beschaffung austria nr. 12 - kommunikation

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I nternet und Mobiltelefonie ha- ben binnen 20 Jahren die tra- ditionell vorherrschenden Kommunikationsformen Brief und Festnetztelefonie an den Rand ih- rer Existenzberechtigung gebracht. Und das nicht nur im privaten oder wirtschaftlichen Bereich – auch in der öffentlichen Verwaltung traten Internet, E-Mail und Handy einen Siegeszug an und führten zu deut- lichen Auswirkungen im Markt. „2006 bis 2008 war das Brief- auommen relativ stabil, 2009 ver- zeichneten wir aber schon einen deutlichen Einbruch auf eine Mil- liarde Briefsendungen“, erklärt Mi- chael Homola, Pressesprecher der Österreichischen Post. Für 2010 rechnet man mit einem weiteren Rückgang von drei bis fünf Pro- zent. Ursache des Rückganges dürf- te die Wirtschaftskrise und die da- mit verbundene intensive Suche nach Alternativen zum klassischen Briefversand sein. Im Bereich adressierte Werbung steigen die Mengen in der Zwischenzeit wie- der, denn hier wurden Werbeakti- onen storniert oder zurückgehal- ten, während die Mengenrückgänge im Segment Brief nachhaltig sind. „Wenn Behörden RSa- durch RSb- Briefe ersetzen, Unternehmen statt Einschreiben normale Briefe oder Banken elektronische Rechnungen verschicken, kehren diese Mengen nie wieder zurück“, erklärt Martin Füll, Geschäftsführer des privaten Beratungsunternehmens postcon- sulting.at. Öffentliche Verwaltung ist größter Kunde Die über die öffentliche Verwaltung abgerufene Gesamtbriefmenge (in- klusive Rückscheine) aus den Ver- trägen der BBG betrug im Vorjahr 75 Millionen Sendungen. Das ent- spricht einem Marktanteil im Seg- ment Brief von rund acht Prozent, macht aber 12,5 Prozent des Post- Umsatzes in dieser Division aus. „Der Umsatzanteil ist höher, weil die teureren Rückscheinsendungen hier einen extrem hohen Anteil dar- stellen und daher den Umsatz nach oben treiben“, analysiert Füll. Den Umsatzanteil der gesamten Ver- waltung im Segment Inlandsbrief schätzt er auf 18,5 bis 20 Prozent. Auch im Bereich der einge- schriebenen Briefe hat es in den letzten Jahren starke Verschie- bungen gegeben. „Früher als RSa verschickte Poststücke sind nun RSb-Briefe und Einschreiben sind nun normale Briefe. Ein gutes Bei- spiel für diese Veränderung sind Strafmandate, die früher einge- schrieben und heute als Brief ver- schickt werden“, so Post-Pres- sesprecher Homola. Knapp 17 Millionen Einschreiben werden noch pro Jahr in Österreich ver- schickt. Davon entfallen allein auf die Verträge der BBG rund 12 Mil- lionen Stück. „Selbst wenn die BBG nur Rückscheinsendungen (RSa, RSb) über die Post AG verschicken würde, wäre sie der weitaus größ- te Kunde der Post AG“, meint Mar- tin Füll. „Briefpost hat im öffentlichen Dienst nicht mehr die höchste Pri- orität – elektronische Medien ha- ben längst die führende Rolle in der Kommunikation übernommen“, er- klärt Roland Ledinger, der für die IKT-Strategie des Bundes verant- wortlich zeichnet. Beispielsweise lag das Briefvolumen im Bundes- kanzleramt 2000 bei 150.000 Brie- fen pro Monat, heute wird diese Korrespondenz mit bis zu 300.000 E-Mails abgewickelt. Mobil- sticht Festnetz Besseres Service und die Ansprü- che einer modernen Verwaltung erfordern im öffentlichen Bereich eine Anpassung der Kommunikati- onsmedien. So steigt beispielswei- se durch die geforderte Erreichbar- keit der Mitarbeiter im öffentlichen Dienst der Einsatz von Mobiltele- fonen und mobilen Internetzugän- gen. Die veröffentlichten Daten der Rundfunk- und Telekom-Regulie- rungs-GmbH zeigen ein deutliches Bild des Telefonmarktes: Wurde in Österreich 2007 noch 9,9 Milliar- den Minuten übers Festnetz telefo- niert, gab es binnen zweier Jahre ei- nen Rückgang von über 30 Prozent auf 6,6 Milliarden Minuten. Im glei- chen Zeitraum stiegen die Telefon- minuten im Mobilnetz von 16,9 auf 21,1 Milliarden Minuten. Auch die über die BBG erfassten Telefonmi- nuten der öffentlichen Hand zeigen eine dem Österreich-Durchschnitt entsprechende Verteilung zwischen Mobil-Telefonie mit 143 Millionen und Festnetztelefonie mit 44,7 Mil- lionen Minuten auf. Das heißt, nur mehr ein Viertel der Telefonate ist an einen fixen Arbeitsplatz gebun- den. Eine Chance, die die öffent- liche Hand in den Jahren zuneh- mend nützen will, um dem Bürger noch näher zu kommen. Rainald Edel www.beschaffung-austria.at Nr. 12 | September 2010 Mobiles Arbeiten | 10 In einem Pilotprojekt testete die BBG, welche Möglichkeiten mobiles Arbeiten bietet und welche Einsparungspotenziale realistisch sind. Expertendialog | 3 Wie wird die öffentliche Hand in 20 Jahren mit den Bürgern und intern kommunizieren? Eine hoch- karätige Expertenrunde wagt den Blick in die Zukunft. E-Government | 6 Immer mehr Behördenwege werden elektronisch abgewickelt – zum Vorteil von Bürgern und Beamten. Ein Lokalaugenschein im Finanzamt Oststeiermark. Videokonferenzen | 8 Hunderte Kilometer trennen Rich- ter und Zeugen. Einvernahmen per Videokonferenz gehören im BMJ zum Alltag. Monatlich werden bis zu 120 Konferenzen durchgeführt. Briefpost | 9 Elektronische Zustellsysteme, die Liberalisierung des Marktes und neue Briefarten – wie geht ein einstiger Monopolist mit diesen Umbrüchen um? Die Zeitung für den öffentlichen Einkauf. Kommunikation. Kein Gesetz hat die österreichische Verwaltung auch nur annähernd so verändert, wie das die digitale Revolution vermocht hat. Sowohl die Kommunikation mit dem Bürger als auch die Kommunikation zwischen den Behörden hat sich dramatisch verändert. Vom Siegelring zur elektronischen Signatur.

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Beschaffung Austria Nr. 12 - Kommunikation

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Page 1: Beschaffung Austria Nr. 12 - Kommunikation

Internet und Mobiltelefonie ha-ben binnen 20 Jahren die tra-ditionell vorherrschenden

Kommunikationsformen Brief und Festnetztelefonie an den Rand ih-rer Existenzberechtigung gebracht. Und das nicht nur im privaten oder wirtschaftlichen Bereich – auch in der öffentlichen Verwaltung traten Internet, E-Mail und Handy einen Siegeszug an und führten zu deut-lichen Auswirkungen im Markt.

„2006 bis 2008 war das Brief-aufkommen relativ stabil, 2009 ver-zeichneten wir aber schon einen deutlichen Einbruch auf eine Mil-liarde Briefsendungen“, erklärt Mi-chael Homola, Pressesprecher der Österreichischen Post. Für 2010 rechnet man mit einem weiteren Rückgang von drei bis fünf Pro-zent. Ursache des Rückganges dürf-te die Wirtschaftskrise und die da-mit verbundene intensive Suche nach Alternativen zum klassischen Briefversand sein. Im Bereich adressierte Werbung steigen die

Mengen in der Zwischenzeit wie-der, denn hier wurden Werbeakti-onen storniert oder zurückgehal-ten, während die Mengenrückgänge im Segment Brief nachhaltig sind. „Wenn Behörden RSa- durch RSb-Briefe ersetzen, Unternehmen statt Einschreiben normale Briefe oder Banken elektronische Rechnungen verschicken, kehren diese Mengen nie wieder zurück“, erklärt Martin Füll, Geschäftsführer des privaten Beratungsunternehmens postcon-sulting.at.

Öffentliche Verwaltung ist größter KundeDie über die öffentliche Verwaltung abgerufene Gesamtbriefmenge (in-klusive Rückscheine) aus den Ver-trägen der BBG betrug im Vorjahr 75 Millionen Sendungen. Das ent-spricht einem Marktanteil im Seg-ment Brief von rund acht Prozent, macht aber 12,5 Prozent des Post-Umsatzes in dieser Division aus. „Der Umsatzanteil ist höher, weil

die teureren Rückscheinsendungen hier einen extrem hohen Anteil dar-stellen und daher den Umsatz nach oben treiben“, analysiert Füll. Den Umsatzanteil der gesamten Ver-waltung im Segment Inlandsbrief schätzt er auf 18,5 bis 20 Prozent.

Auch im Bereich der einge-schriebenen Briefe hat es in den letzten Jahren starke Verschie-bungen gegeben. „Früher als RSa verschickte Poststücke sind nun RSb-Briefe und Einschreiben sind nun normale Briefe. Ein gutes Bei-spiel für diese Veränderung sind Strafmandate, die früher einge-schrieben und heute als Brief ver-schickt werden“, so Post-Pres-sesprecher Homola. Knapp 17 Millionen Einschreiben werden noch pro Jahr in Österreich ver-schickt. Davon entfallen allein auf die Verträge der BBG rund 12 Mil-lionen Stück. „Selbst wenn die BBG nur Rückscheinsendungen (RSa, RSb) über die Post AG verschicken würde, wäre sie der weitaus größ-

te Kunde der Post AG“, meint Mar-tin Füll.

„Briefpost hat im öffentlichen Dienst nicht mehr die höchste Pri-orität – elektronische Medien ha-ben längst die führende Rolle in der Kommunikation übernommen“, er-klärt Roland Ledinger, der für die IKT-Strategie des Bundes verant-wortlich zeichnet. Beispielsweise lag das Briefvolumen im Bundes-kanzleramt 2000 bei 150.000 Brie-fen pro Monat, heute wird diese Korrespondenz mit bis zu 300.000 E-Mails abgewickelt.

Mobil- sticht FestnetzBesseres Service und die Ansprü-che einer modernen Verwaltung erfordern im öffentlichen Bereich eine Anpassung der Kommunikati-onsmedien. So steigt beispielswei-se durch die geforderte Erreichbar-keit der Mitarbeiter im öffentlichen Dienst der Einsatz von Mobiltele-fonen und mobilen Internetzugän-gen.

Die veröffentlichten Daten der Rundfunk- und Telekom-Regulie-rungs-GmbH zeigen ein deutliches Bild des Telefonmarktes: Wurde in Österreich 2007 noch 9,9 Milliar-den Minuten übers Festnetz telefo-niert, gab es binnen zweier Jahre ei-nen Rückgang von über 30 Prozent auf 6,6 Milliarden Minuten. Im glei-chen Zeitraum stiegen die Telefon-minuten im Mobilnetz von 16,9 auf 21,1 Milliarden Minuten. Auch die über die BBG erfassten Telefonmi-nuten der öffentlichen Hand zeigen eine dem Österreich-Durchschnitt entsprechende Verteilung zwischen Mobil-Telefonie mit 143 Millionen und Festnetztelefonie mit 44,7 Mil-lionen Minuten auf. Das heißt, nur mehr ein Viertel der Telefonate ist an einen fixen Arbeitsplatz gebun-den. Eine Chance, die die öffent-liche Hand in den Jahren zuneh-mend nützen will, um dem Bürger noch näher zu kommen.

Rainald Edel

www.beschaffung-austria.atNr. 12 | September 2010

Mobiles Arbeiten | 10In einem Pilotprojekt testete die BBG, welche Möglichkeiten mobiles Arbeiten bietet und welche Einsparungspotenziale realistisch sind.

Expertendialog | 3Wie wird die öffentliche Hand in 20 Jahren mit den Bürgern und intern kommunizieren? Eine hoch-karätige Expertenrunde wagt den Blick in die Zukunft.

E-Government | 6Immer mehr Behördenwege werden elektronisch abgewickelt – zum Vorteil von Bürgern und Beamten. Ein Lokalaugenschein im Finanzamt Oststeiermark.

Videokonferenzen | 8Hunderte Kilometer trennen Rich-ter und Zeugen. Einvernahmen per Videokonferenz gehören im BMJ zum Alltag. Monatlich werden bis zu 120 Konferenzen durchgeführt.

Briefpost | 9Elektronische Zustellsysteme, die Liberalisierung des Marktes und neue Briefarten – wie geht ein einstiger Monopolist mit diesen Umbrüchen um?

Die Zeitung für den öffentlichen Einkauf.

Kommunikation. Kein Gesetz hat die österreichische Verwaltung auch nur annähernd so verändert, wie das die digitale Revolution vermocht hat. Sowohl die Kommunikation mit dem Bürger als auch die Kommunikation zwischen den Behörden hat sich dramatisch verändert.

