bei neuen technologischen lösungen kosten und qualität gleichberechtigt im visier

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Bei neuen technologischen Losungen Kosten und Qualitat gleichberechtigt im Visier Gasteditorial Prof. Dr. S. Schiller, Fraunhofer-lnstitut fur Elektronenstrahl- und Plasmatechnik, Dresden Herr Dr. Scherle hat in seinern Vorwort zu Heft 4 des vergangenen Jahres ein neues auBeres Erscheinungsbild und einen erweiter- ten lnhalt der ,,UP angekundigt. Oberflachen und Dunnen Schichten sol1 rnehr Gewicht eingeraurnt werden. Darnit ist die Redaktion auf dern Wege, eine seit Jahren schrnetzlich ernpfundene Lucke zu schlieOen; denn Dunne Schichten und Technologien zu deren Her- stellung spielen in der Oeutschen For- schungslandschaft eine irnrner noch steigen- de Rolle. Und wer sich rnit Dunnen Schichten befaOt, wird autornatisch zu den Oberflachen- technologien gefuhrt. Aus rneiner Sicht sind besondereArtikel rnit Praxisnahe gefragt. Irn deutschen Sprach- raurn sind groOe, weltweit anerkannte Firmen auf dern Gebiet der Vakuurntechnik und Dunnschichttechnologie aktiv. Hinzu kornmt eine breite Palettevon kleineren, sehr innova- tiven Firmen. Im Vakuurn durchzufuhrende Oberflachentechnologien und dunne Schich- ten finden eine weitverzweigte Anwendung. So nutzen beispielsweise etwa 1000 deut- sche Firmen Plasmaprozesse. Produzenten von Vakuurnanlagen haben rnit Beendigung des Kalten Krieges unter einer enorrnen Schrurnpfung des Marktes gelitten. Viele Markte sind einfach weggebro- chen. Dies betrifft insbesondere auch Anla- gen fur die Beschichtungstechnik. Urn neue Markte zu erschlieOen,sind wissenschaftliche Ergebnissegefragt. Diese Worte gehen heute schnell uber die Lippen, die Taten folgen oft nur zogernd oder gar nicht. Eine Ursache dafur sind Verstandigungsschwierigkeiten zwischen Vertretern der Wissenschaft und denen, die fur die industrielle Nutzungzustan- dig sind. So sind Brucken zwischen Plasrna- physikem und Plasrnatechnologien zu schla- gen. Darijber hinaus ware eine geistige Auf- wertung der angewandten Forschung in Deutschland zu begrijOen. Es wird rnitunter noch nicht akzeptiert, daR gerade die sog. ,,Niederungen der Praxis'' ein hohen wissen- schaftlichesNiveau und sehr&ornplexes De?- ken erfordem. So kann man rnit der PVD Technik sehr kornplizierteSchichtsysternefur hochste Anforderungen herstellen. Optik und Mikroelektronik sind dafur Paradebeispiele. Es gabe aber auch weit profanere Einsatz- rnoglichkeiten, wenn nur die Beschichtungs- kosten niedrig genug waren. Gerade in der Oberflachentechnikhat sich die PVD-Technik rnit vielen wirtschaftlichen Konkurrenzverfah- ren herurnzuschlagen. Man kann nur dann erfolgreich sein, wenn die verbesserten Gebrauchseigenschaften in einer vemunfti- gen Relation zu den Kosten stehen. Ich rnochte hier kurz auf einige SchluOfol- gemngen eingehen, die wie irn Fraunhofer lnstitut fur Elektronenstrahl- und Plasrnatech- nik (FEP) Dresden gezogen haben. Prozesse fur die Oberflachen- und Schichttechnik sind Schwerpunkte unserer Arbeit. Mit dunnenSchichten befassensich aber in der BundesrepublikDeutschlandbereits zahl- reiche kornpetente und bestens ausgestatte- te Forschungseinrichtungen. Uns wurde bei der Grundungder FEP wiederholt die bohren- de Frage gestellt: ,,lst denn dieses Fachgebiet nicht bereits uberbesetzt?". Hierauf konnten wir rnit ,,ja" und ,,nein" gleicherrnaflen antwor- ten. Wir hatten eine Marktlucke irn Auge, die noch frei war. Das FEP konzentriert sich mit auf das Beschichten rnit hohen Raten und auf das BeschichtengroOer Flachen. Unsere Ver- suchsanlagen haben wir danach eingerichtet. AuOerdern bringen wir personlich Kornpetenz ein. Wir rnerktenbald, daO wir die Lage richtig eingeschatzt hatten. Die Arbeiten des FEP haben inzwischen weltweites lnteresse ge- funden. Unser Markt ist groO. Noch nicht alle Wiinsche der Firmen konnen wir befriedigen. Unzureichender Vorlauf und Anlagen- kapazitat wirken begrenzend. Das wollen wir bald andem. Eine vereinfachende Beziehung rnoge die Bedeutung der Hochratetechnikveranschau- lichen. Sind K die Beschichtungskosten pro Flacheneinheit und R die Beschichtungsrate z. B. in nrns-', so gilt: 7 1 K - - rnit x = - ff 2 Gelingt es, die Beschichtungsrate R urn den Faktor 10 zu erhohen, kann man die Kosten urn den Faktor 3 reduzieren. Nun gilt in der PVD-Technik in weiten Bereichen von R: Die guten Eigenschaftenbei niedrigen Raten sind bei hohen Raten nicht erzielbar. Es sind neue Prozesse erforderlich, so daO auch beirn Hochratebeschichten die Qualitatsforderun- gen erfullt werden konnen. Plasmaaktivierte Beschichtung ist dabei ein wichtiges Mittel. Das Problem liegt nur an der hohen Rate. Die Plasrnadichteund die lonen- strorn auf das Substrat rnussen den hohen Darnpfdichten angepaOt werden. In einer der nachsten Hefte werden wir uber die bei uns erzielten Fortschritte berichten. Das Magnetron-Sputtem wird rnit groBem Erfolg zurn Erzeugen komplizierter Schichtsy- sterne eingesetzt. In den letzten Jahren sind jedoch insbesonderebeirn Herstellen nichtlei- tender Verbindungen kritische Defizite offen- bar geworden. Durch Einsatz der Pulstechnik konnten groOe Fortschritte erzielt werden. Darnit werden die Schichtqualitat verbessert, hohere Raten errnoglicht und hohe Langzeit- stabilitat erreicht. Uber das Puls-Magnetron- Sputtern wird in einern der nachsten Hefte eine Veroffentlichung erscheinen. Im FEP bearbeiten wir eine Reihe von Aufgaben, die sich auf den einfachen Nenner bringen lassen. Bei gleichbleibenden guten Eigenschaften nennenswerte Reduzierung der Beschichtungskosten. Das ist nicht ein- fach ein quantitatives Problem. Um das Ziel zu erreichen, sind oft neue Verfahrensvarianten gefragt. Das Hochratebeschichten und das effektive Beschichten groOer Flachenwerden sornit zu einer anSpNChSVOllenwissenschaft- lichen Aufgabe rnit enorrner wirtschaftlicher Relevanz. Wer Kosten und Qualitat gleichberechtigt im Visiert behalt, kann einen groOeren Markt sowohl fur die Forschung als auch fur die Produktion erobem. Diese Feststellung gilt wohl nicht nur fur die PVD-Technik. Vakuum in Forschung und Praxis (1995) Nr.1 3

