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Page 1: Über zyklische Seitenkettenäthylamine. I

(Aus dem pharmakologischen Institut .der Universitat GSttingen. [Direktor: Prof. W. Heubner].)

Uber zyklische Seitenketten~ithylamine. I.

Einleitendes. - - Die Wirkungen des C-ChinolylKthylamins. ~ Vergleich mit dem N-Derivat.

Von S. Loewe.

1. In einer Reihe von K6rpern, an deren Spitze das Adrenalin und das

Histamin stehen, ist von der Natur die ganze Machtfiille pharmako- logischer Wirkungsbef~higung, die man im allgemeinen yon kompli- zierter gebauten Alkaloiden hervorgebracht findet, durch Triiger yon verh~ltnism~Big einfacher che.miseher Struktur verwirklicht. Sie k6nnen als ein Angriffspunkt gelten, yon dem aus Kl~irung geschaffen werden kann, wo bisher chemische oder pharmakologische Vielgestaltigkeit den Uberblick verwehrte.

Der Weg, der zu diesem Zweck ]Seschritten werden kann, ist ein doppelter. Es kann versucht werden, das G e g e b e n e zu sichten und zu einheitlichen Grundziigen zu fiigen. Oder an das Gegebene kann a u f b a u e n d angekni~pft werden, und durch synthetische Hinzuarbeit der fehlenden Glieder kann die gesamte Reihe zur Enthiillung ihrer Gesetzm~13igkeiten gebracht werden.

In beiden F~llen, sowohl bei der Suche nach weiteren natiirlichen Gruppengliedern als auch bei der Synthese yon der Natur nicht gegebener Zwischenglieder, mul3 an die gemeinsamen Ziige der Ausgangsglieder angekniipft werden. Hier sind die chemischen Ubereinstimmungen leichter aufdeckbar als die pharmakologischen. Alle die bisher bekannten Substanzen, die man als in der eingangs angedeuteten Reihe zusammen- gehSrig empfindet, sind gekennzeichnet durch den folgenden chemischen Grundril~ :

R R I

It' R 1,

d. h. durch eine ringsthndige Amino~thylseitenkette. Dieses Skele~t taucht trotz mannigfacher Beschaffenheit und Besetzung des Ringes,

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trotz verschiedenartiger Substitution an den vier Wasserstoffatomen des ~thyls (R, R ~, R1, R1, ) und unbeschadet der prim~ren, sekund~ren oder terti~ren Natur des endst~ndigen Aminostickstoffes bei den Grund- kSrpem der Gruppe - - den adrenalinverwandten Phenolbasen, dem Histamin und dem Tryptamin - - immer wieder als gemeinsamer Kern auf. Man wird es uln so eher als eine sozusagen ,,konstitutive" Gruppen- eigenschaft zu bezeichnen geneigt sein, als gerade Abweichungen yon diesem Grundri~ auch wichtige ~mderfingen in der pharmakologischen Wirksamkeit zur Folge haben. Beseitigung der Aminogruppe zieht einen vollkommener~ Wechsel des pharmakologischen Charakters naeh sich, Entfernung des Ringes (z. B. sein Ersatz durch die Isopropylgruppe im Isoamylamin) beseitigt oder schwacht die'pharmakologische Wirkung, und ~ede Ver~nderung der I~nge der ~thylseitenkette, sowohl die Verkfirzung zur Methylgruppe als'aueh die Vermehrung fiber die Zwei- zahl der Kohlenstoffatome hinaus, bringt eine Abschw~chung der Wirkung ~) mit sich.

.

Mit den oben aufgez~hlten KSrpern ist, soweit unsere augenblick- lichen Kenntnisse reichen, die Zahl der reinen Typen, die die l~atur nach den hier aufgezeichneten Grundzugen aufgebaut hat, erschSpft. Bei jeder Vermehrung der Zahl der GruppenangehSr~gen aus dem ge- gebenen Vorrat natfirlicher organischer Basen des Tier- oder Pflanzen- reiches heraus mul~ man auf weitergehende Abweichungen gefafit sein. Dann erschwert yon vornherein die Mannigfaltigkeit der Sub- stitutionen, die an den noch unbesetzten Punkten des Grundgerfistes statthaben k5nnen, den Einblick. Dennoch" bleibt fiberraschend, wie auBerordentlich h~ufig sich gerade bei pharmakologisch wichtigen organisehen Basen unter einer Decke irreffihrender Vielgestaltigkeit der Substitutionen das oben aufgezeichnete Grundgerfist heraussch~len ]~Bt. Die n~chfolgende ZusammensteUung bringt eine Auswahl von Typen pharmakologisch mehr oder weniger wichtiger Alkaloide unter Hervorhebung dieses gemeinsamen Skelettanteils:

i) Es ist freilich oft schwer, ,,die Wirksamkeit" fiir zwei verschiedene Sub- stanzen als in quantitativen Vergleich zu ziehende GrS~e zu behandeln. Vor allem daft man dabei nicht die pharmakologische Wirksamkeit, die um so be- achtenswerter ist, je elektiver sie ist, mit der groben Toxizit~t auf eine Stufe stellen. Es ist gut, sich in diesem Zusammenhang zu erinnern, d~B schon mancher KSrper mit interessanter elektiver Wirksamkeit bei der orientieren- den Vorpriifung auch yon angesehensten Untersuchern als u n gi f t i g und daher ,,unwirksam" abgetan worden ist. Innerhalb kurzer Reihen kann man wohl zweckm~13ig die elektivste Wirkung in den Mittelpunkt stellen und, yon Zu- oder Abnahme anderer unspezffischer Wirkungen absehend, deren Anderung als MaB des Einflusses chemischer Modifikation innerhalb der Reihe nehmen.

