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Unterwegs für die Region Team Sauerland Ein Mann, zwei Türme, vier Sterne Ein neues Hotel stellt sich vor Alles hat seine Geschichte Ein Sammler vor dem Herrn www.woll-biggesee.de, Schutzgebühr 3,- U Das Magazin Rund um den Biggesee“ Frühjahr 2013

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Auszug - Ausgabe 01 - Frühjahr 2013

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Unterwegs für die RegionTeam Sauerland

Ein Mann, zwei Türme, vier SterneEin neues Hotel stellt sich vor

Alles hat seine GeschichteEin Sammler vor dem Herrnwww.woll-biggesee.de, Schutzgebühr 3,- U

Das Magazin Rund um den Biggesee““

Früh

jahr

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Ausgabe 1 / Frühjahr 2013

Seite 6 Ein Leben in Buchstaben Antiquariat Attendorn

Seite 12 Tradition wird blau geschrieben 100 Jahre Prinzengarde Attendorn

Seite 20 Insel der Beständigkeit Die Olper Pallottiner

Seite 23 Nostalgie in edlem Blech Oldtimer-Mekka Sauerland

Seite 30 Ein Mann, zwei Türme, vier Sterne Das neue Attendorner Hanse Hotel

Seite 34 Bei uns ist es bunt Franziskanerinnen von San Damiano

Seite 38 Ja-Wort an der Dachrinne Trekking-Tour am Mount Everest

Seite 42 Chorlandschaft im Blick Neue Impulse setzen

Seite 46 Unterwegs für die Region Team Sauerland

Seite 54 Die perfekten Wälle 21. Citylauf in Attendorn

Seite 56 Tupperdose hinter Leitplanke Geocaching am Biggesee

Seite 60 Jünger der schwarzen Zunft Buchdrucker mit Leib und Seele

Seite 64 Alles hat seine Geschichte Der Sammler vor dem Herrn

Seite 70 Das einzigartige Osterarchiv Gerhard Höffer und seine Berufung

Seite 74 Starke Handwerksmeisterfrauen Unternehmerfrauen statt Quotenfrauen

Seite 78 Der Kreisschützenbund Olpe 72 Schützenvereine mit TerminübersichtTi

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Seite 8 Seite 16

Seite 52 Seite 66

Gisbert Baltes im Interview Polizistin in besonderer Mission

Miteinander – viel mehr als nur Begegnung Fledermäuse, Fahrradfahrer und Fußvolk

Jeder Mensch hat etwas, das ihn antreibt.

Wir machen den Weg frei.

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Das Magazin Rund um den Biggesee““

Attendorn Drolshagen Olpe Aus der Region

chön, dass Sie unser Magazin „W.O.L.L. – Worte, Orte, Land und Leute“ in den Händen halten und sich für – Woll!?!

– für die Region „Rund um den Biggesee“ interessieren. Die Idee, ein Hochglanz-Magazin für das Sauerland herauszugeben, hat im Herbst 2011 mit der Herausgabe des ersten W.O.L.L.-Magazins für Schmallenberg, Eslohe und Umgebung begonnen. Seit der Zeit scheint eine nie geahnte Woll-Bewegung durchs Sauerland zu eilen. Es war somit nur eine Frage der Zeit, W.O.L.L. für Attendorn, für die Stadt der Woll-Sager, herauszugeben.Markus und Bernd Frey vom gleichnamigen Print- und Medienhaus und jetzt verantwortlich für „W.O.L.L. – Rund um den Biggesee“ war dabei sofort klar, dass eine Ausgabe für

ir freuen uns, ihnen mit „W.O.L.L. – Rund um den Biggesee“ die vierte Regionalausgabe nach W.O.L.L. für

