
den jungen Patienten nicht in Einklang zu bringen; diese Funktion in PIK wurde deshalb
nicht angewandt. Die Möglichkeit zur Überprüfung von zeitlich gesetzten Pflegezielen
wurde wegen der kurzen Aufenthaltsdauer der Patienten ebenso wie die Möglichkeit zur
Kommunikation mit anderen Berufsgruppen über eine Reiterfunktion nicht genutzt.
Abb. 15: Dokumentation von Beobachtungskriterien. Pro Maßnahme kann eine
beliebige Anzahl an qualitativen, aber auch quantitativen Ausprägungen hinterlegt
werden, die in direktem Zusammenhang mit einer Maßnahme stehen.
6.2.1.8 Betreuung
Die Projektleitung kam regelmäßig täglich sowie bei auftretenden Problemen auf die
Station, um die Key-User vor Ort zu unterstützen. Die telefonische Erreichbarkeit war
durchgehend gegeben. Wöchentlich im Anschluss an die Übergabe wurde mit der
Projektleitung eine so genannte PIK-Besprechung durchgeführt. Der Inhalt dieser
Besprechung (z.B. Änderungswünsche, Informationen zu neuen Updates etc.) wurde für
alle Nicht-Anwesenden schriftlich fixiert. Protokolle übergeordneter PIK-Sitzungen, von
Anwendertreffen über Artikel hinsichtlich EDV-gestützter Pflegedokumentation, wurden an
das Pflegepersonal weitergegeben (PIK-Ordner). Zusätzlich fand in vierwöchigem
Abstand ein regelmäßiger Austausch zwischen Projektleitung, Key-Usern,
Pflegedienstleitung und EDV-Beauftragtem statt.
6.2.1.9 Ausfallkonzept und Umgang mit Störungen
Bei initialen Schnittstellen-Störungen wurde die Pflegedokumentation konventionell
durchgeführt. So kam es häufiger vor, dass fehlerhafte Meldungen über die HL7-
Schnittstelle vom Verwaltungssystem kamen (v.a. am Wochenende) und dadurch
Patienten nicht korrekt in PIK erschienen. Ein eigens zur Überwindung von
Schnittstellenstörungen entwickeltes so genanntes Notaufnahmetool wurde nur selten
genutzt.
6.2.1.10 Auswirkungen des EDV-Einsatzes
Die Organisation der Arbeitsabläufe konnte nach der Umstellung auf die DV-gestützte
Pflegedokumentation beibehalten werden. Jedoch wurde nach der Einführung von PIK
überwiegend nur noch einmal, gegen Schichtende, dokumentiert. Begründet war dies
durch fehlende mobile Geräte und die längere Zugriffszeit auf die Patienten. Wegen der
längeren Zugriffszeit wurde die Pflegedokumentation auch nicht mehr wie vorher als
Informationsmedium für die nächste Schicht genutzt.
Der Zeitbedarf in den ersten Monaten war gegenüber der konventionellen Dokumentation
deutlich erhöht. Das lag einmal an der Einführung der Pflegeplanung, aber auch am jetzt
gestiegenen Umfang der Maßnahmendokumentation, die auf einer Säuglingsstation viele
PPR-relevante grundpflegerische Maßnahmen beinhaltet. Im Gegensatz zu den Patienten
auf den Erwachsenen-Stationen werden diese Maßnahmen fast kontinuierlich über 24
Stunden durchgeführt und mussten damit auch dokumentiert werden. Durch die
zunehmende Erfahrung im Umgang mit PIK konnte mittelfristig der Zeitaufwand wieder
reduziert werden.
Nach Einschätzung der Pflegekräfte erhöhte sich die Qualität der Pflegedokumentation in
PIK, v.a. in Bezug auf Vollständigkeit, Lesbarkeit und Übersichtlichkeit.
6.2.1.11 Verwendung durch andere Berufsgruppen
Die konventionelle Pflegedokumentation wurde von den nicht-pflegerischen
Berufsgruppen (Ärzte) kaum genutzt. Durch die Einführung von PIK traten hier keine
Änderungen auf. Die Ärzte begründeten dies damit, dass der Zugriff auf die einzelnen
Patienten mit einem deutlich höheren Zeitaufwand verbunden sei und weniger informativ
wäre, als ein kurzes Gespräch mit dem Pflegepersonal über den Patienten. Grundsätzlich
wurde eine EDV-Unterstützung der Pflegedokumentation aber befürwortet.
6.2.1.12 Akzeptanz des EDV-Systems bei den Mitarbeitern
Das EDV-System wurde von den Pflegekräften als leicht erlernbar eingestuft. Wegen der
Leserlichkeit gefiel v.a. die Funktion der Berichtschreibung, im Gegensatz dazu wurde die
Maßnahmendokumentation als eher unübersichtlich und zeitaufwändig bewertet. Als
positiv wurde empfunden, mit der nun vollständigeren Pflegedokumentation eher der
gesetzlichen Dokumentationspflicht Genüge zu tun. Nach Überwindung der
Einführungsprobleme gab die Mehrheit der Pflegekräfte an, weiter mit PIK arbeiten zu
wollen.
6.2.1.13 Fazit
Obwohl die Vorbereitungsschritte wie geplant erfolgten, ergaben sich durch die
Einführung von PIK Probleme, die zunächst eine deutliche Ablehnung durch das
Pflegepersonal hervorriefen: die nun vollständigere und an Umfang gewachsene
Dokumentation verursachte erhebliche zeitliche Engpässe, sodass die Pflegekräfte
mitunter Qualitätseinbußen in der Pflege am Patienten befürchteten. Ungünstige
Rahmenbedingungen begünstigten diese Anfangsschwierigkeiten: Die Station musste ein
personelles Defizit kompensieren (9,5 statt 11 Pflegekräfte), gleichzeitig war während der
Einführungsphase eine hohe Bettenauslastung über einen längeren Zeitraum zu
verzeichnen. Oftmals konnte erst nach Schichtende dokumentiert werden. Zusätzlich zu
der geringen Verweildauer der Patienten, dem niedrigen Stellenwert der
Pflegedokumentation bei den nicht-pflegerischen Berufsgruppen und einer relativen PC-
Unerfahrenheit wirkte sich aus, dass ein Teil der Pflegekräfte durch jahrelange praktische
Erfahrung der Meinung war, auch ohne eine Pflegeprozessdokumentation
zurechtzukommen; z. T. war die Pflegeprozessschulung noch nicht Bestandteil der
eigenen Ausbildung gewesen. Damit zeigte sich in den ersten Monaten nach EDV-
Einführung ein deutlicher Akzeptanzverlust. Erst nachdem Arbeitsaufwand und personelle
Ressourcen wieder in einer ausgewogenen Relation zueinander standen und die
Pflegekräfte sicher im Umgang mit dem neuen Dokumentationssystem waren, war eine
steigende Akzeptanz zu verzeichnen: die Mehrheit der Pflegekräfte sprach sich langfristig
dafür aus, auch zukünftig Computer für die Pflegedokumentation nutzen zu wollen.
Außer auf der Station H11 wurde PIK auf vier weiteren Stationen des
Universitätsklinikums eingeführt. Dabei zeigten sich Unterschiede zwischen den
pädiatrischen Stationen und den drei Erwachsenenstationen. Da zu erwarten ist, dass
auch auf anderen pädiatrischen Stationen bei der Einführung DV-gestützter
Pflegedokumentation die Dokumentationsaufwände deutlich steigen, sollte im Vorfeld
einer Einführung besonders aufmerksam auf günstige Rahmenbedingungen geachtet
werden.
6.2.2 Station H10
6.2.2.1 Beschreibung der Station
Nach Beendigung der PIK-Studie auf den vier Pilotstationen und der Schließung der
Station H11 wurde PIK auf einer weiteren Station der Kinderklinik, der neonatologischen
Station H10, eingeführt. Früh- und Neugeborene ab der 30. Schwangerschaftswoche bzw.
ab einem Gewicht von 1000g werden hauptsächlich von der
Frühgeborenenintensivstation oder der interdisziplinären Intensivstation hierhin verlegt;
seltener erfolgen Aufnahmen von außerhalb. Bei einer guten Bettenauslastung von 85 bis
90 Prozent wurde 2001 die Anzahl der Betten auf 18 aufgestockt. Die durchschnittliche
Verweildauer der Patienten liegt bei 9,5 bis 10 Tagen.
Neben einer aufwändigen Grund- und Behandlungspflege und dem Monitoring aller
Patienten besteht der pflegerische Schwerpunkt besonders in der Beratung und Anleitung
von Eltern. 11 Vollzeit- und 11 Teilzeitkräfte besetzen insgesamt 16,5 Planstellen. Nach
Schließung der Station H11 wurden sechs Pflegekräfte auf eigenen Wunsch auf die
Station H10 versetzt.
6.2.2.2 Gründe für eine EDV-Einführung, Auswahl Software und
Pilotstationen
Die Bereitschaft der ehemaligen Pflegekräfte der Station H11, weiter mit einem EDV-
gestützten Pflegedokumentationssystem zu arbeiten, war ein Grund für die Einführung
von PIK. Dieser deckte sich mit dem Wunsch der Pflegedienstleitung, das Projekt
fortzuführen.
Die Station selber war an der Auswahl des Pflegedokumentationssystem nicht beteiligt.
Die Entscheidung, das Softwareprodukt PIK für Pilotstationen am Universitätsklinikum
Heidelberg einzusetzen, war bereits 1998 gefallen.
Die Vereinbarung, PIK auf der Station H10 einzuführen, wurde zwischen
Pflegedienstleitung und Stationsleitung getroffen. Begünstigend für die Auswahl dieser
Station war die PIK-Erfahrung der von der Station H11 versetzten Pflegekräfte (siehe
Kapitel 6.2.1). Die Pflegekräfte der H10 waren in diese Entscheidung nicht explizit
einbezogen.
6.2.2.3 Projektorganisation
Die Betreuung vor Ort wurde wie auf der Station H11 durch eine Projektleitung (50
Prozent) gewährleistet, als Ansprechpartner bei technischen Fragen fungierte der EDV-
Beauftragte der benachbarten Hautklinik. Die Stationsleitung war auch hier lediglich als
normaler Nutzer in das Projekt eingebunden. Zwei von ihr ausgewählte Pflegekräfte
wurden als Key-User benannt.
6.2.2.4 Bisherige Pflegedokumentation, Vorbereitungen zum Pflegeprozess
Da bei der Aufnahme häufig kein Elternteil anwesend sein kann, wurden vor EDV-
Einführung pflegeanamnestische Angaben dem so genannten Perinatalbogen
entnommen, der bei Verlegung der Patienten mitgesandt und auf das hausspezifische
Anamneseformular übertragen wird. Die Dokumentation bestimmter Maßnahmen
(Medikation und verabreichte Mahlzeiten) wurde zeit- und patientennah durchgeführt, alle
weiteren Maßnahmen auf einem Extrabogen pro Schicht abgezeichnet. Der Pflegebericht
wurde gegen Schichtende geschrieben. Bei allen Kindern war zusätzlich das Führen
eines Überwachungsprotokolls am Patientenbett notwendig (Monitoring). Es erfolgte keine
Pflegeplanung. Abb. 14 (im Kapitel 5.8) zeigt die Dokumentation am Patientenbett. Eine
Auffrischung der Kenntnisse hinsichtlich des Pflegeprozesses fand nicht statt.
6.2.2.5 Vorbereitungen der Software und der Hardware
Nach Überarbeitung der von der Station H11 erstellten Pflegepläne konnten diese
größtenteils übernommen werden. Lediglich vier Pflegepläne wurden neu formuliert,
sodass insgesamt 34 standardisierte Pflegepläne Anwendung finden.
Den Pflegekräften der Station H10 stand vor der Einführung von PIK ein PC zur
Verfügung. Dieser wurde vorwiegend von der Stationsleitung genutzt und befand sich in
ihrem Büro. Im Rahmen des Projekts konnte die Station zusätzlich mit drei weiteren
Rechnern ausgestattet werden: zwei davon wurden im Stationszimmer, einer im
danebenliegenden Arztzimmer aufgestellt.
6.2.2.6 Durchführung von Schulungen
Auf Grund der PC-Unerfahrenheit einiger Pflegekräfte erhielten diese auf Wunsch der
Pflegedienstleitung im Vorfeld Gelegenheit, durch einen PC-Grundkurs mehr Sicherheit
im Umgang mit Computern zu gewinnen.
Die PIK-Schulung der Key-User und ca. der Hälfte des Pflegepersonals erfolgte zwei
Monate vor Beginn der Einführung im Rahmen einer Gruppenschulung. Alle anderen
Pflegekräfte wurden individuell von der Projektleitung geschult. Die Dauer einer Schulung
betrug jeweils ca. drei Stunden. Zu Übungszwecken stand ebenfalls zwei Monate vor der
Einführung von PIK ein Testsystem zur Verfügung.
6.2.2.7 Einführungsstrategie und eingeführte Funktionalität
In Absprache mit der Stationsleitung und den Key-Usern wurde der Zeitpunkt der
Einführung für den 3. Dezember 2001 festgelegt. Nach einem Beginn mit drei Patienten
erfolgte bereits nach knapp drei Wochen bei allen Patienten eine EDV-gestützte
Pflegedokumentation. Die Dauer dieser Übergangsphase wurde der Station überlassen.
Durch das EDV-System neu abgebildete Funktionalitäten waren die Pflegeplanung, die
Maßnahmendokumentation (wie auf der Station H11 wurden zusätzlich zum Abzeichnen
bestimmter Maßnahmen so genannte Beobachtungskriterien hinsichtlich Atemqualität,
Nabel-, Haut-, Schleimhautzuständen, Trinkverhalten der Patienten etc. hinterlegt), die
Berichtschreibung sowie die Kommunikation über Reiter.
Ein in PIK generiertes stationsspezifisches Anamneseformular ersetzte das bisherige
hausspezifische konventionelle Anamnese-Formular. Es wird wegen der längeren
Zugriffszeit auf die Dokumentation in PIK ausgedruckt, von Hand ausgefüllt und in der
Patientenakte aufbewahrt. Die Papier-Formulare für das Abzeichnen von Maßnahmen
sowie der Pflegebericht entfallen durch die Dokumentation in PIK. Nach wie vor
konventionell erfolgt das Führen des Überwachungsprotokolles.
Die PIK-Funktionalität bezüglich der zeitlichen Planung von Maßnahmen erwies sich nach
einem ausführlichen Testen auf dieser Station als wenig sinnvoll, da sich der Zeitpunkt für
viele Maßnahmen am Bedarf der Patienten (z.B. Füttern, Wickeln), aber auch nach der
Anwesenheit der Eltern (z.B. Anleitung zum Baden) ausrichtet und sich somit häufig
Verschiebungen ergaben. Ebenfalls nicht genutzt wurde die Möglichkeit zur zeitlichen
Überprüfung von Pflegezielen.
6.2.2.8 Betreuung
Die Projektleitung kam regelmäßig jeden Tag zur Hauptdokumentationszeit sowie bei
auftauchenden Problemen auf die Station. Ansonsten war sie durchgehend telefonisch
erreichbar. Wöchentlich im Anschluss an die Übergabe wurde eine so genannte PIK-
Besprechung durchgeführt. Besprechungsinhalte (z.B. Änderungswünsche, Informationen
zu neuen Updates, Beantwortung von Fragen etc.) wurden für alle Nichtanwesenden
schriftlich fixiert. Protokolle übergeordneter PIK-Sitzungen, von Anwendertreffen über
Artikel hinsichtlich EDV-gestützter Pflegedokumentation, wurden an das Pflegepersonal
weitergegeben (PIK-Ordner).
Im Vorfeld hatten die Pflegekräfte Gelegenheit, sich anhand eines Referats über die
Gründe der Einführung EDV-gestützter Pflegedokumentation am Universitätsklinikum
Heidelberg und die Erfahrungen auf den anderen Stationen zu informieren.
6.2.2.9 Ausfallkonzept und Umgang mit Störungen
Bei Störungen des Produktiv-Systems wurde vereinbart, die Pflegedokumentation
konventionell durchzuführen. Vereinzelt aufgetretene und kurzfristig korrigierte fehlerhafte
Meldungen an die HL7-Schnittstelle beeinträchtigten die Dokumentation in PIK bislang
nicht.
6.2.2.10 Auswirkungen des EDV-Einsatzes
Die Dokumentation bestimmter Maßnahmen (Medikation und verabreichte Mahlzeiten)
erfolgt weiterhin zeit- und patientennah auf dem Kurvenblatt. Alle weiteren Maßnahmen,
wie der Pflegebericht, werden jetzt in PIK nur noch einmal pro Schicht, vorwiegend gegen
Schichtende, dokumentiert. Das Pflegepersonal begründet dies mit länger dauernden
Zugriffszeiten auf die Patienten in PIK. Um Engpässe an den PC’s zu vermeiden, werden
jedoch Schüler angehalten, zeitnah zu dokumentieren.
Für die sehr pflegebedürftigen kleinen Patienten ist eine ausführliche Pflegeplanung
notwendig, die häufig aktualisiert werden muss. Wie schon auf der Station H11 erfolgt
jetzt in PIK eine Maßnahmendokumentation, die unter anderem durch Abzeichnen
kontinuierlich durchgeführter und PPR-relevanter Grundpflegemaßnahmen vollständiger
ist. Der damit deutlich gestiegene Umfang der Pflegedokumentation konnte dennoch
bereits kurz nach der Einführung des EDV-gestützten Systems bei normaler Besetzung
gut in die Arbeitsabläufe integriert werden und verursachte keine zeitlichen Engpässe.
Nach Einschätzung der Pflegekräfte erhöhte sich die Qualität der Pflegedokumentation in
PIK, v.a. in Bezug auf Vollständigkeit, Lesbarkeit und Übersichtlichkeit.
6.2.2.11 Verwendung durch andere Berufsgruppen
Die konventionelle Pflegedokumentation wurde von den nicht-pflegerischen
Berufsgruppen (Ärzte) kaum eingesehen. Durch die Einführung von PIK ergaben sich
keine Änderungen, da die für den Arzt relevanten Informationen (Vitalzeichen, Gewicht,
Bilanzierung, Medikation) weiterhin auf der Kurve dokumentiert werden. Die
Kommunikation über Reiter wird nur einseitig genutzt (Pflegekraft Arzt).
6.2.2.12 Akzeptanz des EDV-Systems bei den Mitarbeitern
Die Pflegekräfte kamen rasch mit der Bedienung der neuen Software zurecht und
empfinden die Dokumentation am Computer als zeitgemäß. Der Aufbau der einzelnen
Funktionen in PIK stößt insgesamt auf Zustimmung, es besteht aber ein dringlicher
Wunsch nach beschleunigten Zugriffszeiten auf die Dokumentation in PIK.
6.2.2.13 Fazit
Auf Grund einer gravierenden personellen Umbruchsituation (Wechsel der Stationsleitung
und des Stammpersonals) und der fehlenden Miteinbeziehung in die Entscheidung
bezüglich der Einführung EDV-gestützter Pflegedokumentation gab es in der
Vorbereitungsphase erhebliche Motivationsprobleme. Die bereits geschulten Pflegekräfte
zeigten wenig Interesse, ihre Kenntnisse durch Üben im Testsystem zu festigen, auch die
ernannten Key-User waren wenig aktiv, sodass ihre Aufgaben fast vollständig von der
Projektleitung übernommen wurden. Erst eine Woche vor dem geplanten
Einführungstermin ging ein „Ruck“ durch das Pflegeteam, das dann auf eigenen Wunsch
trotz der Anlaufprobleme an dem festgelegten Einführungstermin festhalten wollte.
Nachteilig wirkte sich, bedingt durch die Personalstruktur (11 Teilzeitkräfte!) und durch
fehlende Dauer-Nachtwachen, der ständige Wechsel in der Besetzung aus. Dies führte
wiederholt zu einer Unterbrechung des Kommunikationsflusses unter den Pflegekräften
sowie zwischen Projektleitung und Pflegekräften.
Trotz dieser schwierigen Situation war eine erfolgreiche Einführung möglich, was auf das
rasche Erlernen der Software-Bedienung und vor allem auf größere personelle
Ressourcen zurückzuführen war, als sie auf der Station H11 (siehe Kapitel 6.2.1) zur
Verfügung standen. Unterstützend in der Einführungsphase wirkten sich die bereits PIK-
erfahrenen ehemaligen Pflegekräfte der Station H11 aus, aber auch die längere
Verweildauer der Patienten im Vergleich zur H11.
Abb. 16: Das Team der H10 mit der Projektleitung der Kinderklinik
Dieses Fallbeispiel zeigt erneut die Bedeutung stationsspezifischer Rahmenbedingungen
auf, aber auch die Notwendigkeit, die Entscheidung bezüglich einer Einführung EDV-
gestützter Pflegedokumentation im gesamten Pflegeteam zu treffen. Dass trotz einer fast
fehlenden Übungsphase die Einführung des EDV-gestützten Dokumentationssystems
nach zwei Monaten bereits erfolgreich abgeschlossen war, ist erstaunlich, zeugt von einer
guten Akzeptanz des neuen Dokumentationssystems und einer hohen Flexibilität der
Pflegekräfte.
6.2.3 Psychiatrische Universitätsklinik Heidelberg: Langjähriger
erfolgreicher Einsatz
Gisela Luther, Ronald Eichstädter
In der Psychiatrischen Universitätsklinik Heidelberg wird die EDV-gestützte
Pflegedokumentation derzeit auf Station Beringer (seit Ende 1998) und Station Gruhle
(seit Ende 1999) in Routine angewendet. Die Einführung wird im Folgenden für beide
Stationen gemeinsam beschrieben.
6.2.3.1 Beschreibung des Hauses und der Pilotstation
Die Psychiatrische Klinik ist Teil des Universitätsklinikums Heidelberg und befindet sich im
so genannten Altklinikum zentral in Heidelberg. Sie verfügt über sämtliche, moderne
diagnostische und therapeutische Möglichkeiten zur Behandlung psychischer Störungen.
Es werden sowohl regional als auch überregional Patienten aufgenommen und behandelt.
Die Schwerpunkte des klinischen und poliklinischen Behandlungsangebots liegen auf
allen Formen psychotischer Erkrankungen, depressiven Störungen, Angst- und
Zwangsstörungen, Persönlichkeitsstörungen, allen Formen von Gedächtnisstörungen und
Suchtentwicklungen. Als besondere Dienste sind die Gedächtnissprechstunde, die
Tagesklinik für mittel- und längerfristige Rehabilitation und Frühintervention sowie der
Liaisondienst zu der Entgiftungsstation der Medizinischen Klinik zur Betreuung von
Patienten nach Suizidversuchen zu erwähnen.
Die Aufnahmestation Beringer der Psychiatrischen Universitätsklinik behandelt Patienten
mit allen akuten psychiatrischen Erkrankungen. 1999 wurde sie von einer geschlossenen
Station in eine Station mit „offenem Tür-System“ umgewandelt. Im September 2000 wurde
die Bettenzahl von 23 auf 21 reduziert und drei teilstationäre Betten eingerichtet. Das
Team besteht aus Krankenschwestern und –pflegern, Ärzten, einer Ergotherapeutin, einer
Bewegungstherapeutin und einer Sozialarbeiterin.