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OH H

,i I CH )!CH o .

CH

CH~

CH2~/\}CH-- CI_ I

CH2.\~)CH CHOH

Ephedrin s).

H2--CeH4

CH = CH-- CH I C

// J

C N

t

N

C = O

CH2

Strychnin 1).

H CH H H

C I NH C H i / / \ C ii H C - - C- '~ 'N--CHa , i \ \ I > C H , CH3 CH3 HOG ) C C CH~

c \ _ / % / I OH/ /\\CH

0 / Ctt 2 I ~ C [ / ICH \ /

\/ CH l OH

Morphia ').

CH H H H 2 CH CH OC( c-c=c- = c-c-c( oc , CH~OC\)C CH\)0CH 3

CH CH Papaveriv.

CH H~ H 2 H H H 2 CH H O C / ~ C - - C-- C- -N- - C-- C - - C f ~ C O H

] i

HOC:. )C CHI\/cOH CH CH

Tetrahydropapaverolin.

0 C----0 CH3 I

CH H.. H 2 H 'H C ~OC,/\~C-- C-- C -- N-- C -- C -- C ...... COCH 3

CH. ( ' , , : " ' O C . / C ' C H \ / C O C H 3

C CH O CH3 Narkotin.

1) P e r k i n und R o b i n s o n , Chem. Zbl. 1910, I, S. 1363. 2) j . S c h m i d t , Alkaloidchemie 1907--1911, Stut tgart 1911, S. 32. 3) K n o r r u n d H S r l e i n , Ber. 40, 3341. 1907.

Z. f. d. g. exp. Med. VI. 23

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CH.~--~CH. cHL)cR-, c---r

N t L I C H . - - C H : C H

CH. Nicotiu.

0 = C~--~CH-- C.H5 H~ o\/!C H C--C N/0H"

CH. / ,~CH CH--N

Pilocarpin.

CH Ha

c - o !

OH NH O l=Iypaphorim

HOH H CH C ' C - - C

CH,\/\;CH CH N

N - - - CH, ]

CI-I. l

CH2 I

CH.-- CH--CH-- CH -- CH. CMala.

Die vorstehende Zusammenstellung kann nicht den Anspruch er- heben, a le , , zyk l i s chen J ~ t h y l a m i n e " unter den nattirlichen Alka- loiden vollst~ndig zu umfassenl). Um so beachtenswerter ist die Zahl der allein sehon in dieser willkiirlichen Zusammenstellung aufgedeekten KSrper yon zyklisehem J~thylamineharakter. Es ist bereits eine wichtige, wenn auch aus dem Rahmen unserer Betrachtung heraus- fallende Frage, woher diese H~ufigkeit der hier herahsgeseh~lten ehe- mischen Grundstruktur rtihrt. Auch der Pflanzenehemiker wird sie heute noch nieht beantworten kSnnen, denn gerade der genetische Gesichtspunkt, der fiir die einfacheren und bekannteren zyklischen J~thylamine als namengebend verwendet worden ist, die Herkunft vom EiweiB auf dem Wege der Deearboxylierung zyklischer Aniinos~turen ( , , p ro te inogene Amine") , ist nieht allgemein brauchbar. Selbst bei denjenigen Alkaloiden unserer Betraehtung, die eine nahe Ver- wandtschaft zum EiweiB oder seinen Bausteinen verraten, daft bei der synthetischen Arbeitsme~hode de~ Pflanze nicht ohne weiteres an eine Abkunft yore EiweiB gedacht werden. Sie kSnnen ebensogut gleieh- laufend mit den verwandten Aminos~uren aus einfachen .Materialien auf - wie dureh partielle ZerstSrung der entsprechenden Aminosi~ure aus dieser selbst abgebaut worden sein.

1) Es sei nur daran erinnert, dab zu den meisten der hier verzeiehneten Typen eine ganze Reihe n~herer oder entfernterer Verwandter mit demselben Aminogthylskelett gehSrt.

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Von dieser Betrachtungsweise ist also - - und das beleuchtet gleich- zeitig die Willkiirlichkeit des ganzen, heute viel benutzten" Begrifies der ,,proteinogenen Amine" i i b e r h a u p t - ein vereinheitlichender Leit- gedanke fiir unsere Gruppe pharmakologischer Agenzien nicht zu er- hoffen. Die pharmakologische Wirkung der zahlreichen aufgez~hlten Stoffe verr~t noch weniger Einheitllchkeit. Eine gewisse mittelbare oder unmittelbare W i r k s a m k e i t an g l a t t e r M u s k u l a t u r als das Gemeinsame herauszuheben, w~re wohl zum mindesten verfriiht.

Einen Hinweis verdient der verschiedene Reinheitsgrad, in dem sieh das "~thylaminoskelett in den einzeinen Alkaloiden erhalten hat. Hier linden sieh alle ~d~berg~nge yon dem unver~nderten oder kaum ver~nderten Grundtypus, wie ihn Histamin oder Adrenalin z ur Schau tragen, bis zu jener Unkenntliehkeit, hinter der sich dieser Struktur- anteil im Strychnin oder Morphin verbirgt. Eine solehe Zusammen- stelluog kann also wolff einmal zur Kl~rung der Frage herangezogen werden, inwieweit sieh der Athylamincharakter unter den versehieden- artigen und versehiedengradigen Verkleidungen hervor noch Geltung ftir das pharmakologische Verhalten zu versehaffen vermag.

