ebola-viruserkrankung

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Zbl Arbeitsmed 2014 · 64:279–280 DOI 10.1007/s40664-014-0041-5 Online publiziert: 20. Juni 2014 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014 M. Bundschuh · A. Gerber Institut für Arbeitsmedizin, Sozialmedizin und Umweltmedizin, Goethe- Universität Frankfurt am Main, Universitätsklinikum, Frankfurt am Main Ebola-Viruserkrankung Aktuelle Übersicht Im März 2014 kam es im westafrikani- schen Guinea zu einem Ausbruch von hämorrhagischem Ebolafieber. Laut An- gaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gibt es in Guinea bis zum aktuel- len Zeitpunkt 203 Erkrankungsfälle, von denen 129 einen letalen Ausgang nah- men. In bisher 109 Erkrankungsfällen mit 61 Verstorbenen konnte das Virus labor- chemisch nachgewiesen werden. Aus dem afrikanischen Nachbarstaat Liberia wur- den 26 klinische Erkrankungsfälle gemel- det, davon 20 Verdachtsfälle. Sechs Fälle konnten laborchemisch bestätigt werden; 13 Erkrankungen verliefen letal. Sechs Verdachtsfälle wurden aus Mali gemeldet, die Laborergebnisse stehen noch aus [1]. » Mortalitätsrate der Ebola-Erkrankung beträgt bis zu 90% Benannt wurde die Erkrankung nach dem Fluss Ebola, einem Nebenfluss des Kon- gos in Zaire (jetzt Demokratische Repu- blik Kongo), in dessen Nähe es 1976 zum ersten allgemein bekannten Ausbruch kam [2]. Weitere Ausbrüche der Ebolaer- krankung traten seither in der Demokra- tischen Republik Kongo, Uganda, Gabun und im heutigen Südsudan auf. Zuletzt bekannt gewordene Ausbrüche fanden 2012 in Uganda und der Demokratischen Republik Kongo statt [4, 5]. Die Ebola- Virusinfektion ist eine schwere, oft tödlich verlaufende Erkrankung mit einer Morta- litätsrate von bis zu 90%. Sie zählt zu den weltweit am häufigsten auftretenden vira- len Erkrankungen [3]. Erreger Die Gattung Ebola-Virus (EBOV, frü- her bekannt als Zaire-Ebola-Virus, ZEBOV) gehört zur Familie der Filovi- ridae, bei denen es sich um behüllte () Einzelstrang-RNA-Viren, (−)ssRNA, handelt (. Abb. 1; [6]). Es werden 5 Spe- zies unterschieden, die jeweils nach den Orten des ersten nachgewiesenen Auftre- tens benannt wurden. Bei Menschen lö- sen 4 der 5 Spezies Erkrankungen aus; da- zu gehören das Zaire-Ebola-Virus („zaire ebolavirus“), das Sudan-Ebola-Virus (Su- dan ebolavirus), das Tai-Forest-Virus (Tai Forest ebolavirus, früher Elfenbeinküste- Ebola-Virus) und das Bundibugyo-Ebola- Virus (Bundibugyo ebolavirus). Die fünfte Spezies, das Reston-Ebola-Virus (Reston ebolavirus), führt zu Erkrankungen bei Primaten, bisher jedoch nicht bei Men- schen. Neben dem Ebola-Virus gehört die Gattung des Marburg-Virus zur Familie der Filoviren. Beide Viren weisen zwar die gleichen morphologischen Eigenschaften auf, unterscheiden sich jedoch hinsicht- lich ihrer Antigenstruktur [6–8]. Der natürliche Wirt der Ebola-Viren ist bisher nicht bekannt. Wissenschaft- ler vermuten als tierisches Reservoir in der Subsahara Afrikas lebende Flughun- de (Fledertiere). Das Reston-Ebola-Virus wurde bisher aus infizierten Affen isoliert. Hauptgefahrenquellen für den Menschen sind der Kontakt mit erkrankten Tieren und die Übertragung durch kontaminier- tes Blut oder Körpersekrete erkrankter oder verstorbener Menschen [7, 8]. Klinische Symptome Die hämorrhagische Ebola-Erkrankung ist eine schwere, oft tödlich verlaufende Erkrankung bei Menschen und Primaten (Gorillas und Schimpansen, [7]). Nach einer Inkubationszeit von 2 bis 21 Tagen folgt ein plötzlicher Krankheitsbeginn mit unspezifischen Symptomen wie Fie- ber, Kopf- und Muskelschmerzen, allge- meiner körperlicher Schwäche, Konjunk- Übersichten Abb. 1 9 Elektronen- mikroskopische Auf- nahme eines Ebola- Virus. (Mit freundlicher Genehmigung von Frederick Murphy und CDC Public Health Image Library (PHIL), http://phil.cdc.gov/ phil/details.asp) 279 Zentralblatt für Arbeitsmedizin, Arbeitsschutz und Ergonomie 4 · 2014|

