Das AS-AD-Modell
Blanchard/Illing, 5. Auflage, Kapitel 7
Überblick
Das aggregierte Angebot Die aggregierte Nachfrage Gleichgewicht in der kurzen und mittleren Frist Geldpolitik Fiskalpolitik Ölpreisschocks Schlussfolgerungen
PI INTERNATIONALE MAKROÖKONOMIK2
Das aggregierte Angebot
Das aggregierte Angebot Wirkung einer Änderung der Produktion auf das Preisniveau:
Eine Zunahme der Produktion führt zu einem Anstieg des Preisniveaus. Zu diesem Ergebnis gelangen wir in vier Schritten:
Grundlage: Preissetzung und Lohnsetzung
3-1
PI INTERNATIONALE MAKROÖKONOMIK3
Die Herleitung der AS-Funktion
und : exogen
AS-Funktion:
PI INTERNATIONALE MAKROÖKONOMIK4
Eigenschaften der AS-Funktion I: Lage
Natürliches Niveau:
PI INTERNATIONALE MAKROÖKONOMIK5
Die AS-Kurve I
PI INTERNATIONALE MAKROÖKONOMIK6
Eigenschaften der AS-Funktion II:Anstieg des erwarteten Preisniveaus
Ein Anstieg des erwarteten Preisniveaus führt zu einem Anstieg des aktuellen Preisniveaus.
PI INTERNATIONALE MAKROÖKONOMIK7
Anstieg des erwarteten Preisniveaus
PI INTERNATIONALE MAKROÖKONOMIK8
Eigenschaften der AS-Kurve
1. Die AS-Kurve hat eine positive Steigung. Eine Zunahme der Produktion führt zu einem Anstieg des Preisniveaus.
2. Die AS-Kurve verläuft durch Punkt A, in dem gilt: und . Diese Eigenschaft hat zwei Implikationen:
Wenn , dann . Wenn , dann .
3. Höhere Preiserwartungen verschieben die AS-Kurve nach oben. Eine Reduktion von verschiebt die AS-Kurve nach unten.
PI INTERNATIONALE MAKROÖKONOMIK9
Die aggregierte Nachfrage
Die AD-Funktion Wirkung des Preisniveaus auf die Nachfrage
Achtung: kein mikroökonomischer Substitutionseffekt!
Grundlage: Gleichgewicht auf den Güter-, Geld- und Finanzmärkten
Gütermarkt IS :
Geldmarkt LM :
3-2
PI INTERNATIONALE MAKROÖKONOMIK10
Herleitung der aggregierten Nachfragekurve I
PI INTERNATIONALE MAKROÖKONOMIK11
Herleitung der aggregierten Nachfragekurve II
PI INTERNATIONALE MAKROÖKONOMIK12
Herleitung der aggregierten Nachfragekurve III
PI INTERNATIONALE MAKROÖKONOMIK13
Verschiebung der aggregierten Nachfragekurve
PI INTERNATIONALE MAKROÖKONOMIK14
Gleichgewicht in der kurzen und mittleren Frist
AS Relation
AD Relation
Das Gleichgewicht hängt von ab. bestimmt die Lage der AS-Kurve und damit das Gleichgewicht.
3-3
PI INTERNATIONALE MAKROÖKONOMIK15
Gleichgewicht in der kurzen Frist
PI INTERNATIONALE MAKROÖKONOMIK16
Der Übergang von der kurzen Frist zur mittleren Frist
Im Punkt A: Die Lohnsetzer werden ihre
Erwartungen des künftigen Preisniveaus nach oben revidieren.
Erwartungen eines höheren Preisniveaus führen auch zu einem höheren Nominallohn, der wiederum zu einem höheren Preisniveau führt.
PI INTERNATIONALE MAKROÖKONOMIK17
Anpassung in der mittleren Frist
Der Anpassungsprozess endet, wenn
und Die Lohnsetzer haben keinen
Grund mehr, ihre Erwartungen zu ändern.
In der mittleren Frist kehrt die Produktion zu ihrem natürlichen Niveau zurück.
