cucurbitaceen-viren und der nachweis ihrer saatgutübertragung – ein methodisches problem

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Gesunde Pflanzen (2006) 58:45–51 DOI 10.1007/s10343-005-0101-z ORIGINALBEITRAG Luitgardis Seigner · Margaretha Kappen · Margarete Kistler · Dorothea Köhler Cucurbitaceen-Viren und der Nachweis ihrer Saatgutübertragung – ein methodisches Problem Eingegangen: 15 November 2005 / Angenommen: 17 November 2005 / Online veröffentlicht: 21 Februar 2006 © Springer-Verlag 2006 Zusammenfassung Viren an Cucurbitaceen sind ein häufiges Problem. Mehr als 30 verschiedene Viren können auf Blättern und Früchten auffällige Symptome verur- sachen. Neben der Qualität der Früchte kann auch der Ertrag deutlich vermindert sein. Nicht immer ist die In- fektionsquelle bekannt. An der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) wurde untersucht, ob in der Praxis verwendetes Saatgut viruskontaminiert ist und eine Übertragung von Cucurbitaceen-Viren über das Saatgut stattfindet. Hierzu wurden Samenproben im Gewächshaus ausgesät und die Pflanzen kultiviert. Die geernteten Früchte wurden auf eine Reihe wichtiger Cucurbitaceen- Viren mit dem DAS-ELISA untersucht. Bei einem hohen Prozentsatz der Proben waren die Testergebnisse positiv. Diese konnten jedoch mit anderen Verfahren (Indikatorpflanzentest, RT-PCR) nicht abgesichert wer- den. Elektronenmikroskopische Untersuchungen an der Biologischen Bundesanstalt (BBA), Braunschweig, ver- liefen ebenfalls negativ. Die DAS-ELISA-Untersuchung von Früchten führt offensichtlich zu „falsch positiven“ Resultaten. Eine Viruskontamination der untersuchten Samenproben konnte nicht nachgewiesen werden. Schlüsselwörter Virusübertragung über Saatgut · Kontaminiertes Saatgut · Cucurbitaceen-Viren · DAS-ELISA · Falsch positiver Test Viruses of cucurbitaceae and the verification of their transmission through seeds – a methodological problem Abstract Virus diseases of cucurbitaceae are frequently observed. More than 30 different viruses can cause symp- L. Seigner () · M. Kappen · M. Kistler · D. Köhler Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft, Institut für Pflanzenschutz, Lange Point 10, 85354 Freising E-mail: [email protected] Tel.: +49-8161-715695 toms on leaves and fruits. Quality as well as yield can be drastically affected. In some cases the source of infection is unknown. Therefore studies to elucidate a possible virus contamination of seeds and seed transmission of viruses were carried out at the Bavarian State Research Center for Agriculture (LfL). Seed samples of cucurbitaceae were sown in the greenhouse and plants were cultivated. The presence of viruses in fruits was checked by DAS-ELISA. A high percentage of samples were tested positive by ELISA, but these results could not be verified by other methods (tests on indicator plants, RT-PCR). Also electron microscopic investigations at the German Federal Author- ity and Federal Research Centre (BBA), Braunschweig, gave negative results. Thus a virus contamination of the seed samples was not detected. Keywords Viruses transmission by seeds · Virus contaminated seeds · Viruses of cucurbitaceae · DAS-ELISA · False positive test Einleitung Virusbefall an Cucurbitaceen ist ein häufiges Problem. Mehr als 30 Viren unterschiedlicher systematischer Grup- pen können Gurkengewächse befallen (Lovisolo 1980). Wichtige Vertreter der Cucurbitaceen-Viren sind Tabelle 1 zu entnehmen (siehe auch Tabelle 2). Meist treten Störun- gen im Wachstum und in der Entwicklung der Pflanzen auf. Eindrucksvolle Symptome wie Scheckungen, Mosaik, Nekrosen, Adernbänderung, Adernaufhellung sowie De- formationen an den Blättern sind zu beobachten (Abb. 1). Auch die Früchte können auffällige Veränderungen wie Narbung, Beulen, Scheckungen, Sprenkelung, Verfär- bungen, chlorotische Aufhellungen zeigen (Abb. 2) und erreichen oft nicht die normale Größe. Neben der Qualität der zu vermarktenden Produkte kann in Abhängigkeit von Kultur und Kulturbedingungen, Sorte, Virus und Virus- stamm auch der Ertrag leiden. Erhebliche Verluste sind vor allem dann zu verzeichnen, wenn eine Mischinfektion mit zwei oder mehreren Viren vorliegt und die Infektion

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Page 1: Cucurbitaceen-Viren und der Nachweis ihrer Saatgutübertragung – ein methodisches Problem

Gesunde Pflanzen (2006) 58:45–51DOI 10.1007/s10343-005-0101-z

O R I G I N A L B E I T R A G

Luitgardis Seigner · Margaretha Kappen · Margarete Kistler · Dorothea Köhler

Cucurbitaceen-Viren und der Nachweis ihrer Saatgutübertragung –ein methodisches Problem

Eingegangen: 15 November 2005 / Angenommen: 17 November 2005 / Online veröffentlicht: 21 Februar 2006© Springer-Verlag 2006

