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Merkmale (lebende oder tote Zellen…) m�ssen die klassischen Merkmale zur Cha-rakterisierung dieser dispersen Systeme erg�nzen.

Die in Kapitel 1 gemachte Aussage �ber die Bedeutung disperser Systeme kannunterstrichen werden:

Mehr als 50% der Produkte der Chemie werden heute als disperse Produkte ver-kauft und ein Teil der restlichen durchlaufen imProzess einen dispersen Zustand, derprozessbestimmend sein kann [2.110]. F�r die gesamtemechanische Verfahrenstech-nik d�rften die Verh�ltnisse �hnlich liegen. Die Anforderungen an die Produkteigen-schaften steigen, die Entwicklungszeiten f�r neue Produkte werden immer k�rzer, sodass Impulse f�r den verst�rkten Einsatz von Messtechniken sowohl aus der Quali-t�tssicherung (engere Toleranzen) als auch der verfahrenstechnischen Entwicklung(h�here Effizienz) kommen. Letztere setzt ein vertieftes Verst�ndnis der Zusammen-h�nge voraus: von Produkt- und Dispersit�tseigenschaften (Eigenschaftsfunktionoder Produktmodell) einerseits und den Prozessbedingungen, mit denen die notwen-digen Dispersit�ts-Eigenschaften erzielt werden (Prozessfunktion oder Prozessmo-dell) andererseits. Neben die Beschreibung vonProduktzust�nden tritt die Charakteri-sierung des Produktverhaltens. Die Anforderungen an die Genauigkeit und Schnel-ligkeit der Messmethoden werden steigen aus Gr�nden der Qualit�tssicherung undf�r dieModellbildung. W�hrend f�r die Qualit�tssicherung einfache Indikatoren hin-reichend sein k�nnen, sind die Anforderungen an die Messtechnik f�r die Modellbil-dung besonders hoch, da sie das Fundament f�r dieModelle bildet [2.14], [2.111].

3

Feststoff/Fluid-Str�mungen

3.1

Bewegungen von Feststoffpartikeln in str�menden Fluiden

3.1.1

Bewegung einer einzelnen wandfernen Partikel in einer station�ren laminarenStr�mung

Betrachtet man eine einzelne, in einem Fluid (Fl�ssigkeit oder Gas) suspendiertePartikel zu einem bestimmten Zeitpunkt t, so ist ihre momentane Lage durch dieLage ihres Schwerpunkts und durch ihre Orientierung festgelegt (Abb. 3.1). IhreTranslationsgeschwindigkeit wird mit �� , ihre Winkelgeschwindigkeit mit �! bezeich-net. Bei Abwesenheit der Partikel hat das Fluid zu dem betrachteten Zeitpunkt einebestimmte r�umliche Geschwindigkeitsverteilung mit der Geschwindigkeit �u amSchwerpunktsort der Partikel. Die Relativgeschwindigkeit

�ur¼ �u � �� ð3:1Þ

ist zugleich die momentane Anstr�mgeschwindigkeit der Partikel. Ist die Partikelklein gegen�ber r�umlichen Ver�nderungen des Str�mungsfeldes, so kann die An-str�mung der Partikel als gleichf�rmig angesehen werden.

84 3 Feststoff/Fluid-Str�mungen

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Abb. 3.1 Skizze zur Veranschaulichung der Definitionen von Partikelgeschwindigkeit v, Geschwindigkeitdes Fluids u und Relativgeschwindigkeit ur

Auf die Partikel k�nnen Kr�fte verschiedener Art einwirken:– Feldkr�fte: hierzu geh�rt in erster Linie die Schwerkraft �FG

. Es gilt

�FG¼ V � %p � �g ð3:2Þ

wobei V und %p das Volumen bzw. die Dichte der Partikel und�g die Erdbeschleu-

nigung bezeichnen. In besonderen F�llen k�nnen elektrische oder magnetischeFeldkr�fte hinzutreten, bei Vorhandensein entsprechend großer Temperaturgra-dienten auch thermische Kr�fte (Thermophorese).

– Str�mungskr�fte: Infolge Anstr�mung mit der Geschwindigkeit �u wirken aufeine Partikel im allgemeinsten Fall ein Drehmoment �M und eine Kraft �FF

, wo-bei man sich letztere in eine Komponente in Richtung von �ur, die Widerstands-kraft �FW

, und in eine Komponente senkrecht zu �ur, den dynamischen Auftrieb

�FA, zerlegt denken kann.

– Druckkr�fte: Zus�tzlich zu den Str�mungskr�ften und auch dann, wenn zwi-schen Fluid und Partikel keine Relativbewegung stattfindet, k�nnen vom FluidDruckkr�fte �FP

auf die Partikel ausge�bt werden. Dies ist immer dann der Fall,wenn im Str�mungsfeld ein Druckgradient p besteht. Es gilt allgemein:

�FP¼ �V � grad p ð3:3Þ

F�r eine reibungsfreie Str�mung folgt aus den Navier-Stokes-Gleichungen

grad p ¼ %F � ð�g � d�u=dtÞ ð3:4Þ

wobei %F die Dichte und d�u=dt die substantielle Beschleunigung des Fluids be-zeichnet.

– Tr�gheitskr�fte: Gem�ß dem d’Alembertschen Prinzip wird eine sogenannteTr�gheitskraft �FT

�FT¼ �V � %p � d��=dt ð3:5Þ

eingef�hrt mit V; %p und d��=dt als dem Volumen, der Dichte und der Beschleu-nigung der Partikel.