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Bei neuen technologischen Losungen Kosten und Qualitat gleichberechtigt im Visier Gasteditorial Prof. Dr. S. Schiller, Fraunhofer-lnstitut fur Elektronenstrahl- und Plasmatechnik, Dresden

Herr Dr. Scherle hat in seinern Vorwort zu Heft 4 des vergangenen Jahres ein neues auBeres Erscheinungsbild und einen erweiter- ten lnhalt der ,,UP angekundigt. Oberflachen und Dunnen Schichten sol1 rnehr Gewicht eingeraurnt werden. Darnit ist die Redaktion auf dern Wege, eine seit Jahren schrnetzlich ernpfundene Lucke zu schlieOen; denn Dunne Schichten und Technologien zu deren Her- stellung spielen in der Oeutschen For- schungslandschaft eine irnrner noch steigen- de Rolle. Und wer sich rnit Dunnen Schichten befaOt, wird autornatisch zu den Oberflachen- technologien gefuhrt.

Aus rneiner Sicht sind besondere Artikel rnit Praxisnahe gefragt. Irn deutschen Sprach- raurn sind groOe, weltweit anerkannte Firmen auf dern Gebiet der Vakuurntechnik und Dunnschichttechnologie aktiv. Hinzu kornmt eine breite Palette von kleineren, sehr innova- tiven Firmen. Im Vakuurn durchzufuhrende Oberflachentechnologien und dunne Schich- ten finden eine weitverzweigte Anwendung. So nutzen beispielsweise etwa 1000 deut- sche Firmen Plasmaprozesse.

Produzenten von Vakuurnanlagen haben rnit Beendigung des Kalten Krieges unter einer enorrnen Schrurnpfung des Marktes gelitten. Viele Markte sind einfach weggebro- chen. Dies betrifft insbesondere auch Anla- gen fur die Beschichtungstechnik. Urn neue Markte zu erschlieOen, sind wissenschaftliche Ergebnisse gefragt. Diese Worte gehen heute schnell uber die Lippen, die Taten folgen oft nur zogernd oder gar nicht. Eine Ursache dafur sind Verstandigungsschwierigkeiten zwischen Vertretern der Wissenschaft und denen, die fur die industrielle Nutzung zustan- dig sind. So sind Brucken zwischen Plasrna- physikem und Plasrnatechnologien zu schla- gen. Darijber hinaus ware eine geistige Auf- wertung der angewandten Forschung in Deutschland zu begrijOen. Es wird rnitunter noch nicht akzeptiert, daR gerade die sog. ,,Niederungen der Praxis'' ein hohen wissen- schaftliches Niveau und sehr&ornplexes De?- ken erfordem. So kann man rnit der PVD Technik sehr kornplizierte Schichtsysterne fur