Vom Siegelring zur elektronischen Signatur.

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2 | September 2010 Blitzlicht

Unterstützung und He-rausforderung – „Multi-Channel-Approach“, also

die Möglichkeit, seine Adressaten über mehrere Kommunikations-kanäle zu erreichen, hat Wirt-schaft und Verwaltung massiv ge-holfen, gleichzeitig aber auch den Informationsaustausch für viele komplizierter gemacht. Es gibt aber für die öffentliche Hand kei-nen Weg daran vorbei, alle rele-vanten Kommunikationstechno-logien zu kennen und einzusetzen.

Wie die Verwaltung intern und mit anderen Behörden Informati-onen austauscht, ist die erste Fra-ge, wenn es um mehr Effizienz der öffentlichen Hand geht. Der elek-tronische Akten-Workflow hat sich zwar etabliert, aber die neuen Technologien werden noch nicht ausreichend genützt.

Bessere Datenverbindungen könnten zu einer noch dezen-traleren Arbeitsorganisation füh-ren. Ob Anträge in der Amtsstube in der Hauptstadt oder an einem mobilen Arbeitsplatz in der Regi-on bearbeitet werden, ist für die optimale Erledigung nicht mehr maßgeblich. Die Verwaltung kä-me näher zum Bürger und müsste dafür keine neuen Strukturen auf-bauen oder Aufgaben innerhalb der Gebietskörperschaften um-verteilen. Zusätzlich käme es auch zu einer Regionalisierung der Ver-waltung, ohne dass der Bund sei-ne Verwaltungshoheit reduzie-ren muss. Jedenfalls wird die Umweltbelastung durch weniger Fahrten zur Arbeit reduziert. Ne-ben dem Datenaustausch ist auch die Sprachkommunikation über Technologien wie Voice-over-IP billiger und effektiver geworden. Eine Chance, die untersucht und positiv geprüft werden sollte.

Millioneinsparung durch VideotechnikDie Europäische Union hat zwar wesentliche Vorteile gebracht, die Kommunikation hat sie aber nicht erleichtert. Damit sind aber nicht die verschiedenen Sprachen ge-meint, sondern die Distanz der na-tionalen Verwaltungen zur Kom-mission und zum EU-Parlament. Millionen Flugkilometer werden zurückgelegt, obwohl es auch mit Videokonferenzsystemen möglich wäre, Konferenzen und Arbeits-sitzungen abzuhalten und zu ziel-führenden Ergebnissen zu kom-men. Nicht jedes Meeting kann dadurch ersetzt werden, aber wenn nur jede vierte Sitzung in Brüssel eine Videokonferenz wä-re, könnte man bis zu einer Milli-on Euro an Flug- und Hotelkosten

einsparen. Von der Ersparnis bei der Arbeitszeit gar nicht zu reden.

Auch das Ausschreibungswe-sen steht vor einem Innovations-schub beim Datenaustausch und der Abwicklung der Angebotsle-gung. Die Vorteile elektronischer Ausschreibungen liegen auf der Hand: Der Ausschreibungspro-zess wird transparenter und nach-vollziehbarer, die Kosten für Kom-munikation werden reduziert.

Ob Anträge im Amt oder am mobilen

Arbeitsplatz bearbei-tet werden, ist für die optimale Erledigung

nicht maßgeblich.

Auch die Kommunikation zwi-schen Verwaltung und Bürger ist durch neue Technologien rascher, aber auch vielfältiger geworden. Österreich hat EU-weit immer gut in den E-Government-Bewer-tungen abgeschnitten, der Bürger ist jedoch immer noch mit einem unvollständigen Puzzle konfron-tiert und würde sich freuen, wenn er sich durch eine Vereinheitli-chung leichter zurechtfindet.

Auch die RSa- und RSb-Briefe der Gerichts- und Finanzverwal-tung haben Nachfolger gefunden – den elektronischen Rechtsver-kehr und Finanz Online. Anwälte und Gerichte korrespondieren über geschützte Datennetzwerke, Wirtschaft und Steuerzahler ge-ben steuerrelevante Daten über FinanzOnline ab. Die Wirtschaft nutzt diese Angebote schon inten-siv, die Nutzung durch die Bürger ist aber noch nicht befriedigend.

Die Kommunikation per Brief ist für die Verwaltung teuer, da es Medienbrüche gibt. Deshalb sind Hybridprodukte, also die Kombi-nation von Papier und maschinen-lesbaren Daten, gefragt. Die Inno-vationsfähigkeit von Verwaltung und Post steht auf dem Prüfstand, um diesen Behördenbrief bereits 2011 verfügbar zu haben.

Die Verwaltungsreform ist die Herausforderung der nächsten Jahre. Die Kosten der Bürokratie müssen reduziert werden, ohne dem Bürger den Weg zur Dienst-leistung der öffentlichen Hand zu erschweren. Die Technologien sind vorhanden oder kurz vor der Marktreife und sollten rasch ge-nützt werden. Bund, Länder und Gemeinden stehen hier vor ihrer Bewährungsprobe.

Ein Kommentar von BBG-Geschäftsführer Andreas Nemec.

Vorne dabei sein – beim Bürger.

Die Revolution der Kommunikationstechnologien macht die öffentliche Hand nicht nur effizienter. Sie kann die Verwaltung auch viel näher zum Bürger bringen, ohne formale Strukturen ändern zu müssen. Aber die Möglichkeiten müssen genutzt werden.

KärntenNeben über 3.000 Internet-Sei-ten werden auch ca. 300 Formu-lare auf unserer Homepage angebo-ten. 60 Onlineformulare sind direkt in die elektronische Aktenbearbei-tung eingebettet. Elektronische Ver-fahren können auch über „Mittler“ (Bürger-Stellvertreter) abgewickelt werden – z.B. der „Grüne Grund-verkehr“ (Notariatskamme r), eine Gewerbeanmeldung (Wirtschafts-kammer) oder die Abwicklung des Heizkostenzuschusses (Gemeinden). Der elektronische Akt ist flächen-deckend eingeführt, die Amtssigna-tur für elektronische Erledigungen wird derzeit implementiert. Bei Ver-waltungsstrafen wird die duale Zu-stellung schon eingesetzt und soll auch erweitet werden. Bürger, die bei einem Zustelldienst registriert sind, können Schriftstücke dann elektronisch empfangen.

  Rudolf KöllerIT-Leiter, Amt der Kärntner Landesregierung

OberösterreichDie oberösterreichische Landesver-waltung verfolgt bei E-Government eine ähnliche Zielsetzung wie alle anderen Bundesländer. Neben den Diensten für unsere Bürger kon-zentrieren wir uns ganz besonders auf die Unterstützung der ober-österreichischen Wirtschaft und bieten Verfahren an, die für unse-re Betriebe eine Erleichterung bei ihren Behördenwegen darstellen. Dabei versuchen wir verstärkt, ge-meinsam mit den anderen Bundes-ländern einheitliche Lösungen für die gesamte österreichische Ver-waltung zu schaffen.

 Ludwig AichbergerLeiter der Abteilung Informationstechnologie, Amt der Oö. Landesregierung

VorarlbergDas Land Vorarlberg bietet über die Homepage www.vorarlberg.at eine Fülle an Service- und Interaktions-möglichkeiten in Sachen Behörden-gänge, Landtag, Landeshauptmann und Medien an. Es lassen sich 150 Web-Formulare ausfüllen und via Internet an die entsprechende Stel-le in der Landesverwaltung zur Wei-terverarbeitung senden. In aus-gewählten Bereichen wird die nachweisliche elektronische Zu-stellung unterstützt und fortlau-fend ausgebaut. Über unseren On-line-Kartendienst stellen wir unter www.vorarlberg.at/atlas auch In-formationen wie Adressen oder Flä-chenwidmungspläne interaktiv in Kartenform zur Verfügung. Bei Ge-fahrensituationen können dort auch aktuelle Informationen und Vorsor-gemaßnahmen abgerufen werden.

 Uwe LeissingFachbereichsleiter für Beratung und Organisation, Amt der Vbg. Landesregierung

NiederösterreichDer elektronische Akt ist bei uns flächendeckend eingeführt und al-le Behördenformulare stehen auch im Internet zur Verfügung. Aller-dings wird dieses Service – mit Aus-nahmen (Familienpass, Bildungs-förderung etc.) – nur von etwa fünf Prozent der Bürger genutzt. Es wer-den auch praktisch keine digital si-gnierten Formulare (mit Bürger-karte) übermittelt. Weitaus besser ist die Nutzung von E-Government durch die Wirtschaft – dieses Ser-vice werden wir auch weiter aus-bauen. Anträge, z.B. für Gewerbe-berechtigungen, erfolgen bereits zu einem hohen Anteil elektronisch, wozu auch die Wirtschaftskammer als Beratungsorgan wesentlich bei-trägt. Die elektronische Fahrprüfer-einteilung z.B. wird von den Fahr-schulen zu 100 Prozent genutzt.

 Gerhard TretzmüllerLeiter der Gebäudeverwaltung, Amt der NÖ Landesregierung

TirolLaut Statistik Austria gehört Ti-rol zu jenen Bundesländern, in denen ein Großteil der Lebens-situationen mit E-Government-An-geboten abgedeckt wird. Das ge-samte Verwaltungs(straf )verfahren und große Teile der Förderungen können wir elektronisch abwickeln, die Anträge/Rechtsmittel bearbei-ten wir im elektronischen Akt (Elak) bzw. in den Fachanwendungen und auch die Entscheidungen werden möglichst elektronisch zugestellt. Der gesamte Rechtsverkehr mit den Tiroler Gemeinden erfolgt über die „Gemeindeanwendung“. Die Lan-deshomepage wurde lebenslagen- und leistungsbezogen neu gestaltet, mittelfristig ist z.B. der elektronische Flächenwidmungsplan und die elek-tronische Akteneinsicht für Bürger und Parteienvertreter geplant.

 Gerhard BrandmayrLeiter der Verwaltungsentwicklung, Amt der Tiroler Landesregierung

BurgenlandIm Rahmen der Internetplattform www.e-government.bgld.gv.at stel-len wir unsere Dienstleistungen der Öffentlichkeit zur Verfügung. Ein zentraler Zugangspunkt zu einer Vielzahl an Verfahren und Formu-laren aus verschiedensten Lebens-bereichen beinhaltet das Formu-larservice Burgenland. Dynamische Online-Formulare können mit der Bürgerkarte elektronisch signiert werden. Anträge werden, nach Aus-stellung einer amtssignierten Ein-gangsbestätigung, an die zustän-dige Stelle weitergeleitet. Weitere Dienste sind das Landesamtsblatt, das Landesrecht und der Landesge-setzblatt-Newsletter sowie Wahlin-formationen und -ergebnisse, Geo-daten, interaktive Kartendienste und elektronische Akteneinsicht im Bereich Wohnbauförderung.

 Franz KochLandesamtdirektion (EDV), Amt der Bgld. Landesregierung

E-Government in den Bundesländern.Elektronische Formulare, elektronische Akten, elektronischer Rechtsverkehr – auch die Bundesländer arbeiten an einem sukzessiven Ausbau ihrer E-Government-Angebote. Bei der Nutzung zeigt sich ein starkes Gefälle zwischen Wirtschaft und Privatpersonen.

Page 3: Beschaffung Austria Nr. 12 - Kommunikation

September 2010 | 3

„In 20 Jahren kommuniziere ich über eine High-Tech-Brille“.

PC, Internet und Mobiltelefonie haben unsere Kommunikationsgewohnheiten revolutioniert. Ein Ende der Entwicklung ist noch lange nicht abzusehen. Experten diskutierten, wie die Verwaltung in 20 Jahren untereinander und mit dem Bürger kommunizieren wird.

Willi KaczorowskiDirector Internet Business Solution Group, Cisco

Martin KöhlerRichter am Verwaltungs-gerichtshof

Christian RuppBundeskanzleramt, Sprecher der Plattform „Digitales Österreich“

Martin WeselohLeiter der Division Brief, Marketing & Vertrieb der Österreichischen Post AG

Stefan BöckÖsterreichischer Wirtschaftsverlag, Zeitschrift „Republik“ (Moderation)

Teilnehmer Böck: Die digitale Revolution be-deutet einen rasanten Umbruch für unsere Kommunikationslandschaft. Aber was heißt das in Zahlen?

Weseloh: In Deutschland geht das Briefpostvolumen pro Jahr um ca. fünf bis sechs Prozent zurück. In Österreich ist die Briefpost im ers-ten Halbjahr nicht so stark zurück-gegangen. Das liegt an einem un-terschiedlichen Verhalten in der Kommunikation. In allen anderen Bereichen, etwa Infomail und Me-dienpost, sind wir stabil bzw. leicht wachsend. Unsere Kunden nut-zen schon jetzt die Multi-Channel-Kommunikation – und wir haben maßgeblich Anteil im physischen, halbphysischen und elektronischen Teil dieser Kommunikation. Dieser Multi-Channel-Approach wird ge-meinsam mit unseren Kunden per-manent und zielguppenorientiert weiterentwickelt.