Die Larvierungen setzen, wie man sieht, einerseits an den C-Aton:en des Athylkerns an. Die Kohlenstoffkette l~uft nicht selten yon dem a-C-Atom aus welter, in der einfaehsten Form in Gestalt einer Methyl- gruppe .beim Ephedrin, ebenso kurz, abet in der einschneidenderen Modifikation einer Carboxylgruppe im Hypaphorin. Einen Schritt welter geht das Pilocarpin, das sich yon der gleichen Stelle aus zum Imidazolring schlieBt, so wie das Chinin zum Piperidinring. Eine weitere Komplikation entsteht, wenn dieser RingschluB nicht zur Blldung eines zweiten, getrennten Ringes ftihrt, sondern zu dem Geriist- ring zuriiekl~uft, wie das in der Papaverin-Narkotingruppe der Fall ist, in weleher die ~thylaminoseitenkette in einem Isochinolinring enthalten ist. Genau wie in allen diesen F~llen das a-, ist im Nicotin das fl-C-Atom der ~thylkette der Ausgangspunkt eines zweiten l~ing- anbaues. In anderen l~llen bildet es die Haftstelle einer OH-Gruppe entsprechend dem wichtigsten dieser Aminoalkohole, dem Adrenalin, so z. B. im Ephedrin und Narkptin. Eine versehiedengradige Abweichung vom Grundtypus kommt bei den Isochinolinderivaten aul3erdem noeh zustande je nach dem Hydrierungsgrad. Handelt es sieh um ein Tetra- hydroisoehinolin, wie z. B. bei Morphin oder 5Iarkotin (beziigl. Tetra- hydropapaverolin s. unten), so ist der Grundtypus besser gewahrt, als wenn, wie im Papaverin, die Doppelbindungen des Isochinolins un- ver~ndert vorhanden sind oder, wie im l~icotin, die Doppelbindung zwischen C und ~ eine besondere Form der Aminobindung schafft.

Abgesehen von diesen Substitutionen an der J~thylkette, abgesehen auch yon dem verschiedenen Substitutionsgrad des Stickstoffes

23*

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(sekund~res Amin im El~hedrin und Tetrahydropapaverolin, terti~res Amin bei den meisten iibrigen; die am wenigsten hierhergehSrige qua- tern~re Ammoniumbase im Hypaphorin und den ihm nahezustellen- den Betainen), ist endlich auch der Ringantefl, an dem die Amino~tthyl- seitenkette halter, ein verschiedener: Ephedrin, Morphin, Papaverin, Narkotin sind auf einem Benzolring mit oder ohne aromatische OH-Gruppen - - deren RoUe yon den einfacheren ,,Phenolbasen" her bekannt i s t - - , Strycbnln auf dem Hexahydrobenzolring, Hypaphorin auf dem Indol-, Chinin auf dem Chinolin-, Pilocarpin und Nicotin auf einem hydrierten Furan- bzw. Pyrrolring aufgebaut.

Diese Mannigfaltigkeit bedingt, dab jedes einzelne dieser natiirlichen, ,,alkaloidischen" Seitenkettenami'ne sich auch yon dem n~chststehenden bereits durch ehie Mehrzahl yon Abweichungen unterscheidet. Und aus <liesem Grunde lassen sich auf dem Wege der vergleichenden Be- trachtung yon der Natur gebotener Seitenkettenamine schwer Gesetz- m~Bigkeiten der Wirkungsabh~tngigkeit yon der chemischen Konsti- tution aufsteUen. Immerhin gibt es einige Hinweise darauf, da~ Be- trachtungen, wie die oben umrissenen, keineswegs miil3ig sind. So zeigen die Ver~nderungen, die die Wirkung des Chinins und seiner Homo- logen durch die ZerstSrung ihres Amino~thylcharakters eft~hrt, die Berechtigung, diesem Strukturanteil Bedeutung beizumessen: die yon R a b e und K a u f m a n n studierte L6sung der C-N-Bindung in der Amino~thylgruppe 1) bedeutet eine eingreifende Wirkungs~tnderung, durch die alle ,,spezifischen" Chininwirkungen vernichtet werden. Ein 'Hinweis in ~hnlicher Richtung ist der Umwandlung des Papaverins in das Tetrahydropapaverolin (das, wiewohl kcin natiirliches Alkaloid, um dieses Vergleiches willen mit seiner Struktuftormel in die obige Ubersicht aufgenommen worden ist) zu entnehmen. Soweit man dabei die Absprengung der Methylver~therungen vernachliissigen daft, handelt es sich um eine Herausarbeitung der Amino~thylseitenkette durch die Hydrierung des Isochinolinkerns, und diese fiihrt zu einer Vertiefung der Wirksamkeit an glatter Muskulatur.

o

Auch die wenigen hier angedeuteten Beziehungen zwischen Kon- stitution und Wirkung ergeben sich nieht aus der bloBen Betrachtung der natiirlichen ~thylamine, sondern erst nach der Vornahme yon chemischen Eingriffen, die zu neuen, im Laboratorium entstandenen Gliedern der Gruppe fiihren. Hier ist also schcn der zweite Weg be- schritten, yon dem eingangs die Rede war. Ihm kommt nach dieser ganzen Betrachtung besondere Bedeutung zu. Der Vergleich der natiir-

~) Vgl. die folgende Mitteflung, S. 350.