Die geschlossene Aufnahmestation Gruhle der Psychiatrischen Klinik betreut Patienten
mit dem gesamten Spektrum akuter psychiatrischer Erkrankungen, dabei vor allem mit
Psychosen, endogenen Depressionen, mit Persönlichkeitsstörungen sowie mit
Suchterkrankungen (ca. 40 Prozent der Patienten). Die Station verfügt über 28
Planbetten. Im Bedarfsfall werden auch teilstationäre Patienten behandelt. Im September
2000 wurde die Bettenzahl von 23 auf 28 erhöht. Das Team der Station Gruhle ist
multiprofessionell besetzt mit Pflegekräften, Ärzten, einer Psychologin, eine
Ergotherapeutin, eine Bewegungstherapeutin, einer Kunsttherapeutin und einer
Sozialarbeiterin.
6.2.3.2 Gründe für eine EDV-Einführung, Auswahl Software und
Pilotstationen
Seit Jahren werden am Universitätsklinikum Heidelberg flächendeckend verschiedene
Softwareprodukte am Klinischen Arbeitsplatz auf Station eingesetzt. Hierzu gehören IS-H
zur Patientenverwaltung (Aufnahme, Verlegung und Entlassung), IS-H*Med zur
Diagnosen- und Leistungsdokumentation und zur Essensanforderung, SARA+med (bis
2001) zur Aktenanforderung, zum Befunddruck und zur Einsicht in frühere Krankenakten,
WMD zur Dienstplanung, BISI zur Materialanforderung sowie die Office-Produkte, das
Internet und Outlook als Mail-Client.
Neben diesen Funktionen ergab sich der Wunsch, auch die Pflegedokumentation durch
EDV-Einsatz zu unterstützen, um die Qualität der Dokumentation zu erhöhen, Aufwände
für die Pflegekräfte zu reduzieren, pflegerische Abläufe zu unterstützen und
Auswertungsmöglichkeiten für Pflegemanagement und Pflegeforschung zu verbessern.
Als EDV-basiertes Pflegedokumentationssystem wurde durch die Pflegedienstleitung das
Anwendungssoftwareprodukt PIK 4.0 der Länderprojektgruppe PIK gewählt (Ende 1997).
Durch ein drittmittelgefördertes Forschungsprojekt standen wir mit dem Deutschen
Herzzentrum München und der Länderprojektgruppe PIK in Kontakt, was eine gute
Voraussetzung für die Nutzung von PIK war. Zudem ist PIK keine kommerzielle Software
und bot sich daher ebenfalls an.
Die Station Beringer wurde durch die Pflegedienstleitung für das Projekt ausgewählt, da
ein Mitarbeiter des Projektteams dort als Pflegekraft tätig war und sie sich daher als erste
Pilotstation anbot. Die Station wurde über das Projekt informiert und war zu einer
Teilnahme mehrheitlich bereit.
Ein Jahr später kam die Station Gruhle dazu. Diese Station war frühzeitig an der
Erstellung konventioneller standardisierter Pflegepläne beteiligt, die in einem Ordner
ausgelegt und bei Pflegeplanungen als Formulierungshilfe verwendet wurden. Im
Suchtbereich wurden eigene Standards erstellt und Maßnahmendokumentation sowie
Pflegeanamnesen entsprechend umgestaltet und im PC hinterlegt. Da die Station schon
seit Beginn der Einführung von Computern auf Station sehr viel damit gearbeitet hat
(Formularerstellung, Namensschilder, Medikamentenpläne, Kurvenblätter, eigene
Pflegeplanungsformulare etc.), wollte sie auch die Pflegedokumentation über PC‘s
abwickeln. Nachdem sie mehrfach ihr Interesse bekundet hatte, an dem Projekt
mitzuwirken, begann sie im Dezember 1999 mit der EDV-gestützten Pflegedokumentation
zu arbeiten.
6.2.3.3 Projektorganisation
Auf der Station Beringer als erster Pilotstation des Universitätsklinikums Heidelberg wurde
die Projektleitung zunächst von einer Pflegekraft und einer Medizinischen Informatikerin
ausgeübt. Nach Einschluss der Station Gruhle übernahm deren Stationsleitung die
inhaltliche Projektleitung für die Psychiatrische Klinik. Die technische Betreuung erfolgte
durch den DV-Betreuer der Klinik, in Zusammenarbeit mit dem technischen PIK-
Administrator, der alle Pilotstationen betreute.
6.2.3.4 Bisherige Pflegedokumentation, Vorbereitungen zum Pflegeprozess
Auf den Pilotstationen Beringer und Gruhle wurde die Pflegeprozessdokumentation vor
EDV-Einführung konventionell durchgeführt. Dabei wurden alle Phasen des
Pflegeprozesses auf Papier dokumentiert. Eine Vielzahl von Formularen wurde dabei
eingesetzt, die dem Informationsaustausch und der Dokumentation zwischen den
Pflegekräften und den verschiedenen Berufsgruppen dienten.
Die konventionelle Dokumentation wurde dabei hauptsächlich im Stationszimmer
durchgeführt. Sie diente vor allem als Informationsmedium für die folgende Schicht sowie
als Kommunikation zwischen den beteiligten Berufsgruppen. Die Informationssammlung
und anschließende Pflegeplanung erfolgte meist bei der Aufnahme. Je nach Pflegekraft
und Patient dauerte sie bis zu zwei Stunden. Die Berichtschreibung wurde meist am
Schichtende, kurz vor der Übergabe, für alle Patienten durchgeführt. Bei der Übergabe
wurde regelmäßig für ausgewählte Patienten die Pflegeplanung besprochen, überprüft
und geändert. Ärzte nutzten die Pflegedokumentation häufiger, um sich über den
Krankheitszustand zu informieren. Sie zeichneten die Berichte regelmäßig
(Kommunikation über Reitersystem) nach dem Lesen ab.
6.2.3.5 Vorbereitungen der Software und der Hardware
Als Vorbereitung für den Einsatz von PIK im Routinebetrieb mussten die so genannten
„Kataloge“ erstellt werden. Diese enthielten neben den erarbeiteten standardisierten
Pflegeplänen Auflistungen von jeweils möglichen Problemen, Zielen und Maßnahmen.
Aus diesen wurden dann vordefinierte Pflegepläne vorbereitet, welche später die
Pflegeplanung deutlich erleichterten. Die Kataloge wurden vor der Einführung von PIK von
speziell geschulten Key-Usern für beide psychiatrischen Pilotstationen gemeinsam
erstellt. Als Basis konnten dabei die Kataloge des Deutschen Herzzentrum München
genommen werden. Auf der Basis von Büchern (NANDA) sowie von Vorarbeiten in
anderen Projekten, die als Orientierung dienten, wurden dann ca. 40 standardisierte
Pflegepläne vorbereitet (siehe auch Tabelle 13). Diese Pflegestandards wurden dann in
kleineren Gruppen auf den Pilotstationen besprochen und ggf. überarbeitet. Die
regelmäßige Pflege im Routinebetrieb erfolgte dann durch die Key-User oder die
inhaltliche Projektleitung.
Vor Beginn der Routineeinführung von PIK wurde das Programm auf den klinischen Arbeitsplatzrechnern der Stationen und in den Arztzimmern installiert. Die hohe Anzahl an Benutzern, welche einen Rechnerzugang benötigen (jeweils ca. 15 examinierte Pflegekräfte pro Station, sowie ärztliches Personal und andere Berufsgruppen) erforderten neben den zwei bereits standardmäßig vorhandenen Stationsrechnern jeweils einen weiteren Rechner je Station. Die übliche Ausstattung bestand damit aus zwei
Rechnern im Stationszimmer (um eine ausreichende Verfügbarkeit während der Pflegedokumentation zu gewährleisten) sowie einem dritten Rechner in einem weiteren Raum (damit sich die Pflegekräfte aus dem Stationsablauf ein wenig zurückziehen können, z.B. für Schulungen, Katalogarbeit oder zum Erstellen/Verändern von Pflegeplanungen). Hinzu kamen Installationen auf den Rechnern anderer Berufsgruppen (v.a. Ärzte, aber auch Sozialarbeiter etc.). Abb. 17 zeigt eine Pflegekraft bei der Pflegedokumentation.
Abb. 17: EDV-gestützte Pflegedokumentation auf der Station Gruhle.
Zusätzlich wurde PIK in allen Kliniken jeweils bei der Projektleitung, bei den jeweiligen
DV-Betreuern, sowie bei der Pflegedienstleitung zur Verfügung gestellt.
Das Programm PIK wird derzeit in der Version 4.8 unter Windows NT eingesetzt. Die
Datenhaltung erfolgt in einer Oracle Datenbank, dabei werden die Patientenstammdaten
seit August 2000 über eine HL7-Schnittstelle aus dem Patientenverwaltungssystem IS-H
(über das Heidelberger Kommunikationssystem) übernommen. Außerdem steht ein Modul
zur Notaufnahme von Patienten zur Verfügung.
6.2.3.6 Durchführung von Schulungen
Die Schulungen von PIK sahen auf beiden Stationen ähnlich aus. Generell wurden vor der
PIK-Einführung alle Pflegekräfte geschult. Die Schulung bestand dabei aus einer
allgemeinen Einführung zu PIK sowie aus praktischen Übungen zur Pflegeplanung und
Pflegedokumentation. Die Gruppenschulung (je vier bis fünf Pflegekräfte) wurde jeweils
ca. zwei Monate vor Einführung von einer bereits geschulten Pflegekraft (i.d.R.
Projektleitung/ Key-User) für zwei bis drei Stunden durchgeführt. Bei der Schulung wurde
jedem Teilnehmer ein PIK-Benutzerhandbuch ausgeteilt, zusätzlich wurde eines pro PC-
Arbeitsplatz ausgelegt. Alle pflegerischen Mitarbeiter erhielten eine eigene Kennung in
PIK und konnten sich anschließend im Test-Programm auf Station mit dem Programm
vertraut machen. Bei Bedarf fand eine Nachschulung auf Station durch die jeweilige
Projektleitung statt.
Die nicht-pflegerischen Berufsgruppen (insbesondere Ärzte) bekamen eine kurze
Einführung in PIK, insbesondere zu den Punkten: Zugriff auf die Pflegedokumentation
(Pflegebericht) und Benutzung der Reiterfunktion (Hinweise).
Zusätzlich wurden jeweils zwei Key-User in der Erstellung von Katalogen geschult. Dies
geschah in Kleingruppenschulungen bzw. durch Präsentationen (ein bis drei Teilnehmer)
durch eine bereits erfahrene Pflegekraft. Hierfür waren bis zu drei Termine notwendig.
Später hinzukommende Personen (SchülerInnen, neues Pflegepersonal, Ärzte etc.)
wurden im Laufe der Einarbeitungsphase geschult.
6.2.3.7 Einführungsstrategie und eingeführte Funktionalität
Auf beiden Stationen wurden nach mehrwöchiger freiwilliger Übungsphase im
Schulungssystem ab einem vorher festgesetzten Stichtag alle neu aufgenommenen
Patienten komplett in PIK dokumentiert (Beringer: Ende 1998; Gruhle: Ende 1999). Nach
einigen Tagen wurden die noch konventionell dokumentierten Patienten auch in das PIK-
System übernommen, da sich die Handhabung des Systems als sehr benutzerfreundlich
erwies und es zu mühsam war, einen Teil der Dokumentation konventionell und den
anderen EDV-gestützt durchzuführen. Die Schritte bei der Einführung der PIK-
Funktionalität erfolgten allerdings auf den beiden Stationen unterschiedlich.
Prinzipiell sollten alle sechs Phasen des Pflegeprozesses durch PIK abgebildet werden.
Die Durchführung der Anamnese in PIK (siehe Abb. 18) sowie die Zielüberprüfung wurden
Station Beringer dabei freigestellt, aber empfohlen. Die Nutzung weiterer Funktionen in
PIK (wie Kommunikation über Reiter und Terminplanung) war ebenfalls freiwillig. So
wurde auf Station Beringer zunächst auch nur mit dem Pflegeplanungsmodul (siehe Abb.
19) und einem Teil des Dokumentationsmoduls (Maßnahmendokumentation und
Berichtschreibung) begonnen. Die Durchführung der Anamnese in PIK wurde erst im
Winter 2001 eingeführt. Die Möglichkeit der Zielevaluation wurde auf Station Beringer nur
sporadisch genutzt.
Auf Station Gruhle hingegen wurde als Einführungsstrategie die Einführung der gesamten
Funktionalität von Beginn an gewählt.
Abb. 18: Ausschnitt aus einem Anamneseformular für die allgemein-psychiatrische
Pflegeanamnese.
Abb. 19: Ein Pflegeplan für einen psychiatrischen Patienten, aufgebaut aus zwei
Pflegestandards (Entzugssyndrom und Abhängigkseitssyndrom) sowie einem frei
erstellten Abschnitt (Hautdecollement rechts).
Ein Ausdrucken von Informationen sollte weitgehend vermieden werden. Nach Entlassung
des Patienten wurde allerdings für eine Übergangszeit aus Sicherheitsgründen die
aktuelle Dokumentation ausgedruckt und in die Patientenakte geheftet.
6.2.3.8 Betreuung
Bereits vor der Einführung des EDV-gestützten Pflegedokumentationssystems wurde
geklärt, wer für die Betreuung des Systems verantwortlich ist. Für die Betreuung der
Stationen wurde ein technischer Administrator ernannt (DV-Betreuer der Psychiatrischen
Klinik), der zuständig war für Installationen sowie technische Fehlerbehebungen. Ein
zusätzlicher technischer Klinikumsadministrator betreute zentral für alle Pilotstationen den
PIK-Server, die zentrale PIK-Datenbank und die Schnittstelle und kümmerte sich um
zentrale Updates, Sicherungen, Datenschutzkonzepte etc. Außerdem wurde ein
inhaltlicher Administrator ernannt (die Stationsleitung einer der Pilotstationen), der sich
um Schulungen, Koordination der Katalogarbeit und Erstellung von Pflegestandards sowie
um inhaltliche Fehlerbehebungen auf den psychiatrischen Pilotstationen kümmerte. Ein
übergeordneter inhaltlicher Klinikumsadministrator sammelte Änderungswünsche und
Fehlermeldungen in allen Pilotkliniken und hielt den Kontakt mit der PIK-
Entwicklergruppe. Außerdem koordinierte er klinikübergreifend die Katalogpflege, die
Erstellung von Berechtigungskonzepten, und das Testen neuer PIK-Versionen. Sowohl
auf Beringer als auch auf Gruhle wurden zwei Key-User ernannt, die sich um
Benutzerverwaltung, Kurzschulungen, Katalogarbeit, sowie um erste Problembehebungen
kümmerten. Zusätzlich war die Projektleitung durchgehend vor Ort ansprechbar.
6.2.3.9 Ausfallkonzept und Umgang mit Störungen
Im Rahmen des Ausfallkonzeptes wurde vorher beschlossen, beim Auftreten von
Problemen die Dokumentation vorübergehend auf den papierbasierten Formularen
weiterzuführen (dies betraf vor allem den Pflegebericht).
Insgesamt kam es sehr selten zu Ausfällen. Die Hardware fiel einmal aus, und einige
Male lag ein geringfügiges Softwareproblem vor. So gab es Fälle, in denen die
Pflegeplanung einzelner Patienten nicht mehr aufrufbar war. Während dieser Probleme
wurde das Ausfallkonzept angewandt. Da die Ausfälle innerhalb weniger Stunden
behoben werden konnten, wurde für die betroffenen Patienten lediglich der Pflegebericht
handschriftlich verfasst. Die Maßnahmendokumentation wurde in diesem Falle
ausgelassen, da sie mit größerem Aufwand verbunden gewesen wäre. Neben diesen
kleineren Probleme traten vereinzelt größere Probleme nur während des Einspielens
neuer Updates in einem sehr kurzen Zeitraum auf. (Es hat sich immer wieder gezeigt,
dass Änderungen zu neuen Fehlern führten, auch an Stellen, an denen man es nicht
erwartet hat). Während dieser Zeit wurde die Hilfe der technischen Administratoren
benötigt. Danach wurden neue Updates vor dem Einspielen ausgiebig nach einem
Testprotokoll auf ihre Stabilität getestet.
Insgesamt läuft das System sehr stabil. Heute treten Probleme nur noch auf, wenn die HL
7-Schnittstelle zum Verwaltungssystem veränderte Daten nicht übermittelt.
6.2.3.10 Auswirkungen des EDV-Einsatzes
Allgemein war festzustellen, dass die Mitarbeiter PIK insgesamt positiv gegenüber
standen. Der Zeitbedarf für die Dokumentation wurde nach PIK-Einführung zunächst als
erhöht eingeschätzt, mit zunehmender Routine wurde dies dann aber weniger als
Problem angesehen. Auf beiden Stationen wurde der Pflegeprozess bereits vorher in der
Dokumentation abgebildet, daher wurden die Aufwände nach einer Einarbeitungsphase
als etwa gleich eingeschätzt. Zeitersparnisse wurden vor allem im Bereich der
Pflegeplanung angegeben, höhere Aufwände bei der nun sehr viel ausführlicheren
Maßnahmendokumentation.
Bezüglich der Qualität der Dokumentation musste festgestellt werden, dass sich der
Umfang, die Lesbarkeit und die Vollständigkeit der Dokumentation erhöhte, gleichzeitig
aber die Pflegeplanungen teilweise zu wenig auf den individuellen Patienten angepasst
wurden. Mit zunehmender Übung mit PIK zeigte sich bei den Anwendern jedoch eine
Änderung des Dokumentationsverhaltens. Sie planten individueller und veränderten die
Pflegepläne vermehrt nach den Bedürfnissen der Patienten.
Die PIK-Benutzung wurde in den normalen Stationsablauf integriert. Organisatorische
Veränderungen sollten möglichst vermieden werden und waren schließlich auch nicht
notwendig.
6.2.3.11 Verwendung durch andere Berufsgruppen
Auswirkungen auf andere Berufsgruppen waren auf jeden Fall festzustellen. Co-
Therapeuten dokumentierten früher teilweise im konventionellen Pflegebericht, dies wurde
in PIK nicht fortgeführt. Die Co-Therapeuten fanden es im Allgemeinen zu umständlich,
zunächst ein Programm starten und dann noch in diesem dokumentieren zu müssen.
Statt dessen erfolgte eine mündliche Übergabe an die Pflegekräfte, die diese
Informationen dann gemeinsam mit den eigentlichen Pflegeberichten dokumentierten. Die
Ärzte und der Sozialdienst hingegen nutzten die sich ihnen nun bietenden Möglichkeiten
in PIK, schauten täglich die Berichte durch, zeichneten diese ab und dokumentierten
ihrerseits für die Pflege wichtige Aspekte (wie z. B. Vereinbarungen in Einzelgesprächen
oder Verlegungs- sowie Entlassungstermine u.ä.).
6.2.3.12 Akzeptanz des EDV-Systems bei den Mitarbeitern
Vor Einführung von PIK waren die Erwartungen insgesamt relativ hoch. Als Folgen eines
EDV-Einsatzes wurden insbesondere eine Zeitersparnis bei der Pflegeplanung und eine
verbesserte Qualität der Dokumentation erhofft. Ein Verbesserung der pflegerischen
Qualität dagegen wurde überwiegend nicht erwartet. Insgesamt waren die Pflegekräfte
überwiegend offen für den EDV-Einsatz in der Pflegedokumentation. Nach mehrjährigem
Betrieb möchte die Mehrzahl der Pflegekräfte weiter mit PIK arbeiten.
6.2.3.13 Fazit
Die Ergebnisse zeigen, dass ein flächendeckender Einsatz EDV-gestützter
Pflegedokumentationssysteme wie PIK möglich und sinnvoll ist. Die hohe
Benutzerakzeptanz auf dieser Station deutet darauf hin, dass ein EDV-Einsatz die
Dokumentation des Pflegeprozesses sinnvoll unterstützen, die Vollständigkeit und
Lesbarkeit der Dokumentation verbessern und die Professionalität und Transparenz der
Pflege erhöhen kann.
Eine weitere Erkenntnis war, dass die Motivation der Benutzer stark abhängig von der
Vor-Ort-Betreuung war. War diese gewährleistet, zeigten die Benutzter auch ein großes
Maß an Eigeninitiative und Interesse an der Weiterentwicklung des EDV-
Dokumentationssystems. Die Umsetzung von Verbesserungsvorschlägen wurde gern
angenommen und neue Updates „sehnsüchtig“ erwartet.
Abschließend lässt sich sagen, dass beide Stationen trotz unterschiedlicher
Ausgangsbedingungen in Bezug auf die Umsetzung des Pflegeprozesses und den
Umfang der eingeführten PIK-Funktionalität motiviert mit PIK gearbeitet haben und dass
die Mehrheit nach längerer Benutzung weiter mit dem gesamten Funktionsumfanges
eines solchen Programms arbeiten möchte.
6.2.4 Universitäts-Hautklinik Heidelberg: EDV als Chance
Cornelia Mahler, Petra Spies, Bettina Hoppe
6.2.4.1 Beschreibung des Hauses und der Pilotstation
Die Universitäts-Hautklinik besteht aus vier Stationen, einer Tagesklinik, der allgemeinen
Ambulanz und Spezialambulanzen sowie dem OP. Die Station Neisser der Hautklinik
verfügt über 20 Betten und betreut und behandelt Menschen mit dermatologisch
konservativen Hauterkrankungen (z.B. Psoriasis, Herpes Zoster Erysipel), Erkrankungen
aus dem allergologischen Formenkreis (z.B. Hyposensibilisierungen, allergische
Reaktionen), sowie (immunologisch )HIV-positive und an AIDS erkrankte Patienten.
Insgesamt arbeiten zur Zeit neun Krankenschwestern (voll- und teilzeitbeschäftigt) auf der
Station. Ergänzt wird das therapeutische Team durch drei Stationsärzte, eine
Krankengymnastin und eine Sozialarbeiterin.
6.2.4.2 Gründe für eine EDV-Einführung, Auswahl Software und
Pilotstationen
Die Station selber war an der Auswahl des Pflegedokumentationssystem (PIK) selber
nicht beteiligt. Diese erfolgte bereits, bevor die Station Neisser in das Projekt
eingebunden wurde.
Mit der Einführung von PIK waren verschiedene Hoffnungen verbunden. Nachdem die
Leitung des Universitätsklinikums beschlossen hatte, in naher Zukunft eine elektronische
Patientenakte einschließlich der Abbildung der Pflegedokumentation einzuführen, sah die
Station Neisser in der Einführung von PIK die Möglichkeit, sich aktiv an der Entwicklung
bzw. Weiterentwicklung eines geeigneten Pflegedokumentationsmoduls zu beteiligen.
