die bedeutung der haupt- und nebenaugen für die photomenotaktische orientierung der trichterspinne...

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Z. l’icrpsychol., 38, 113-153 (1975) @ 1975 Vcrlag Paul Parcy, Berlin und Hamburg lSSN 0044-3573 / AS‘TM-Codcn: ZETIAG Aus der Frcierr Univcrsitat Berlin, Fachbercich Biologic Die Bedeutung der Haupt- und Nebenaugen fur die photomenotaktische Qrientierung der Trichterspinne AgeZena Zabyrinthica (el.)‘) Von KLAUS DORNFELDT Mil 13 Abbilduiigcii 1. Einleitung Bci dcn Arnchnideiiordniingcn Scorpioncs, Pedipalpi, Araneae und Soli- fugac unterschcidct man auf Grund dcr Stcllung der Augen auf dem Prosoma und ihrer rnncrvation - incist auch auf Grund ihres morphologischcn und histologischcn B~LIS - zwei Augentypen, die man als Haupt- (bzw. vordere Median-)Augcn uiid Nebenaugen bczeichnet. Die Trichterspiniic Agelenu Laby- rinthicu (CI.) bcsitzt ein Paar gut ausgebildctc Hauptaugcn und drei Paarc wohl entwickcltc Nebcnaugcn. Entsprechend der Lage der Zcllkiirpcr dcr Seh- zcllcn sind die Hauptaugcn evers und die Ncbenaugen invers. Die Nebcnaugen ,xichiicn sich gegcniiber dcn Hauptaugen durch den Besitz cines Tapctums aus. Ihncn fchlen abcr M~isltclii, dic bci den Hauptaugcn die Retiiiac scitlich ver- schicbcn Itoiincii. Von den Aufgabcii diescr beiden Augcntypcn bci dcr Photomcnotaxis wisscn wir ciniges bei der uferbcwohnenden Wolfsspinne Arctosu (MAGNI und Mitarbeiter 1962, 1964), bei Skorpionen (Andyocotonus, Buthus, Buthotus, Scorpio, Euscorpius; LINSENMAIR 1968, unvcroff.; JANDER 1965) und bci Walzcnspinncn (Guleodes, Guleodzbus: LINSENMAIR 1968). Abgcschcn von den W al zcnspi ii n en, bci den en m eno ta k t ischc Oricn tie run gsleis tu ngen al Ici n mi t dcn Nebcnaugen miiglich sind, dicneii bci dicsen Spinnentieren ausschlicfilich od cr ii be r w i cgcn d die Ha up ta u gcn d cr men o ta k t i sch en 0 r i cn t i c r u n g ii ach Lichtqucllcn. Bci dcr Trichterspinne gcht der cinzige bisher bekanntc Funk- tionsuntcrscliicd zwischen bciden Augentypen auf deli Nachwcis zuriick, daB die Trichterspinnc mit ihrcn Hauptaugcn, nicht abcr iiiit ihren Nebcnaugcn dic Scliwiiigungsriclitiiiig linear polarisierten Lichtcs fiir die Bcstimmiiiig der . .. 1) Erstcr Tcil cincr gekiirzten I’assung eincr Dissertation dcs Fachbcreichs Biologic der I’rcicn Universitnt Berlin. Fur die Anrcgung und Anlcitung zu dieser Arbcit sowie das kritisdic Inrcressc nni Fortgang dcr Arbeit danke ich Herrn Prof. Dr. GORNEK; fur die kritischc Wiircii- gung und nusfiihrliche Diskussion der Arbeir dankc ich Herrn Dr. MITTELSTAEDT. 7.. Tirrpsydwl. Hd. M, I-lrft 2 8

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Page 1: Die Bedeutung der Haupt- und Nebenaugen für die photomenotaktische Orientierung der Trichterspinne Agelena labyrinthica (Cl.)

Z. l’icrpsychol., 38, 113-153 (1975) @ 1975 Vcrlag Paul Parcy, Berlin u n d H a m b u r g lSSN 0044-3573 / AS‘TM-Codcn: ZETIAG

Aus der Frcierr Univcrsitat Berlin, Fachbercich Biologic

Die Bedeutung der Haupt- und Nebenaugen fur die photomenotaktische Qrientierung der Trichterspinne

AgeZena Zabyrinthica (el.)‘)

Von KLAUS DORNFELDT

Mi l 13 Abbilduiigcii

1 . Einleitung

Bci dcn Arnchnideiiordniingcn Scorpioncs, Pedipalpi, Araneae und Soli- fugac unterschcidct man auf Grund dcr Stcllung der Augen auf dem Prosoma und ihrer rnncrvation - incist auch auf Grund ihres morphologischcn und histologischcn B ~ L I S - zwei Augentypen, die man als Haupt- (bzw. vordere Median-)Augcn uiid Nebenaugen bczeichnet. Die Trichterspiniic Agelenu Laby- rinthicu (CI.) bcsitzt ein Paar gut ausgebildctc Hauptaugcn und drei Paarc wohl entwickcltc Nebcnaugcn. Entsprechend der Lage der Zcllkiirpcr dcr Seh- zcllcn sind die Hauptaugcn evers und die Ncbenaugen invers. Die Nebcnaugen ,xichiicn sich gegcniiber dcn Hauptaugen durch den Besitz cines Tapctums aus. Ihncn fchlen abcr M~isltclii, dic bci den Hauptaugcn die Retiiiac scitlich ver- schicbcn Itoiincii.

Von den Aufgabcii diescr beiden Augcntypcn bci dcr Photomcnotaxis wisscn wir ciniges bei der uferbcwohnenden Wolfsspinne Arctosu (MAGNI und Mitarbeiter 1962, 1964), bei Skorpionen (Andyocotonus, Buthus, Buthotus, Scorpio, Euscorpius; LINSENMAIR 1968, unvcroff.; J A N D E R 1965) und bci Walzcnspinncn (Guleodes, Guleodzbus: LINSENMAIR 1968). Abgcschcn von den W al zcnspi i i n en, bci den en m eno ta k t ischc Oricn tie run gsleis tu ngen al Ici n mi t dcn Nebcnaugen miiglich sind, dicneii bci dicsen Spinnentieren ausschlicfilich od cr ii be r w i cgcn d die Ha up ta u gcn d cr men o ta k t i sch en 0 r i cn t i c r u n g i i ach Lichtqucllcn. Bci dcr Trichterspinne gcht der cinzige bisher bekanntc Funk- tionsuntcrscliicd zwischen bciden Augentypen auf deli Nachwcis zuriick, daB die Trichterspinnc mit ihrcn Hauptaugcn, nicht abcr i i i i t ihren Nebcnaugcn dic Scliwiiigungsriclitiiiig linear polarisierten Lichtcs fiir die Bcstimmiiiig der

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1) Erstcr Tcil cincr gekiirzten I’assung eincr Dissertation dcs Fachbcreichs Biologic d e r I’rcicn Universitnt Berlin. F u r die Anrcgung und Anlci tung zu dieser Arbci t sowie das krit isdic Inrcressc nni Fo r tgang dcr Arbei t danke ich H e r r n P ro f . D r . GORNEK; f u r die kritischc Wiircii- gung und nusfiihrliche Diskussion de r Arbeir d a n k c ich H e r r n Dr . MITTELSTAEDT.

7.. T i r r p s y d w l . Hd. M, I-lrft 2 8

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114 KLAUS DORNFELDT

Laufrichtung zuruck zur Warte zu analysieren vermag (GORNER 1958, 1962). Angesichts dieser Befunde vermutete JANDER (1965), dai3 bei Agelena die Hauptaugen das entscheidende Sinnesorgan fur die Photomenotaxis seien und den Ncbenaugen nur Hilfsfunktionen bei der Phototaxis zukamen. Es ist daher die Hauptaufgabe der vorliegenden Arbeit, die Rolle der Haupt- und Neben- augen der Trichterspinne bei der menotaktischen Orientierung nach ciner Licht- quelle durch verhaltensphysiologische Versuche zu klaren.

2. Material und Methoden

Die Versuchstiere warcn rcife weiblichc Trichterspinnen der Ar t Agelena labyrinthica (Clcrdt), die entwcder unmittelbar ihren Biotopcn auf Westberlincr Friedhofcn entnommen wurden odcr im Winterhalbjahr eigcncn Zuchten (vom 1. Hautungsstadium aufwarts) cnt- stammtcn. Die Spinncn bautcn sich ihrc Netze in matt-schwarzcn, im Querschnitt quadrat ishen Holzrahmcn (30 X 30 X 10 cm). N u r horizontalc Netze, dcrcn Schlupfrohre sich in eincr Rahmencckc befand, und homogen vcrspannte Nctzc wurden verwcndct. Aus unvollstandigen Nctzcn wurdcn gccignete Netze hcrgcstellt, indem die fchlenden Nctzstiidte d u r m Teile anderer Nctze crsctzt wurden. Aufspruhcn von Wasser mit einem Zerstaubcr ermoglichte das Zusammcnhaften der Nctztcilc.

Die Vcrsuchc fuhrte ich innerhalb einer rundzcltartigcn, mit schwarzcm Stoff ausgehangtcn Arena (@ = 300 cm; Hohc: 180 cm) aus, die sich in einem Dunkelraum befand. Auf cincm Tisch in dcr Arenamittc war die Rcgistriervorrichtung von GORNER (1962) drehbar rnontiert. Auf Grund des Abbildungsprinzips der Spiegclung gewahrleistete sie, daR selbst bci schragcr Blickrichtung die Laufe dcr Spinnc uber das Netz parallaxenfrei registriert wurden.

Als Lichtreizgcbcr bcnutzte ich handelsubliche Gluhlampcn: Mikroskopierlampcn (8 V/ 48 W; Farbtcmpcratur: ca. 2800 K) und zur Erzeugung von hohen Intcnsitaten und Intcnsitats- prufungen Projcktorlampcn (Jodquarz-Gluhlampc: 12 V/100 W; Farbtcmperatur ca. 3200 K) . Zwei gleichartigc Lampcn warcn 30' uber dem Nctzhorizont in dem Winkelabstand von 90' in dcr Entfernung von 175 cm von dcr Nctzmittc montiert. Wird die Intensitat der Lampc nicht vcrmcrkt, so bctrug sic 100 Ix (bzw. 21,s sb) in bezug auf die Nctzmittc. Zur Ab- schwachung dcs Lichtes wurden Neutralglasfiltcr (Schott & Gen., Mainz, T y p NG 9: Schmelze 15045, T y p N G 11: Schmelze 15159) verwendet.

Gcfenstcrtc Pappblendcn lienen das Licht nur auf das Netz fallcn, wahrend die Nctz- umgcbung im Schlagschattcn lag. Wahrcnd des Expcrimcntiercns trug ich cincn schwarzcn Umhang und dunkclbraune Handschuhe. In Zcnitnahc war 120 cm uber dem Nctz ein Brcit- strahlcr (@ = 39 cm) mit rotcr Dunkelkammerlampe (Osram 4563 NXO 220-230V IMP.) monticrt, dcrcn Licht die Registrierung bei ausgeschaltcter Oricntierungslampe crmoglichtc.

Die Vcrsuchc laufcn in der Rcgel wie folgt ab : An der als Bcutcort vorgcsehcnen Netz- stclle sctzc ich cine Taufliege so ab, daR sic sich nicht oder nur wenig fortbewegen kann. Sodann vcrsctzt cin durch Wechselstrom angercgtcr elektrischcr Summer diese Netzstelle in Schwingun- gcn. Signalisiert durch die vcrmeintlichcn Beutercize, begibt sich die Spinnc zum O r t dcr Rcizqucllc, ergrcift die Beute und gerat somit in Heimkehrstimmung. Fruher odcr spatcr tritt sic dann den Hcimkurs an, der jewcils registriert wird. Auf dcm ganzcn Hin- und Hcimkurs sicht die Spinnc dicselbe Lampe (Kontrollauf). I n einer weitcren Kontrolle wird cbenso ver- fahrcn. Sodann wird die Spinne no& einmal bei dieser Lampc hcrausgelockt. Kurz bcvor die Spinnc dic Flicgc crgrcift, wird die Lichtrcizrichtung urn 90° gewechselt. Dcr Lampcnwechscl wird in der hcrkommlichen Weisc durch Stromumschaltcn (wie bci GORNER 1958, 1966 und MOLLER 1970) oder durch Betatigung von - vor die Lampen montierten - Cornpurvcrschlusscn bcwcrkstclligt. Zur VerschluRbctatigung diencn Wechselstrom-Hubmagncte (W BA X 006; Magnet Schultz, Memmingen), die mit eincr durch Vorschaltcn eines Schiebewidcrstandes auf ein Drittel rcduzicrtcn Netzspannung gefahren wcrden.

Mchrmals wird - wie in den Arbcitcn von GORNER (1966) und MOLLER (1970) - die Mcthodc dcr Untcrbrcchung des Netzkontaktcs durch Hochhcbcn dcr Spinnc angcwcndet. Sobald die Spinnc dcn Bcuteort erreicht hat, wird ihr cine am Summer befescigtc Stubcnflicgc als Kodcr dargcboten. Sie verbeiRt sich in die vcrmcintliche Beute, wird dann aus dcm Netz gehobcn und nach eincr Dunkelpausc von mindcstens 1 sec an cinem vorherbestimmtcn Ort dcs Nctzcs abgcsctzt und dort mit ciner Fliegc belohnt. Es wird dabei darauf gcachtct, daR die Spinnc nicht in bestimmten Richtungen bevorzugt abgesetzt wird.

Dcr aufgczeichncte Lauf (Heimkurs) wird durch Anlegcn einer 10 cm langcn Mcflschne ausgewcrtct. Betragt der Abstand der Kurslinie von der Menschne nicht mehr als 1 ,s cm, SO wird dcr \V'inkel (Mchehnenrichtung, Startpunkt dcs Heirnkurscs, Richtung zur Wartc) be-

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Bcdcutung dcr Haupt- und Nebcnaugcn fur die photomcnotaktischc Oricnticrung 11 5

stinimt. Bci durchschnittlidi 12,7 % dcr Hcimkursc nach Unischaltcn um 90' in de r Nctzmittc (Startbcrcich) ist dcr Abstand groficr als 1,5 cm. I n dicscni Fall wird kcine Laufrichtung an- gcgcbcn und dcr Lauf als Bogcnlauf bzw. Doppcllauf bczcichnct, jc nachdcm, ob die Richtungs- andcrung stctig odcr sprunghaft crfolgt. D a sich die Flicgc mcist noch cin wcnig von dcm vorgcschcncn Bcuteort cntfcrnt, che die Spinnc sic crgrcift, crgibt sich fur jedcn Versuch als Gcsamthcit dcr Startpunktc cine Punktwolkc, dcr Ruck-Startbcrcich (kurz: Startbcrcich). Scinc Lagc ist in jcdcni Krcisdiagramm nahcrungswcisc dargcstcllt.

Dic mit den bekanntcn lincarstatistischcn Vcrfahrcn crmittcltcn Koordinatcnmittel dcr Startpunktc und dic zugchiirigcn Strcuungswertc wcrdcn fur allc Vcrsuchc mit angenihert glcichcr Lage dcs Startbereiches als Elcmcntc cincr Stichprobc bctrachtet; so crgibt sich als Koordinatcnniittcl fur die Mittclpunkte dcr Startbcreichc fur die Vcrsuchc, bci dcncn die Start- bcrcichc in der Nahc dcr Nctzniittcn licgcn: X = 13,46 ? 0,48 cm; Y = 13,42 ? 0,44 cm und als Koordinatcnmittel der Strcuungswcrtc diescr Versuchc S, = 1,27 -I- 0,32 cm; S, = 1,28 k 0,22 cm. Die Koordinatcnmittel der Startbcrcichsniittclpunktc fur die Vcrsuchc zur Wartencngraninibildung (Kap. 5) lautcn: X = 20,89 k 0,64 cm; Y = 10,56 k 0,56 cm; dic Koordinatcnmittel dcr Strcuungswcrtc dcr Startbcrcichc dicscr Vcrsuchc lautcn: S, = 1 ,O2 ? 0,91 cm; S, = 1,93 k 1,59 cm.

Dcr LanTpcnazimut, dcr durch L(X) bczcichnct wird, ist dcfiniert als dcr mit Vorzcichcn vcrsehcnc Winkcl X, dcn dic Projcktion dcr Lichtbundelachsc dcr Lampc auf das horizontalc Netz mit dcr die Wartc schneidcndcn Nctzdiagonalcn bildct. Dcr gcnau zur Wartc wciscndcn Hcimkursrichtung wird der Laufwinkcl Oo zugcordnct. Entsprcchend wird dcr Lampc, die dic Spinnc auf den1 dircktcn Wcg zur Wartc gcnau vorn nicdiosagittal fixicren m u k c , dcr Lampcnazimut L(0) zugcordnct. Heimkursrichtungcn, die von dcr Wartcnrichtung nnch rcchts (links) abwcichcn, und Aziniutalrichtungcn, die von dcr Nctzdiagonalcn nach rcchts (links) abwcichcn, tragcn das positive (nqpt ivc) Vorzcichen. Fur einzclnc, von dcr Nctzmittc wcitcr cntfcrnt licgcndc Startpunktc wcichcn dic Azimutalrichtungcn von den angcgebcncn ctwas ab. Dicscr Fchlcr ubcrstcigt inncrhalb dcs obcn angcgcbcncn Strcuungsintcrvalls (Startbcrcidie nahc dcr Netzmittc) nicht den Winkel von 36'; cr ist dahcr fur die Vcrsuchsauswcrtung irrclcvnnt. Die Vcrsuche sind auBcr Lei L(X) auch bci dcr spiegclbildlich glcichcn Lainpcn- stcllung L(-X) durchgcfuhrt wordcn. Dic zugchorigcn Laufrichtungen wcrdcn nach Vor- zcichcnumkehr mit dcr Vcrteilung der Laufrichtungcn unter L(X) vcrcinigt. Etwaigc licht- unabhangigc Abwcichungen kompcnsicrcn sich auf dicsc Wcisc.