PI INTERNATIONALE MAKROÖKONOMIK18
PI INTERNATIONALE MAKROÖKONOMIK19
Expansive Geldpolitik im AS-AD-Modell
3-4
Expansive Geldpolitik im AS-AD-Modell II
PI INTERNATIONALE MAKROÖKONOMIK20
Dynamische Effekte einer expansiven Geldpolitik
Eine expansive Geldpolitik führt kurzfristig zu einer Produktions-steigerungen. In der mittleren Frist steigen lediglich die Preise.
PI INTERNATIONALE MAKROÖKONOMIK21
Hinter den Kulissen I: kurze Frist
Kurzfristig führt die Erhöhung der Geldmenge zu einer Verschiebung der LM-Kurve nach unten. Der Zinssatz sinkt, die Produktion steigt.
Würde das Preisniveau nicht ansteigen, so wäre die Verschiebung der LM-Kurve größer – nach LM’’.
PI INTERNATIONALE MAKROÖKONOMIK22
Hinter den Kulissen II: mittlere Frist
Über die Zeit steigt das Preisniveau, die reale Geldmenge sinkt und die LM-Kurve kehrt zu ihrer ursprünglichen Lage zurück.
In der mittleren Frist bleiben die reale Geldmenge, der Zinssatz und die Produktion unverändert.
PI INTERNATIONALE MAKROÖKONOMIK23
Die Neutralität des Geldes
Neutralität des Geldes
Ein Anstieg der nominalen Geldmenge in der mittleren Frist hat keine Auswirkungen auf das Produktionsniveau oder den Zinssatz.
Quantitätstheorie
Geldmenge bestimmt das Preisniveau
PI INTERNATIONALE MAKROÖKONOMIK24
PI INTERNATIONALE MAKROÖKONOMIK25
Restriktive Fiskalpolitik imAS-AD-Modell
3-5
Restriktive Fiskalpolitik imAS-AD-Modell II
PI INTERNATIONALE MAKROÖKONOMIK26
Restriktive Fiskalpolitik imAS-AD-Modell III
Eine Senkung des Budgetdefizits führt zunächst zu einem Fall der Produktion. Im Zeitverlauf kehrt die Produktion auf ihr natürliches Niveau zurück.
PI INTERNATIONALE MAKROÖKONOMIK27
Abbau des Budgetdefizits, Produktion und Zinssatz I: kurze Frist
Durch den Produktionsrückgang sinkt das Preisniveau und damit steigt die reale Geldmenge. Die LM-Kurve veschiebt sich nach LM’.
Sowohl die Produktion, als auch der Zinssatz sind niedriger als vor der restriktiven Fiskalpolitik.
PI INTERNATIONALE MAKROÖKONOMIK28
Abbau des Budgetdefizits, Produktion und Zinssatz II: mittlere Frist
Die LM-Kurve verschiebt sich weiter nach unten, bis die Produktion ihr natürliches Niveau erreicht hat.
Der Zinssatz ist geringer als vor dem Abbau des Budgetdefizits.
Das Preisniveau ist geringer als vor dem Abbau des Budgetdefizits.
PI INTERNATIONALE MAKROÖKONOMIK29
Abbau des Budgetdefizits in der mittleren Frist
Die Zusammensetzung der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage hat sich durch den Abbau des Budgetdefizits verändert.
IS Relation:
PI INTERNATIONALE MAKROÖKONOMIK30
Ölpreisschocks
Realer Rohölpreis, 1960-2005
Im Laufe der siebziger Jahre kam es zu einem starken Anstieg der Rohölpreise, gefolgt von einem Fall im Laufe der achtziger und neunziger Jahre.
3-6
1969
1970
1971
1972
1973
1974
1975
1976
1977
1978
1979
1980
1981
1982
1983
1984
1985
1986
1987
1988
1989
1990
1991
1992
1993
1994
1995
1996
1997
1998
1999
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
2008
2009
2010
2011
2012
2013
2014
2015
0
10
20
30
40
5060
70
80
90
100
110120
Annual Imported Crude Oil Pricedollars per barrel
Nominal PriceReal Price (00 yyyy $)
Forecast
EIA Short-Term Energy Outlook, 100 yyyy
PI INTERNATIONALE MAKROÖKONOMIK31 QUELLE: EIA SHORT-TERM ENERGY OUTLOOK, 2014
Crude Oil Prices
PI INTERNATIONALE MAKROÖKONOMIK32 QUELLE: WTRG ECONOMICS
Auswirkungen eines Anstiegs der Rohöl-preise auf die natürliche Arbeitslosenquote
PI INTERNATIONALE MAKROÖKONOMIK33
Der Anpassungsprozess I: kurze Frist
𝑃=𝑃𝑒 (1+𝜇 )𝐹 (1− 𝑌𝐿 , 𝑧)PI INTERNATIONALE MAKROÖKONOMIK34
Der Anpassungsprozess II: mittlere Frist
PI INTERNATIONALE MAKROÖKONOMIK35
Die Auswirkungen eines Anstiegs der Rohölpreise
1973 1974 1975
Veränderung des BIP-Deflators (%) 6,6 7,3 5,5
Wachstum des BIP (%) 5,8 0,1 -1,3
Arbeitslosenquote (%) 0,8 1,3 2,3
Die Kombination aus negativem Wachstum und hoher Inflation oder auch Stagnation in Verbindung mit Inflation wird Stagflation genannt.
