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Page 1: Cyclovoltammetrische- und Röntgenbeugungsuntersuchungen zur anodischen abscheidung Höherer silberoxide

Solid State lonics 43 (1990) 61-67 North-Holland

CYCLOVOLTAMMETRISCHE- UND RONTGENBEUGUNGSUNTERSUCHUNGEN ZUR ANODISCHEN ABSCHEIDUNG HOHERER SILBEROXIDE

Peter FISCHER und Martin JANSEN Institut J~r Anorganische Chemie der Universitdt Bonn, Gerhard-Domagk-Str. 1, 5300 Bonn 1, Federal Republic of Germany

Received 29 December 1989; accepted for publication 27 February

The processes going on during anodic crystallisation of highly oxidized silver oxides have been investigated by means of cyclic voltammetry of aqueous Ag ÷-solutions, and X-ray powder techniques applied to the products formed. Two independent reversi- ble redox processes have been observed: first, quick equilibria reactions between Ag(I)-, Ag(II )-, Ag (II1)-cations at the anode, second, slow solid state reactions involving Ag +-cations within the crystals formed at the electrode. Evidence for a new crystalline silver-oxide of still unknown composition has been obtained. The special suitability of anodic oxidation as a tool for synthesis of silver oxides may be explained by two facts: only one-electron steps are involved, and silver usually has a high diffusion coefficient in the solid state, thus allowing rapid transport of Ag + at the surface and in the volume of the growing crystals.

1. Einleitung

Von den beiden prinzipiell gangbaren Wegen, Ox- ide mit Elementen in ungew0hnlich hohen Oxida- tionsstufen darzustellen, n~imlich unter m0glichst hohen Sauerstoffdrucken [ 1 ] oder bei m6glichst niedrigen Temperaturen zu arbeiten, hat sich bei den bin~iren Silberoxiden der letztere als ausgesprochen erfolgreich herausgestellt. Durch anodische Oxida- tion w~iBriger Silber(I)-salzl6sungen bei Tempera- turen yon 3 his 95°C wurden AgO [2], Ag304 [3,4] und Ag203 [5 ,6 ] grobkristallin und in hoher Rein- heir erhalten. Das Verfahren besticht durch geringen experimentellen Aufwand, die M6glichkeit eines einfachen "scaling up", durch die Vermeidung von unverwertbaren Nebenprodukten und die Qualit~it der Reaktionsprodukte. Es schien daher sehr attrak- tiv, dieses Syntheseverfahren auf andere Oxidsy- sterne zu iibertragen. AUe unsere bisherigen Ver- suche in diese Richtung sind jedoch fehlgeschlagen. Einen wesentlichen Grund hierfiir sehen wir in der mangelnden Kenntnis der bei der Kristallisation an der Anode ablaufenden Vorg~inge auf mikrosko- pischer Ebene, z.B. ist der empirisch ermittelte charakteristische EinfluB der Silberionenkonzentra- tion und der im Elektrolyten vorhandenen Anionen auf die Art des Reaktionsproduktes noch v611ig un-

verstanden. So bilden sich bei Anwesenheit von Ni- trat oder Sulfat stets die Clathratphasen Ag708X ( X = N O ; , HSO~-). Verwendet man Silber(I)- perchloratliSsungen, entsteht unterhalb c(Ag) = 0.3 mol/~ Ag203, bei h6heren Konzentrationen A g 3 0 4

und Ag708C104 im Gemenge. Die h~iufiger beobach- tete Bildung verschiedener Phasen neben -bzw. nacheinander an der Anode haben wir zun~ichst dar- auf zurtickgeftihrt, dab bei der diskontinuierlichen Ausfiihrung der Elektrolyse wichtige Parameter, wie c(Ag + ) und besonders der pH-Wert nicht konstant blieben. Erste Einblicke in die Abscheidungsme- chanismen erhofften wir uns von einer cyclovoltam- metrischen Verfolgung der Oxidationsprozesse und r6ntgenographischer Identifizierung der Prim~irprodukte.