Schmallenberg, für Sundern/Sorpesee und für die Lenneschiene zu präsentieren und einem starken Netzwerk von Sauerländer Regionalmagazinen anzugehören. Mit einer Gesamtdruckauflage von rund 32.000 Exemplaren, von denen bisher rund 25.000 kostenlos verteilt werden, ist W.O.L.L. jetzt schon das bekannte und beliebte Hochglanz-Magazin für die Sauerländer Lebensart. Dafür sorgen viele engagierte und begeis-terte Redakteure, mit Leidenschaft und dem richtigen Blick schauende Fotografen und weitere überzeugte Sauerländer.

etzt ist es geschafft: Sie halten das erste Heft von „W.O.L.L. – Rund um den Biggesee“ in der Hand. Und wir arbeiten

bereits an der 2. Ausgabe, die im Juni erscheinen wird.

Damit Ihnen die Zeit bis dahin nicht zu lang wird, halten wir Sie mit unseren Internetseiten und unserem Auftritt in den Sozialen Netzwerken – Facebook, google+ und Twitter – auf dem Laufenden. Unter www.woll-biggesee.de können Sie auch unseren W.O.L.L.-Newsletter abonnieren, damit Sie nichts verpassen. Schauen Sie einfach öfters mal online rein, denn bei uns „rund um den Biggesee“ ist immer etwas los: Konzerte,

Attendorn die umliegenden Städte und Gemeinden mit einbeziehen muss. Der Biggesee als sichtbares Bindeglied für Olpe und Attendorn, aber auch für Drolshagen und Wenden machte daher die Namens-nennung leicht. „W.O.L.L. – Rund um den Biggesee“ zeigt auf den

ersten Blick, wofür das neue Magazin jetzt Sprachrohr und Kommunikationsplattform ist: Aus der Region – für die Region.Herzlichst Ihr Hermann-J. Hoffe

Es ist schön, als FREY PRINT + MEDIA mit über 110 Jahren Ge -schichte die Tradition unserer Groß-väter als Zeitungsverleger wieder auf-leben zu lassen und unsere Medien- erfahrung ins Netzwerk einbringen zu können. Entdecken Sie gemeinsam mit uns die Schönheit des Sauerlands,

unserer Heimat. Entdecken Sie W.O.L.L.!

Herzlichst Ihr Markus Frey

Ausstellungen, Märkte und Wanderungen, Kultur- und Aus-flugstipps und immer wieder auch ein Gewinnspiel.Da wir unser Angebot – on- und offline – Ihren Wünschen entspre-chend weiterentwickeln wollen, hoffen wir auf reges Feedback.

Wir sehen uns im Internet, woll!

Herzlichst Ihr Bernd Frey

VorwortL i e b e L e S e r i n n e n u n d L e S e r !

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ine Banane, Kaffee, Zigarette und eine halbe Stunde lesen. So beginnt im

Grunde jeder Tag von Alfred Knebel. Für den 56-jährigen Attendorner ist es ein ech-tes Ritual. „Wenn ein Tag so beginnt, dann ist es ein guter Tag“, sagt der Mann, dem die schmucke Hansestadt als junger Mensch zu eng wurde und den es in die große Stadt zog: nach Berlin. Im Jahr 2006 kehrte er der Metropole den Rücken und kam zurück in seine Heimat Attendorn. Im Gepäck: 35.000 Bücher. „Der gesamte Umzug dauerte gut ein Jahr“, erinnert sich Alfred Knebel bei unserem Gespräch, „wie viele LKW-Ladungen es waren, weiß ich gar nicht mehr.“ Er schloss die Türen seines Bücher-Antiquariats in Berlin und zog mit Unmengen von Literatur in die oberen Räume des elterlichen Autohauses Knebel ein. Hier tummelt sich auf 140 Quadratmetern so ziem-lich alles, was in den letzten 150 Jahren geschrieben wurde. Mehr als 20.000 Bücher reihen, stapeln, quetschen und türmen sich in meterlangen Regalreihen. Die Regale sind meist selbst gebaut; aber Goethe, Schiller, Kafka, Ganghofer, Konsalik, Marie Luise Fischer oder Steven King interessiert das nicht. Sie stehen geduldig in ihren Reihen und machen das Antiquariat von Alfred Knebel zu einem ganz besonderen Ort. „Das ist hier noch gar nicht alles. Insgesamt habe ich jetzt etwa 45.000 Bücher gelagert“, erzählt Alfred, während wir durch die Gänge auf Entdeckungsreise ins Land der Buchstaben gehen. „Die Buchstaben sind überhaupt eine gute Erfindung der Menschheit. Das ist viel besser als die Erfindung von Waffen oder sowas“, sagt der Mann, der im hinteren Büro des Ladens seinem eigentlichen Job nachgeht: Buchführung. „Eigentlich bin ich Steuerfachgehilfe“, erklärt er. Auf den ersten Blick mag es manch einer kaum glauben. 25 Jahre Leben in Berlin-Kreuzberg,