hochste Anforderungen herstellen. Optik und Mikroelektronik sind dafur Paradebeispiele. Es gabe aber auch weit profanere Einsatz- rnoglichkeiten, wenn nur die Beschichtungs- kosten niedrig genug waren. Gerade in der Oberflachentechnik hat sich die PVD-Technik rnit vielen wirtschaftlichen Konkurrenzverfah- ren herurnzuschlagen. Man kann nur dann erfolgreich sein, wenn die verbesserten Gebrauchseigenschaften in einer vemunfti- gen Relation zu den Kosten stehen.

Ich rnochte hier kurz auf einige SchluOfol- gemngen eingehen, die wie irn Fraunhofer lnstitut fur Elektronenstrahl- und Plasrnatech- nik (FEP) Dresden gezogen haben. Prozesse fur die Oberflachen- und Schichttechnik sind Schwerpunkte unserer Arbeit.

Mit dunnen Schichten befassen sich aber in der Bundesrepublik Deutschland bereits zahl- reiche kornpetente und bestens ausgestatte- te Forschungseinrichtungen. Uns wurde bei der Grundung der FEP wiederholt die bohren- de Frage gestellt: ,,lst denn dieses Fachgebiet nicht bereits uberbesetzt?". Hierauf konnten wir rnit ,,ja" und ,,nein" gleicherrnaflen antwor- ten. Wir hatten eine Marktlucke irn Auge, die noch frei war. Das FEP konzentriert sich mit auf das Beschichten rnit hohen Raten und auf das Beschichten groOer Flachen. Unsere Ver- suchsanlagen haben wir danach eingerichtet. AuOerdern bringen wir personlich Kornpetenz ein. Wir rnerkten bald, daO wir die Lage richtig eingeschatzt hatten. Die Arbeiten des FEP haben inzwischen weltweites lnteresse ge- funden. Unser Markt ist groO. Noch nicht alle Wiinsche der Firmen konnen wir befriedigen. Unzureichender Vorlauf und Anlagen- kapazitat wirken begrenzend. Das wollen wir bald andem.

Eine vereinfachende Beziehung rnoge die Bedeutung der Hochratetechnik veranschau- lichen. Sind K die Beschichtungskosten pro Flacheneinheit und R die Beschichtungsrate z. B. in nrns-', so gilt:

7 1 K - - rnit x = - ff 2

Gelingt es, die Beschichtungsrate R urn den Faktor 10 zu erhohen, kann man die Kosten urn den Faktor 3 reduzieren. Nun gilt in der PVD-Technik in weiten Bereichen von R: Die guten Eigenschaften bei niedrigen Raten sind bei hohen Raten nicht erzielbar. Es sind neue Prozesse erforderlich, so daO auch beirn Hochratebeschichten die Qualitatsforderun- gen erfullt werden konnen.

Plasmaaktivierte Beschichtung ist dabei ein wichtiges Mittel. Das Problem liegt nur an der hohen Rate. Die Plasrnadichte und die lonen- strorn auf das Substrat rnussen den hohen Darnpfdichten angepaOt werden. In einer der nachsten Hefte werden wir uber die bei uns erzielten Fortschritte berichten.

Das Magnetron-Sputtem wird rnit groBem Erfolg zurn Erzeugen komplizierter Schichtsy- sterne eingesetzt. In den letzten Jahren sind jedoch insbesondere beirn Herstellen nichtlei- tender Verbindungen kritische Defizite offen- bar geworden. Durch Einsatz der Pulstechnik konnten groOe Fortschritte erzielt werden. Darnit werden die Schichtqualitat verbessert, hohere Raten errnoglicht und hohe Langzeit- stabilitat erreicht. Uber das Puls-Magnetron- Sputtern wird in einern der nachsten Hefte eine Veroffentlichung erscheinen.

Im FEP bearbeiten wir eine Reihe von Aufgaben, die sich auf den einfachen Nenner bringen lassen. Bei gleichbleibenden guten Eigenschaften nennenswerte Reduzierung der Beschichtungskosten. Das ist nicht ein- fach ein quantitatives Problem. Um das Ziel zu erreichen, sind oft neue Verfahrensvarianten gefragt. Das Hochratebeschichten und das effektive Beschichten groOer Flachen werden sornit zu einer anSpNChSVOllen wissenschaft- lichen Aufgabe rnit enorrner wirtschaftlicher Relevanz.

Wer Kosten und Qualitat gleichberechtigt im Visiert behalt, kann einen groOeren Markt sowohl fur die Forschung als auch fur die Produktion erobem. Diese Feststellung gilt wohl nicht nur fur die PVD-Technik.

Vakuum in Forschung und Praxis (1995) Nr.1 3