Die an einer Partikel angreifenden Kr�fte heben sich gegenseitig auf. Werden son-stige �ußere Kr�fte wie Diffusions- und Kontaktkr�fte g�nzlich außer Betracht ge-

853.1 Bewegungen von Feststoffpartikeln in str�menden Fluiden

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lassen und wird von den Feldkr�ften allein die Schwerkraft ber�cksichtigt, so mußdie vektorielle Summe aus Schwerkraft �FG

, Str�mungskraft �FF, Druckkraft �FP

undTr�gheitskraft �FT

null werden:

�FGþ �FF

þ �FPþ �FT

¼ 0 ð3:6Þ

Diese Gleichung bildet die Grundlage f�r alle Partikelbahnberechnungen. Unbe-kannt ist dann in Gleichung (3.6) nur noch die Str�mungskraft �FF

. Hierf�r l�ßtsich jedoch – anders als f�r die �brigen beteiligten Kr�fte – kein einfacher allge-meing�ltiger mathematischer Ausdruck angeben. Bei der Berechnung von Partikel-bewegungen werden deshalb �blicherweise sehr weitgehende vereinfachende An-nahmen getroffen. Ob diese Vereinfachungen zul�ssig sind, muß in jedem Einzel-fall nachgepr�ft werden.Vereinfachend wird zun�chst angenommen:– Die Partikel hat die Form einer Kugel, hat eine glatte Oberfl�che, ist nicht defor-mierbar und rotiert nicht in der Str�mung,

– feste W�nde und freie Oberfl�chen sind so weit entfernt, daß sie die Str�mungpraktisch nicht beeinflussen,

– das Fluid ist inkompressibel, weist Newtonsches Fließverhalten auf und kann alsKontinuum betrachtet werden,

– die Anstr�mung ist gleichf�rmig, laminar und station�r.

Unter diesen Voraussetzungen verschwinden Drehmoment �M und dynamischerAuftrieb �FA

. Die Str�mungskraft �FFist auf eine Widerstandskraft �FW

reduziert, dienur noch von der Anstr�mungsgeschwindigkeit �ur

, der Viskosit�t , der Dichte %Fund dem Partikeldurchmesser d abh�ngt. Aufgrund einer Dimensionsanalyse wirdf�r �FW

folgender Ansatz gemacht:

�FW¼ cw �AP � ð%F=2Þj�ur

j�urð3:7Þ

Hierin ist AP ¼ d2�=4 die Projektionsfl�che der Partikel und cw der Widerstandsbei-wert, der unter den genannten Voraussetzungen nur noch von der Reynolds-Zahl Re

Re ¼ dj�urj%F= ð3:8Þ

abh�ngt.F�r den Bereich sehr kleiner Reynolds-Zahlen hat Stokes das Problem der Ku-

gelumstr�mung analytisch gel�st. Die Widerstandskraft ergab sich zu

�FW¼ 3�d�ur

ð3:9Þ

und der Widerstandsbeiwert cw zu

cw ¼ 24=Re ð3:10Þ

Dieses Ergebnis stimmt im Bereich Re � 0; 25 sehr gut mit Messungen �berein.F�r gr�ßere Reynoldszahlen existieren keine analytischen L�sungen. Bis etwa Re ¼100 gibt es numerische L�sungen der vollst�ndigen Navier-Stokes-Gleichungen, dar-�ber hinaus nur die Ergebnisse von Messungen. In [3.1] sind Messwerte verschiede-ner Autoren zusammengetragen. Den experimentell gefundenen Zusammenhang

86 3 Feststoff/Fluid-Str�mungen

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kann man nach einem Vorschlag von Kaskas und Brauer [3.2] durch eine Appro-ximationsfunktion von der Form

cw ¼ 24=Reþ 4=ffiffiffiffiffiffiRe

pþ 0; 4 ð3:11Þ

im Bereich von 0; 3 < Re < 2000, d.h. �ber viele Zehnerpotenzen der Reynolds-Zahl hinweg ann�hern, wobei der maximale relative Fehler 6% betr�gt.

Die Gleichungen (3.7) bis (3.11) gelten f�r den Fall, daß die Partikel station�r an-gestr�mt wird. Bewegt sich die Partikel beschleunigt oder verz�gert in der Str�-mung, so ist die Anstr�mung jedoch notwendig instation�r, selbst wenn die Grund-str�mung – wie vorausgesetzt – station�r ist. F�r die instation�re Anstr�mung gibtes wiederum nur f�r den Bereich sehr kleiner Reynolds-Zahlen eine analytische L�-sung. Nach Rechnungen von Basset, Boussinesq und Oseen, die von Tchen

[3.3] auf den Fall ver�nderlicher Geschwindigkeit des Fluids ausgedehnt wurden,erh�lt man f�r die Widerstandskraft �FW

auf eine kugelf�rmige Partikel desDurchmessers d:

�FW¼ 3�d�wrel

þ ð1=2Þðd3�=6Þ%Fd�wr=dt

þ ð3=2Þd2 ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi�%F

p �ðt

t0

ðd�ur=dtÞðt� t�Þ�1=2dt�

ð3:12Þ

Hierin bedeuten t0 die Zeit zu Beginn der Geschwindigkeits�nderung, und %Fdie Z�higkeit bzw. Dichte des Fluids und �ur

die Relativgeschwindigkeit zwischenPartikel und Fluid.

Im Bereich gr�ßerer Reynolds-Zahlen konnte der Beschleunigungseinfluss nochnicht hinreichend gekl�rt werden. Mangels genauerer Informationen geht man des-halb von Gleichung (3.12) aus und ersetzt darin lediglich den ersten Term (station�-rer Widerstand bei sehr kleinen Reynolds-Zahlen) durch die Gleichungen (3.7) und(3.11).Wie Brush, Ho und Yen [3.4] zeigen konnten, erh�lt man damit im Bereich

mittlerer Reynolds-Zahlen von 18–540 eine gute �bereinstimmung mit experi-mentellen Ergebnissen f�r die Partikelbewegung in einem niederfrequent oszillie-renden Str�mungsfeld. Im Bereich sehr hoher Reynolds-Zahlen verschwindet derUnterschied zwischen station�rem und instation�rem Widerstand [3.5].