haben ihre Spuren hinterlassen. Aber Bücher gehörten schon immer zu diesem Leben dazu. „Mit acht Jahren habe ich von meinen Eltern Karl-May-Bücher geschenkt bekommen. Seitdem bin ich eine Leseratte.“ Im Durchschnitt liest Alfred Knebel ein Buch pro Woche – und meist drei bis vier Bücher parallel. Und er freut sich über jeden Besucher in seinem Antiquariat: „Ich mag es, wenn Leute sich bilden“, sagt er. „Man muss dazu gar nichts kaufen. Wenn man möchte, kann man auch einfach nur kommen und lesen. Kaffee und Tee habe ich auch immer da“, erklärt Alfred. „Ein Leben ohne Bücher und Musik wäre für

mich ein ganz armes Leben“, sagt er, während wir auf dem Sofa Platz nehmen, das, vollgepackt mit Büchern, immerhin noch Platz zum Sitzen bietet. Alfred liest am liebsten Krimis – und das am liebsten vor dem Einschlafen. „Ich mag aber auch Biografien

Antiquariat Attendorn3 5 . 0 0 0 b ü c h e r i m G e päc k – e i n L e b e n i n b u c h S ta b e n

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oder Reiseberichte. Mit 15 Jahren habe ich schon Engelmann und Brecht gelesen. Manche Bücher lese ich auch mehrmals.“ Wenn er liest, dann ist das für Alfred Knebel wie eine Reise in eine andere Welt. Ein Buch wegwerfen? Nein! „Bücher darf man nicht wegwerfen“, sagt er entschieden. „Die Seele der Bücher, ihren Inhalt, muss man bewahren. Ein Buch ist ein bleibender Wert.“ Ein Wert, „der heute vor allem bei den Kindern viel zu kurz kommt“, befindet Alfred Knebel. „Vom etwa 6. bis zum 10. Lebensjahr werden die Kinder vollgedüst mit Kinderbüchern. Und dann verläuft sich das irgendwie – es hört einfach irgend-wann auf. Daran ist aber nicht nur das Internet schuld.“ Als (ehemaliger) Jugendtrainer lud er seine jungen Fußballspieler gerne ein, sich kostenfrei Bücher auszuleihen. „Getan hat es kein einziger“, so das ernüchternde Ergebnis.

Das Antiquariat „Lesezeichen“, Attendorn, Kölner Straße 32, ist täglich von 13 – 19 Uhr geöffnet.