Zusammenfassung Viren an Cucurbitaceen sind einhäufiges Problem. Mehr als 30 verschiedene Viren könnenauf Blättern und Früchten auffällige Symptome verur-sachen. Neben der Qualität der Früchte kann auch derErtrag deutlich vermindert sein. Nicht immer ist die In-fektionsquelle bekannt. An der Bayerischen Landesanstaltfür Landwirtschaft (LfL) wurde untersucht, ob in derPraxis verwendetes Saatgut viruskontaminiert ist und eineÜbertragung von Cucurbitaceen-Viren über das Saatgutstattfindet. Hierzu wurden Samenproben im Gewächshausausgesät und die Pflanzen kultiviert. Die geerntetenFrüchte wurden auf eine Reihe wichtiger Cucurbitaceen-Viren mit dem DAS-ELISA untersucht. Bei einemhohen Prozentsatz der Proben waren die Testergebnissepositiv. Diese konnten jedoch mit anderen Verfahren(Indikatorpflanzentest, RT-PCR) nicht abgesichert wer-den. Elektronenmikroskopische Untersuchungen an derBiologischen Bundesanstalt (BBA), Braunschweig, ver-liefen ebenfalls negativ. Die DAS-ELISA-Untersuchungvon Früchten führt offensichtlich zu „falsch positiven“Resultaten. Eine Viruskontamination der untersuchtenSamenproben konnte nicht nachgewiesen werden.

Schlüsselwörter Virusübertragung über Saatgut ·Kontaminiertes Saatgut · Cucurbitaceen-Viren ·DAS-ELISA · Falsch positiver Test

Viruses of cucurbitaceae and the verificationof their transmission through seeds –a methodological problem

Abstract Virus diseases of cucurbitaceae are frequentlyobserved. More than 30 different viruses can cause symp-

L. Seigner (�) · M. Kappen · M. Kistler · D. KöhlerBayerische Landesanstalt für Landwirtschaft,Institut für Pflanzenschutz,Lange Point 10, 85354 FreisingE-mail: [email protected].: +49-8161-715695

toms on leaves and fruits. Quality as well as yield can bedrastically affected. In some cases the source of infectionis unknown. Therefore studies to elucidate a possible viruscontamination of seeds and seed transmission of viruseswere carried out at the Bavarian State Research Center forAgriculture (LfL). Seed samples of cucurbitaceae weresown in the greenhouse and plants were cultivated. Thepresence of viruses in fruits was checked by DAS-ELISA.A high percentage of samples were tested positive byELISA, but these results could not be verified by othermethods (tests on indicator plants, RT-PCR). Also electronmicroscopic investigations at the German Federal Author-ity and Federal Research Centre (BBA), Braunschweig,gave negative results. Thus a virus contamination of theseed samples was not detected.

Keywords Viruses transmission by seeds · Viruscontaminated seeds · Viruses of cucurbitaceae ·DAS-ELISA · False positive test

Einleitung

Virusbefall an Cucurbitaceen ist ein häufiges Problem.Mehr als 30 Viren unterschiedlicher systematischer Grup-pen können Gurkengewächse befallen (Lovisolo 1980).Wichtige Vertreter der Cucurbitaceen-Viren sind Tabelle 1zu entnehmen (siehe auch Tabelle 2). Meist treten Störun-gen im Wachstum und in der Entwicklung der Pflanzenauf. Eindrucksvolle Symptome wie Scheckungen, Mosaik,Nekrosen, Adernbänderung, Adernaufhellung sowie De-formationen an den Blättern sind zu beobachten (Abb. 1).Auch die Früchte können auffällige Veränderungen wieNarbung, Beulen, Scheckungen, Sprenkelung, Verfär-bungen, chlorotische Aufhellungen zeigen (Abb. 2) underreichen oft nicht die normale Größe. Neben der Qualitätder zu vermarktenden Produkte kann in Abhängigkeit vonKultur und Kulturbedingungen, Sorte, Virus und Virus-stamm auch der Ertrag leiden. Erhebliche Verluste sindvor allem dann zu verzeichnen, wenn eine Mischinfektionmit zwei oder mehreren Viren vorliegt und die Infektion

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Tabelle 1 Übersicht über die bearbeiteten Viren und die für ihren Nachweis mit dem DAS-ELISA verwendeten polyklonalen Immunglo-buline G (Ig G) bzw. Ig G-Alkalische-Phosphatase-Konjugate

Virus Ig G/Ig G-KonjugatDeutsche Bezeichnung Englische Bezeichnung Akronym Quelle Verdünnung

Gurkengrünscheckungsmosaik-Virus

Cucumber green mottle mosaictobamovirus

CGMMV DSMZ 1:500

Gurkenmosaik-Virus Cucumber mosaic cucumovirus CMV Loewe Biochemica 1:200Gurkenblattflecken-Virus Cucumber leaf spot carmovirus CLSV DSMZ 1:1000Tabaknekrose-Virus Tobacco necrosis necrovirus TNV Loewe Biochemica 1:200Papayaringflecken-Virus Papaya ringspot potyvirus PRSV DSMZ 1:1000Wassermelonenmosaik-Virus 2 Watermelon mosaic 2 potyvirus WMV-2 (= WMV) DSMZ 1:1000Zucchinigelbmosaik-Virus Zucchini yellow mosaic potyvirus ZYMV DSMZ 1:1000

DSMZ = Deutsche Sammlung für Mikroorganismen und Zellkulturen

Abb. 1 Typische Blattaufhellungen und Adernbänderung an einemGurkenblatt sowie Chlorosen und Aufwölbungen an einer Gurke auseiner Freilandkultur aus dem Jahr 2004 als Folge einer Mischinfek-tion mit PRSV, WMV und ZYMV. Fotos: W. Bimek und A. Wirth,Erzeugerring für Obst und Gemüse Straubing e. V.

schon frühzeitig in der Vegetationsperiode erfolgt ist(Lecoq et al. 1981, Doradzillo et al. 2001, Müller 2003,Laun u. Urban 2002).