Uni Aufschlussc ubcr die Bctciligung dcr cinzclncn Augcn a n der Lichtoricnticrung zu crhaltcn, werdcn bcstimmte Augcn a n dcr Lichtpcrzcption durch Bcdeckung mit cincr licht- undurchliissigen Kappc RUS cincni Gcmisch aus Schcllack und KicnruB gehindcrt. AnschlicBcnd wird jcwcils gcpriift, ob die Lackkappc das Licht vollstandig abgcschlosscn hat. Dazu wird dic Lackkappc vorsichtig mit cincr Nadcl gelost und das Ncgativ dcr Augcncindruckc sowohl in1 Auflicht als auch im Gcgcnlicht untcr dcm Binokular gcpruft (vg1. GORNER 1958). Wird ein Dcfckt fcstgcstcllt, so wcrdcn dic vorhcrgchcndcn Ergcbnisse vcrworfcn.

Dic Winkcl wcrdcn niit Mcthodcn dcr Krcisstatistik (s. BATSCHELET 1965, 1972) ausgewcrtct. Mit Hilfe von EDV-Anlagen (dcs Rechcnzcntrums dcr FU Berlin und dcr Gcscllschaft fur wiss. Datcnvcrarbcitung m b H Gottingcn) wird jcwcils die Mittclrichtung und die mittlcrc Winkclabwcichung s in Bogcngrad (Strcuung) bcrechnct; crstcrc ist dic Richtung dcs Mittclvcktors; lctztcrc ist dcr Lange dcs Mittclvcktors aquivalcnt, die im Krcisdiagramm im MaBstab dcs Radius dcs Diagrammcs dargcstcllt ist, der sich vom Magstab dcr Dimcnsioncn dcs Netzes in dicser Arbeit unterschcidct.

Sind die Strcuungswcrtc groB, so wcrdcn die Vcrtcilungcn mit dem %'-Test odcr RAY- LEIGH-Test (s. SCHMIDT-KOENIG 1961) auf Glcichvcrtcilung gcpruft. Bcstcht prima vista cin Zwcifel, ob die gcfundcnc Vcrtcilung cincr zirkularcn Normalvcrtcilung anglcichbar ist, SO wird sic mit dcr auf Grund ihrer Parameter gcschatztcn Normalvcrtcilung (tabcllicrt bei BATSCHELET 1965 fur Streuungcn 2 18,37O) mit Hilfe dcs f-Anpassungstcsts vcrglichcn. Sind dic Voraussctzungcn fur die Anwendung parametrischer Prufvcrfahren nicht gcgcbcn, wcrdcn dic Vcrtcilungcn mit den vcrtcilungsfreien Tests (%?-Test, Smirnov-Watson-Uz-Test) vcrglichcn (s. BATSCHELET 1965). Andcrnfalls wird zum Vcrglcich dcr Mittclrichtungen zwcicr Vcrtcilun- gcn cin fur Krcisvcrtcilungcn modifizicrtcr parametrischcr Test nach WATSON und WILLIAMS (s. BATSCHELET, S. 33) (,,WWI:-Test") angewcndct. Zum Strcuungsvcrglcich wird cin Vcrfahren nach WATSON u. WILLIAMS (s. MARKL 1964) (,,W-Test") bcnutzt.

Fur Vcrtcilunqen gcpaartcr McBdatcn (Strcckcnlangcn), die oft nicht normal vcrteilt sind, wird dcr Rangkorrclationskocffizicnt nach SPEARMAN bcrcchnct. Wcnn nicht normal vcrtciltc, paarwcisc vcrbundcnc Dawn vorliegcn, wcrdcn sic mit dcm Wilcoxon-Tcst fiir Paardifferenzcn hinsichtlich ihrcr zcntralcn Tcndenz gcpruft. Sind die McBdntcn nicht normal- vcrteilt und nicht paarwcisc vcrbundcn, so wird durch Anwendung dcs cbcnfalls nichtpara- mctrischcn U-Tests von MA", WHITNEY und WILCOXON (s. SOKAL u. ROHLF 1969) cine Aus- sage uber die Differenz zwischcn den vcrglichcnen Verteilungcn gcwonncn.

Stat i s t ik :

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116 KLAUS DORNPELDT

Die Signifikanzniveaus wcrden wie folgt beschricben:

P I O , 1 %: Aussagc sehr gut absichcrbar oder hochsignifikant; 0,1 % < P 5 1 %: Aussage gut absicherbar odcr signifikant; 1 % < P 5 5 o/o: Aussage absicherbar oder achwach signifikant; 5 % < P : Aussage nicht signifikant.

Die Rohdatcn jedcs Versuchs werden mit mindestcns 4 Spinnen gewonnen. Die Spinnen orientieren sich in den ersten Versuchsausgangcn gcnauso wic nach hiuf ig wiederholtem Ver- suchsablauf. Die Strcuung der Versuchsausgange eincr Spinne gleicht derjcnigen der gepoolten Versuchsausgange aller Versuchsticre. Daher kann man die Gesamtverteilung mit gewissem Vorbehalt als cine unabhangig gewonnenc Stichprobe bctrachten, die fur die Population der Trichterspinnc rcprasentativ ist.

3. Vorversuche

3.1 Die Richtcharakteristik der Augen

Nach der bei HOMANN (1924) und GORNER (2958) eingehcnd beschrie- benen Methode wurden die Sehfelder der Hauptaugen nach verschicden starker Lackicrung der Nebenaugen und die Sehfelder der Nebenaugen nach Lackie- rung dcr Hauptaugen im Hohenwinkelbereich von 20-40° unter Verwendung eines Universal-Drehtisches UT 4 und eines Vertikalilluminators ausgemessen (s. Abb. 1).

Durch die Bedeckung mit einer lichtdichten Lackkappe reduzieren sich die Sehfeldgrenzen der ungeblendeten Augen etwas, wie der Vergleich der Seh- feldniessungen niit denen von GORNER (1958) deutlich macht. Mit deni Blenden aller Nebenaugen verliert die Spinne die Fahigkeit, das ganze Hinimelsgcwolbe uber dem Horjzont auf einmal zu ubersehen.

3.2 Orientierung unter der zenitnahen Rotlichtlampe

AuRcr dcr zenitnah monticrtcn Dunkclkarnmcrlanipc brennt keine Lampe. AnschlieBend wird dcr Rahmen urn 90° nach rcchts (Vcrsuch 2) und nach zwei Kontrollen nach links (Versuch 3) gedreht, wcnn die Spinne im Startbcrcich in der Netzmittc angelangt ist.

Die Mittelrichtung nach Rechtsdrehen (,9 = -0,5'; s = 1 0 , 2 O ; n = 2 5 ) unterscheidet sich nicht signifikant von der nach Linksdrehen (,9 = --2,8'; s = 10,Oo; n = 24). D a auch die Streuungswerte der drei Versuchc weitgchend Libereinstinmen, ist nachgewiesen, dai3 unter der Rotlichtbeleuchtung kcinc opt i sche 0 r ien t ie r un g inijgl i ch is t .

Versuche 1-3: In zwci Kontrollaufen bleibt die Stcllung des Netzrahniens unverandcrt.

3.3 Orientierungseinflufi des Lichtreflexionsmusters

Versuche 4-7: Nachdem das Tier jcwcils zwei Kontrollaufe bei unveriinderter Lampen- position L( k 45) vollzogen hat, wird der Rahmcn, kurz bevor es die Beute in der Netzmitte ergreift, urn 90° in die Position L(F45) gedreht, die auch in den beiden folgendcn Kontroll- 1Pufen bcibehalten wird. AnschlieRcnd wird der Rahmcn in seine Ausgangslagc zuriidcgedrehr

Wie aus den1 Richtungsvergleich hervorgeht, fallt die niittlere Wartcn- abweichung bei starker Beleuchtung signifikant hoher (WWF-Test: P < 1%) aus als bei schwacher Beleuchtung, sofern die Tiere ungeblendet sind. Nach Blenden der Hauptaugen werden die Beleuchtungsstarken in gleicheni Mai3c bewertet.

Mit der Methode des Rahmendrehens erhiilt man hohere Wartcnnb- weichungsbetrage als mit der Methode des Lampenumschaltens. Da die Mog- lichkeit besteht, dai3 die Spinne Informationen uber die Drehung sclbst oder

usw.

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Ucdcutung d c r Haupc- und Ncbcnnugen fu r d i e photomenotaktischc Oricnt ierung 1 17

/-I- - \

Abb. 1 : O b e r c Polarkoordinatenncrze: Blickfcldgrenzcn tier rechtcn Haupraugen (nusgczogcnc Linie) u n d d c r l inkcn H a u p t a u g e n (gcstricheltc Linie) von 6 Spinnen mit lnckierten Ncben- nugen. Untcre Polnrkoordinntennetze: Gesichtsfcldgrenzcn de r Nebcnnugcn bei eincr Spinnc niit s t a rk ladrierten Haup tnugen (l inks) und bci derselbcn Spinnc nach A b n a h m e dc r Lackkappe

f u r die Brcitcnkreisc 20°, 30' u n d 40'

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KLAUS DORNFELDT 118

die Netzerschutterungen beim Drehen gewinnt, 1ai3t sich die Ursache der Rich- tungsdifferenzen nicht eiiideutig erschliei3en.

Im Gegensatz zur Methode des Rahmendrehens verlagern sich beim Lampenumschalten etwaige optische Uingebungsmarken neben der Lampc nicht um den gleichen Betrag und nicht in dem gleichen Sinne wie die Orientie- rungslampe selbst. Um den Orientierungseinflui3 des Lichtreflexionsmusters abschatzen zu konnen, wird dieses durch Aufstellen eines weii3en Schirines (Basiswinkel: 43O, Hohenwinkel: 15-45') verstarkt. Das Prinzip der Me- thode dieser Versuchsserie besteht darin, die relative Stellung des Schirines zum Netz durch Rahmendrehen zu verandern, die relative Lainpenposition hingegen durch Lampenumschalten beizubehalten.

Die Mittelrichtung des Versuchs 10 (bzw. 13) unterscheidet sich hoch- signifikant (WWF-Test: P < O,1 %) von der des Kontrollversuchs 9 (bzw. 12). Damit ist nachgewiesen, dai3 das Reflexionsinuster der Umgebung selbst bei direkter Sicht auf die Lichtquelle noch in geringem Mafie bei der photonieno- taktischen Orientierung mitbewertet wird. Die oben erwahnte Abschirmung der Versuchsanordnung gegen Reflexionslicht diirfte aber, so mui3 man folgern, auf dem Umgebungsmuster beruhende Abweichungen auf vernachlassigbare Betrage reduzieren.

3.4 Orientierungseinflufl des Lichtkontrastes zwischen der Lampe und ihrem Umfeld

In der schwarzen Arena, die den Netzrahmen (auch in der Arbeit von MOLLER [ 19701) umgibt, besteht ein uniiaturlich hoher Lichtkontrast zwischeii der Lampe und ihrem Umfeld. Unter solchen Lichtbedingungen koiinen Licht- falleneffekte auftreten, wie sie der Mensch seit altersher zum Tierfang aus- nutzt. Das ratselhafte Phiinomen, dai3 sich viele Tiere in dunkler Umgebung von kiinstlichen Lichtquellen anlocken lassen, ist als Ausfall der optischen Be- wegungskontrolle gedeutet worden (VERHEIJEN 1958). Diese Hypothese impli- ziert den Einwand, dafi in der Versuchssituation die photomenotaktische Orientierung moglicherweise gestort gewesen ist. Um diesen Einwand zu prii- fen, wird die Orientierung nach einer uingeschalteten Lampe in einer ange- nahert natiirlichen Lichtverteilung zum Gegenstand einer Versuchsreihe ge- macht.

Ein Vorhang aus weiRer Diolengardine umgibt zylinderforrnig das Netz. Eine 200 W- Gliihlampe in einem zenitnahen Breitstrahler bestrahlt diese Arena von innen, wahrend jeweils einer der beiden Projektoren intensives Licht (800 lx) durch den Vorhang auf das Netz wirft. So ist die Lichtverteilung derjenigen des Himrnels bei Sonnenschein sehr ahnlich.

Es ergeben sich bei alternativem Lampenwechsel zwischen L( f. 90) und L(O) fur die vereinigte Verteilung folgende Parameter: = 56,3'; s = 30,8'; n = 125 (Vers. 14). In der schwarzen Arena fallt die mittlere Wartenabwei- chung signifikant (WWF-Test: P < 1 %) hoher aus (@ = 65,5'; s = 26,6'; n = 110) als unter den angenahert norinalen Kontrastverhaltnissen.

3.5 Hat das Abklingen der Lichtreize nach Stromabschalten einen Orientierungseinflufl?

Die in der vorliegendeii Arbeit sowie von GORNER (1966) und MOLLER (1970) verwendeten Niedervoltlampen haben den Nachteil, dai3 sie langere Zeit (bis 4 s) brauchen, bis sie vollig ausgeklungen sind. D a die umgeschaltete Lampe schnell anklingt, einittieren beide Lampen fast wahrend der ganzen Nachleuchtphase gleichzeitig Licht. Da der Ruck-Start im Normalfall durch-

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Bedeutung dcr Haupt- und Nebcnaugcn fur die photomenotaktischc Orientierung 1 19

schnittlich nach eincr Zeitspannc von 2,5 s nach dem Stromausschalten erfolgt, leuchten kurz vor dcr Heimkurseiiistellung beide Lampen gleichzeitig. So ist cs dcnkbar, dafl sich die Spinne entgegen der bisherigen Annahme nicht nur nach der umgeschaltcten Lichtquelle orientiert, sondern dafl sic die beiden an verschiedenen Stellen ihres visuellen Systems repriisentierten Lampenbildcr zu eincr Kompromiflfixierstelle verrechnet oder dafl sie sogar in gewissen Fallen den Hcinikurs allein mit dcr Information aus der abklingenden Lampe steuert.

Der in ,,Material und Methoden" geschilderte Modus der verbesserten Kcizgebung durch Betiitigung von Compurverschlussen verkurzt die Halb- wertszcit der Abklingkurve der Lichtreize nach Stromumschalten von 100 ins (ohtie Vcrschluflbetiitigung) auf 2 ins und die gesamte Abklingzeit von 4 s auf wcniger als 100 ins. Wird im Anschlufl an zwei Kontrolliiufe bei unveriindertcr Lampenstellung am Endc des in Abb. 12 dargestellten Umwegcs L( +45) mit L( k 45) getauscht, so unterscheidcn sich die Orientierutigsleistungen, die sich mit der vcrbesserten Reizmethode ergeben, weder hinsichtlich der Verteilungs- funktion (Smirnov-Watson-U'-Test: P > 5 %) noch hinsichtlich der Mittel- richtung (WWF-Test: P > 5 9%) noch hinsichtlich der Streuung (W-Test: P > 5 %) signifikant von den Orientierungsleistungen, die mit der hcrkomm- lichcn Rcizniethode erzielt worden sind. Bei den Spinnen ohne Hauptaugen liiflt sich mit der paramctrischen Vergleichsprufung ebenfalls kein Unterschied absichcrn (WWF-Test: 1' > 5 %). Gleichgultig, ob das Nachleuchten der Lampe vom gesamtcn Augenapparat oder nur von den Nebenaugen percipiert wird, bci dcr Orienticrittigshaiidiu~ig spielt es keine relevantc Kolle. Damit wird ein Einwand gcgcn die Deutung der Ergebnisse voli GORNER (1966) und MOLLER (1970) weitgehend entkrsftet.

Als weitcre Erklarutigsmoglichkeit f u r die Bildung von Kompromifl- richtungen ist in Erwsgung zu ziehen, dafl das aktuelle Bild der umgeschaltctcn LamPC mit cineni Nachbild der kurz zuvor ausgeschalteten Lampe, wie man es voni visuellen Systeni des Menschen als Folge photochemischer odcr neuro- nalcr Nachwirkungen kennt, zu einem Komproniiflresultat verrechnet wcrden konntc. Diesc Moglichkeit legen die folgcnden Versuche nahe.

Nach 7wei Kontrolliufen bci L(0) bzw. L( k90) wird die Spinne abermals auf gerndem Wege zum Startbcreich in dcr Netzmitte gelockt Dort wird die Lampe ausgeschaltet und die vcrsetztc Lampe L( k 90) bzw. L(0) erst nach eincr Dunkelpause eingeschaltet, deren Dauer cntsprechend der Startbereitschaft der Spinne in dem ~ e w e ~ l i g e n Lauf variiert und mittels Stoppuhr nls Zeirspanne voni Ausschalten dcr Larnpe L1 bis zum Einschaltcn dcr Lampe L:! srob gcnic\ccn wird.

D i c erm i t t cl ten i n i t t 1 eren War te t i a b weich u n g e t i u be r t ref f e t i bei w ci tein und hochsignifikant (WWF-Tcst: P < O,I 9%) alle Warteiiabweichungcn, die nach Umschalten uni 90" ohne Dunkelpause registriert worden sind. Die ver- blcibende Abweichung dcr Kursrichtung um ca. 10' von dem azimutgerechten Lichtkurs ist unter den gewiihlten Lampenpositionen nicht auf Phototaxisein- fliisse zuriickfuhrbar, so dafl auch hier noch von einer Komproiiiiflrichtung zwischcn Wartcnrichtung und optischer Sollrichtung die Rede sein kann. Auf G run d d cr gegeben en Zei t in te r val lei n tei 1 u t i g best e h t kei n Zit sa i n i n e t i h ang zwischcn der Liinge der Dunkelpause und der Bctragszunahme der Warten- abweichungen. Maflgcbend f u r die drastische Betragszunahme konnte das Nachlasscn des Nachbildes der ausgeschalteten Lampe win.

4. Die Richtungsorientierung nach Aufheben des Netzkontaktes

Die iiberkommene Auffassung besagt, dafl sich die idiothetische Orientie- rungskomponente (anstclle des unscharfen Begriffi s ,,kinasthetische Orientic-

Page 8: Die Bedeutung der Haupt- und Nebenaugen für die photomenotaktische Orientierung der Trichterspinne Agelena labyrinthica (Cl.)