Böck: Erwarten Sie weitere drama-tische Umbrüche und wenn ja, wel-che?

Weseloh: Weitere Umbrüche er-warte ich vor allem bei der Brief-post, also dem klassischen Medi-um, mit dem primär die öffentliche Hand kommuniziert. Es wird wei-

tere Umsatzrückgänge durch Sub-stitutionen geben.

Böck: Herr Rupp, fühlen Sie sich da ein bisschen schuldig, wenn irgend-wann der letzte Briefträger heim-geschickt wird? Letztlich bewirken ja auch Ihre elektronischen Ange-bote, dass die Leute weniger Briefe schreiben.

Rupp: Ich glaube, den technischen und technologischen Wandel hat es immer schon gegeben. Wir sind nur die ersten, die so etwas live in einer Generation mitbekommen. Auch früher schon sind Branchen oder Sparten durch neue Technologien ausgestorben, nur hat es damals 150, 200 oder 300 Jahre gedauert. 20 Jahre Internet haben uns alle in den Bereichen Marketing, Kommuni-kation oder Vertrieb vor ungeahnte Herausforderungen gestellt. Ich denke, hier hat die Post den Wandel erfolgreich mitgemacht und bietet jetzt ja auch E-Services an. Wie der Kunde letztendlich mit Geschäfts-partnern, Freunden oder Ämtern kommuniziert, das ist individuell unterschiedlich. Was die Zukunft betrifft, so kann keiner wirklich ab-schätzen, wo wir in 20 Jahren sein werden. Der Trend zeigt, dass in drei bis fünf Jahren die Vernetzung

von der Volksschule bis zum Senio-renheim durchgängig sein wird. Si-cher werden auch im Bereich der Post neue Services entstehen. Im öffentlichen Bereich wird das klas-sische Web 2.0 sicher noch wich-tiger werden, um die Interakti-on mit den Kunden zu verbessern. In 20 Jahren werde ich vermutlich über eine High-Tech-Brille per Vi-deo-Channel kommunizieren, und dieses Gerät wird automatisch wis-sen, wie und wo ich beispielsweise Willi Kaczorowski am schnellsten erreichen kann. Die Technologie dafür ist schon vorhanden.

„Bürgerkarte noch zu wenig verbreitet“Böck: Haben Sie in Ihrem beruf-lichen Alltag schon irgendwo das Ende der Fahnenstange gesehen, wo man nicht weiter vordringen kann mit E-Angeboten?Rupp: Ich würde sagen, es sind noch nicht 100 Prozent auf E-Service um-gestellt, ich weiß aber auch nicht, ob das sinnvoll wäre. Ich denke, dass das Einsparungspotenzial bei den internen Prozessen noch deut-lich größer ist. Man kann beispiels-weise im Rahmen des alltäglichen Mailverkehrs gewisse Marketing-Messages mittransportieren. Diese

Möglichkeiten werden derzeit im öffentlichen Bereich wenig genutzt.

Böck: Herr Köhler, wie viel wurde in Ihrem Bereich schon eingespart durch E-Anwendungen?

Köhler: Ich würde gerne noch etwas zu den Zahlen der Post sagen: Der moderate Rückgang bei der Brief-post könnte auch damit zusammen-hängen, dass die 2004 mit dem E-Government-Gesetz beschlossenen zustellrechtlichen Regelungen weitgehend noch unpraktisch sind. Die ordnungsgemäße Zustellung funktioniert ja nur mit der Bürger-karte und die ist derzeit noch nicht sehr verbreitet. Vor allem hier sehe ich Verbesserungsbedarf.

Böck: Sehen Sie die Bürgerkarte als Flop an?

Rupp: Nein, aber in der Zwischen-zeit sehen wir manche Dinge diffe-renziert. Tatsache ist, dass in man-chen Bereichen abgesicherte Wege einfach notwendig sind und dafür reichen E-Mails nicht aus. Es muss eindeutig zu überprüfen sein, ob ein Schreiben auch tatsächlich zuge-stellt wurde und wann Einspruchs-fristen oder Verjährungen be-ginnen.

Expertendialog

Unter der Leitung von Stefan Böck (Zeitschrift „Republik“, Mitte) wagten vier Experten den Blick in die Zukunft der Kommunikation (v.l.n.r.): Martin Köhler (Verwaltungs gerichtshof), Christian Rupp (Plattform „Digitales Österreich“), Willi Kaczorowski (Cisco) und Martin Weseloh (Österreichische Post AG).

Page 4: Beschaffung Austria Nr. 12 - Kommunikation

4 | September 2010 Expertendialog

Böck: Die Bürger könnten den Eindruck haben, dass gewisse

Entwicklungen bei Einrichtungen der öffentlichen Hand besonders lange dauern, obwohl die Technik eigentlich schon vorhanden ist.

Kaczorowski: Wir bei Cisco ha-ben zwei Kernsätze: Erstens ist ein Brief der größte anzunehmende Unfall. Unsere Systeme sind darauf einfach nicht mehr eingerichtet. Und zweitens sind E-Mails etwas für alte Leute. Bei uns läuft alles di-gital und wenn ich diesen Laptop nicht dabei habe, dann bin ich völ-lig off und kann nicht arbeiten. So spart Cisco jährlich rund drei Mil-liarden Dollar, diese Summe ist von Wirtschaftsprüfern bestätigt. Zum Thema E-Mails: Wir haben vor drei Jahren angefangen, auf Webserver-

Technologie mit sozialen Netzwer-ken, Videokommunikation etc. um-zustellen, wodurch wir 2009 laut Unternehmensbericht 1,1 Milliar-den Dollar an ökonomischen Vor-teilen erzielt haben. Ich meine, dass Bürger und öffentliche Ver-waltung diesen Trend sehr wohl nachvollziehen können, auch des-halb, weil schon bald die Generati-on erwachsen sein wird, die mit In-ternet & Co. aufgewachsen ist. Ich glaube, dass die Verwaltung heute noch zögerlich ist, weil die Politik die Chancen moderner Kommuni-kation noch nicht begriffen hat.

Böck: Ist der Staat also zwei, drei, vier, fünf Schritte hinterher?

Rupp: Ganz im Gegenteil, in den Mi-nisterien läuft alles elektronisch ab.

Es gibt aber hingegen einige große Unternehmen, wo es etwa den elek-tronischen Aktenlauf noch nicht gibt. Allgemein wird die Papierform aber in den nächsten Jahren immer mehr verschwinden. Heute ist es ja so, dass viele Menschen Dokumente, die größer als drei Seiten sind, eher ausdrucken oder aber in Katalogen blättern. Das wird sich ändern – mit E-Books, 3D-Technologie etc., aber auch mit der Internet-Generation. Auf dem Gesundheitssektor werden in den nächsten drei bis fünf Jahren die elektronische Übermittlung von Röntgenbildern oder Videokonfe-renzen üblich sein. Verzögerungen entstehen hier nicht durch die Tech-nik, sondern durch die Widerstände und Bedenken der verschiedenen Interessengruppen.

Köhler: Besonders die öffentliche Hand muss aber auch den Daten-schutz und verfassungsrechtliche Fragen bedenken. Die eine Seite ist, was ist möglich, die andere Sei-te ist, was kann man wirklich zu-lassen, was ist aus rechtlicher Sicht vertretbar.

Kommunikation der Kunden von morgenKaczorowski: Was wir eigentlich bräuchten, ist eine öffentliche Dis-kussion über diesen Kulturwandel. Unglaublich, dass darüber disku-tiert wird, ob ein Abgeordneter im Bundestag ein iPad als Lesegrund-lage mitnehmen darf, Zeitung lesen aber durchaus toleriert wird.

Köhler: Kleiner Einwand: Um den technologischen Entwick-lungen nicht immer hinterherzu-hinken, hat man in Österreich An-fang der 1990-er Jahre Teile des AVG (Allgemeines Verwaltungs-verfahrensgesetz, Anm. d. Red.) be-wusst technologieneutral formu-liert. Formulierungen wie „in jeder technisch möglichen Weise“ kön-nen aber auch gefährlich sein. Ein-schränkungen gab es dann 2004 mit dem E-Government-Gesetz, wobei man über manche dieser Re-striktionen durchaus diskutieren könnte.

Kaczorowski: Ich habe großen Respekt vor dem, was in Öster-reich passiert ist. Die Verwaltung setzt hier Zeichen und das ist auch mehrfach ausgezeichnet worden. Trotzdem habe ich den Eindruck, dass wir einfach linear weiterden-ken, wenn wir über die Zukunft sprechen. Was uns interessieren sollte, ist das Kommunikationsver-halten der Kunden von morgen. Junge Leute kommunizieren etwa nicht per E-Mail, sondern mit In-stant Messaging.

Weseloh: Everytime, everywhere – das ist der Trend. In Asien bei-spielsweise wird derzeit physische Werbung mit dem Internet verbun-den. Wenn man also über ein Pro-dukt aus einem Katalog oder ei-ner Printanzeige mehr wissen möchte, dann kann man über ein Smartphone den dort abgebildeten QR-Code (QR steht für „quick re-sponse“, schnelle Antwort, Anm. d. Red.) einlesen und gelangt auf die Website des Unternehmens. Ähn-liches wäre natürlich auch bei E-Mail-Kampagnen von öffentlichen Einrichtungen denkbar. Die Kun-den haben so die Möglichkeit, so-fort und direkt Informationen zu beziehen. Durch diese On- und Off-line-Verbindung entstehen auch für uns als Dienstleister im phy-sischen und elektronischen Dialog-marketing zusätzliche Wachstums -chancen.

Böck: Woran liegt es, dass ich Ihnen die Vision von der Post als Multi-Channel-Kommunikationsdreh-scheibe nicht so sehr abkaufe wie die Vision, dass die Post als Zustel-ler von Waren aller Art fungiert?

Weseloh: Es gibt zwei Hauptthe-men bei der Post: Wie kommen Briefe und Pakete zum Kunden? Und: Wie initiiere ich eine Inter-aktion mit den B2B- und B2C-Kun-den im Sinne der Dienstleistung? Hier haben wir den Vorteil, dass

wir im Gegensatz zu anderen Pro-vidern die gesamte Wertschöp-fungskette von der Beratung, der Produktion und der Zustellung bis hin zum Responsemanagement für die physische, hybride und elektro-nische Zustellung anbieten kön-nen.

Rupp: Wenn wir allerdings wirk-lich 20 Jahre vorausdenken, da wird kein Stein auf dem anderen bleiben. Und wir müssen uns klar sein, dass Europa diesen Prozess höchstwahrscheinlich nicht mit-gestalten wird. Die großen tech-nologischen Veränderungen wer-den aus Asien kommen. In Zukunft wird sich die Post in Richtung Te-lekom und die Telekom in Rich-tung Broadcast entwickeln. Diese Veränderungen werden rascher ab-laufen als bisher. Allein wenn man bedenkt, was in den letzten fünf Jahren auf diesem Sektor passiert ist. Mach das Foto, schreib was Schönes und schick es rüber – das ist mit den Handys heute einfach möglich. Die notwendige Flexibili-tät bzw. IKT-Kompetenz, um damit zurechtzukommen, müssen wir al-le noch lernen. Das betrifft alle Be-rufsgruppen. In Europa und klas-sischerweise in Österreich leben wir mit traditionellen Betrieben. Der Amerikaner kennt das nicht, der probiert etwas aus und wenn es nicht funktioniert, dann wirft er es weg. Wenn etwas bei uns

„Bei digitaler Kommu-nikation braucht es das Vertrauen in die

Technik. Das sehe ich im Netz leider noch

nicht gegeben.“Martin Weseloh

Österreichische Post AG

„Für uns ist ein Brief der größte

anzunehmende Unfall, weil wir darauf nicht

mehr eingerichtet sind. Bei uns läuft alles

digital – ohne Laptop bin ich off und kann nicht arbeiten.“

Willi Kaczorowski, Cisco

„Die Verwaltung muss den Multi-Channel-

Ansatz fahren. Wenn dafür erst Gesetze geändert werden

müssen, sind wir nicht flexibel genug.“

Christian Rupp, Sprecher der Plattform „Digitales Österreich“

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September 2010 | 5

nicht funktioniert, dann holen wir uns eine Förderung und

dort einen Zuschuss. Wer in den USA als Unternehmer nicht drei- oder viermal gescheitert ist, nicht in Konkurs war, ist kein klassischer Unternehmer. Bei uns darf er dann nicht mehr Unternehmer sein. Da knallen schon die Kulturen anei-nander. Diese Unterschiede hat man früher wegen der großen Ent-fernungen ja nicht so gesehen. Wir haben viele verschiedene Sprachen in Europa und unterschiedliche Gesetze und Vorschriften. Grenz-überschreitend zusammenzuarbei-ten ist zwar technisch problemlos möglich, aber grenzüberschreitend Dokumente rechtsgültig gesichert zu übermitteln, da gibt es dann doch einige reale Probleme. Daher wurden EU-Large-Scale-Pilots wie Stork, Spocs, Peppol oder Epsos ge-startet.

