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Die Anwendung und Aktivierung von Normen Eine sozial-kognitive Analyse Nicole Borgon, Simon Piero Kunz, Stefan Abt 1

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Page 1: Die Anwendung und Aktivierung von Normen Eine sozial-kognitive Analyse Nicole Borgon, Simon Piero Kunz, Stefan Abt 1

Die Anwendung und Aktivierung von Normen

Eine sozial-kognitive Analyse

Nicole Borgon, Simon Piero Kunz, Stefan Abt

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Page 2: Die Anwendung und Aktivierung von Normen Eine sozial-kognitive Analyse Nicole Borgon, Simon Piero Kunz, Stefan Abt 1

Ablauf

• Einleitung– Focus Theorie normativen Verhaltens– Kognitive Theorie sozialer Normen

• Aktivierung von Normen und normrelevanten Verhaltens

• Bewusstheit des normativen sozialen Einflusses

• Hemmung der Anwendung sozialer Normen

Nicole Borgon, Simon Piero Kunz, Stefan Abt

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Was sind Normen?

„Mit einigen wenigen Ausnahmen (z.B. Zehn Gebote), sind Normen in der Regel situationsspezifisch. Sie bestehen aus allgemein akzeptierten Meinungen darüber, wie man sich in bestimmten Situationen verhalten soll. Sie sind das Ergebnis sozialer Lernprozesse und beruhen auf gelernten Assoziationen zwischen dem normativen Verhalten und der spezifischen Situation“ (Aarts & Dijsterhuis, 2003).

Nicole Borgon, Simon Piero Kunz, Stefan Abt

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Focus Theorie normativen Verhaltens

Mit der Entwicklung der Focus Theorie normativen Verhaltens befassten sich Cialdini und Kollegen mit den Bedingungen, unter denen Normen in bestimmten Situationen zu Anwendung kommen.

„That is, norms should motivate behaviour primarilywhen they are activeted (i.e., made salient or otherwise focused upon); thus, persons who are dispositionally or temporarily focused on normative considerations are decidedly more likely to act in norm-consistend ways“ (Cialdini et al, 1990, p. 1015).

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Kognitive Theorie sozialer Normen

Zugänglichkeit auf die kognitive Repräsentation einer Form wird beeinflusst– Häufigkeit der Aktivierung– Zeitabstand zur letzten Aktivierung– Passung zwischenkognitiver Repräsentation und

Aktivierung

Kognitive Repräsentationen von Normen sind in unserem Gedächtnis innerhalb assoziativer Netzwerke miteinander verbunden

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Annahme

(1) Normen können durch normrelevante Hinweisreize automatisch aktiviert werden

(2) Aktivierung der kognitiven Repräsentation kann das automatische Initiieren normrelevanten Verhaltens bewirken

Abweichung von Theorien normativen Verhaltens

Nicole Borgon, Simon Piero Kunz, Stefan Abt

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Theorie subjetiver Normen (Fischbein und Ajzen, 1975)– Unterscheidung zwischen Wissen über die

Erwartungen von Bezugspersonen und Motivation sich diesen Erwartungen zu fügen

– Anwendung von Normen durch Absichten

Focustheorie normativen Verhaltens (Cialdini et al., 1990)– Normkonformes Verhalten hängt von

Aufmerksamkeit des Individuums ab, die es auf die Norm richtet

– Annahme, dass Entscheidungen relativ bewusst getroffen werden

Nicole Borgon, Simon Piero Kunz, Stefan Abt

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Aktivieren von Normenund

normrelevanten Verhaltens

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Silence of the libraryAarts und Dijksterhuis (2003)

Annahmen: Normen werden durch normrelevante Hinweisreize kognitiv aktiviert und dadurch auch normrelevantes Verhalten.

Diese Verhaltenssteuerung läuft automatisch und ohne bewusstes Entscheiden.

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Studienaufbau und Durchführung

Hinweisreize: Bild einer Bibliothek und Bildeines Bahnhofs. Zusätzlich die Ziel -erwartung diese zu besuchen.

Drei Gruppen von Probanden:Gruppe 1: Bild einer Bibliothek, mit Ziel.Gruppe 2: Bild eines Bahnhofs, mit ZielGruppe 3: Bild einer Bibliothek, ohne Ziel.

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Norm: Leises Sprechen in einer Bibliothek

Anhängige Variablen: 1. Reaktionszeit normrelevante Wörter zu erkennen.2. Sprechlautstärke des Probanden.

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Ergebnisse

• Probanden mit dem Prime Bibliothek und Zielerwartung erkannten signifikant schneller normrelevante Wörter.

• Diese Probanden sprachen auch signifikant Leiser als die anderen Probanden

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Silence and Table Manners: WhenEnvironments Activate Norms.