120 KLAUS DORNFELDT

4 5

6 I

Tub. 1: Orient ierung nach Rahmendrehen

I Versuch 1 Beleuchtung I Blendung I Mittelrichtung 1 Streuung I Anzahl 1 800 Lx keine 0 = 83,70 s = 30,6O n = 125 800 Lx Hauptaugen 0 = 61,1° s = 29,1° n = 92

20 Lx keine 0 67,IO s = 33,IO n 120 20 l x Hauptaugen 0 = 62,9O s = 31,3 n = 85

17 18

Tab. 2: Die Bewertung des Umgebungsmusters als richtender Reiz

Stromumsch. Hauptaugen 0 = 61,6 s = 26' n = 37 mit Verschl. Hauptaugen I3 = 63.2 s = 27.2" n = 35

Versuch

8

9

10

1 1

12

13

Versuchsbeschreibung

ohne Rahmendrehung

ohne Drehung I Spinne im Star t - bereich hochgehoben

Rahmendrehung und Lampen - umschaltung nach l inks um 90° [Lampenposition L 13011 ; dabei Spinne hochgehoben

ohne Rahmendrehung

ohne Drehung I Spinne wird hochgehoben

Rahmendrehung und Lampen - umschaltung nach rechts um 90° [Lampenposition L(3O)l; dabei Spinne hochgehoben

Mittelrichtung

0 = 3,2O

0 = 2,7O

I3 = 6,0°

0 = 2,3O

0 = 2,7O

0 = -0,SO

Streuung

s = 10,7O

s = 11,6O

s = 1 2 p

s = 10,80

s = 12,5O

s = 13,)'

Anzahl

n = 104

n = 102

n = 92

n = 104

n = 104

n = 97

rung" wird hier der von MITTELSTAEDT und MITTELSTAEDT [ 19731 vorge- schlagene und definierte Begriff ,,idiothetische Orientierung" gebraucht) durch Hochheben der Spinne ausschalten und die optische Orientierungskoinponel7te allein zur Geltung bringen lai3t (GORNER 1966, MOLLER 1970). Infolgedessen schien das 1,ijsen des Netzkontaktes ein geeignetes methodisches Mittel zur Untersuchung der optischen Orientierung zu sein. MOLLER (1967) fand, dafi sich die Spinnen im Mittel in die optische Sollrichtung einstellen, falls sic auf dem Weg zum Startbereich die Lampe genau vorn fixiert und ini Startbereich ihren Netzkontakt vorubergehend verloren hatten. Sahen sie dagegen auf ihrein Auslauf die schriig gestellte Lainpe L(30), so traten neben photomeno- taktisch orientierten Laufen zahlreiche Liufe in die vier phototaktischen Grundrichtungen auf. Es schien daher lohnend, die Richtungsorientierung nach Unterbrechung der Bewegungsfolge bei mehreren, rund um den Horizont ver- teilten Lampenazimuten in zwei Versuchsreihen zu untersuchen.

I n der ersten Vcrsuchsreihc ha t die Lampe L1 die Posi t ion L(0) (Vers. 23), L( 230) (Vers. 24), L( 2 60) (Vcrs. 2 5 ) , L( k 90) (Vers. 26), L( If: 120) (Vers. 27), L( k 150) (Vers. 28), L( 2 180) (Vers. 29). Sobald dic Spinnc in1 Startbereich in der N c t z n i i t t e angclangt ist, wird

Tub. 3: Orient ierung nach Lampenwechsel durch Stroniumschalten und durch Verschlufibetiitigung

I Versuch 1 Reizmethode I Blendung I Mittelrichtung I Streuung 1 Anzahl I Stromurnsch. keine mi t Verschl. keine n = 60 I I 0 = 71,8O s = 23O

0 = 78,2" s = 1 9 p

Page 9: Die Bedeutung der Haupt- und Nebenaugen für die photomenotaktische Orientierung der Trichterspinne Agelena labyrinthica (Cl.)

Bcdcutung der H a u p t - und Nebcnaugcii f u r die photoinenoraktische Orient icrung 121

Versuch

19 20

21 22

Blendung Umschaltung Mittelrichtung Streuung Anzahl

keine L ( 0) 4 L ( 9 0 ) 0 = 78,7' s = 18,7' n = 36 keine L(90) 4 L ( 0) 0 D -80,7' s = 21.9' n = 42

Hauptaugen L I 0) 4 L ( 9 0 ) 0 = 81,6' s = 2L,9' n 31 Hauptaugen L190) 4 L ( 0) 0 -78,3O s = 20,3" n = 34

Dunkelpause Blendung

o<ts1 s keine I < t 1 2 s keine

keine

Hauptaugen Hauptauqen

Mittelrichtung

0 = 81,7' 0 7 7 p 0 = 81,2'

0 = 76'9" 0 = 81.L'

Streuung

s = 20,8' s = 17,9'

s = 23,9" s = 22.L'

Anzahl

n = 34 n = 24

n = 26 n = 3L

ilir NctrLoi i takt bei xusgc\chaltetcr Lxmpe gclost und sodxnii dieselbe Lampe L1 wicdcr cin- gcsdialtct. Versuch 30 wird wie Ver5iich 27 ausgefuhrt, j ~ 1 0 c h bedecken Lackkappen die Haupt- augcii dcr Vcrsiichh\tiere.

Abb. 2 zeigt die einzelncn Heimkursrichtungeii sowie deren Mittelrich- tungcn und Streuungcn bei den fur die Versuchc 23-30 gewahlten Lampen- azimiitcn. Dic Befunde entsprcchen wcitgehend dcnen, die MOLLER (1967, 1970) ohne Nochheben, sonst aber bei gleichen Versuchsbedingungen ermittelte. Die linter der Lanipe L ( O ) gewonnene Mittelrichtung unterscheidet sich hoch- signifikant (WWF-Tcst: P < 0,1 7%) von der Mittelrichtung bei der Lampe L( k 120). In Ubcrciiistimniung mit den Befunden von MOLLER werden die Wnrtenabwcicliuiigcn maximal, wcnn das Bild der Lainpe wih rcnd dcs Heini- laufens in den Sehbereich ,,schrig hinten", nimlich bei ca. L(12O) f8llt; ebenso werden die Streuungswcrte minimal, wcnn die Spinnc dic Lanipe auf dem Iiiickwcg gcnau hintcn - also L(l SO) - fixiert. Wegen fehlender Tabellen- wcrtc liflt sich nicht die Hypothesc einer Nornialvertcilung fur die vorlicgen- dcn Vcrtcilungcn prdfen; dahcr ist cs angezeigt, dic Verteilungen fur L(O) und L(90), die sich bci cxtrcm verschiedenen Fixierstellen ergeben haben, init einein \Icrtciliiiigsfrcicii Priifvcrfahrcn zu vcrglcichcn : Der x'-Tcst weist beide Ver- teilungen auf dem 57%-Signifikanzniveau als verschieden aus. Da sich die Ver- teilungsparamctcr wcitgehcnd glcichcn, handelt es sich uni Unterschiede in der Vc r t ei 1 u n gs f o r in.

Der charakteristische Funktionsverlauf der systematischen Abwcichungcn von der Wartenrichtung ist also reproduzierbar, unabhangig davon, ob es zur Wechselwirkung zwischcn ,,optischcr" und ,,idiothetischer" Orientierung komnit oder nicht.

Bci dcn Spinnen ohne Hauptaugen ist der Abweichungsbetrag etwas - jcdoch nicht signifikant - gcringer als Lei den ungcblendeten Ticren (WWF- Tcst: P > 5 'i/.). Die Strcuung hingegen wird hochsignifikant grofler (W-Test: P < 0, l 7%) (s. Abb. 2: weiae Kreisc) nach Ausschaltung der Hauptaugen.

In dcr obcn beschricbcnen ersten Versuchsreihe verwendcn die Tiere cventucll a u k r dcr Lichtquelle wcitere Auaenreize (z. B. optisches Unigebungs- muster, Netzspannung LI. a.) zur Oricntierung. Mit der Methode des Lampen- wechscls, nach dcr i n dcr folgcndcn zweitcn Versuchsreihc 31-50 verfahren wird, lafit sich dcr Einflul3 derartiger richtender Aiiflenrcizc eliminieren.

In dcr /wcitcii Versuch~rcihc wi rd die Spinne jeweilb nach 3 Kontrol len be1 L1 natk cinciii gcrxdcii Hiiiweg ~ u r Nc t in i i t t c (Startbcreich) wahrend eincr Dunkc lpauw von minde-

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I22 KLAUS DORNFELDT

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Page 12: Die Bedeutung der Haupt- und Nebenaugen für die photomenotaktische Orientierung der Trichterspinne Agelena labyrinthica (Cl.)

124 KLAUS DORNFELDT

Versuch Umschaltung Mittelrichtung Streuung Anrahl

51 C(901 + LIO) I3 = -06,3O 5 = l L , L O n = 30 52 - L(90) + L(0) 0 = - 8 5 , L O s = 18,SO n = 26

stens 1 s Dauer hochgehoben, dort wieder abgesetzt und bei n u n eingeschalteter versetzter Lampe Lz mit Futter belohnt. Die Lampen wechseln nach jcweils drei Kontrollen alternativ ihrc Stellungen. Das Orientierungsverhalten der ungcblendeten Spinnen wird bei allen, u m die Schrittweite von 30° auseinanderliegenden Azimuten rund um den Horizont festgestellt (s. Abb. 3 : Versuche 31-43: schwarze Kreise); dasjcnige der Hauptaugen-geblendcten Spinnen nur bei einem Teil dieser Azimute (s. Abb. 3 : Versuche 44-50: w e i k Kreise).

Die Spinnen weichen stets im Mittel etwa um den Versetzungswinkel in dem gleichen Drehsinn (d. i. die optische Sollrichtung) von der Wartenrichtung ab. Das Ausschalten der Hauptaugen zieht keine relevantcn fnderungen im Orientierungsverhalten nach sich. Wegcn der groflen Streuungswerte und der relativ kleinen Zahl der Versuchsgange lassen sich hier keine systematischen Abweichungen von der theoretischen Heimkursrichtung statistisch absichern (WWF-Tcst: P > 5 "/o). Einstellungen, die als grundorientiert ZLI deuten sind, treten in den eigenen Versuchen im Gegensatz zu denen von MOLLER (1967) nicht auf.

Bleibt die Lampenposition unverandert, so fallen die Streuungswerte i n das Interval1 zwischen 7,5O [bei L(180)] und 1 1 , 2 O [bei L(15O)l. Stehen die optische Sollrichtung und die Wartenrichtung senkrecht zueinander, so variie- ren die Streuungswerte zwischen 13,2' [bei L(45)] und 23,8' [bei L(12O)l. Sic erweisen sich z. T. als hochsignifikant groi3er (W-Test: P < 0,1 %) als i n dcr Versuchsrcihe ohne Lampenversetzen. Da die 2. und 3 . Kontrollaufe in dieser Versuchsreihe nicht starker streuen als die Laufe i n der Versuchsreihe ohne Lampenwechsel, liegt die Ursache der Streuungszunahme nicht in eiiier E r sch we r u n g d e r Engram m ie r u n g des La ni pe n a z i in u t s n ach h 3 u f i gem Lanip e n - wechscl, sondern wahrscheinlich darin, dafl in den Versuchen i n i t Lampen- wechscl die Mitbewertung von weiteren Auflenreizen auRer der Lampe weg- fiillt.

Nach Lackierung dcr Hauptaugen nehnien die Streuungswerte f u r L(21O) iind L(240) hochsignifikant, fur L(45) signifikant zii und fur L(O) signifikant ab (W-Test). Spekulationen uber die Ursache der Streuungsveranderungen halte ich f i r vcrfriht . Auch diese Befunde erharten die Auffassung weiter, dai3 sich dic Spinnen allein mit Hilfe ihrer Nebenaugen photomenotaktisch zu oricntieren vermogen.

I n den folgenden Versuchcn 51-52 wird wie in den Versuchen 31-50 verfahren; mit dcr Lampenposition wird jedoch zugleich die Intensitit gewechselt. Die in Tab. 5 durch Unter- strcichung angedeuteten Filter schwiichen die Intensitit von 1180 sb auf 33 sb ab.

Die tnittleren Wartenabweichungen der Versuche 51 und 52 lassen sich weder gegeneinander (WWF-Test) noch gegen die optische Sollrichtung von -90' (Test nach STEPHENS [s. MARKL 19641) statistisch absichern. Die nieno- taktischen Liclitkurse haben sich dainit linter den gegebenen Bedingungen als intciisitatsiiiiabhangig erwiesen.

I

5. Die optische Grundorientierung

Phylogenetisch betrachtet, stellt die Grundorientierung wohl die Basis dar, actf dcr die inenotaktische Orientierung durch Beteiligung hoherer Zentren auf-

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Ucdeutung d c r H a u p t - und Nebenaugcn fu r die photomenotaktische Orient ierung 125

baucn konntc (JANDER und WATERMAN 1960; JANDER 1963). Dic bcidcn Th co r i cn , die zu r E r k 1 ii r 11 ng d e r P h o tom en o t ax is a i t f ges tcl 1 t wo rdcn sin d, n iini 1 i ch d i c Ko m pen sat i on s t h eo r i c (J AND E R 'I 9 5 7) u t i d d i e B i kom pon en tcn - thcoric (MITTELSTAEDT 196'1, 1962), gehcn davon aus, dai3 die Fixierstellc der G r u n do r i cn t i cr u n g d u rch A u f sch al t u n g e i n e r Fii h ru n gsg roi3e ( ,, D r eh kom - m a n do " ) au f den Kcgcl k rei s d cr op t isch en G r u t i d o r i cn t ie r u n g v cr 1 age r t w i rd . Dahcr ist dic Kenntnis dcr Gruiidoricntieruiigslcistungen auch fur dic Kausal- a n a I ysc dc r mcno ta k tischen Oricn tie rung von Wer t .

Dic Untcrsuchung von MOLLER (1970) enthiilt einen fur die vom Vcrf. aufgcstclltc Hypothcse grundlcgcnden Bcfund iiber die optische Grundoricn- ticrung gcgcniibcr einer 100 Ix hellen Lampe. In wiefern sich die Grundoricn- ticrungsstcllungen mit dcr Intensitat, mit den1 Vollzug cines Hinkurscs im Dunkcln und niit partieller Blcndung vcriindern, gilt es i n den eigencn Vcr- s uchcn s t i cli p rob en a r t i g zu u n te r suchcn .

Die > 5 niin Icing dunkcladapt ier tc Spinnc wird aus ihreni Hiil tcrungs- bch i l t c r a u f cin <yleichformig struktiir icrtcs, ubcr cinen ringflirmigcn Kahnien (0 = 22 cni) gcspanntcs NctzsFuck fnllcn gelassen. So landet sic in zuf i l l iger Ausrichtung in dc r Mitte d c r Nctznrcna. Sotlann wi rd die Lampc, dcrcn Intcnsi t i t nu r 20 Ix bctriigt u n d dercn Aziniut bclicbig gcwiihlt ist, cingeschaltct. Die Spinnc niacht d a n n Bcute und lcgt mcistens noch cine klcinc Wcsstrcckc zuruck. Sic wechsclt jcdoch h iu f ige r die Laufr ichtung u n d en t f e rn t sidi kauin von d c m Ucutcort. Dcmentsprcchend wirJ hier die Richtung der a n die Laufkurve gelegtcn Schnc (von 3 cni I i i n g c bzw. zum P u n k t d c r I . Richtungsinderung) ausgcmesscn.

Tcilt man dic Krcisvcrtcilung der Laufriclitungen (s. Abb. 4, oben) in ihrc vier Quadranten nuf und gclten alle Lnufe, dic i n den der Lampe abgcwandtcn Vicrtclkrcis gcriclitct sind, als negativ phototaktisch (40 %j , alle in den gcgcn- iibcrlicgcndcn Sektor weisenden Laufrichtungcn als positiv phototaktisch (17 %) und allc iibrigcn - qucr zur Lichtrichtung verlaufendcn - als lateral phototaktisch (43 %) cingestcllt, so ergibt sich eine gute Ubereinstimiiiung mit dcm von MOLLER (1970) nach dcr gleichen Mcthode, bci fiinffach hohcrcr Intcnsitiit gcfundenen ,,Gruiidorientierutigsinuster" (+Test: P > 5 %). Die Auffassung des Verf., die Laufrichtungen qucr zur Lichtrichtung scicn als latcralphototaktisch anzusprechcn, crscheint aber nicht gesichert, solangc nicht w ci tc r c E r k 1 ii r u n gsm6gl ich k ci tcn - z. B . die Deu t u n gsniog l ich k ei t, won ach d i e Hiiufung dcr Liiufe quer zur Lichtrichtung durch Uberlappung einer Vcrtci- lung positiv-phototaktischcr Laufe mit ciner Vcrteilung negativ-phototak- tischer Liiufc cntsteht - cxperimcntell widerlegt sind.

S ta t t auf dic Fragc nach dcr Existenz von Lateralphototaxien bei dcr T r i ch tc r s p i n n c rich tc t sich die Au f m cr k sam kei t a u f den a t y pi schcn Ku rsv cr- lauf. Dicscr legt dic Vcrinutung nahe, dafl die Spinne am Bcutcort die War tc wcgcn fehlcndcr Hinwegengramnic sucht. Soniit ha t der Einwand Gewicht, daR dic Grundorientierung crst linter der Voraussctzung, daR die Spinnc zuvor dic gleichcn Schrittfolgen zu intcgricren verniochtc wie i n den zu vergleichen- dcn Vcrsuchcn zur Photomenotaxis, fiir die Analysc der Photomenotaxis her- nngczogcn werdcn kann.

Versucli J.3:

V e ~ u c l ~ j 4 : Die Spinnc ist > 30 niin i n Dunke lha f t verblieben. Es w i r d ihr bei aus- gcsch:iltcter Oricnt icrungslampe e i n geradcr H i n k u r s z u r Ne tzmi t t c aufgenot igt , wo ih r nach kurzcr Untcrbrcchung dcs Nc tzkon tnk tc s cine Flicge und als Oricnt ierungsrciz die Lanipc in von Lnuf zu Lnuf zufiillig wcchsclnder Position gcboten wcrdcn.