Hinzu kam, dass die Dokumentation von pflegerischen Leistungen im Krankenhaus
angesichts der DRG-Diskussion und der steigenden Kosten im Gesundheitswesen eine
immer größere Bedeutung gewann. Mit Hilfe der EDV sollten Möglichkeiten geschaffen
werden, die geleistete Pflege transparenter als bisher darzustellen. Letztlich hatten die
Pflegekräfte vor der PIK-Einführung ihre pflegerischen Leistungen nur zum Teil
dokumentiert. Mit Hilfe des EDV-Systems sollte das eigene Dokumentationsverhalten
unterstützt und verbessert werden.
Die Stationsleitung der Pilotstation kam bereits während der Anfangszeit von PIK auf
anderen Pilotstationen (Psychiatrie) mit dem Dokumentationssystem in Berührung und
bekundete frühzeitig ihr Interesse an einer Mitarbeit in künftigen Projekten mit PIK. Den
Mitarbeitern der Station wurde das Projekt daher in einer Stationsbesprechung vorgestellt.
Die daraus entstandenen Diskussionen zu den Themen Leistungsnachweis, PPR und
pflegerische Dokumentation führten zu der Entscheidung einer Mitarbeit am Projekt. Der
bereits am Klinikum vorhandene klinische EDV-Arbeitsplatz wurde bisher v.a. für
patientenferne Aufgaben (Verwaltung, Labor, Bestellungen) angewandt. Der Umgang mit
dem PC zur individuellen Pflegedokumentation war daher für das junge Team (zwischen
20 und 30 Jahre) eine Herausforderung. Die Mitarbeiter der Station hatten ein starkes
Anliegen, selbst bei der praktischen Erprobung an einem für die Pflege relevantem EDV-
System mitzuwirken, Erfahrungen zu sammeln und das System auf seine
Praxistauglichkeit zu prüfen.
6.2.4.3 Projektorganisation
Für die Durchführung des Projekts wurde eine Projektleiterin benannt, die für die
Einführung von PIK auf der Pilotstation Neisser zuständig war. Die Einführung geschah in
enger Zusammenarbeit mit der Stationsleitung, dem Pflegemanagement und dem DV-
Beauftragten. In regelmäßigen Abständen wurden die Mitarbeiter auf Station und die
Pflegedienstleitung durch die Projektleitung über den Verlauf des Projektes informiert.
Dabei wurden aktuelle Probleme besprochen, sowie das weitere Vorgehen abgestimmt.
6.2.4.4 Bisherige Pflegedokumentation, Vorbereitungen zum Pflegeprozess
Vor Einführung des EDV-gestützten Pflegedokumentationssystems PIK wurde auf Station
Neisser keine explizite Pflegeprozessdokumentation durchgeführt. Der pflegerische
Verlauf wurde in einer Informationssammlung und einem Pflegebericht festgehalten.
Zusätzlich wurden PPR-relevante Maßnahmen (in Heidelberg wird die PPR noch als
internes Steuerungsinstrument verwendet) dokumentiert.
Die meisten Mitarbeiter waren frisch examiniert und kannten daher die Prinzipien des
Pflegeprozesses aus der Ausbildung. Es fanden keine ergänzenden Schulungen zum
Pflegeprozess während der Einführungsphase statt.
6.2.4.5 Vorbereitungen der Software und der Hardware
Die Erstellung der notwendigen standardisierten Pflegepläne, zur Hinterlegung in den
Katalogen, wurde von den Mitarbeitern selber vorgenommen und war auf Grund ihrer
hohen Motivation in kurzer Zeit möglich. Schon vorhandene Pflegepläne aus der
Psychiatrischen Klinik wurden auf ihre Tauglichkeit in der Hautklinik überprüft. Insgesamt
wurden vor Beginn der Einführung 11 Hautklinik-spezifische Pflegepläne erstellt (siehe
auch Tabelle 13). In einem "Brainstorming" wurden allen relevanten Themen zur
Pflegeplanung gesammelt. Zwei Mitarbeiter erarbeiteten zu jeweils einem Thema die
"Rohversion" eines Pflegeplans auf Grund ihres pflegerischen Wissens und ihrer
fachlichen Erfahrung. Diese wurde dem Team in einer Mitarbeiterbesprechungen
vorgestellt, ggf. geändert, ergänzt und anschließend von den drei Key-Usern in das
System eingegeben. Diese Methode ermöglichte jedem Mitarbeiter, sich aktiv an der
Erstellung der Pflegepläne zu beteiligen.
Die EDV-gestützte Pflegedokumentation erforderte, dass auf Station ein zusätzlicher Rechner installiert wurde, sodass insgesamt zwei Rechner für den Pflegebereich vorhanden waren. Abb. 20 zeigt den PC-Arbeitsplatz im Stationszimmer. Zusätzlich wurde auf dem
Arbeitsplatzrechner der Ärzte und der Sozialarbeiterin PIK installiert.
Abb. 20: EDV-Arbeitsplatz im Stationszimmer der Station Neisser.
6.2.4.6 Durchführung von Schulungen
Die Gruppenschulungen von zwei bis drei Stunden Dauer fanden für das gesamte
Pflegepersonal ca. zwei bis drei Monate vor Einführung von PIK statt. Drei Pflegekräfte
(die Key-User) wurden speziell für die Eingabe der erarbeiteten Pflegepläne ins System
und zur Katalogpflege geschult. Anschließend konnte auf einem Schulungssystem die
Pflegedokumentation mit PIK geübt und spezielle Fragen geklärt werden. Die nicht-
pflegerischen Berufsgruppen bekamen nach Einführung von PIK eine kurze Einführung in
PIK, insbesondere in Bezug auf den Zugriff zum Pflegebericht und die Benutzung der
Reiterfunktion.
6.2.4.7 Einführungsstrategie und eingeführte Funktionalität
Die Einführungsstrategie wurde mit der Stationsleitung und dem Pflegemanagement
abgestimmt. Es wurde beschlossen, dass ab September 2000 alle neu aufgenommenen
Patienten in PIK dokumentiert werden. Nach zehn Tagen wurden die noch konventionell
dokumentierten Patienten ins System übernommen, da sich die Handhabung des
Systems als sehr benutzerfreundlich erwies und keine Probleme aufgetaucht waren.
Zunächst wurde festgelegt, die Funktionalität Pflegeplanung und Pflegedokumentation
ohne Einschluss der Informationssammlung und der Zielevaluation einzuführen. Auf diese
Weise sollte die Pflegeplanung schrittweise eingeführt werden. Nachdem alle Patienten in
PIK geführt wurden, wurde beschlossen, die konventionellen Formulare (bis auf PPR und
Informationssammlung) abzuschaffen. Nach einer Überarbeitung der bestehenden
Informationssammlung kam diese in der DV-gestützten Form ab Dezember 2000 zur
Anwendung. Die Zielevaluation wurde ab April 2001 in PIK dokumentiert. Die
Hinterlegung eines Verlegungsberichtes (in Zusammenarbeit mit der Sozialarbeiterin) in
PIK konnte dann ca. drei bis vier Monate nach der EDV-Einführung erfolgen. Damit
konnte ca. ein Jahr nach Beginn der Einführung der vollständige Pflegeprozess komplett
im EDV-System abgebildet werden. Eine Papier-Dokumentation erfolgt nur noch für die
PPR-Statistik.
6.2.4.8 Betreuung
Es wurden für die Klinik ein technischer Administrator (diese Rolle übernahm der DV-
Beauftragte der Klinik) und ein inhaltlicher Administrator (diese Rolle übernahm die
Projektleitung, die gleichzeitig ausgebildete Pflegekraft war) jeweils mit Stellvertreter
benannt, die für auftauchende Probleme und Störungen zur Verfügung standen. Die
inhaltliche Administratorin kümmerte sich um die Koordination der Katalogarbeit und die
inhaltliche Verbesserung der Dokumentationsqualität.
6.2.4.9 Ausfallkonzept und Umgang mit Störungen
Gemeinsam mit anderen Pilotkliniken wurde ein Ausfallskonzept erstellt, das einen
reibungslosen Betrieb auf Station bei EDV-Ausfällen ermöglicht hätte. Dies kam in der
Anfangsphase zur Anwendung, wenn die HL7-Schnittstelle zum Verwaltungssystem die
benötigten Daten nicht weiter vermittelt hatte, was mehrmals im Monat vorkam. Auf
Station wurden dann die Stammdaten des Patienten in das Zusatzmodul "Notaufnahme"
eingegeben, sodass eine Pflegedokumentation per EDV möglich war. Da dies keine
Routinetätigkeit war, benötigten hier die Pflegekräfte durch die technischen oder
inhaltlichen Betreuer Unterstützung. Der erhöhte Zeitaufwand, der hierfür nötig war,
beeinträchtigte teilweise den pflegerischen Arbeitsablauf.
Ein Gesamtausfall des Systems trat nicht auf. Für diesen Fall war eine konventionelle
Dokumentation des Pflegeverlaufs (Pflegebericht) vereinbart. Auf eine konventionelle
Pflegeplanung bei einen kurzen Systemausfall wurde verzichtet.
6.2.4.10 Auswirkungen des EDV-Einsatzes
Durch die Umstellung auf ein EDV-gestütztes Dokumentationssystem haben sich einige
Abläufe in der täglichen Dokumentationsroutine verändert. Vor Einführung von PIK
wurden die pflegerischen Tätigkeiten nur einmal am Tag, kurz vor der Übergabe,
dokumentiert. Inzwischen wird eine zeitnähere Dokumentation durchgeführt, da nun
mehrmals pro Schicht die geleisteten Maßnahmen dokumentiert werden. Die Pflegkräfte
nutzen einen "freien PC", um während ihrer Arbeitszeit zu dokumentieren. Auf diese
Weise entstehen keine Engpässe an den vorhandenen Rechnern. Überstunden wurden
durch die erhöhten Dokumentationsaufwände nicht notwendig.
Zu Beginn der Einführung wurde eindeutig ein höherer Zeitaufwand zur
Pflegedokumentation benötigt, der insbesondere dadurch begründet war, dass vorher der
Pflegeprozess nur parziell dokumentiert wurde. So mussten nun für jeden Patienten
Pflegepläne, basierend auf vordefinierten Pflegeplänen, erstellt werden. Weiterhin
beschränkte sich die Maßnahmendokumentation nun nicht mehr nur auf einige
Maßnahmenbündel, sondern umfasste eine Aufgliederung der einzelnen pflegerischen
Tätigkeiten, die jeweils abgehakt werden mussten. Der erhöhte Zeitaufwand wird aber
durch die Verbesserung der Dokumentation seit der Einführung von PIK ausgeglichen.
Die Pflegeberichte sind nun für alle lesbar und eine Pflegeplanung wird durchgeführt. Die
Pflegekräfte legen mehr Wert auf eine gute, vollständige Dokumentation.
6.2.4.11 Verwendung durch andere Berufsgruppen
Die Kooperation mit den anderen Berufsgruppen hat sich verbessert. Durch die
Möglichkeit, Hinweise an andere Berufsgruppen zu setzen, hat sich PIK als geeignetes
Kommunikationsinstrument bewährt. Relevante Informationen zu den Patienten sind
durch die Hinweise in PIK (siehe Abb. 21) bei der Visite schon bekannt und ermöglichen
eine konstruktive Zusammenarbeit. Die Telefonate mit der Sozialarbeiterin haben deutlich
abgenommen, da klar erkennbar ist, ob und wann sie einen Eintrag in den Pflegebericht,
der an sie adressiert war, auch gelesen hat. Auf pflegerische Informationen kann sie
direkt zugreifen und bereits im Vorfeld der Kontaktaufnahme mit dem Patienten konkrete
Schritte unternehmen. Auch die Krankengymnastin dokumentiert ihre Behandlungen
sowie den Verlauf im Pflegebericht in PIK, so dass ein besserer Überblick des Verlaufs für
alle Beteiligten möglich ist.
Insgesamt ist durch die Kommunikation über PIK eine konstruktivere Zusammenarbeit
möglich.
Abb. 21: Ein Pflegebericht mit einem Hinweis an den behandelnden Arzt.
6.2.4.12 Akzeptanz des EDV-Systems bei den Mitarbeitern
Durch den klinischen Arbeitsplatz verfügten die Mitarbeiter der Station Neisser bereits
über Vorerfahrungen in der Anwendung von EDV-Programmen.
Das System PIK wurde von den Benutzern schnell akzeptiert und schon bald wurden
erste Vorschläge für die Weiterentwicklung des Systems eingebracht. Diese konnten
relativ schnell umgesetzt werden und so stieg die Akzeptanz des Systems nach einer
Eingewöhnungsphase von wenigen Wochen sehr schnell.
Die Erstellung der standardisierten Pflegepläne in Eigenregie führte dazu, dass sich die
Pflegekräfte recht schnell mit den Inhalten identifizieren konnten. Die
Benutzerfreundlichkeit wurde trotz anfänglich Performanceprobleme als recht hoch
angesehen. Nach inzwischen 16 Monaten Dokumentation mit PIK möchte kein Mitarbeiter
dieses Werkzeug mehr missen.
6.2.4.13 Fazit
Die Station Neisser war von Anfang an hoch motiviert bei der Einführung des EDV-
gestützten Pflegedokumentationssystems. Sie hat PIK als eine Chance gesehen, den
Pflegeprozess mit Hilfe eines geeigneten Werkzeugs umzusetzen und die Dokumentation
zu verbessern. Insgesamt hat dadurch die Pflegedokumentation einen anderen, höheren
Stellenwert in der Pflege auf dieser Station bekommen.
Als wichtige Aspekte für den Erfolg des Projektes können insbesondere die folgenden
Punkte angesehen werden. Erstens, ein klares Konzept von Seiten des
Pflegemanagements für die Einführung, das alle betroffene Bereiche unterstützt, und
zweitens die Einbeziehung der zukünftigen Anwender (Pflegekräfte) in der Erstellung der
vordefinierten Pflegepläne.
Als außerordentlich wichtig hat sich die Einstellung der Stationsleitung zur
Pflegedokumentation herausgestellt. Eine hohe Personalfluktuation macht es erforderlich,
dass die Stationsleitung die Mitarbeiter auf die Relevanz einer akkuraten
Pflegeprozessdokumentation hinweist und dies auch von ihren Mitarbeitern einfordert. Im
Gegenzug ist es nötig, dass den Mitarbeitern auch der zeitliche Freiraum für die
Beschäftigung mit der DV-Pflegedokumentation, von Seiten der Leitung gewährt wird.
6.2.5 Krankenhaus München-Bogenhausen: Schritt für Schritt in die Zukunft
Sigrid Daus
6.2.5.1 Beschreibung des Hauses und der Pilotstation
Das Krankenhaus München-Bogenhausen ist ein Akademisches Lehrkrankenhaus mit
1010 Betten in 14 Abteilungen. Es gehört zum Klinikverbund der Städtischen Häuser in
München und beschäftigt ca. 2000 MitarbeiterInnen, viele davon in Teilzeit.
1996 begann die flächendeckende Einführung des Krankenhausinformationssystems
(KIS) der Firma SAP mit den Modulen IS*H (Verwaltungssystem) und IS*H-Med
(klinisches Informationssystem). In einem erheblichen Kraftakt wurde innerhalb eines
halben Jahres die sowohl “breite” (d.h. für möglichst alle MitarbeiterInnen zugängliche) als
auch “tiefe” (d.h. möglichst viele Funktionen umfassende) Nutzung erreicht. Da zu diesem
Zeitpunkt keine praxistaugliche Version einer DV-gestützten Pflegeplanung integriert in
IS*H-Med vorlag, beteiligten wir uns an der Entwicklung.
Die beschriebene Pilotstation 21 gehört zur Abteilung für Chirurgie und verfügt über 42
Planbetten, davon vier im Wachraum. Behandlungsschwerpunkt ist die Unfallchirurgie, die
durchschnittliche Verweildauer beträgt 10,4 Tage. Das Team besteht aus 17
Krankenschwestern /-pflegern und einer Stationsassistentin. Es besteht ein stabiles
Leitungsteam, das großen Wert auf die Ausarbeitung schriftlicher Standards und
Tätigkeitskataloge zu verschiedenen Zwecken legt.
Kontinuierliche Fortbildung und Austausch zwischen Projektteam und Usern finden
monatlich in der so genannten „DV-Werkstatt“ (monatliches Treffen mit DV-Multiplikatoren
der Stationen zum Informationsaustausch und Information) sowie in Stationsbesuchen
(ein- bis zweimal jährlich und bei Bedarf) statt.
6.2.5.2 Gründe für eine EDV-Einführung, Auswahl Software und
Pilotstationen
Folgende Gründe waren ausschlaggebend für die Einführung einer EDV-gestützten
Pflegeplanung:
Erwartung qualitativer und quantitativer Vorteile
Hoher Standardisierungsgrad, teilweise Benutzung vorgedruckter Pflegeplanungen
Kenntnis des SAP-Pflegemoduls aus teilweiser Nutzung
Klärung der Frage, ob Investition in mobile Geräte notwendig und sinnvoll
Durch die Einführung des Krankenhausinformationssystems von SAP war für die
Durchführung dieses Pilotvorhabens das System IS-H*Med gegeben. Die Pilotstationen
wurden gezielt anhand folgender Fragen ermittelt:
Ist die Station freiwillig zur Teilnahme bereit?
Beteiligt sich die Station regelmäßig und konstruktiv an der DV-Werkstatt?
Gibt es eine kontinuierliche Betreuung durch PflegeplanungsmentorInnen?
Setzt die Station Pflegestandards und/oder Standardpflegepläne in der
Pflegedokumentation ein?
Werden diese individuell angepasst?
Sind die Unterlagen allgemeinverständlich und aussagekräftig?
Reagiert die Station flexibel bei besonderen Belastungen?
Ist die Stationsleitung stabil und keine Änderungen zu erwarten?
Ist die Personalausstattung ausreichend und stabil?
Stehen genügend DV-Arbeitsplätze zur Verfügung?
Wie hoch ist das Risiko für Störungen von außen (Teamarbeit mit anderen
Berufsgruppen, Fluktuation, Unterstützung durch PDL, Engagement bei anderen
Projekten)?
Als von den drei “Hundert-Prozent-Stationen” eine Stationsleitung von sich aus Interesse
bekundete und bereit war, einen Mitarbeiter zeitweise in das ServiceCenter DV
abzuordnen, war die Entscheidung für diese Station gefallen. Diese “Lokomotiven”
konnten ihr Team mitziehen und motivieren. Die Beteiligung aller MitarbeiterInnen,
privilegierte Betreuung der Station und die Sicherheit, dass durch die Umstellung keine
organisatorische Umstrukturierung zu erwarten war, können als Hauptmotivationsfaktoren
angesehen werden.
6.2.5.3 Projektorganisation
Die Projektleitung erfolgte durch das ServiceCenter DV, das konzeptionelle Absprachen
mit Pflegedirektion und Abteilungspflegedienstleitung traf und sich um die praktische
Umsetzung des Projekts kümmerte. Ein Mitarbeiter der Station wurde – allerdings nicht
nur für das Projekt - für ein halbes Jahr in die DV-Koordination Pflege abgeordnet. Zu
seiner Arbeit gehörte die Redaktion vorliegender Pflegestandards und deren Eingabe als
Stammdaten in das Krankenhausinformationssystem (KIS). .
6.2.5.4 Bisherige Pflegedokumentation, Vorbereitungen zum Pflegeprozess
Die Dokumentation des Pflegeprozesses erfolgte vor EDV-Einführung auf der Pilotstation
inhomogen: Die Pflegeanamnese ist ein SAP-Dokument, das theoretisch am PC
ausgefüllt werden könnte, meist aber ausgedruckt und in Patientennähe ausgefüllt wurde.
Pflegeplan, Durchführungsnachweis und Pflegebericht waren Vordrucke im so genannten
„Stockersystem“, die in die Planette eingelegt wurden. Die Station hatte für viele
Diagnosen/Prozeduren Standardpflegepläne in Form von Word-Tabellen erstellt, die, am
PC individualisiert, ausgedruckt und zugeschnitten, in die Pflegepläne eingeklebt wurden.
Die Pflegeaufwandsbemessung (hausweit nach einem ausdifferenzierten PPR-System)
erfolgte wie auf allen Allgemeinstationen am PC. Hierzu wurde die
Maßnahmendokumentation in IS-H*Med genutzt.
Der Pflegeprozess und eine strukturierte Dokumentation waren somit auf der Station
bereits eingeführt, sodass eine Umorganisation nicht notwendig war.
6.2.5.5 Vorbereitung der Software und der Hardware
Die Hardware (zwei PCs, je ein Laser- und Etikettendrucker im Stützpunkt der 40-Betten-
Station, keine im Wachraum) war für den Piloteinsatz ausreichend, allerdings wurde die
Nutzung intensiviert. Die bisher geduldete Mitbenutzung z.B. durch ÄrztInnen, die in den
stützpunktnahen Arztzimmern dieselbe Ausstattung haben, wurde eingeschränkt.
Die Standardsoftware von SAP wurde nur geringfügig angepasst (Menü und Push-
Buttons, siehe auch die folgenden Abbildungen). Wesentlich aufwändiger war es, eine
Grundmenge von pflegerischen Stammdaten zu erarbeiten, die spezifisch genug
formuliert war, um Standardpflegepläne bzw. Pflegeplanprofile für die PatientInnen der
Pilotstation abzubilden, aber gleichzeitig allgemein genug war, um später auch auf
anderen Stationen weiter verwendet werden zu können.
Das Prinzip des Stammdatenaufbaus beruhte auf der mehrfachen Verwendung einzelner
Elemente (siehe Abb. 22). Der Aufbau erfolgte „von unten nach oben“. Dazu wurden
Pflegestandards, Standardpflegpläne u.ä. aus dem ganzen Haus gesammelt und
abgeglichen. Dieses Verfahren eignet sich insbesondere für die allgemeine Pflege. Dazu
kamen abteilungsspezifische Einträge v.a. in der speziellen Pflege.
Insgesamt wurden zwei Pflegeplanprofile sowie 23 Standardpflegepläne vorbereitet. Die
Sammlung, Katalogisierung und Anpassung der Einträge an das KIS-System
beanspruchte mehrere Personenmonate, damit konnte dann allerdings die gesamte
allgemeine Pflege, also weit über die Bedürfnisse der Pilotphase hinaus, abgebildet
werden. Die spezifische Bearbeitung der Stammdaten je Pflegeplanprofil wird immer
kürzer, je mehr Elemente vorher schon verwendet wurden.
Abb. 22: Struktur der pflegerischen Stammdaten. Die Basiskatalogeinträge (Ressourcen, Probleme,
Ziele, Maßnahmen, Zyklen) stellen Einzelelemente dar, die alle Möglichkeiten abdecken sollen. Aus
ihnen werden Standardpflegepläne (SPP) aufgebaut. SPP orientieren sich an ATLs bzw. der
Intensität der Pflegebedürftigkeit (Beispiele: Sehbehinderung, Unterarmgehstütze). Aus ihnen sind
Pflegeplanprofile (PPP) aufgebaut. Diese orientieren sich an (Pflege-)Diagnosen, DRG, oder
einem übergreifenden Thema (Beispiele: prä-/postoperative Versorgung).