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lichen Vertreter der Gruppe lehrt die Ffille der Variationsm6glichkeiten und damit die Reichhaltigkeit der Aufgaben, die der S y n t he s e v o n B i n d e g l i e d e r n zur Aufdeckung der Konstitutionsabh~ngigkeit der pharmakologischen Wirkungen bei den zyklischen Aminen barren. Die Punkte, an denen die Synthese solcher neuen Bindeglieder einsetzen kann, shad zahlreich. Doch verdient yon vornherein die Variation des Kernantefls zuerst in Angriff genommen zu werdenl). Eine erste Frage- stellung, die auf dem Wege der Synthese neuer, die nati~rlichen ver- kniipfender _~thylamine zu beantworten ist, kann also dahin formuliert werden: Welche Modifikationen pharmakologischer Wirkung bedingt bei einfachen zyklischen Seitenketten~thylaminen ein Austausch des Kernantefls? Fiir die Synthese wird damit d ie-Aufgabe gestellt, durch Hinzuziehung weiterer Ringe jene Reihe zu erweitern, fiir welche die Natur in Gestalt des Phenyl-, des Imidazolyl- und des Indolyl~thyl- amins bisher die Vertreter yon drei verschiedenen Kernanteflen geliefert hat, freilich, ohne dab die pharmakologische Vcrgleichung dieser drei Typen besondere Gesetzm~Bigkeiten aufgedeckt hat.

Bei meiner Absicht, die Pharmakologie der ,,Amine" yon der oben gekennzeichneten Seite aus, also abseits yon den durch die Begriffe ,,proteinogene Amine" oder ,,Phenolbasen" einseitig eingeschr~tnkten Bahnen anzugehen, fand ich durch die besonders gliickliche Fiigung 6rtlicher Verh~ltnisse in dem Sch6pfer des synthetischen Imidazol~thyl- amins ~) einen verst~ndnisvollen F6rderer und erfahrenen Berater. So entstammt denn von den drei neuen ~thylaminen, mit denen ich zu- n~chst in eine Untersuchung dieser Fragen eintreten konnte, eines, das Oxynaphthyl~thylamin, vollst~ndig dem W i n d a usschen Labora- torium, und auch das zweite, das Chinolyl~thylamin, welches ich mir durch eigene Synthese atff einem zu gr6Berer Ausbeute fi~hrenden Wege in zur pharmakologischen Prtifung ausreichenden Mengen zug~nglich machen muBte, ist erstmalig auf anderem Wege von W i n d a u s her- gestellt worden. Endlich bin ich auch auf das dritte, das Piperidyl- ~thylmethylamin, das ich mir anknfipfend an friihere Synthesen naher Verwandter, denen die KrSnung durch pharmakologisehe Priifung fehlte, hergestellt habe, durch Herrn Professor W i n d a u s aufmerksam gemacht worden.

Die genauere:~vergleichende pharmakologische Pri~fung dieser drei

1) An einem anderen Punkte, der Frage nach der Bedeutung der S u b- s t i t u t i o n e n, ist mit Hilfe der Synthese yon Bindegliedern h~ufiger eingesetzt worden. Doch ergibt sich hierbei jeweils eine Bcschr~nkung auf ein einzelnes Teil- gebiet der ganzen Gruppe. So ist dieses Vorgehcn z. B. mit groBem Erfolg fiir die engeren Verwandten des Adrenalins durchgefiihrt worden und hat in diesem Teilbereich Licht auf die Bedeutung der Substitutionen an zahlreichen Stellen des Grundskeletts geworfen.

2) Windaus u. Vogt, Ber. 44, 3691. 1907.

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neuen zyklischen Seitenketten~thylamine hat Herr N i d e r e h e auf meine Veranlassung durchgeffihrt. Die Ergebnisse derselben linden

"sich in der folgenden Mitteflung 1) niedergelegt. Hier soll nur fiber die Vorversuche berichtet werden, welche die allgemeine Orientierung fiber die Wirkung des wichtigsten dieser drei neuen KSrper, des Chinolyl- ~thylamins, liefern. Auch diese Vorversuche beleuchten aber bereits eine weitere Einzelfrage des Zusammenhanges zwischen Konstitution und Wirkung, die in den obenstehenden Ausffihrungen noch aul]er aeht gelassen worden ist. Wie aus dem einleitend aufgezeichneten Struktur- schema und aus der Gesamtheit der in unsere Aufz~ihlung aufge- nommenen K6rper hervorgeht, handelt es sich bei allen den Substanzen, deren Gruppenzuw bier er6rtert wird, um solehe Seitenkettenamine, deren ~thylkette an dem C-Atom eines Ringes haftet, also auch im Falle heterozyklischer Ringderivate um C-Seiten- ketten. Die pharmakologischen Vergleicbe, die bei a n d e r e n Seiten- kettenderivaten heterozyklischer, im besonderen Ring s t i c k s t o f f ent- haltender Ringe angestellt sind, haben schon darauf hingewiesen, dab die Haftstelle der Seitenke.tte bei solchen heterozyklischen K6rpem nicht gleichgiiltig ist. Die N- und die C-Derivate solcher K6rper sind in ihrer pharmakologischen Wirkung grunds~tzlich verschieden, wie das ja yon vornherein zu erwarten ist, denn die C-Isomeren sind zwei- s~iurige KSrper mit 2 - - prim~ren, sekund~ren oder terti~ren - - Amino- gruppen, w~hrend die lq-Isomeren quatern~re Ammoniumderivate dar- stellen. Es liegt nahe, eine Best~tigung dieser Verscbiedenheit auch ffir unsere F~lle, in denefi eine Amino~thylseitenkette vorliegt, anzu- streben. Ieh habe mich daher bemfiht, soweit mir heterozyklische K6rper zur Verffigung standen, mir zu den C-ithylaminoderivaten stets auch durch geeignete Synthesen die entsprechenden N-Derivate herzustellen. Bei den im folgenden zu berichtenden Vorversuchen habe ich dementsprechend den Vergleich zwischen dem C-Chinolyl~thvlamin- ehlorhydrat (I) und dem Amino~thylchinoloniumchlorid (II)

I. II. CH CH CH CH

e l l ( \r/Ah, CH CH~ ~\''\'iCH CH~/l~ /)C-- CH,-- CH,-- NH~ CH.. / : . . / ' C H

CH N CH N - CH2--CH~-- NH2 / \ [

C1 H C1

ausgeffihrtS).