Die Abweichungcn 10 cni langcr, an die Hcimkurse gelegter Sehncn von den jewciligen LampcnaziiiiLiteii sind die NIei3groRen, die in der Vertcilung von Abb. 4 (Mitte) wiedergegeben sind. Die Richtungsverteilung unterschcidct sich nicht wcscntlich von der obcn i n Abb. 4 dargestellten Verteilung. Das G r u t i d o r icn t i e r u t i g sm us ter e r w ei s t sich t ro t z u n tersch ied 1 ich e r Lich t in ten si t ii tcn , La 11 f p rog rani 171 c u n d Mei3 ver f a h ren a Is k on si s ten t.

Page 14: Die Bedeutung der Haupt- und Nebenaugen für die photomenotaktische Orientierung der Trichterspinne Agelena labyrinthica (Cl.)

126 KLAUS DORNFELDT

Wesentlich ist, dal3 die Spinnen im letzten Versuch 54 im Gegensatz zum Versuch 53 mindestens 10 cm gerade fuhrende Kurse (ausgenomnien 3 o/o der Laufe) steuern. D a die Hinweglangen (im Mittel 19 cm) die Heimkurs-Me& sehnenlangen (10 cm) wesentlich ubersteigen, entspricht dieses Ergebnis der obigen Vermutung, dai3 die Spinnen zur Steuerung eines geraden Heimkurses Informationen uber die Schrittfolge des zuvor vollzogenen Hinkurses be- durfen. Daher ist es erforderlich, MOLLERS (1970, S. 85, Vers. 5) Annahme zu

uberprufen, dat3 die aus der Warte zu einer beliebigen Netzstelle ver- frachtete Spinne bei Dunkelheit in ,, Wartenstimmung" sei, weil sie - nicht verfrachtet - bei eingeschal-

Versuch 53 teter Lampe die Wartenrichtung

I -;q- . .em* *.;*.' 0 . . .. . - .. d me. einschlagt.

o> Versuch lili: Den Versuchstieren sind die Hauptaugen lackiert worden. Ein-

000 oZAbb. 4, oben rnal gleicht das Vorgehen vollig dem von 00 Versuch 54: Versuch 55a. Beim nachsten

0 0 Ma1 erfolgt die Verfrachtung zur Netz- rnitte, wo der Spinne die Fliege und die 00 000 0 0

0 00 00 Lainpe geboten werden: Versuch 55b. Die 0 Reihenfolge wird haufig permutiert. 00 0 O

t t $0

0O0 O O O 0 17%

00 o O o o o o 26% + 17% o 00 00

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.* ::.. .. ....':,:*-*.* me. Abb. 4 : **.. e... Oben: Optische Grundorienticrung ge-

geniiber einer schwachen Lampe (20 lx). Die Tiere waren nicht geblendet und hatten zuvor keinen Hinkurs vollzogen

Mit te : Optischc Grundorientierung ge- geniiber einer Lampe von mittlerer Inten- sitat (100 Ix). Die Tiere waren nicht ge- blendet und hatten zuvor einen Hinkurs

zur Netzrnitte vollzogen

bb.4,unten Unren: Optische Grundorientierung ge- geniiber einer Lampe rnittlerer Intensitat (100 lx). Den Tieren waren die Haupt - augen lackiert worden; sie wurden teils zur Netzrnitte verfrachtet, teils zur Netz-

rnitte gelockt Punkte: Positiv- und negativ-phototakti- sche Richtungen. Kreise: Laufrichtungen

quer zur Lichtrichtung

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Ucdcutung dc r H n u p t - iind Ncbennugen fu r die photomenotnktischc Oricnt icrung 127

Kategorisiert man fur jede der beiden Stichproben die Laufe unter deni Gesichtspunkt, ob crstens der Lauf 10 cm gerade und innerhalb von 30 s ziigig erfolgt oder ob zwcitens der Lauf nicht als gerade zu bewerten ist oder dic Laufbcrcitschaft innerhalb von 30 s fehlt oder der Lauf nicht ziigig vollzogen wird, so entfallen in Versuch 55 a - nach Absolvieren eines Laufprograiiimes - 66% der Laufe i n die 1. Kategorie (des nornialen Kursvollzuges) und in Versuch 55 b - nach Verfrachtung - 75 % der Liiufe in die 2. Katcgorie (des anornialen Kursvollzuges). Beide HZufigkeitswcrte erweisen sich als hoch- signifikant verschieden (+Test). Dies spricht fur die Auffassung, dai3 sich die lintersuchten Leistungcn als Heiiiifindeleistungen auf Grund aktiv zuriick- gclegter (und integrierter) Hinwege oder als Navigation auf Grund von Weg- umkehr irn Sinne des Klassifizierungsversuchs von SCHMIDT-KOENIG (1970) charakterisieren lassen. - Es stellt sich ferner die Frage, warum entgegen der theoretischeti Erwartung auch nach Verfrachtung noch gerade Laufc in 25 % der Vcrsuchsausg?inge auftrcten. D a Experimente hierzu fehlen, lafit sich diese Frage iiur spekulativ beantworten. D a dasselbe Versuchstier mehrfach fur den- selbcn Versuch verwetidet wird und mehrfach hintereinander freiwillig oder crzwungcnermai3en zur Warte zuriickkehrt, konntcn Verhalterismodifikationen als Folgc vorangehcnder Erfahrungen - etwa Konditionierungs- oder Scn- sibilisieriingseffektc - bei gelosclitcm Mittelkursspeicher ins Spiel kommcn, die sich in dcr Erhohung dcs Antcils der oben definierten geraden Kursverlaufe auspragen. (Wie aus weiteren Befunden dieser und der folgenden Arbeit her- vorgcht, bedeutet die Verwendung von Spinnen, denen die Hauptaugen ge- blendet worden sind, kcine Einschrsnkung des allgemeincn Erkenntniswertes i n Fragen, die das Auf- und Entladen des Mittelkursspeichers betreffen.)

Wie bci den ungeblendeten Spinnen tritt auch bei den Spinnen ohne Hauptaugen nach cinem Hinkurs ini Dunkeln und nach Verfrachtung die gleiche Grundorientierungsverteilung auf. Die Richtungen der geraden Laufe aus beiden Verteilungen (Versuche 55 a, b) werdcn daher zu der in Abb. 4 (unten) dargestellten Kreisverteilung zusammengefafit. Es zeigt sich, dai3 diese Vcrteilung von der daruberstehenden grundverschieden ist (X2-Test: P < 0,1 70): Wiihrend im ungeblendeten Zustand die negative Phototaxis (48 %) vorherrscht, iiberwiegt nach Verlust der Hauptaugen die positive Phototaxis (72 %).

6. Die Frage nach der Existenz des Wartenengrammes

Fur die Kausalanalyse des Orientierungsveriiiogens ist die Antwort auf die Frage wichtig, ob sich die Trichtcrspinne allein mit Hilfe eines optischcn ,, Wartcnengraiiiines" zu orientieren vermag. GORNER (1958) und MOLLER (1970) habcn diesen Begriff i n dem folgenden Sinne gebraucht: I n der Wartc Iaucrnd, priigt sich die Spinne die Position einer Lampe ein, so dafi sic von jedcm beliebigen Netzort allein mit Hilfe der wahrend ihres Wartenaufent- haltcs citigcspcicherten optischen Informationen den Weg zuruck zur Warte findct. D a cs bisher uicht gelungcn ist, die Existenz eines Wartenengrammcs schliissig nachzuweisen, erfordert die Frage nach der Bildungsweise von War- tcnengramnicn cine weitere experimentelle Behandlung.

Es erscheint sinnvoll, den Begriff ,,Wartenengramm" in Abgrenzung zu dern Bcgriff ,,Wegengranim" wie folgt zu definieren. Ein Wartenengramm ist genau dann nachgewiesen, wenn vorausgehend folgende Versuchsbedingungen crfiillt sind: I ) Die Spinne sieht von der Warte aus die Lichtquelle. 2) Solangc die Lichtquelle brennt, hiilt die Spinne ihre riiuniliche Ausrichtung i n der

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I28 KLAUS DORNFELDT

Abb. 5 : Oben: Richtungsorientierung nach vorheriger Wartenbelichtung (1 min); Untere H3lf te : Richtungsorientierung ohne vorherige Wartenbelichtung. Linke Half te : Die Versuchstiere sind nicht geblendet. Rechte H l l f t e : Die Hauptaugen der Spinncn sind lackiert. Kreise: Heim- kurse bei L(90) nach cinem Hinkurs im Dunkeln; weiRer Pfeil: Mittelvektor dcr Richtungen

Punkte: Heimkurse bei L(90) nach einem Hinkurs bci L(90); schwarzer Pfeil: Mittelvektor

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Bcdeutung der Haupt- und Nebenaugen fur die photomcnotaktischc Orientierung 129

Wartc bei; und wenn die unter den vorstehenden Bedingungen gewonnencn Informationen (,,Engramme") iiber die Lichtquelle einen Einflufl auf die Be- stimmung des Heimkurses von irgendeinem Or t dcs Netzes ausuben, zu dein sich die Spinne begeben hat.

Im Prinzip besteht die Methode der folgenden eigenen Versuche 56-71 darin, optische Wcgengramine aus vorangegangenen Ausl5ufen in Konlturrenz ZLI eventucll vorhandcnen Wartenengrammen wirksam wcrden zu lassen.

Die Spinnc wird ubcr B zum Startbcrcich S gclockt, dort hochgchoben und an dic glciche Stellc zuruckgcsctzt. Auf den1 Hin- und Heinikurs sieht die Spinnc die seitlich gestelltc Lampc L(90). Die Mittelrichtung (schwarzcr Pfcil) dcr Hcinikursc (schwarzc Punktc) wcicht kaum von dcr Wartcnrichtung ab (Versuch 56). - 1st dic Spinne zur Warcc zuriickgekehrt, wird die Lampe ausgcschaltet. H a t sic ihrc Lauerstcllung in dcr Wartc cingcnomrncn, wird fur 1 min die Lampc L(180) cingcschaltet, die dic Spinne vorn in dcr Mediosagittalcn fixicrt. Nach eincr Dunkelpause von 1-7 min bcgibt sic sich im Dunkcln iiber densclben Urnweg zum Startbercich, wird dort hochgchoben und wiedcr abgc- setzt. Nach Einschalten der Lampc L(90) und Enipfang dcr Fliege tritt dic Spinnc den Hcim- kurs an (Versuch 57).

Die Mittelrichtung (weificr Pfeil) der Heimkurse (we& Kreise) bctrsgt 0 = -47O (Vcrsuch 57). Nachfolgend wird wieder wie i n Versuch 56 vcr- f d ' ircn usw.

Die Mittelrichtung des Versuchs 57 stimmt gut niit derjenigen eines h i -

lich eingerichtcten Versuchs von MOLLER (1967) iiberein, der sie als Kompro- miflriclitung zwischen dem azimutgerechten Kurs in bezug auf die Lanipe L(90) eincrseits und dem aziinutgerechten Lichtkurs in bezug auf die Lampe L(18O) - dem Wartenengramm - andererseits gedeutet hat. Diesc Deutung ist insofcrn nicht schliissig, als die Orientierung nach optischcn Engrammen aus vorangcgangenen Auslfufen keineswegs init der Orientierung auf Heimkurscn, die sich an im Hdleii vollzogene Hinkurse aiischlieflen, gleichzusetzen ist, son- dcrn crst noch durch weiterc Versuche ZLI kliiren ware. So konnten optische Wcgengramnie aus fruheren Laufen niit zunehmender Speicherzeit abklingen, so daf3 die Oricntierungsgena~iigkeit abnimmt, oder Grundorientierungsciii- fliisse koiinten entscheidend am Zustandekommen der Richtungseinstelliingen bcteiligt sein. Um die fur den eindeutigen Riickschlufl auf den Einflufl der War ten bcl i ch t 11 n g no ti gen Kon t r 0113 u f e z LI be koin men, w i r d das let z tgcn an n te Versuchsprogramin noch einmal abgewickclt; es unterscheidet sich jedoch von ihni durch den Wegfall der Wartenbelichtung (Versuche 58-59; Abb. 5, links L l l l ten).

In1 Versuch 59 - ohne Wartenbelichtung - ist der Streuungswert hoch- signifikant gcringer als in1 Vcrsuch 57 - init Wartenbelichtung. Beide Ver- tcilungen crweisen sich auf dem 1 %-Signifikanzniveau als verschieden (Sniir- nov-Watson-U2--Tcst). Mit diesem Unterschied i n den Orieiitierungsleistungen ist der Einflufi der Wartenbelichtung auf die Bestimmung des Heimkurses ge- sichert nachgewiesen. Da die durch Wartenbelichtung induzierte Wartenab- weichung i n Richtung der negativen Phototaxis tendiert, die hier zugleich etwa die Richtung ist, die die Spiune einschlagcn iiiiiflte, wcnn sie sich bei leuchtcnder Lampe L(90) aziniutgcrecht nach der i n der Warte gelernten Lampenposition L( 180) orientieren wurde, 15flt sich nicht entscheiden, ob die Wartenabweichung auf eincm Koniproniifi zwischen dem optischen Wegengramm des vorange- gangenen Auslaufes und einem Wartencngramm als Grundorientierurigscinfluf3 oder auf cinem Komproniifl zwischen dem Wegengramm und einem Warten- cngrainm im Sinne der photomcnotaktisch richtigen Fixierstelle beruht.

Versuche 60-63 (Abb. 5 , rechtc Seite): Es handelt sich um die Wiedcr- holung der Versuchsprogramme 56-59 an Hauptaugen-geblendeteii Spinncn. - Die Tiere schlagen den zur Warte fuhrenden Lichtkurs ohne nennenswerte

Versuche J6-J7 (Abb. 5, links obcn):

%. T i r r p y c h o l . B d . 3R. I-left 2 9

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130 KLAUS DORNFELDT

(1 rnin)

Spinnen

Abb. 6 : Orientierung nach Wartenbelichtung mit der Lampe L(180). Laufsequenz dieser Ver- suchsreihen: Lauf n i (nicht dargestellt): Auf dem Hin- und Heimweg leuchtet L(90) mit der Intensitat von 100 Ix. Lauf n.1 (schwarzer Punkt): Die Spinne sieht auf dem Heimweg L(90), nachdem sie im Dunkeln zum Startbereich gelangt und dort hochgehoben worden ist. Lauf n3 (weii3er Kreis) erfolgt naeh Wartenbelichtung von 1 min Dauer (obere Diagramme) und von 5 min Dauer (unrere Diagramme) mit der Lampe L(180) (Beleuchrungssrarke: 800 Ix), sonst aber unter den gleichen Bedingungen wie der Lauf n2. Sodann wiederholc sich der Versuchs- ablauf mit der gleichen Laufsequenz nl, n2, ng usw. - Diese Versuche werden mit ungeblende- ten Spinnen (linke Diagramme) und mit Spinnen, dcnen die Hauptaugen ladtiert worden sind

(rechte Diagramme). durchgefuhrt

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Ucdcutung dcr Haupr- und Ncbcnnugen fur die photonicnotaktische Orienticrung 131

Beleuc htungsstarke Belichtungsdauer

ungeblendete Spinnen

Hauptaugen -geblendete Spinnen

liichtutigsabweid7utigcn iiiit auffallender PrEzision cin. Es ist dabci glcich- gultig, ob dic Versuchstiere im Hellcn oder i m Dunkeln zum Startbcrcich gelockt worden sind, uiid es ist gleichgultig, ob die Spinnen von der Warte aus cine Lampe seheti konnten oder nicht. Die Hauptaugen sind also f u r die Bil- dung von Wartenetigraintiieti bei den gepruftcn Bclichtungszeiten notwcndig.

Versuclw 64-72 (Abb. 6): Diesc Versuche zielen darauf ab, die Einfliissc dcr Wartcnbelichtung von groflerer Intensitat (800 Ix) bei der Belichtungs- daucr von 1 niin (obere Hilfte) uiid 5 iiiin (untere Hdf t e ) fur ungeblcndetc Spinnen (linke Halfte) sowie fiir Hauptaugeii-geblendete Spinnen (rechte Hiilftc) festzustellen. (Innerhalb dersclbcn Laufsequenz folgen auf die Kon- trollcn ohnc Wartenbelichtung sogleich die Laufe nach Wartcnbelichtung.)

Haben die Tiere - in der Warte lauernd - uiiniittelbar vor dcm Aus- lauf L(180) fixiert, so weicht dcr Mittelkurs stiirkcr von der Wartenrichtung ab, als wcnn vorher keine Wartcnbclichtung stattgcfundcn hat. Dicsc Fest- stcllung 13Rt sich auf dein ~ ~ - S i g n i f i k a n z t i i v e ~ i ~ absichern (WWF-Test: P < 5 %; Stiiirnov-Watson-U'-Test: P < 5 %). Die Abweichungstciidcnz ist urn so stirker ausgcprigt, jc linger die Lampe gebrannt hat (WWF-Test: P < O,1 %; Smirnov-Watson-U"-Test: P < 0,5 %).

Wieder wcichen die Spinncn nach Ausschaltung der Hauptaugen kautn von dcr Wartcnrichtung ab. Das iiiacht dcn Schlufi schr wahrscheinlich, dat3 das scnsorischc System der Hauptaugen fiir die Induktion der Wartenabwci- chung untcr dcii gegcbcnen Versuchsbedinguiigen unentbehrlich ist.

In Tab. 6 sind die Parameter der wichtigsten Verteilungen aus den Ver- suchcn 56-7 1, dic untcr dem Einflul3 des Wartenciigraiiitiies stehen, zit- sam nie t i ges t el 1 t .