Kehlberg 42 · 57439 AttendornFon: +49 (0) 27 22 - 37 34Fax: +49 (0) 27 22 - 63 04 [email protected]

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egegnet sind wir uns zum ersten Mal vor über 40 Jahren. Auf einer gemeinsamen Fahrt nach Frankreich mit der

Jugendgruppe der Katholischen Kirchengemeinde Gleidorf, unter Leitung des damaligen Vikars Wolfgang Rademacher. Der Bericht über die Reise in unser Nachbarland war seine erste journalistische Tat. Mit dem Kürzel „giba“ – für Gisbert Baltes – hat er sich über die Grenzen seines Heimatortes Heggen hin-aus schnell einen Namen gemacht. Als Moderator, Redakteur,

Reporter und Autor beim WDR hat er mitgeholfen, dem Sauerland eine bedeutende Stimme zu geben. Seine zahlreichen Fernseh sendungen und Berichte vom Kölner Karneval machen ihn zu einem der bekanntesten Repräsentanten der rheinischen Fröhlichkeit. In seinem im Frühjahr veröffentlichten Buch über das Rheinland zeigt Gisbert Baltes eindrucksvoll, dass Sauer-länder mit weltoffenem Verstand jederzeit in der Lage sind, sich auch in „fremden Kulturen“ wohlzufühlen, ohne die Liebe für das heimatliche Sauerland zu verlieren. Auf dem Schützenfest in Oberkirchen hatten wir uns zu einem Interview verabredet.

W.O.L.L.: Hallo Gisbert, warum bist Du heute hier in Ober­kirchen?Baltes: Um Spaß zu haben. So ein Fest bietet die wunderbare Gelegenheit, alte Freunde wiederzusehen. Wenn der Kölner das sieht, denkt er vermutlich: „Das ist der Karneval im Grünen.“

Weitersagen ist die beste WerbungJ e d e r J e c k i S t a n d e r S – a L L e m e n S c h e n S i n d G L e i c h

Vo n h e r m a n n - J . h o f f e

Egal. Die Schützenfeste im Sauerland sind wie ein großes Klassentreffen. Klasse ist das!

W.O.L.L.: Was verbindet Dich mit Attendorn?Baltes: Sehr viel. Ich habe hier die Lehre als Großhandelskauf-mann gemacht – eine SPD-Lehre: Sattler, Polsterer, Dekorateur. Unvergessen, als ich als „Stift“ mein erstes Geld an einem späten Freitagnachmittag gegenüber in der Volksbank holen wollte –

und diese schon geschlossen hatte. Bankautomaten gab es ja nicht. Oben im Fenster lag der unvergessene Bankdirektor Heinz Wortmann.Na, Junge – was möchtest Du? 50 D-Mark, Herr Wortmann.Aber wir haben schon geschlossen, wo wohnst Du denn? In Heggen …Dann sag mir mal genau, wo Du wohnst, ich bring Dir heute noch Dein Geld …Und das hat er gemacht! Deswegen bin ich immer noch in Attendorn bei der Volksbank …

W.O.L.L.: Vor einigen Monaten hast Du mit dem Buch „Rheinland“ einen Titel über Deine neue Wahlheimat auf den Markt gebracht. Kann ein Sauerländer überhaupt ein Buch über das Rheinland schreiben?

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Baltes: Das kann er, sehr gut sogar. Erst recht, wenn er mit einer Rheinländerin verheiratet ist, die zudem auch noch aus Köln kommt. Man entdeckt Kleinigkeiten, auch größere Geschichten, die der Einheimische noch gar nicht wusste. Und das beabsich-tigt dieses Buch, das eigentlich „Heimatkunde“ heißen sollte.

W.O.L.L.: Wenn es dieses Grundgesetz des Rheinlandes: „Jeder Jeck ist anders“ gibt, gibt es dann auch eins für das Sauerland?Baltes: Die Präambel des rheinischen Grundgesetzes „Jeder Jeck es anders“ heißt in Wirklichkeit nichts anderes als „Alle Menschen sind gleich“. Das kann man wunderschön ins sauer-ländische Platt übertragen: „Alle Luie sin gliek!“ Nichts anderes sagt das Grundgesetz der Bundesrepublik: Die Würde des Menschen ist unantastbar. Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

W.O.L.L.: Was unterscheidet die Sauerländer von den Rhein­ländern?Baltes: Die Sauerländer sind wesentlich verlässlicher und die Rheinländer haben eine andere Uhrzeit. Aber wenn der Sauerländer ein bisschen mehr von der natürlichen Fröhlichkeit des Rheinländers hätte, wäre das auch nicht verkehrt. Er lacht zu oft nach innen – Ausnahme: Schützenfest ...