Janneke F. Joly et.al

Annahmen: Die Anwesenheit von Menschen in einer Umgebung erhöht die eingeschätzte Wichtigkeit von Normen

Kognitive Aktivierung betrifft nicht nur eine Norm sondern auch weitere Normen.

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Studienaufbau

Hinweisreize: Bilder von Bibliotheken ohne Menschen, mit Hinweisen auf die Anwesenheit eines Menschen und mit einem Menschen

Zwei Gruppen von Probanden mit Hinweisreiz BibliothekGruppe 1: mit ZielerwartungGruppe 2: ohne Zielerwartung

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Abhängige Variablen: Fragebogen mit einem Set von Normen deren Wichtigkeit zu bewerten ist.

Beide Gruppen unterteilt in Bezug auf die Anwesenheit von Menschen auf den Bildern.

Norm: Stille in einer Bibliothek

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Ergebnisse

• Anwesenheit von Menschen auf den Bildern der Bibliothek erhöht die eingeschätzte Wichtigkeit von Normen bei Probanden auch ohne Zielerwartung.

• Die Wichtigkeit anderer Normen steigt ebenfalls signifikant für die Probanden mit abnehmender Stärke, je weiter die Norm von der „Stille in Bibliotheken“ Norm angesiedelt ist.

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Bewusstheit des normativen sozialen Einflusses

Feldstudie von Nolan et al. (2008)

Ablauf:– Kalifornische Haushalte erhielten Flugblätter mit

Informationen zum Energiesparen – 5 Bedingungen: deskriptive Norm; Selbstinteresse; soziale

Verantwortlichkeit; Umwelt; blosse Information– Danach Erhebung von subjektiv wahrgenommenem

Einfluss der Flugblätter auf Energiesparverhalten und objektivem Energiesparverhalten (Stromzähler zu 3 Zeitpunkten; Stromrechnung)

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Ergebnisse

Wahrgenommener Einfluss der Botschaft: deskriptive Norm als am wenigsten motivierend berichtet, aber nur signifikant im Vergleich mit sozialer Verantwortlichkeit und Umwelt

Objektives Energiesparen:Kurzzeit (1 Monat): Haushalte in der Bedingung deskriptive Norm sparen signifikant mehr Energie als diejenigen in den anderen BedingungenLangzeit (2 Monate): gleiches Muster, aber kein signifikanter Unterschied mehr

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Fazit und Interpretation im Sinne der kognitiven Theorie normativen

VerhaltensSubjektive Theorien über die Gründe des eigenen Verhaltens

können falsch sein Einfluss des Verhaltens Anderer kann unbewusst sein

Automatische Aktivierung der kognitiven Repräsentation einer Norm und entsprechendem Verhalten durch situativen Hinweisreiz

Einfluss kann längerfristig bestehen bleiben

Persuasive Botschaften stärker, wenn normativ verfasstNicole Borgon, Simon Piero Kunz,

Stefan Abt19

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Hemmung der Anwendung sozialer Normen

Feldstudie 1 von Keizer et al. (2008)

Ablauf:– Gasse, die als Fahrradparkplatz genutzt wird

und mit einem Graffiti-Verbotsschild versehen ist, unter zwei Bedingungen (saubere Wände vs. Graffiti; = kontextuelle Norm)

– In Abwesenheit der Besitzer wurden Flyer an die Fahrräder angebracht

– Anschliessend wurde beobachtet, ob die Fahrradbesitzer die Zielnorm („no littering“) verletzten oder nicht

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Keizer et al. (2008)

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Ergebnisse

Bedingung mit Ordnung (Keine Graffiti):33 % der Radfahrer warfen Flyer auf den Boden (oder hängten ihn an ein anderes Rad)

Bedingung mit Unordnung (Graffiti):69 % warfen Flyer auf den Boden (oder hängten ihn an ein anderes Rad)

Verallgemeinerung in weiteren Studien:Effekt nicht nur bei sozialen Zielnormen, sondern auch bei institutionalisierten Zielnormen. Zusätzlich führt eine kontextuelle Normverletzung auch zu einem Anstieg von Kleinkriminalität.

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Fazit und Interpretation im Sinne der kognitiven Theorie normativen

VerhaltensKognitive Repräsentationen von Normen sind in einem

assoziativen Netzwerk im Gedächtnis abgespeichert verbreitete Verletzung einer bestimmten Norm schwächt „Bewusstsein“ anderer Normen

Priming-Effekte auch bezüglich Konformitätsverhalten

Neben dieser automatischen Hemmung der Normanwendung durch Umgebungsfaktoren kann sie ebenfalls automatisch durch konkurrierende Normen oder durch eine bewusste Kontrolle gehemmt werden

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Vielen Dank für eure Aufmerksamkeit

Fragen?

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