1) Diese Zeitschr. S. 350. ~) Der Einfachheit halber werden die beiden K6rper im folgenden als

,,C-" bzw. ,,N./~thylaminoehinolin" bezeichnet werden.

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Uber zyklische. Seitenkettenathylamine. I. 343

Der Bericht umfaBt eine Prfifung d e r ' W i r k u n g am ganzen Tier und an isolierten Organen mit glatter Muskulatur, wobei als Testobjekte Darm, Ut3rus und Ohrgefh$pr~parat dienten. Die Methodik war in den Hauptziigen die fibliche, kleine Verbesserungen, die ieh angebracht habe, si'nd des genaueren in anderen Mitteilungen dieses Heftes be- schrieben.

4 ,

Die Versuche fiber die G e s a m t w i r k u n g wurden an Kaninchen anges~ellt. Verwendet wurden 1- oder 2proz. L6sungen der Bi- bzw. Monochlorhydrate oder - tar t ra te yon C- bzw. N-&thylaminoehinolin: Die naehfolgenden beiden Tabellen geben die M6glichkeit zum Ver- gleieh der groben Wirkung der beiden Amine-

Tabelle I. N-_~thylaminoel~inolin in t ravenSs .

Tier Dosis Nr. Oewicht progkg Wirkung

51 72 52

61

2 71

1

Gesamt- dosis

g

1460 0,02 1750 0,03 1780 0,048

I

1050 0,10

Tabelle II. 2000 0,03 1750 0,042 1000 0,045

0,014 0,018 0,027

0.1o

Keine Besonderheit, hSchstens leiehte Unruhe. Deutliche motorische Liihmung.

birmen 10 Minuten unter fortsehreitenden Lil.hmungserscheinungen

t unmitt/elbar nach der Injektion,

C--~thylaminoehinol in in t ravenSs . 0,015 Leichte Erregung 0,024 I Leichte Erregung 0,045 ; M/illige motorische LiiJamung

I'

Zur ni~heren Erli~uterung des Wirkungsunterschiedes seien die nach- folgenden Beispiele yon Versuchsprotokollen wiedergegeben:

Versuch I: Kaninchen Nr. 52. 1780g. 5 h 05 2,4 ccm 2proz. L6sung yon N-~thylaminochinolin (Bitartrat) ---- 0,027 g pro

Kilogramm. Nach kurzem Umherlaufen auffallend bewegungslos, in aufrechter Haltung

sitzend. Zuweilen kurze Schiittelbewegungen in den Vorderbeinen. 5 h 09 Kopf wird tier auf den Erdboden geneigt gehalten; auf Reiz, Beriihrung usw.

�9 lebhafte Reaktion. Pupillen ziemlich weir. Tier leicht" hypnotisierbar. In den allerersten Minuten naeh der Injektion sind auffaHend zahlreiehe Entleerungen geformten Kotes effolgt.

Dauernde Neigung zu gesenkter Kopfhaltung. Von Zeit zu Zeit hebt das Tier den Kopf, l~llt ihn dann unter Striiubebewegungen wieder sinken.

5 h 12 Der Kopf ist zwischen den flaeh nach den Seiten geglittenen Vorderbeinen schr~g auf den Boden gesunken. Die Atmung ist scheinbar ersehwert. Von Zeit zu Zeit ruekt das Tier empor; die Bewegungen sind aber wenig ausgiebig.

Atmung wird immer flacher bei unver~ndert guter Herzti~tigkeit. Prompte, abet nicht sehr ausgiebige Reaktion auf Reize.

5 h 15 Nach l~ngeren Atempausen auch Herzstillstand.

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344 S. L o e w e :

V e r s u c h II: Kaninchen Nr. 71. 1750g. 5 h 13 5 ecru C.Athylaminochinolin- (Biehlorhydra~-) L6sung 1 �9 120 = 0,024 pro

Kilogramm. 5 h 14 Leichte Unruhe, auffallige Erregbarkeit. Auf Ann~erung bereits lebhafte

Fluchtversuche. Atmung leieht besehleunigt, Pupillen ziemlich weir. Keine Def~kation.

5 h 25 Die Unruhe ist bis auf unsiehere Spuren abgeklungen. Tier vollkommen normal. .

Die t6dliche Dosis des C-Derivats hat sich aus ~u~eren Grfinden noch nicht exakt besthnmen lassen. Vielleicht h~ngt ihre Unsicherheit mi~ der besonderen Wirkungsweise zusammen. Mehrfach sind ngmllch Tiere, und zwar bei sehr wechselnden,, zuweilen bereits bei verh~ltnis- mgBig niedrigen I)osen, in engem AnschluB an die Injektion und unter Erscheinungen, wie sie bei t6dlicher Adrenalinwirkung zu beobachten sind, gestorben.