2. Experimentelles

2.1. Ausgangsverbindungen und Reagentien

SilberperchloratliSsungen wurden durch Aufl6sen von reinstem Silbercarbonat in Perchlors~iure (p.a. Riedel de Haen) hergestellt. Das Silbercarbonat wurde aus chemisch gereinigtem Silber gewonnen [ 7,8 ]. SilberfluoridliSsungen wurden analog mit

0167-2738/90/$ 03.50 © 1990 - Elsevier Science Publishers B.V. ( North-Holland )

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Flul3s~iure (p.a., Riedel de Haen) anstelle von Perch- lorsaure hergestellt. Als Elektrolytzus~itze dienten Natriumfluorid (p.a., Riedel de Haen) und Natri- umperchlorat-Monohydrat (p.a., Fluka). Alle w~il3rigen L6sungen wurden unter Verwendung bi- destillierten Wassers hergestellt.

Propionitril (99%, Riedel de Haen) wurde zur weiteren Reinigung einmal fraktioniert mit einem Rficklaufverhaltnis besser als 1:20. Ein Liter der zwischen 95 und 97°C tibergehenden Fraktion wurde anschliel3end mit einer Mischung aus je 10 g Kal- iumpermanganat und 10 g Lithiumcarbonat eine Stunde unter RiickfluB gekocht, in Anlehnung an eine Vorschrift von Walter und Ramley [ 9 ], und danach abdestilliert. Dann wurde drei Stunden unter Zusatz von 1 g wasserfreiem Silbertetrafluoroborat (Ven- tron) unter Rfickflul3 gekocht. Das abdestillierte Propionitril wurde schliel31ich fiber Calciumhydrid getrocknet und fraktioniert (Rficklauf 1:20, Frak- tion 96.5-97°C).

2.2. Cyclovoltammetrie

Potentiodynamische Messungen wurden unter Verwendung eines Potentiostaten der Fa. PAR, Mo- dell 363, und eines programmierbaren Funktions- generators "PRODIS 16" der Fa. Intelligent Control durchgefdhrt. Als Arbeitselektrode wurde ein Platin- draht ( 0 = 0 . 3 m m ) geschaltet, wie er auch fiir die pr~iparative Darstellung der Silberoxide verwendet worden war. Als Gegenelektrode diente ein 1 mm starker Platindraht, untergebracht in dem durch eine Fritte abgetrennten Kathodenraum. Als Referenz- elektrode wurde ein Silberblech, auf dem zur Akti- vit~itssteigerung zus~itzlich Silberschwamm nieder- geschlagen worden war, geschaltet. Diese Elektrode bildete mit der zu messenden Silbersalzl/~sung die Bezugselektrode; je nach Silbersalzkonzentration mul3te daher auf einen gemeinsamen Potentialnull- punkt umgerechnet werden.

Die Messung unter Verwendung von Propionitril wurde in einer gasdichten Zelle [ 10 ] durchgeffihrt, bei der die M6glichkeit zur Umkondensation des LSsungsmittels auf ein Trockenmittel (Alumina Super I, Woelm) bestand, um Spuren yon Wasser zu eliminieren.

Unter Verwendung w~issriger L6sungen von Sil- berfluorid und Silberperehlorat sowie den Salzen

Natriumfluorid, Natriumperchlorat und Kalium- fluorid wurden Versuchsreihen unter Variation yon c(Ag + ), c ( F - ) und c (C10 ; ) durchgeffihrt. Die Zu- sammensetzung der jeweils untersuchten Elektrolyte geht aus Abb. 1 hervor. Bei allen Versuchen wurde die Ionenst~irke I=l/2Zciz~ durch Zusatz yon Natriumperchlorat auf konstant I = 2.0 eingestellt.

Fiir alle Cyclovoltammogramme wurde als untere Potentialgrenze tp=0 V (gegen Ag/Ag ÷ ) gew~ihlt da bei tieferen Potentialen die Abscheidung von Silber einsetzen wfirde. Als obere Grenze wurde das Po- tential der beginnenden Sauerstoffentwicklung ein- gestellt. Die Scangeschwindigkeit betrug 20 mV/s, die Temperatur des Elektrolyten - 2 ° C.