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Page 1: Ebola-Viruserkrankung

Zbl Arbeitsmed 2014 · 64:279–280DOI 10.1007/s40664-014-0041-5Online publiziert: 20. Juni 2014© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014

M. Bundschuh · A. GerberInstitut für Arbeitsmedizin, Sozialmedizin und Umweltmedizin, Goethe-

Universität Frankfurt am Main, Universitätsklinikum, Frankfurt am Main

Ebola-ViruserkrankungAktuelle Übersicht

Im März 2014 kam es im westafrikani-schen Guinea zu einem Ausbruch von hämorrhagischem Ebolafieber. Laut An-gaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gibt es in Guinea bis zum aktuel-len Zeitpunkt 203 Erkrankungsfälle, von denen 129 einen letalen Ausgang nah-men. In bisher 109 Erkrankungsfällen mit 61 Verstorbenen konnte das Virus labor-chemisch nachgewiesen werden. Aus dem afrikanischen Nachbarstaat Liberia wur-den 26 klinische Erkrankungsfälle gemel-det, davon 20 Verdachtsfälle. Sechs Fälle konnten laborchemisch bestätigt werden; 13 Erkrankungen verliefen letal. Sechs Verdachtsfälle wurden aus Mali gemeldet, die Laborergebnisse stehen noch aus [1].

» Mortalitätsrate der Ebola-Erkrankung beträgt bis zu 90%

Benannt wurde die Erkrankung nach dem Fluss Ebola, einem Nebenfluss des Kon-gos in Zaire (jetzt Demokratische Repu-blik Kongo), in dessen Nähe es 1976 zum ersten allgemein bekannten Ausbruch kam [2]. Weitere Ausbrüche der Ebolaer-krankung traten seither in der Demokra-tischen Republik Kongo, Uganda, Gabun und im heutigen Südsudan auf. Zuletzt bekannt gewordene Ausbrüche fanden 2012 in Uganda und der Demokratischen Republik Kongo statt [4, 5]. Die Ebola- Virusinfektion ist eine schwere, oft tödlich verlaufende Erkrankung mit einer Morta-litätsrate von bis zu 90%. Sie zählt zu den weltweit am häufigsten auftretenden vira-len Erkrankungen [3].

Erreger

Die Gattung Ebola-Virus (EBOV, frü-her bekannt als Zaire-Ebola-Virus, ZEBOV) gehört zur Familie der Filovi-ridae, bei denen es sich um behüllte (−)Einzelstrang-RNA-Viren, (−)ssRNA, handelt (. Abb. 1; [6]). Es werden 5 Spe-zies unterschieden, die jeweils nach den Orten des ersten nachgewiesenen Auftre-tens benannt wurden. Bei Menschen lö-sen 4 der 5 Spezies Erkrankungen aus; da-zu gehören das Zaire-Ebola-Virus („zaire ebolavirus“), das Sudan-Ebola-Virus (Su-dan ebolavirus), das Tai-Forest-Virus (Tai Forest ebolavirus, früher Elfenbeinküste-Ebola-Virus) und das Bundibugyo-Ebola- Virus (Bundibugyo ebolavirus). Die fünfte Spezies, das Reston-Ebola-Virus (Reston ebolavirus), führt zu Erkrankungen bei Primaten, bisher jedoch nicht bei Men-schen. Neben dem Ebola-Virus gehört die Gattung des Marburg-Virus zur Familie der Filoviren. Beide Viren weisen zwar die gleichen morphologischen Eigenschaften

auf, unterscheiden sich jedoch hinsicht-lich ihrer Antigenstruktur [6–8].