Im Gegensatz hierzu ist das Wirkungsbfld des N-~thylaminochlno- fins verh~ltnism~Big einfach, der Mechanismus seiner tSdiichen Wir. kung reeht fibersichtlich. Die Tiere sterben unter den Erscheinungen einer fortschreitenden motorischen L~hmung, deren Angriffspunkt noch der n~heren Untersuchung bedfiffte, bei bis gegen das Ende gu~ erhaltenem Sensorium und ohne bei irgendwelcher Dosis die Erregungs- wirkungen zu zeigen, welche bei der Wirkung des C-Derivats hervor- treten.

Als gr6bster Unterschied ist neben dieser qualitativen Verschieden- heir die bedeutend st~rkere Giftwirkung des N-Derivats zu verzeichnen.

Einer der oben verzeiehneten Versuche wurde da~u benutzt, auch einen AufschluB fiber die Frage der a n t i p y r e t i s c h e n Wirksamkeit des C-Chinolyl~thylamlns anzustreben. I)iese Frage dr~ngte sich im Hin- blick auf die eingangs er6rterten chemischen Beziehungen der Substanz zum Chinin auf. Das folgende Versuchsprotokoll enth~lt diesen Ent- fieberungsversuch:

Versuch III: Yon zwei Kaninchen (a: 1500g, b: 2000g schwer) erh~lt das eine (a) 2ccm einer abge~Steten Typhusbacillenaufschwemmung, das andere 4 ccm derselben Aufschwemmung sowie nach etwa 2 Stunden 0,015 g C-Athyl- amlnochinolin als sa|zsaures Sa]z; die Bakterienaufschwemmung wurde subcu~an, die Chinolyl~thylaminl6sung intraven6s verabreicht.

Die verabreich~e Dosis entfaltet also keinerlei antipyretische Wirkung. Naturgem~B kommt dem Versuch kehm endgfiltige Bedeutung zu. Er bedaff noch der Erg~nzung (lurch Parallelversuehe mit h6heren Chinolyl- ~thylamindosen. Indessen ist die benutzte Dosis, wenn auch nicht besonders hoch, so doch durchaus nicht als ~ unterschweUig, sondern als ,,therapeutische Dosis" zu bezeiehnen. ])as beweisen die unver- kennbaren AUgemeinwirkungen, die in d e m Versuch zutage traten, das beweisen auch die untenstehend und in der folgenden Mitteflung

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Uber zyklische Seitenkettenlithylamine. I. 345

Tabelle III.

Zeit

628

625 630 632

635

6as

805

812 81s 832 857

Tier a

Tem- peratur

39,1

- - 39,0 2 ccm Bakterienauf- schwemmung subeut.

- - 39,4

Tier b

4 ccm Baktefienaufschwemmung subcutan

h

0,015 C-Chin.-amin pro kg iv. Beschleunigte Atmung, Unruhe Ziemlich erregt. Nicht hypnoti-

sierbar

rein- peratur

39,3

39,2

39,8

40,3

902 Leicht und tief hyp- notisierbar i40,1 - -

1200 - - 39,8 - - 40,~

wiedergegebenen Versuehe an anderen Angriffspunkten der pharmako- logischen Wirkung des C-Chinolyl~thylamins, aus denen sieh ergibt, dab eine Dosis wie die hier angewandte dort mit deutlicher Wirkung zur Geltung kommt .

In Ansehung der oben angedeuteten und bei n~herem Studium noch ausgepr~gter hervortretenden ~_hnliehkeit der Chinolyl~thylamin- wirkung mit derjenigen des Adrenalins ist eine Betrachtung des gegen- seitigen VerhMtnisses ihrerwirksamen Dosen yon einem gewissen Werte. Ein Vergleich der t6dlichen Dosen ist nach dem oben Er6rterten noch nicht m6glieh. Zieht man die naeh der Tabelle I I wirksamen unter- t6dliehen Dosen zum Vergleieh heran, so kann man in grober Ann~herung die dort verzeichneten, zwischen 0,025 und 0,04 g pro kg liegenden Gaben etwa mit Adrenalingaben yon 0,1 bis 0,25 mg pro kg auf eine Stufe steUen. Unter Zugrundelegung dieser Parallele wiirde das C-Chinolyl- ~thylamin in mindestens 200fach h6herer Dosierung a]s das Adrenalin ohne grob toxisehe Wirkungen anwendbar sein.

Bei der Suche naeh besonderen Einzelwirkungen des C-Chinolyl~thyl- amins am intakten Tier sind die bisher geprfiften Dosen nicht sehr aufschluBreich. Die neben den Erseheinungen am Zentralnerven- system augenfMligste Wirkung ist in den folgenden Versuehsprotokol|en angedeutet :

Versuch IV: Kaninchen, 1000g schwer, erh~lt am 2. V. 6h35 0,045 g C-Chinolyl- ~thylamin intraven6s. Das Tier, welches bei m~Big guter Hypnotisierbarkeit und guter Reaktion auf ~uSere Reize leiehte motorische L~hmungserseheinungen auf-

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346 S. Loewe:

weist, hat bis zum n~chsten Mittag, an welchem diese Erscheinungen s~mtlich l~ngst abgeklungen sind, weder Ham noch Kot gelassen. Erst am n~ehstfolgen- den Tag, 4. V. mittags, sind etwa 70 ccm Ham und nur drei auffallend ldeine, sehr feste Skybala entleert. Auch am n~chsten Tage, 5. V., ist keine weitere Stuhl. entleerung erfolgt.