Infektionsquellen und Virusverbreitung

Sofern eine Virose nicht über zugekaufte infizierteJungpflanzen in einen Bestand eingeschleppt wird,sind meist befallene Pflanzen in Nachbarbeständen dieInfektionsquelle. Besonderes Augenmerk ist hierbeiauf Zierkürbisse zu legen. Diese könnten eine uner-kannte Infektionsquelle darstellen, da ihr „normales“Erscheinungsbild mit der narbig-warzigen Oberfläche,der unregelmäßigen Ausfärbung und den Scheckun-gen nicht oder nur schwer von der virusinduziertenSymptomatik zu unterscheiden ist. Auf Grund desz. T. sehr großen Wirtspflanzenkreises (Tabelle 2) derCucurbitaceen-Viren kommen aber nicht nur Gurken-und Kürbisgewächse als Virusquelle in Frage. Dies giltin besonderem Maße für das CMV (Gurkenmosaik-

Abb. 2 Ergebnisse der ELISA-Untersuchungen an Kürbis-,Zucchini- und Gurken-Früchten zum Zeitpunkt der Ernte. Dar-gestellt sind die ELISA-Absorptionswerte (milli-Extinktion bei405 nm) nach vierstündiger Substratinkubation. Eine Bestätigungder positiven ELISA-Ergebnisse mit anderen Testverfahren warnicht möglich

Virus, Virusbezeichnungen Tabelle 1). Auch infizierteUnkrautpflanzen spielen in diesem Zusammenhang eineRolle (Müller 2003). Perennierende Unkräuter könnensogar ein über Jahre hinweg bestehendes Virusreservoir

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Tabelle 2 Zusammenstellung wichtiger Fakten zu den untersuchten Viren

Virus Wirtspflanzen (u. a.) Übertragung Gegenmaßnahmen Symptome, Schadwirkungan Cucurbitaceen

CGMMV Chenopodiaceae, Cucurbita-ceae, Solanaceae; Beispiele:Citrullus spp., Cucumissativus, Cucurbita pepo,Lagenaria siceraria

keine Vektoren, mechanisch,Raphidopalpa fevicolis (Kä-fer), Samen (Oberfläche),Pflanzenreste im Boden, Was-ser, Bewässerungssysteme,Wurzel- und Blattkontakt,Kulturarbeiten, Pfropfung

Saatgutbehandlung (3 Tage,70 °C), Bodendämpfung(> 90 °C, mehrere Stun-den), Betriebshygiene,Desinfektion, infizierte Pflan-zen verbrennen oder überHausmüll entsorgen

Blattscheckungen, -verfor-mungen, Wachstumshem-mung, Stauchung, Ertrag-seinbußen, z. T. Fruchtmiss-bildungen, Streifen undFlecken,

CLSV besonders Cucurbitaceae;Beispiele: Cucumis spp.,Cucurbita spp., Luffa acu-tangula, Gomphrena sp.,Ocimum basilicum, Pe-tunia hybrida, Spinaciaoleracea,Vigna unguiculata,Zinnia elegans

Olpidium radicale (Bo-denpilz), kontaminierteBewässerungssysteme undErde, mechanisch, Pfropfung,Samen

Betriebshygiene (Desinfek-tionsmaßnahmen, Sauberhal-ten von Bewässerungssyste-men etc.), Bodendämpfung

Chlorosen, Nekrosen

CMV sehr großer Wirtspflanzen-kreis: 85 Pflanzenfamilien,775 Species: Cucurbitacae,Solanaceae, Compositae,Leguminosae etc.; Beispiele:Cucumis spp., Cucurbita ssp.,Lycopersicon esculentum,Spinacia oleracea, Capsicumspp., Brassica spp., Vicia spp.

nichtpersistente Über-tragung durch mehr als60 Blattlausarten (z. B. Aphisgossyppii, A. fabae, Myzuspersicae), mechanisch, Pfrop-fung, Samen (z. B. Caspicumannuum, Cucumis sativus,Cucurbita sp., Phaseolusvulgaris, Stellaria media)

Blattlausbekämpfung, Anbauresistenter bzw. toleranterSorten, Unkrautbekämpfung

Mosaik, Scheckung anBlattern und Fruchten,Missbildungen, Stauchung,Ertragsreduktion besondersbei Mischinfektion mitanderen Viren

TNV sehr großer Wirtspflanzen-kreis: landwirtschaftlicheKulturen, Hopfen, Zier-pflanzen, Gemüse; Beispiele:Cucumis sativus, Cucur-bita pepo, Lycopersiconesculentum, Lactuca sativa

Olpidium brassicae (kannmehr als 6 Monate im Bodenüberdauern), kontaminierteErde, mechanisch, Pfropfung;Samenübertragung nichtbeschrieben

Betriebshygiene (Desin-fektion, Sauberhalten vonBewässerungssystemen etc.),Bodendämpfung