Ist das Fluid eine Fl�ssigkeit, so kann man den zweiten und dritten Term in Glei-chung (3.12) bzw. in der nach dem Vorschlag von Brush, Ho und Yen modifizier-ten Gleichung bei Partikelbahnrechnungen meist nicht vernachl�ssigen. Andersverh�lt es sich im Fall von Gasstr�mungen. Hier verschwindet auch noch dieDruckkraft �FP

in Gleichung (3.6). Mit den Gleichungen (3.2), (3.5) und (3.7) folgtaus der Kr�ftebilanz

ðd3�=6Þ%p � d��=dt ¼ ðd3�=6Þ%p � �g þ cw � ðd2�=4Þð%F=2Þj�urj�ur: ð3:13Þ

Diese vektorielle Gleichung liefert im allgemeinen Fall drei gekoppelte Differen-tialgleichungen erster Ordnung zur Bestimmung der drei Komponenten der Parti-

873.1 Bewegungen von Feststoffpartikeln in str�menden Fluiden

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kelgeschwindigkeit �� . �ber eine weitere Integration erh�lt man daraus die Koordi-naten der Bahnkurve.

Nur in Ausnahmef�llen sind analytische L�sungen m�glich. Im allgemeinen Fallm�ssen numerische Methoden angewandt werden. Dies gilt meist auch schon f�rdie Berechnung der Grundstr�mung, in der sich die Partikeln bewegen, insbeson-dere wenn diese Str�mung selbst turbulent wird.

Solche Partikelbahnberechnungen sind schon f�r eine Reihe technisch wichtigerGasstr�mungen ausgef�hrt worden. Sie bilden die Grundlage f�r die Auslegungvon Sichtern und Abscheidern. Als Beispiel sei die Arbeit von Schmid [3.6] ge-nannt.

Generell ist zu allen Partikelbahnberechnungen, gleichg�ltig ob in Fl�ssigkeits-oder Gasstr�mungen, anzumerken, daß man sie immer nur als mathematische Mo-delle ansehen darf, die die Wirklichkeit nur teilweise richtig beschreiben k�nnen.Dies folgt aus der Vielzahl der vereinfachenden Annahmen, die in dem Ansatz f�rdie Str�mungskraft �FF

stecken.Hierzu geh�rt, daß in realen Str�mungen, anders als angenommen, die Partikeln

durch Wandst�ße oder wechselseitige Partikelst�ße in Drehnung versetzt werdenk�nnen. Dadurch wird, wie Messungen von Sawatzki [3.7] an Kugeln gezeigt ha-ben, zum einen der Str�mungswiderstand �FW

erh�ht, zum anderen aber auchein dynamischer Auftrieb �FA

quer zur Anstr�mungsrichtung erzeugt.Ferner weichen reale Feststoffpartikeln mehr oder weniger stark von der voraus-

gesetzten Kugelgestalt ab. Die Bewegung unregelm�ßig geformter Partikeln unter-scheidet sich aber in mehrfacher Hinsicht von der von Kugeln. F�r den Bereichsehr kleiner Reynolds-Zahlen hat Brenner [3.8] dazu eine allgemeine Theorieentwickelt.

Sind die Partikeln sehr klein oder bewegen sie sich in einem stark verd�nntenGas, so kann es sein, dass die mittlere freie Wegl�nge � der Gasmolek�le die Gr�-ßenordnung der Partikeln erreicht. Das Gas kann in diesem Fall nicht mehr alsKontinuum betrachtet werden, der Str�mungswiderstand der Partikeln wird kleiner.Maßgeblicher Parameter ist die Knudsen-Zahl Kn

Kn ¼ �=d ð3:14Þ

Die mittlere freie Wegl�nge errechnet sich aus

� ¼

0; 499�f��mol

ð3:15Þ

mit ��molals der mittleren Molek�lgeschwindigkeit. Die Abh�ngigkeit der Wider-

standszahl cw von der Knudsen-Zahl wurde experimentell ermittelt. Davies [3.9]hat alle bekannt gewordenen Messergebnisse durch eine Gleichung der Form

cw ¼ cwstokesf1þKnð2; 514þ 0; 800 � e�0;55=KnÞg�1 ð3:16Þ

approximiert, die im Bereich 0; 1 < Kn < 100 und Re < 0; 25 g�ltig ist.

88 3 Feststoff/Fluid-Str�mungen

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3.1.2

Wandeinfluss

Der Str�mungswiderstand einer Partikel h�ngt auch vom Abstand der den Str�-mungsraum begrenzenden W�nde ab. Analytische L�sungen liegen wiederum nurf�r sehr einfache Geometrien und f�r den Bereich sehr kleiner Reynolds-Zahlen vor.

So hat Brenner [3.10] den Widerstand einer kugelf�rmigen Partikel unter-sucht, die sich in einem ruhenden Fluid senkrecht zu einer ebenen festen Wandbewegt. Seine L�sung gilt f�r beliebige freie Wandabst�nde Dz. F�r sehr kleinerelative Abst�nde Dz/d l�sst sie sich approximieren durch

cw ¼ ð24=ReÞf1þ d=ð2�zÞg ð3:17Þ

F�r große �z=d geht sie �ber in die L�sung von Lorenz

cw ¼ ð24=ReÞ= 1� 9

8ð1þ 2�z=dÞ�1

� �ð3:18Þ

Die entsprechende L�sung f�r den Fall, dass sich die Partikel nicht senkrecht,sondern parallel zur Wand bewegt, lautet

cw ¼ ð24=ReÞ= 1� 9

16ð1þ 2�z=dÞ�1

� �ð3:19Þ

Beide L�sungen sind N�herungen f�r d �z. Gleiches gilt auch f�r die L�sungvon Ladenburg [3.11], der den Fall untersucht hat, dass sich eine Kugel l�ngsder Achse eines (unendlich) langen Zylinders vom Durchmesser D bewegt, wobeidas Fluid relativ zum Zylinder in Ruhe ist. Er fand

cw ¼ ð24=ReÞ½1þ 2; 104d=D� ð3:20Þ

Seine L�sung wurde von Brenner und Happel [3.12] auf den Fall erweitert,daß sich die Kugel in beliebiger Entfernung von der Zylinderachse befindet.