Daten für Deutschland
PI INTERNATIONALE MAKROÖKONOMIK36
Fallstudie 3.3: Angebotsschock
Hoher Ölpreis heizt Inflation an
… die "üppige Ölpreiserhöhung im heurigen Herbst „werde die Inflation ziemlich sicher nach oben treiben…“
…Schuh: "Für die Notenbanker in Europa wird es ein Dahintanzen auf des Messers Schneide ein" – denn sie müssten die Zinsen anheben, weil der selbst gesetzte Grenzwert von maximal zwei Prozent Inflation im Euroraum überschritten werden könnte, während gleichzeitig die Konjunktur ins Stocken gerät…“
Der Standard vom 14.12.2007
PI INTERNATIONALE MAKROÖKONOMIK37
Angebotsschock: Auswirkungen im AS-AD-Modell
PS1
un0 un
1
WS
PS0
Arbeitslosenquote, u
Reallo
hn, W
/P
P1
i1
P2=Pe2
P0=Pe
Yn1
Yn1
Yn0
Yn0
AS0
AD0
IS
LM0 (M/P0)
Y
P
Y
i LM1 (M/P2)
i0
AS1
AS2
1
1+𝜇0
1
1+𝜇1
38
Angebotsschock: Nachfragepolitische Antwort
Durch restriktive Geldpolitik verschiebt sich die LM und die AD-Kurve nach links. Der Output sinkt in der kurzen Frist weiter (auch unter sein neues niedrigeres Outputniveau ) auf Y.
Da Y unter dem neuen natürlichem Output Yn1 liegt passt sich mittelfristig das Preisniveau an und die LM-Kurve verschiebt sich wieder nach rechts.
Y
Y
LM1 (M/P2) = LM3(M/P4)
i1
P2=Pe2
Yn1
Yn1
AD0
IS
Y
P
Y
i
AS2
AD1
AS3
P3
P4=Pe4
LM2 (M/P3)
PI INTERNATIONALE MAKROÖKONOMIK39
Angebotsschock: Auswirkungen des Ölpreisschocks
Fortsetzung Seite 1
[…] Dass sich ein Ölpreisrekord nicht mehr so desaströs auf die Wirtschaft in Westeuropa auswirke wie noch im vorigen Jahrzehnt, habe, so Schuh, mehrere Gründe: Erstens wirke der hohe Euro-Kurs dämpfend, da Öldeals in Dollar fakturiert werde. Zweitens hätten die Unternehmen gelernt, mit hohen Ölpreisen umzugehen, und durch Effizienzsteigerungen hohe Energie- und Rohstoffpreise verkraften zu können […]
Durch technischen Fortschritt, Strukturwandel, höhere Bedeutung des Dienst-leistungssektors haben die Auswirkungen des Ölpreises an Bedeutung verloren.
Im AS-AD-Modell wird der BIP-Deflator verwendet und nicht der VPI. Ölpreis schlägt sich stärker auf VPI durch (Importe, Verbrauchsgüter enthalten) da im BIP- Deflator nur inländische Güter enthalten sind. Der Ölpreis schlägt sich hier nur in den Vorprodukten durch.
Diskussion: Welcher Preisindex wird bei den Lohnverhandlungen verwendet?
PI INTERNATIONALE MAKROÖKONOMIK40 QUELLE: DER STANDARD, 14.12.2007
Fallstudie 3.1: EU-Wettbewerbspolitik
Preisdiktat der Russen im Visier
EU-Wettbewerbshüter vermuten, dass EU-Gaskonzerne mit der russischen Gazprom ein Preiskartell gebildet haben.