Ve r such V: Sch~ferhund, ca. 10 kg schwer, erh~lt am 24. V. 4 h 49 16 ccm 2proz. C-Chinolyl~thylaminlSsung----0,032g pro Kilogramm subeutan. Die In- jektion ist nicht schme~h~ft, das Tier zeigt nach anf~nglichen, wohl auf die Auf- regung bei der Injektion zuriickzufiihrenden Erregungserscheinungen (Flanken- schlagen, Zungensehleudern) bereits nach 10 Minuten keine deutlichen Wirkungen mehr. Aueh im Verlauf der folgenden Stunden keinerlei auffiillige Erscheinungen. Fri6t gut. HSchstens leichte Atmungserregung. W~hrend mehrerer Beobaehtungs- rage keine Def~kation.

Beide Versuche (yon denen dem Kaninchenversuch aUerdings mehr Beweiskraft zuzusprechen ist, da yon im K ~ i g . gehal tenen H u n d e n die Def~kat ion oft recht lange hinausgeschoben wird) deuten auf eine S topfwirkung kin, welche in den im folgenden beschriebenen Wirkungen des C-Chinolyl~thylamins am isolierten D a r m ihre Best~ttigung linden wiirde.

5. Versuch VI: Oberlebender Kaninehendiinndarm (L~ngsstreifen), in der

iiblichen Weise suspendiert, wird 5h59 einer I q - ~ t h y l a m i n o c h i n o l i n k o n - zentration yon 2 • 10- 5 ausgesetzt. DerTonus sinkt bis 6 h 03 deutlich ab. Gleich- zeitig ist bis 6 h 03 die MaximalhShe der Einzelkontraktionen auf etwa ein Drittel der vor dem Gfftzusatz erreichten M~xima herabgesunken. Bald darauf verschwin- den die Kontraktionen fast vollst~ndig; der Tonus ist schlie61ieh um 1 cm unter den mittleren Tonus vor dem Giftzusatz gesunken. Er bleibt auf dieser HShe bis zu dem 6 h 09 erfolgenden Ersatz der GiftlSsung dutch Ringerl6sung. Nach Er- holung des Darmstiiekes in der NormallSsung wird um 6 h 16 die RingerlSsung durch C -/~ t h y 1 a m i n o c hi n o 1 i n l~ung in einer Konzentration yon gleichfalls 2 • 10- b ersetzt. Die Kontraktionen hSren sofort vollsti~ndig auf, der Tonus sinkt sogleich steil ab und hat bis 6 h 23 unter st~ndiger, allm~Lhlich ein wenig flaeher verlaufender, aber noeh immer fortsehreitender Abnahme eine Senkung um 2 cm unter den mittleren Tonus der vorausgegangenen Normalperiode erfahren. Auch naeh der um 6 h 23 erfolgten Entfernung der C-Chinolyl~ithylaminlSsung steigt der Tonus nicht wieder an, und der Darm zeigt auch in l~ngerer Beobaehtungszeit keine deutliche Kontraktionst~tigkeit mehr.

Beide Substanzen entfal ten also am ]3arm eine tonusmindernde und ruhigstellende Wirkung. Indessen unterscheidet sieh bei dem Ver- gleich gleieher Konzent ra t ionen ihre Wirksamkei t sehr betr~chtl ich:

Die Tonussenkung betr~gt nach C-~thylaminochinol in mindestens das Doppel te wie naeh N-/~thylaminoehinolin.

Die Kontrakt ions t~t igkei t wird durch das N-Der iva t ers t -sehr all- m~hlich, durch das C-Derivat sofort aufgehoben.

Sowohl Tonussenkung wie Kont rak t ionsaufhebung sind naeh der E inwirkung des N-Derivats p rompt reversibel. Die gleiche Konzent ra t ion des C-Derivats wirkt an beiden Funk t ionen bereits in irreversibler

Weise.

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Uber zyklische Seitenkettent~thylamine. L 347

.

Der gleiche Unte rseh ied zwischen den be iden Aminen g ib t sich aueh am isol ier ten Meerschweinchenuterus zu e rkennen :

V e r s u c h VII: Gravidcr Meerschweinchcnaterus, 1. Horn in iiblicher Weise suspendiert. 11 h 55 N-~thylaminochinolin 1 • 10 - s. Mittlerer Tonus und Frcquenz unverRndert. 12 h 00 Ersatz der GiftlSsung durch RingerlSsung. 12 h 10 C-/~thyl- aminochinolin 1 • 10- 5. Der mittlere Tonus nimmt bis 12 h 20, stetig ansteigend, um etwa ll]s cm zu, gleichzeitig nehmen die groBen Wehen an H~ufigkeit zu, w~hrend die kleinen wRhrend der Erschlaffungspha,sen effolgenden Kontrak- tionen sp~rlicher werden.

Bere i t s bei dieser ziemlieh n iedr igen K o n z e n t r a t i o n is t also die in ande ren Versuchen s ichergeste l l te U te ruse r regung durch das C-Der iva t sehr deut l ich , wRhrend dem N - D e r i v a t in de r gleichen K o n z e n t r a t i o n j ede W i r k u n g fehl t .

7.

Aueh an d e m d r i t t e n Organ mi t g l a t t e r Muskula tu r , d e m Kaninchen- Ohrgef~Bpr~para t naeh K r a w k o w, b i e t en die be iden Amine dieselben

VerhRltnisse :

V e r s u c h VIII : Kaninchenohr, Gef~8pr~parat mit RingerlSsung durchstrSmt. Die LSsungen der beiden :Amine werden an der gleichen Stelle des Zuffhrungs- schtauches kurz oberhalb der Einbindungsstelle.in die Ohrarterie durch eine feine Kanfile mit der Pravazspritze in]iziert, und zwar yon beiden ]e 0,5 ccm, jedoch yon dem N-Derivat eine LSsung 2 • 10 -5, yon dem C-Derivat die nur hall) so starke Konzentration yon 1 • 10-s.