Bewegt sich das Fluid parallel zur Wand, so wird – wie Rubin [3.13] experimentellgezeigt hat – nicht nur der Str�mungswiderstand einer Kugel ver�ndert, sondernes wirkt auf diese auch eine von der Wand weggerichtete dynamische Auftriebs-kraft �FA

. Auf die Existenz einer solchen Kraft hat auch Bauckhage [3.14] die vonihm beobachtete Erscheinung zur�ckgef�hrt, dass sich eine durch ein Rohr laminarhindurchstr�mende Suspension kugelf�rmiger Partikeln entmischt und dass sichdie Partikeln in einer ringf�rmigen Zone beim halben Radius anreichern.

3.1.3

Str�mungswechselwirkung von Partikeln

F�r die gegenseitige Beeinflussung zweier gleichgroßer kugelf�rmiger Partikeln istim Bereich sehr kleiner Reynolds-Zahlen von Goldman, Cox und Brenner

[3.15] eine analytische L�sung gefunden worden, die f�r beliebige Partikelab-st�nde gilt und die zeigt, dass der Str�mungswiderstand jeder der beiden Parti-keln infolge Anwesenheit der anderen in gleichem Maße herabgesetzt wird.

893.1 Bewegungen von Feststoffpartikeln in str�menden Fluiden

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Im Bereich h�herer Reynolds-Zahlen gibt es keine theoretischen L�sungen. Diewenigen bekannt gewordenen experimentellen Untersuchungen zeigen, dass in die-sem Bereich die Widerst�nde zweier gleichgroßer, hintereinander angeordneter Par-tikeln nicht mehr gleich groß sind, so dass bei der Sedimentation die hintere dievordere Partikel einholt.

Die Wechselwirkung sehr vieler Partikeln l�ßt sich nur mit statistischen Mittelnbeschreiben. In niedrig konzentrierten Suspensionen aus gleichgroßen Partikeln�ußert sie sich darin, dass sich bei der Sedimentation Komplexe aus mehreren Par-tikeln bilden, die schneller absinken als eine Partikel [3.16]. Bei h�heren Partikel-konzentrationen verschwindet dieser Effekt und die Partikeln sedimentieren mitherabgesetzter, einheitlicher Geschwindigkeit.

3.2

Str�mung durch Packungen und Wirbelschichten

3.2.1

Druckverlust bei der Packungsdurchstr�mung

Durchstr�mte Packungen spielen in der Verfahrenstechnik und Reaktionstechnikeine bedeutende Rolle, z.B. in der Gestalt des durchstr�mten Filterkuchens oderdes Festbettreaktors. Vom Standpunkt der mechanischen Verfahrenstechnik interes-siert vor allem die Vorhersage des Druckabfalls �P f�r eine Packung mit in Haupt-str�mungsrichtung unver�nderlichem Querschnitt und der L�nge �L bei vorgege-bener Leerrohrgeschwindigkeit u. F�r ein inkompressibles Fluid gilt �P � �L. Da-mit ist die gesuchte Zielgr�ße der Betrag des Druckgradienten �P=�L.

Im Falle eines kompressiblen Fluids gelten die nachstehend beschriebenen Bezie-hungen f�r den lokalen Druckgradienten dP=dx ¼ ��P=�L. Im Modellfall eineskugeligen Gleichkorns gibt es insgesamt sechs Einflussgr�ßen, n�mlich Druckgra-dient�P=�L [kg m–2s–2], Partikeldurchmesser d [m], Fluiddichte �F [kg m–3], Visko-sit�t [kg m–1s–1], und die Zwischenraumfluidgeschwindigkeit u=" [ms–1] mit demHohlraumvolumenanteil " der Packung.

Gem�ß dem �-Theorem von Buckingham ergeben sich drei sinnvoll definierteKennzahlen:

Euler-Zahl Eu � ð�P=�LÞd�Fðu="Þ2

; ð3:21Þ

Reynolds-Zahl Re � �Fðu="Þd

ð3:22Þ

und

Feststoffvolumen

Fluidvolumen� 1� "

"ð3:23Þ

90 3 Feststoff/Fluid-Str�mungen

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Die Grundlagen der Str�mungsmechanik legen die folgenden Grenzf�lle nahe:1. Niedrige Reynolds-Zahlen, d.h. die Fluiddichte ist unwesentlich:

Eu �Re � ð�P=�LÞd2ðu="Þ ¼ f1

1� "

"

� �ð3:24Þ

Die entsprechende empirische Carman-Kozeny-Gleichung lautet

�P

�L¼ 150

ð1� "Þ2

"3� ud2

ð3:25Þ

2. Hohe Reynoldszahlen, d.h. die Viskosit�t ist unwesentlich:

Eu � ð�P=�LÞd�Fðu="Þ2

¼ f21� "

"

� �ð3:26Þ

Die entsprechende empirische Gleichung ist

�P

�L¼ 1; 75

1� "

"3� �Fu

2

dð3:27Þ

Die �berlagerung der Gleichungen (3.25) und (3.27) liefert die Ergunsche Glei-chung [3.17]

�P

�L¼ 150

ð1� "Þ2

"3u

d2þ 1; 75 � 1� "

"3�Fu

2

d: ð3:28Þ

Ausgehend von Gleichung (3.28) l�ßt sich eine sinnvolle Verallgemeinerung f�runregelm�ßig geformte Partikeln in mehr oder weniger breiter Kornverteilung �berdie Definition der volumenbezogenen spezifischen Oberfl�che