In einer akkordierten Aktion rückten am Dienstag Brüsseler Ermittlungsbeamte und nationale Wettbewerbshüter aus, um Büros von Erdgas-Unternehmen in zehn EU-Ländern auf den Kopf zu stellen – so auch in Österreich. Die Unternehmen haben womöglich gegen Wettbewerbsrecht verstoßen, lautet der Vorwurf.
[...]
Vor allem die russische Gazprom steht im Fokus der Ermittlungen. Sie soll ihre Marktmacht missbrauchen und den Wettbewerb durch Preisdiktat behindern. Ein Viertel des in Europa verbrauchten Gases stammt aus Russland.
[...]
Druck gegenüber Moskau aufzubauen, die Langzeitlieferverträge der Gazprom aufzuweichen, dürfte das Kalkül hinter der aktuellen Aktion sein. Aber auch heimischen Unternehmen droht Ungemach. „Sie sind nicht nur die frommen Lämmer, sondern haben eventuell auch kräftig beim Marktmissbrauch mitgewirkt“, ergänzt Keznickl von der BWB.
PI INTERNATIONALE MAKROÖKONOMIK41 QUELLE: KURIER, 29.09.2011
Fallstudie 3.1: EU-Wettbewerbspolitik
Einige Fragen: Von welchen Parametern hängt die Marktmacht von
Unternehmen üblicherweise ab? Welche Rolle spielt Wettbewerb auf makro-ökonomischer
Ebene? Welche Wettbewerbsformen kennen Sie? Welche wird in
unserem Modell unterstellt? Warum könnte due EU bestrebt sein, den Wettbewerb zu
erhöhen? Wie wirkt sich eine (eventuelle) Durchsetzung höheren
Wettbewerbs in unseren Modellen aus?
PI INTERNATIONALE MAKROÖKONOMIK42
Erhöhung des Wettbewerbs in der EU: Arbeitsmarkt
Effekte: Höherer Wettbewerb →
geringerer Preisaufschlag µ der Unternehmen
Natürliche AL.-quote sinkt Natürlicher Output steigt Von Unternehmer gezahlter
Reallohn steigt → Beschäftigung steigt
Realloh
n W
/P
AL.-quote u
PS’
WS’
uN’ uN
11
'1
1
PS
𝑃=𝑃𝑒
PI INTERNATIONALE MAKROÖKONOMIK43
Erhöhung des Wettbewerbs in der EU: AS-AD-Modell
Pre
isn
iveau
P
Produktion Y
AD
YN0
P=Pe0
AS
YN1
AS’
A’A
B
C
P’
Y’
P’’=Pe1
AS’’
1.
2.
PI INTERNATIONALE MAKROÖKONOMIK44
Erhöhung des Wettbewerbs in der EU: AS-AD-Modell
Effekte und Anpassungen im Detail:
1. Kurze Frist: Geringere Marktmacht Höhere natürliche Produktion ( konstant) Geringere Marktmacht → geringere Preise
(AS nach unten)
2. Mittlere Frist: Anpassung In Punkt B: Verhandlungsparteien senken (AS‘ nach unten) Arbeitsmarkt: Güter-/Geldmarkt: Bis ; (Punkt C)
PI INTERNATIONALE MAKROÖKONOMIK45
Schlussfolgerungen
Die kurze Frist und die mittlere Frist
3-6
Kurze Frist Mittlere FristProduktion Zinssatz Preisniveau Produktion Zinssatz Preisniveau
Expansive Geldpolitik (klein)
Keine Änderung
Keine Änderung
Abbau des Budget-defizits
(klein)
Keine Änderung
Ölpreis-anstieg
PI INTERNATIONALE MAKROÖKONOMIK46
2. Schocks und Übertragungsmechanismen
Produktionsschwankungen (häufig als Konjunkturzyklen bezeichnet)
Die Volkswirtschaft wird in unregelmäßigen Abständen von Angebotsschocks und Nachfrageschocks getroffen.
Jeder Schock hat dynamische Auswirkungen auf die Produktion und auf die einzelnen Komponenten der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage. Diese dynamischen Auswirkungen werden als Übertragungsmechanismen eines Schocks bezeichnet.
