baumeister 11/2015

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BAU MEISTER B11 November 15 112. JAHRGANG Das Architektur- Magazin Los Angeles oder: Arbeiten am Labor der Moderne D 15 EURO A,L 17 EURO I 19,50 EURO CH 23 SFR + Diller Scofidio + Renfro Marc Frohn Fredric Jameson Johnstonmarklee Niall McLaughlin Architects Florian Nagler Architekten Nickl & Partner James Rojas Superuse Studios

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Los Angeles – oder: Arbeiten am Labor der Moderne

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B a um e i s t e r

B11

November 15

11 2 . J a h r g a N g

Das architektur-magazin

Los angeles

oder: arbeiten am Labor der moderne

D

15

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ro

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Fr

+Diller scofidio + renfro

marc FrohnFredric JamesonJohnstonmarklee

Niall mcLaughlin architectsFlorian Nagler architekten

Nickl & PartnerJames rojas

superuse studios

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10JohnstonmarkleeKalifornischer Minimalismus als Markenzeichen

16Superuse StudiosKein Sperrmüll ist vor ihnen sicher:Das Rotterdamer Büro recycelt selbst Windturbinen und Waschmaschinen.

22Downtown baut anDiller Scofidio + Renfro bauen die Gegen-these zu Gehrys Walt Disney Concert Hall.

32Holz als neues Gold Nach der Rost- und Silberlaube ergänzt Florian Nagler die FU Berlin mit Holz.

42Vom Komplexen zum EinfachenLassen Kompliziertes simpel erscheinen: Ulmer Helmholtz-Institut von Nickl & Partner

52Im WalfischbauchMaßarbeit aus Holz und Stein: College-Kapelle in Oxfordshire von Niall McLaughlin

1 0

Made in LA von Sarah Johnston und Mark Lee

2 2

Neuzugang an der Avenue: das Broad-Museum

Unser internationales Prakti-kums-Programm „Baumeister Academy“ geht in die vierte Runde. Die Ausschreibung und alles Wissenswerte finden Studierende unter www.baumeister.de/campus.

B A U M E I S t E R .

D E

Die unterstri-chenen Bei-träge rechts befassen sich mit dem titelthema

Los Angeles

oder: Arbei-ten am Labor der Moderne

Köpfe IdeenB11

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Unübersehbar in LA: der Einfluss der Latinos

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Badausstattung: einfache Form, raffinierte technik

78Schalter und Ge-bäudeautomation

82ReferenzForschungsgewächshaus in Frankfurt am Main von Königs Architekten

84Bad

R U B R I K E N

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E I N B I L D

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U N t E R W E G S

4 0

K L E I N E W E R K E

5 0

S O N D E R F ü H R U N G

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A R C H I t E K t U R & M A N A G E M E N t

9 1

I M P R E S S U M + V O R S C H A U

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P O R t F O L I O :

O B J E K t I M F O K U S

11 4

M A I L V O N . . .

Georg Vrachliotis ist Professor für Architekturtheorie am Karlsruher Institut für technolo-gie (KIt). Von 2005 bis 2011 lehrte und forschte er am Insti-tut für Geschichte und theorie der Architektur und am Institut für technologie in der Archi-tektur der EtH Zürich. Einer seiner Forschungsschwerpunk-te ist die Architekturtheorie und -geschichte der Nach-kriegszeit, an den Schnittstellen zur Medien-, technik- und Kulturgeschichte.

Gast-Arbeiter

Bernita Le Gerrette ist Architek-tin und wissenschaftliche Mitarbeiterin am Fachgebiet Architekturtheorie des Karls- ruher Instituts für technologie (KIt). Sie promoviert gerade über das Werk des deutsch- mexikanischen Architekten Max Cetto. Zuvor arbeitete sie als Architektin im Atelier Brückner in Stuttgart und lehrte an Hochschulen in Stuttgart und Mexiko-Stadt.

Fragen Lösungen

60Wohin entwickeltsich LA? über neuetechnologienund die Rückkehrdes Sozialen

64Entdeckt Los An-geles den öffentli-chen Raum?

70Macht BIM kreativ?

74Die aktuelle Baukonjunktur – ein Grund zum Feiern?