Sv ¼6

dð3:29Þ

gewinnen.Einsetzen von Gleichung (3.29) in Gleichung (3.28) ergibt

�P

�L¼ k Sv

1� "

"

� �2

u

"þ C Sv

1� "

"

� ��F

u

"

� �2ð3:30Þ

mit den empirischen Konstanten k � 5 und, C � 0,3. In der Schreibweise vonGleichung (3.30) erkennt man die physikalische Bedeutung der einzelnen Fakto-ren. Insbesondere gilt

Sv1� "

"¼ Feststoffoberfl€aache

Fluidvolumen

913.2 Str�mung durch Packungen und Wirbelschichten

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Die Ergunsche Gleichung in den Varianten (3.28) und (3.30) liefert gute N�herun-gen f�r Re � 102. Ab Re 103 sind die Abweichungen von der Realit�t erheblich.Zu einer genaueren Beschreibung des Packungsdruckverlustes siehe [3.18].

3.2.2

Verfahrensprinzip der Fluidisation, Vor- und Nachteile

Das einer Wirbelschicht zugrunde liegende Verfahrensprinzip der Fluidisationbesteht darin, daß eine Sch�ttung von Feststoffpartikeln (Abb. 3.2a) durch einenaufw�rts gerichteten Fluidstrom in einen fl�ssigkeits�hnlichen Zustand versetztwird, sobald der Volumenstrom _VV des Fluids einen Grenzwert _VVmf erreicht(Abb. 3.2b). In diesem »fluidisierten« Zustand werden die Feststoffpartikeln durchden Fluidstrom in Schwebe gehalten.

Bei Steigerung des Volumenstroms _VV �ber den Lockerungspunkt _VVmf hinaus be-ginnt bei Fluidisation mit einer Fl�ssigkeit eine gleichm�ßige Expansion derSchicht, w�hrend bei der technisch bedeutsameren Fluidisation mit einem Gas dieBildung praktisch feststofffreier Gasblasen einsetzt (Abb. 3.2c). Die Blasenkoales-zenz bewirkt, daß die lokale mittlere Blasengr�ße mit zunehmender H�he �berdem Anstr�mboden rasch anw�chst. Bei gen�gend schlanken und hohen Wirbel-schichtgef�ßen f�llen die Blasen schließlich den gesamten Querschnitt aus unddurchlaufen die dann »stoßende« Wirbelschicht als eine Folge von Gaskolben(Abb. 3.2d). Bei sehr hohen Geschwindigkeiten sind keine einzelnen Blasen mehrunterscheidbar; ebenso ist keine definierte Schichtoberfl�che mehr zu erkennen(Abb. 3.2e). Derartige expandierte oder zirkulierende Wirbelschichten lassen sichwegen des hohen Feststoffaustrags nur durch st�ndige Zirkulation des Feststoffs�ber einen R�ckf�hrzyklon aufrechterhalten.

Abb. 3.2 Wirbelschichtzust�ndea) Ruhesch�ttung, b) Wirbelschicht im Lockerungspunkt, c) blasenbildende Wirbelschicht,d) stoßende Wirbelschicht, e) expandierte Wirbelschicht

92 3 Feststoff/Fluid-Str�mungen

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Die Vorteile der Gas/Feststoff-Wirbelschicht sind– einfache Handhabung und Transport des Feststoffs durch fl�ssigkeits�hnlichesVerhalten der Wirbelschicht,

– gleichm�ßige Temperaturverteilung infolge intensiver Feststoffdurchmischung,– große Austauschfl�che zwischen Feststoff und Gas durch kleine Korngr�ßen desFeststoffs,

– hoheW�rme�bergangszahlen sowohl zwischen derWirbelschicht und eintauchen-denHeiz- und K�hlfl�chen als auch zwischen Feststoff und Anstr�mgas [3.19].

Diesen Vorteilen stehen als Nachteile gegen�ber:– Austrag des Feststoffs erfordert aufw�ndige Feststoffabscheidung und Gasreini-gung,

– intensive Feststoffbewegung kann zur Erosion an Einbauten und zu nennenswer-tem Abrieb des Feststoffs f�hren,

– Agglomeration des Feststoffs kann Zusammenbrechen der Fluidisation zur Folgehaben,

– hohe R�ckvermischung des Gases reduziert den Umsatz einer chemischen Reak-tion,

– Blasenentwicklung bedeutet im Fall einer katalytischen Reaktion unerw�nschtenBypass bzw. sehr breite Verweilzeitverteilung des Reaktionsgases,

– Ein Gegenstrom Gas/Feststoff ist nur in Mehrstufen-Anordnungen angen�hertzu verwirklichen,

– Maßstabsvergr�ßerung von Wirbelschichten ist unter Umst�nden schwierig.

Eine ausf�hrliche Darstellung zum Thema Wirbelschichten wird z.B. in [3.20] gege-ben.

3.2.3

Ausdehnungsverhalten der homogenen (Fl�ssigkeits/Feststoff ) Wirbelschicht

Bei Dichteverh�ltnissen Feststoff zu Fl�ssigkeit �S=�F � 5 wird eine homogeneFluidisation mit weitgehend gleichm�ßiger Feststoffverteilung im Fluid beobachtet,d.h. nach �berschreiten der Minimalfluidisationsgeschwindigkeit umf expandiertdie Wirbelschicht homogen. Die homogene Bettexpansion wird nach Richardson

und Zaki [3.21] durch das Verh�ltnis von Leerrohrgeschwindigkeit u zur Einzel-kornsinkgeschwindigkeit vS als Funktion des Hohlraumvolumenanteils " be-schrieben.Wegen "! 1 f€uur u! vs bei homogener Fluidisation liefert der einfache Potenz-

ansatz

u

vs¼ "n ð3:31Þ

brauchbare N�herungen. Der Exponent n ist eine Funktion der Reynolds-Zahl

Rewf � ðvsdÞ=u ð3:32Þ

933.2 Str�mung durch Packungen und Wirbelschichten

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F�r den Exponenten n gelten die beiden Grenzf�lle

n ¼ 4; 65 f€uur Rewf < 0; 252; 4 f€uur Rewf > 500

�ð3:33Þ

3.2.4

Lockerungspunkt (Minimalfluidisation)