Scheckung, Nekrosen, Blatt-und Fruchtdeformation

PRSV Cucurbitaceae, Caricaceae,Chenopodiaceae; Beispiele:Cucurbita spp., Cucumis spp.,Citrullus lanatus, Caricapapaya

nichtpersistente Übertragungdurch Blattläuse (M. persicae,A. gossypii), mechanisch,Pfropfung, Samenübertra-gung nicht beschrieben

Blattlausbekämpfung, Anbauresistenter bzw. toleranterSorten

Mosaik, Scheckung, Ertrags-einbußen, häufig Mischinfek-tionen mit WMV-2

WMV-2 über 160 dikotyle Pflan-zenarten aus 23 Familien:Cucurbitaceae, Leguminosae,Malvaceae etc.; Beispiele:Cucurbita spp., Cucumis spp.,Pisum sativum

nichtpersistente Über-tragung durch mehr als38 Blattlausarten, mecha-nisch, Pfropfung; Samenüber-tragung nicht beschrieben

Blattlausbekämpfung, Anbauresistenter bzw. toleranterSorten

Mosaik, Scheckung, z. T.mangelnder Fruchtansatz und-qualität, häufig Mischinfek-tionen mit PRSV

ZYMV Cucurbitaceae, Leguminosae,Solanaceae, Umbelliferaeetc.; Beispiele: Citrulluslanatus, Cucumis spp.,Cucurbita spp., Luffa acutan-gula, Phasaeolus vulgaris,Pisum sativum, Ranunculussardous, Senecio vulgaris

nichtpersistente Über-tragung durch mehr als8 Blattlausarten, mecha-nisch, Pfropfung, Samen(Oberfläche)

Blattlausbekämpfung, Anbauresistenter bzw. toleranterSorten

Mosaik, gelbe Flecken,Vergilbung, Adernbände-rung,Wuchsdepression,Fruchtdeformation,Ertragseinbußen

darstellen. Ferner besteht in bestimmten Fällen die Mög-lichkeit der Virusüberdauerung in Unkrautsamen (z. B.CMV bei Capsella bursa-pastoris und Stellaria media),was zudem zur flächenmäßigen Verbreitung der Virenbeiträgt.

Die Übertragung findet im Falle des CMV und derPotyviren meist über verschiedene Blattlaus-Arten (z. B.Myzus persicae, Aphis gossypii, Macrosiphum euphor-biae) statt. Die Blattläuse übertragen die Viren nichtper-

sistent und geben sie bereits durch kurze Probestiche andie Wirtspflanze ab. So kommt es zu einer schnellen Aus-breitung der Virose im Bestand. Des Weiteren können allein den Tabellen genannten Viren mechanisch übertragenund bei Kulturarbeiten verschleppt werden. Dies gilt vorallem für das auch außerhalb von Pflanzenmaterial äußerststabile CGMMV (Gurkengrünscheckungsmosaik-Virus).Darüber hinaus ist bekannt, dass zumindest das CMV,CGMMV und TNV (Tabaknekrose-Virus) über das

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Wasser und rezirkulierende Nährlösungen weitergetragenwerden (Büttner 1994, Büttner et al. 1995) können.

Aktuelle Situation

Die wirtschaftlich bedeutendste Virose an Cucurbitaceenist derzeit das ZYMV (Zucchinigelbmosaik-Virus). Diesesaggressive, in Europa erstmals 1973 entdeckte Virus(Lisa et al. 1981) hat sich innerhalb von fünf Jahrenweltweit ausgebreitet. Ende der neunziger Jahre sowie2000 und 2001 verursachte das ZYMV in Deutschland(Anbaugebiet Spreewald) Ertragsausfälle von bis zu50% bei Freilandgurken (Müller 2003). Im Jahr 2004bereiteten auch andere Viren verstärkt Probleme. So wur-den im niederbayerischen Raum neben dem ZYMV dasCMV, PRSV (Papayaringflecken-Virus) sowie das WMV(Wassermelonenmosaik-Virus = WMV-2) nachgewiesen.Ferner ergaben Untersuchungen, dass – zumindest inBayern – neben den genannten Viren das CGMMV, dasTNV sowie das CLSV (Gurkenblattflecken-Virus) inErscheinung traten.

Ausgangspunkt für die hier vorgestellte Arbeit war dasschon erwähnte Auftreten von Viruskrankheiten an Cucur-bitaceen in Bayern im Jahr 2004. Den zuständigen Pflan-zenschutzberatern war nicht bekannt, wo diese Infektionenihren Ursprung nahmen. Infizierte Jungpflanzen wurdenals Virusquelle ausgeschlossen; Infektionsherde in der nä-heren Umgebung wurden nicht beobachtet. Deshalb wur-den Virusinfektionen des verwendeten Saatguts in Erwä-gung gezogen. Samenübertragbarkeit ist zumindest für dasCMV, CGMMV, CLSV und – wenn auch nur mit gerin-ger Effizienz – für das ZYMV beschrieben (Schrijnwerkerset al. 1991).