Facebook, Twitter & Co als MeinungsbildnerWeseloh: Ein wichtiges Thema ist auch das Vertrauen in die Technik. Das sehe ich im Netz leider noch nicht gegeben. Bei Vertrauen, der Sicherheit der Zustellung usw. ist die Post führend. Wichtig ist aber auch, dass das so bleibt. Daher bie-ten wir unseren Kunden die Mög-lichkeit, Rechnungen sowohl in Pa-pierform als auch per E-Mail oder in Hybridform zu erhalten.

Köhler: Gerade beim Thema Ver-trauen sehe sogar ich als Nicht-Techniker durchaus das Positive im technologischen Fortschritt. So könnte man in einen Papierakt theoretisch auch unbemerkt Ein-sicht nehmen, beim elektronischen Akt wird genau aufgezeichnet, von wem er wann geöffnet wurde.

Kaczorowski: Ein Open Government wird dazu beitragen, dass Transpa-renz entsteht. Nur wenn Transpa-renz da ist, bekomme ich auch das Vertrauen wieder hin. Unterneh-men erkennen gerade, dass, wenn sie die Schotten dicht machen, eine Lawine über Facebook und Twit-ter losbricht, die sie PR-technisch kaum noch steuern können.

Böck: Herr Rupp, sitzen Sie da zwi-schen den Stühlen – E-Government zwischen Trendsetter und Old-School?

Rupp: Man muss einfach den Multi-Channel-Ansatz fahren und tech-nologieoffen sein. Wenn mit jeder neuen Technologie erst Gesetze ge-ändert werden müssen, dann sind wir nicht flexibel genug. Der Bür-ger ist kein Bittsteller, sondern ein Kunde, dem ich Informationen und Services pro aktiv anbieten muss.

Kaczorowski: Der Multi-Channel-Ansatz wird in Zukunft noch dra-

matisch erweitert. Laut einer von Cisco beauftragten Studie wird sich der Datenverkehr bis 2013 vervier-fachen. Echtzeitkommunikation und das „Internet der Dinge“, das erkennt, dass mein Reisepass ab-läuft und mir dann automatisch ei-nen neuen zustellt – das wird span-nend. Alles entwickelt sich extrem rasch. Vor fünf Jahren war Face-book kein Thema für uns, jetzt gibt es 500 Millionen Nutzer. Ich sehe drei Punkte, von denen man aus-gehen muss: erstens allgemein ver-breitete Internetzugänge, zweitens das Internet der Dinge, wo Avatare quasi selbstständig Prozesse auslö-sen können, und drittens wird al-les viel stärker personalisiert und durch Videokommunikation unter-stützt sein.

Rupp: Flexibilität ist für mich das Stichwort, vor allem im Sektor Bildung. Ein Abschluss ist nicht gleichbedeutend mit Schluss mit dem Lernen und dafür kann ich das Internet perfekt nutzen. Aber auch Flexibilität bei Technologie und Service – z.B. welche Zielgruppe spreche ich wie an – sind wichtig.

Köhler: Ich denke, im Prinzip sind wir in Österreich auf einem guten Weg und nicht so weit hinten wie manche vielleicht meinen. Und ich bin optimistisch, dass neue Tech-nologien auch genutzt werden.

Rupp: Den klassischen Beamten gibt es ja auch nicht mehr, da ist jetzt allgemein eine viel größere Flexibilität zu sehen. Man wechselt leichter den Arbeitsplatz oder geht ins Ausland.

Böck: Herr Weseloh, wird es bei der Post ähnlich ablaufen wie beim ORF vor zwei Jahren, als das analo-ge Fernsehsignal abgedreht wurde? Kommt innerhalb der nächsten 20 Jahre das Ende der analogen Brief-zustellung?

Weseloh: Nein, das Motto heißt Multi-Dialog und der ist noch nicht überall selbstverständlich.

Die Welt wird immer smarter und wir entwickeln uns marktorientiert wie etwa bei QR-Codes, E-Services oder den neuen Services bei der physischen Kommunikation. Der Erfolg des Kunden ist auch unser Erfolg. In 20 Jahren wird es auf je-den Fall noch analoge Kommunika-tion geben – als Teil des Multi-Dia-logs. Ich behaupte auch, dass es in 20 Jahren noch Bücher geben wird – trotz iPad und dessen Weiterent-wicklung.

Böck: Gut, wir treffen uns dann und überprüfen das.

Astrid Fadler

Expertendialog

„Die öffentliche Hand wollte sich bei der

Kommunikation alle Möglichkeiten offen lassen. Aber Formu-

lierungen wie ‚in jeder technisch möglichen Weise‘ können in Ge-

setzen gefährlich sein.“Martin Köhler,

Verwaltungsgerichtshof

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Page 6: Beschaffung Austria Nr. 12 - Kommunikation

6 | September 2010

Es ist acht Uhr morgens. Nach einer heißen Tasse Kaffee beginnt ein norma-

ler Arbeitstag von Gerald Kriech-baum. Er ist Vorstand des Finanz-amtes Oststeiermark und dabei für 170 Mitarbeiter verantwort-lich. Bei einem Berg von mehr als 150.000 Akten pro Jahr kommt dem Finanzbeamten jede Unterstüt-zung, die den Arbeitsaufwand für einen einzelnen Akt reduziert, ge-legen. „Die einschneidendste Um-stellung in dieser Hinsicht war die Einführung von FinanzOnline vor nunmehr zehn Jahren. Die elektro-nische Übermittlung von Daten in das EDV-System der Finanzverwal-tung erspart meinen Mitarbeitern die gesamte Eingabearbeit“, erklärt Kriechbaum.

In der Praxis heißt das, dass sich die Finanzverwaltung bei On-line-Eingabe durch die Bürger der-zeit etwa fünf Minuten je Steuerer-klärung eines Betriebes und etwa drei Minuten für einen Jahresaus-gleich erspart – das entspricht in et-wa einer Zeitersparnis von 20 Pro-zent. „Der Vorteil ist, dass wir uns dadurch überwiegend auf qualita-

tivere Aufgaben konzentrieren kön-nen“, streicht Kriechbaum die Vor-züge heraus. Konkret bedeutet dies, dass seine Mitarbeiter jetzt mehr Zeit für Prüfungen haben, wobei ih-nen auch eine Software behilflich ist, die beispielsweise stark abwei-chende Bilanzpositionen automa-tisch erkennt. Für Steuerbetrüger brechen mit FinanzOnline schlech-te Zeiten an.

Problemkind ZahlungsverkehrBei allen Vorteilen gibt es aber auch noch Punkte, wo bei FinanzOnline der Schuh drückt. Beim Schlag-wort „Zahlungsverkehr“ verdreht Kriechbaum die Augen. „Diese Ab-wicklung muss definitiv noch ver-bessert werden. Es geht darum, dass die Banken ihre Systeme vereinheit-lichen, damit diese dann besser mit unserem System zusammengeführt werden können“, so Kriechbaum. „Auch die elektronische Übermitt-lung von Bilanzen für Unterneh-men wollen wir noch verbessern.“ Künftig soll es auch möglich sein, dass es eine regelmäßige FinanzOn-line-Verbindung zwischen Buch-haltungsdaten von Firmen und der

Finanzverwaltung gibt. Mit einem Programm kann dann die Plausibi-lität der Firmendaten geprüft und nach Auffälligkeiten gefiltert wer-den. „Als Gegenleistung für diese freiwillige Offenlegung von Daten könnte es seitens der Finanz län-gere Prüfungsintervalle geben“, gibt der Finanzbeamte einen Ausblick.

FinanzOnline ist aber jetzt schon ein gelungenes Beispiel für E-Government, das der Verwaltung Kosten und den Bürgern Zeit spart. Dass das Angebot angenommen wird, zeigen die Zahlen: Während für Unternehmen die Online-Erklä-rung bei einem Internet-Anschluss verpflichtend ist und ca. 85 Pro-zent der Betriebe ihre Steuererklä-rungen über das Finanzportal ein-reichen, nützen immerhin bereits 45 Prozent der Unselbstständigen FinanzOnline freiwillig für die Er-stellung des Jahresausgleichs.

Enormes EinsparungspotenzialWeltspitze ist Österreich im Elek-tronischen Rechtsverkehr (ERV), der vom Bundesministerium für Jus tiz in Zusammenarbeit mit dem Bundesrechenzentrum, der Rechts-

anwaltskammer und der Telekom Austria entwickelt wurde. Durch die Übernahme aller Arten von Do-kumenten (Bilder, Verträge, Urkun-den etc.) in eine Datenbank, auf die prinzipiell jeder Zugriff hat, konn-ten enorme Zeit- und Kosteneinspa-rungen für alle Beteiligten (Gericht, Anwälte, Verfahrensbeteiligte) er-zielt werden. 2008 wurden 85 Pro-zent der Mahnklagen und mehr als zwei Drittel der Exekutionsanträ-ge so eingebracht. 3,9 Millionen ge-richtliche Sendungen konnten über ERV zugestellt werden, wodurch 3,6 Millionen Euro Porto eingespart werden konnten.

„Das Ziel muss sein, dass wir Anwälte künftig auch mit allen Ver-waltungsbehörden des Bundes und der Länder elektronisch kommu-nizieren können. Derzeit ist der ERV mit den Bezirkshauptmann-schaften noch nicht zufriedenstel-lend“, berichtet Rechtsanwalt Wolf-gang Heufler. Der Geschäftsführer des elektronischen Urkundenarchi-vs der Anwaltschaft, der Archivium Dokumentenarchiv GmbH, sieht weiters in der Digitalisierung von Dokumenten, Urkunden

Amtswege elektronisch zu erledigen wird immer populärer. Österreich ist in Sachen E-Government Europameister und nimmt seit Jahren eine internationale Vorreiterrolle ein. Ein gezielter Ausbau der vorhandenen Dienste spart der Verwaltung, den Unternehmen und den Bürgern Zeit und Geld.

Wenn der Computer den Amtsschalter ersetzt.

E-Goverment

Gerald Kriechbaum, Vorstand des Finanzamtes Oststeiermark, und seine Mitarbeiter sind froh über die Arbeitserleichterung durch FinanzOnline. Durch die Zeitersparnis bei der Eingabe von steuerrelevanten Daten können sie sich nun wieder auf wichtigere Arbeiten wie Prüfungen konzentrieren.

„Durch FinanzOnlin e sparen wir fünf

Minuten pro Steuer-erklärung und drei

Minuten pro Jahres-ausgleich – das sind

etwa 20 Prozent Zeit-ersparnis.“

Gerald Kriechbaum, Finanzamt Oststeiermark

Page 7: Beschaffung Austria Nr. 12 - Kommunikation

September 2010 | 7Tipps aus dem VKC

Es gibt nur wenige Fälle, die ein Verhandlungsver-fahren ohne vorherige Be-

kanntmachung rechtfertigen. Die-se Rechtfertigung tritt dort ein, wo ein Auftrag z.B. aus technischen oder künstlerischen Besonder-heiten oder aufgrund des Schutzes von Ausschließlichkeitsrechten nur von einem bestimmten Unter-nehmen ausgeführt werden kann. Ausschlaggebend dabei ist, dass faktisch nur ein einziges Unter-nehmen diesen Auftrag erfüllen kann. Im nationalen Bundesverga-begesetz wurde die Regelung des Artikels 31 der Richtlinie 2004/18/EG jeweils in den Abs 2 Z 2 der §§ 28 bis 30 BVergG 2006 umgesetzt.

Bei der Auslegung der Bestim-mungen in Abs 2 Z 2 ist auch das Diskriminierungsverbot zu be-achten. Seine Anwendung kommt deshalb nur in Betracht, wenn die technischen Besonderheiten, die mit dem Auftrag verbunden sind, oder die Ausschließlichkeitsrechte es unbedingt erforderlich machen, den Auftrag nur an ein bestimmtes Unternehmen vergeben zu kön-nen. Die bloße Berufung auf einen Ausnahmetatbestand durch den öffentlichen Auftraggeber reicht jedenfalls nicht aus, der Ausnah-metatbestand muss auch bewiesen werden.

Produkte ohne WettbewerbZum Tatbestand „Schutz eines Ausschließlichkeitsrechtes“ sind auch jene Fälle zu zählen, in de-nen ein bestimmter Unternehmer ein ausschließliches Verfügungs-

oder Nutzungsrecht besitzt. Da-runter fallen Händler, die exklusiv ein Produkt eines Herstellers ver-treiben dürfen, genauso wie Un-ternehmen, die Patente oder Ur-heberrechte besitzen. Der EuGH betont aber, dass es jedoch nicht genügt, dass Produkte durch Aus-schließlichkeitsrechte geschützt sind. Es ist auch erforderlich, dass sie auch faktisch nur von einem bestimmten Unternehmer herge-stellt oder geliefert werden kön-nen. Diese Voraussetzungen liegen nur bei jenen Produkten vor, für die es auf dem Markt keinen Wett-bewerb gibt. Diese Ausnahmebe-stimmung kann nicht in Anspruch genommen werden, wenn Dritte über Lizenzen zur Nutzung dieses ausschließlichen Rechts verfügen oder diese gegebenenfalls erlangen können.