Versuch Versuch Versuch 100 Ix 800 l x 800 l x

1 rnin 1 min 5 rnin 0 = -670 65 n = -280 67 n = -530

D = 2 0 0 = - 6 0 7 1 0 = - 70 59 = 100 69 s = 1 6 O s = 180

s 380 s = 250 s = 31° 57

Ob die linter den Versuchsbcdingitngen auftrctenden Wartenabweichun- g e t i a u f ve r5 ti de r t e G r u t i do r i e ti tic r i i t i g sei n fl u sse ode r au f die A us f u h r u ti g ci ties weiteren photoniciiotaktischen Orientierungskommandos zuriickzufiihren sind, Iiflt sich ails dcn oben geschildertcn Versuchen nicht ableiten. Die folgenden Vcrsuchc 72-74 indessen crmoglichen eine Antwort auf dicse Frage. Sie wer- den im Prinzip so durchgcfiihrt, dat3 die Bildutig optischer Wegengraininc iinterbunden wird und optische Wartenengramme als einzige optischc En- grammc verfiigbar sind.

Versucbc 72-74 (Abb. 7) : In dcr Wartc lauernd, fixiert das Versuchsticr 5 min lnng dic Lampe L(X), und zwar in Verwch 72 (Abb. 7, obcn) die Lampc L(O), die sich in der Medio- sagittalen des hinteren Sehbereiches der in dcr Wartc lauerndcn, rnit dcm Vorderpol zur Netz- mitte ausgerichrcten Spinne abbilder, in Versuch 73 (Abb. 7, Mitte) die Lampe L(90), die von dcr Warre L ~ U S unter cincm scitlichen Blidtwinkel zu schcn ist, und in Versuch 74 (Abb.7, unten) die Lampe L(135), die sich im Sehbereich ,,schriig vorn" abbildet. AnschlicRend wird es in1 Dunke ln zur Netzmitte gelockt, dort hochgehoben und nach dem Absetzen a m selben O r t bclohnt.

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132 KLAUS DORNFELDT

/ / * Abb. 7: Grundorientierung ge- geniiber einer Lampe (schwar- zer Kreis) nach Wartenbelich- tung (5 min). Bei dcr in der Warte lauernden Spinne lag die Fixierstclle hinten (oberes Dia- gramm), seitlich (mittleres Dia- gramm) und schrag vorn (unte- res Diagramm). Sodann lief die Spinne im Dunkeln zur Netz- mitte, w o sie hochgehoben und

belohnt wurde

Gleich wo sich die Fixierstelle wahrend der Wartenbelichtung befun- den hat, niemals halten die Spinnen den Meno- taxiswinkel zur Lampe ein, der sie geradenwegs zur Warte leiten wurde, falls die Lampe die gleiche Stellung wie die von der Warte aus fixierte Lanipe gehabt hatte. Denn die photomenotaktischen Soll- richtungen liegen fur L(O), L(90), L(135) bei Oo, 90' bzw. 135' in bezug auf die Azimutalrichtung der auf dem Heiniweg leuch- tenden Lampe (schwarzes

Lampensymbol in Abb. 7). Die Heimkurse sind in allen drei Versuchen grund- orientiert, und zwar dominiert die negative Phototaxis. Beriicksichtigt man noch, dafi ein und dieselbe Spinne die Lanipe L(X) mehrmals hintereinander in der gleichen Position 5 min lang fixiert hat und somit insgesamt Licht- eindrucke uber wesentlich langere Zeiten (bis uber 'in Std.) empfangen hat, so erscheint folgende Feststellung bereits hinreichend bewiesen: Die Trichter- spinne vermag kein photomenotaktisches Wartencngranim zu bilden.

O b diese Feststellung auch gilt, wenn der Netzkontakt nicht unterbrochen wird, diese Frage sol1 mit folgenden Versuchen beantwortet werden.

Versuche 75-76: Bevor die Spinne im Dunkeln einen geraden Hinweg zum Startbereich zuriicklegt, leuchtet jeweils 1 min die Lampe L(135). Wiihrend des Heimkurses brennt dic Lampe L(-135) (Versuch 75). Die Parameter der Richtungsverteilung lauten: p = 15', s = 19O (n = 51). In der zweiten Laufserie erblicken die Spinnen von der Warte aus keine Lampe; im iibrigen wird wie im vorangehenden Versuch verfahren (Versuch 76). Als Ver- teilungsparameter ergeben sich: p = 14', s = 16O (n = 67).

Weder die Mittelrichtungen noch die Streuungswerte lassen sich statistisch voneinander absichern (WWF-Test: P > 5 %; W-Test: P > 5 %). Einc Ein- flufinahme des Wartenengrammes ist auch unter diesen Bedingungcn nicht nachweisbar. Ferner sei darauf hingewiesen, dafi die Wartenabweichungen nach Wegfall von optischen Hinweginformationen hochsignifikant hohcr aus- fallen als nach einem Hinkurs im Hellen (WWF-Test: P < 0,l %).

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Bedeutung der Haupt- und Nebenaugen fur die photonienotnktischc Orientierung 133

Es blcibt zu erortern, wie sich das Wartenengramm nach einem Hinkurs im Hellen auswirkt. Wie die ganz im Hellen vollzogenen Ausliiufe aus dem Versuchsprogramni von Abb. 5 beweisen, sind die geringen mittleren Warten- abweichungcn itnabhiingig davon, ob die Spinne voti der Warte aus eine Lampe niit den Hauptaugen sehen konnte oder nicht (Versuche 56, 58, 60, 62).

Zusammenfassend liiflt sich feststellen, gewinnt die Spinne auf ihrem Hinkurs optischc Informationen iiber die Lichtquelle, so spielt das Warten- cngramm bei der Ausfiihrung des Heimkurses keine merkliche Rollc. Infolge von Lichtentzug wiihrend dcs Hinkurses kann das Wartenengramni als Ver- stsrkung dcr negativen Phototaxis nachweisbaren Einflufl auf die Ausfiihrung des He i i n k i t rses ge w i ti n e t i . E i t i War tenen gra i n i n i i n Sin lie de r p h otome t i o t ak- tisch richtigcn Kursrichtung vermag die Trichterspinne entgcgen der fruher gciiuflerten Auffassung (GORNER 1958; MOLLER 1967) nicht zu bilden.

7. Das Zusammenwirken der Haupt- und Nebenaugen bei der Richtungsorientierung nach einer umgeschalteten Lampe

O r tho p teren u nd Walzenspi ti t i en kon t i en au f eine best i in i n te A tide rung dcr LichtstSrltc hin ihre Lichtkurswinkel verkleinern oder vergroflern. Bei Orthopteren beruht diese als Proportionalwechsel bezeichnete Erscheinung auf dem Ein-, nus- und Umschalten des photoinhibitorischen Systems, das itn System der tiach dcm Prinzip der phototaktischen Gegenkopplung miteinander vcrschdtetcn Komplexaugen wid Ocellen enthalten ist (JANDERund BARRY 1968). Uei Walzcnspinncn scheinen allein die Nebenaugen den Proportionalwechsel zit bewcrkstclligen. Mit ihren Haupt- und Nebenaugen verfiigen die Walzen- spinnen offcnbar iiber ein System, das in ahnlicher Weise wie das Ocellen- Komplexaugcti-Systetii der Orthopteren arbeitct (LINSENMAIR 1968). - Es ist Anliegeti der folgenden Versuche, die Wirkungszusatnmenhiitige zwischen den Haupt- und Nebenaugen durch eine Analyse der Orientierungsreaktionen der Trichterspinne gegenuber Positions- und Helligkeitssprungen der Lichtquelle Z U kliircn. Der analytisclie Weg ist das Vergleichen der niittleren Wartenab- wcichungen, die bci verschiedcncn Lichtintensitiiten der Lampe an vcrschieden scbl e t i de ten S pi t i n en c r i n i t t el t w o r den si nd .

Schon MOLLER (1970) hat auf diesetn Wege die Frage tiach der Intensi- t :i t sab h an gig k ei t de r d i t r ch Uni scha 1 ten bed i n g t en War ten a b w eichu n g au f ge- griffen und verneint, weil sich die Wartenabweichungcn nach Intensitiits- spriingen von 10 : 100 Ix nicht signifikant von denen nach Umschalten ohne Intensitiitswechsel unterschciden. Dem ist entgegenzuhalten, der Intensitiits- sprung um eine Groflenordnung ist noch zu gering, als dafl die durch ihn aus- gelosten Reaktionen eine schliissige Erkenntnis iiber die 1titetisit6tsbewertutig innerhalb des gesamten Arbeitsbereiches der Augen zulieflen. In einer Serie cigener Versuche werden daher hohe (800 Ix), niittlere (100 Ix) und schwache (20 Is) Tntensit2tcn, die beim Unischalten keine Veriinderung erfahren, ver- wendct. In ciner zweitcn Vcrsuchsserie wird zugleich mit der Lampenposition die Intensitst (von 800 auf 2 2 Ix bzw. von 22 Ix auf 800 Is) veriindert.

7.1 Orientierung nach Umschalten einer Lampe von gleidibleibender Intensitzt

Versuche 77-93: Die Spinnc l a u f t zweinial heraus; L(X) ist eingeschaltct (Kontrollen). Sodann wird sic bei L(X) zur Netzniittc (Startbereich) gelodct; dort wird auf L(X+90) utn- geschaltet. Nach zwci KontrollauslYufen bei L(X+90) wird auf L(X) umgeschaltet usw. (aus-

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134 KLAUS DORNFELDT

Tub. 7: Orientierung nach einer umgeschalteten Lampe von gleichbleibender Intensicat

lersuc h

77 78 79

80 81

82 83

84 85 86

87

88 89

90 91

92 93

Lichtstarke

20 l x 20 l x 20 l x

100 L x 100 l x

800 l x 800 l x

20 l x 20 L x 20 L x

100 L x

800 Lx 800 Lx

20 l x 20 l x

800 L x 800 l x

Blenduna

keine keine keine

keine keine keine keine

Hauptaugen Hauptaugen Hauptaugen Hau pt augen

Hauptaugen Hauptaugen

Nebenaugen Nebenaugen

Ne be naugen Nebenaugen

dittelr ichtung 0 = 450 0 = 46O 0 = -500

0 = 48O 0 = -450

0 = 67O 0 = -64O

0 = 4 8 O 0 = 430 0 = -420

0 = 410

0 = 6 2 O 0 = - 6 8 O

0 = 38O 0 = -390 D = 71O 0 = - 6 1 O

jtreuung (Anzahl) D

s = 28' ( 80) - 15' s = 26' ( 88) - Lo s = 25' (100) -13O

s = 27O ( 86) 0' s = 23' ( 45) - 6'

s = 26' ( 54) + 1 I o s = 28' ( 56) +1Io

s = 33' ( 68) s = 27' ( 71) s = 25' ( 70)

s = 26O (104)

s = 32' ( 32) s = 24O ( 32)

s = 38' ( 51) 5 = 330 ( 59) 5 = 29' ( 4 5 ) s = 26' ( 49)

genommen: Versuch 87). - Reizrichtungen und Reizstarken sowie die gefundenen Mittel- richtungen und Srreuungen dcr Verteilungen sind aus Tab. 7 ersichtlich. In Spalte D sind dort die Betrage der Richtungsdifferenzcn zwischen den eigenen Versuchsergebnisscn und den Werten, die MOLLER (1970) bei den gleichcn Lampenazimuten und bei gleicher Lampenhelligkeit (100 Ix) eingetragen sowic bei 10' geringerem Hohenwinkel ermittelt hat.

Wie aus der Tab. 7 (Spalte D ) hervorgeht, sind die Mittelrichtungsbetrage in allen drei, bei 20 lx durchgefuhrten Umschaltversuchen mehr oder weniger auffallend geringer ausgefallen als die von MOLLER bei 100 lx ermittelten Ver- gleichswerte, wahrend die bei hohen Intensitaten gewonnenen Betrage die Ver- gleichswerte deutlich ubertreffen. Die Mittelrichtungen der ungeblendeten Tiere lassen sich gegen die von MOLLER (I. c.) postulierten theoretischen Heimkehr- richtungen oder sog. ,,Kompromii3-Sollrichtungen" von k 55' (schwach) signi- fikant absichern (Test nach STEPHENS: P < 5 %, P < 1%). Es ist daher der Schlui3 nicht zu umgehen, dai3 die mittlere Wartenabweichung ihrem Betrage nach mit der Intensitat der verlagerten Lichtquelle wachst.

MOLLER (1. c.) erklart die Richtungsabhangigkeit des Heimkurses durch Einwirken der Phototaxiskoinponenten auf die Kompromii3-Sollrichtung. In- folgedessen kommen drei Erklarungsmoglichkeiten fur die oben genannten eigenen Befunde in Betracht. 1) Es konnen sich bei gleichbleibender Lage der Kompromifl-Sollrichtung das Starkeverhdtnis der Phototaxiskomponenten und mithin die Amplituden der Abweichungen verandern. 2) Umgekehrt konn- ten sich die Kompromifl-Sollrichtungen verlagern, wahrend die phototaxis- bedingten Richtungsabweichungen den gleichen Kurvenverlauf nehnien. 3) So- wohl die Kompromii3-Sollrichtung als auch die systematischen Abweichungen in bezug auf diese konnten sich mit der Intensitat verandern.

D a die Daten des genannten Verfassers fur die Azimute L(O), L(90) keine nennenswerten Abweichungen von den Komprond-Sollrichtungen verzeich- nen, sprechen die Umschaltversuchsergebnisse bei hohen Intensitaten fur die Veranderung der Kompromii3-Sollrichtung infolge veranderter Intensitaten. Ob indes auch die systematischen Abweichungen von diesen Sollrichtungen intensitstsabhangig moduliert werden, laat sich nicht sicher beurteilen. Von

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Uedeutung der Haupt- und Nebenaugen fur die photonlenotaktische Orientierung 135

dcr Hypothesc MOLLERS ausgchcnd, scheint es aber begriindet zu sein, wegen der Ubereinstimmung der Grundorientierungsverteilungen (s. Abb. 4) bei 20 und 100 Ix auch das Gleichbleiben der fur das Zustandekominen der systema- tischen Abweichungen niaflgeblichen StorgroDen anzunehmen. Damit steht in Einkla!ig, daD auch die Richtiingseiiistellungen der Kontrollaufe, die dem Ein- flut3 dicser StorgroDen gemst3 der oben erw'Eihnten Hypothese in gleichem Ma& wie die Unischaltliufe ausgcsetzt sind, keine Intensitatsabhhgigkcit er- kennen lasscn. Die Richtungsabhsngigkeit auDert sich nur in den Orientic- rungsreaktionen gegcniiber dcni Faktorenkoniplcx der Lampenversetzung, bci dcm cs sich uni eine biologisch irrelevante Stiirung handeln diirfte.

Bei den ungeblendeten Spinnen bilden die Laufrichtungen nach Umschal- tcn von L(30) auf L(12O) und von L(0) auf L(90) Verteilungen, die mit der

Lpoo

A

0. I '\ - / I

/. , t

B

Abb. 8: Richtungsorientierung nach Wechsel der Position cincr scarken Lampe (800 Ix) von L(0) auf L(90) (Krcise) und von L(90) auf L(0) (Punkte) fur ungeblendete Spinnen (Diagramm A), Spinnen ohne Hauptaugen (Diagramm B) und Spinncn ohnc Nebcnaugen (Diagramm C)

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136 KLAUS DORNFELDT

Umsc haltung 120 / 30 90 / 0 - 4 5 / 45 0 /90 30 / 120 90 I 1 8 0 Lichtstarke 20 l x 800 l x 20 l x 800 l x 20 l x 100 Lx Richtungsdifferenz -8,l' + 3,8' + 2,6' -&,go - 3,4' - 7,3' Drehtendenz zur Lichtquelle + - - - - - -

Hypothese der zirkularen Normalverteilung vertraglich sind (+Anpassungs- test: k = 8, P > 5 %), wahrend das Umschalten in der Gegenrichtung Ver- teilungen nach sich zieht, die sich nicht zirkularen Normalverteilungen an- passen lassen (X?-Anpassungstest: k = 8, P < 2,5 %, P < 5 %). Bei Lanipen- wechsel auf die niedrigen Azimute L(30) und L(0) wirkt sich, so mui3 man fol ern, ein Faktorenkomplex in sehr ahnlicher Weise aus; bei Lampenwechsel au B die hoheren Azimute L(12O) und L(90) scheint dieser Komplex wirkungs- 10s zu sein. Da sich fur die Lampenwechsel zwischen L(30) und L(12O) spiegel- bildlich gleiche Fixierstellen in bezug auf die Rumpfmediane der auf den1 mittleren Heimkurs befindlichen Spinne ergeben, kann dieser Komplex nicht mit Grundorientierungseinflussen der umgeschalteten Lichtquelle zu t u n haben. Spekulationen iiber seine Natur scheinen mir verfruht zu sein.

Weder die parametrische (WWF-Test: P > 5 %) noch die nichtparame- trische Vergleichsprufung (Smirnov-Watson-Uz-Test: P > 5 %) decken irgend- welche signifikanten Unterschiede auf zwischen den Verteilungen der unge- blendeten Spinnen und denen der Spinnen, die nur mit einem der beiden Augen- typen sehen konnen. Allein die Mittelrichtung von Versuch 79 ist gegen die Mittelrichtung von Versuch 91 schwach signifikant abzusichern (WWF-Test: P < 5 %). Mit dem nichtparainetrischen Test (Smirnov-Watson-U?-Test: P < 5 %) stellt man einen schwach signifikanten Unterschied zwischen der Ver- teilung der ungeblendeten Spinnen (Versuch 79) und derjenigen der Neben- augen-geblendeten Spinnen (Versuch 91) fest. - Die Ausschaltung eines der beiden Augentypen (Haupt- oder Nebenaugen) beeintrachtigt die photoineno- taktischen Orientierungsleistungen nicht wesentlich. Die Auffassung JANDERS (1965), die Nebenaugen von Agefena hatten nur Hilfsfunktionen bei der opti- schen Grundorientierung, ist damit endgultig widerlegt.