Um der Frage der Samenübertragbarkeit der Cucur-bitaceen-Viren nachzugehen, zudem die tatsächlicheHäufigkeit der Kontamination von Saatgut festzustellenund das davon möglicherweise ausgehende Risiko ab-schätzen zu können, wurden Anfang 2005 Berater desbayerischen Pflanzenschutzdiensts aufgefordert, Probenvon Saatgut, das aktuell in Betrieben angebaut wurde,an die LfL einzusenden. Da der direkte Virusnachweisam Saatgut aufgrund der geringen Viruskonzentrationim Samen sowie endogener Inhaltsstoffe, welche dieNachweisverfahren stören können, schwierig ist, wurdein der Regel nicht das Saatgut selbst untersucht. DieUntersuchungen wurden stattdessen an den Früchten,die nach Aussaat des Saatguts geerntet wurden, durch-geführt. Die zugrunde liegende Überlegung war dabei,dass – bei Samenübertragung der Cucurbitaceen-Viren –Virusbefall des verwendeten Saatguts auch zu Virusbefallin den Früchten führen müsste. Da von den Herstellernder ELISA-Antiseren keine Angaben zur Zuverlässig-keit der Tests bei Untersuchung von Früchten gemachtwerden konnten, sollten zum Ausschluss methodischbedingter Artefakte die Ergebnisse über Bestätigungs-tests mit anderen Verfahren (Indikatorpflanzentest, RT-PCR) abgesichert werden. Zudem wurden von Frau JillEngelmann, BBA Braunschweig, dankenswerterweise

weiterführende Untersuchungen mit dem Elektronenmi-kroskop vorgenommen.

Material und MethodeKultur der Pflanzen im Gewächshaus

Samen von insgesamt 39 eingesandten Saatgut-Proben(Tabelle 3) wurden im Zeitraum von Februar bis Mitte Maiin vier Etappen in Pflanztöpfe (7 × 7 × 8 cm; 3 Sameneiner Probe pro Topf) im Gewächshaus ausgesät. Nach ca.acht Tagen wurden jeweils fünf Pflanzen pro Samenprobeeinzeln in 18 × 18 × 17 cm-Töpfe pikiert. Als Maß-nahme zur Vermeidung einer Virusverschleppung überden Boden, durch Wurzelkontakt oder über Gießwasser,wurden die Pflanztöpfe in separate Untersetzer gestellt.Um einem Befall mit Blattläusen, die Vektoren für CMV,PRSV, WMV und ZYMV sind, vorzubeugen, wurde inAbständen von ca. vier Wochen jede Pflanze mit 150 mlConfidor-Lösung (0,05%) gegossen. Die Bewässerungund Düngung (Wuxal in 0,2%iger Lösung) erfolgten beiBedarf mit Hilfe einer Gießkanne in die Untersetzer,um eine Virusverbreitung über Bewässerungssystemeauszuschließen. Bei allen Kulturarbeiten wurde daraufgeachtet, Viren nicht mechanisch zu übertragen. Umetwaige unerwünschte Verschleppungen von Viren mö-glichst umgehend festzustellen, wurden zwischen dieVersuchspflanzen Tabak-Pflanzen als Indikatoren gestelltund regelmäßig auf Virussymptome hin kontrolliertsowie später im ELISA parallel zu den Versuchspflanzengetestet. Die Temperatur im Gewächshaus lag tagsüberbei ca. 21 °C und nachts bei ca. 18 °C. Zwischen 6 und20 h wurde bei externen Beleuchtungsstärken von 10 bis50 kLux eine Zusatzbeleuchtung über Tageslichtröhrengegeben. Beim ersten, zweiten und vierten Aussaatterminwurde die Kultur nach ca. zwei bis drei Monaten beendetund die reifen Früchte geerntet. Beim dritten Aussaat-Termin musste die Kultur aufgrund einer sich im Bestandrasch ausbreitenden Mucor-Infektion vorzeitig nach knapp1,5 Monaten abgebrochen werden, so dass nur unreifeFrüchte für die Testung zur Verfügung standen.

Tabelle 3 Übersicht über die 39 untersuchten Saatgutproben

Kultur Probenanzahl Beschreibung

Gurken 27 EinlegegurkenKürbisse 7 4 × Speisekürbis

2 × Butternut-Kürbis1 × Zierkürbis

Zucchini 5

Probennahme und Durchführung des ELISAs

Die nach dem Anbau der 39 Saatgutproben geernte-ten Früchte wurden mit dem DAS-ELISA (Doppel-Antikörper-Sandwich-ELISA; Clark u. Adams 1977) auf

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die in Tabelle 1 aufgeführten Viren getestet. Eine Aus-nahme bildete lediglich das CLSV, das erst verspätet in dieUntersuchungen einbezogen wurde; eine CLSV-Testungerfolgte deshalb nur bei 17 Proben. Für den ELISAwurde direkt nach der Ernte sowie bei vier Kürbisprobenzusätzlich nach einer 3,5monatigen Lagerung Materialentnommen. Dafür wurden zwei Parallelproben à 500 mgFrischgewicht aus unterschiedlichen Bereichen der Fruchtmitsamt anhaftender Schale präpariert, in Homogeni-sationsbeuteln (ZEFA Laborservice, Harthausen) mitKunststoffeinlage überführt und bis zur Testung bei minus80 °C gelagert. Vor der Probenaufarbeitung wurde 4,5 mlgekühlter Extraktionspuffer zugegeben und dann das Ma-terial sofort unter Verwendung eines Handrollers (Bioreba,Reinach, Schweiz) in den Beuteln zerrieben. Der Extraktwurde 1:2 mit Extraktionspuffer verdünnt und im ELISAeingesetzt. Bei der stichprobenartig durchgeführten Un-tersuchung von Blättern wurde analog vorgegangen; eineProbe bestand dabei aus 500 mg Blattmaterial, das ausverschiedenen Blättern einer Pflanze stammte.