Stützt sich ein Auftraggeber bei seiner Vergabe auf § 28-30 Abs 2 Z 2 BVergG, hat er zum Zeitpunkt der Einleitung des Vergabeverfah-rens nachzuweisen, dass die ge-setzlichen Voraussetzungen für diese Verfahrenswahl vorliegen. Dieser Nachweis ist im Vergabeakt schlüssig festzuhalten. Werden die Umstände zum Zeitpunkt der Ein-leitung nicht nachgewiesen, ist ein Verhandlungsverfahren ohne vo-rangehende Bekanntmachung un-zulässig. Dabei wird aber auf die ausschließliche Erfüllungsmög-lichkeit durch einen einzigen Un-ternehmer abgestellt, nicht auf die Alleinstellung eines Herstellers. Selbstständige Händler, die die-selbe Software eines bestimmten

Herstellers vertreiben, können zu-einander im Wettbewerb stehen und müssen deshalb die Möglich-keit haben, an einem öffentlichen Vergabeverfahren teilnehmen zu können. Selbst wenn ein Händler die Software in Österreich exklusiv vertreibt, hat der Auftraggeber vor der Wahl des Ausnahmeverfahrens zu prüfen, ob die Möglichkeit eines Parallelimportes besteht.

Liberalisierter PostmarktAndererseits kann auch eine recht-liche Ausschließlichkeit die Wahl eines Verhandlungsverfahrens mit einem Unternehmen ohne vorhe-rige Bekanntmachung rechtferti-gen. Bis zur vollständigen Libera-lisierung des Postmarktes ist der reservierte Bereich (derzeit noch Briefe bis 50 g) dem gesetzlichen Anbieter – der Post AG – vorbe-halten, ein Wettbewerb sowie ei-ne Ausschreibungspflicht beste-hen nicht. Ab dem 1. Januar 2011 ist jedoch jedermann berechtigt, Postdienste anzubieten und zu er-bringen. Mit Ausnahme des Uni-versaldienstbetreibers ist für die Beförderung von Briefsendungen bis 50 g aber eine Konzession er-forderlich, die bei Vorliegen der notwendigen Voraussetzungen durch die Regulierungsbehörde erteilt wird. Ab diesem Zeitpunkt wird auch der Anwendungsbe-reich des Postmarktgesetzes dem Wettbewerb und somit dem Verga-berecht geöffnet sein.

Wolfgang Pointner [email protected]

und Schriftstücken eine we-sentliche Aufgabe für die Zu-

kunft. Eine wichtige Komponen-te wird dabei die Datensicherheit durch zuverlässige Codierungs- und Authentifizierungsverfahren sein.

Die Vorteile sind schon jetzt nicht von der Hand zu weisen. „Wenn jemand etwa auf mehre-ren Grundstücken in unterschied-lichen Bundesländern ein Pfand-recht eintragen lassen wollte, hat das aufgrund der mehrmaligen Ver-waltungsarbeiten in den Bundes-ländern meist einige Monate gedau-ert. Heute kann man ein Pfandrecht binnen weniger Tage eintragen las-sen“, betont Heufler die Vorzüge der zentralen Archivierung von Do-kumenten.

Bürgerkarte ohne KarteIm Bereich E-Government nimmt Österreich seit Jahren internatio-nal eine Führungsrolle ein. In letz-ter Zeit mussten aber auch einige Rückschläge hingenommen wer-den. Den Schlüssel zum individu-ellen E-Government sollte eigent-lich die Bürgerkarte bieten. Sie ist theoretisch leicht zugänglich: Durch die Speicherung einer digi-talen Signatur wird jede Bankomat- oder E-Card zur Bürgerkarte, mit der die Authentizität des Benutzers sichergestellt wird. Die Bürgerkarte wird so zu einem Personalausweis für die digitale Welt, der allerdings bei Weitem noch nicht die Verbrei-tung gefunden hat, die sich die In-itiatoren erhofft hatte. Nur knapp 200.000 Bürger nützen derzeit die Karte. Aber was sind die Gründe des Scheiterns?

„Es gibt zu wenige Anwen-dungen, für die die Bürgerkarte zwingend erforderlich ist. Zu we-nige Benutzer sind wiederum der Grund für die mangelnde Integrati-on in weitere Applikationen. Das ist ein klassisches Henne-Ei-Problem. Wir versuchen deshalb, an beiden Seiten etwas zu bewegen“, erklärt Reinhard Posch, Chief Information Officer des Bundes. „Jeder Bürger tritt durchschnittlich 1,7 Mal pro Jahr mit der Verwaltung in Kon-takt – es ist also offensichtlich, dass nur die gemeinsame Nutzung auch in der Privatwirtschaft den Durch-bruch bringen kann.“ Der über-schaubaren Anzahl an Behörden-kontakten steht ein hoher Aufwand bei der Aktivierung der Karte ge-genüber. Die Karte muss registriert und ein Kartenlesegerät beschafft werden. Zu viel Aufwand für zu wenig Nutzen. Das hat inzwischen auch das zuständige Bundeskanz-leramt eingesehen und nach langem Zögern der Einführung der Handy-Signatur als Alternative zur Karte zugestimmt. Lange argumentierte man mit angeblichen Sicherheits-problemen, obwohl die Authenti-fizierung via Handy beim Online-Banking seit Jahren problemlos funktioniert.

Ein Passwort für alle DiensteEin weiterer wichtiger Punkt im Ausbau von E-Government ist die Vereinheitlichung der Oberflächen hinsichtlich mehr Benutzerfreund-lichkeit. Seit Längerem bietet das Portal help.gv.at Bürgern die Mög-lichkeit, zentral Informationen zu Behördenwegen einzuholen, Trans-aktionen durchzuführen und mit

der Verwaltung in Kontakt zu tre-ten. Für Unternehmen ist E-Go-vernment dann interessant, wenn möglichst alle Behördenwege elek-tronisch abgewickelt werden kön-nen. Dafür soll ab 2011 das Unter-nehmensserviceportal (usp.gv.at) sorgen, das derzeit zwar schon on-line ist, aber noch als reines Infor-mationsportal dient.

Der Vorteil für die Unterneh-mer liegt in der Benutzerfreund-lichkeit (One-Stop-Shop). Künftig wird nur mehr ein Passwort benö-tigt, um sämtliche E-Government-Dienste (Finanzamt, Krankenkasse etc.) in Anspruch zu nehmen. „Für die Unternehmen wird die Nutzung des Portals Kosten sparen, eben-so für die Verwaltung. Schon das Beispiel help.gv.at hat gezeigt, dass durch die Anfragen, die dort erle-digt wurden, 151 Amtsschalter ein-gespart wurden, die ein ganzes Jahr lang sieben Tage die Woche offen haben müssten“, erklärt die für bei-de Portale zuständige Chefredak-teurin Barbara Auracher-Jäger.

Österreich hat sich mit seinem frühzeitigen Bekenntnis zu E-Go-vernment eine Vorreiterrolle ver-schafft. Der Rest Europas hat aber in den letzten Jahren massiv aufge-holt. Ob die neuen Initiativen aus-reichen, um den Platz an der Sonne verteidigen zu können, wird man in ein paar Jahren sehen.

Daniel Nutz

Einzigartige Produkte von einem einzigen Anbieter – dann sind Verhandlungsverfahren ohne Bekanntmachung möglich.

Ausschließlichkeit ist oft auszuschließen.Tipps aus dem Vergabekompetenzcenter der Bundesbeschaffung

Es gehört für öffentliche Auftraggeber zu den attraktivsten Vergabe verfahren: das Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekannt machung. Doch laut Bundesvergabegesetz ist seine Anwendung auf eng umschriebene Fälle beschränkt.

Top bei E-Government

Seit nunmehr drei Jahren nimmt Österreich im europä-ischen Vergleich einen Spit-zenplatz beim Thema E-Go-vernment ein. Um weiter Oberwasser zu haben, verfolgt die E-Government-Strategie des Bundes ehrgeizige Ziele, die teilweise bereits im neu-en Unternehmensservicepor-tal (USP) des Finanzministeri-ums umgesetzt werden. Zentral ist dabei das „One-Stop-Prin-zip“, wonach alle Leistungen und Behördenwege über eine gemeinsame Plattform angebo-ten werden sollen.

Große Veränderungen ste-hen in nächster Zeit auch beim Thema Beschaffung an. Wäh-rend die Bestellung von Pro-dukten aus bestehenden Verträ-gen schon seit einigen Jahren elektronisch erfolgt (z.B. über den E-Shop der BBG), lau-fen derzeit erste Feldversuche bei der elektronischen Durch-führung von Vergabeverfahren („E-Tendering“).

Voraussetzung für die Nut-zung interaktiver E-Govern-ment-Anwendungen ist aber eine eindeutige Identifizierbar-keit des Users gegenüber der Behörde. Während in der Wirt-schaft die elektronische Signa-tur schon weit verbreitet ist, stehen die Bürger den aufwän-digen Registrierungsprozessen noch weitgehend skeptisch ge-genüber. Abhilfe soll nun die Identifikation via Handy schaf-fen (vergleichbar mit Online-Banking-Systemen), die die Bürgerkarte ablösen soll.

Page 8: Beschaffung Austria Nr. 12 - Kommunikation

8 | September 2010

Wer in Österreich verhaf-tet wird, muss inner-halb von 48 Stunden

vom zuständigen Untersuchungs-richter vernommen werden – auch dann, wenn ein Bankräuber von Wien quer durch Österreich ge-flüchtet ist und schließlich in Feld-kirch verhaftet wurde. Nun sind die Distanzen in Österreich nicht unü-berwindbar groß und theoretisch ist es kein großes Problem, Beschul-digte innerhalb dieses Zeitraums in den zuständigen Gerichtsbezirk zu-rückzubringen. Allerdings wären in obigem Fall dafür gleich drei Per-sonen (zwei Bewacher und ein Fah-rer) erforderlich, die mit dem Häft-ling von Feldkirch nach Wien reisen müssten. Kein geringer Personal-aufwand also für den durchaus all-täglichen Vorgang einer Haftver-handlung.

Seit rund acht Jahren ist das nicht mehr nötig. Mittels Videokon-ferenz können derartige Fälle we-sentlich effizienter erledigt werden. Der Richter kann den Beschuldigten direkt von Wien aus per Video in der Justizanstalt Feldkirch vernehmen und die Untersuchungshaft verhän-gen. Franz Riegler, Leiter des Pro-jekts „Videoconferencing“ im Bun-desministerium für Justiz: „2002 wurde begonnen, elf Justizanstalten mit Videokonferenz system auszu-statten. Die Kostenersparnis betrug schon im ersten Jahr rund 80.000 Euro.“ 2003 folgten die restlichen gerichtlichen Gefangenenhäuser, ab 2005 wurde die Technologie auch bei den Gerichten eingeführt. Da-durch wird den Richtern die Mög-lichkeit geboten, umfangreiche Rechtshilfeverfahren, bei denen sie auf einen lokalen Richter ange-

wiesen sind, der für sie die Einver-nahme übernimmt, durch Video-konferenzen zu ersetzen.

VerfahrensbeschleunigungDie Verfahren können damit we-sentlich effizienter erledigt werden. „Früher musste der Richter den oft sehr umfangreichen Akt an das Rechtshilfegericht schicken. Der dortige Richter musste dann erst alles durchlesen, bevor er die Ein-vernahme durchführen konnte und schließlich den Akt mit der proto-kollierten Aussage wieder zurück-schicken. War eine Partei oder ein Zeuge im Ausland ansässig, so wa-ren die Akten oft monatelang un-terwegs“, berichtet Riegler. „Mit-tels Videokonferenzen kann das alles rascher, direkter und wesent-lich unkomplizierter ablaufen. Vor allem aber kann sich der Richter, der dann auch die Entscheidung treffen muss, durch die Videokon-ferenz einen wesentlich besseren Eindruck von der einvernommenen Person verschaffen, als wenn er nur das Einvernahmeprotokoll stu-diert.“

In Zivilverfahren können Zeu-gen, Sachverständige und Par-teien per Videokonferenz vernom-men werden. In strafgerichtlichen Vorverfahren ist dies bei Zeugen und Beschuldigten möglich, in der Hauptverhandlung muss der Be-schuldigte persönlich anwesend sein. Um dasGanze möglichst rea-listisch zu gestalten, steht das be-treffende Gerät im Verhandlungs-saal dort, wo der Zeuge auch sitzen würde. Überhaupt ist es wichtig, dass Videokonferenzen in Bild und Ton möglichst nahe an die unmit-telbare Vernehmung im Verhand-

lungssaal herankommen (keine Verzerrungen, sämtliche im Raum befindlichen Personen müssen sichtbar sein etc.). Rund 120 Video-konferenzen pro Monat werden derzeit an den 172 Justizdienststel-len (Justizanstalten, Bezirks- und Landesgerichte etc.) abgewickelt – Tendenz steigend. So ist es durch-aus möglich, dass ein Zeuge aus Wien-Favoriten, der während sei-nes Winterurlaubs in Tirol einen schweren Verkehrsunfall beobach-tet hat, die Verhandlung per Video-konferenz am Bezirksgericht Favo-riten miterlebt. Das spart Zeit, Geld und schont die Umwelt.