Der natürliche Wirt der Ebola-Viren ist bisher nicht bekannt. Wissenschaft-ler vermuten als tierisches Reservoir in der Subsahara Afrikas lebende Flughun-de (Fledertiere). Das Reston-Ebola-Virus wurde bisher aus infizierten Affen isoliert. Hauptgefahrenquellen für den Menschen sind der Kontakt mit erkrankten Tieren und die Übertragung durch kontaminier-tes Blut oder Körpersekrete erkrankter oder verstorbener Menschen [7, 8].

Klinische Symptome

Die hämorrhagische Ebola-Erkrankung ist eine schwere, oft tödlich verlaufende Erkrankung bei Menschen und Primaten (Gorillas und Schimpansen, [7]). Nach einer Inkubationszeit von 2 bis 21 Tagen folgt ein plötzlicher Krankheitsbeginn mit unspezifischen Symptomen wie Fie-ber, Kopf- und Muskelschmerzen, allge-meiner körperlicher Schwäche, Konjunk-

Übersichten

Abb. 1 9 Elektronen-mikroskopische Auf-nahme eines Ebola- Virus. (Mit freundlicher Genehmigung von Frederick Murphy und CDC Public Health Image Library (PHIL), http://phil.cdc.gov/phil/details.asp)

279Zentralblatt für Arbeitsmedizin, Arbeitsschutz und Ergonomie 4 · 2014  | 

Page 2: Ebola-Viruserkrankung

tivitis, Pharyngitis, Übelkeit und Erbre-chen. In einigen Fällen wird das Auftre-ten eines Exanthems beschrieben. Bei der Mehrzahl der Patienten treten ab dem 5. bis 7. Krankheitstag Schleimhautblu-tungen auf, u. a. aus dem Gastrointesti-nal- und Genitaltrakt.

D Charakteristisch ist der plötz-liche Krankheitsbeginn mit unspezifischen Symptomen.

Weiterhin kann es zu Oligurie oder Anurie bis hin zum drohenden Nieren-versagen kommen. In den Laborbefunden zeigt sich häufig im Rahmen der Leber-schädigung eine Thrombozytopenie, Lym-phopenie und Erhöhung der Transamina-senkonzentration. Infolge der zerebralen Beteiligung ist eine Enzephalitis mög-lich. Die Erkrankung durch die Ebola- Zaire-Virusspezies weist eine hohe Letalität von 50–80% auf; viele Patienten versterben aufgrund eines kardiopulmo-nalen Schocks. Da die Erkrankung meist mit unspezifischen Symptomen wie Kopf-schmerzen und Fieber beginnt, wird sie häufig zu spät erkannt [2, 8].

Diagnostik

Zunächst sollten differenzialdiagnostisch andere Erreger viral hämorrhagischer Fiebererkrankungen in Betracht gezogen werden, beispielsweise das Dengue-, Han-ta-, Krim-Kongo- und Lassa-Virus. Auch nichtvirale Erkrankungen wie Malaria, Shigellose, Cholera, Leptospirose, Rück-fallfieber, Typhus oder Rickettsiose sollten in die Diagnostik einbezogen werden [2].

Die Labordiagnostik erfolgt in einem Speziallabor; in Deutschland an der Philipps-Universität Marburg und am Bernhard-Nocht-Institut für Tropenme-dizin in Hamburg. Während der akuten Krankheitsphase ist der Virusnachweis aus dem Blut mithilfe Reverse-Trans-kriptase-Polymerase-Kettenreaktion (RT-PCR), Virusanzucht oder elektronenmi-kroskopischen Untersuchungen möglich. Außerdem können im weiteren Krank-heitsverlauf spezifische Antikörper (IgM, IgG) mit enzymgekoppelten Immunad-sorptions(ELISA)-, Immunfluoreszenz- und Neutralisationstests nachgewiesen werden [2, 8].

Therapie

Eine spezifische antivirale Therapie ist bisher nicht verfügbar, die Gabe von Ribavirin zeigte keine Wirkung gegen Filo- und Flaviviren. Somit können die Patienten nur symptomatisch im Rah-men einer intensivmedizinischen Betreu-ung behandelt werden.