Der gesamte Druckabfall in der Wirbelschicht ist gleich dem Gewicht von Fluid undFeststoff, bei gasfluidisierten Betten praktisch gleich dem Feststoffgewicht. F�r eingut fluidisierendes, wenig koh�sives Gut von ann�hernd einheitlicher Korngr�ße er-gibt sich der mit dem Gesamtgewicht der Sch�ttung G und der leeren Querschnitts-fl�che A dimensionslos gemachte Druckverlust �p als Funktion der mit der Mini-malfluidisationsgeschwindigkeit umf dimensionslos gemachten Leerrohrgeschwin-digkeit u nach Abbildung 3.3.Vor Einsetzen der Fluidisation wird eventuell ein Wert �pmax=ðG=AÞ > 1 er-

reicht, aufgrund der Ursprungsverfestigung des Gutes infolge seines Eigenge-wichts. Beim �berschreiten des Lockerungspunktes wird durch die einsetzendeFluidisation die Anfangsverfestigung zerst�rt, und der Druckabfall f�llt im Wirbel-schichtbereich auf den Gleichgewichtswert �p=ðG=AÞ ¼ 1.

Erst bei Werten u=umf � 1 steigt der Druckverlust wieder etwas infolge der zu-s�tzlichen Verluste durch die dann wesentlich intensivere Feststoffbewegung bzw.Gasstr�mung.

Bei Absenkung der Anstr�mgeschwindigkeit unter umf zeigt das dann lockereFestbett einen geringeren Druckverlust. Der Lockerungspunkt wird daher zweckm�-ßig durch den Schnittpunkt zwischen der (evtl. extrapolierten) Festbettlinie bei Ab-senkung der Anstr�mgeschwindigkeit und der horizontalen Wirbelschichtlinie fest-gelegt.

Zur Vorausberechnung des Lockerungspunkts bzw. Umrechnung auf Betriebszu-stand siehe [3.22].

Abb. 3.3 Druckverlustverlauf einer gut fluidiserenden Gas/Feststoff-Wirbelschicht

94 3 Feststoff/Fluid-Str�mungen

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3.2.5

Wirbelschicht-Zustandsdiagramm

Unter recht allgemein gehaltenen Voraussetzungen l�sst sich zeigen [3.23], dasssich die mittleren str�mungsmechanischen Daten einer Wirbelschicht als Verkn�p-fung dimensionsloser Kennzahlen wie folgt darstellen lassen:

F3

4Fr

�F�s � �F

� 3

4

u2

dg

�F�s � �F

; Re � ud�F

;�s�F

; "

¼ 0 ð3:34Þ

Bei der Fluidisation steht der Str�mungswiderstand einer Partikel im Gleichgewichtmit ihrer um den Auftrieb verminderten Gewichtskraft. Die erste der in Gleichung(3.34) stehenden Kennzahlen beschreibt daher das Verh�ltnis einer mit dem doppel-ten Staudruck �Fu

2 gebildeten Widerstandskraft �Fd2u2 zu der um den Auftriebverminderten Gewichtskraft in der Form ð�s � �FÞd3g. Die Reynolds-Zahl Re kenn-zeichnet den Str�mungszustand. Das Dichteverh�ltnis �s=�F steht f�r den Unter-schied zwischen homogener und inhomogener Fluidisation, der Hohlraumvolu-menanteil e beschreibt die mittlere Bettexpansion.

In der technischen Praxis sind Fl�ssigkeits/Feststoff-Systeme an Dichteverh�lt-nisse �s=�F � 2� 5, drucklose Gas/Feststoff-Systeme an Dichteverh�ltnisse�s=�F � ð2� 5Þ 103 gebunden. Aus der Kennzahlen-Kombination (3.34) folgt da-her, daß man nach Reh [3.24] bei jeweils praktisch festgehaltenem �s=�F das Ver-halten von drucklosen Gas/Feststoff- und von Fl�ssigkeits/Feststoff-Systemen ineinem einzigen Diagramm (Abb. 3.4) darstellen kann. W�hrend bei homogenerFluidisation, d.h. bei Fl�ssigkeits/Feststoff-Systemen (gestrichelte Linie f�r dieEinzelkornsinkgeschwindigkeit bei "! 1), Fluidisation und Feststoffaustrag klarvoneinander abgegrenzt sind, ist die ungleichm�ßige Fluidisation von Gas/Fest-stoff-Systemen (ausgezogene Linien) durch einen zu kleineren Archimedes-Zah-len und damit kleineren Partikelgr�ßen immer breiter werdenden �bergangsbe-reich zwischen Fluidisation und Feststoffaustrag gekennzeichnet. Oberhalb dergekr�mmten, gestrichelten Schwebelinie der Einzelpartikel ("! 1) bis zur hori-zontalen Austragslinie ("! 1) der Gas-Wirbelschicht befindet sich der Bereichder ausgedehnten Wirbelschicht, der nur durch R�ckf�hrung des ausgetragenenFeststoffs oder Neuzufuhr aufrechterhalten werden kann.

F�r Auslegungszwecke f�hrt man zweckm�ßig die Archimedes-Zahl Ar und die�-Kennzahl ein, da diese einen dimensionslosen Partikeldurchmesser bzw. eine di-mensionslose Leerrohrgeschwindigkeit repr�sentieren. Es gilt

Ar � ð�s � �FÞ�Fd32

¼ Re2

Fr�F

�s � �F

ð3:35Þ

bzw.