Noch Zukunftsmusik?Trotzdem kennen die meisten Ös-terreicher Videokonferenzanlagen wohl eher von großen Kongressen oder aus dem Fernsehen, wenn prominente Persönlichkeiten über Kontinente hinweg Live-Interviews geben. Im öffentlichen Bereich sind Videokonferenzen abseits des Ju-stizbereichs noch nicht Alltag. Das Finanzministerium verfügte schon Mitte der 1990-er Jahre hindurch über zehn Videokonferenzsysteme, die allerdings wenig genutzt wur-den. „Obwohl seit der Finanzre-form 2005 Teile der Finanzver-waltung dezentralisiert und über ganz Österreich verteilt sind, wa-ren Video konferenzen bei uns eher selten“, so Leopold Koppensteiner, Verantwortlicher für IT-Infrastruk-tur im BMF. „Lediglich von den De-legierten im Ausschuss der Regi-onen wurden die Einrichtungen häufiger genützt, unter anderem, um sich vor den Sitzungen in Brüs-sel abzustimmen. Aktuell testen wir nun mit zwei neueren Systemen Vi-

deoconferencing über IP. Erste Ver-suche verliefen erfolgreich.“

Wer Besprechungen per Video abhalten möchte, muss nicht un-bedingt tief in die Tasche greifen. „Theoretisch reicht die Bandbrei-te von zehn Euro für eine billige Webcam an einem PC bis zu eini-gen Hunderttausend Euro für eine große Telepresence-Anlage. Die Praxis zeigt aber, dass es wichtig ist, mit den unterschiedlichsten Gerä-ten in einer gemeinsamen Konfe-renz kommunizieren zu können – also auch wenn man beispielswei-se aus dem Taxi nur über das Han-dy an einer Videokonferenz teilneh-men kann“, erklärt Werner Strasser von ProCom Strasser, einem Spe-zialisten für Videokommunikati-on und Systemintegration. An sich kann man Videokonferenzen schon relativ einfach über Laptops mit Webcam, Mikro und kostenloser Clientsoftware über das Internet abwickeln.

Split-Screen oder zweiter MonitorMit zentral betriebenen Gateways – etwa für ein Ministerium – und einer sogenannten „Meetingma-chine“ können auch PCs, Macs, ISDN-Videokonferenzanlagen oder UMTS-Videotelefone mit in die Kommunikation eingebunden wer-den. Auch verschlüsselte Konfe-renzen mittels spezieller Hardware sind bei europäischen Behörden be-reits im Einsatz.

„Die saubere und sichere Nut-zung der bestehenden Firewalls stellte für IT-Administratoren bei IP-basierten Videokonferenzen bis-her ein Problem dar – aber auch da-für gibt es mittlerweile sehr wirt-

schaftliche und professionelle Lösungen“, berichtet Strasser. Dokumente, Präsentationen etc. können entweder per Split-Screen gleichzeitig mit den Gesprächspart-nern auf einem Monitor oder sepa-rat auf einem zweiten Bildschirm gezeigt werden. Auch die Verbin-dung mit einem digitalen White-board ist möglich. Die meisten Videokonferenzanlagen sind leicht zu transportieren, nur aufwen-dige Systeme mit mehreren groß-en Monitoren werden fix installiert. Video konferenzen über Netzwerke (IP-basiert) sind kostengünstiger als per ISDN und ermöglichen auch HD-Qualität. Eine Klasse für sich sind Anlagen, bei denen dreidi-mensionales Raumempfinden und durch ausgeklügelte Technik echter Augenkontakt (statt Auge-zu- Kamera-Blickkontakt) möglich ist.

Technische Probleme bzw. Un-zulänglichkeiten (Bild und Ton asynchron, Verzerrungen etc.) las-sen sich durch professionelle Be-ratung vor dem Kauf und entspre-chende Betreuung relativ leicht in den Griff bekommen. Oft scheitert es aber auch an geringeren Proble-men. Franz Riegler: „Anfangs wur-den unsere Videokonferenzanlagen sehr wenig in Anspruch genommen, weil es Probleme bei der Einteilung der Räumlichkeiten gab. Daher ha-ben wir ein einfaches Reservie-rungssystem erarbeitet, mit dem Verhandlungsräume plus Video-konferenzanlage online reserviert werden können. Die Bestätigung mit allen Daten kommt dann auto-matisch per E-Mail. Seitdem ist die Akzeptanz deutlich gestiegen.“

Astrid Fadler

Videokonferenz

Wenn der Kadi eine Kamera ist.Videokonferenzen können den Bedarf an Dienstreisen deutlich reduzieren. Die Justiz nützt diese Technologie bereits seit 2002 österreichweit für Verhöre und Anhörungen. Häftlinge müssen seitdem nicht mehr überstellt werden, sondern können einfach und bequem per Video vernommen werden.

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September 2010 | 9

Keber: Herr Pölzl, schreiben und bekommen Sie noch Briefe?

Pölzl: Briefe bekommen habe ich immer. Aber durch meine neue Tä-tigkeit bei der Post verschicke ich jetzt auch wieder vermehrt Briefe und Postkarten.

Keber: Für 2011 ist die vollständige Liberalisierung der Post geplant. Was passiert dann?

Pölzl: Das gesamte Postgeschäft ist im Umbruch. Wir sehen zwei große Trends im Briefgeschäft: er-stens die elektronische Substituti-on, bei der Briefe und Postkarten zunehmend von E-Mails, SMS oder Online-Produkten ersetzt werden, und zweitens die Öffnung und Libe-ralisierung des Briefmarktes. 2011 fällt das letzte Monopol für Briefe bis 50 Gramm. Das bringt zusätz-lichen Wettbewerb – wie bereits im Paketbereich – und natürlich stär-keren Preisdruck. Dafür machen wir uns fit!

Keber: Was erwarten Sie durch die Liberalisierung für die Post AG?

Pölzl: Wir gewinnen in einem of-fenen Markt auch einen gewissen Freiheitsgrad, z.B. bei Produkt- und Preisgestaltung. Heute muss ja je-der Preis noch von einem Regula-tor genehmigt werden. Dieser ge-wonnene Gestaltungsspielraum ist auch für die Kunden gut, weil in Zukunft der Kunde und der Markt

bestimmen, wie Dienstleistungen auszusehen haben. Ich sehe den li-beralen Markt als einen besseren Rahmen als den regulierten Markt. Man muss den Unternehmern wie-der Freiheiten einräumen, aber ge-nau auf diesem Weg befinden wir uns.

Keber: Welche Folgen hat die Libe-ralisierung für die Beschäftigten, wird der Bereich Postzustellung zum Niedriglohnsektor?

Pölzl: Es stimmt, dass die Liberali-sierung alle Beteiligten unter Druck setzt und den spürt das ganze Un-ternehmen. Das ist aber nun mal so im freien Markt, dass der Druck auf die Effizienz und somit die Kos-ten und den Preis ausgeübt wird. Die Herausforderung ist es, trotz all dem Druck und ständiger Kosten-einsparungen die gleichbleibend hohe Qualität zu halten.

„Erst auf der letzten Meile austragen“Keber: Der Brief wird nicht nur durch elektronische Kommunikati-on ersetzt, er wird auch an Misch-formen gearbeitet. Was erwartet den Briefschreiber der Zukunft?

Pölzl: Ein zentrales Thema ist die elektronische Zustellung von Brie-fen. Wir bieten jedem Österreicher an, über ein Online-Portal Briefe elektronisch zu verschicken. Der Vorteil gegenüber einem E-Mail ist, dass der E-Brief sehr viel sicherer

ist und somit auch eingeschriebene Briefe elektronisch verschickt wer-den können. Wir bieten aber auch die Hybrid-Mails, die einen Teil der Strecke elektronisch zurücklegen und nur auf der letzten Meile ausge-tragen werden. Ich sehe aber auch für den physischen Brief eine große Zukunft. Die Bedeutung von Direct Mailings, die immer individuali-sierter und stärker auf den Kunden zugeschnitten werden, steigt.

Keber: Weshalb ist es für österrei-chische Kunden so schwer, auf den E-Brief umzusteigen?

Pölzl: Die Diskussionen rund um den E-Brief sind immer gleich. Es ist zunächst notwendig, dass sich je-der registrieren lässt, wir brauchen eine gewisse Verbindlichkeit durch eine Berechtigungs- bzw. Identifi-kationsnummer. Nur so können wir garantieren, dass ein Schreiben tat-sächlich vom Absender stammt. Im gewöhnlichen Brief kann das durch Handschrift und Unterschrift ga-rantiert werden.

„Physische Zustellung und elektronische Services“Keber: Zu den neuen Unterneh-mensstrategien der Postdienste zählt der Fokus auf Großkunden. Was bedeutet das für Privatkunden? Pölzl: Der Fokus auf Großkunden ist nichts Neues. Die bedeutendsten Kunden für Postunternehmen sind Großversender wie Behörden, Ban-ken oder Versicherungen, aber auch Versender im Werbemarkt, die ih-re Kunden über Direct Mailings an-sprechen. Privatkunden geben im Jahr nur 18 Euro für Post aus, krie-gen aber im Durchschnitt vier Mil-lionen Briefsendungen pro Tag. Den privaten Briefschreibern wollen wir künftig Dienstleistungen aus einer Hand bieten – in der physischen Zustellung genauso wie bei elektro-nischen Services.

Der Versender wird in Zukunft wählen können, ob er seine Post ausgedruckt und kuvertiert ver-schickt oder elektronisch. Auch der Paketversand kann im Vorfeld on-line konfiguriert werden – von der Verpackung bis zur elektronischen Paketmarke. Der Empfänger ent-scheidet, wie und wo er seine per-sönliche Post bekommen möch-te – ob an die Wohnadresse, zum Arbeitsplatz, in die Wunschfiliale oder zum Abholautomaten. Alter-nativ kann er seine Post auch elek-tronisch im Post-Portal empfangen.

Keber: Welche Bedeutung hat die öffentliche Hand für die Österrei-chische Post AG?

Pölzl: Die öffentliche Hand ist einer unserer größten Kunden und des-halb extrem wichtig für die Post. Aber auch für die öffentliche Hand hat die Post als Partner eine wich-tige Bedeutung, denn nur die Post kann die flächendeckende Versor-gung für Behördenbriefe sicher-stellen.

Die Postversorgung von Städten und Ballungsräumen kann ein al-ternativer Anbieter schnell sicher-

stellen, aber die österreichweite Versorgung ist ein Verlustgeschäft. Umso wichtiger sind uns deshalb die gesetzlichen Rahmenbedin-gungen, vor allem dass den Mitbe-werbern kein „Cherrypicking“ er-möglicht wird.

Keber: Vielen Dank für das Ge-spräch.

Harriett Keber

Interview

„Liberalisierung bedeutet auch mehr Freiheit für uns“.

Rückscheinsendungen – neue Behördenprodukte

Ab 2011 ist die Einführung alternativer, kostengünstigerer Lösungen für Rückscheinsendungen von Behörden (derzeit RSa, RSb) geplant. Voraussichtlich werden zwei neue Produkte zur Auswahl stehen:

1. Der „maschinenfähige Rückscheinbrief“ wird wie bisher physisch zugestellt. Das Rückscheinformular wird allerdings so adaptiert, dass das ausgefüllte Formular vom Zusteller elektronisch erfasst werden kann. Die Rückübermittlung des Rückscheines kann wahlweise phy-sisch oder elektronisch als Scan erfolgen.

2. Beim „Behörden-Hybrid-Rückschein“ gibt es keine integrierten Rückscheinformulare mehr, es können beliebige Fensterkuverts ver-wendet werden. Der Absender muss allerdings zusätzlich zur Adres-se auch einen Buchstaben-Zahlen-Code aufdrucken. Der Zusteller scannt diesen Code und produziert anschließend die Zustellkarte, die vom Empfänger unterschrieben wird. Nach der Zustellung erhält der Absender eine elektronische Statusmeldung. Die Zustellkarte kann zu-sätzlich auch als Scan übermittelt werden – im Original wird sie nur zugestellt, wenn sie als Beweismittel benötigt wird.

Derzeit sind allerdings die rechtlichen Grundlagen für diese neuen Zu-stellarten noch nicht gegeben, insbesondere muss die Zustellformular-verordnung vom Bundeskanzleramt geändert werden.

In Zeiten von E-Mails, MMS und SMS werden Briefe zu einer Seltenheit. Wie geht die Post damit um und wo sieht sie sich in den nächsten Jahren? „Beschaffung Austria“ im Gespräch mit Post-Generaldirektor Georg Pölzl.