2.3. Kapazitdtsmessung

Messungen der Doppelschichtkapazifiit der mit Silberoxiden bewachsenen Arbeitselektrode wurden in einer temperierbaren Zelle von etwa 50 m~ Inhalt durchgeffihrt. Als Gegenelektrode wurde ein Platin- netz, wie es fiir elektrogravimetrische Analysen ver- wendet wird, geschaltet. Es war zuvor 10 min mit einer Stromst~irke von 2.5 A platiniert worden [ 11 ]. Vor Beginn jeder Einzelmessung wurde unter Varia- tion der Aufwachszeit eine Oxidschicht bei einem konstanten Strom von 2 mA auf der Arbeitselek- trode abgeschieden. Dann wurde sofort auf eine Im- pedanzmel3briicke (Fa. Hewlett-Packard, Modell 4192 A) mit angeschlossenem Rechner umgeschal- tet. Innerhalb einer Zeit von 20 s wurden ohmscher-

elF'} j

1+00-'

0.30-

0,I0 . . . .

0.03 -

001-

oN O,Ol o+G3 o.1o o.~o ,oo

[mo(. r ]

A b b . 1. Z u s a m m e n s e t z u n g d c r c y c l o v o l t a m m e t r i s c h u n t e r s u c h -

t e n E l e k t r o l y t e .

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Rf

Abb. 2. Ersatzschaltbild zur Berechnung der Doppelschichtka- pazit~it Cd.

und kapazitiver Widerstand zwischen den Elektro- den tiber ein Frequenzintervall von 100 Hz bits 10 MHz in zehn Schritten gemessen. Unter Zugrunde- legung des in Abb. 2 wiedergegebenen Ersatzschalt- bildes wurden daraus die Doppelschichtkapazit~iten in Abh~ingigkeit v o n d e r Aufwachszeit errechnet.

2.4. R6ntgenpulverdiffraktometrie

[mA]

-0,2-

Abb.3. Cyclovoltammogramm mit blankem Pt-Draht als Ar- beitselektrode; Durchl~iufe 1-3. c(F- ) = 0,1 mol/~; c(Ag ÷ ) = 0,080 mol/~ (Potential ~o gegen Normalwasserstoffelektrode NHE).

Beugungsdiagramme wurden unter Verwendung von Cu Kot-Strahlung (Ge-Monochromator ) auf ei- nem automatischen Pulverdiffraktometer der Fa. Stoe, ausgertistet mit einem ortsempfindlichen De- tektor (PSD) registriert. Die mit Produkt bewach- sene Platinanode wurde hierzu nach dreimaligem Waschen mit kaltem bidestilliertem Wasser direkt auf einem Goniometerkopf montiert. Der ortsfeste De- tektor erfaBte einen Beugungswinkelbereich 20 yon 18 ° bis 62 ° bei einer Aufl6sung von 0.15 °.

3. Ergebnisse

Unabh~ingig von der Zusammensetzung des Elek- trolyten wurden zwei verschiedene Typen von Cy- c lovol tammogrammen registriert. Der eine Typ wurde stets beobachtet, wenn von einem blanken Platindraht als Arbeitselektrode ausgegangen wor- den war, der andere, wenn bereits eine makrosko- pische Menge an Silberoxiden auf der Elektrode auf- gewachsen war. Die Vol tammogramme des ersten Typs werden in ihrem qualitativen Aussehen durch die Abb. 3 und 4 wiedergegeben, die des zweiten Typs durch Abb. 5. Dabei zeigt Abb. 3 die ersten drei Durchl~iufe, Abb. 4 die folgenden bis etwa zum zehn- ten Durchlauf fiir unterschiedliche Zusammenset- zungen des Elektrolyten. Das Ergebnis der Doppel-

! .

[mA]

0,3-

0,2-

0,I-

0

-0,1

-0,2-

Abb. 4. Cyclovoltammogramm mit blankem Pt-Draht als Ar- beitselektrode; 4.-10. Durchlauf c(Ag+)=0.080 mol/£; C(F- ) = ( 1 ): 0,30 mol/~; (2): 0,10 mol/£; (3): 0,03 mol/~; (4): 0,01 mol/L

schichtkapazit~itsmessung zeigt Abb. 6. Aus den gemessenenen Kapazit~iten wurde die dazu propor- tionale elektrochemisch aktive Oberfl~iche O der Elektrode (einschlieBlich des aufgewachsenen Oxids) ermittelt. Als Umrechnungsfaktor wurde der Quo- tient aus der experimentellen Kapazit~it der oxidfreien Arbeitselektrode und deren geometrisch best immter Oberfl~iche verwendet.

Eine Obersicht der r6ntgenographisch auf der Elektrode nachgewiesenen Silberoxide gibt Tab. 1.