Fr�F

�s � �F¼ Re2=Ar ð3:36Þ

953.2 Str�mung durch Packungen und Wirbelschichten

Page 13: Mechanische Verfahrenstechnik (Bohnet/Mechanische Verfahrenstechnik) || Feststoff/Fluid-Strömungen

Abb. 3.4 Zustandsdiagramm f�r Fl�ssigkeits/Feststoff- bzw. drucklose Gas/Feststoff-Wirbelschichtennach [3.24]

d.h. Linien Ar = const. sind Geraden mit der Steigung + 2 in dem doppellogarith-mischen Diagramm von Abbildung 3.4.

Andererseits gilt

� � �2Fu3

ð�s � �FÞg¼ ReFr

�F�s � �F

ð3:37Þ

mit

Fr�F

�s � �F¼ � �Re�1: ð3:38Þ

Gem�ß Gleichung (3.38) ergeben Linien konstanter �-Kennzahlen Geraden mit derSteigung –1.

96 3 Feststoff/Fluid-Str�mungen

Page 14: Mechanische Verfahrenstechnik (Bohnet/Mechanische Verfahrenstechnik) || Feststoff/Fluid-Strömungen

3.2.6

Sch�ttguttypen

Durch Auswertung zahlreicher Messungen konnte Geldart [3.25] f�r Gas/Fest-stoff-Wirbelschichten vier unterschiedliche Typen von Sch�ttg�tern hinsichtlichihres Fluidisationsverhaltens kennzeichnen und voneinander abgrenzen. Diessind (siehe auch Abb. 3.5):– Gruppe A: Wirbelschichten aus Materialien mit kleiner Partikelgr�ße oder nied-riger Feststoffdichte expandieren merklich oberhalb der Minimalfluidisation, be-vor Blasenbildung einsetzt. Alle Gasblasen steigen schneller als das Zwischen-raumgas in der Suspensionsphase. Es scheint eine maximale Blasengr�ße zuexistieren.

– Gruppe B: Diese Gruppe enth�lt die meisten Materialien im Bereich mittlererPartikelgr�ßen und Dichten, d.h. im Bereich

40�m < d < 500�m

bzw.

1; 4 � 103 kg m�3 � �s � 4 � 103 kg m�3

Im Gegensatz zu Gruppe A setzt bei diesen Materialien die Blasenbildung direktoberhalb der Minimalfluidisation ein. Die Bettausdehnung ist gering. Die meistenBlasen steigen schneller als das Zwischenraumgas. Eine Begrenzung der maxima-len Blasengr�ße scheint nicht zu existieren.

Abb. 3.5 Unterscheidung verschiedener Typen von gasfluidisierten Feststoffen nach [3.25]

973.2 Str�mung durch Packungen und Wirbelschichten

Page 15: Mechanische Verfahrenstechnik (Bohnet/Mechanische Verfahrenstechnik) || Feststoff/Fluid-Strömungen

– Gruppe C: Zur Gruppe C geh�ren koh�sive Materialien. Die Fluidisation derarti-ger Feststoffe ist extrem schwierig. Die Sch�ttung wird in kleinen, glatten Roh-ren als Ganzes vom durchstr�menden Gas angehoben, bzw. das Gas bl�st ledig-lich einzelne Kan�le frei, die vom Anstr�mboden bis an die Bettoberfl�che rei-chen. Lediglich durch den Einsatz mechanischer R�hrer l�ßt sich eine mehroder weniger schlechte Fluidisation erzwingen.

– Gruppe D: Zu dieser Gruppe z�hlen Materialien mit großen oder schweren Par-tikeln. Die Geschwindigkeit der Gasblasen ist mit Ausnahme der großen Blasengeringer als die des Gases im Zwischenraum der Suspensionsphase. Die Gasge-schwindigkeit in der Suspensionsphase ist vergleichsweise hoch. F�hrt mandas Fluidisiergas durch eine einzelne, zentrale Bohrung zu, so stellt sich keine�bliche Fluidisation, sondern das sogenannte spouted bed ein.

Wie Abbildung 3.5 zeigt, lassen sich die verschiedenen Sch�ttguttypen dadurch invern�nftiger Weise abgrenzen, daß man die Dichtedifferenz zwischen Feststoff undFluid �ber der mittleren Partikelgr�ße auftr�gt. Die in Abbildung 3.5 eingezeichne-ten schraffierten �bergangsgebiete bzw. die Grenzlinien folgen aus theoretischen�berlegungen [3.23].

3.2.7

Lokale Struktur der Gas/Feststoff-Wirbelschichten

Die charakteristische Eigenschaft der Gas/Feststoff-Wirbelschicht ist das Auftretenvon Gasblasen. Oberhalb des Lockerungspunktes durchstr�mt nur ein bestimmterAnteil des Fluidisiergases die dichte Suspensionsphase. Das �brige Gas passiert dieWirbelschicht in Form von praktisch feststofffreien Gasblasen.

Die wesentlichen Z�ge der Wirkung der Gasblasen auf die Eigenschaften einerWirbelschicht lassen sich aus der Beobachtung einzelner Blasen bei geringf�gig�ber dem Lockerungspunkt fluidisierten Betten erkl�ren.

Die verschiedenen theoretischen und experimentellen Befunde lassen sich zu fol-gendem Bild zusammenfassen (vgl. Abb. 3.6):– Die Gasblasen transportieren Partikeln in der Wirbelschicht nach oben durchMitnahme im Nachlauf. Bei der Blasenumstr�mung werden auch im Nachlaufnicht eingefangene Partikeln nach oben verlagert, wie man aus dem Absolutbildder Partikelbewegung entnehmen kann.

– Die Zirkulationsstr�mung des Gases innerhalb der Blasen ist f�r eine erheblicheBypass-Wirkung der Blasen verantwortlich.