10 Köpfe 1 und 2

Foto

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Das architektenpaar sarah Johnston und Mark Lee sind die Gründer und inhaber von Johnstonmarklee. Von Los angeles aus arbeiten sie an Projek-ten auf vier Kontinenten. wir besuchten die beiden in westwood und spra-chen über ihre entwurfsstrategien, Los angeles und die Mythen Kaliforniens.

t e x t

Bernita Le Gerrette

F o t o s

eric staudenmaier

Die welt wird Los angeles

t i t e L t h e M a

L a – L a B o r D e r

M o D e r n e

22 Ideen 1

In unmlttelbarer Nachbarschaft zur Los Angeles Concert Hall formuliert das Museum ein selbstbewusstes Statement, drängt sich aber nicht auf.

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Los Angeles bekommt einen neuen Kunst-tempel. Das Broad Museum präsentiert sich als Anti-Gehry. Vor allem aber schafft es ein unprätentiöses, lustvolles, sozusagen LA-gemäßes Kunster-lebnis.

A r C H I t e K t e N

Diller Scofidio + renfro

K r I t I K

AlexanderGutzmer

F o t o S

Iwan Baan

Downtown baut an

t I t e L t H e M A

L A – L A B o r D e r

M o D e r N e

24

25Ideen 1

Links und ganz oben: Der Kunstgenuss beginnt düster. Wer die Ausstellung erfassen möchte, muss zunächst durch einen Schlund hindurch kommen.

Unten: Das Museum schafft räume, um extravagante Kunst wirken zu

lassen, wie hier robert therriens „Under the table“.

52 Ideen 4

Ein fast gotisches Raumgefühl erzeugen die himmelwärts strebenden Holzstützen.

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Im Walfischbauch

Niall McLaughlin Architects ist ein preisgekröntes Londoner Büro, das sehr unterschiedliche Aufgaben übernimmt. Dennoch haben alle ihre Projekte eine expressive Bauform und eine besondere Materialität – die Hauptrolle spielen Licht und Schatten. Wie auch bei dieser Kapelle für ein College in Oxfordshire

A R C H I t E K t E N

Niall McLaughlin Architects

K R I t I K

Anna Schabel

F O t O S

Dennis Gilbert

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55Ideen 4

Monochromie: Weiß lasiertes Holz rundum verleiht dem Inneren der Kapelle eine ruhige, würdevolle Ausstrahlung.

56 Ideen 4

Ellipsenförmige trommel mit drei steineren Fassadenschichten: glatte und im Muster gesetzte Kalksteine und ein abschließender Oberlichtkranz

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n England herrscht ein ganz besonderes Licht, sanft und bewegt. Wolken jagen über den Himmel, durch die salzige Luft und den Wind wirkt alles klar und doch gedämpft. Im Sommer bleibt es hell bis um zehn Uhr abends. Auch die viktorianischen Architek-ten spielten schon mit diesem Licht, Kirch-türme und Portiken aus gelblichem Kalk-stein sind fein detailliert und fangen in Kuh-len und Ecken das Licht und den violetten Schatten ein. In diesem typischen Licht steht auf einem windigen Hügel in der Nähe von Oxford eine Riesenbuche. Der Blick geht von hier über Weizenfelder bis zum nächsten Dorf, das so aussieht, als hätten dort schon immer Men-schen gesiedelt. Bei der Buche stehen ein paar gelbe Kalksteingebäude – ein theolo-gie-College, das im 19. Jahrhundert vom Architekten G. E. Street als neugotisches Kloster konzipiert wurde. In einem Kreis aus ungewöhnlichen Bäumen – fast wie in einem Arboretum – ist nun neuerdings die Bischof-Edward-King-Kapelle dazu gekommen. tim Allen-Both, Associate bei Niall McLaugh-lin Architects, sagt, dass der Entwurf zwei Prinzipien zusammenbringt: eine Vertiefung im Boden als Ort der Versammlung und Ein-kehr und darüber ein umgekehrtes Boot als ein spirituelles Element, das nach oben lei-tet. Die Form des Hauptraums war ihnen bald klar: Es sollte eine Ellipse werden. Die Idee dazu stammte von den englischen go-tischen Kathedralen, in denen sich der Chor, nach Stimmlagen aufgeteilt, gegenüber sitzt und mit aufeinander antwortenden Ge-sängen die Messe zelebriert. Diese Anord-nung wurde aufgegriffen, aber in ein Rund gefügt. Und tatsächlich, die Akustik in der Kapelle ist wunderbar, mit langem Nach-hall-Ideal für getragene Kirchenlieder. Eng-lands gotische Kathedralen und auch Ru-dolf Schwarz’ Kirche St. Michael in Frankfurt beeinflussten den Grundriss: Anstatt die ver-schiedenen Räume in eine kubischen Hülle zu integrieren ist der Plan unregelmäßig, mit Ecken, Ausbuchtungen und kleineren Räu-men, die einfach an die Ellipse andocken.