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I ]" l'- [mA---] /

-0,5 1~ 7 3'

Abb. 5. Cyclovoltammogramm abgeschiedener Silberoxide nach 2 rain. Elektrolyse mit 1=2 mA; c(Ag+)=0,080 mol/£; c(F- ) =0,30 mol/~ (Potential q~ gegen NHE). Durchl~iufe 1-4: Umkehrpotential 1,52 V; Durchl~iufe 1 '-4 ' : Umkehrpotential 1,24 V.

5n_

6 -

4-

2 -

0 I I

tram 21

- 8

- 6

- 4

Abb. 6. Doppelschichtkapazit~it Cd und Oberfl~iche O der mit Sil- beroxiden bewachsenenen Arbeitselektrode in Abh~ingigkeit von der Elektrolysedauer t.

4. Interpretation, Diskussion

Die durch das Cyclovoltammogramm in Abb. 4 beschriebenen Vorg~inge entsprechen im Bereich oberhalb von 1.3 V reversiblen Ladungsiibertragun- gen aufgel6ste Silberionen. Diese Interpretation wird

einerseits durch die c(F-)-Abh~ingigkeit, anderer- seits durch die "Schwanzbildung" der kathodischen Peaks gestfitzt, welche auf Diffusionsvorg~inge elek- trochemisch aktiver Ionen im Elektrolyten schlieBen lassen. Ferner zeigt der steile anodische Anstieg, der der Oxidation yon Wasser und Ag + entspricht, bei Silberkonzentrationen c(Ag +) <0.05 mol/£ eine deutlich ausgepr~igte Schulter zu tieferem Potential und damit die beiden erw~ihnten Oxidationsvor- g~inge aufgel6st. In reiner Natriumperchloratl~Ssung der Ionenst~irke I=2 .0 wird bei gleichem StrommeBbereich nur der "Sauerstoffpeak" beob- achtet. Die Verschiebung des Reduktionspotentials der oxidierten Silberionen um 120 mV zu tieferen Werten bei Erh6hung der Fluoridionenkonzentra- tion um eine Dekade l~il3t sich durch die Nernstgleichung

0.0538 1 a (AgF; ) ~0=~0oq- ~ ga4(ff-s-~.a--~g+) T = 2 7 1 K

beschreiben, der folgende Elektrodenreaktion zu- grunde gelegt wird:

Ag + + 4F- = [AgF4 ] - + 2 e - .

Wegen der Konstanz der Ionenst~irke und somit der Aktivit~itskoeffizienten der beteiligten Ionen bei allen Messungen diJrfte die Nernstgleichung mit hin- reichender Genauigkeit anwendbar sein. Die in Abb. 3 erkennbaren Ver~inderungen der Kathodenreak- tion bis zum Erreichen des station~iren Zustandes k6nnen zum gegenw~rtigen Zeitpunkt nicht gedeutet werden.

Das oben beschriebene elektrochemische Verhal- ten der gel6sten Silberionen wird qualitativ unver- ~indert beobachtet, wenn makroskopische Silber- oxidabscheidungen an der Arbeitselektrode vorlie- gen, wie sie z.B. durch einen konstanten anodischen Strom yon 2 mA w~ihrend 60 s erzeugt werden k6n- nen. Die Elektrode weist dann einen samtartigen, leicht glitzernden Belag auf. Die dann zus~itzlich beobachteten quasireversiblen Ladungsiibertragun- gen bei niedrigeren Potentialen entsprechen Reak- tionen zwischen festen Silberoxiden auf der Arbeits- elektrode und Silberionen in der LiSsung. Diese Deutung ist dadurch abgesichert, dab die Peak- fl~ichen mit der Masse der abgeschiedenen Produkte zunehmen und der Verlauferhalten bleibt, wenn man bei der potentio-dynamischen Messung eine obere

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Tabel 1 R6ntgenographisch aufder Elektrode identifizierte Silberoxide in Abh~ingigkeit vonder Elektrolytzusammensetzung. (Stromst~irke: kon- stant 2 mA, Elektrolysedauer: 2 min., AgxOy: Silberoxid unbekannter Zusammensetzung).