W.O.L.L.: Du kennst als Radio­ und Fernsehjournalist das Erscheinungsbild des Sauerlandes ganz gut. Aus der Ferne betrachtet: Wie wird das Sauerland von außen gesehen?Baltes: Immer noch piefig. Dabei wissen die meisten nicht, dass hier ein unglaubliches Potenzial vorhanden ist. Das drückt sich am besten in dem wirklich gesunden Mittelstand aus. Von dieser niedrigen Arbeitslosenquote können die Menschen an Rhein

und Ruhr nur träumen. Und dass hier wirklich solide Arbeit gemacht wird, das zeigen die vielen erfolgreichen Familien-unternehmen. Von den touristischen Dingen, der schönen Landschaft und so weiter, einmal ganz zu schweigen. Aber was die Menschen hier angeht, ihre Zuverlässigkeit, den Arbeitswillen und ihren Ideenreichtum – das ist fast einmalig.

W.O.L.L.: Sauerländer Image zwischen schön und piefig – was müsste man Deiner Meinung nach machen, um das Bild vom Sauerland und den Sauerländern in den Medien noch besser zu präsentieren? Baltes: Die Rheinländer kann man beispielsweise nur mit Fakten überzeugen. Die Menschen, die einmal hier waren, sich wohlgefühlt und die Einheimischen auch wirklich kennen-gelernt haben, ihre Herzlichkeit und Gastfreundschaft, die kom-men wieder und bleiben auch hier hängen. All die Hochglanz-prospekte und was weiß ich: Das nützt nichts – und seien sie noch so gut gemacht. Man muss sie hierhin holen, durch Freunde, Bekannte überzeugen. In der Schule sagte man früher immer: „Weitersagen!“ Immer weitersagen, das ist die beste Werbung.

W.O.L.L.: Vor über 40 Jahren hast Du erstmalig intensive Begegnungen mit den Menschen im Schmallenberger Sauerland erlebt. Was ist Dir besonders in Erinnerung geblie­ben?Baltes: Wolfgang Rademacher. Als ich jetzt zum ersten Mal beim Jahresgedächtnis an seinem Grab in Gleidorf war, da habe ich herzlich, aber fromm gelacht, und zwar, als mir sein Bruder Erhard erzählte, dass sich dieser legendäre Wolfgang Rademacher

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schon zu Lebzeiten seinen Grabstein mit dem folgenden Spruch hat machen lassen: „Hier warte ich auf die Ewigkeit.“ Rademacher hat mich sehr geprägt – er bleibt für mich unvergessen. Ein libe-raler Christ war er, der die Freundschaft zwischen Deutschland und Frankreich auf seine Weise lebte: durch unvergessene Jugendfahrten von Gleidorf nach Paris und in alle Gegenden Frankreichs – und dabei immer wieder nach Taizé. Rademacher liebte die ökumenische Idee.