6.2.5.6 Durchführung von Schulungen
Neue Mitarbeiter der Pflege erhalten grundsätzlich zwei Tage für eine bereichsspezifische
Schulung in den Programmen Internet Explorer, MS Word, SAP (Patientenadministration,
Anforderung/ Terminierung von Untersuchungen, Pflegeanamnese, Pflegeplan,
Pflegeaufwandserfassung, OP), und Konas (Ausfallsystem). Gezielt werden auch MS
Excel und / oder PowerPoint, Outlook Express und verschiedene spezifische Programme
eingesetzt.
Kurz vor Beginn des Testlaufs wurden Ziel und Inhalt der EDV-gestützten Pflegeplanung
anhand von Beispielen in einer Teambesprechung vorgestellt. Eine klassische EDV-
Schulung war nicht nötig, da die KollegInnen das KIS-Programm kannten und sich nur auf
den erweiterten Einsatz umstellen mussten.
6.2.5.7 Einführungsstrategie und eingeführte Funktionalität
Die wesentlichen Einführungsschritte waren wie folgt:
06/2001 – 11/2001 Vorbereitung, Redaktion und Erfassung der Pflege-
Stammdaten für zwei ausgewählte Patientengruppen (Hüfttotalendoprothese,
Sprunggelenk)
12/2001 – 01/2002 Pilotphase mit Echtpatienten
02/2002 Resumee, Optimierung von Details
03/2002 Routineeinsatz und Erweiterung auf weitere
Patientengruppen
Bei der Aufnahme wird zunächst im KIS eine Pflegeanamnese angelegt, die leer ausgedruckt und beim Patienten ausgefüllt wird. Anhand dieser Angaben erfolgt die Erstellung EDV-gestützter Pflegepläne anhand des vorgegebenen Pflegeplanprofils. Auch hiervon werden wieder Ausdrucke gemacht (siehe Abb. 23), die zusammen mit der „Druckliste“ (siehe Abb. 24) in die Planette eingelegt werden. Die Kontrolle des Pflegeplans erfolgt je Schicht; ein erneuter Ausdruck erfolgt nur, wenn die Frequenz einer Tätigkeit geändert oder eine neue angesetzt wurde. Falls ein zeitgenauerer Durchführungsnachweis erwünscht ist, kann auch die „Arbeitsliste“ (siehe
Abb. 25) verwendet werden, deren ursprünglicher Sinn die mobile Erfassung ist, die wir im
Hause leider noch nicht nutzen können. Auch der Pflegebericht wird wie bisher
patientennah auf Papier erstellt. Die Pflegeaufwandsbemessung anhand geplanter
Leistungen (PPR) erfolgt automatisch aus dem Pflegeplan.
Abb. 23: Bildschirmansicht eines Pflegeplans.
Abb. 24: Ausdruck der geplanten Maßnahmen als Durchführungsnachweis.
Abb. 25: Erfassung der durchgeführten pflegerischen Leistungen am Bildschirm.
6.2.5.8 Betreuung
Bei den zu Beginn der Testphase täglichen Stationsbesuchen durch die Mitarbeiter aus
der DV-Koordination Pflege konnten kleine Korrekturen vorgenommen und Fragen
beantwortet werden. Als der abgeordnete Kollege einen Monat nach Einführung den
Dienst auf Station wieder aufnahm, konnte die Betreuung hauptsächlich durch ihn
erfolgen.
Der First-Level-Support des KIS erfolgt durch eine im Haus ansässige Fremdfirma. Die
spezifische Betreuung und Entwicklung werden durch das ServiceCenter DV der
Pflegedirektion geleistet.
6.2.5.9 Ausfallkonzept und Umgang mit Störungen
Mehrere kurze Ausfälle (zwei Minuten bis vier Stunden) konnten problemlos überbrückt
werden, da die Arbeit am Bett anhand von Ausdrucken erfolgt. Bei längerem Totalausfall
des KIS hätte auf die konventionelle Dokumentation aus Word zurückgegriffen werden
können. Für einen flächendeckenden Produktiveinsatz wäre allerdings ein Ausfallsystem
anzuraten.
6.2.5.10 Auswirkungen des EDV-Einsatzes
Da der EDV-Einsatz an sich nicht neu war, traten nur kleine Veränderungen auf: Am
deutlichsten war die Zunahme der Papierflut, da Pflegepläne bei Änderung neu
ausgedruckt werden müssen. Die herkömmlichen Planettenmappen fassten die
anfallende Masse nicht, sodass sie bei Nachbeschaffung gegen Mappen mit doppelten
Steck- und Klemmmöglichkeiten ausgetauscht werden.
Organisatorisch zeigte sich eine stärkere Konzentration von Planungs- und
Korrekturarbeiten auf dem Stationsstützpunkt, die früher teilweise in den
Patientenzimmern oder Aufenthaltsräumen handschriftlich durchgeführt wurden. Die
kritische Auseinandersetzung im Team mit der Pflegeplanung stieg ebenfalls.
Indirekte Auswirkungen sind eine höhere Selbstsicherheit der KollegInnen der Pilotstation
im Umgang mit der EDV und Stolz auf die „Pionierrolle“ sowie eine größere Vertrautheit
zwischen Station und DV-Koordination.
6.2.5.11 Verwendung durch andere Berufsgruppen
Derzeit findet keine direkte Mitverwendung statt. Allerdings können Leistungen und PPR-
Stufen ins Controlling übernommen werden. Angestrebt wird eine Zusammenführung mit
den „ärztlichen“ Daten zur DRG-Ermittlung.
6.2.5.12 Akzeptanz des EDV-Systems bei den MitarbeiterInnen
Insgesamt waren die KollegInnen mit dem Pilotprojekt zufrieden. Als Gründe für die
Zufriedenheit wurden eine Reduzierung des Schreibaufwands, eine bessere
Nachvollziehbarkeit und Lesbarkeit der Dokumentation sowie eine höhere Datensicherheit
angegeben. Indirekt entstand außerdem das Gefühlt, dass die eigene
Standardisierungsarbeit besser anerkannt wurde, und dass man besser für die Zukunft
„gerüstet“ sei (z.B. DRG-Einführung).
Damit sind zwischen einem Drittel und der Hälfte der jeweils anwesenden PatientInnen
abgedeckt. Außerdem werden weitere Pflegeplanprofile zur Erfassung per EDV
vorbereitet.
Im Detail gab es noch berechtigte Änderungswünsche, die zum Teil in einer neuen
Software-Version realisiert werden konnten:
Ändern von Standards sollte weniger umständlich sein (Mehrfachmarkierung,
übersichtliche Hitlisten)
Gestaltung der Bildschirmdarstellung (intuitive Erfassbarkeit, fehlende grafische
Elemente)
Gestaltung der Ausdrucke (Schriftgröße, Format)
differenziertere Formulierungen
einfache Sortierung von Listen nach frei wählbaren Kriterien
papierlose Dokumentation mittels mobiler Geräte
MitarbeiterInnen anderer Stationen reagieren durchaus noch skeptischer und befürchten,
dass weniger standardisierte Pflegepläne sich der DV-gestützten Bearbeitung
widersetzen. Hier wäre auf eine gründliche Vorbearbeitung der zu verwendenden
Stammdaten zu achten.
6.2.5.13 Fazit
Eine fachlich sichere, gut vorbereitete und unaufgeregt organisierte Station konnte sich
das Werkzeug der EDV-gestützten Pflegeplanung zu eigen machen. Sie scheint sich
damit für die im Zeichen der DRG´s steigenden Erwartungen zwischen individueller
Patientenbetreuung und Erlösoptimierung rüsten zu können.
Dieser „Werbeeffekt“ wirkt sich jetzt schon aus, sodass auch andere Stationen konkret
eine Beteiligung erwägen. Eine detaillierte Planung liegt dafür aber noch nicht vor.
Auf Seiten der DV-Koordination ist der Aufwand für die fachgerechte Aufbereitung der
Stammdaten allerdings nicht zu unterschätzen. Hier würde eine pflegewissenschaftliche
Unterstützung durch Bereitstellung bundesweit oder international abgestimmter
fachbezogener Kataloge eine erhebliche Entlastung bedeuten. Auch im Sinne der
Qualitätssicherung und einer verbindlichen Pflegesprache wäre institutionalisierte
Zusammenarbeit förderlich.
6.2.5.14 Empfehlungen
Nachdem ich bereits viele Jahre Erfahrung als DV-Koordinatorin in der Pflege sammeln
konnte, haben sich aus der Durchführung verschiedener Projekte Empfehlungen
allgemeiner Art ergeben, die u.U. für andere hilfreich sein können:
Versuche nicht, anhand der EDV organisatorische/inhaltliche Mängel zu beheben!
(EDV eignet sich zur Abbildung, nicht zur Veränderung von Strukturen und
Prozessen.)
Gehe Schritt für Schritt!
(Eine deutliche Differenzierung zwischen inhaltlichen, organisatorischen und
(verfahrens-) technischen Innovationen erleichtert das Verständnis.)
Sei da, bevor Probleme auftreten!
(Wie in der Pflege ist geplante Betreuung besser als Abwarten und “auf
Klingel/Telefon gehen”.)
Warte nicht, bis alle Bedingungen perfekt sind!
(Auch ein bescheidener Beginn bringt Dinge in Bewegung.)
6.2.6 Medizinische Hochschule Hannover: Erfolgreiche Einführung
Angelika Krause, Hilde Zimmermann, Anne Märker
6.2.6.1 Beschreibung des Hauses
Die Medizinische Hochschule Hannover (MHH) ist eine der jüngsten Universitätsklinika
Deutschlands. Sie verfügt zur Zeit über 1357 Betten im Zentralklinikum sowie weitere 580
Betten in städtischen Häusern. Als Klinikum der Maximalversorgung werden in der MHH
jährlich rund 40.000 stationäre und 142.000 ambulante Patienten behandelt. Laut
Stellenplan 2001 verfügt die MHH insgesamt über 5437 Stellen, davon 1689 im
Krankenpflegebereich einschließlich Schulen.
Über 700 Mitarbeiter22 setzen derzeit das EDV-gestützte Pflegeplanungs- und
Dokumentationssystems Nancy der Firma Hinz in der täglichen Arbeit ein.
6.2.6.2 Gründe für eine EDV-Einführung, Auswahl Software und
Pilotstationen
Das im folgenden beschriebene „NANCY-Projekt“ wurde mit der Zielsetzung initiiert, eine
gemeinsame pflegerische und medizinische Dokumentation in den allgemeinen
Stationsbereichen einzuführen. Neben den bekannten Gründen, die für eine EDV-
Nutzung bei der Durchführung der Pflegedokumentation sprechen, wurden in der MHH
folgende Ziele bei der Einführung der EDV-gestützten Leistungsplanung und
Pflegedokumentation gesetzt:
Optimierung der Dokumentationsaufgaben in der Patientenversorgung
Verbesserung der Datenverfügbarkeit durch Nutzung von Notebooks auf mobilen
EDV-Wagen
Transparenz der pflegerischen Leistungen mit Begründung
Darstellung des Pflegeaufwandes nach der Pflegepersonalregelung
Einheitliche Pflegesprache und Einbindung der Pflegeklassifikation nach ICNP
(International Classification for Nursing Practice)
Qualitätssicherung in der Patientenversorgung durch Hinterlegung von Pflegeleitlinien
und leitliniengestützten Pflegeplänen sowie Arbeitsroutinen
22 Alle Bezeichnungen für Personen/-gruppen sind geschlechtsneutral ohne Wertung genannt.
Einbindung der pflegerischen Daten in die DRG-Dokumentation
Anfang der 90er Jahre wurde im Leitungsbereich der Krankenpflege der MHH die
Entscheidung getroffen, ein EDV-gestütztes Pflegeplanungs- und Dokumentationssystem
einzuführen. Es sollte folgende Anforderungen erfüllen:
Durchführung der Pflegeplanung nach dem Krankenpflegeprozess auf der Grundlage
des modifizierten Pflegemodells von Nancy Roper
Qualitative und quantitative Transparenz der pflegerischen Leistungen
Einbindung der medizinischen Dokumentation.
Eine anwenderfreundliche Bedienung des Programms war wünschenswert. Nach
eingehender Marktanalyse entschied sich die MHH für das EDV-gestützte
Pflegeplanungs- und Dokumentationssystem NANCY der Fa. Hinz-Organisation im
Gesundheitswesen / Berlin.
Für die Pilotphase wurde eine Station (23 Betten) mit den vier chirurgischen
Fachdisziplinen Abdominal-, Thorax-Herz-Gefäß-, Unfallchirurgie und Urologie
ausgewählt. Die Stationsleitung, die von Anfang an in das Projekt eingebunden war,
zeigte sich sehr motiviert. Das EDV-Pflegesystem wurde auf Station allen Mitarbeitern
vorgestellt. Dabei wurden offene Fragen geklärt, Vorbehalte und Ängste zum Teil
abgebaut, Vor- und Nachteile offen erörtert, sowie ausreichende Programmschulungen
und Begleitungen am Arbeitsplatz zugesichert.
6.2.6.3 Projektorganisation
Das Projektteam für die klinikumsweite Einführung von Nancy bestand aus drei
Mitarbeiterinnen der Abteilung Qualitätsberatung und Pflegeinformatik, einer Mitarbeiterin
vom Medizinischen Hochschulrechenzentrum, einem Arzt und den betroffenen Stations-
und Praxisanleitern. Neben der üblichen Projektplanung sowie -organisation erarbeitete
diese Gruppe weitere Vorgaben zur Verbesserung der Dokumentationsabläufe, die von
der Herstellerfirma kontinuierlich in die Software integriert wurden.
6.2.6.4 Bisherige Pflegedokumentation, Vorbereitungen zum Pflegeprozess
Die manuelle Pflegedokumentation wurde auf der Basis des Pflegeprozesses analog der
WHO-Definition und dem modifizierten Pflegemodell nach Nancy Roper verfasst. Eine
Arbeitsgruppe entwickelte und aktualisierte dazu Formulare entsprechend den
Anforderungen der Krankenpflegepraktiker – diese wurden in den HINZ-
Dokumentationsmappen patientenbezogen geführt.
Vor der Einführung der EDV-gestützten Pflegedokumentation wurden dem
Krankenpflegepersonal nochmals überarbeitete Formulare mit der zukünftigen EDV-
Struktur zur Verfügung gestellt. Die Inhalte entstanden in fachübergreifenden
Arbeitsgruppen.
6.2.6.5 Vorbereitungen der Software
Vor der Hinterlegung der pflegerischen Daten in das EDV-Programm wurde in
abteilungsübergreifenden Arbeitsgruppen unter Einbeziehung der Krankenpflegeschule
sowie der Fort- und Weiterbildung prozessorientierte Pflegeleitlinien und leitliniengestützte
Pflegepläne (letztere bestehend aus zusammengefassten Maßnahmen) definiert.
Insgesamt sind ca. 500 Pflegemaßnahmen mit Pflegeleitlinien hinterlegt, und ca. 150
leitliniengestützte Pflegepläne wurden definiert (z.B. für Pflege nach Tonsillektomie oder
Aorten-Operation). Gleichzeitig wurden mit den einzelnen Bereichen Arbeitsroutinen (z.B.
Ablauf der Patientenaufnahme auf Station) erarbeitet. Die Ergebnisse wurden EDV-
gerecht aufbereitet und in das System eingegeben. Das bedeutet, dass die EDV-gestützte
Dokumentation auf der Grundlage des Pflegeprozesses stattfindet, dadurch von den
Praktikern verstanden, genutzt und wertgeschätzt wird.
Zunächst wurde in der Arbeitsgruppe eine MHH-spezifische Pflegefachsprache formuliert.
Diese Begrifflichkeiten finden die Praktiker auch in dem EDV-System wieder. Durch eine
Verknüpfung mit der Internationalen Klassifikation für die Pflegerische Praxis (ICNP,
Beispiel siehe Abb. 26) können Vergleiche mit anderen Gesundheitseinrichtungen
erfolgen, ohne das es für die Krankenpflegeperson vor Ort mit einem erhöhten Aufwand
verbunden ist.
Abb. 26: Beispiel für die Codierung mit der ICNP.
Zur vereinfachten Handhabung in der Praxis sind diagnose- bzw. behandlungsbezogene
Pflegepläne hinterlegt, die als Wegweiser über den gesamten Krankenhausaufenthalt
dienen können. Jede pflegerische Intervention ist mit einer Pflegeleitlinie hinterlegt,
sodass eine einheitliche Durchführung gewährleistet ist. Individuelle Abweichungen
können für eine patientenorientierte Betreuung durchgeführt werden, bedürfen aber einer
Begründung zur Nachvollziehbarkeit und Einhaltung des Qualitätsniveaus. Für alle
durchgeführten Leistungen erfolgt automatisch eine Pflegeaufwanddarstellung
entsprechend der Pflegepersonalregelung.
6.2.6.6 Vorbereitungen und der Hardware
Die vom Software-Hersteller genannten Voraussetzungen für den Einsatz der NANCY-
Software entsprechen den Standard-Vorgaben des Hochschulrechenzentrums für PC-
Arbeitsplätze, Server sowie unterstützte Datenbanksysteme.
Auf den Stationen bereits vor Einführung des Produktes vorhandene PC-Arbeitsplätze
(i.d.R. je ein PC pro Stations- und Arztzimmer) konnten für den Einsatz von NANCY zum
größten Teil weiter genutzt werden; zusätzlich erforderliche Geräte wurden und werden
während des laufenden Projektes beschafft und sind dann für alle Anwendungssysteme
des Krankenhausinformationssystems (KIS) nutzbar.
Die zeitnahe Erfassung von Behandlungsdaten erfordert darüber hinaus Geräte, die
unmittelbar am Patientenbett einsetzbar sind. Die MHH hat sich für den Einsatz von
Notebooks entschieden, die über eine Funkanbindung in das EDV-Netz integriert werden.
Dazu wurden auf jeder Station je nach Flurgröße ein bis zwei Basisstationen installiert, die
über die Grenzen ihrer Empfangsbereiche einen automatischen Wechsel der Endgeräte
erlauben. Die mobilen Geräte sind so in jedem Raum der Station nutzbar (siehe Abb. 27),
bieten dem Bediener die gleiche Benutzeroberfläche wie der bereits gewohnte PC und
sind ebenfalls für jede benötigte EDV-Funktion verwendbar. Die Anzahl der pro Station
benötigten mobilen Geräte richtet sich nach Bettenanzahl und Arbeitsweise der Stationen.
Stationen mit ca. 30 Betten benötigen im Schnitt vier Notebooks.
Abb. 27: Dokumentation mit mobilen Notebooks an der MHH.
Wegen der zu erwartenden Auslastung während täglicher Stoßzeiten (Übergabe- und
Visitezeiten) wurde ein eigener Datenbankserver eingerichtet. Software und für jede
Station angepasste Konfigurationsdateien liegen auf einem zentralen Fileserver
6.2.6.7 Schulungen und Begleitung während der Einführungsphase
Den pflegerischen Mitarbeitern aller Stationen wurde jeweils ein PC-Vorbereitungskurs
sowie Einführungskurse in das Betriebssystem und die Textverarbeitung angeboten,
bevor eine Einweisung in das NANCY-Programm stattfand. Diese umfasste in der Regel
ca. drei jeweils halbtägige Gruppenschulungen.
Die Anwenderschulungen wurden außerhalb der Station durchgeführt, sodass die
Mitarbeiter sich vollständig auf die Schulung konzentrieren konnten. Der Mitarbeiter selbst
bestimmte, wie oft er an einer Schulung teilnehmen wollte. Dies begrüßten die Mitarbeiter,
weil sich der Druck beim Kennenlernen der neuen Software reduzierte. Neben dem
Pflegebereich wurden auch begleitende Dienste wie z.B. Stomatherapie oder
Physikalische Therapie geschult. Da Ärzte nur über Leserechte für das Pflegemodul
verfügen, genügte hier eine Kurzeinweisung,
Der Pilotbetrieb begann in der Regel mit zwei Patienten. Dazu fand in der Anfangszeit
(über einen Zeitraum von ca. vier bis sechs Wochen) eine intensive Begleitung
(Anwenderbetreuer wurden durch die Abt. Pflegeinformatik gestellt) am Arbeitsplatz statt,
denn gerade im Alltag kam es zu Unsicherheiten und Problemen, bei denen Hilfestellung
notwendig war. Auftretende Programmfehler wurden von den Anwenderbetreuenden
dokumentiert und an die Verantwortlichen weitergegeben. Dies galt auch für fehlende
Pflegedaten (z.B. unzureichende Statusbeschreibungen, neue Pflegeinterventionen), die
im Praxisbetrieb auffielen. Diese wurden mit dem Team analysiert, definiert, strukturiert
und in das EDV-System eingegeben. Zusätzlich wurden während der Schulungs- und
Pilotphase kontinuierlich Pflegeroutinen / Pflegepläne erarbeitet und in NANCY
eingegeben. Gleichzeitig wurden Ideen und Wünsche der Mitarbeiter als
Programmanforderungen gesammelt und definiert, um sie an die Fa. Hinz-Organisation
weiterzugegeben, diese fanden auch zum größten Teil Berücksichtigung.
Durch die frühzeitige Einbeziehung der Mitarbeiter, vor allem bei der Erarbeitung der
Datensammlung und Strukturierung, wurde eine hohe Motivation erzielt. Trotz erheblicher
Anfangsschwierigkeiten wie Programmfehler, Anwendungsprobleme und technische
Unzulänglichkeiten wurde die Pilotphase zum positiven Abschluss gebracht.
6.2.6.8 Einführungsstrategie und eingeführte Funktionalität
Die Einführung auf der ersten Pilotstation begann 1998. Um möglichst rasch eine
Ausweitung der EDV-gestützten Dokumentation auf anderen Stationen zu erreichen,
wurde konzeptionell eine Priorisierung der Bereiche nach Interesse, Motivationslage,
personeller Besetzung, Einsatz und Umfang der manuellen Dokumentation sowie
Stationsorganisation vorgenommen. Schnell zeigte sich, dass von dieser Vorgehensweise
etwas abgewichen werden musste, um den Dokumentations- und Informationsaufwand
bei Verlegungen zu minimieren. Da auch häufig fachabteilungsinterne Verlegungen
vorkamen, erhielten die fachbereichsgleichen Stationen Vorrang. Derzeit (Stand: April
2002) wird das EDV-System auf über 30 Stationen erfolgreich eingesetzt.
Eingeführt wurden alle Schritte zur EDV-Dokumentation des Pflegeprozesses, d.h. Anamnese und Statusbeschreibung des Patienten, die Planung der Pflegeinterventionen, Maßnahmendokumentation und Durchführungsbestätigungen (siehe Abb. 28) sowie die Berichtzusammenstellung (siehe Abb. 29). Die Pflegeplanung wird bei
der Krankenhausaufnahme unter Berücksichtigung des aktuellen Patientenzustandes und
seiner Ressourcen erstellt und bei Bedarf jederzeit überarbeitet. Die
Durchführungsbestätigungen der Interventionen bzw. Abweichungen erfolgen zeitnah und
kontinuierlich durch den Einsatz der mobilen Notebooks direkt am Ort des Geschehens.