PI INTERNATIONALE MAKROÖKONOMIK47
Key Terms
aggregate supply relation - Aggregiertes Angebot
aggregate demand relation - Aggregierte Nachfrage
neutrality of money - Neutralität des Geldes
stagflation - Stagflation
Output fluctuations - Outputschwankungen
business cycles - Konjunkturzyklen
shocks propagation mechanism
PI INTERNATIONALE MAKROÖKONOMIK48
Fallstudie Mindestlöhne
Überblick
Mindestlöhne in Europa – speziell in Österreich und Deutschland
Mindestlöhne im AS-AD-Modell
PI INTERNATIONALE MAKROÖKONOMIK50
Einführung Mindestlohn
Mindestlohn für alle Branchen? Karl-Josef Laumann, Vorsitzender Christlich Demokratische Arbeitnehmerschaft (CDA)
„Ich bin für eine tariforientierte Lohnuntergrenze. Es gibt in vielen Branchen und Regionen tarifvertragsfreie Zonen. Vor allem dort unwürdige Niedriglöhne. [...]“
Ursula Engelen-Kefer, Ex-DGB-Vize, SPD„Bei sieben Milionen Niedriglöhnern und 1,5 Millionen „Working Poor“ muss ein solches Instrument her. [...]“
Wolfgang Franz, Vorsitzender der fünf Wirtschaftsweisen„Was nützt den Arbeitnehmern ein Mindestlohn, den sie nicht bekommen, weil der Arbeitsplatz dann vernichtet wird. Denn ein hoher flächendeckender Mindestlohn kostet Hunderttausende von Arbeitsplätzen vor allem im Bereich gering qualifizierter Arbeit, also im Problembereich der Arbeitslosigkeit. Also: Hände weg vom Mindestlohn.“
PI INTERNATIONALE MAKROÖKONOMIK51 QUELLE: €URO AM SONNTAG, 17.09.2011
Einführung Mindestlohn
Salzburger Nachrichten vom 29.09.2007
Er ist ein wortgewaltiger Lobbyist der deutschen Arbeitgeber. Vor kurzem war Dieter
Hundt, Präsident der Bundesvereinigung deutscher Arbeitgeberverbände auf Einladung der Hypo in Salzburg:
…SN: Ein heißes Thema in Deutschland ist derzeit der Mindestlohn.
Hundt: Die Arbeitgeber und die Wirtschaft lehnen jede Form gesetzlich Verordneter
Mindestlöhne grundsätzlich ab, weil sie im Endeffekt Arbeitsplätze kosten…
Welche Auswirkungen haben Mindestlöhne auf die „natürliche“ Arbeitslosenrate (Preissetzungsgleichung, Lohnsetzungsgleichung) ?
PI INTERNATIONALE MAKROÖKONOMIK52 QUELLE: SALZBURGER NACHRICHTEN, 29.09.2007
Übersicht Mindestlöhne in Europa
Mindestlöhne in den EU Mitgliedstaaten und der Türkei, Juli 2008, in €
Im Juli 2008 haben 20 der 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union einen gesetzlich festgelegten Mindestlohn, der von monatlich112 € (Bulgarien) bis 1.610 € (Luxemburg) reicht (Mindestlohn in der USA war 652 €)
In allen Ländern liegt der Mindestlohn zwischen 29% und 50% der durchschnittlichen Bruttomonats-verdienste in der Industrie und im Dienstleistungssektor
In Deutschland, Österreich und der Schweiz sowie in den skandinavischen Ländern gab es bis 2008 keinen von der jeweiligen Regierung festgelegten Mindestlohn, da ein größerer Wert auf die Tarifautonomie gelegt wird (Kollektivverträge als Hauptmechanismus der Mindestlohnregulierung)
PI INTERNATIONALE MAKROÖKONOMIK53 QUELLE: EUROSTAT, STATISTICS IN FOCUS 105/2008
Die Mindestlohndebatte in Deutschland und Österreich
Österreich In Österreich gibt es ab dem 1. Jänner
2009 innerhalb der Kollektivverträge zwischen Wirtschaftskammer und den zuständigen Branchenverbänden bzw. Gewerkschaften einen Mindestlohn in Höhe von 1000 € Brutto/Monat 14 Mal (=ungefähr 8,17 €/Stunde) (ausgenommen Lehrlinge und Praktikanten)
Diese Regelung berücksichtigt jedoch nicht atypische Dienstverhältnisse (freie Dienstnehmer und Werkvertragsnehmer), die nicht durch eine Tarifregelung erfasst werden
Ein gesetzlich geregelter Mindestlohn ist somit unwahrscheinlicher geworden
Deutschland In Deutschland gibt es keinen allgemeinen,
für alle Arbeitsverhältnisse gültigen, gesetzlichen Mindestlohn, sondern nur verbindliche Mindestlöhne für einzelne Branchen und Berufe. Branchen mit einer Tarifbindung von mindestens 50 Prozent können so tarifliche Mindestlöhne innerhalb des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes beantragen. Dieser Branchen-Mindestlohn kommt nach derzeitiger Rechtslage nur im Baugewerbe, in der Gebäudereinigung und für Briefdienstleister in Betracht (zwischen 6,58 € und 12,50€/Stunde).