T a b e l l e IV. Zeit Tropfen pro .'din.

5 h 20 12 5 h 23 12

N-Athylaminochinolin 5 b 24 ~,~ 5 h 25 8,2 5 h 27 Voriibergeh. DruckerhShung 5 h 27 17 5h 29 13,8 5 h 31 1

C-~thylaminochinolin. 5 h 32 6

5 h 34 4 5h 35 Vorfibergeh. DruckerhShung 5 h 36 8 5 h 41 9,6 6 h 02 14

An der Gef~iBmuskulatur des Kan inchenohres en t fa l t en also beide Stoffe kons t r ing ie rende Wirkung , j edoch gleiehfalls wieder von sehr

s t a rke r Verschiedenhei t :

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348 8. Loewe:

Die Konstriktion durch das C-Derivat fibertrifft die durch das N-Derivat gesetzte um weitaus mehr als das Doppelte.

Wghrend die Wirkung des N-Derivats 3 Minuten nach der Injektion bereits wieder im Abldingen begriffen ist, nimmt die Wirkung des C-Derivats auch in der dritten Minute noch betr~chtlich zu. Dement~ sprechend ist (beide Male unter Zuhilfenahme der gleiehen v.oriiber- gehenden, die Rtiekkehr zur Norm beschleunigenden DruckerhShung) naeh der Einwirkung des N-Derivats innerhalb 9 1Kinuten wieder eine Einstellung der Tropfenzahl auf einen gleiehmM]igen Spiegel effolgt, wghrend nach dem C-Derivat die Urspriingliche HShe der Tropfenzahl erst naeh 30 Minuten wieder erreicht ist.

.

Zusammenfassend : In der vorstehenden Mitteflung wird an Hand einer Arbeitshypothese, die die Priifung des Z u s a m m e n h a n g s zwi schen K o n s t i t u t i o n und W i r k u n g bei z y k l i s c h e n S e i t e n k e t t e n - i i t h y l a m i n e n zur Aufgabe setzt, darauf hingewiesen, dab der chemisehe GrundriB dieser K6rper nicht nur bei einfacheren Vertre~rn der Reihe, wie etwa dem Adrenalin oder Histamin, sondern auch bei einer gr6Beren Zahl anderer natiirlieher organiseher Basen vertreten ist, die sieh allerdings in der chemiseh komplizierteren Gruppe der Pflanzen- alkaloide im engeren Sinne finden.

Aus einer Reihe yon einfaehen zyklischen Seitenketten~thylaminen, die sieh im wesentliehen durch die Verschiedenheit ihres Ringes von- einander unterscheiden, wird zungehst das C- C h i n o l y l g t h y l a m i n , das bisher pharmakologiseher Priifung nieht zuggnglich war, heraus- gegriffen und eine Reihe orientierender Vorversuehe fiber seine Wir- kungen angestellt.

Gleiehzeitig wird eine vergleichende Priffung zwisehen diesem K6rper, dessen Seitenkette an einem Ring kohlens toff seines hetero~ zyklisehen Ringes haftet, mit dem en~sprechenden N-Derivat, in welchem die Seitenkette vom Ring s t i e ks toil des Chinolins ihren Ausgang nim mt, dem A m i n o ~ t h y l e h i n o l o n i u m c h l o r i d , ausgefiihrt.

Das C-Chinolyl~thylamin erweist sich am intakten Kaninehen, intravenSs verabreicht, sowie am Hunde als ziemlich ungiftig. Gaben, welche am Zentralnervensystem eine mgl]ige Erregungswirkung ent- falten, deuten im iibrigen h6chstens dutch eine gewisse Stopf- wirkung die pharmakologische Wirksamkeit der Substanz an.

Bei der Priifung an Or ganen mi t g l a t t e r M u s k u l a t u r bewirkt das C-Chinolyl~thylamin eine R u h i g s t e l l u n g des D a r m e s , eine E r r e g u n g des Meersehweinchenuterus und V a s o k o n s t r i k t i o n am isolierten Gef~Bprgparat. Es ~hnelt also an Darm und Gef~tB- pr~tparat dem Adrenalin, w~hrend es am Uterus diesem entgegengesetzt

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~ber zyklische Seitenketten~thylamine. I. 349

wirkt. Die an glatter Muskulatur wirksamel~ Dosen sind bedeutepd - - immerhin um weniger als das H u n d e r t f a e h e . - h6her als die des Adrenalins, wahrend die Unsch~dlichkeit am ganzen Tier die des Adre- nalins noch um wesentlich mehr - - fiber zweihundertfach - - iibertrifft.

Wenn die Athylaminoseitenkette am Stiekstoff, anstat t wie beim C-Chinolyl~thylamin am 1-Kohlenstoff des Chinolinringes halter, so wird die pharmakologisehe Wirkung erwartungsgem~{3 wesentlich ab- gegndert. Das N-Derivat entfaltet am intakten Tier motorische L~h- mungswirkungen, die bereits in bedeutend niedrigerer Dosis zum Tode ffihren.

An der glatten Muskulatur des D a m e s und der Gef~Be ist die Wirkung des N-Derivats derjenigen des C-Derivats zwar gleichgericht~t, aber bei gleicher Dosierung aul3erordentlieh viel geringer und b~leutend weniger naehhaltig. Am isolierten Uterus ist das N-Derivat in Kon- zentrationen, in denen das C-Derivat bereits erregend wirkt, unwirksam.

Fraulein O e r t r u d A l b r e e h ' t hat mir bei der Ausfiihrung der Vorsuehe und den ehemischen Vorarbeiten wesentliche Dienste ge- leistet.


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