Der Übergabebericht resultiert automatisch aus den zuvor erfolgten Eingaben und kann
nach einzelnen Kriterien selektiert werden (wie z. B. Status- und Planungsänderungen,
Ergebnisse, nicht durchgeführte bzw. fällige Maßnahmen). Eine Berichtschreibung erfolgt
nur bei Bedarf und enthält individuelle Inhalte und Besonderheiten,
Bis jetzt wird bei der Entlassung eines Patienten ein komprimierter pflegerischer Bericht
über den Krankenhausaufenthalt ausgedruckt und der manuellen Patientenakte zur
Vervollständigung beigefügt. Sobald die Schnittstelle zum Archivsystem Produktionsreife
erlangt, werden die Daten direkt übermittelt.
Weiterhin werden Vitalparameter in Nancy eingetragen und im Krankenblatt angezeigt.
Für Anordnung/Abzeichnen von Medikation, Anordnungen des Arztes wird noch eine
Papierkurve geführt. Im Moment werden die Ärzte der Kinderchirurgie und der
Psychologischen Medizin geschult, um die Einführungsphase des Medizin-Tools starten
zu können.
Abb. 28: Darstellung einer Patientenkurve. Die Verlaufskurve zeigt eine Übersicht über die
geplanten und durchgeführten Leistungen, unterschiedliche Leistungsbereiche können selektiert
werden. Die verschiedenen Symbole visualisieren den aktuellen Stand zur schnelleren
Orientierung: grüner Kreis heißt, die Maßnahme wurde wie geplant durchgeführt; grüner Kreis
mit + bedeutet, die Intervention wurde zusätzlich zur Planung ausgeführt, ein schwarzes Kreuz
bedeutet eine Nichterledigung und beim roten Dreieck liegt der Durchführungssollzeitpunkt bereits
in der Vergangenheit. Optional können Vital- und andere Messwerte durch Diagramme dargestellt
werden.
Abb. 29: Beispiel aus dem Übergabebericht. Durch unterschiedliche Selektionsmöglichkeiten (s.
linke Seite der Maske) können übergaberelevante Informationen schnell und übersichtlich
dargestellt und weitergegeben werden. Hierzu wird auf die vorhandenen Daten aus dem Status, der
Planung, der Durchführung, der Verordnung usw. zurückgegriffen. Wie bei der manuellen
Dokumentation können aber auch individuelle Berichte über Freitext bzw. unter Einbeziehung von
Textbausteinen erstellt werden.
6.2.6.9 Betreuungskonzept
Wie bereits ausgeführt, standen zur fachlichen Betreuung während der gesamten
Einführungszeit für alle Stationen kontinuierlich pflegerische Anwenderbetreuerinnen aus
der Abt. Pflegeinformatik für das Stationspersonal zur Verfügung. Die Stationen erhielten
anfangs keine Vorgaben über eine zeitliche Limitierung der Einführung, so konnten
Ängste und der Belastungsdruck reduziert werden.
Die technische Betreuung obliegt dem Hochschulrechenzentrum, in dem rund um die Uhr
Störungen entgegengenommen werden. Das Rechenzentrum setzt für das Störungs-
Management ein Software-Produkt ein, über das vom Operating sämtliche Meldungen
erfasst und je nach Art der Meldung entweder selbst bearbeitet oder an die zuständigen
Gruppen des Second Level Support (Netzbetreuung, Server-Administration,
Anwendungsbetreuung etc.) weitergeleitet werden.
Darüber hinaus ermöglicht ein ISDN-Router dem Software-Hersteller einen Fernwartungs-
Zugang, damit gravierende Fehler, die den Betrieb behindern, aber von den Mitarbeitern
des Rechenzentrums nicht bearbeitet werden können, von der Firma unmittelbar
untersucht und behoben werden können.
6.2.6.10 Ausfallkonzept und Umgang mit Störungen
Die Ablösung der Papier-Dokumentation durch eine elektronische Patientenakte erfordert
eine Verfügbarkeit der Anwendung nahezu rund um die Uhr. Um einer hundertprozentigen
Ausfallsicherheit möglichst nahe zu kommen, wurden die wesentlichen zentralen
Hardwarekomponenten redundant ausgelegt.
Ausfallsicherheit der Clients
Da alle Stationen inzwischen über mehrere PC-Arbeitsplätze und Notebooks verfügen,
führt der Ausfall eines Gerätes nicht mehr zu einer nennenswerten
Betriebseinschränkung. Dennoch hält das Rechenzentrum meist einige PCs und
Notebooks vor, die den Stationen bei akutem Bedarf zur Verfügung gestellt werden
können.
Ausfallsicherheit der Server
Im normalen Betrieb stehen ein Test- und ein Produktions-Datenbank-Server zur
Verfügung, die zentral im Rechenzentrum überwacht werden. Bei Auftreten von
Störungen auf dem Produktionsserver kann innerhalb von 30 Minuten der
Produktionsbetrieb auf den eigentlichen Testserver übernommen werden.
Der File-Server wurde für den Produktionsbetrieb ebenfalls doppelt ausgelegt. Beide
Rechner verfügen über eine direkte Netzverbindung untereinander; eine Backup-Software
ermöglicht die automatische Erkennung von Ausfällen des primären Servers und die
sofortige Übernahme des Betriebes auf den sekundären Server ohne manuelle Eingriffe.
Ausfallsicherheit im Netz
Alle aktiven Komponenten des Netzes und damit auch die AccessPoints für das Funknetz
werden vom Rechenzentrum aus überwacht und bei Ausfall durch vorgehaltene Geräte
ersetzt.
6.2.6.11 Auswirkungen des EDV-Einsatzes
Die Einbindung des kompletten Pflegeplanes in das EDV-gestützte Pflegesystem
erleichtern die umfangreiche Pflegeplanung und Pflegedokumentation außerordentlich.
Die beteiligten Mitarbeiter schätzen die Vorteile wie Einbindung der Pflegepläne, schnelle
umfangreiche leserliche Dokumentation, Nachvollziehbarkeit der Änderungen anhand der
Handzeichen, einheitliche Formulierungen und die Möglichkeit der jederzeit individuellen
Abänderungen und sehen NANCY als unverzichtbar an. Insgesamt hat die
Dokumentation einen höheren Stellenwert bekommen und wird jetzt zeitnäher erbracht.
6.2.6.12 Verwendung durch andere Berufsgruppen
In der Einführungsphase der EDV-gestützten Pflegeplanungsdokumentation
konzentrierten sich die Arbeiten auf das Pflegepersonal vor Ort. Zur Optimierung der
Arbeitsabläufe wurden dann begleitende Dienste wie z.B. zentrale Stomatherapeuten, das
Ernährungsteam sowie Sozialtherapeuten einbezogen. Sie erhielten Leserechte für die
pflegerische Dokumentation und Schreibrechte im Berichtswesen, sodass eine frühzeitige
Integration erfolgte. Da sich das Medizinmodul noch in der Entwicklung befand, erhielten
die Ärzte nur Leserechte.
6.2.6.13 Akzeptanz des EDV-Systems bei den Mitarbeitern
Insgesamt ist die Akzeptanz des EDV-Systems hoch. Die hohe Akzeptanz und Motivation
der Mitarbeiter wurde durch die Mitarbeiterbeteiligung bei der Datensammlung und
Strukturierung des NANCY-Systems erreicht. Die Mitarbeiter haben sich an der
Diskussion über einheitliche Begrifflichkeiten aktiv beteiligt und können sich mit den
Inhalten identifizieren.
In der Anfangszeit verlängerten PC-Probleme (z.B. Umgang mit der Maus) die
Einführung. Die Schwellenängste vor der EDV konnten aber durch den Einsatz kleiner
übersichtlicher Stationsprogramme, wie z.B. Essenbestellung für die Patienten, Material-
und Apothekenbestellungen, elektronische Verlegungs-/Entlassungsmeldungen abgebaut
werden. So konnten die MitarbeiterInnen vor der Einführung der komplexen
Pflegedokumentationssoftware schon auf EDV-Erfahrungen zurückgreifen. Durch die
diversen jetzt eingesetzten EDV-Systeme ist der Umgang mit dem PC inzwischen zur
Routine geworden.
6.2.6.14 Fazit
Aktueller Stand / Ergebnisse
Zur pflegerischen Dokumentation wird das Programm NANCY derzeit auf 30 Stationen
eingesetzt, d.h. die Anamnese, Statusbeschreibung, Leistungsplanung und der
Leistungsnachweis für jeden Patienten erfolgen in digitaler Form. Im Gegensatz zur
manuellen Dokumentation sind die Einträge jetzt von jedem lesbar und basieren auf der
hauseigenen Pflegesprache, sodass Begriffsinterpretationen minimiert wurden. Durch die
Einbindung der Pflegepläne ist die Dokumentation umfangreicher geworden und
individuelle Patientenwünsche/-anforderungen finden vermehrt Berücksichtigung. Auf
Grundlage der hinterlegten Pflegeleitlinien kann eine qualitativ definierte Betreuung der
Patienten kontinuierlich erfolgen. Die Pflegeinterventionen sind transparent und der
Pflegeaufwand ist belegbar.
Da die Dateneingabe vor Ort erfolgt, entfallen Mehrfacheingaben und die Daten stehen
allen am Behandlungsprozess beteiligten Personen zur Verfügung. Das
Krankenpflegepersonal schätzt den Nutzen der leitliniengestützten Pflegepläne als
Wegweiser in der Betreuung der Patienten.
Insgesamt kann festgestellt werden, dass die digitale Dokumentation mit den
strukturierten Eingaben - ohne Mehraufwand für die Krankenschwestern/-pfleger -
quantitativ und qualitativ verbessert werden konnte. Zugleich bieten sich viele
Auswertungsmöglichkeiten zum Leistungs-/Personalaufwand (zur Zeit nach PPR,
zukünftig in einigen Bereichen nach LEP) und Qualitätsniveau (z.B. Änderungen der
Pflegepläne), die als Steuerungsinstrument in der Patientenbetreuung genutzt werden
können.
Perspektiven
Nachdem die Abbildung der Abläufe aus pflegerischer Sicht inzwischen als
abgeschlossen gelten kann, wird es im weiteren Projektverlauf vor allem darum gehen,
eine Integration der medizinischen Dokumentation zu erreichen und die
Kommunikationsabläufe zwischen Pflegepersonen und Ärzten untereinander sowie mit
den Funktionsbereichen zu unterstützen. Die Projektplanung sieht folgende Aspekte vor:
Auftrags- und Befundkommunikation: Elektronische Anforderung, Verfügbarkeit der
Befunde innerhalb von NANCY
Schnittstelle zur Rückmeldung von Diagnosen / Prozeduren ans
Administrationssystem
Schnittstelle zur Übernahme der Akten ins Dokumenten-Archiv
Verbesserung der Ausfallsicherheit durch Umsetzung des Netzausfall-Konzeptes
6.2.7 Steiermärkische Krankenanstalten Graz: Qualitätssteigerung in der
Pflegedokumentation - EDV als Unterstützung
Birgit Fürst, Hubert Leitner, Eveline Brandstätter
6.2.7.1 Beschreibung des Hauses und der Pilotstation
Die Steiermärkische Krankenanstalten GesmbH (KAG) hat 20 Krankenhäuser und ein
Pflegeheim in den Regionen der Steiermark. Das Universitätsklinikum LKH Graz umfasst
20 verschiedene Universitätskliniken.
Die HNO Universitätsklinik (Pilotklinik) am LKH Graz besteht aus drei Pflegestationen,
wobei die Station HNO3 als Fünftagesstation geführt wird. Die Gesamtbettenanzahl
beträgt 95 Betten. Die Ambulanz (neun Spezialambulanzen) und der operative Bereich
entsprechen dem internationalen Standard.
Der HNO Universitätsklinik stand vor Einführung des Projektes MEDOCS eine reine EDV-
unterstützte Patientenadministration zur Verfügung (Krankenhausinformationssystem).
6.2.7.2 Gründe für eine EDV-Einführung, Auswahl Software und
Pilotstationen
Die steiermärkische Krankenanstalten GesmbH hat 1998 ein Projekt zur Auswahl eines
neuen Krankenhausinformationssystem zur medizinisch–pflegerischen Dokumentation
und als Basis für ein Kommunikationsnetzwerk gestartet. Ziel war, vor einem KAG-weiten
Rollout die Einsatzmöglichkeiten speziell für die individuelle Dokumentation sowie im
Bereich der Lehre und Forschung des Produktes zu prüfen. In diesem Projekt wurden
unter Einbindung aller Benutzergruppen nach einer viermonatigen Testphase und einem
Verhandlungsverfahren die Produkte IS-H von SAP und IS-H*Med der Firma t-Systems
(zum Auswahlzeitpunkt Firma EDVg) ausgewählt. Zusätzlich wurde zur Archivierung von
speicherintensiven Dokumenten wie z.B. Bildern, gescannten Dokumenten und
Tondokumenten die Archivlösung der Firma SER ausgewählt.
Mit diesem Produkten sollen folgende Hauptbereiche abgedeckt werden:
Die Basis eines Krankenhausinformationssystems mit Patientenadministration,
landesspezifischer Verrechnung und gesetzlich geforderten Statistiken.
Logistische Funktionen wie Terminplan, Leitsystem und Leistungsanforderung.
Medizinische Dokumentation mit frei gestaltbaren Dokumenten.
Pflegedokumentation mit frei gestaltbaren Dokumenten.
Schnittstelle zu Subsystemen.
Integration vom Bild- und Tondokumenten.
Spezielle Anforderungen der KAG als Krankenhausverbund mit einem
Universitätsklinikum waren ein Werkzeug zur wissenschaftlichen Auswertung von
Daten und eine einheitliche krankenhausübergreifende Patientenidentifikation und
Befundeinsicht.
Auf Basis der ausgewählten Produkte wurden unter dem Projektnamen MEDOCS drei
Pilot-Implementierungen ausgewählt: die Hals-Nasen und Ohren-Universitätsklinikum am
LKH Graz, die Klinische Abteilung für Angiologie am LKH Graz, sowie das LKH
Bruck/Mur.
Für die Pilotierung der Pflegedokumentation wurde die Hals-, Nasen und Ohren-
Universitätsklinik am LKH Graz.
6.2.7.3 Projektorganisation
Die Projektorganisation wurde nach den in der KAGes durch die ISO-Zertifizierung
vorgegebenen Prozessen aufgebaut. Darstellung der Projektorganisation:
Gesamtprojektauftraggeber
Gesamtprojektbeauftragter
Gesamtprojektleiter
Kernteam
Teilprojekte fanden in verschiedenen Bereichen wie HNO, Angiologie, Verrechnung,
Radiologie-Informationssystem und Wissenschaftliches Auswertungen statt.
Die Auftraggeberrolle wurde durch die beiden Vorstände der KAG sowie durch einen
Vertreter der Medizinischen Fakultät wahrgenommen. Der Gesamtprojektbeauftragte war
der Leiter des Unternehmens-Informations-Management. Die Gesamtprojektleitung hatte
der Leiter der Abteilung für Medizinische Basis- und Standard-Subsysteme inne.
Für das Gesamtprojekt wurde ein Projekthandbuch erarbeitet, die Teilprojekte hatten
jeweils eine eigene Projektvereinbarung.
Die Implementierung der Pflegedokumentation wurde nicht als eigenes Projekt geführt,
sondern war Bestandteil des Gesamt-Implementierungsprojektes in der HNO. Die
Koordination des Pflegemoduls IS-H*Med erfolgte durch die Autorin in Absprache mit dem
Unternehmens-Informations-Management und der HNO durchgeführt.
Abstimmungs-, Beratungs- und Eskalationsgremien waren neben den Kernteamsitzungen
im Gesamtprojekt und in den Teilprojekten auch die Projektausschusssitzungen,
Lenkungsausschusssitzungen und Geschäftsführermeetings.
Mit Ausnahme der Projektausschusssitzungen waren die Gremien durch Personen des
Auftraggebers und des Auftragnehmers besetzt.
6.2.7.4 Bisherige Pflegedokumentation, Vorbereitungen zum Pflegeprozess
Die Pflege der KAG arbeitet nach dem Pflegemodell „Nancy Roper“. Der Pflegeprozess
wurde nach den gesetzlichen Auflagen in der EDV dargestellt.
Bis zur Einführung einer elektronischen Pflegedokumentation gab es auf den Stationen
eine papierbasierende Pflegedokumentation auf der Basis von Optiplan. Diese umfasste
die Pflegeanamnese, Pflegeplanung, Durchführungsnachweis und den Pflegebericht.
Vor Einführung des neuen EDV-Systems wurde eine exakte Betriebsorganisation
abgebildet, dadurch war es möglich, die EDV auf die neue Strukturplanung abzustimmen.
6.2.7.5 Vorbereitungen der Software und der Hardware
Ziel war, die Pflegedokumentation vollständig mit IS-H*Med abzudecken. Die
Dokumentation sollte möglichst vor Ort und damit am Krankenbett erfolgen. Dazu wurde
von der Hardware-Seite ein Funklan sowie Laptops auf Rollwagen bereitgestellt. Pro
Station sind für die medizinische und pflegerische Dokumentation sieben PC’s und ein
Laptop (mit Funklan zur mobilen Datenerfassung) vorhanden.
Es wurde eine eigene Pflegearbeitsgruppe ins Leben gerufen, die für die
Kataloghinterlegungen zuständig war. Es kann davon ausgegangen werden, dass rein für
die Erstellung der Kataloge drei Personen einen Monat lang gearbeitet haben. Eine
Freistellung für die Pflegepersonen erfolgte nur in einem geringen Ausmaß.
6.2.7.6 Durchführung von Schulungen
Die Schulungen der diplomierten Pflegepersonen und Pflegehelfer fanden kurz vor der
Produktivsetzung statt. Aus Dienstplangründen konnten die Schulungen leider nur sehr
kurz gehalten werden.
Die Enduser wurden außerdem durch laufende Informationen auf die Umstellung
vorbereitet. So wurden sie schriftlich und mündlich informiert, sobald Veränderungen ins
System gestellt wurden (insbesondere während der „Kinderkrankheiten“ zu Beginn).
6.2.7.7 Einführungsstrategie und eingeführte Funktionalität
Nach einer intensiven Vorbereitungsphase wurde das MEDOCS Pflege-Modul im Mai
2001 auf den drei Pilotstationen eingesetzt. Das Pflegemodul wurde anfangs auf jeder
Station in nur einem Patientenzimmer mit vier Patienten eingeführt. Die zeitlichen
Vorgaben zur weiteren Einführung wurde den Stationsleitungen überlassen. Die
Motivation der User war aber so groß, dass nach ca. sechs Wochen die digitale Erfassung
der Pflegedokumentation auf die gesamte Station übertragen wurde.
In dieser Zeit konnte die Applikation auch wirklich genau „erprobt“ werden. So gab es
auch die eine oder andere Erkenntnis, Funktionalitäten besser und praxistauglicher zu
modifizieren.
Die digitale Pflegedokumentation beinhaltet die Pflegeanamnese für Erwachsene, die
Pflegeanamnese für Kinder- und Jugendliche, die Pflegeplanung mit Problemen, Zielen
und Maßnahmen, den Durchführungsnachweis (Dokumentation der Maßnahmen), den
Pflegebericht, den pflegerischen Entlassungs- /Transferierungsbericht sowie einige
spezielle, frei eingerichtete (parametrierte) Dokumente. Die Pflegediagnosen sind derzeit
noch nicht hinterlegt. Exemplarische Screenshots stellen die Abb. 30, Abb. 31, Abb. 32
sowie Abb. 33 dar.
Außerdem wurden anhand des Gesundheits- und Krankenpflegegesetzes (GuKG) die
Berechtigungen den einzelnen Rollen zugeordnet. Die Pflegedokumentation kann mit
Laptops und Funklan als mobile Datenerfassung angewendet werden. Die Stationen
verfügen jeweils über einen Laptop, der individuell verwendet werden kann.
Abb. 30: Klinischer Arbeitsplatz der Pflege
Abb. 31: Pflegeanamnese für Erwachsene, nach dem Pflegemodell Nancy Roper,
Lebensaktivität ‚Für Sicherheit Sorgen‘.
Abb. 32: Pflegeplanung: Der Pflegeplan stellt eine direkte Verknüpfung zur
Pflegeanamnese dar.
Abb. 33: Nachweis der durchgeführten pflegerischen Leistungen.
6.2.7.8 Betreuungskonzept
Für die Erarbeitung der Sollkonzepte und für die Implementierungsphase wurden Key-
User aus der Pflege auf jeder Station definiert, die das Bindeglied der Endbenutzer zu den
EDV-Beratern darstellten. Außerdem traf sich die Projektkoordinatorin für das
Pflegemodul in der Einführungsphase regelmäßig mit den Pilotstationen und den
Pflegedienstleitungen und fungierte so als Bindeglied zwischen Pflege und EDV. Sie war
zu Beginn 24 Stunden und auch am Wochenende per Rufbereitschaft und über Piepser
erreichbar.
6.2.7.9 Auswirkungen und Akzeptanz des EDV-Systems bei den Mitarbeitern
Basierend auf einer stetigen Motivation der User, bei Bedarf durchgeführten
Nachschulungen und persönlicher Vorort-Betreuung wurde eine sehr gute Akzeptanz der
Mitarbeiter erreicht.
Die Pflegeplanung hat sich mit der EDV verbessert. Die Papierdokumentation hatte zwar
einen sehr guten Durchführungsnachweis, enthielt aber wenig Planung von Problemen
und Zielen. Durch die Abbildung standardisierter Pflegepläne konnte eine Zeitersparnis
bei der Pflegeplanung erreicht werden. Die standardisierten Pflegepläne sind im System
individuell gestaltbar und veränderbar, so dass jeder Patient individuell gesehen und
gepflegt werden kann.
Insgesamt hat sich die Qualität der Pflegedokumentation um ein Vielfaches verbessert.
Auf den Stationen der HNO ist die EDV völlig in die Routine übergegangen und im
täglichen Arbeitsprozess kein Thema mehr.
6.2.7.10 Fazit und weitere Vorgehensweise
Die Einführung ist als sehr positiv zu beurteilen. Die Qualität der Pflegedokumentation hat
sich mit der Einführung der EDV verbessert. Der Mitarbeiter hat einen raschen Zugang zu
Pflegestandards, Fachrichtlinien und Informationsblättern. Durch die Verknüpfung von
Pflegeanamnese und -planung ist die Formulierung von Problemen und Zielen einfacher
geworden. Damit wurde gegenüber der handschriftlichen Dokumentation auch eine
Zeitersparnis erreicht.
Als nächste Schritte wird MEDOCS in allen LKH’s der KAG als administrative Basis
eingeführt. Darauf aufbauend werden weitere Module und Funktionen wie zum Beispiel
die Medizinische Dokumentation implementiert. Die Fieberkurve und die Anordnung von
Medikationen erfolgt zur Zeit noch in Papierform.