Es sei ferner darauf hingewiesen, dai3 sich der Sehbereich der Hauptaugen (s. Abb. 1) bis etwa 120' zu beiden Seiten in bezug auf die Runipfinediane erstreckt, so dai3 die Versuchstiere ohne Nebenaugen auf dem Hinweg Zuni Startbereich nicht in der Lage gewesen sind, optische Informationen uber die Lainpenaziinute L(30) und L(0) ZLI empfangen. Dennoch fallen die Orientie- rungsleistungen Linter diesen Versuchsbedingungen nicht aus dem durch die anderen Befunde vorgegebenen Rahmen, wenn inan von den erwahnten Unterschieden in den Verteilungen absieht, die sich vielleicht aus den grund- verschiedenen Reizeingangen uber die Hauptaugen wahrend des Hinweges erklaren. Unter den genannten Azimuten niussen also Heimwegengramme aus vorangehenden Kontrollauslaufen verwendet werden. Wie der statistische Test belegt, sind die Bedingungen der Kurssteuerung nach Unterbrechung der opti- schen Reizfolge bei den Spinnen ohne Nebenaugen nicht ohne weiteres mit denen nach kontinuierlicher Reizung bei den ungeblendeten und den Haupt- augen-geblendeten Spinnen gleichzusetzen. Um dem Einwand der Verschieden- artigkeit der Reizeingange zu entgehen, erscheint die Beschrankung auf den Vergleich zwischen den Orientierungshandlungen der ungeblendeten Spinnen und denen der Spinnen ohne Hauptaugen, also der Versuchstiere, bei denen die Sicht auf die Lampe rund um die Hochachse init Hilfe der Nebenaugen ge-

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Bedeutung dcr Haupt- und Nebenaugen f u r die photonienotaktische Orientierung 137

wiihrleistct ist, sinnvoll zu sein. Zu diescm Zweck werden in Tab. 8 die Diffe- rcnzcn zwischcn den Mittclrichtungen der ungebleiideten Spinncn und dcn- jcnigen der Spinnen ohne Hauptaugen, die sich bei den sechs in der vorlicgcn- deli Arbeit vollzogeneii Aziinutwechseln ergebcn habcn, zusainiiicngestcllt. Dicse Diffcrenzen tragen das negative (positive) Vorzeichen, wain sich durch die Blendung dcr Hauptaugeii die Betriige der mittleren Wartenabweichungeri vcrkleinern (vergroflern). Zusatzlich wird die Zunahme (Abnahme) des Licht- winkels in bczug auf die Kumpfmediane der heimkehrenden Spinrie ncgativ (posit iv) ver me r k t .

Obschon sich nur eiue der Kichtungsdiffereiizen, niimlich fur die bei deiii Lampenwechsel L(90) + L(I SO) gewonnencn Befunde, statistisch - und zwar sehr gut (WWF-Test: P < O,1 %) - absichern Ifflt, verdienen auch die ande- ren Richtungsdifferenzen i n . E. in einem Intcrpretationsversuch der Fuiiktion dcr Haupt- und Nebenaugen gewisse Beachtung als systematische Abweichun- gen. Wic ails der Tab. 8 hervorgeht, sind in zwei der insgesaint sechs Vcrglcichc die Wartenabweichungeii ihrein Bctr'ige nach bei den Spinnen ohne Haupt- augcn grijfler ausgefallen als bei den ungeblendeten Tieren; damit schcidct dic Erklfrungsmoglichkeit mit Wahrscheinlichkeit aus, dafl die Reizeing3ngc uber die Hauptaugen einerscits uiid die Keizeingiingc iibcr die Nebenaugen andcrcr- seits Drehtcndcnzcn induzieren, die sich bci dcn Normaltieren additiv super- ponieren.

Sicht inan voii dem crsten Wert in Tab. 8 ab, so iiuflert sich der Vcrlust der Hauptaugen in der Zunahiiie dcr Tendenz, die umgeschaltetc Lichtquellc zii niciden. Die an Spinncn ohnc Hauptaugen gewonnene Grundorienticrungs- vcrteilung (Abb. 4) zeigt demgegcnuber eine starke Richtungspriifercnz zur Lichtquelle auf. Sie hflt sich also entgegen der Erwartung nicht schematisch ziir Erkliirung der vcriinderten Mittelrichtungeii bei den Spinnen ohne Haupt- augen heranziehcn.

Blocliicrt man die Eiiigiinge des visuellen Systcms bis auf das rechte mediane Ncbenauge (Versuche 94 und 95, Abb. 9), so weichen die Spinnen cbenso geringfiigig von der Wartenrichtung ab, wie wenn alle Augen aufler deni rechten Hauptauge geblendet worden sind (Versuche 96 und 97, Abb. 9). Die Mittelrichtungcn folgcn dem Drehsinn der Lampenuinschaltung; sie unter- scheiden sich fur die al ternativen Lampenwechsel hochsignifikant voneinander (WWF-Test: P < 0,l %). Wenngleich dainit eine geringfugige Bewertung der Lampe als photoiiieiiotaktischer Reiz nachgewiescn ist, so lit3t sich doch fest- stcllen, dafl der Orientieruiigsiiiechaiiismus dcr Photomenotaxis weitgehend ausfdlt , wenn iiur noch cin Auge zur Perzeption der Lainpe zur Verfiigung steht. In dein Folgendeii werden daher aufler den symmetrischen Blendungs- typcn, die ciitweder durch Ausschalten der Hauptaugen oder durch Blenden der Nebenaugen cntstehen, keine weiteren Blendungstypen fur die Experi- men te ver wende t .

. .

7.2 Orientierung nnch Stellungs- und Helligkeitswechsel der Lampe

Vcrsuc/x~ 98-109: Die Versuchsmethode gleicht der der Versuche 77-93. Das L.icht eincr dcr beiden als Reizgeber dienendcn Projektorlampen ist jedoch durch Vorsetzen von Ncutrnlglisern (in Tab. 9 durch Untcrstreichung gekennzeichnet) auf 22 Ix (33 sb) abgeschwicht; wihrcnd die andere Projektorlampe in unverminderter Intensitit (800 Ix ; 11 80 sb) leuchtet. Die Positionen der Lanipen L(X)-tL(X+90) bzw. L(X)+L(X+90) werden alternierend ge- tauscht (Tab. 9, Abb. 10).

Dcr paarweisc Vcrgleich der in Tab. 9 zusammengestellten, fiir die glei- chen Lampenazimutc sich crgcbcndcn Mittelrichtungen zeigt, dafl die Mittel-

~- ~

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138 KLAUS DORNPELDT

. .

Vers. 94 00 0 . .

0 0

frei I 4200

1 oo

Abb. 9: Richtungsorienticrung nach Positionswechsel einer schwachen Lampe (20 lx) yon L(30) auf L(120) (Kreise) und umgekehrt (Punkte)

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Bedcutung dcr Hnupt- und Ncbennugcn fur die photonienotaktische Oricnticrung 139

Versuch

98 99

I00 101

102 103

IOL 105

106 107

108 109

Tab. 9: Orienticrung nnch Positions- und Inrensitiitssprungcn

Blendung

keine keine

keine keine

Hau pt auge n Hauptaugen

Hauptaugen Hauptaugen

Nebenaugen Nebenaugen

Nebenaugen Nebenaugen

Umschaltung Mittelr ichtunp

0 = 43.50

0 = -41,20

0 = 66,s'

0 = -61,5O

0 = 39,OO 0 = 59,6O

0 -L1,80

0 = 18,OO

0 = -65,8O

0 = L7,2O

0 = -245' 0 = -53.1

St reuung

s = 29O s = 26'

s = 3.40 s = 32'

s = 330 s = 27O s = 340 s = 30'

s = 32' s = 31'

s = 29' s = 32"

Anzahl

n = 51 n = LO

n = GO n = 45

n = 33 n = L1

n = 39 n = 35

n = LO n = 31

n = 46 n = 34

richtungsbetriige nicht weniger als 20' und nicht niehr als 29' - und damit nichr oder weniger statistisch absicherbar (WWF-Test) - groi3er ausfallen, wenn die schwachc Latnpe durch die helle Latiipe ausgetauscht, als wenn um- gckehrt von der hellen Lampe auf die schwache Lampe gewechselt wird.

Diese Befunde beweisen ebenso wie die bei glcichen Lampenintensitaten geworinenen Versuchsergebnisse von 7.1, dat3 die mittleren Wartenabweichun- gen nach Lampenverlageruiig von der Lichtintensitiit der auf detn Heimweg brennenden Latnpe abhiitigig sind. Die gegenteilige Auffassung voti MOLLER (1970) ist sotnit zit korrigieren.

Nicht nur bei den ungeblendeten Spinlien, sondern auch bei den beiden ii b r igcn B I e t i du t i gs type ti n i in m t die in i t t 1 ere Wart e nabw eich uti g m it d er Lich t- intensitat zit. Wiihrend bei den Normaltieren und den Spitinen ohne Haupt- augcn nach Vertauschung der schwachen niit der hellen Lampe Wartenabwei- chungsbetriige konstatiert werden, die fast an die Werte heranreichen, die nach Lampenwechscl bei gleichbleibend hoher Intensitiit zu verzeichnen sind, schla- gen die Spinnen ohne Nebenaugen Mittelrichtungen ein, dereti Betriige deut- lich hinter den tiach Umschalten ohne Intensitiitswechsel erinittelten Werten zuruckbleibcn (Versuche 92/107: WWF-Test: P < 0,l %; Versuche 93/109: WWF-Test: P < 5 %). Die Tiere dieses Blendungstyps wahlen bei Licht- sprungen von der hohen zur niedrigen Intensitiit hochsigiiifikant hzufiger ($ Test: P < 0,l %) Laufrichtungen, die kaum (I 117,51') von der Warten- richtung abweichen, als die Tiere aus den beiden iibrigen Gruppen. Sie ver- halten sich in dieser Hinsicht auch vollig anders als in den Versuchen ohne Tntensitiitswechsel.

Das sensorische System der Hauptaugen allein, so mui3 man folgern, be- fiihigt die Tiere nicht tnehr in jedeiii Falle, die plotzlich abgeschwiichte Lampe als optische Orietitierutigsmarke zu betiutzen (Versuche 106 und 108). Ange- sichts der obcn erwiihnten Orientierungsleistungen katin es kaum Zweifel dar- uber geben, dat3 die Ursache fur den teilweisen Ausfall der optischen Orien- tierungsreaktionen darin liegt, dat3 die Hauptaugen tnehr Zeit benotigen, uin sich an die schwache Intensitiit zu adaptieren, als i n der kurzen Zeitspanne z w ische t i La tiipe t i w ech se 1 i t t i d Au s t r i t t des Riick-S ta r ts ve rs t r eich t . Na t u r 1 ich ist mit nicht adaptierten Augeii keine Identifizierung oder Lokalisierung der Lichtquelle und infolgedessen auch keine Richtungsorientierung gegeniiber der Lichtquelle inehr tiioglich. - Wo sich der physiologische O r t der Adaptation

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I 00, 0a1

0

09 I

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13edeutung der Haupt- und Nebenaugen fur die photonienotaktische Orientierung 141

Hauptaugen utid Nebenaugen hinsichtlich dcr Anpassung der Lichtempfindlich- keit der Augen an die jeweilige Beleuchtung.

7.3 Leuchtdichteschwellen fur die Richtungsorientierung nach einer Lichtquelle

Wahrend die Literatur eine Fulle von Daten uber die Sonnenorientierung von Arthropoden enthalt, sind Angaben uber die Empfindlichkeitsschwellen fur richtende Auflenreize, die beispielsweise fur die Orientierung nach Him- nielsniarken wahrend der Nacht von Bedeutung sind, sparlich. Ferner sind Kenntnisse uber das Verhalten des infortnationsverarbeitenden Systems inner- halb des Grenzbereichcs seiner Leistungsfzhigkeit fiir die Analyse des Systems sel bs t w ich t i g . Uin die Leuch td ich t esch w el len de r Rich t u t i g so r ie t i t i e r u t i g n ach einer Lichtquelle zu bestininien, wird i n den folgenden Versuchen die Methode der Lampenversetzung crneut angewendet.

Versuche / /0-1/7: Neutralgliiser schwiichen die Intensitsten der beiden Projektor- lampen in gleichem Mane ab, bis die Spinnen, die sich zuvor nach L(-90) orientiert haben, das Versetzen der Lampen aus der Position L(-90) in die Position L(0) im Mittel nicht mehr mit einer deutlichcn Wartenabweichung beantworten. (Das f u r Arthropoden wenig reizwirksanie Rotlicht ist dernia8en reduziert worden, dnfi es fur die Registrierung gerade noch ausreicht. Dies erfullt den Zweck, die Dunkeladaptation des Versuchstieres, fur die mindestens 30 min Zeit gelassen worden ist, was sich als ausreichend fur ihre Vollendung erwiesen hat, nicht zu storen.)

Als Schwellenwert ist das geonietrischc Mittel aus der niedrigsten Leucht- dichte, die noch niit einer tnittleren Wartenabweichung in der ublichen Groflen- ordnung beantwortet wird, und der zehnfach tiiedrigeren Lxuchtdichte, bei der ke i n c dera r t ige ti1 it t 1 erc War ten a b w eich u t i g nic h r zu ve r zeich t i e t i is t, a t i ge- gebcn (Abb. 11): Fur die ungeblendeten Spinnen liegt die i n dieser Weise er- tnittelte Orientierungsschwelle bei einer Leuchtdichte von 0,366 . sb (1,15 asb), also u m 4-5 Groflenordnungen unter der des Vollinondes (I 1 sb). Da der Winkeldurchniesser der Lanipe dctn des Vollmondes entspricht, ist es wahr- scheinlidi, daR die Spinnen nachts den Mond als Orientierungsmarke selbst dann benutzen, wenn er nur ganz schwach durch die Wolken scheint.

1st das Sehverinogen der Tiere auf die Nebenaugen beschrankt, so kommt der Schwellenwert detii der ungeblendeten Spinnen gleich. Bleiben utngekehrt ausschliefllich die Hauptaugen frei, so ergibt sich der hundertfach hohere Schwellenwert von 0,352 * 1 OW' sb ( I 11 asb).

Schon BARTELS (1929) hat als unterc Schwelle fur die Richtungsorientie- rung der Trichterspinne unter Verwendung einer relativ groflflachigen Quelle rotlich-gelben Lichtes den ,,ungefEhren" Wert von 1/163 Normalkerzen er- mittelt, dcr einern Wert von 1,43 a cd entspricht, der dem in der vor- liegetiden Arbeit erniittelten Wert recht nahe kotnmt (5,75 * cd). - Die nicdrigere Schwellenlage bei dcn allein niit den Nebenaugen sehenden Tieren lnat sich durch den Besitz eines Tapetutns allein nicht erklaren. Die Neben- augcn teilen zwar die Ausstattung init Tapeten mit den Augen vieler nacht- aktivcr Ticre, so dafl die vergleichende Betrachtungsweise eine hohere Licht- enipfindlichkcit des Systems der Nebenaugen nahelegt. Das Tapetimi ermog- licht jcdoch gunstigstenfalls nur eine Erhohung der Lichtausbeute uin das Doppcltc; dcnn die gel5ufige Auffassung uber die Funktion der Tapeten be- s a g , daR das Licht, das die Schzcllen schon einnial durchsetzt hat, von detn Tapetimi reflektiert wird und dic Sehzellen noch einnial errcgt. Soniit niufl die Erkliirung f u r die unterschiedliche Lichteinpfindlichkeit der Haupt- und Ncbcnaugen cincr eingehendcn Strukturanalyse der Augen (insbesondere der liczcptordichte, dcr Menge des cingelagerten Photopigmentes und der Ver-

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Bedcutung dcr Haupt- und Nebenaugen fur die photomcnotaktischc Orientierung 143

Versuch

schaltungsprinzipien der die optischen Sinnesmeldungen weiterleitenden Neu- rone) vorbchalten bleiben.

Motorische AktiviUt Blendung Mittelrichturg Streuung

7.4 Riclitungsorientierung nach Lampenwechsel am Ende eines gewinkelten Hinkurses

Jede Anderung der Kursrichtung fuhrt zu einer entsprechenden Vcrlage- rung dcs Lanipenbildes auf der Retina. Die von einer rautnfesten Lampe aus- gelosten optischen Sinnesmeldungen sind ausschliefllich Reafferenzcn. Wic GORNER (1958, 1966) dargelegt hat, vermag die Trichterspinne auch von cinem Beuteort, den sie ubcr einen Umweg erreicht hat, i i i i Dunkelti und itn Hellcn auf kurzesteni Wege zur Warte zuruckzukehren. Fur derartige verwickcltc Rc~zfo~gen~ntegrat io~ien ist die Beteiligung hohcrer nervoser Zentren zu for- dcrn. Da dic sensorischen Bahnen, die die Haupt- und Nebenaugen t i i i t dcin Zc~itralncrvcnsyste~ii verbinden, erst getretint durch cine oder nichrere - Ncuropilcmc gcnanntc - Fasermasscn oder Sehzentren laufen, che sie sich vercinigcn (SASIRA-BAUU 1965), war es denkbar, dat3 die von beiden Augen- systemcn aufgenoni~iicneii Lichtreize zu anderen Integrationsresultateii ver- arbcitet werden als die allein uber die Nebenaugcn empfangene optische Reiz-

Dicsc Ubcrlegung ist der Anlafl fur die folgenden Versuche 118-119, in dcnen das Oricntierungsvcrhalten von normalsichtigen Tieren und von Spinncn ohnc Hauptaugen uacli Aufnotigung des in Abb. 12 dargestellten Hin- wcgcs und nach Lanipenwechsel L( t 45) am Ende dieses Hinweges untersucht wordcn ist. Be; dieser Untcrsuchung wird der niotorischen Aktivit3t der Spinne in1 Startbereich in der Zeitspanne zwischcn Lainpenwechsel und Ruck- Start Aufmerksamkeit gewidmet. Diese Beobachtungen werden gem38 den in Tab. 10 aufgefiihrten Gesichtspunkten klassifiziert.

folgc.