W.O.L.L.: Und wer sind für Dich die drei bedeutendsten Sauerländer Persönlichkeiten?Baltes: Franz Hitze, Walter Mennekes und Abt Benedikt Lindemann. Franz Hitze hat deutsche Sozialgeschichte ge-schrieben. Er lebte von 1851 bis 1921, war Theologe und Politiker, wurde geboren als Sohn einer sauerländischen Bauernfamilie in Hanemicke, einem kleinen Ort am heuti-gen Biggesee bei Sondern in der Nähe der Kreisstadt Olpe. Dieser Franz Hitze muss ein wunderbarer Mensch gewesen sein! Von ihm stammt die Grundidee, dass niemand sei-nem persönlichen Schicksal ausgeliefert werden darf. Feder-führend sorgte er dafür, die Fundamente des heutigen Sozial-versicherungssystems im Bismarck’schen Reich zu legen, im Wilhelminischen Deutschland zu verstärken und in der Weimarer Republik weiter auszubauen. In seiner fast 40-jährigen beruflichen Tätigkeit galt der Priester und erste Professor für christliche Sozial-wissenschaften der Universität Münster als der einflussreichste deutsche parlamentarische Sozialpolitiker und als der sozialpäd-agogische „Altmeister“ der katholischen praktisch-sozialen Arbeit.Und: Franz Hitze war der Großonkel von Wolfgang Rademacher.Hartnäckig sei er gewesen, der Großonkel, und als er ernsthaft gefragt wurde, ob er Erzbischof von Köln werden wolle, soll er auf Sauerländer Platt geantwortet haben: „Mensch, do kannste jo noch niggemol en Pümpken looten!“

W.O.L.L.: Außerdem hast Du Walter Mennekes genannt. Warum ihn?

Baltes: Weil er ein Vorzeige-Unternehmer und ein wunderbarer Botschafter des Sauerlandes ist, wie ich keinen zweiten kenne: Walter Mennekes aus Kirchhundem, Jahrgang 1947, ist witzig, schlagfertig, bodenständig, geschäftstüchtig weltweit – und gerne auch gesellig bei einem oder auch mehreren Gläsern Bier. Schützenfest ist ihm wichtiger als ein Karibik-Urlaub. Mit Steckern machte er Karriere: „Mennekes Elektrotechnik“ ist heute in China genauso zu Hause wie am Stammsitz des Familienunternehmens in Kirchhundem. Mit Kontakten macht er seine Geschäfte. Walter Mennekes ist mit vielen Promis per Du. Nicht einfach, weil er die Beziehungen und das dazu nötige Kleingeld hat, sondern weil sie ihn alle mögen.

Mich beeindruckt, dass er sich um jeden noch so klei-nen Mitarbeiter persönlich kümmert, die „Sauerland-Initiative“ mit aufgebaut hat, die heimischen Vereine unter-stützt, selbst rund um die Uhr arbeitet und trotz seines großen Erfolges nie abgeho-ben ist. „Glück des Tüchtigen“ nannte der Bundeswirt-schaftsminister und Minister-präsident a. D. Wolfgang Clement die Erfolgsstory von

Walter Mennekes. Frank-Walter Steinmeier, ehemaliger Außen-minister und Vizekanzler, verpasste ihm die Bezeichnung „Weltensammler aus dem Sauerland“. Uli Hoeneß holte ihn in die Chefetage vom FC Bayern. Für die Illustrierte „Stern“ kam das Bild der Woche aus Kirchhundem: Man sieht Altbundeskanzler Gerhard Schröder mit Mennekes-Mitarbeiterinnen gut gelaunt tanzen. Zitat: „So macht Kapitalismus auch Sozialdemokraten Spaß. Mennekes stellt Steckverbindungen für die Industrie her, ist Weltmarktführer in dieser Branche, und der Chef geht ab und an am Wochenende mit seinen Leuten wandern – nicht einer dieser gewissenlosen Kapitalisten. Im Sauerland ist die Welt noch in Ordnung.“ Stimmt.

W.O.L.L.: Und dann nennst Du noch den Benediktiner­Abt Lindemann – warum?Baltes: Weil er einer der größten Friedensbotschafter ist, die ich kenne. Abt Benedikt Maria Lindemann wurde 1958 als Gerhard