Elektrolyt gefundene Phasen

c(Ag + ) c(F- ) Hauptprodukt Nebenprodukt ( < 10%) (>50%) (> 10%, <50%)

1,00 0, 30 Ag304 Ag708C104 0,70 0,30 Ag304 0,50 0,30 Ag304 0,40 0,30 Ag304 AgxOy 0,30 0,30 AgsO4 AgxOy 0,27 0,30 Ag304 AgxOy 0,237 0,30 Ag304 AgxOy 0,206 0,30 Ag304 AgxOy 0,173 0,30 Ag304 Ag203 0,105 0,30 Ag203 0,076 0,10 Ag203 0,076 0,10 nach CV~ AgO Ag304 0,050 0,30 Ag203 0,0020 0 Ag203

Ag708C104 AgxOy

Ag2Os Ag~Oy, AgO AgO

AgO

Potent ialgrenze unterhalb des Oxida t ionspotent ia l s

von Ag + in L6sung einstellt. Die weitere Abschei- dung von Si lberoxiden wird dadurch unterbunden. In Ubere ins t immung mi t dieser Deutung wird eine

Verschiebung der Peakpotent ia le zu h6heren Werten um jeweils etwa 50 mV beobachte t bei Erh6hung der Si lber ionenkonzent ra t ion in L6sung um eine De- kade (siehe Abb. 7).

DaB tatsiichlich nur Ag+-Ionen involviert sind und nicht etwa Protonen, l~iBt sich dadurch belegen, daB in einer wasserfreien L6sung von Si lberperchlorat in

Propioni t r i l unter Verwendung einer mit hiSheren

Si lberoxiden bewachsenen Arbei tse lekt rode beziig-

lich der Reakt ionen, an denen Feststoffe beteil igt sind, qual i ta t iv t ibere ins t immende Diag ramme be-

obachtet werden. Es kann sich bei diesen Reakt ionen nicht um bloBe Abscheidungen monoa tomare r Sil- berschichten handeln, da einerseits die ausgetausch- ten Ladungsmengen sehr groB sind (etwa 1% der zum Aufwachsen ben~tigten Ladung) , andererseits solche

Abscheidungen entgegen der Beobachtung in der Re- gel reversibel sin&

Ferner wird in unseren Exper imenten bei der Abscheidung massiver Si lberschichten unterhalb 0 V ( A g / A g + ) eine Kris ta l l i sa t ionst iberspannung yon etwa 30 mV beobachtet , was da rau f hindeutet , dab

[VI

1,2"

1,0-

0.8-

0.8-

0.7-

0.6-

0.5 i I I 0,01 0,10 1.00 c/A9 ÷1

[mol.t-~]

Abb. 7. Spitzenpotentiale ~o (gegen NHE) der dem Abbau der Silberoxide entsprechenden Peaks in Abh~ingigkeit yon c(Ag ÷ ), e(F- ) = 0,30 mol/~; Bereiche, in denen die jeweiligen Phasen als Prim~irprodukte entstehen, sind "fett" gekennzeichnet.

zuvor an der Arbei tselektrode keine Si lberkeime vorhanden waren.

Die Doppelschichtkapazit~itsmessungen zeigen, daB die elektrochemisch akt ive Oberfi~iche der Sil- beroxide nach 2 min Aufwachszeit nur etwa um den Fak to r drei gr6Ber ist als die Oberfl~iche der b lanken Elektrode. Ermit te l t man dazu beispielsweise die

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beim Abbau v o n Ag304 zu AgO umgesetzte Stoff- menge bzw. Stoffvolumen aus der zugeh6rigen Peak- fl~che, so lal3t sich durch Division des umgesetzten Volumens durch die Oberfl~iche eine "Eindringtiefe" f'tir die Festkt~rperreaktion bestimmen. Sie betr~igt etwa 15 nm, dies entspricht rund 20 Elementarzel- lenl~ingen von Ag304.

Unter Variation der Mel3bedingungen werden ftir die Festk~Srperreaktionen in den Silberoxiden insbe- sondere im Bereich kathodischer Str6me insgesamt vier verschiedene Maxima bei charakteristischen Potentialen beobachtet, vgl. Abb. 8 und 9. Mit r6nt- genographischen Methoden k6nnen die Maxima bei 1,107 V, 1,064 V und 0,952 V (c(Ag+) =0,65 mol / ~) der Reduktion von Ag708C104, Ag203 [6] und Ag304 [4] zu AgO [2 ] zugeordnet werden. Dem Peak bei 1,015 V entspricht ein charakteristisches R~Sntgendiagramm eines weiteren, strukturell noch unbekannten Silberoxides. Diese geschilderten Ver- haltnisse sind in Abb. 7 auch in Abh~ingigkeit von c(Ag + ) zusammengefaBt.