Eine direkte Testung des Saatguts fand exemplarisch anfünf Kürbisproben statt. Dafür wurden 1–2 Samen entspre-chend einem Frischgewicht von ca. 200 mg in 2 ml Pufferhomogenisiert und die Suspension unverdünnt sowie 1:10verdünnt weiterverwendet.

Der DAS-ELISA mit polyklonalen Antikörpern wurdeweitgehend nach Angaben der Serum-Hersteller (DSMZ,Braunschweig, bzw. Loewe Biochemica, Sauerlach; Ta-belle 1) durchgeführt. Abweichend davon wurden jedochfür die Antikörper-Beschichtung der Mikrotiterplattensowie für die Inkubation mit dem Alkalische-Phosphatase-Konjugat (AP-Konjugat) jeweils nur 100 µl verwendet.Die Extinktion wurde 45 min, 120 min und 240 min nachZugabe des Substrats (Di-Natrium-p-Nitrophenylphosphatin Substratpuffer, 10 mg/ml) mit dem ELISA-ReaderLAMDA K Elx808 (BIO-TEK Instruments) bei 405 nmgemessen. Für die Auswertung und grafische Darstel-lung wurden die „240-Minuten-Werte“ herangezogen.Als Schwellenwert für eine positive Testbewertungwurde ein um den Hintergrund („Blank“) bereinigter(Milli-)Extinktionswert von 150 (Mittelwert aus beidenParallelproben) vorgegeben, mit dem erfahrungsgemäßfalsch positive Testergebnisse ausgeschlossen werdensollten.

In Ergänzung zum DAS-ELISA mit polykonalenAntiseren kam bei ausgewählten Proben in einem indi-rekten ELISA ein monoklonaler Antikörper der FirmaAGDIA (Elkhart, USA) zur Anwendung, der spezifischmit allen Aphiden-übertragbaren Potyviren reagiert(Vorgehensweise entsprechend Herstellerhinweis).

Biotest auf Indikatorpflanzen

Zur Überprüfung des Virusbefalls und zur Feststellungder Infektiosität der Viren wurden die geernteten Früchtestichprobenartig mit Hilfe eines Biotests untersucht. AlsIndikatorpflanzen, die auf das Vorhandensein von Virenmit der Ausbildung von Symptomen reagieren, wurden

jeweils drei Pflanzen von Nicotiana rustica, N. bentha-miana, N. glutinosa, N. clevelandii, N. tabacum „Samsun“sowie Chenopodium quinoa im 3–4 Blattstadium ver-wendet. Jeweils 1 g Fruchtfleisch wurde in 30 ml eines0,1 M Natrium-Kalium-Phosphatpuffers (pH 7), demkurz vor Gebrauch 2% PVP 40.000 (w/v) sowie 0,2%Na2SO3 (w/v) zugesetzt worden waren, homogenisiertund dieser Extrakt auf die mit Carborundum (mesh < 400)bestäubten Blätter der Testpflanzen mit den Fingernaufgerieben. Nach ca. 15 min wurden die Blätter mitentkalktem Wasser abgewaschen. Die Pflanzen wurdenfür vier Wochen im Gewächshaus kultiviert (Kulturbe-dingungen siehe oben), auf die Bildung von Symptomenbonitiert und im Anschluss daran mit dem ELISA (wiebeschrieben) auf die in Tabelle 1 genannten Viren getestet.

Nachweis von endogener Alkalischer Phosphatase

Zum Nachweis endogener Alkalischer Phosphatase(AP)-Aktivität, die zur Gelb-Färbung im ELISA undsomit zu „falsch positiven“ Ergebnissen führen könnte,wurde – nach Angaben der DSMZ (Deutsche Samm-lung von Mikroorganismen und Zellkulturen GmbH),Braunschweig – Probenmaterial ausgewählter Probenin ELISA-Coatingpuffer, dem 0,05 M DIECA (Diethyl-dithiocarbamat) zugesetzt worden war, homogenisiertund anschließend 200 µl dieses Homogenats in die nichtbeschichteten Vertiefungen von ELISA-Platten pipet-tiert. Nach einer vierstündigen Inkubation bei 37 °Cwurden die Platten mit ELISA-Waschpuffer fünf malgewaschen. Im Anschluss daran wurden 200 µl der imELISA üblicherweise verwendeten Substratlösung (s. o.)in die Vertiefungen der Platten eingebracht und dieExtinktion unmittelbar danach sowie über einen Zei-traum von 2,5 Stunden hinweg alle 30 Minuten mit demELISA-Reader bei 405 nm gemessen.

Untersuchung auf CMV mit der RT-PCR

Aus Proben, die im ELISA positiv auf CMV getestet wur-den, wurde mit dem RNeasy® Plant Mini Kit (QIAGEN,Hilden) RNA extrahiert (Seigner 2000). Die ReverseTranskriptase (RT)-Reaktion sowie die Polymerase-Kettenreaktion (PCR) erfolgten unter Verwendung der vonRizos et al. (1992) publizierten Primer wie von Seigner(2000) beschrieben.