Abb. 34 stellt das Projektteam dar.
Abb. 34: Das Projektteam. Von links: Stat. Sr. Erkinger Brigitta, Sat. Sr. Sallmutter Ullrike, OSR.
Brandstätter Eveline, DGKS Fürst Birgit, DGKS Suschnig Petra, Stat. Sr. Pucher Laura.
6.2.8 Zürcher Höhenkliniken: Umfassende elektronische
Patientendokumentation
Iris Schadegg
6.2.8.1 Beschreibung des Hauses und der Pilotstation
Die Zürcher Höhenkliniken Wald (144 Betten) und Davos (100 Betten) sind
Rehabilitations- und Nachbehandlungskliniken des Kantons Zürich in der Schweiz. Sie
haben einen Leistungsauftrag des Kantons Zürich, sind auf der Spitalliste ihres
Standortkantons und von den entsprechenden Fachgesellschaften anerkannt.
Die Zürcher Kliniken haben seit 1997 erfolgreich eine umfangreiche elektronische
Krankengeschichte einschließlich Pflegeplanung und -dokumentation auf allen Stationen
eingeführt.
Die Kardiologieabteilung in Wald, bestehend aus 36 Betten, dem Chefarzt, zwei
Assistenzärzten, einer Abteilungsleitung Pflege sowie acht Pflegepersonen, wurde wegen
des vielschichtigen und komplexen Krankheitsbilder der Patienten als Pilotstation für die
gesamte Funktionalität der elektronischen Krankengeschichte ausgewählt.
6.2.8.2 Gründe für eine EDV-Einführung, Auswahl Software und
Pilotstationen
Um den steigenden Anforderungen von Gesundheitsdirektion, Krankenkassen und
Zuweisern gerecht zu werden, entschlossen sich die Zürcher Höhenkliniken 1997 zur
Einführung eines elektronischen Patienten-Dokumentationssystem. Das einheitliche Netz
umfasst ehemalige EDV-Insellösungen aus den Bereichen Verwaltung, Therapieplanung,
Sekretariat und Labor sowie die ärztliche Krankengeschichte, Pflege- und
Therapiedokumentation. Um dem Krankenversicherungsgesetz sowie den
Ausbildungsbestimmungen gemäss WHO zu entsprechen, ist eine vollständige,
historisierte Patientendokumentation unumgänglich.
Die Zürcher Höhenkliniken haben sich nach einer Evaluationsphase für das Produkt
"PHOENIX" der Firma Parametrix Solutions AG, Schweiz, entschlossen. Das Produkt
umfasst hauptsächlich die klinische Funktionalität (ärztliche, pflegerische und
therapeutische Dokumentation). Zusätzlich unterstützt es Verwaltungsfunktionen wie z.B.
die Leistungserfassung sowie deren Rückmeldung ins Administrativsystem. Es bietet
Parametrisierungsmöglichkeiten, um die spitaleigenen Strukturen sowie Arbeitsprozesse
elektronisch umzusetzen. Praktisch die gesamte Krankengeschichten-Struktur kann im
Spital selber definiert und umgesetzt werden. PHOENIX bietet uns die heute notwendige
Anpassungsfähigkeit an den Gesundheitsmarkt. Es ermöglicht disziplinübergreifenden
Einsatz und gewährleistet somit einen spitalweiten Informationsfluss. Es ist technisch und
funktional erweiterbar. Die Leistungserfassung sowie deren Transfer in die
Kostenträgerrechnung ist gewährleistet. Doppelerfassungen entfallen, weil die
notwendigen Daten an die entsprechenden Systeme weitergeleitet werden.
Als Pilotstation wurde die Abteilung Kardiologie in der Zürcher Höhenklinik Wald
ausgewählt. Diese Station galt als sehr innovativ und projekterfahren. Die
Abteilungsleitung, das Pflegepersonal sowie der Chefarzt und die damaligen
Assistenzärzte erklärten sich bereit, die vorübergehende Mehrarbeit auf sich zu nehmen.
Während des dreimonatigenTestbetriebs wurde aus Sicherheitsgründen eine
Doppeldokumentation der gesamten Krankengeschichte geführt (von Hand auf Papier
und elektronisch).
6.2.8.3 Projektorganisation
Damit das Projekt auch von der ärztlichen Seite getragen wurde, ernannte die
Klinikleitung den Chefarzt der Kardiologe zum Projektleiter. Das Projektteam setzte sich
wie folgt zusammen: Speziell für dieses Projekt freigestellte Mitarbeiter, und zwar ein
Assistenzarzt (100%), ein Pflegemitarbeiter (100%) sowie eine Informatikmitarbeiterin
(50%) für die Entwicklung der elektronischen Krankengeschichte. Entwickelt wurde im
Dreier-Team (250% Stellenprozent). Hinzu kamen je ein Informatikmitarbeiter aus den
Kliniken Wald und Davos und die Projektbegleitung durch verschiedene Vertreter des
Lieferanten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass klinikweit die elektronische
Krankengeschichte eingeführt wurde, nicht nur die Pflegedokumentation.
6.2.8.4 Bisherige Pflegedokumentation, Vorbereitungen zum Pflegeprozess
Die Pflegedokumentation wurde bis zur EDV-Einführung vollständig von Hand auf Papier
geführt. Diese beinhaltete in der Regel Pflegeanamnese und -planung, Ziel- und
Maßnahmendokumentation, Übersicht von Vitalwerten inkl. grafischer Darstellung,
tägliche Pflegeberichterfassung, Medikamentenübersicht, Diagnoseliste, Kontrolle über
verordnete Untersuchungen und Laborentnahmen.
Aus Zeitgründen gab es keine Vorbereitungen zum Pflegeprozess oder Anpassungen der
Stationsorganisation.
6.2.8.5 Vorbereitungen der Software und der Hardware
Die Informatik stellte eine den Anforderungen gerechte Hardware zur Verfügung. Für den
ärztlichen Bereich, die Pflege und die Therapie mussten PC's installiert werden. Bis dahin
wurde in diesen Bereichen ohne PC gearbeitet. Während der Pilotphase stellte sich
heraus, dass jeder Arzt über einen PC verfügen muss. Auch innerhalb der Pflege mussten
zusätzliche PC's bereit gestellt werden. Ein Jahr nach der Einführung wurde zusätzlich ein
Funknetz mit Laptops in Betrieb genommen. So wird vor allem die Mobilität während der
Visite gewährleistet.
Für die Pflegeplanung wurden die bereits vorgängig verwendeten, hausintern definierte
Pflegestandards benutzt und in die EDV eingegeben.
6.2.8.6 Durchführung von Schulungen
Im Bereich der Pflege, in dem der größte Schulungsbedarf entstand, wurde die
Pflegeleitung der Kardiologie für die Schulung des gesamten Pflegepersonals in allen
Funktionalitäten (einschließlich Pflegedokumentation) freigestellt. In allen anderen
Bereichen wurden die Leitungen geschult, die dann wiederum ihre Mitarbeiter schulten.
Anfang 2002 wechselte die Pflegeleitung von der Kardiologie zur Informatik über und ist
nun Ausbildungsverantwortliche für beide Kliniken. Sie bietet PHOENIX-Schulungen in
allen Arbeitsbereichen. Speziell für die Pflege werden regelmäßige „Brush-up-Kurse“
angeboten. Zusätzlich betreut sie die Leistungserfassung Pflege, die ebenfalls über
PHOENIX abgewickelt wird.
6.2.8.7 Einführungsstrategie und eingeführte Funktionalität
Da dieses Projekt in zwei Kliniken realisiert wurde (Wald/Davos), hatten wir verschiedene
Vorteile. Wald entwickelte das medizinische und therapeutische Modul. Davos hingegen
das pflegerische Modul. Die Formulare waren bereits vor der elektronischen Lösung in
beiden Kliniken praktisch identisch. Der größte Teil dieser Formulare (und auch alle
Formulare zur Pflegedokumentation) wurde 1:1 in elektronischer Form abgebildet. Ein Ziel
war, dass die Benutzer mit einer mehr oder weniger bekannten Maske arbeiten konnten.
Zuerst wollten wir in Wald mit der ärztlichen Krankengeschichte arbeiten und in Davos mit
der pflegerischen. Erfahrungen sollten ausgetauscht und Fehler behoben werden.
Anschließend sollten die Module unter den Kliniken ausgetauscht und, wo nötig,
angepasst werden. Bei der Umsetzung stellte sich aber sehr schnell heraus, dass
zumindest ärztlicher Bereich und Pflege gleichzeitig eingeführt werden müssen, um die
Krankengeschichte optimal zu nutzen.
Seit die elektronische Krankengeschichte in Betrieb ist, können z.B. Verordnungen direkt
während der Visite ausgeführt werden. Die gesamte Krankengeschichte steht dem Arzt,
der Pflege und den Therapiebereichen während der Visite zur Verfügung.
Übergaberapporte Nachtwache/Tagdienst werden nicht mehr durchgeführt. Die
entsprechenden Ereignisse können vom Tagdienst in zusammengefasster Form im PC
eingesehen werden.
Ansonsten umfasst die EDV-gestützte Pflegedokumentation folgende Funktionen:
Standard-Formularsatz für jeden eintretenden Patienten (Pflegeanamnese,
Pflegeplanung, Pflegebericht, Formulare für den Austritt usw.)
Anfügen individueller Formulare wie z.B. Verbandwechselverlaufsblatt
Unfallprotokoll
Anmeldungen zur Sozialberatung oder Fußpflege
Verlegungsformulare wie Austritt, Zimmerwechsel, Urlaub, Todesfall
Die Abbildungen Abb. 35, Abb. 36 und Abb. 37 stellen exemplarische Screenshots dar.
Die Einträge in den Dokumenten sind "dokumentensicher". D.h. es ist ersichtlich, wer
wann welchen Eintrag gemacht hat. Die Verantwortlichkeiten sind klar geregelt. Nur der
Arzt kann Medikamente verordnen. Der Pflege steht nur ein kleiner Medikamentenstamm
(Baldrian, Schlaftee, Salben etc.) zur Verfügung. Veränderungen in der
Medikamentenverordnung müssen vom Arzt entweder telefonisch oder via Mail der Pflege
gemeldet werden.
Abb. 35: Ausschnitt aus der Pflegeanamnese zu einem Patienten.
Abb. 36: Die Dokumentation der pflegerischen Maßnahmen.
Mo = Morgen, Mi = Mittag, Ab = Abend, Na = Nacht.
Abb. 37: Verlaufsblatt für die Maßnahmen ‚Verbandswechsel‘.
6.2.8.8 Betreuungskonzept
Für die Betreuung und Weiterentwicklung der gesamten elektronischen
Krankengeschichte incl. Pflegedokumentation in beiden Kliniken wurde im Mai 2001 eine
Vollzeitstelle eingerichtet. Es werden regelmäßige Sitzungen mit Bereichsvertretern
durchgeführt, in denen auftretende Bedürfnisse geprüft werden. Je nach Priorität werden
sie kurz- oder längerfristig umgesetzt. Den Benutzern steht im Falle einer Störung eine
Hotline zur Verfügung.
6.2.8.9 Ausfallkonzept und Umgang mit Störungen
Für Störungen während der Wochenenden stellt die Informatikabteilung eine Hotline zur
Verfügung, die beide Kliniken betreut. Hardwaremäßig steht je ein Clustersystem zur
Verfügung. Da die Ausfälle und Störungen sehr gering sind, wurde auf eine Hotline
während der Woche außerhalb der Bürozeiten verzichtet. Für Totalausfälle druckt jeder
Bereich die wichtigsten Dokumente regelmäßig aus, z.B. wird von der
Pflegedokumentation die Medikamentenverordnung ein Mal innerhalb von 24 Stunden
ausgedruckt; Gleiches gilt für die standardisierte Pflegeplanung. Der Arzt druckt sich
täglich eine so genannte Visitenliste aus, aus der auch sämtliche Diagnosen ersichtlich
sind. Alle Ausdrucke dienen Pflege und Arzt als tägliches Arbeitspapier.
Für den Software-Lieferanten steht ein Fernwartungszugriff zur Verfügung, um innerhalb
kürzester Zeit Unterstützung bieten zu können.
6.2.8.10 Auswirkungen des EDV-Einsatzes in der Pflegedokumentation
Eine eindeutige Qualitätsverbesserung in der Pflegedokumentation konnte festgestellt
werden. In der Anfangsphase mussten Überstunden, vor allem durch das Pflegepersonal,
geleistet werden. Nach anfänglicher Skepsis waren die Mitarbeiter aber schon bald von
PHOENIX und dessen Vorteilen überzeugt. Eine klare Zuordnung der
Verantwortlichkeiten und deren Dokumentation im System verhindert unnötige
Diskussionen. Verordnungen sind lesbar und eindeutig. Es entstehen weniger Rückfragen
wegen Unklarheiten. Die Sucherei der Krankengeschichte entfällt. Auskünfte an
Pflegeheime oder andere Spitäler können umgehend gegeben werden. Laborwerte
stehen der Pflege innerhalb kürzester Zeit zur Verfügung. Die Pflege ist, dank Einsicht in
die ärztliche und therapeutische Krankengeschichte, immer auf dem aktuellsten
Informationsstand. Übergabe- und Austrittsberichte können schon vor dem definitiven
Austritt vorbereitet werden. Die Angaben ausgetretener Patienten stehen bei
nachträglichen Rückfragen sofort zur Verfügung.
Die pflegerischen Leistungen werden mittels standardisierter Pflegeplanung in Minuten
festgehalten und in die "Leistungserfassung Pflege" übermittelt. Diese Software dient als
planerisches Instrument retro- und prospektiv. Ein Vergleich vorhandener Ressourcen zu
geforderten Ressourcen ist für die Pflege jederzeit möglich. Das verbrauchte
Pflegematerial wird zur Abrechnung automatisch ins Administrativsystem geschickt.
Eine Zeitersparnis im Verwaltungsbereich kann eindeutig festgestellt werden. Die
Einführung von PHOENIX bewirkte zusätzlich, vor allem beim Pflegepersonal, ein
erhöhtes Interesse an der EDV, das bis zur Anschaffung eines Computers im
Privatbereich ging.
Insgesamt wurde die Dokumentation umfangreicher und dadurch auch vollständiger.
Dopplungen konnten vermieden werden. Auswertungen und Statistiken standen den
Benutzern innerhalb kürzester Zeit zur Verfügung. Anpassungen und Wünsche konnten
im Haus selber sehr rasch umgesetzt werden.
6.2.8.11 Verwendung des Systems durch andere Berufsgruppen
PHOENIX wird in der Zwischenzeit von allen Berufsgruppen verwendet. Die
Krankengeschichte wird bewusst interdisziplinär gehalten, damit eine gegenseitige
Information gewährleistet ist. Die Pflegeplanung und -dokumentation wird regelmäßig von
Ärzten und anderen Berufsgruppen (z.B. Sozialarbeitern) eingesehen. Die
entsprechenden Rechte können durch die Informatikabteilung bzw. durch die
Applikationsentwicklung PHOENIX individuell vergeben werden.
6.2.8.12 Akzeptanz des EDV-Systems bei den Mitarbeitern
Die Einführung der EDV-Lösung war nicht einfach. Die Mitarbeiter standen dem Projekt
sehr skeptisch gegenüber. Während der Einführungsphase mussten Dopplungen und
Mehrarbeit in Kauf genommen werden. Schon nach kurzer Zeit wurden aber die Vorteile
erkannt und die anfängliche Skepsis wich einer zunehmenden Bereitschaft und
Begeisterung. Dies betrifft auch die Funktionalität der EDV-gestützten Pflegeplanung und
Pflegedokumentation.
Ganz entscheidend für das Pflegepersonal waren auch die Einzelschulungen der
MitarbeiterInnen in der Pflege. Ängste und Vorurteile konnten rechtzeitig wahrgenommen
und schnell abgebaut werden. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit hat durch PHOENIX
ganz sicher gewonnen, weil jeder, der mit Patienten arbeitet, jederzeit informiert ist. Die
Qualität der Dokumentation insgesamt ist um ein Vielfaches gestiegen. Abläufe sind
nachvollziehbar. Anfragen können rasch bearbeitet werden. Die mühsame Suche von
Krankengeschichten entfällt. Befunde und Verordnungen sind, unabhängig von der
Handschrift, gut lesbar und sofort verfügbar. Berichte für Nachbehandelnde sind bereits
am Entlassungstag versandbereit. Die Mobilität wird besonders während der Visite
geschätzt.
6.2.8.13 Fazit
Im Rahmen der gesamten Neuorganisation der Zürcher Höhenkliniken Wald und Davos
wird die zukünftige Krankengeschichte-Struktur prozessorientiert aufgebaut. Die
interdisziplinären Behandlungspfade werden ebenso berücksichtigt wie die Integration der
ICF-Klassifizierung (ICF = International Classification of Functioning, Disability and
Health). Das direkte Abrufen von Bildmaterial (Röntgenbilder, Ultraschall, Digitale Fotos
der Wundverläufe usw.) wird in naher Zukunft entwickelt werden müssen.
Da die elektronische Krankengeschichte in allen Arbeitsbereichen erfolgreich eingeführt
wurde, wird es nicht nur pflegespezifische Änderungen geben. Vielmehr werden die
Änderungen und Anpassungen interdisziplinär und prozessorientiert stattfinden. Auch im
Rahmen der neuen Berufsgruppe "Reha-Koordination", die klinkintern ausgebildet wird,
präsentiert sich die elektronische Krankengeschichte absolut interdisziplinär.
7. Ausblick
Die Einführung eines EDV-gestützten Pflegedokumentation erfordert eine sorgfältige und
umfassende Vorbereitung und eine kompetente Durchführung. Wenn Sie mit Ihrem
Projekt alle im Buch bisher beschriebenen Schritte absolviert haben, und die Einführung
erfolgreich verlaufen ist, dann sei Ihnen zunächst einmal recht herzlich gratuliert.
Sicherlich werden aber Sie auch festgestellt haben, das jedes Projekt immer ein wenig
anders verläuft, und Sie werden viele individuelle Erfahrungen gemacht haben. Einige
prinzipielle Punkte möchten wir an dieser Stelle dennoch festhalten:
Der Erfolg eines solchen Projekts lebt von der Motivation der Mitarbeiter sowie von der
fachlichen und menschlichen Kompetenz aller Beteiligten. Insbesondere müssen im
Projektteam sowohl pflegerische als auch informatische Kenntnisse gebündelt werden.
Pflegekräfte sei also geraten, diese Herausforderung anzunehmen und entsprechend
Fort- und Weiterbildungen zu besuchen (siehe Kapitel 8).
EDV alleine kann nie alle Probleme in der Pflegedokumentation lösen. Immer sind es
auch die Akzeptanz der Pflegedokumentation als wichtiges Werkzeug der Pflege, die
Kultur in einem Hause, und die Zusammenarbeit im multiprofessionellen
Behandlungsteam, welche entscheidend sind. In vielen Fällen mag auch die Einführung
von EDV gar nicht notwendig sein, um erkannte Schwachstellen im Bereich der
Pflegedokumentation zu beheben. Vielmehr können z.B. auch Absprachen und
Verfahrensanleitungen zur Pflegedokumentation oder die Überarbeitung von Formularen
die Situation verbessern. Wir hoffen, Ihnen mit diesem Buch einen Anhaltspunkt gegeben
zu haben, die Vor- und Nachteile einer EDV-Einführung kompetent abzuwägen und dann
adäquat zu entscheiden.
Wir haben uns mit der EDV-gestützten Pflegedokumentation beschäftigt. Dabei darf aber
nicht außer acht gelassen werden, dass diese immer nur ein Teil einer umfassenden
elektronischen Patientenakte (engl. Electronic Patient Record – EPR) sein kann. Die
Fallbeispiele z.B. aus dem Klinikum Hannover und den Zürcher Höhenkliniken belegen
dies eindrucksvoll. Eine berufsbezogene Dokumentation kann den Bedarf nach eine
umfassenden, patientenorientierten Informationsverarbeitung nicht erfüllen, sie führt eher
zu Informationsverlusten und Kommunikationsproblemen. In sofern ist es besonders
bedeutsam, niemals die Patientengeschichte als Ganzes aus den Augen zu verlieren, und
besonders solche EDV-Systeme in Erwägung zu ziehen, die dieses unterstützen.
Das Buch ist geschrieben von Praktikern für Praktiker. Wir hoffen, dass Sie unsere
Ausführungen nützlich fanden. Über eine Rückmeldung zum Nutzen dieses Buches
würden wir uns sehr freuen.
Die Autoren
Heidelberg, Innsbruck, Frankfurt,
im Oktober 2002
8. Anhang: Weiterführende Informationen
Bücher
Ball, M.J.; Hannah, K.J.; Newbold, S.K.; Douglas, J.V.: Nursing Informatics: Where Caring
and Technology Meet. 2nd edn Springer, New York 1995.
Gerdin, U.; Tallberg, M.; Wainwright, P. (Hrsg.): Nursing Informatics. The Impact of
Nursing Knowledge on Health Care Informatics. IOS Press, Amsterdam 1997.
Hacker, W.; Scheuch, K.; Kunath, H.; Haux, R.: Computer in der Krankenpflege. Roderer,
Regensburg 1999.
Hannah, K.J.; Ball, M.J.; Edwards, M.J.A.; Hübner, U.: Pflegeinformatik. Springer,
Heidelberg 2002.
Haux, R.; Lagemann, A.; Knaup, P.; Schmücker, P.; Winter, A.: Management von
Informationssystemen. Teubner-Verlag, Stuttgart 1998.
Goossen, W.T.F.: Pflegeinformatik. Ullstein Medical, Wiesbaden 1998.
Hannah, K.J.; Ball, M.J.; Edwards, M.J.A.: Introduction to Nursing Informatics. Springer,
New York 1999.
ICNP: Die internationale Klassifikation der Pflegepraxis. Deutschsprachige Ausgabe
herausgegeben vom DBfK, SBK und ÖKV. Aus dem Englischen von der
deutschsprachigen ICNP-Nutzergruppe. Hans Huber, Bern 2002.
Mantas, J.; Hasman, A. (Hrsg.): Textbook in Health Informatics - A Nursing Perspective.
IOS Press, Amsterdam 2002.
Trill, R.: Krankenhaus-Software im Überblick. Anbieter, Produkte, Anwendungen.
Hermann Luchterhand Verlag, Neuwied und Kriftel 2001.
Zeitschriften
Die folgenden Zeitschriften haben sich auf Pflegeinformatik-Themen spezialisiert:
PR-Internet, HpS-Medienverlag, http://www.pr-internet.com (deutschsprachig)
Computers, Informatics, Nursing (CIN), Lippincott-Verlag, http://www.nursingcenter.com
Online Journal of Issues in Nursing (OJNI), http://www.nursingworld.org/ojin
Natürlich enthalten auch die folgenden bekannten Pflegezeitschriften immer wieder Artikel
zum Thema Pflegeinformatik:
Dr. med. Mabuse, Mabuse-Verlag, http://www.mabuse-verlag.de/zeitschrift
Pflege, Verlag Hans Huber, http://www.verlag.hanshuber.com
Pflege Aktuell, Deutscher Berufsverband für Pflegeberufe (DbfK), http://www.dbfk-
pflegeaktuell.de
Pflegezeitschrift, Kohlhammer-Verlag, http://www.pflegezeitschrift.de
Die Schwester/Der Pfleger, Bibliomed Verlag, http://www.bibliomed.de/
Heilberufe, Verlag Urban & Vogel , http://www.heilberufe-online.de/
Internetquellen
Im folgenden werden einige Internetquellen dargestellt, welche Themen der
Pflegeinformatik behandeln. Weitere Seiten lassen sich leicht über die einschlägigen
Suchmaschinen leicht finden.