Die Therapie sollte in einem Behand-lungszentrum für hochkontagiöse Er-krankungen erfolgen. Bisher ist auch kein Impfstoff gegen die Ebola-Viruserkran-kung verfügbar. Es wurden zwar verschie-dene Impfstoffe getestet, diese sind jedoch bisher nicht für den klinischen Einsatz zugelassen [2, 7, 8].

Fazit

F  Aufgrund fehlender antiviraler Thera-pien ist die Behandlung von Ebola-Vi-ruserkrankungen nur symptomatisch möglich.

F  Reisende in Ebola-Virus-Endemie-gebiete des afrikanischen Kontinents sollten über die Gefahren dieser  Erkrankung aufgeklärt werden.

F  Bei Reiserückkehrern mit den ent-sprechenden Symptomen sollte  differenzialdiagnostisch auch eine mögliche Ebola-Virusinfektion in  Betracht gezogen werden.

Korrespondenzadresse

M. BundschuhInstitut für Arbeitsmedizin, Sozialmedizin und Umweltmedizin, Goethe-Universität Frankfurt am Main, UniversitätsklinikumTheodor-Stern-Kai 7, 60590 Frankfurt am [email protected]

Einhaltung ethischer Richtlinien

Interessenkonflikt. M. Bundschuh und A. Gerber geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht. Dieser Beitrag enthält keine Studien an Menschen oder Tieren.

Literatur

1. WHO. Ebola virus disease, West Africa – update. http://www.who.int/csr/don/2014_04_19_ebola/en/. Zugegriffen: 20. Mai 2014

2. WHO. Ebola virus disease. Fact sheet N°103. http://www.who.int/mediacentre/factsheets/fs103/en/. Zugegriffen: 20. Mai 2014

3. WHO. Ebola virus disease (EVD). http://www.who.int/csr/disease/ebola/en/. Zugegriffen: 20. Mai 2014

4. oA (2012) Outbreak news. Ebola haemorrhagic fe-ver, Uganda − update. Wkly Epidemiol Rec 87:493-508

5. Gulland A (2014) Ebola outbreak claims more than 60 lives. BMJ 348:g2473

6. Centers for Disease Control and Prevention (CDC). Filoviridae. http://www.cdc.gov/vhf/virus-families/filoviridae.html. Zugegriffen: 20. Mai 2014

7. Centers for Disease Control and Prevention (CDC). Ebola hemorrhagic fever. http://www.cdc.gov/vhf/ebola/. Zugegriffen: 20. Mai 2014

8. Robert Koch-Institut (RKI). Übersicht Ebola-Fieber/Marburg-Fieber. http://www.rki.de/DE/Content/In-fAZ/E/Ebola/Uebersicht.html. Zugegriffen: 20. Mai 2014

Zusammenfassung · Abstract

Zbl Arbeitsmed 2014 · 64:279–280DOI 10.1007/s40664-014-0041-5© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014

M. Bundschuh · A. Gerber

Ebola-Viruserkrankung. Aktuelle Übersicht

ZusammenfassungDie Ebola-Erkrankung ist eine schwere, oft tödlich verlaufende virale Infektionserkran-kung. In den letzten Jahren kam es immer wieder zu Epidemien v. a. auf dem afrikani-schen Kontinent. Der folgende Beitrag gibt anlässlich des aktuellen Ebola-Ausbruchs im westafrikanischen Guinea eine allgemeine Übersicht über die Erkrankung für den reise-medizinisch tätigen Arbeitsmediziner.

SchlüsselwörterAusbrüche · Erregerreservoir · Filoviridae · Virales hämorrhagisches Fieber · Guinea

Ebola virus disease. Current overview

AbstractEbola virus disease is a severe, often fatal viral illness. In recent years epidemics have repeatedly occurred, especially on the African continent. The following article refers to the current outbreak of the disease in West Afri-can Guinea and provides a general overview of the disease for physicians involved in travel medicine.

KeywordsOutbreaks · Disease reservoirs · Filoviridae · Viral hemorrhagic fever · Guinea

280 |  Zentralblatt für Arbeitsmedizin, Arbeitsschutz und Ergonomie 4 · 2014