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10 | September 2010 Mobiler Arbeitsplatz

Andreas Böhmer, Einkaufs-spezialist der Bundesbe-schaffung, arbeitet am

Notebook in seinem Arbeitszim-mer zu Hause in Dürnstein. Das Mobiltelefon klingelt, Böhmer hebt ab und meldet sich mit „Bundes-beschaffung, Böhmer, Grüß Gott!“. Obwohl sich Böhmer 80 Kilometer westlich von Wien befindet, konn-te der Anrufer ihn über seine her-kömmliche Festnetznummer an seinem Arbeitsplatz in der Bun-desbeschaffung erreichen. Nichts deutet für ihn darauf hin, dass sich sein Gesprächspartner nicht im Bü-ro der BBG in der Wiener Lassalle-straße befindet.

Andreas Böhmer ist Teilneh-mer eines sechsmonatigen Pilot-projektes der Bundesbeschaffung im Bereich mobiles Arbeiten und Heimarbeit. Zur Basisausstattung Böhmers gehört ein modernes Mo-biltelefon, mit dem er E-Mails emp-fangen und auf seinen Termin-kalender sowie sein Adressbuch zugreifen kann. Darüber hinaus dient es auch als UMTS-Modem, um mit dem Firmen-Notebook ins Internet einsteigen zu können. Über einen sogenannten VPN-Tun-nel ist auch der vollständige und si-chere Zugriff auf alle zentral ab-gelegten Dateien möglich. Das Telefon ist mit „Active Sync“, einer speziellen Synchronisationssoft-ware, sowie einem „Avaya-Client“ ausgestattet, der es ermöglicht, sich mit dem Handy in die Telefonanla-ge der Firma einzuklinken, sodass die Mitarbeiter wie am Arbeitsplatz unter der bisherigen Festnetznum-mer erreichbar sind.

Arbeiten ohne EffizienzverlustDen Anstoß für das Pilotprojekt gab die geplante Umstellung der Bun-desbeschaffung auf das Voice-over-IP-System. Als Einkaufsdienstleis-ter der Republik wurde die BBG damit beauftragt, die Telefonie der Bundesverwaltung auf eine mo-derne Voice-over-IP-Anlage umzu-stellen (siehe „Beschaffung Austria 01/2008“). Quasi am eigenen Leib wollte man austesten, welche Mög-lichkeiten der Einsatz moderner In-formations- und Kommunikations-technologien bietet und inwieweit es möglich ist – unabhängig vom Arbeitsplatz – ohne Effizienzver-lust zu arbeiten.

Clemens Kunkel, Chief Infor-mation Officer (CIO) der BBG, lei-tete das interne Pilotprojekt. Er legt Wert darauf, dass bei der Dis-kussion um flexible Arbeitsformen nicht auf den Unterschied zwischen Heimarbeit und mobilem Arbeiten vergessen wird: „Ein Heimarbeits-platz dient dazu, von zu Hause aus in den Arbeitsprozess integriert zu sein. Das kommt sowohl Müttern in Karenz zugute, die sich dadurch auf

dem Laufenden halten können, als auch Arbeitnehmern, die in entle-genen Gegenden wohnen und bis zu einer Stunde An- und Abreisezeit in die Arbeit haben.“ Unter „mobilem Arbeiten“ hingegen verstehe man „ein Arbeiten zwischen Firma und Heimarbeitsplatz“, das besage je-doch nicht, dass ein Kollege, „der ei-nen mobilen Arbeitsplatz hat, des-halb auch einen Heimarbeitsplatz hat und umgekehrt“, so Kunkel.

Zum mobilen Arbeiten werden u.a. das Abrufen und Beantworten von E-Mails am Rande eines Kon-gresses oder berufliche Telefonate von unterwegs gezählt. Bei Füh-rungskräften gehört auch in der Verwaltung mobiles Arbeiten mitt-lerweile zum Alltag, weil es schnel-le Entscheidungen ermöglicht. Für Andreas Böhmer war das mobi-le Arbeiten während seiner langen Fahrten vom und zum Arbeitsplatz – täglich bis zu vier Stunden mit öf-fentlichen Verkehrsmitteln – eine willkommene Erleichterung: „Für mich hat es den Vorteil, dass ich mir gewisse Arbeiten für die Zugfahrt aufheben kann. Voraussetzung ist, dass die technischen Möglichkeiten vorhanden sind. Unser Pilotpro-jekt hat gezeigt, dass das gut funk-tioniert!“ Mit der Zeit entwickeln Mitarbeiter eine gewisse Routine, welche Arbeiten sich gut unterwegs erledigen lassen und welche einen intensiven Austausch mit Kollegen oder eine bessere Internetanbin-dung benötigen.

Vorteile für alle SeitenÄhnliches gilt auch für die Heimar-beit. Nicht alle Aufgaben lassen sich von zu Hause aus erledigen. „Vor-läufig erwartet man sich noch, dass einem am Empfang einer Firma ei-ne Person tatsächlich gegenüber-steht – und nicht nur via Monitor begrüßt“, erzählt Kunkel schmun-zelnd. Aber im Call-Center der BBG habe man Heimarbeit schon er-folgreich getestet. „Der Nutzen der Heimarbeit ist vielfältig“, so der CIO. „Ein positiver Aspekt, der oft übersehen wird, ist z.B. der Um-weltschutz, da die tägliche Anfahrt in die Firma ausbleibt.“ Sowohl für die betroffenen Mitarbeiter als auch für den Arbeitgeber bedeu-tet Heimarbeit aber vor allem ei-ne wesentliche Zeitersparnis. Nicht zuletzt profitiert auch das Famili-enleben, in das man besser einge-bunden bleibt, von der Heimarbeit. Das bestätigt auch Andreas Böhmer, der an seinen beiden Heimarbeits-tagen pro Woche die Möglichkeit hatte, seine Tochter in die Schu-le zu bringen oder abzuholen. Auf Unternehmerseite kommt ein wei-teres Einsparungspotenzial beim Bereitstellen von Büroarbeitsplät-zen hinzu. Längst gibt es in Unter-nehmen, deren Mitarbeiter Heim-

arbeit machen, das sogenannte „Desk-Sharing“ – die gemeinsame, abwechselnde Nutzung von Büro-arbeitsplätzen.

Aber auch die Schattenseiten von Heimarbeit dürfen nicht über-sehen werden, z.B. die potenzielle Vereinsamung von Mitarbeitern. „Eine gute soziale Integration der Mitarbeiter schlägt sich wesentlich in der Produktivität nieder. Heim-arbeit muss daher mit einem gewis-sen Maß gemacht werden“, so Kun-kel. Er empfiehlt als Maßnahme einen fixen Tag pro Woche im Bü-ro als Pflichttermin – darauf sei im Falle des Desk-Sharings Rücksicht zu nehmen – und dass die Mitar-beiter intern viel mit Videotelefo-nie und persönlichem Mailverkehr arbeiten, um die informelle Kom-munikation, die früher u.a. in ge-meinsamen Pausen gepflegt wurde, aufrecht zu erhalten.

Aber auch die Vorgesetzten der von zu Hause arbeitenden Mitarbei-ter müssen sich umstellen. Im Büro lässt sich das Verhältnis zwischen Aufgabenstellung und dafür benöti-gter Zeit leicht feststellen. Arbeitet ein Mitarbeiter zu Hause, fällt das ungleich schwerer. Bei Vorgesetz-ten ist also ein Umdenken angesagt: Die Leistung eines Mitarbeiters muss verstärkt an den Ergebnissen und weniger an der geleisteten Ar-beitszeit gemessen werden.

Mangelnde AkzeptanzZu gering darf das Ausmaß von Heimarbeit aber nicht ausfallen, sonst entstehen keine nennens-werten Kostenvorteile. Erst wenn der Arbeitgeber die Anzahl der Bü-roarbeitsplätze reduzieren kann und der Arbeitnehmer sich keine Monatskarte für die Verkehrsbe-triebe kaufen muss, wird Heimar-beit in den Portemonnaies spürbar. Dieses Einsparungspotenzial wird zu den „direkten Einsparungen“ ge-zählt, während die Zeitersparnis, die ein Mitarbeiter dank Heimar-beit verzeichnet, zu den „indirekten Einsparungen“ gerechnet wird.

Kunkel: „In der Praxis zeigt sich, dass Heimarbeit weniger ein

technisches, sondern ein organisa-torisches Projekt ist. Die Firmen-leitung ist hier besonders gefor-dert, das Ganze so zu organisieren, dass es für beide Seiten passt und Kostenvorteile erzielt werden.“ Die Akzeptanz von Heimarbeit hängt aber nicht nur mit organisa-torischen Fragen zusammen. Noch immer werde Heimarbeit sowohl in der Firma als auch im Privatleben nicht als vollwertige Arbeit angese-hen, bemängelt Kunkel.

Den Bund stellt mobiles Ar-beiten künftig vor besondere orga-nisatorische Aufgaben. Sein starres Entgeltsystem, das meist auf fixen Arbeitszeiten und Zulagen für au-ßergewöhnliche Tätigkeiten be-ruht, kommt mit dem raschen Wechsel zwischen Freizeit und Ar-beit nur schwer zurecht. „Das mobi-le Arbeiten“, erklärt Clemens Kun-kel, „wird derzeit auf freiwilliger Basis in Kombination mit Heimar-beit angeboten.“ Er ist jedoch über-zeugt, dass sich die Möglichkeiten des mobilen Arbeitens positiv auf die Motivation der Mitarbeiter und damit die Effizienz der Dienststelle auswirken.

Bei konzentrierten Arbeiten möglichIn der BBG hat das Pilotprojekt je-denfalls zu einem großzügigeren Umgang mit mobilem Arbeiten und Heimarbeit geführt. Alle Mit-arbeiter sind mit Laptops ausgerü-stet, Führungskräfte auch mit den hochwertigen Handys. Aber auch für die weiteren Mitarbeiter ist Heimarbeit möglich, wenn eine Tä-tigkeit ansteht, die konzentriertes Arbeiten voraussetzt. Für eine wei-tergehende Implementierung sieht Kunkel besonders die Akzeptanz innerhalb des Kollegiums als große Herausforderung – „dieser Kultur-wandel benötigt eben seine Zeit“, so Kunkel. Dass beide Arbeitsformen eine Bereicherung für die Bundes-beschaffung und ihre Mitarbeiter sind, steht für ihn nach dem Pilot-projekt jedoch außer Frage.

Harriet Keber

Mobil im Büro.Eine moderne Voice-over-IP-Anlage eröffnet auch abseits des Büro-arbeitsplatzes ungeahnte Möglichkeiten. Die Mitarbeiter der Bundes-beschaffung haben sechs Monate lang die Vor- und Nachteile von mobilem Arbeiten getestet. Ein Erfahrungsbericht.

„In der Praxis zeigt sich: Heimarbeit ist

weniger ein tech-nisches, sondern ein

organisatorisches Projekt.“

Clemens Kunkel, Chief Information Officer

der Bundesbeschaffung

Energie-Einkäufer Andreas Böhmer testete sowohl mobiles Arbeiten im Zug als auch Heimarbeit in seinem Haus in Dürnstein.

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September 2010 | 11

Am 7. und 8. Oktober findet in Linz eine international besetzte Fach-konferenz zu „Öffentlicher Beschaf-fung in Europa“ statt. In Vorträgen und Workshops wird nachgefragt, wie sich politische Vorgaben in Be-zug auf Nachhaltigkeit und Innova-tion in der Praxis des öffentlichen Einkaufs umsetzen lassen. Große Potenziale zu einer verbesserten Umsetzung ergeben sich dabei laut dem Veranstalter, der „Oö. Akade-mie für Umwelt und Natur“, durch „gemeinde- und gebietskörper-schaftsübergreifende Zusammen-arbeit“. Die Veranstaltung, bei der auch die BBG vertreten ist, disku-tiert deshalb neueste Erkenntnisse über Möglichkeiten und Grenzen einer vernetzten Beschaffung.

Beschaffung Aktuell

ÖSTERREICHS FACHMESSE FÜR DEN ÖFFENTLICHEN EINKAUF

4. November | 9:30–17:00 Uhr

Informationen & Anmeldung: www.bbg.gv.at/nutzenleben

Nutzen.Leben2010 – die MesseWir überzeugen Sie als Einkaufs- oder Finanzverantwortlichen aus

dem öffentlichen Sektor gemeinsam mit 160 Ausstellern vom star-

ken und bewährten Leistungsangebot der BBG. Die Bandbreite

reicht von IT über Gebäudebetrieb, Mobilität, Bürobedarf bis zu

Dienstleistungen.

Nutzen.Leben2010 – die FachtagungInternationale und nationale Trends aus dem öffentlichen und pri-

vatwirtschaftlichen Einkauf. Holen Sie sich den entscheidenden In-

formationsvorsprung. Profitieren Sie von Best-practice-Beispielen

und erfahren Sie Neues rund um die Zukunft des Einkaufes.