In Zukunft wird das Mindestarbeitsbedingungengesetz eine Festlegung von Mindestentgelten für Wirtschaftszweige, in denen eine Tarifbindung von weniger als 50% herrscht, ebenfalls ermöglichen
PI INTERNATIONALE MAKROÖKONOMIK54
Übersicht über die makroökonomischen Auswirkungen
Man kann zwei Effekte unterscheiden:
1. Stärkung der Verhandlungsposition Erhöhung der natürlichen Arbeitslosenrate, Senkung des natürlichen Outputs.
2. Umverteilung zu Niedrigverdienern höhere durchschnittliche Konsumneigung höhere aggregierte Nachfrage.
Diese beiden Effekte werden auf den folgenden Folien genauer betrachtet…
PI INTERNATIONALE MAKROÖKONOMIK55
Auswirkungen im Arbeitsmarktmodell mit Lohn- und Preissetzungskurven
Eine Erhöhung des Mindestlohns verbessert die Verhandlungsmacht. Dadurch verschiebt sich die Lohnsetzungsgleichung nach oben. Erst bei einer höheren natürlichen Arbeitslosenrate gleichen sich die Verteilungsansprüche zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern wieder aus.
PI INTERNATIONALE MAKROÖKONOMIK56
Einführung Mindestlohn und Nachfrageeffekt: AS-AD-Modell
Durch den Anstieg der aggregierten Nachfrage verschieben sich die IS und die AD-Kurve nach rechts.
Die Volkswirtschaft bewegt sich vom ursprünglichen natürlichem Output Yn0 nach
IS1(c1)
P1
i1
Y1
P0=P0e
Yn0
Yn0
AS0(z0, P0e)
AD0
IS0(c0)
Y
P
Y
i
i0
AD1
LM1 (M/P1)
Y1
AB
B
A
PI INTERNATIONALE MAKROÖKONOMIK62
Einführung Mindestlohn und Nachfrageeffekt: AS-AD-Modell
Durch die Erhöhung der Sammelvariablen z erhöht sich auch das aktuelle Preisniveau:
IS1
LM2
Yn1
Yn1
P2
i2
Y2
P0=P0e
Yn0
Yn0
AS0(z0, P0e)
AD0
IS0
LM0
Y
P
Y
i
i0
AD1
LM1
AS1(z1, P0e)
Y2
AB
C
B
A
C
PI INTERNATIONALE MAKROÖKONOMIK63
Einführung Mindestlohn und Nachfrageeffekt: AS-AD-Modell
Mittelfristig kehrt die Volkswirtschaft zu ihrem neuen niedrigeren natürlichem Output zurück.
LM0
P3=P1e
IS1
LM2
Yn1
Yn1
i2
P0=P0e
Yn0
Yn0
AS0(P0e)
AD0
IS0
Y
P
Y
i
i0
AD1
LM1
AS1(P0e)
AB
C
B
A
C
D
AS2(P1e)
D
PI INTERNATIONALE MAKROÖKONOMIK64
Auswirkungen im AS-AD-Modell mit Berücksichtigung des Nachfrageeffektes
PI INTERNATIONALE MAKROÖKONOMIK65
Auswirkungen im AS-AD-Modell mit Berücksichtigung des Nachfrageeffektes
PI INTERNATIONALE MAKROÖKONOMIK66