118.1

118.2

118.3

119

Tab. 10: Oricnticrung nach Umschaltcn a m Ende eincs Umweges untcr Ueriicksichtigung dcr motorischcn Aktivitat dcr Spinne innerhalb dcs Startbcreiches

Spinne bewegt sich nicht u. keine startet in (1 s

Spinne bewegt sich nicht u. keine startet in 2 1 s nach Umschalten

Spinne bewegt sich im keine Startbereich

nicht unterschieden Hauptaugen

0 = 62,1° n = 75 0 = 69,l"

s = 27,6"

I = 20.7" n = 36 0 = 8430 s = 19,8O n = 101

startet in < 1 s nach Umschalten

startet in 2 1 s nach Urnschalten

Startberelch

Hauptaugen

Hauptaugen

Hauptaugen

0 = 49,8O n = 37

0 = 49,8O n = 19 0 = 80,40 n = 44

s = 21,6"

s = 26,3"

s = 26,l"

Dic gefundcncn Gesamtverteilungcii der ungcblendeten und der teil- lackiertcn Spinnen sind auf den1 1 %-Niveau (+Test, k = 10) signifikant vcrscliicdcn. D a die Strcuungswerte beider Richtutigsvcrteilungen (fur ungc- blcndctc Spitinen: Vcrsuch 11 8: s = 25,l O; fur Spinnen ohne Hauptaugcn:

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144 KLAUS DORNFELDT

Versuch 119: s = 25,6') angenahert iibereinstimmen, folgt, dai3 die Mittel- richtungen beider Verteilungen in signifikantem Mai3e voneinander differieren; und zwar weichen die Versuchstiere im ungeblendeten Zustand gesichert starker von der Wartenrichtung ab als die Tiere, die ihrer Hauptaugen entbehren. Die durch die partielle Blendung hervorgerufene Mittelrichtungsanderung erweist sich als eine starkere Zuwendung zur Lichtquelle; wiihrend bei dem gleichen Lampenwechsel am Ende eines geraden Hinweges eine geringe Abwendung von der Lichtquelle bei den Spinnen ohne Hauptaugen im Vergleich zu den Normaltieren in Erscheinung getreten ist.

Wahrend sich die Gesamtverteilung der Laufrichtungen der ungeblendeten Spinnen (Versuch 11 8) nicht einer normalen Kreisverteilung anpassen liii3t (Xz-Anpassiingstest: k = 16, P < 0,1 %), unterscheidet sich die Gesamtver- teilung der Laufrichtungen der Spinnen ohne Hauptaugen (Versuch 119) stati- stisch nicht von einer zirkuliiren Normalverteilung (+Anpassungstest: k = 10, P > 5 %). Bei beiden Versuchstiergruppen sind die Richtungsverteilungen in jeder der drei Klassen von Tab. 10 mit den Hypothesen zirkularer Normal- verteilungen vertriiglich (X?-Anpassungstest: k = 10, P > 5 %). Diese Fest- stellung erhartet die Auffassung, dai3 die beschriebene Klasseneinteilung min- destens zwei verschiedene Kausalfaktoren voneinander trennt und dai3 haupt- siichlich der Vollzug der Ortsbewegungen im Startbereich die Ursache fur die Zunahme der Wartenabweichungen auf Werte ist, die nur noch um etwa 10' hinter den Sollrichtungen von t- 90' zuruckbleiben (Tab. 10: Klasse 118.3 und 119.3).

Wie der statistische Vergleich der Verteilungen der beiden ersten Klassen- einteilungen mit der Verteilung der dritten Klasseneinteilung offenbart, be- zieht sich der oben erwahnte Unterschied in den Mittelrichtungen der Gesamt- verteilungen von ungeblendeten und Hauptaugen-geblendeten Spinnen allein auf die Heimkurse, vor denen keine motorische Aktivitat notiert worden ist. Der Vergleich der in die ersten beiden Klassen eingeordneten Liufe niacht weiterhin wahrscheinlich, dai3 die nach dein Umschalten bis zuin Start ver- streichende Zeit zwar in Anbetracht der Richtungszunahme von 7' (Versuche 11 8.1 und 11 8.2) als Ursache fur das Groflerwerden der Wartenabweichung nicht vollig auszuschliei3en ist, dai3 jedoch ein etwaiger Einflui3 des Zeitfaktors hinter dem der motorischen Aktivitat deutlich zuruckbleibt.

Wahlt man aus der Gesamtverteilung (Versuch X) der Heimkurse, die nach Lampenwechsel am Ende von geraden Hinwegen registriert worden sind, diejenigen aus, die sich durch ihre Bewegungsvorgeschichte (Vollzug von Be- wegungen im Startbereich) auszeichnen, so e r h d t man die in Tab. 11 mit X.3 bezeichneten Mittelrichtungen.

Die mittlere Wartenabweichung aller in Tab. 11 aufgefuhrten Liiufe, die sich an gerade Hinwege zum Startbereich und Bewegungsablaufe in1 Start- bereich in der Zeit zwischen dem Lampenwechsel und dem Antritt des Heim- laufes anschlieflen, betragt 80' und deckt sich ungefahr mit den Mittelrichtun- gen, die sich fur die Heimkurse nach dem Umweg von Abb. 12 und nach Be- wegungsablaufen im Startbereich ergeben haben. Damit ist nachgewiesen, dai3 der Vollzug von Bewegungen nach den1 Lampenwechsel - unabhiingig von dem Hinkursverlauf bis zum Lampenwechsel und unabhangig von dem Blen- dungszustand - eine drastische Zunahme der Wartenabweichungen hervor- ruft.

Wegen der groi3en Zahl der Versuchsausgange liefert die statistische Aus- wertung der Kontrollaufe Aufschlusse iiber das Orientierungsvermogen. Die Mittelrichtungen der auf die Umschaltlaufe folgenden Kontrollaufe (B = 7,1°; s = I2,8') weichen signifikant (WWF-Test: I? < 1 %) starker von der War-

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Bedcutung der Haupt- und Nebcnaugcn fur die phoronicnotaktischc Orientierung 145

Tab. 1 I : Mittelrichtungcn nach Lampenwechsel am Ende eincs geraden Hinwegcs fur die Gc- samtvertcilung (Versuch X) und nach Auswahl jener Laufe, vor dercn Ablaufcn Bewegungcn

vollzogen wordcn sind (Versuch X.3)

Versuch

77 77.3

84 8L.3

82 u. 83 82.3 u. 83.3

88 u. 89 88.3 u. 89.3

92 u. 93 92.3 u. 93.3

Lichtstarke

20 l x II

20 Lx II

800 Lx D

800 lx I1

800 Ix II

Blendung

keine II

Hauptaugen

keine

U

I1

Hauptaugen 0

Nebenaugen D

Urnschaltung Mittelr ic htung

0 = &So (n = 80) 0 = 77O (n = 23)

0 = 48O (n = 68) 0 = 90° (n = 15)

0 = 66O (n =I101 0 = Elo (n = 37)

0 = 6 5 O I n = 6.4) 0 = 76O (n = 17)

0 = 6 6 O (n = 94) 0 = 79O In = 43)

tenrichtung ab als die der zweiten (,B = 3,s'; s = 12,OO) und dritten ( p = 3 , 7 O ; s = 1 lJO) Kontrollen. Die Wartenabweichung lafit sich als Zuwendung zur Lampe kcnnzeichnen. Die Mittelrichtungen der zweiten und dritten Kon- trollen unterscheiden sich nicht signifikant voneinander (WWF-Test: P > 5 %); sic weichen jedoch beide signifikant (Test nach STEPHENS: I' < 1 %) von der Wartenrichtung - zur Latnpe drehend - ab. Wie MOLLER (1970) hat zeigen

.. ... . . 0 . . . 0 . . . P O ALL. 12: Kichtungsorientic- .A0

rung nnch Lnmpenwechsel von o A A 8 U T - 4 5 ) auf L ( k 4 5 ) am Ende dcs Hinkurses ubcr U nach S. Synibolc auRcrhnlb dcr Pcri-.

ungcblcndeten Spinnen; wciRcr Pfcil: Mittelvcktor (Vcrs. 118); Symbolc innerhalb dcr Peri- phcric: Laufrichtungcn von 14 Spinncn ohnc Hauptaugcn; sdiwarzer Pfeil: Mittclvektor

(Vcrs. 119). Zwischcn Lanipenwcchsel und Star t sind die Ticrc motorisdl inaktiv; sic startcn in < 1 s: odcr in 2 1 s nnch Lampcn- wcchsel: $,?. Die Ticrc zcigen motorisclie Aktivitlten, dic nichts niit dcr Heimkurseinstel- lung zu tun haben: Or: Ver- sudisablauf: 3 Kontrollcn: Hin- kurs bci L(-45). Sodann Vcrs. I I S bzw. Vcrs. 119: Hinkurs

phcric: Laufrichtungcn von 20

! I I

\ \ .

ubcr U nach S bci L(-45), dort Lnmpe auf L(+45) gc- wcchsclt, Hcimkurs bei L( +45). AnsdilielScnd 3 Kontrollen:

L-450 -0- Hinkurs ubcr U (U' ist der Spiegelpunkt von U bezuglich WS) nach S und Heimkurs bei L ( S 4 5 ) . Sodann Lauf dcr dar- gcstcllten Versuche n i i t Lanipenwcchsel auf L(-45). (Das Vorzcichen dicscs Laufcs wird

unigekehrt)

7.. Tierpsydiol. R d . 38. Heft 2 10

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konnen, stehen die dritten und weiteren, auf den Umschaltlauf folgenden Laufe nicht mehr unter dem Einflufl der Unischaltung. Es spricht nichts da- gegen, dieses Ergebnis auf die hier zu deutenden Kontrollheimkurse nach ge- winkelten Hinkursen zu ubertragen und die Wartenabweichungen als syste- matische Abweichungen auf Grund von Einflussen zu deuten, die auf die wahrend desselben Auslaufes empfangenen Reize zuruckzufuhren sind. Die sich in allen Kontrollen auspragende Tendenz, sich der Lampe zuzuwenden, legt es nahe, die Ablenkungen auf Einwirkungen der positiven Phototaxis zuruckzufuhren. Die Lampe bildet sich im vorderen Sehbereich der heim- laufenden Spinne ab. Fur derartige Lampenkonstellationen sagt die Hypothese von MOLLER (1970) das Vorherrschen von Einflussen der positiven Phototaxis voraus, obgleich sich gerade diese Aussage der Hypothese statistisch nicht ab- sichern lie& Die hier sicherbare Wartenabweichung verstarkt die Tragfahigkeit der Hypothese.

Abschlieflend sei darauf hingewiesen, dafl sich die Spinnen ohne Haupt- augen in den ersten Kontrollen (B = 10,4'; s = 16,2') sowie auch in den zweiten ( p = 6,1°; s = 13,3') und dritten (B = 5,6O; s = 13,4') Kontrollen schwach signifikant (WWF-Test: P < 5 %) starker der Lichtquelle zuwenden als die entsprechenden Kontrollen der Normaltiere. Bei den Tieren dieses Blendungstyps fallen die Streuungen der ersten Kontrollen und die der dritten Kontrollen schwach signifikant hoher (W-Test: P < 5 %) aus als die ent- sprechenden Laufe der ungeblendeten Spinnen. Storungen des Integrations- mechanismus, die gravierender sind als die genannten, treten nach Ausschalten der Hauptaugen nicht auf.

7.5 Richtungsorientierung nach Limpenwechsel und Intensitatswechsel vor Vollendung eines gewinkelten Hinkurses

Es wird in den folgenden Versuchen gefragt, welche Wirkung die exogene Veranderung der raumlichen Lage und Intensitat der Orientierungslampe vor Beendigung des Hinkurses entfaltet.

Verstrche 120-121: Nachdem die Spinne zwei Kontrollauslaufe iiber U und S bei L(120) vollzogen hat, wird sie bei L(120) (Intensitat: 800 1x) bis U gelockt, wo L(120) mit L(-150) (Intensitit: 800 Ix) getauscht wird. Sodann wird ihr das Hinwegstiick bis S aufgenotigt (Vcr- such 120). Nachfolgend wird wie oben verfahren; es wird jedoch bei U auf die schwache Lampe L(--150) (Intensitat: 22 lx) umgeschaltet usw. wie oben (Vers. 121, Abb. 13).

Die gefundenen Verteilungen sind statistisch nicht voneinander zu unter- scheiden (Smirnov-Watson-Uz-Test: P > 5 %). Im Gegensatz zu Lichtreiz- sprungen, die nach Vollendung eines Hinkurses gesetzt werden, haben Licht- reizspriinge, die bereits vor Beendigung des Hinkurses appliziert werden, keine Anderung der mittleren Heimkursrichtung zur Folge (WWF-Test: P > 5 %), die sich kreisstatistisch sichern laat. Wie aus der schwach signifikanten Streu- ungszunahme (W-Test: P < 5 %) hervorgeht, ist aber die Prazision der photo- menotaktischen Einstellungen infolge der Intensitatswechsel verringert.

Diese Befunde weisen auf einen Zeitgang des Verrechnungsvorganges hin, wie er bei anderen Arthropoden ebenfalls gefunden worden ist. Ameisen ( JANDER 1957) und Kafer (WILLRICH 1931) halten helligkeitsunabhangig an einem menotaktischen Kurs zur Lichtquelle fest, wenn sich die Lichtintensitat langsam geandert hat oder wenn nach dem Intensitatswechsel einige Zeit ver- gangen ist. Gegenuber schnell erfolgenden Reizwechseln konnen sie sich so verhalten, als waren ihre Laufkurse fur kurze Zeit intensitatsabhangig.

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Bcdcutung dcr Haupt - und Ncbcnaugcn fur die photonicnotaktischc Oricntierung 147

U : 2 3 O

' -- --=-

a

\

-1500

Abb. 13: Richtungsoricnticrung nach Lampcnwcchscl vor Vollcndung dcs gcwinkeltcn Hin- kurscs von W ubcr U bis S bci invariantcr Latnpenintcnsitar (schwarze Punktc; schwarzcr

Pfcil) und bci Tntcnsitiitswechscl von 800 Ix auf 22 Ix (Drcieckc; weiRcr Pfcil)

D a die Trichterspinne selbst bei der durch die Lampenversetzung einge- brachten Storung ihren mittlercn Heimkurs weitgehend intensitatsunabhangig zu steuern vermag, ist die Folgerung begrundet, dai3 sie erst recht unter Nor- nialbedingungen - bei rauinfester Lage der Hiinmelsinarke - in der Lage ist, trot2 Ii.lteiisitatsschwankui.lgeii der Hiinmelsmarke, die in der naturlicheii Um- welt infolge der Filterwirkung vorbeiziehender Wolken nicht selten vorkom- men diirften, direkten Kurs ziir Warte zu halteii. DaR sich die Richtungsver- teilungen der Kontrollen, die fur die Intensitaten von 20 und 800 Ix ergeben haben, statistisch nicht voneinander iinterscheiden (Smirnov-Watson-U'-Test: P > 5 %) spricht fur die Richtigkeit dieser Folgerung. Sieht inan von dem unteren Schwellenbereich der Intensitat (s. 7.3) ab, innerhalb dessen die Kon- trollaufrichtungen hochsignifikant (W-Test: P < O,I "/.) starker streuen als diejenigen bei der hohen Intensitzt von 800 Ix, so ist abschliefiend festzustellen, dafl die phylogenetisch Sltere liiteiisitatsabhangigkeit ( JANDER 1965) bei beiden Forinen der optischen Richtungsorientieriiiig der Trichterspinne - der Photo- nienotaxis und der optischen Grundorientierung - kompensiert wird. Die letztgenannte Orientierungsforin ist demzufolge mit JANDER (1 960) als Meta- phototaxis zu bezeichnen. Der biologische Vorteil dieses Orientierungsver- haltens braucht nicht erst betont zu werden.

8. Diskussion

Die Antwort auf die Fragc nach der Bedeutung der Haupt- und Neben- augen fur die Photomenotaxis der Trichterspinne, init der sich die vorliegende Arbeit in der Hauptsache befaflt, lautet: Die Trichterspinne is t imstande, init dem System der beiden Hauptaugen oder allein init dem System ihrer Neben-

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augen mit Hilfe einer Orientierungslampe den Lichtkurs zu steuern, der sie geradenwegs voni Beuteort zuriick zur Warte fuhrt. Bei der nienotaktischeii Orientierung nach einer Lichtquelle kommt dem System der Nebenaugen sogar groi3ere Bedeutung zu als den beiden Hauptaugen; denn erstens umspannen die Sehfelder aller sechs Nebenaugen zusammen im Gegensatz zu den Blickfeldern der beiden Hauptaugen das ganze Himmelsgewolbe iiber dem Horizont (GOR- NER 1958), zweitens vermitteln die Nebenaugen noch bei niedrigeren Inten- sitaten die optische Richtungsorientierung als die Hauptaugen, und drittens adaptieren sich die Nebenaugen im Unterschied zu den Hauptaugen ohne merkliche Verzogerung an die niedrige Beleuchtung.

Lediglich die Prazision der Orientierung, fur die die Streuung ein rezi- prokes Mag liefert, ist in einem Umschaltversuch (Versuch 90) nach Blenden der Nebeiiaugen gegenuber den Normaltieren schwach signifikant (W-Test: P < 5 %) beeintrachtigt. In diesem Versuchsfall vermochten die Spinnen ohne Nebenaugen die Lichtquelle auf dem Hinkurs gar nicht zu sehen. Dies zwingt zu der Annahme, dai3 die Tiere optische Informationen benutzt haben, die sie auf den Heimkursen vorhergehender Auslaufe eingespeichert haben. Infolge- dessen ware es falsch, wurde man von der schlechteren Orientierungsleistung auf ein schlechteres Orientierungsvermogen auf Grund geringerer Fahigkeiten der Hauptaugen zur Identifikation, Lokalisation und Integration von Lam- pen reizen schliefien.