Man erkennt ferner, dab kleine Ag+-Konzentra - tionen die Bildung von Oxiden mit Silber in hohen Oxidationsstufen wie Ag203 als Prim~irprodukt f6r- dern, wogegen hohe Ag+-Konzentrationen eher zur Bildung derjenigen Oxide mit niedrigeren Oxida- tionszahlen wie Ag708C104 (mittl. Ox.-zahl: 2,43)

i [mA]

0,5-

-0,5-

,.o J _ _ - - j 7

/

IV]

Abb. 8. Cyclovoltammogramm abgeschiedener Silberoxide nach 2 min. Elektrolyse mit I= 2 mA. Elektrolyt: c(Ag ÷ ) =0,65 mol/ ~; c(F- ) = 0,30 mol/L (Potential ~ gegen NHE).

ft ihren, Ag304 (mittl. Ox.-zahl: 2,67) nimmt dementsprechend eine Mittelstellung ein.

Die Ver~inderung der Intensit~iten der dem Silber- abbau entsprechenden Peaks mit der Zeit veran- schaulichen Abb. 5 und 6. Generell lal3t sich sagen, dab mit Fortgang der Messung die Intensit~ten der dem Ag203- sowie dem AgTO8CIO4-Abbau entspre- chenden Peaks abnehmen zugunsten des Ag3Oa-

Peaks, gleichzeitig nimmt die Intensit~it der Rfick- oxidation stark zu. Diese Umwandlung l~il3t sich be- sonders gut beobachten, wenn man die Bildung neuen Oxids unterbindet, indem man nur im unteren Po- tentialbereich mil3t. Ag203 und Ag708C104 sind dann schon nach zwei bis ftinf Durchl~iufen cyclovoltam- metrisch nicht mehr nachweisbar. Die Umwandlung wird durch Fluoridionen katalysiert.

5. Zusammenfassung

Bei der elektrochemischen Kristallisation von Sil- beroxiden sind zwei voneinander unabh~ingige Re- doxvorg~inge von Bedeutung, die (schnelle) rever- sible Einstellung der L6sungsgleichgewichte zwischen Ag(I) , Ag(II) und Ag(III ) sowie (langsamere) Festk6rperreaktionen im Volumen der bereits abge- schiedenen Oxide. Hieraus k6nnte man eine Erkl~i- rung Ftir die besondere Eignung von Silber f'tir die Abscheidung als hochoxidierte Oxide ableiten. Ei- nerseits bevorzugen einige Elemente, bei denen die Synthese der h6heren Oxide bisher vergeblich ver- sucht wurde, entweder geradzahlige oder ungerad- zahlige Oxidationsstufen. Eine Einstellung der je- weiligen Redoxgleichgewichte wiirde in solchen Fallen einen Zweielektronenschritt an der Elektrode erfordern, der mit dem Auftreten sehr hoher Lrber- spannungen verbunden ware [12 ]. Andererseits ist Silber wegen seines hohen Diffusionskoeffizienten in vielen seiner festen Verbindungen in besonderer Weise dazu befiihigt, die erforderlichen Transport- vorg~inge an der Oberfl~iche und im Volumen der Kristalle w~ihrend ihres Wachstums an der Elektrode hinreichend schnell ablaufen zu lassen.

Wir danken Herrn Professor Wolf Vielstich f'tir wertvolle Hinweise und Diskussionsbeitr~ige, Frau cand. chem. Berger ftir Mitwirkung an den experi- mentellen Arbeiten und dem Fonds der Chemischen

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_ L [reAl

-0.25

- 0,50-

- 035-

0.8 0.9 I I

1.0 1.1 J

'~,' ~ - .

/ ', / / / /

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5

1 Ag30 ~ Ag~Oy

L

1 ~20~ AgTOBC[O~

Abb. 9. Vergr6Berter Ausschnitt von Abb. 8.

>

[Vl

Industrie fiir Unterstiitzung mit Sachmitteln.

Literatur

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[2] M. Jansen und P. Fischer, J. Less Common Metals 137 (1988) 123.

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Dietrich Steinkopff Verlag, Darmstadt, 1976) S. 35 if, S. 131.