American Nurses Association (ANA), http://www.ana.org
American Nursing Informatics Association (ANIA): http://www.ania.org
Arbeitsgruppe Informationsverarbeitung in der Pflege der Deutschen Gesellschaft für
Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (gmds): http://www.health-
informatics.de/gmds_ni
European Summer School of Nursing Informatics, http://www.nursing.nl/users/esoni
International Council of Nurses (ICN), insbesondere Links auf „International Classification
of Nursing Practice“, http://www.icn.ch/icnp.htm
Internet-Server für die Pflege, insbesondere der Abschnitt „EDV“:
http://www.pflegenet.com
North American Nursing Diagnosis Association, http://www.nanda.org
Nursing Data Projekt in der Schweiz,
http://www.hospvd.ch/public/ise/nursingdata/de/index.htm
Nursing Informatics Work Group der Amercian Medical Informatics Association (AMIA):
http://www.amia-niwg.org
Pflegeinformatik in der Praxis (PflebIT): http://www.pflebit.de/pflebit
Projekt Fachkraft für EDV in der Pflege (FEP) im Gesundheitswesen: http://www.fep-
projekt.de
Special Interest Group on Nursing Informatics (SIG-NI) der International Medical
Informatics Association (IMIA): http://www.infocom.cqu.edu.au/imia-ni
Fort- und Weiterbildung in der Pflegeinformatik
Der Erfolg eines Projekts lebt von der Motivation der Mitarbeiter sowie von der fachlichen
und menschlichen Kompetenz aller Beteiligten. Bei EDV-gestützter Pflegedokumentation
müssen im Projektteam sowohl pflegerische als auch informatische Kenntnisse gebündelt
werden. Inzwischen eine Reihe von spezialisierten Ausbildungs- und Studiengänge,
welche entsprechende Kompetenzen vermitteln. Im folgenden seien exemplarisch vier
Lehrgänge genannt23:
Fachkraft für EDV im Pflegedienst, Bildungseinrichtungen des Landesvereins für
Innere Mission in der Pfalz e.V., 67098 Bad Dürkheim, [email protected].
Weiterbildung zur EDV-Fachkraft im Gesundheitswesen, Deutscher Berufsverband
für Pflegeberufe (DBfK) Landesverband Bremen, Hamburg und Schleswig-Holstein
e.V., http://www.dbfk.de/bhs/akademie/edv/index.htm.
IT-Fachkraft im Krankenhaus, Fachhochschule Flensburg, http://www.wi.fh-
flensburg.de/bwl/Trill/index.htm (-> Lehre -> Qualifizierungsprogramm).
Modulares Kursangebot „Gesundheitsinformatik im Gesundheitswesen",
Weiterbildungszentrum für Gesundheitsberufe Aarau/Zürich, http://www.weg-
edu.ch/angebot/index.htm.
Möglich ist auch die Teilnahme an der „Sommerschule Pflegeinformatik“, welche
sowohl national als auch international angeboten wird24. Auch die deutsche Akademie
Medizinische Informatik25 bietet zu einzelnen Themen der Informatik Kurse an. Allgemeine
PC-Anwenderkenntnisse kann auch durch Erlangung des „Europäischen
Computerscheines“26 nachgewiesen werden.
Daneben gibt es Studiengänge in Medizinischer Informatik27, welche auf universitären
Niveau in die Thematik einführen, und natürlich enthalten auch viele Pflegemanagement-
Studiengänge Pflegeinformatik als möglichen Studieninhalt (z.B. TU Dresden, FH Fulda,
FH Münster, FH Osnabrück).
23 Die Auswahl stellt keinerlei Empfehlung dar. 24 Die nächste deutschsprachige Sommerschule wird voraussichtlich im Sommer 2003 stattfinden. Sie wird durch die Arbeitsgruppe „Informationsverarbeitung in der Pflege“ der Deutschen Gesellschaft für Med. Informatik, Biometrie und Epidemiologie (gmds) organisiert. Informationen werden rechtzeitig unter http://www.health-informatics.de/gmds_ni/ bereitgestellt werden. Informationen zur nächsten (11.) internationalen European Summer School of Nursing Informatics finden sich unter http://come.to/essoni. 25 Akademie Medizinische Informatik, http://www.med.uni-heidelberg.de/mi/education/akademie/akademie_dt.htm 26 Europäischer Computerführerschein (ECDL), http://www.ecdl.de/ (Deutschland), http://www.ecdl.at/ (Österreich), http://www.ecdl.at/ (Schweinz) 27 z.B. an der Universität Heidelberg/Fachhochschule Heilbronn, http://www.mi.fh-heilbronn.de, oder an der Privaten Universität für Medizinische Informatik und Technik Tirol, http://www.umit.at.
9. Anhang: Anforderungen an Pflegedokumentationssysteme
(Anmerkung: Für die Bewertung eines Dokumentationssystem reicht das Abarbeiten der
Liste nicht aus. Vielmehr ist die Liste zunächst den eigenen Anforderungen anzupassen
und zu verfeinern. Weiterhin sind Szenarien zu definieren und anzuwenden, die typische
Dokumentationsabläufe an Testdaten beschreiben. Erst hier kann man insbesondere
nicht-funktionale Anforderungen wie Übersichtlichkeit und Antwortzeitverhalten in
realistischer Umgebung prüfen).
1. Funktionale Anforderungen
1.1 Stationsliste
Über das Patientenverwaltungsmodul aufgenommene Patienten erscheinen sofort in
der Stationsliste.
Die Stationsliste sollte alphabetisch oder nach Zimmer sortiert werden können.
In der Stationsliste werden bei jedem Patienten folgende Informationen angezeigt:
Patienten-Stammdaten (Name, Geburtsdatum, Fallnummer)
Vorliegen von bestimmten Formularen
Vorliegen einer Pflegeplanung
Vorliegen von bestimmten Reports
Vorliegen einer PPR-Einstufung
Vorliegen von Pflegedokumentationen früherer Aufenthalte
Überfällige Maßnahmendokumentationen
Überfällige Zielüberprüfungen
Überfällige Berichte
Fällige Termine
Reiter
Die einzelnen Funktionen des Pflegeprozesses können gezielt über die Stationsliste
aufgerufen bzw. eingesehen werden.
Einzelne Formulare, Reports etc. zu einem Patienten können gezielt über die
Stationsliste angelegt oder geöffnet werden.
Nach Entlassung des Patienten ist innerhalb eines definierten Zeitraumes noch der
Abschluss der Pflegedokumentation möglich.
1.2 Pflegeprozess
1.2.1 Pflegeplanung
Es kann eine Pflegeplanung mit Ressourcen, potenziellen und aktuellen Problemen,
Zielen und geplanten Maßnahmen erstellt werden.
Für die Pflegeplanung kann auf vordefinierte Pflegepläne zurückgegriffen werden.
Im Katalog der Pflegepläne sollten bereits ausgewählte Pflegepläne für einen
Patienten markiert sein.
Diese vordefinierten Pflegepläne können gefiltert (z.B. stationsbezogen) dargestellt
werden.
In den vorhandenen vordefinierten Pflegeplänen kann nach bestimmten Begriffen
gesucht werden.
Es können gleichzeitig auch mehrere vordefinierte Pflegepläne übernommen werden.
Die vordefinierten Pflegepläne können bei Übernahme einfach durch Abwahl einzelner
Elemente (z.B. Probleme) an den individuellen Patienten angepasst werden.
Abgewählte Elemente können wieder angewählt werden, ebenfalls sollten in einer
Übersicht alle abgewählten Elemente einsehbar sein.
Durch Abwählen von Beiträgen entstehende leere Zeilen verschwinden automatisch
oder können gelöscht werden.
Für einzelne Pflegepläne sollte optional das Fordern eines expliziten Bestätigen von
Einträgen möglich sein.
Es können auch einzelne Einträge zu Ressourcen, Probleme, Ziele und Maßnahmen
hinzugefügt werden (als Freitext oder aus Basiskatalogen). Sie können entweder
einem Pflegeplan zugeordnet oder als separater Eintrag erscheinen. Dabei sollte
ersichtlich sein, daß es sich um zusätzliche Einträge handelt (evtl. farbliche
Markierung).
Es können auch einzelne Einträge zu Ressourcen, Probleme, Ziele und Maßnahmen
entfernt werden.
Es können bei Bedarf zu einzelnen Einträgen Kommentare ergänzt werden, die auch
in der Maßnahmenplanung erscheinen.
Die Darstellung des Pflegeplanes eines Patienten ist übersichtlich gegliedert
Bei der Wiederaufnahme eines Patienten sollte die Übernahme der Pflegeplanung und
bestimmter (Anamnese-)Formulare möglich sein.
Die Pflegeplanung kann jederzeit geändert werden. Die Änderungen werden dabei
protokolliert (z.B. in Form eines Versionsmanagements).
Änderungen an den Zielen und geplanten Maßnahmen werden direkt in die Ziel- und
Maßnahmendokumentation übernommen.
Bei Bedarf kann die Gültigkeit des Pflegeplanes bereits in der Vergangenheit
beginnen (z.B. bei verspäteter Erstellung).
1.2.2 Zeitliche Maßnahmenplanung
Maßnahmen können im zeitlichen Verlauf (z.B. in bestimmten Abständen über einen
gewissen Zeitraum, oder zu einzelnen Zeitpunkten) geplant werden.
Die Planung regelmäßig wiederkehrender Maßnahmen wird unterstützt (z.B. durch
Angabe Häufigkeit und Zeitraum). Dabei ist auch die gleichartige Planung
verschiedener Maßnahmen einfach möglich.
Vorhandene Planungen können bei Bedarf einfach für einen weiteren Zeitraum
fortgeführt werden.
Zu regelmäßig wiederkehrenden Maßnahmen können bei Bedarf auch noch einzelne
Termine geplant werden.
Die zeitliche Maßnahmenplanung kann auf einer Zeitachse und in einer Liste erfolgen.
Maßnahmenplanungen können einfach verschoben oder storniert werden.
Zu einzelnen Maßnahmen können Informationen wie benötigte Qualifikation, benötigte
Ressourcen, und PPR-Relevanz abgerufen werden.
Zu einzelnen Maßnahmen können pflegerische Leitlinien, Richtlinien und Standards
(z.B. in Form eines Nachschlagewerkes) hinterlegt und abgerufen werden.
Es dürfen auch Maßnahmen dokumentiert werden, die nicht explizit im Pflegeplan drin
sind (reine Leistungsdokumentation ohne Pflegeplanung)
Zu dem Zeitpunkt, zu dem ein Pflegeplan oder einzelne Maßnahme abgewählt wird,
sollten automatisch auch alle Maßnahmenplanungen, die über diesen Zeitpunkt
hinausgehen, gelöscht werden.
1.2.3 Dokumentation der Maßnahmendurchführung
Die Dokumentation von Maßnahmen kann sowohl für zeitlich geplante als auch für
ungeplante Maßnahmen erfolgen.
Geplante, aber noch nicht durchgeführte Maßnahmen können für einen beliebigen
Zeitpunkt in Arbeitslisten dargestellt und ausgedruckt werden.
Die Darstellung kann bei Bedarf auf einer Zeitachse erfolgen, in der die Durchführung
sowohl geplante als auch ungeplante Maßnahmen eingetragen werden können. Die
Zeitachse kann dabei in Stufen skaliert werden.
Die Darstellung von geplanten, ungeplanten, stornierten und noch nicht
durchgeführten Maßnahmen muss unterschiedlich sein.
Dokumentierte Maßnahmen können innerhalb einer definierbaren Zeitraum zeitlich
verschoben werden (z.B. wenn man zur falschen Uhrzeit dokumentiert hat).
Bei Bedarf können hinter einzelne Maßnahmen quantitative oder qualitative Werte
(Skalen) hinterlegt werden (z.B. Dekubitus-Grad, Aufwand für Maßnahmen, etc.) (auch
mehrere).
Man sollte in der Maßnahmendokumentation erkennen können, zu welchen
Maßnahmen quantitative oder qualitative Werte hinterlegt wurden.
Über diese Informationen sind patientenbezogene (z.B. Zeitverlauf) und
patientenübergreifend (z.B. Personalaufwand für bestimmte Maßnahmen)
Auswertungen möglich.
Bei geplanten, aber stornierten Maßnahmen kann eine Begründung hinterlegt werden.
Zu einzelnen Maßnahmendurchführungen können Kommentare hinterlegt werden.
Die Dokumentation von Maßnahmen zu Zeitpunkten, die außerhalb des Aufenthaltes
des Patienten auf der Station liegen, wird verhindert.
Eine nachträgliche Maßnahmendokumentation sollte innerhalb einer definierbaren
Zeitspanne möglich sein (auch in alten Pflegeplänen)
1.2.4 Zielüberprüfung
Bei der Zielüberprüfung kann angegeben werden, ob das Ziel erreicht oder nicht
erreicht wurde.
Die (Nicht-)Erreichung von Zielen kann ggf. kommentiert werden.
Ansonsten entsprechen die Anforderungen den Punkten aus der
Maßnahmendokumentation
1.2.5 Berichtsschreibung
Pflegeberichte können als Freitext geschrieben werden.
Bei Bedarf können Textbausteine verwendet werden.
Eine Rechtschreibprüfung ist möglich.
Die Darstellung der Berichte erfolgt chronologisch.
Datum, Uhrzeit und Ersteller werden sichtbar automatisch mit dokumentiert.
Berichte können abgeschlossen werden, sie sind danach nicht mehr änderbar
Abgeschlossene Berichte können storniert werden (z.B. wenn zu einem falschen
Patienten
Pflegeberichte können bearbeitet werden (unterstreichen, Fett, Kursiv, farbig
[Nachtdienst] zur besseren Darstellung
1.2.6 Reiterfunktionalität
Zu einem Patienten können vordefinierte, unterscheidbare Reiter gesetzt und wieder
zurückgesetzt werden.
Das Vorhandenensein von Reitern wird in der Stationsliste angezeigt.
Beim Setzen eines Reiters ist das Hinterlegen eines kurzen Hinweistextes möglich.
Das Setzen und Zurücksetzen von Reitern wird mit Person und Datum/Uhrzeit
protokolliert.
Das Anklicken eines Reiters bringt einen zu dem entsprechenden Hinweis ohne erst
die Patientenakte zu öffnen und dann den entsprechenden Ordner und die Textstelle
auswählen zu müssen
Beim anwählen eines Reiters müsste sich wie bei Kommentaren ein Zusatzfeld öffnen,
in dem man das Datum und den Verfasser des Hinweises erkennen kann (evtl. auch
mehrere )
1.2.7 Formulargestaltung
Es können Formulare (z.B. Informationssammlung) mit beliebiger Struktur und
Umfang angelegt werden.
Formulare können auf mehrere Seiten verteilt werden.
Zur Gestaltung der Formulare stehen Basis-Konstrukte (wie Textfeld, Auswahllisten)
zur Verfügung, so daß Daten strukturiert oder unstrukturiert erfasst werden können.
Zur Gestaltung der Formulare stehen elementare Layoutmöglichkeiten (wie Fett,
Rahmen, Schriftart) zur Verfügung.
Die Einbindung von Graphiken in Formulare ist möglich.
Bei der Erstellung von Formularen können vorhandene Formulare kopiert,
zusammengesetzt oder geteilt werden.
Formulare können leer oder gefüllt mit Patientendaten ausgedruckt werden.
Formulare können nur auf einer oder auf beliebig vielen Stationen verwendet werden.
Bei dem Ausfüllen des Formulars können vorhandene Daten (Patientenstammdaten,
Diagnosen, Aufnahmedatum etc.) automatisch übernommen werden.
Beim Ausfüllen von Formularen kann angegeben werden, ob der Vorgang
abgeschlossen ist oder nicht (z.B. weil noch Daten fehlen).
Es können Freitextfelder eingefügt werden, Texte dürfen bei Anzeige oder Drucken
nicht abgeschnitten werden.
Angekreuztes/Ausgefüllte Felder sollten gut erkennbar sein (fetter Druck, farbliche
Markierung)
1.2.8 Leistungsdokumentation
Eine patientenbezogene PPR-Einstufung ist möglich.
Die vorherigen PPR-Einstufungen können angezeigt und einfach übernommen
werden.
Es können pflegerische Diagnosen- und Prozedurenkataloge hinterlegt und bei der
patientenbezogenen Dokumentation verwendet werden.
1.2.9 Reportgenerierung
Zu beliebigen Zeitpunkten können verschiedene patientenbezogene Reports (z.B.
Entlassberichte, Verlegungsberichte) generiert werden.
Hierfür können Reportvorlagen vorbereitet werden.
In den Reports können vorhandenen Patientendaten verwendet und dann um Freitext
ergänzt werden.
Bei Bedarf können Textbausteine verwendet werden.
Eine Rechtschreibprüfung ist möglich.
Reports können gedruckt und/oder patientenbezogenen elektronisch abgelegt werden.
1.2.10 Auswertungen
Auswertungen müssen patientenbezogen oder für ein definiertes Patientenklientel
auch patientenübergreifend möglich sein.
Auswertungen können vordefiniert oder ad-hoc erstellt werden.
Prinzipiell sind über alle Datenelemente Abfragen möglich. Die vorhandenen Tabellen
sind hierfür offengelegt und erläutert.
Auswertungen können das Auszählen bestimmter Ereignisse oder Elemente (wie z.B.
Anzahl erreichter Ziele, Anzahl dokumentierter Probleme) enthalten.
Auswertungen können den Verlauf bestimmter Häufigkeiten (z.B. Veränderung am
mittleren Umfang der Pflegepläne) darstellen.
Auswertungen können patientenbezogenen den zeitlichen Verlauf der Behandlung
darstellen (z.B. Verlauf des Dekubitus-Grades).
Es sollte ein Datenexport in Standardsoftwareprodukte (z.B. Excel) möglich sein,
damit die Daten individuell weiterverarbeitet werden können.
1.2.11 Archivierung
Die Pflegedokumentation wird nach Entlassung des Patienten dauerhaft archiviert.
Ausgewählte Teile können bei Bedarf in standardisiertem Ablageformat in die
elektronische Akte übernommen werden.
Bei der Wiederaufnahme eines Patienten kann einfach nach früherer
Pflegedokumentation gesucht und diese einfach angesehen werden.
Bei Wiederaufnahmen wird die Option angeboten die Sozialanamnese zu
übernehmen ( da diese in der Regel wenig verändert werden muss, höchstens
aktualisiert
2. Katalogverwaltung
2.1 Erstellung des Grundvokabulars
Kataloge mit dem Grundvokabular (Ressourcen, Probleme, Ziele, Maßnahmen)
können zentral angelegt und verwaltet werden.
Die Kataloge können dabei beliebig gegliedert werden.
Es sind verschiedene Sichten auf die Katalog möglich (z.B. je nach Einrichtung).
Innerhalb der Katalog kann mit Wildcards gesucht werden.
Einträge können auch aus den aktuellen Katalogen entfernt werden.
Hinter Einträge können Codes (z.B. ICNP) hinterlegt werden, welche dann auch für
Auswertungen zur Verfügung stehen.
2.2 Erstellung vordefinierter Pflegepläne
Aus dem Grundvokabular oder aus Freitext können vordefinierte Pflegepläne erstellt
werden.
Es sind verschiedene Sichten auf diese Pflegepläne möglich (z.B. je nach
Einrichtung).
Bei der Änderung an diesen Pflegeplänen ist eine Historienfunktion notwendig.
2.3 Benutzerverwaltung
Die Benutzerverwaltung muss detaillierte Berechtigungsstufen für die
Pflegedokumentation (z.B. Lesen, Ändern), und zwar jeweils für bestimmte Funktionen
(z.B. Pflegeplanung, Berichtschreibung, Reitersetzen) beinhalten.
Die Benutzerverwaltung muss Berechtigungsstufen für die Katalogverwaltung
(Grundkataloge lesen/ändern, vordefinierte Pflegepläne zusammenstellen/ändern),
jeweils für definierte Stationen oder Kliniken, enthalten.
Die Benutzerverwaltung muss auch Berechtigungsstufen für nicht-pflegerische
Berufsgruppen (z.B. Ärzte, Psychologen) berücksichtigen.
Das Definieren und Schachteln von Benutzergruppen muss möglich sein.
Die Vergabe von Berechtigungen muss hierarchisch möglich sein (mit einem Haupt-
Administrator und beliebig vielen Hierarchiestufen von Berechtigungen für Sub-
Administratoren und Benutzer).
Die Benutzer müssen sich nur einmal einloggen, danach stehen ihnen alle
zugeordneten Funktionen mit der vordefinierten Berechtigung zur Verfügung.
2.4 Druckfunktionalität
Sowohl einzelne Formulare/Seiten/Themen, als auch alles, was zu einem Patienten
hinterlegt ist, auf einmal auszudrucken (z.B. bei Entlassung, mit Angabe der Uhrzeit).
Der Ausdruck sollte möglichst Toner-schonend erfolgen, auf großzügige Schattierung
weitgehend verzichtet werden.
2.5 Integration in die elektronische Akte
Das Pflegemodul passt sich sinnvoll in die gesamte elektronische Akte ein.
Zwischen dem Pflegemodul und den Modulen zur Dokumentation der Vitalparameter,
der Medikationsanordnung und -dokumentation, und den sonstigen Anordnungen gibt
es sinnvolle, effiziente Übergänge.
Die Informationen aus dem Pflegemodul stehen bei Bedarf in anderen Modulen zur
Verfügung (z.B. PPR-Einstufung).
Informationen aus anderen Modulen stehen bei Bedarf im Pflegemodul zur Verfügung
(z.B. ärztliche Diagnosen, Namen von Angehörigen).
3. Nicht-funktionale Anforderungen
3.1 Datenintegration
Die Patientenstammdaten werden über das Patientenverwaltungssystem verwaltet
und in das Pflegedokumentationssystem übermittelt. Auch Änderungen werden dabei
zeitnah übermittelt.
Generell sollen Daten nur einmal aufgezeichnet werden müssen und dann bei Bedarf
auch für andere Funktionen zur Verfügung stehen (also z.B. keine Mehrfacheingabe
der Patientenstammdaten)
3.2 Anpassbarkeit
Das Dokumentationssystem muss bis auf Stationsebene herunter anpassbar sein:
Die in der Stationslisten dargestellten Informationen müssen parametrierbar sein.
Die Formulare und Reports müssen stationsweise erstellbar sein.
Die eingesetzten Reiter müssen stationsweise einstellbar sein.