ErgebnisseBei den Untersuchungen der Früchte von insgesamt39 Saatgutproben (Tabelle 3) von Gurken, Zucchini undKürbissen wurden bei 17 Proben eine positive Reaktionim DAS-ELISA erzielt (Abb. 2). Bei den vier im unreifenZustand geernteten Früchten wurden keine positivenELISA-Werte gemessen. Der Anteil ELISA-positiverProben betrug circa 44%, wobei der Großteil dieser

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Tabelle 4 Ergebnisse der DAS-ELISA-Testung von Saatgut und den davon geernteten Kürbissen unmittelbar nach der Ernte sowie nach3,5-monatiger Lagerung bei Raumtemperatur. Dargestellt sind die ELISA-Absorptionswerte (milli-Extinktion bei 405 nm) bei Testung der1:10 (w/v; Samen) bzw. 1:20 (Kürbisse) verdünnten Proben-Extrakte nach 4stündiger Substratinkubation. Eine Bestätigung der positivenELISA-Ergebnisse mit anderen Testverfahren war nicht möglich. (Sa = Saatgut)

Probe CGMMV CLSV CMV PRSV TNV WMV-2 ZYMV

nach nach nach nach nach nach nach

Sa Ernte Lager Sa Ernte Lager Sa Ernte Lager Sa Ernte Lager Sa Ernte Lager Sa Ernte Lager Sa Ernte Lager

18 n.n. 216 736 n.n. n.u. n.n. n.n. n.n. n.n. n.n. n.n. 2062 n.n. n.n. n.n. n.n. 262 2589 735 n.n. n.n.19 n.n. 875 3543 n.n. n.u. 596 n.n. n.n. 223 n.n. n.n. 3946 n.n. n.n. 447 n.n. 160 3866 n.n. n.n. 44722 n.n. 2765 1938 n.n. n.u. 383 n.n. 574 267 n.n. 155 3912 n.n. n.n. 387 n.n. 476 3882 n.n. n.n. 28834 n.n. 2349 1343 n.n. n.u. 218 n.n. 925 n.n. n.n. 422 3944 n.n. 1073 221 246 1180 3937 n.n. 197 235

n.n. = nicht nachweisbar, n.u. = nicht untersucht

Proben mit mehreren Antiseren gleichzeitig reagierte(Abb. 2). Die höchsten Absorptionswerte zeigten sichbei Kürbissen (ELISA-Werte bis annährend 3000 zumZeitpunkt der Ernte) gefolgt von Gurken (bis 800) undZucchini (bis 650). Wie Tabelle 4 verdeutlicht, ergabsich bei Testung von vier Kürbis-Proben nach einer 3,5-monatigen Lagerung bei nahezu allen Viren eine Zunahmedes Nachweissignals. Der bedeutendste Anstieg war fürPRSV und WMV zu verzeichnen.

Im Gegensatz zu den bei der Untersuchung von Früch-ten z. T. sehr starken Reaktionen im ELISA ergab sich beider stichprobenartigen, direkten Testung des Saatguts vonvier Proben lediglich bei einer Probe ein schwach positivesErgebnis für WMV und bei einer anderen ein etwas stärkerpositives für ZYMV (Tabelle 4).

Da nur geringe Erfahrung mit der ELISA-Testung vonFrüchten vorlag, wurden zur Überprüfung der Ergebnisseweitere Untersuchungen angeschlossen. So wurden voneinzelnen Proben zusätzlich Blätter beprobt. All dieseTests verliefen negativ. Der mit einem monoklonalenAntikörper der Firma AGDIA (Elkhart, USA) durchführteindirekte ELISA auf Potyviren an den Proben 22, 34 und747, bei denen sich im DAS-ELISA zunächst Hinweiseauf einen Befall mit einem oder mehreren Potyviren(PRSV, WMV, ZYMV) ergeben hatten (Abb. 2), führtelediglich bei der Zierkürbisprobe 747 zu einem schwachpositiven Absorptionswert (Ergebnisse nicht dargestellt).An Früchten ausgewählter Proben kamen ergänzend nochandere Nachweisverfahren zur Anwendung: Die Tests anIndikatorpflanzen erbrachten jedoch ausschließlich nega-tive Befunde. Auch die RT-PCR-Tests (Ergebnisse nichtdargestellt) an Proben, die mit dem DAS-ELISA positivauf CMV getestet worden waren, waren negativ. DesWeiteren konnten über die an der BBA, Braunschweig,exemplarisch an den Proben 22 und 747 durchgeführtenelektronenmikroskopischen Untersuchungen keine Viru-sinfektionen festgestellt werden. Die positiven Ergebnissedes DAS-ELISA konnten demnach nicht bestätigt werden.

Untersuchungen auf endogene AP-Aktivität

Zur Abklärung, ob die Gelbfärbung im ELISA auf even-tuell im Extrakt vorhandene AP-Aktivität zurückzuführen

war, wurden exemplarisch an zwei Kürbisfrüchten sowiejeweils einer Gurken- und Zucchini-Frucht ein ent-sprechender Test vorgenommen. Endogene AP-Aktivitätwurde nicht gefunden.