D a in manchen anderen Spinnenfainilien die Sehscharfen beider Augen- typen sehr unterschiedlich sind, schien es angezeigt, inikroskopische Schnitte durch Haupt- und Nebenaugen der Trichterspinne, die G ~ R N E R angefertigt hat, unter diesem Aspekt zu priifen. Ich zahlte im Langsschnitt durch ein Hauptauge 18 und im Langsschnitt durch ein vorderes Seitenauge 26 Rhab- dome. Unter Beriicksichtigung der angenahert gleich dichten Verteilung der Rhabdome und des Gesichtsfeldwinkels ergibt sich ein anatomischer Sehwinkel von ca. 5' f u r das vordere Seitenauge. Wegen der zahlreichen Fehlermoglich- keiten handelt es sich hierbei nur um eine sehr grobe Abschstzung des Raster- abstandes zweier benachbarter Rhabdome. Iminerhin vermittelt sie einen Ein- druck, wie gering das Auflosungsvermogen der Nebenaugen sein diirfte. D a die Blickfelder der Hauptaugen unter Ausnutzung der retinalen Bewegungen am lebenden Tier bestimint worden sind, ist eine entsprechende Abschatzung fur die Sehschafe der Hauptaugen nicht moglich. Doch ist angesichts der geringeren Zahl der Rhabdome bei etwas groi3erem Linsendurchmesser die Sehscharfe der Hauptaugen nicht hoher einzuschatzen.

Die mittlere Wartenabweichung, die die Heimkurse nach Lampenwechsel am Ende eines Hinweges aufweisen, ist eine Funktion des Umschaltwinkels (MOLLER 1970), der Lampenazimute (MOLLER 1970; eigene Befunde), des Hin- kursverlaufes, der motorischen Aktivitat in dein Zeitintervall zwischen Lam- penwechsel und Antritt des Ruck-Starts, der Dunkelpause wahrend des Lam- penwechsels, der Intensitat der Lichtquelle und des Blendungszustandes.

Bei den Lampenwechseln zwischen L(0) und L(90) verschieben sich die mittleren Wartenabweichungen nach Blendung der Hauptaugen gegenuber denen der Normaltiere um 4O, wahrend sie nach Blendung der Nebenaugen um den gleichen Betrag im entgegengesetzten Sinn verlagert werden. Forliial gesehen sind die Mittelrichtungen der Normaltiere die Mittelwerte der mitt- leren Wartenabweichungen der beiden alternativen Blendungstypen (vgl. Ver- suche 88, 82, 92; bzw. Versuche 89, 83, 93). Bei den alternativen Lampen- wechseln ist das Vorzeichen der Richtungsverlagerung infolge der Teilblen- dung jeweils gegensatzlich. Obwohl diese Werte keine statistisch gesicherte

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Bcdcutung dc r Haup t - und Nebenaugcn fu r die photomenotaktische Orient icrung 149

Evidcnz darstellen, verdienen sie doch Beachtung als Hinweise auf cincn pliotomctiotaktisclieti Antagonismus zwischen den Haupt- und Nebenaugen. Hicrmit dcutct sicli eine Parallele zu dem bei Orthopteren entdeckten und ana- l ysicrtcn Prinzip dcr phototaktischen Gegenkopplung zwischen Ocellen und Komplcxaugcn an (JANDER und BARRY 1968). Fur ein wahlweises An- u n d Abschaltcn cines photoinhibitorischen Systems, dns die Orthopteren init dcn Walzcnspinncn (LINSENMAIR 1968) gemeinsam habeti, gibt es bei der Trichter- spinnc kcincrlci Hinweise, denn Proportionalwechscl der Intensit~tsabhangig- kcit sind nicht beobachtet wordeii.

Eincr Erijrtcrung bedarf die Fragc, warutn dic inittlere Wartenabwci- diung, dic nach Lanipcnwechsel kurz vor Ergreifen der Bcutc beobachtct wor- den ist, hinter dein Versetzuiigswinkcl der Lainpe zuruckbleibt, so dafl sic in dcr Litcrntur (GORNER 1966, 1973; MOLLER 1970) als ,,Kotiipromiflrichtung" zwischen dcr Wartenriditung und der azitnutgerechten Lichtkursrichtung (der ,,optkchen Sollrichtutig") bezeichnet wird. Es ist aus der Literatur uber die Oricntierung bekannt, dafl in Konflikt stchende Orientierungsreize - etwa divcrgicrcnde Licht- und Schwererichtungen an einer gckippten Laufflachc - Komprotiiifleinstelliiiigen zwischen beiden Richtungcn zur Folge habeti koiincn. Dcrnrtigc Koiiiprotnifleiiistclliitigeti werden - tneist ohne cine hinreichende quantitative Analyse - auf die additive Verrechnung der von beiden Orien- ticrungssystciiicti hervorgcrufenen Drehtendenzen zuruckgefuhrt. In Anlch- nung an dicses Wisscnsgut hat GORNER (1958, 1966, 1973) das Konzcpt for- niuliert, da13 die nach Laiiipenwechsel auftretende Kompromiflrichtung durch das Gcgciicinanderwirkcn des idiothetischen Oricnticrungssystems und des optischcn Orienticrungssystetiis zustande kiimc. Erst zu aktuellcn Anlassen, wic sic z. B. durch den crfolgreichen Beutefang gegeben sind, werdcn beide Systcmc miteinander gekoppclt, so dafl nach Lampenwcchsel, durch den die optischc Sollrichtung cntsprechend detii Versetzungswinkel von der Wartcn- richtung abgelenkt werde, durch vektoriclle Addition der idiothetischen Soll- richtung und der optischcn Sollrichtung eine optisch-idiothetische Kompromifl- richtung rcsulticrc.

Dem ist cnt~egenziihaltcn, dafl der Nachweis fur die Existenz dcs idio- t h c t i schc ti 0 r i e t i t t c ru n g s mechan is mu s bei de r Tr ich tersp inn c bi she r n u r un tcr A ussch I u 13 rich tender A i t flen reize (L ich tq i t e 1 le, Ne tzn eig un g , Ne tzspan ti i t i i g ) gcfiihrt wordcn ist, wahrend die Spinnen in den hier zu deutenden Vcrsuchcn mit Lampcnwcchsel Lampenreize auf den vorhergehenden Hinkursen perci- picrcn konnten. Somit lasscn diese Versuchsbcditigitiigen keine Entscheidung dnriibcr zu, ob die Information uber die vorausgcgangene Bewcgungsfolgc des Hinkurscs, die Bestnndteil der fur die Heiinkurssteuerung maflgcblichen Raum- i t i form n t io t i is t , aus de r Eige t i i ti f o r t i i a t ion s tam ni t od er Au flen reizc t i en tn om - nicn wird - m. a. W., ob die Information idiothetisch oder allothetisch gc- wonncn wird (MITTELSTAEDT und MITTELSTAEDT 1973). Als Alternative zuni rcin idiothetischen Iiiforniationserwerb wiire ein Inforinationsgewinn aus dcr Itcizzeit, wiihrend welcher die Lichtquellc auf dein Hinwcg fixiert wordcn ist (J ANDER 1957), oder aus der optomotorischen Reizverarbeitung, die das bei der Ortsbewcgung verschobene retinale Bild des optischeii Untcrgrundinusters auswcrtct (HASSENSTEIN und REICHARDT 1956) denkbar.

Bei den Versuchen mit Lampenwechsel beobachtet inan zitin Tcil Laufe, dic kaum oder gar nicht odcr erst nach einein Stuck des Hcimweges plotzlich voii der Wnrtenrichtung abweichen. Schon die unmittelbare Beobachtung laflt den Eindruck entstehen, ,,ah ob die Spinne einen der beiden Oricnticrungs- mcchatiisnien st8ndig oder zeitweise ,abschalten' kann" (GORNER 1966). Der

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auf dieser Beobachtung sich grundenden Annahme des wahlweisen An- und Abschaltens eines der beiden Orientierungsmechanisinen lassen sich folgende Erklarungsmoglichkeiten gegenuberstellen. Bis der mit dem Lampenwechsel in Gang gesetzte Vorgang die Augen, die afferenten Bahnen, das Zentralnerven- system und die efferenten Bahnen sowie die Muskeln durchlaufen hat und die Gegenwirkung gerade beginnt, vergeht Zeit, die Totzeit des Systems. D a die Spinne den Ruck-Start nicht selten in weniger als einer Sekunde nach Um- schalten antritt, konnte diese Zeit noch innerhalb dieser Totzeit liegen und die Orientierungshandlung allein niit dem Orientierungskommando gesteuert werden, das durch Lichtreizung mit der auf dem Hinweg brennenden Lampe zustande gekommen ist und das daher die Raumlage der ausgeschalteten Lampe widerspiegelt. Eine Kombination von Steuerungs- und Regelungsvorgaiigen nach Art einer Abtastregelung wurde die verzogerte Bewertung der versetzten Lampe kybernetisch im ersten Ansntz erklzren. Dafur spricht die Beobachtung, dai3 die Hinkurse und die ersten Heimkurse einer Laufserie haufiger in Folgen von Schrittserien, die durch kurze Pausen unterbrochen sind, vollzogen werden. - Als eine Parallele zu einer solchen Orientierungshandlung durch Steuerung sei die visuelle Orientierung der Springspinnen erwahnt. Diese Tiere sind fahig, sich in die Fixierstellung gegenuber einem Objekt zu drehen, unabhangig davon, ob eine visuelle Ruckkopplung wahrend der Ausfuhrung der Wende- bewegungen auf das Ziel hin moglich ist oder nicht (LAND 1971).

Um die KompromiCrichtung zu erklzren, konnte man weiter annehmen, dai3 bald infolge der Lichtreizung mit der umgeschalteten Lampe ein zweites, aktuelles Orientierungskommando ausgebildet wird. Dieses Konimando gerat mit dem ersten, zuruckbleibenden Kommando in Konflikt, wird mit ihm ver- glichen und zu einem Gleichgewichtszustand oder Korrelationsresultat ver- rechnet. Angesichts der Systemanalyse der Optomotorilr des Russelkafers Chlorophanus (HASSENSTEIN und REICHARDT 1956) scheint diese Annahme nicht abwegig zu sein. Wie diese Analyse aufzeigt, bleibt der Intensitatswert eines Bildpunktes in einem korpereigenen Koordinatennetz eingespeichert; er wird mit dem Intensitatswert des zweiten an benachbarter Stelle zu einem spateren Zeitpunkt eintreffenden Reizes verglichen. Ahnliche Leistungen hat HORRIDGE (1966 a, b) beim Studium des ,,opto-kinetic memory" bei Carcinus und Locusta gefunden.

Je komplizierter der Hinkursverlauf bis zum Lampenwechsel im Start- bereich ist, um so groCer ist die mittlere Wartenabweichung. Diese nimint weiter zu, falls die Spinne nach dem Lnmpenwechsel noch Bewegun, men aus- fuhrt, bis sie startet. GeiiiaC der uberkommenen Auffassung von GORNER (1958, 1966) wurden diese Befunde wie folgt zu deuten sein: Die Erschwerung der Bewegungsfolge durch Aufnotigung eines komplizierteren Hinkurses be- hindere die idiothetische Orientierung oder setze sie womoglich ganz auger Funktion; sie verstarke relativ dazu die optische Orientierung, so dai3 sich die Kompromii3richtung aus beiden Orientierungskomponenten mehr der opti- schen Sollrichtung nahere. Gegen diese Deutung ist einzuwenden, daC der optische Reizeingang ebenfalls durch die kompliziertere Bewegungsfolge ver- wickelter wird, so dai3 inan mit der analogen Oberlegung auch die Abschwa- chung der optischen Orientierung begrunden konnte.

Statt dessen sei hier die obige tentative Hypothese uber den Vergleich zweier Orientierungskommandos dahingehend erweitert, daC das ursprung- liche Orientierungskommando besonders starken E i n f l d auf die Orientierungs- handlung ausubt, solange keine weitere reafferente Verarbeitung dieses Kom- mandos gemiii3 der im Startbereich ausgefuhrten Bewegungsfolge stattfindet.

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Uedeutung der H a u p t - und Nebenaugen f u r die photomenotaktische Orient ierung 151

Auch das Zwischenschalten einer Dunkelpause scheint den Vergleichsvorgang stark i n der Wcise zu modifiziercn, dafl der Einflufl des ersten Kommandos abnimmt und der des aktuellen Kommandos zunimnit.

Auch auf Grund des Befundes von Versuch 122 erweist sich die Konzep- tion des rein optischeti Oricntierungsniechanismus als fragwurdig. Wird die optische Reizfolge integriert, so niuflte nach Unischalten vor Vollendung des Hinwcges die Wartenabweichung geringer ausfallen als nach Umschalten am Endc dcs Hinweges. Das Vcrsuchsergebnis widerspricht dieser Folgerung. - Es crhebt sich die Frage: Wic kommt das Orientierungskomniando zustandc? Diese Frage wird in einer weiteren Arbeit i n dieser Zeitschrift behandelt.

Zusanimenfassung

Die Photomenotaxisrichtungen, die die zur Warte heimkehrenden Trich- tcrspinncn (Agelena labyrinthica Cl.) auf ihren horizontalen Netzen einschlu- gen, wurdcn analysiert.

I . Wurde die Lampe u m 90" versetzt, kurz bevor die Spinne die Beute ergriff, so wich die Mittelrichtung wcniger als 90° von der Heimrichtung ab. Dicsc Abwcichung war nicht nur cine Funktion des Azimuts und des Ver- setzungswinkels dcr Lampe, sondern sie variierte auch mit dem Hinkursver- lauf, dcm Zeitintervall ohne Lichtrcizung wahrend des Lampenwechsels, der Lichtreizung wiihrend des Wartenaufenthaltes der Spinne, dem Ausiiiafl der part icl 1 en B1 e t i du n g d es v i s u e I1 en Systems u n d d e r Li ch t in ten s i t Z t.

2 . Ausschaltcn dcr Hauptaugen oder Ausschalten der Nebenaugen hatte nur einen geringen oder gar keinen signifikanten Effekt auf die photomeno- taktischc Orientierung. Spinnen, die nur tnit einem hinteren Medianauge oder eincm Hauptauge sehen konnten, orientierten sich nicht nach der Lampe.

3. Ungeblcndete Spinnen vergroflerten (verkleinerten) die mittlcren Wartenabweichungen cbenso wic Spinnen ohne Hauptaugen und Spinnen ohne Nebcnaugen, falls die Lichtintensitzt sprunghaft erhoht (erniedrigt) worden war. Die Mittelrichtungen waren jedoch nicht abhiingig von Intensitatssprun- gen, die gekoppelt niit detn Lanipenwechsel vor Vollendung des Hinkurses oder nach Untcrbrechung des Nctzkontaktes gesetzt worden waren. Die Photo- menotaxisschwelle init Hilfe dcr Nebenaugen lag bei 0,366 - sb; sic lag uni den Faktor 100 niedriger als der fur die Hauptaugen geltende Schwcllen- wert.

4. War die Lampe auf dem Hinweg sichtbar, vermochten dic Spinnen keinen Lichtkurs auszufuhren; es sei dcnn, sie verfugten uber optische En- granime ails fruheren Liiufen. Die Perzeption ciner Lampe wiihrend des Wartenaufenthaltes hatte eine Ablenkung der Kursrichtung zur Richtung der negativen Phototaxis zur Folge. Bei Spinnen ohne Hauptaugen trat diese Er- schein ung n ich t au f .

5. Hatten dic Spinncn zuvor keincn Hinkurs vollzogen, hielten sic keine geraden Kurse cin. Mit freien Augen orientierten sie sich spontan vor- hcrrschcnd negativ phototaktisch, mit geblendeten Hauptaugen ubcrwicgend positiv phototaktisch.

6. Dic Spinncn, deren Netzkontakt unterbrochen oder deren Hauptaugen geblendet worden waren, wichcn in ahnliclieni Mafle von dcr theorctischen Heimrichtung ab wie die Normalticre.

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Summary

The Role of the Principal and Accessory Eyes in the Photomenotactic Orientation of the Funnel Spider Agelena labyrinthica (Cl.)

The photomenotactic orientation of funnel spiders (Agelena labyrinthica [Cl.]) returning to their retreat was studied by measuring the direction of their course on the horizontal webs.

I . If a lamp was shifted 90' just before the spider caught its prey the mean return course deviated less than 90' from the direction of the retreat. This deviation was not only a function of the azimuth of the light and of the amount i t had been moved, but also varied with the course taken when approaching the prey, the duration of the interval without light stimulation while the lamps were changed, the light stimulation experienced while a t the retreat, the extent to which vision was experimentally reduced, and the light intensity.

2. Elimination of the principal or of the accessory eyes had little or no significant effect on the photomenotactic orientation. Spiders able to use only the median eye or one principal eye could no longer use the lamp to orient by.

3. Animals with fu l l vision showed an increased (decreased) deviation from the direction of the retreat if the light intensity was abruptly increased (decreased), as did animals without principal eyes or without accessory eyes. The mean return directions were, however, not dependent upon light intensity changes before reaching the prey or after an interruption of web contact. The threshold for photomenotactic orientation using the accessory eyes is 0.366 * sb; the corresponding value for the principal eyes is 100 times larger.

4. If the lamp was not visible on the outward run the spiders were un- able to perform correct return runs by light orientation without optical in- formation from previous runs. If they could see a lamp while a t the retreat their return course was shifted in the direction away from the light. Animals without principal eyes did not show this effect.

5. Spiders that had not performed an outward run did not keep to a straight course. Animals with full vision spontaneously showed negative phototactic orientation, those without principal eyes were usually positively phototactic.

6. Animals whose web contact had been interrupted or animals without principal eyes showed a similar deviation from the correct return direction as' did unmanipulated animals.

Literaturverzeichnis

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Page 41: Die Bedeutung der Haupt- und Nebenaugen für die photomenotaktische Orientierung der Trichterspinne Agelena labyrinthica (Cl.)

Bcdcutung dcr Haupt- und Ncbenaugcn fur die photomcnotaktischc Oricntierung 1 5 3

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Anschrift dcs Vcrfasscrs: K. DORNFELDT, 1. Zoologischcs Institut dcr Universit:t, 34 Got- tingcn, Berliner Strafic 28.