Bestimmte Funktionen müssen bei Bedarf stationsweise ausgeblendet werden
können.
Generell müssen Masken, Menüs, Listen und Benennungen stationsweise
parametriert werden können.
3.3 Datenschutz
Benutzer dürfen nur auf Daten der von ihnen betreuten Patienten zugreifen. Dies
bedeutet:
Ein Zugriff ist prinzipiell nur für aktuelle Patienten auf einer oder mehrerer definierter
Stationen möglich.
Ein Zugriff auf entlassene Patienten ist nur nach expliziter Freigabe für bestimmte
Stationen und für einen bestimmten Zeitpunkt retrospektiv möglich.
Bei Verlegung können ggf. bestimmte Elemente der Pflegedokumentation
ausgeblendet werden.
Bei der Verlegung von Patienten hat die verlegende Station nur noch innerhalb eines
definierten Zeitfensters lesenden Zugriff auf den Patienten.
Für nicht-pflegerische Berufsgruppen kann bei Bedarf schreibender Zugriff auf
Teilaspekte der Pflegedokumentation (z.B. Reiter, Berichte) ermöglicht werden.
Bei allen schreibenden Zugriffen wird die dokumentierende Person und Datum/Uhrzeit
mit dokumentiert.
Unbefugte Änderungen an den Daten werden wirkungsvoll abgefangen.
Daten könne nicht gelöscht, sondern nur nachvollziehbar storniert oder geändert
werden.
Für bestimmte Stationen können bei Bedarf noch restriktivere Zugriffsberechtigungen
definiert werden (z.B. Psychiatrie, HIV-Station).
3.4 Datensicherheit
Alle Daten werden mind. einmal täglich gesichert.
Es werden verschiedene Versionen der Sicherungen vorgehalten.
Die Daten werden Langzeitarchiviert, ein Zugriff auch in 10 Jahren ist gewährleistet.
3.5 Benutzerfreundlichkeit
Das Dokumentationssystem ermöglicht einen guten Überblick über die verfügbaren
Funktionen.
Die Daten werden dem Benutzer entsprechend seinen Bedürfnissen übersichtlich
dargestellt.
Es verwendet verständliche und einheitliche Bezeichnungen (für Datenelemente,
Funktionen etc.) und bei Bedarf sinnvolle situationsspezifische Erklärungen.
Es erzwingt keine starren Arbeitsschritte. Der Benutzer kann aus jeder Funktion
heraus alle sinnvollen weiteren Funktionen einfach aufrufen.
Es ermöglicht das Wiederaufnehmen unterbrochener Arbeitsschritte, z.B. durch die
automatische Präsentation des letzten Arbeitsschrittes nach Wiederanmeldung.
Es ermöglicht einen schnellen Benutzerwechsel.
Die unterschiedlichen Bildschirmmasken sind im Prinzip ähnlich aufgebaut und
gegliedert.
Die Masken sind übersichtlich gegliedert.
Die Antwortzeiten des Dokumentationssystem müssen so sein, dass der Benutzer
ohne unangemessene Wartezeiten arbeiten kann. Die Wartezeiten müssen
kalkulierbar sein.
Eingabefehler werden ohne Datenverlust abgefangen, die Fehlermeldungen sind
verständlich.
Das Dokumentationssystem ist einfach und schnell erlernbar.
Bei tabellarischer Darstellung muss nach jeder Spalte sortiert werden können.
Die Benutzer müssen sich nur einmal Einloggen, dann stehen ihnen alle Funktionen
am klinischen Arbeitsplatz zur Verfügung
Der letzte Bearbeitungsschritt kann rückgängig gemacht werden.
Es steht ein Testsystem mit gleicher Funktionalität zur Verfügung. Kataloge können
vom Echtsystem ins Testsystem übernommen werden.
Fehlerprotokolle, die direkt an die techn. Admins gehen fände ich sinnvoll, in wie weit
dies möglich ist kann ich natürlich nicht sagen
Kapitel 10: Anbieterverzeichnis
Marianne Kandert
Im Folgenden werden überwiegend EDV-gestützter Pflegedokumentationssysteme
dargestellt. Die Liste konzentriert sich im Wesentlichen auf Firmen aus Deutschland. Trotz
sorgfältiger Recherche kann die Vollständigkeit und Korrektheit dieser Liste nicht
gewährleistet werden. Die Angaben hinsichtlich der Verfügbarkeit der verschiedenen
Pflegemodule beruhen auf den Aussagen der Firmen. Produkte, die lediglich spezifische
Bereiche (z.B. OP) abdecken, bzw. sich auf organisatorische Inhalte (z.B. Dienstplan)
beschränken, sind nicht aufgeführt. Die Aufnahme in diese Liste stellt keine Empfehlung
für eine Firma oder ein Produkt dar. Die einzelnen Produktnamen stellen, auch wenn nicht
explizit angegeben, meist geschützte Markennamen dar.
PRODUKT ANBIETER ADRESSE
BOKIS PROSIGHT®
Krankenhaus-
Informationssysteme
Laufenberg GmbH &
Co.KG
Schlaraffiastr. 1
44867 Bochum
Tel. 02327/944-0
www.laufenberg.com
carePLAN
Wiener
Krankenanstaltenverbund
Informatik im
Gesundheitsverbund
Viehmarktgasse 4
A – 1030 Wien
Tel. 0043/1/79514/78800
www.igv.co.at
CARE PLANNER Klages & Partner GmbH
Wittekindplatz 4
49134 Wallenhorst
Tel. 05407/8085-0
www.klages-partner.de
PRODUKT ANBIETER ADRESSE
cMed
(in Entwicklung)
c.a.r.u.s.
HMS GmbH
Bornbarch 9
22848 Norderstedt
Tel. 040/51435-0
www.carus.de
Cymed®-Pflege Cymed AG
Konrad-Zusel-Str. 14
44801 Bochum
Tel. 0234/3247-0
www.cymed.de
EAS-
Pflegedokumentation
(in Entwicklung)
Krämer & Kroll GmbH
Solingerstr. 10
45481 Mülheim an der Ruhr
Tel. 0208/420051
fd-klinika grips fliegel data
GmbH
Zur Lüre 44
37671 Höxter
Tel. 05271/6808-0
www.fliegel-data.de
gapit
GAP
Organisationsberatung +
Software-Entwicklung
GmbH
Am Exerzierplatz 14
68167 Mannheim
Tel. 0621/3928-225
www.gap-online.de
HospiData*MED HospiData GmbH
Im Teelbruch 126
PRODUKT ANBIETER ADRESSE
45129 Essen
Tel. 0700/467743282
www.hospidata.de
IS-H-med*
Gesellschaft für
Systemforschung
und Dienstleistung im
Gesundheitswesen (GSD)
mbH
Riedemannweg 59
13627 Berlin
Tel. 030/38370-200
www.gsd-berlin.de
KIS PPD
BOSS
Branchen-Organisation und
Software-Systeme AG
Lötzener Str. 3
28207 Bremen
Tel. 0421/4321-0
www.boss-ag.de
KISSMED Waldbrenner AG
Besselstr. 18
68219 Mannheim
Tel. 0621/416061
www.waldbrenner.de
KRIS
(in Entwicklung)
HC Hospital Computer
GmbH
Stefan-George-Rins 19
81929 München
Tel. 089/99392841
www.hospitalgruppe.de
MCC®-PFLEGE Meierhofer AG
Wanslerstr. 2
81829 München
Tel. 089/427191-3
PRODUKT ANBIETER ADRESSE
www.meierhofer.de
MedFolio® Station Nexus AG
Auf der Steig 6
78052 Villingen-Schwenningen
Tel. 07721/84820
www.nexus-ag.de
medico//s
Siemens
Medical Solutions Health
Services
GmbH
Henkestr. 127
91052 Erlangen
Tel. 09131/84-2215
hans-
www.siemensmedical.com
MediTec-System
MediTec
Medizinische
Datentechnologie GmbH
Griesbergstr. 1 b-c
31162 Bad Salzdetfurth
Tel. 05063/959234
www.mdtec.de
micom
MediCare.plus micom GmbH
Schatzbogen 39
81829 München
Tel. 089/451500-0
www.micom-medicare.de
NANCY Hinz Organisation im
Gesundheitswesen
Lankwitzer Str. 17/18
12107 Berlin
Tel. 030/74704-0
PRODUKT ANBIETER ADRESSE
www.hinz.de
N.Ca.Sol PATIDOK
Clinical Software GmbH
Ludwig-Erhard-Str. 8
34131 Kassel
Tel. 0561/318687
www.patidok.com
Optimal_AS®:
Pflege-
dokumentation
OPTIMAL SYSTEMS
GmbH
Cicerostr.26
10709 Berlin
Tel. 030/8957080
www.optimal-systems.de
ORBIS® Pflege GWI AG
Gorch-Fock-Str. 5-7
53229 Bonn
Tel. 0228/2668-000
www.gwi-ag.com
PEGASOS Pares
Marabu
EDV-Beratung + -Service
GmbH
Heerstr. 71
14055 Berlin
Tel. 030/300925-0
www.marabu-edv.de
Phoenix Parametrix Solutions AG
Parametrix Solutions AG
Talgut Zentrum 5
CH-3063 Ittigen
Tel. +41 31 924 21 21
www.parametrix.ch
PRODUKT ANBIETER ADRESSE
PIK Länderprojektgruppe PIK
Lazarettstr. 36
80636 München
Tel. 089/1218-1670
www.stmas.bayern.de/krankenhaus/s
oftware/pik/
Prosight® Torex Health Deutschland
GmbH & Co. KG
Burgstr. 9
44867 Bochum
Tel. 02327/993-00
www.torex-deutschland.de
RECOM-GriPS RECOM GmbH
Industriestr. 3
34308 Bad Emstal
Tel. 05624/9224-0
www.recom-verlag.de
TOPSOZ®
Pflegeassistent
All for One
Systemhaus AG
Unixstr. 1;
88436 Oberessendorf
Tel. 07355/799-0
www.all-for-one.de
Register
Die Autoren
Dr. Elske Ammenwerth
Studierte Medizinische Informatik an der Universität Heidelberg/Fachhochschule
Heilbronn. 1997 – 2001 Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Med. Biometrie und
Informatik der Universität Heidelberg. Leitung verschiedener Projekten im Bereich
Einführung und Evaluation von Informationssystemen im Krankenhaus, insb.
Pflegeinformationssystemen. 2000 Promotion zum Thema Anforderungsmodellierung für
Krankenhausinformationssysteme. Seit 2001 Assistenz-Professorin und Leiterin der
Forschungsgruppe „Bewertung von Informationssystemen des Gesundheitswesens“ an
der Privaten Universität für Med. Informatik und Technik Tirol (UMIT) in Innsbruck. 2002
Zertifikat „Medizinische Informatikerin“ der Gesellschaft für Informatik (GI) und der
Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie
(GMDS). Stellv. Leiterin der Arbeitsgruppe „Informationsverarbeitung in der Pflege“ der
GMDS und Leiterin der Working Group „Assessment of Hospital Information Systems“ der
EFMI. http://www.elske-ammenwerth.de.
Eveline Brandstätter
Geb. 4.1.1963 in Graz, verheiratet, zwei Kinder ( 8 und 10 Jahre). Seit 2000 OSR HNO
Universitätsklinik/Klinikum Graz, OSR Universitätsklinik für Strahlentherapie und
Radioonkologie/Klinikum Graz. Von 1999 bis 2000 leitende Ambulanzschwester HNO
Universitätsklinik/Klinikum Graz, von 1983 bis 1998 OP-Schwester. HNO
Universitätsklinik/Klinikum Graz und von 1982 bis 1982 DGKS im stationären Bereich
HNO Universitätsklinik/Klinikum Graz. Ausbildung: vierjährige Krankenschwesternschule,
Sonderausbildung für OP-Schwester, Sonderausbildung für mittleres
Führungsmanagement.
Ronald Eichstädter
Geb. 1958, verheiratet, drei Kinder. Seit 1992 Pflegedienstleitung der Psychiatrischen
Universitätsklinik Heidelberg. Davor Tätigkeiten als stv. Pflegedienstleitung und
Stationsleitung. Ab 1998 stv. Pflegedirektor des Universitätsklinikums Heidelberg. Von
1995 bis 1999 Dipl.-Studiengang Betriebswirt in Mannheim mit dem Schwerpunkt
Krankenhausökonomie. Mitarbeit in verschiedenen Gremien und Lenkungsausschüssen,
die sich mit der Einführung und dem Betrieb von Klinischen Arbeitsplatzsystemen
beschäftigen. Seit 1998 Mitglied des Direktoriums des Zentrums für
Informationsmanagement am Universitätsklinikum Heidelberg.
Birgit Fürst
Geb. 06.08.1967, verheiratet, 2 Kinder (7 und 9 Jahre). 1986 Diplom für Säuglings- und
Kinderkrankenschwester, Graz. 1992 – 1994 Hochschullehrgang für lehrendes Personal,
Uni. Graz. Bis 1999 Direktorin für Pflegehilfeausbildungen am bfi Steiermark. 1999
Qualitätsmanagerausbildung für Sozial- und Gesundheitswesen Landesregierung Tirol.
Seit November 1999 KAGes Projektkoordination MEDOCS Pflege. Kontakt:
Siegrid Daus
Seit 1991 im Krankenhaus München-Bogenhausen, damals erster Kontakt mit dem
Pflege-Programm PIK. 1992 Stationsleitungsvertretung. 1993 Wechsel in die DV-
Koordination (mit der Illusion, eine so gute Idee wie die edv-gestützte
Pflegedokumentation müsse sich in wenigen Jahren durchsetzen). In diese Zeit fielen:
1993 PPR-Umsetzung, Entwicklung von Kriterien und Inhalten für Pflegestandards, 1996
Einführung des KIS, 2000 Internet/Intranet, Auseinandersetzung mit Pflegeklassifikationen
und -leistungserfassung.. Heute Leitung des ServiceCenter DV, Studium des
Pflegemanagements. Weiteres auf www.sdaus.de und unter [email protected]
muenchen.de.
Torsten Happek
Studierte 1994 - 2000 Medizinische Informatik an der Universität
Heidelberg/Fachhochschule Heilbronn. 1998 - 2000 Wissenschaftliche Hilfskraft am
Institut für Med. Biometrie und Informatik der Universität Heidelberg. Seit 2000 als
Wissenschaftlicher Angestellter IT-Leiter der Universitäts-Hautklinik Heidelberg.
Beteiligung an verschiedenen medizin-informatischen Forschungsprojekten..
Bettina Hoppe
Ausbildung zur Krankenschwester von 1977 bis 1981 in Lutherstadt Wittenberg, 1991
Abschluss Pflegemanagementstudium am Institut für Bildung und Management im
Gesundheitswesen GmbH in Darmstadt, von 1997 bis 2001 Diplomstudium der
Betriebswirtschaft - Schwerpunkt Krankenhauswirtschaft - an der Verwaltungs- und
Wirtschaftsakademie Rhein-Neckar in Mannheim. Seit 1991 Pflegedienstleitung im
Universitätsklinikum Heidelberg.
Marianne Kandert
1979 –1982 Ausbildung zur Kinderkrankenschwester an der Cnopf’schen Kinderklinik
in Nürnberg, stellvertretende Stationsleitung und Stationsleitung des
Kinderdialysezentrums am Universitätsklinikum Heidelberg von 1991 bis 2000. 1996
Anerkennung zur Fachschwester für Nephrologie. Seit 2000 PIK-Projektleitung der
Universitäts-Kinderklinik Heidelberg. Kontakt: [email protected].
Angelika Krause
Kinderkrankenschwester, Stationsleitung, Pflegedienstleitung und Qualitätsmanager
Schwerpunkte: Leitung von Organisationsentwicklungs-, EDV- und Qualitätssicherungs-
projekten in verschiedenen klinischen Bereichen, seit 1992 Leitung der Abt.
Qualitätsberatung und Pflegeinformatik an der Medizinischen Hochschule Hannover.
Kontakt: [email protected]
Ansgar Kutscha
Studierte 1982 – 1988 Medizinische Informatik an der Universität
Heidelberg/Fachhochschule Heilbronn. 1987 – 1988 Wissenschaftliche Hilfskraft am
Institut für Med. Biometrie und Informatik der Universität Heidelberg. Von 1989 - 1995
wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung Pädiatrische Neurologie Universitäts-
Kinderklinik Heidelberg in neurophysiologischen Forschungsprojekten. Von 1995 - 2001
IT-Leiter der Universitäts-Kinderklinik Heidelberg. Beteiligung an klinikumsweiten
Einführungsprojekten. Seit 2001 Mitarbeiter der Fa. PERGIS Systemhaus GmbH im
Bereich Beratung im Gesundheitswesen. http://www.pergis.de.
Dr. Ulrike Kutscha
Studierte 1989 - 1995 Medizinische Informatik an der Universität
Heidelberg/Fachhochschule Heilbronn. 1993 - 1995 Wissenschaftliche Hilfskraft am
Institut für Med. Biometrie und Informatik der Universität Heidelberg im Bereich
Systementwicklung. Von 1995 - 2000 IT-Leiterin der Universitäts-Hautkinik Heidelberg.
Beteiligung an verschiedenen medizin-informatischen Forschungsprojekten und in der
Lehre. 2001 Elternzeit. 2002 Promotion zum Dr.sc.hum. Seit Ende 2001
Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Med. Biometrie und Informatik der
Universität Heidelberg als Projektleitung des Forschungsprojekts „EDV-basierte
Anwendungssysteme für die Pädiatrische Onkologie“. http://www.med.uni-
heidelberg.de/mi.
Dr. Hubert Leitner
Physiker und Mathematiker. Von 1983 bis 1998 Physiker an der Universitätsklinik für
Radiologie / Abt. für Strahlentherapie, wo er sich als EDV Beauftragter auch intensiv mit
der Medizinischen Dokumentation auseinander setzte. Seit 1998 Leiter der Abteilung für
medizinische Basis- und Standard Subsysteme im Bereich des Unternehmens
Informations Management (UIM) der KAGes und Leiter des Programmes MEDOCS zur
Einführung des Krankenhaus - Informations - Systems in den Landeskrankenhäusern
inklusive dem LKH Univ. Klinikum Graz der KAGes.
Gisela M. Luther
Krankenpflegeausbildung 1987 bis 1990 am St. Josefkrankenhaus in
Neunkirchen/Saar, danach Krankenschwester in der Psychiatrischen Universitätsklinik auf
einer geschlossenen Aufnahmestation. 1994 Mentorenausbildung, 1995 Weiterbildung zur
Leitung einer Station. Seit 1996 stellv. Stationsleitung und seit 2000 Stationsleitung der
jetzigen Pilotstation Gruhle. Seit Jahren Mitarbeit an einer Vielzahl von Projektgruppen
(wie Standardgruppe, PIK, Qualitätsmanagementteam ...) im Bereich der Pflege. 1999
Übernahme der Projektleitung PIK in der Psychiatrischen Universitätsklinik. Kontakt:
Cornelia Mahler
Krankenpflegeausbildung an der Schwesternschule der Universität Heidelberg von
1984 bis 1987. Danach mehrere Jahre auf der Kardiologischen Wachstation und in der
Notfallambulanz am Universitätsklinikum Heidelberg. 1992-99 Studium der
Erziehungswissenschaft/Psychologie/ Kinder- und Jugendpsychiatrie an der Universität
Heidelberg, Magisterabschluß 1999; Magisterarbeit mit dem Thema. Das Fort- und
Weiterbildungsverhalten des Pflegepersonals – Aspekte beeinflussender Faktoren. Seit
Mai 2000 beauftragt mit der Einführung EDV-gestützter Pflegedokumentation auf einer
Station in der Universitätshautklinik Heidelberg. Derzeit als Projektleiterin für die
Einführung EDV-gestützter Pflegedokumentation am Universitätsklinikum Heidelberg
beschäftigt. Kontakt: [email protected].
Anne Märker
Informatik-Studium an der TU Braunschweig, 1985 bis 1988 als wissenschaftliche
Mitarbeiterin am Institut für Medizinische Informatik der MHH, 1988 bis 1993
Projektleiterin mit Schwerpunkt Software-Engineering in einer Unternehmensberatung;
Durchführung verschiedener Entwicklungsprojekte in der Automobil-Industrie. Seit 1993
als Projektleiterin im Rechenzentrum der MHH zuständig für die Einführung kommerzieller
Anwendungssysteme in unterschiedlichen klinischen Abteilungen sowie deren Integration
in das Krankenhaus-Informationssystem der Hochschule. Kontakt: Maerker.Anne@mh-
hannover.de
Iris Schadegg
Geb. 1962. Kaufmännische Grundausbildung. Seit 1987 in der Informatik tätig. Seit
1995 in der Zürcher Höhenklinik Wald. Anfangs im Ärztesekretariat. Danach interner
Wechsel in die Informatik. Frau Iris Schadegg war von Anfang an am Projekt "Phoenix"
beteiligt. Sie konnte aufgrund ihrer Erfahrung im Ärztesekretariat die Bereiche Therapie
und Ärztesekretariat parametrisieren. Seit 1. Mai 2001 ist sie verantwortlich für das
gesamte Klinikinformationssystem "Phoenix" in beiden Zürcher Höhenkliniken Wald und
Davos. Kontakt: [email protected].
Ulrich Schrader
Promotion 1990 zum Dr. rer. nat. an der TU Clausthal, 1996 Zertifikat „Medizinischer
Informatiker“ der Gesellschaft für Informatik (GI) und der Deutschen Gesellschaft für
Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (GMDS). Von 1989 bis 1998
wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung für Medizinische Informatik des
Universitätsklinikums in Freiburg. Seit 1999 Professor für „Informatik im
Gesundheitswesen“ an der Fachhochschule Frankfurt am Main. Im Rahmen von
Lehraufträgen verschiedenen Hochschulen aktiv. Mitorganisator der „European Summer
School of Nursing Informatics“ und Leiter der Arbeitsgruppe „Informationsverarbeitung in
der Pflege“ der GMDS.
Petra Spies
Krankenpflegeausbildung 1982 bis 1985, seit 1986 in der Universitäts-Hautklinik
Heidelberg tätig. Übernahme der Stationsleitung der jetzigen Pilotstation Neisser im Jahr
1990. Die Ausbildung zur Internen Prozessberaterin hat die Mitarbeit an einer Vielzahl von
Projektgruppen am Uniklinikum im Bereich der Pflege ermöglicht.
Hilde Zimmermann
Ausbildung zur Krankenschwester. Stationsleitung und Praxisanleiterin in
unterschiedlichen Fachbereichen der Inneren Medizin. Projektarbeit zum Thema
Pflegeplanung und Dokumentation in der Fort- und Weiterbildung. Seit Mitte der 90er
Jahre Arbeitsschwerpunkte Pflegeinformatik und Anwenderbetreuung unter
Berücksichtung von Pflegetheorien/-modellen und -klassifikationen. Derzeit tätig in der
Abt. Qualitätsberatung und Pflegeinformatik der Medizinischen Hochschule Hannover.
Kontakt: [email protected].