Kunstvolle Mauerwerksschale...

Der Bau des Gebäudes war keineswegs ein-fach und dauerte fast zwei Jahre. Die Bau-kosten beliefen sich auf etwa drei Millionen Euro. Die Außenhaut besteht aus dreierlei Schichten Stein: in Augenhöhe glatt und passgenau gesetzte Kalksteinquader, ab da kleinere Steine immer abwechselnd rau und glatt versetzt, so dass sich eine spiralige Kruste um das Gebäude legt. Nicht nur die

I

Die gerundete Außen-

haut besteht aus einer

inneren Schicht von

Betonsteinen, der Däm-

mung und passgenau

gesetzten Quadern von

„Clipsham“-Kalkstein

bis über Kopfhöhe.

Ab da sind kleinere

Steine immer abwech-

selnd rau und glatt

versetzt. Den Abschluss

zum Flachdach bildet

ein Obergaden mit

Steinpfosten.

Fassadenschnitt

Pläne auf der

folgenden Seite

vertikalen Steine sollten genau übereinan-der fluchten, sondern auch die Spiralfugen sollten gerade verlaufen. Die polnischen Maurer arbeiteten durchgehend nach Au-genmaß, um dies zu erreichen. Den Ab-schluss bildet ein Obergaden. Die innere Holzkonstruktion von schlanken Holzsäulen trägt auch das Dach. Säulen und Deckenträger wurden aus verleimten Holz-schichten vorgefertigt und in teilen gelie-fert. Dies war erst möglich, als die Außen-wand Fensterhöhe erreicht hatte: Mit einem Kran wurden die Fertigteile in das Gebäude gehoben und vorerst über einem Gerüst be-festigt. Sie stehen auf Stahlstützen, die an-schließend in den Beton eingegossen wur-den. Damit die Verbindungen versteckt werden konnten, entwickelten die Holzbau-spezialisten ein ganz neues Detail, in dem ein rautenförmiger Stab mit versenkten Stif-ten von oben ins Holz eingesetzt wurde. Auch die Stromkabel der Deckenlampen mussten durch diese Verbindung geleitet werden, so dass die Lampen nun genau un-ter den Vierungen hängen.

...mit hölzernem Gerippe im Inneren

Am Ende ist ein Gebäude entstanden, das Ruhe und Würde ausstrahlt. Die Kapelle ver-eint große Handwerkskunst mit minimalis-tisch glatten Oberflächen. Die weiß lasierte Holzstruktur bildet ein Haus im Haus, umrun-det von einem Wandelgang. Die Außen-wände sind mit Kalk verputzt: glatt poliert bis Kopfhöhe, dann rau. Man kann hier noch den Abdruck der Kellen sehen, den Schwung der Maurer, so fallen einem die kleinen Wald- und Wiesenkapellen ein, die immer zeigen, wie sie gemacht wurden. Im Gegen-satz dazu könnten die Holzsäulen auch ein Papiermodell sein – sie sind dünn und scharfkantig wie Schiffswanten oder Rip-pen, ähnlich wie das Innere des Walfischs, der Jonas verschluckte. Die tiefen Laibun-gen der Fenster und Seitenräume erinnern an Le Corbusiers La tourette.tauben gurren und Bäume rauschen. Man ist von der besonderen Akustik, aber vor allem vom Spiel der Lichts gefangen. „Die Säulen wachsen in die Wipfel, um das Licht der Blät-ter einzufangen“, sagt Niall McLaughlin. Die Deckenstruktur und die Fensterpfosten kreuzen sich und ergeben ein ornamentales Muster, das Sonnenflecken auf den Bänken und auf dem Boden tanzen lässt. In diesem monochromen Raum, zwischen den wei-ßen, gerundeten Wänden und den Säulen, entsteht plötzlich etwas, das selbst die Ar-chitekten überrascht: Wie über Noahs Ar-che erscheint ein Regenbogen, den die prismatischen Kanten der Fensterflügel aus dem Sonnenlicht zaubern.

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