NeUe LoCATIoN:

meSSe WIeN

Die neuesten Urteile aus dem Vergaberecht

Konferenz „Öffentliche Beschaffung“

In einem jüngst ergangenen Be-scheid des Bundesvergabeamtes (BVA) wird auf die wechselnde Einstufung einer Vergabe bezüg-lich Ober- oder Unterschwellen-bereich eingegangen. In den Aus-schreibungsunterlagen wurde ursprünglich von einer Vergabe im Oberschwellenbereich ausge-gangen, auch die Zuschlagsent-

scheidung benannte eine (da-mals) 14-tägige Stillhaltefrist. Erst in einer Stellungnahme zum Nachprüfungsantrag ging der Auftraggeber von einem Auftrag im Unterschwellenbereich aus. Diese „Wechselhaftigkeit“ kann laut BVA nicht zu Lasten des rechtsschutzsuchenden Antrag-stellers gehen.

Kein Wechsel der SchwellenbereicheGZ: N/0119-BVA/04/2009-31

„Aktionsplan für nachhaltige Beschaffung“ beschlossenNach fast drei Jahren Vorarbeit wurde Mitte Juli 2010 der „Nati-onale Aktionsplan zur Förderung einer nachhaltigen öffentlichen Beschaffung“ vom Ministerrat be-schlossen. Die Erarbeitung des Aktionsplans erfolgte unter Ein-beziehung von Beschaffungsver-antwortlichen aus allen Gebietskör-perschaften sowie von Experten aus zentralen Beschaffungsstellen wie der Bundesbeschaffung oder der Bundesimmobiliengesellschaft und Vertretern der Wirtschaft.

Hauptziele des Aktionsplans sind, bei allen öffentlichen Beschaf-fern das Thema nachhaltige Be-

schaffung zu verankern, die Vor-reiterrolle Österreichs in der EU zu sichern, die Aktivitäten bei der nachhaltigen öffentlichen Beschaf-fung in Österreich zu koordinie-ren und Kräfte zu bündeln sowie die Hemmnisse für nachhaltige Be-schaffung abzubauen. Dazu wur-de für 16 Beschaffungsbereiche, vom Kopierpapier über Möbel bis zu Veranstaltungen, ein detail-lierter Kriterienkatalog erarbeitet, der künftig allen öffentlichen Aus-schreibungen zugrunde liegen soll. In einem Monitoring-System sollen die Fortschritte bei der Umsetzung dokumentiert werden.

Entscheidung muss nachvollziehbar seinGZ: N/0130-BVA/02/2009-29

Das BVA hat die Judikatur zur Zuschlagsentscheidung ergänzt. Demnach müssen jene Infor-mationen vorgelegt werden, die die Rechtsrichtigkeit einer Ent-scheidung eines Auftraggebers nachvollziehbar machen. Die Übermittlung von Bewertungs-punkten ohne Begründung einer unterschiedlichen Punkteverga-

be ist nicht genug. Weiters wird die Zusammensetzung einer Be-wertungsjury thematisiert. Kom-missionsmitglied kann nur je-mand mit dem nötigen fachlichen Wissen und entsprechender Eig-nung sein. Allerdings muss die-se Person nicht selbst Angebote nach den Ausschreibungsvorga-ben erstellen können.

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12 | September 2010

Gebäudebetrieb

AuftausalzeAb sofort steht eine Rahmenver-einbarung über Auftausalz für al-le Kunden der Bundesbeschaffung zur Verfügung. Diese umfasst ei-nen Katalog, der eine freie Aus-wahl an Auftausalzarten (Stein-salz und Siedesalz), verschiedenen Lieferfristen, variablen Bestell-mengen und verschiedenen Ver-packungs- bzw. Lieferarten bietet. Unter den Stichwörtern „Streu-salz“ oder „Auftausalz“ finden Sie sämtliche Informationen im E-Shop der BBG.

Elektrotechnische Geräte & Komponenten

Batterien & AkkusDie BBG hat mit Ende Juli einen neuen Vertrag für Batterien & Ak-kus mit einer Laufzeit von zwei Jahren (exkl. einjähriger Verlän-gerungsoption) abgeschlossen. Um Ihnen neben Standardbatte-rien auch sogenannte Hochleis-tungsbatterien für moderne Elek-tronikgeräte mit einem höheren Energiebedarf (wie z.B. Digitalka-meras) anbieten zu können, wurde eine Trennung in zwei Lose vor-genommen. Vertragspartner bzw. Lieferant für beide Lose ist die Firma Spiral Reihs & Co. Die ver-fügbaren Produkte der Hersteller Varta und Rayovac sind im E-Shop der Bundesbeschaffung bestellbar.

Gebäudebetrieb

Reinigungsdienst-leistungen WienDie BBG hat in einem offenen Ver-fahren im Oberschwellenbereich für rund 70 Dienststellen in Wien (60 Prozent BMUKK, 30 Prozent ausgegliederte Unternehmen des Bundes, 10 Prozent BMWF) einen 5-Jahres-Vertrag für Reinigungs-dienstleistungen vergeben. Die-se wurden gewohnt KMU-freund-lich in 30 Lose aufgeteilt. Der Rahmenvertrag umfasst Unter-halts-, Grund- und Fensterreini-gung sowie Regiestundensätze für kurzfris tige Zusatzleistungen. Ne-ben der Einsparung von insgesamt 5,8 Prozent setzen die vereinbarte Qualitätssicherung und optimierte Leistungsverzeichnisse neue Maß-stäbe. An zehn Lieferanten wurde der rechtskräftige Zuschlag erteilt, Leistungsbeginn war am 1. August 2010.

Medizin & Labor

Mammographie-systemIm Auftrag der Krankenfürsor-geanstalt der Bediensteten der Stadt Wien (KFA) wurde für das Sanatorium Hera ein Verfah-ren zur Beschaffung eines Mam-mographiesystems inklusive Be-fundarbeitsplätzen durchgeführt. Der Auftrag umfasst ein digitales Mammographiegerät, eine ste-reotaktische Biopsieeinheit, eine Aufrüstoption zur Tomosynthese sowie Befundarbeitsplätze und di-verses Zubehör. Gerne informiert Sie das Key-Account-Manage-ment Gesundheit der Bundesbe-schaffung über weitere Projekte zur Beschaffung von medizinisch-technischen Großgeräten und steht bei Bedarf für individuelle Ausschreibungen (Projekte im be-sonderen Auftrag) zur Verfügung ([email protected]).

BBG-News

Impressum

„Beschaffung Austria – Die Zeitung für den öffentlichen Einkauf“Medieninhaber, inhaltliche Verantwortung: „Bundesbeschaffung GmbH“ (1020 Wien, Lassallestraße 9b).Redaktion: Florian Unterberger, Katharina Saremba, T 01/245 70-604, E [email protected] und Verleger: Österreichischer Wirtschafts verlag GmbH (1051 Wien, Wiedner Hauptstraße 120–124).Anzeigenleitung: Alfred Vrej Minassian, T 01/546 64-280 E [email protected]: Michael Glatz, T 01/546 64-281 E [email protected]: Nr. 1, gültig ab 1. 1. 2010.Erscheinungsweise: 4 x jährlich.DVR: 0368491.Druck: „Herold Druck&Verlag AG (1030 Wien, Faradaygasse 6).

Bild- und IllustrationsnachweisS. 1: das kleine buero; S. 2: das kleine buero (alle); S. 3, 4, 5: Pessenlehner (alle); S. 6: Schleich (alle); S. 7: das kleine buero, Fotolia; S. 8: Fotolia; S. 9: Aigelsreiter (alle); S. 10: BBG (alle); S. 11: Bilderbox, Linz Tourismus; S. 12: BBG, photos.com.

BBG-ForumRückblick

Der BBG-InfoDay zu „Projekten im besonderen Auftrag“ stieß bei den Kunden der Bundesbeschaffung auf großes Interesse. Nach einer kurzen Einführung standen die Einkaufsspezialisten für persönliche Gespräche zur Verfügung.

Projekte im besonderen AuftragAm 23. Juni 2010 fand der BBG-InfoDay „Projekte im besonderen Auftrag“ statt. Interessenten aus allen Kundensegmenten der BBG verbrachten einen spannenden Nachmittag in den Räumlichkeiten der Bundesbeschaffung. Als öffentliche Auftraggeber kann man die BBG mit der Ausschreibung von spezifischen Waren oder Dienst-leistungen beauftragen, die nicht von den bereits bestehenden BBG- Verträgen abgedeckt werden.

Nach einer kurzen Begrüßung durch BBG-Geschäftsführer An-dreas Nemec führte Marketingleiter Anton Steinringer die Zuhörer in die Thematik ein. Anschließend standen die Einkaufsspezialisten des Hauses den Kunden für individuelle Gespräche zur Verfügung. In einer offenen „Infozone“ konnte man sich detaillierte Informati-onen und Ratschläge aus den Bereichen geistige Dienstleistungen, IT (Dienstleistungen, Hardware, Software), Kraftfahrzeuge, Medizin und Labor, Reinigung und Auftausalze, Werkzeuge und Maschinen sowie Energie holen.

Ausblick

Schneeräumung für Schulen BBG-Vertragspräsentationen am 16. und 17. September 2010,

11:00 Uhr, Wien

Aufgrund von zahlreichen Anfragen organisiert der Stadtschulrat für Wien in Kooperation mit der Bundesbeschaffung und der MA 48 (Straßenreinigung) am 16. und 17. September 2010 eine dreistündige interaktive Veranstaltung zum Thema „Schneeräumung“. Im Mittel-punkt steht die professionelle Unterstützung im ökonomischen und ökologischen Umgang mit Schulressourcen (Streusalzeinsatz, exter-ne Schneeräumung etc.).

Kfz, Werkstatt, Schnee-räumung, Auftausalze

BBG-InfoDays von 20. bis 23. September, jeweils 09:00 bis 17:00 Uhr, Sierning, Kitzbühel, Klagenfurt, Wr. Neudorf

Die Einkaufsexperten der Bundesbeschaffung touren durch Österrei-ch und präsentieren gemeinsam mit ihren Lieferanten die neuesten Produkte und Verträge aus den Bereichen• Kfz (Pkw, Nutzfahrzeuge, Geräteträger, Kfz-Zusatzleistungen wie

Tankkarten, Reifen, Kfz-Versicherung und Fahrzeug-Innenaus-bauten),

• Werkstatt (Werkstättenausstattung, land- und forstwirtschaft-liche Geräte),

• Schneeräumung und• Auftausalze.Nutzen Sie die Gelegenheit, informieren Sie sich über aktuelle Bran-chenentwicklungen und sprechen Sie beim offenen Ausstellungsbe-trieb mit den Lieferanten und BBG-Mitarbeitern.

E-Shop für Einsteiger BBG-Seminar in den KW 41/42, 09:00 Uhr, Wien

Der E-Shop der BBG ist die moderne und zukunftsweisende Beschaf-fungsplattform für den öffentlichen Bereich. Damit auch alle Einstei-ger und Erstanwender die Vorteile des Webshops nutzen können, ge-ben wir Ihnen in dieser Seminarveranstaltung eine Kurzeinweisung in die wichtigsten Kernfunktionen des E-Shops. Im Mittelpunkt ste-hen die Themen Produktsuche, Warenkorb und Genehmigung.

Elektrotechnische Geräte & Komponenten

ElektrogeräteDie Bundesbeschaffung berei-tet derzeit eine Folgeausschrei-bung für die bestehende Rahmen-vereinbarung „Elektrogeräte“ (GZ 3100.00359) vor. Bestandteil die-ser Rahmenvereinbarung wird die Lieferung und bei Bedarf die In-stallation und Einweisung von Produkten aus den Bereichen Un-terhaltungselektronik, Weißware und Kleingeräte in ganz Öster reich sein. Abrufe werden ab Januar 2011 möglich sein.

Werkstatt, Maschinen & Metallprodukte

Container & -systemeDie BBG plant eine Folgeaus-schreibung zur Beschaffung von Containern & -systemen.

Das Produktportfolio dieser Rahmenvereinbarung umfasst ne-ben Lager- bzw. Seecontainern insbesondere Büro- und Sanitär-container sowie individuell spezi-fizierte Containerverbundsysteme (z.B. als Ausweichquartier bei Bau-projekten). Die Veröffentlichung der Ausschreibung ist für die KW 36/2010 vorgesehen.

Bürobedarf & Raumeinrichtung

Büromöbel & Gerichtsschränke

Derzeit wird ein Verfahren zur Be-schaffung von „Büromöbeln & Ge-richtsschränken“ durchgeführt. Hierbei handelt es sich um eine Folgeausschreibung zum Vertrag „Arbeitsplatzbezogene Standard-büromöbel“, der mit 3. November 2010 ausläuft. Neu bei diesem Ver-fahren ist ein Kernwarenkorb, der auf die in den vergangenen Jahren meistverkauften Produkte redu-ziert wurde. Es können auch wei-tere Produkte beschafft werden, jedoch müssen diese bestimmten Produktgruppen wie z.B. Tisch- oder Stauraumsystemen zuorden-bar sein. Weiters wird die Laufzeit der Rahmenvereinbarung auf ein-einhalb Jahre zzgl. zweimal sechs Monate Verlängerungsoption er-weitert. Abrufe werden ab 4. No-vember 2010 über den E-Shop der BBG möglich sein.

Neue Verträge der BBG

Der nächste Winter kommt bestimmt – die BBG bietet jetzt auch Auftausalze.

Geplante Vergabeprojekte