– Infolge des Unterdruckes am unteren Blasenende saugen gr�ßere, schnellere Bla-sen kleinere, langsamere Blasen nach dem �berholen von unten ein und koales-zieren mit diesen. Die Folge dieser Koaleszenz ist ein rasches Blasenwachstum inSteigrichtung.

Die Auswertung lokaler Messungen ergab l�ngs eines Steigweges von etwas weni-ger als 1 m eine Zunahme des lokalen mittleren Blasenvolumens �ber einen Be-reich von zwei Zehnerpotenzen. Ein statistisches Koaleszenzmodell f�hrt in Verbin-

98 3 Feststoff/Fluid-Str�mungen

Page 16: Mechanische Verfahrenstechnik (Bohnet/Mechanische Verfahrenstechnik) || Feststoff/Fluid-Strömungen

Abb. 3.6 Einzelblase mit Blasengasverteilung und Druckverlauf

dung mit Messungen auf eine empirische Korrelation f�r das Blasenwachstum[3.26]:

d�cm

� �¼ 0; 853

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi1þ 0; 272

u� umf

cm s�1

� �3

r1þ 0; 0684

h

cm

� � 1;21ð3:39Þ

Gleichung (3.39) erm�glicht eine Vorausberechnung der lokalen mittleren Bla-sengr�ße, und zwar des Durchmessers dv der volumengleichen Kugel, als Funktionder H�he h �ber dem Anstr�mboden und der Gasgeschwindigkeit u. Gleichung(3.39) gilt f�r eine por�se Platte als Anstr�mboden. Zur Vorausberechnung des Bla-senwachstums bei technischen Anstr�mb�den siehe [3.23].

Abbildung 3.7 zeigt eine Auftragung lokaler Messungen [3.27] des in Form vonBlasen durchgesetzten Gasvolumenstromes pro Fl�cheneinheit _VVB=A in Abh�ngig-

Abb. 3.7 R�umliche Verteilung der Blasen in einer Wirbelschicht und daraus abgeleiteter Feststoff-umlauf [3.27]

993.2 Str�mung durch Packungen und Wirbelschichten

Page 17: Mechanische Verfahrenstechnik (Bohnet/Mechanische Verfahrenstechnik) || Feststoff/Fluid-Strömungen

keit von der Entfernung r von der Rohrachse f�r verschiedene H�hen h �ber demAnstr�mboden. Die Messungen lassen erkennen, wie sich in Bodenn�he eine wand-nahe Zone verst�rkter Blasenentwicklung herausbildet, die sich mit zunehmenderH�he �ber dem Anstr�mboden zur Rohrmitte hin verschiebt.

Bei der zirkulierenden Wirbelschicht werden lokale Anreicherungen von Fest-stoff, sogenannte Cluster, beobachtet, die von einer Suspension mit niedrigerer Fest-stoffkonzentration umgeben sind. Zum Verst�ndnis des g�nzlich anderen Verhal-tens der zirkulierenden Wirbelschicht ist es wichtig, daß dort Feststoffvolumenkon-zentrationen von cV � 10�3 beobachtet werden. Zur Fluidmechanik zirkulierenderWirbelschichten siehe [3.28].

3.2.8

Technische Anwendungen des Wirbelschichtprinzips

Rein mechanische Verfahren werden zwar h�ufig mit W�rme- und Stoff�bertra-gungsprozessen bzw. mit chemischen Prozessen in der Wirbelschicht verkn�pft,mechanische Verfahren besitzen aber durchaus auch eigenst�ndige Bedeutung. Bei-spiele f�r mechanische Verfahren sind: F�rdern von Feststoffen in Wirbelschicht-rinnen, Mischen von Feststoffen bei h�heren Gasgeschwindigkeiten, oder Granulie-ren in der Wirbelschicht.

Die durch heftige Feststoffbewegung in einer Wirbelschicht hervorgerufene me-chanische Beanspruchung der Partikeln hat eine in vielen Prozessen durchaus er-w�nschte desagglomerierende Wirkung und wird in der Wirbelschicht-Strahlm�hleauch unmittelbar technisch genutzt zur Feinstzerkleinerung.

Unter den mit W�rme- bzw. Stoff�bertragung verbundenen Verfahren Aufhei-zen/K�hlen, Trocknen, Absorbieren/Desorbieren, Beschichten, kommt der Trock-nung die gr�ßte wirtschaftliche Bedeutung zu. Wirbelschichttrockner erlauben beihohen spezifischen Leistungen eine schonende und gleichm�ßige Trocknung bisauf geringe Restfeuchten.

Beim Wirbelsinterverfahren werden erhitzte Werkst�cke in Wirbelschichten fein-k�rniger Kunststoffpulver eingetaucht. Durch Ansintern der Bettpartikeln �berzie-hen sich die Werkst�cke mit einer gleichm�ßigen Schicht.

Die in Wirbelschichten durchgef�hrten chemischen Prozesse werden zweckm�-ßig nach der jeweiligen Rolle des Feststoffes eingeteilt in– Prozesse, in denen der Feststoff als Katalysator wirkt

(Beispiele: katalytisches Cracken, Fischer-Tropsch-Synthese, Herstellung vonAcrylnitril)

– Prozesse, in denen der Feststoff als W�rmetr�ger wirkt(Beispiele: BASF-Wirbelschichtverfahren zur Roh�lspaltung, Lurgi-Sandcrackerzur Ethylen-Erzeugung, Fluid-Coking-Verfahren zur Spaltung von R�ckstands-�len)

– Prozesse, in denen der Feststoff an der Reaktion teilnimmt(Beispiele: R�sten sulfidischer Erze, Wirbelschichtfeuerungen zur Kohleverbren-nung, Verbrennung von Kl�rschlamm).

100 3 Feststoff/Fluid-Str�mungen


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