Diskussion

In der Praxis wurde bei Cucurbitaceen Virusbefall beo-bachtet, ohne dass eine Infektionsquelle ausfindig gemachtwerden konnte. Aus diesem Grund wurde überprüft, obmöglicherweise das in Praxisbetrieben verwendete Saat-gut mit Viren kontaminiert ist und Ausgangspunkt fürInfektionen sein könnte. In der Literatur wird auf dieSamenübertragbarkeit von CMV, CGMMV, CLSV undZYMV hingewiesen (Brunt et al. 1996). Die Übertra-gungsraten (bei denen auch die Virusweitergabe überdie Samenoberfläche eingerechnet wird) schwanken vonProbe zu Probe sowie in Abhängigkeit von Virus undKultur beträchtlich (Literatur siehe Sylke Meyer-Kahsnitz1993). So werden für das bei 19 Arten saatgutübertragbareCMV Übertragungsraten von 1–6% bei Cucurbita spp.und 1% bei Cucumis sativus angegeben. Bei C. sativusliegt die Wahrscheinlichkeit für eine CGMMV- undCLSV-Übertragung bei 2% bis 44% bzw. 1%. Im Falledes ZYMV wird Saatgutübertragung zwar beschrieben,ihr aber eine eher untergeordnete Bedeutung eingeräumt(Schrijnwerkers et al. 1991, Lecoq 2003). Die Samen-übertragbarkeit von Viren ist von besonderer Tragweite,da die Pflanzen schon frühzeitig geschwächt werden, waserfahrungsgemäß zu erheblichen Wachstumseinbußen undErtragsausfällen führen kann (Laun u. Urban 2002).

Die vorliegenden DAS-ELISA-Untersuchungen anCucurbitaceen-Früchten lieferten zunächst Hinweise füreine Viruskontamination der untersuchten Samenproben.Der Beweis dafür konnte jedoch nicht erbracht werden,da alle exemplarisch durchgeführten Bestätigungstests(indirekter ELISA auf Potyviren, Indikatorpflanzentests,RT-PCR, Elektronenmikroskopie sowie die Blattunter-suchungen) negativ verliefen. Bei den positiven ELISA-Ergebnissen handelte es sich folglich um Artefakte.Eine Viruskontamination des verwendeten Saatguts istdemnach nicht nachgewiesen worden oder hat zumindestzu keinem feststellbaren Befall geführt.

Page 7: Cucurbitaceen-Viren und der Nachweis ihrer Saatgutübertragung – ein methodisches Problem

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Trotz dieser negativen Befunde sind Virusinfektionendes Saatguts nicht grundsätzlich auszuschließen. Deshalbsollte die bearbeitete Fragestellung weiter verfolgt werden.Im Hinblick auf die diagnostische Sicherheit ist jedochzunächst eine Optimierung der Untersuchungsmethodik,vor allen Dingen eine Adaptation des ELISAs an dieProbenmatrix (besonders bei Früchten), unabdingbar.Möglicherweise kann durch Zugabe spezieller Blockie-rungsreagenzien zu den ELISA-Puffern oder Einschaltungeines eigenen Blockierungsschrittes in den ELISA dasTest-System verbessert werden. Auch die Absättigungdes AP-Konjugates durch Extrakt aus gesunden Früchtenkönnte zu einer Reduzierung unspezifischer Reaktionenführen. Die Ursache für das Auftreten der „falsch positi-ven“ ELISA-Resultate ist bislang nicht bekannt. Denkbarwäre, dass pflanzeneigene Proteine zu serologischenKreuzreaktionen geführt haben. Angaben hierzu konntenvon den Serumherstellern nicht gemacht werden. Auchandere Pflanzeninhaltstoffe könnten die „falsch positiven“Ergebnisse bedingt haben. Da unreif geerntete Früchtekeine Reaktion im ELISA erbrachten und zudem die Lage-rung der Früchte zu einer Zunahme der Absorptionswerteim ELISA geführt hat, ist anzunehmen, dass derartigeStoffe während der Reifung bzw. Lagerung verstärkt ge-bildet werden. Ausgeschlossen werden konnte in diesemZusammenhang bislang nur das Vorhandensein endogeneralkalischer Phosphatasen in den Früchten, die zur unspe-zifischen Gelbfärbung im ELISA hätten führen können.

Vor dem Hintergrund der vorgestellten Erkenntnissewird deutlich, welch große Bedeutung einer exaktenDiagnostik zukommt. Ein einzelnes Nachweisverfah-ren mag diagnostische Sicherheit bieten und „falschnegative“ wie „falsch positive“ Befunde ausschließen,sofern sichergestellt ist, dass ein bestimmter Erregerbzw. Erregerstamm mit der gewählten Technik spezifischnachweisbar ist (z. B. Auswahl eines spezifischen Anti-serums, passender PCR-Primer, geeigneter Testpflanzen),die räumliche Verteilung eines Erregers in der Pflanzeund der Einfluss der Jahreszeit auf seine Nachweisbarkeitberücksichtigt werden sowie eine Beeinflussung desTestergebnisses durch die Probenmatrix ausgeschlossenwerden kann. Ist dies nicht der Fall, so müssen weitereTechniken, die auf anderen Nachweisprinzipien beruhen,hinzugezogen werden. Die moderne Diagnostik bietet hierverschiedene Möglichkeiten (z. B. molekularbiologische,serologische, elektronenoptische Verfahren); aber auchauf die herkömmlichen Methoden (Kulturtechniken,Lichtmikroskopie, Biotest etc.) kann und darf dabei nichtverzichtet werden. Nur die Kombination unterschiedlicherVerfahren wird zum „richtigen“ Ergebnis führen.

Danksagung. Gedankt sei den Beratern der Ämter für Land-wirtschaft und Forsten für die Einsendung der Saatgutproben, HerrnDr. P. Büttner für die begleitende mykologische Untersuchung sowieHerrn W. Bimek und Herrn A. Wirth, Erzeugerring für Gemüseund Obst Straubing e. V., für die Überlassung der digitalen Symp-tombilder. Ein besonderer Dank gilt Frau Jill Engelmann (BBA,Braunschweig) für die elektronenmikroskopischen Untersuchungenzur Abklärung der Ergebnisse.

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