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Lindemann in Welschen-Ennest in der Gemeinde Kirchhundem geboren. Der im Kloster Königsmünster in Meschede zum Priester geweihte Benediktiner leitete von 1995 bis 2011 als Abt die weltberühmte Dormitio-Abtei auf dem Berg Zion in Jerusalem. Ein toller Typ! Nicht abgehoben. Benediktiner im besten Sinne. Lebensnah und lustig, leidenschaftlich und fromm, aber vor allem friedfertig und tolerant. Den wichtigsten Satz aus der Liturgie „Der Friede sei mit dir!“ setzte der ehema-lige Kriegsdienstverweigerer während seiner Jerusalem-Zeit von Anfang an in die Tat um. 2004 wurde er mit dem Göttinger Friedenspreis ausgezeichnet. Nach wie vor würden viele Menschen für eine friedliche Lösung eintreten, aber ihre Stimmen würden mehr denn je mutloser und leiser, sagte Gerhard Lindemann unlängst in einem Interview mit dem Dom-Radio in Köln: „Ich bin nicht optimistisch für den Friedensprozess, aber ich habe die Hoffnung auf ein Wunder nie verloren.“ Tröstende Worte. Unvergessen wird mir bleiben, wie ich ihn zum ersten Mal auf dem Zion besuchte und er mei-ner Frau und mir den Abendmahlssaal und die Sterbestätte Mariens zeigte und eindrucksvoll erzählte. Mein Fazit: Ein Sauerländer Priester durch und durch und im besten Sinne, voller Überzeugung. Ob es etwas gebe, worauf er sich in Deutschland besonders freue, wurde er anlässlich seiner Rückkehr aus Jerusalem gefragt. Lindemann: „Das viele Grün!“ Spätestens da kam der Sauerländer wieder bei ihm durch.

W.O.L.L.: Du hältst dich gern in Gasthäusern auf, wie Deine Berichte zeigen. Welche Sauerländer Gasthäuser magst du besonders?Baltes: Schütte in Oberkirchen ist die Nummer eins! Die abso-lute Nummer eins. Für mich jedenfalls. Kneipen sterben zur-zeit nicht nur im Sauerland, sondern auch im Rheinland an jeder Ecke aus. Gute Kneipen sind aber das Allerwichtigste und ich behaupte, wenn sie richtig gut sind, Gasthäuser im wahr-sten Sinne des Wortes, wenn sie Qualität bieten und das Angebot stimmt, dann haben sie nicht nur Überlebenschancen, sondern können sogar gute Gewinne einfahren und Menschen glücklich machen. Ich fühle mich in guten Kneipen jedenfalls sehr wohl. Das sind Gasthäuser, die eine Geschichte erzählen. Darüber mache ich übrigens gerade die zweite Folge der Sendung „Theken mit Tradition – Historische Gasthäuser in Nordrhein-Westfalen“, die im WDR-Fernsehen läuft.

W.O.L.L.: Zum Abschluss: Karneval im Sauerland, Sturheit, Humor und Lachen – was fällt Dir zu diesen Schlagworten ein?Baltes: Der Fastelovend hat im katholischen Sauerland eine große Tradition: Attendorn, Belecke, Heggen, Saalhausen – das sind nur ein paar Beispiele von den „Hochburgen“ bei uns. Da geht’s rund. Da wird gelacht! Die Sauerländer brauchen sich da nicht zu verstecken. Witzig ist aber, dass aus dem eher evange-lischen – und keineswegs karnevalsfreudigen – Teil des Sauerlandes ausgerechnet Kölns größter Karnevalist stammt: Willi Ostermann! Der Mann, der die bekanntesten Heimat- und Köln-Lieder schrieb, hat seine familiären Wurzeln nicht in Köln, sondern in Plettenberg! Deswegen sage ich den Kölnern immer: „Das ist einer von uns und nicht von euch!“ – was den leider jüngst verstorbenen damaligen Oberbürgermeister Norbert Burger zunächst immer ärgerte. Später hat er darüber gelacht und gesagt: „Sie haben Recht.“ Hatte ich, woll?

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ass der zurückgetretene Papst Benedikt XVI. das Kirchenjahr zum „Jahr des

Glaubens“ ausgerufen hatte, ist (k)eine Randnotiz. Die Kreisstadt erwartet ein solches ohnehin: Die Franziskanerinnen feiern ihren 150sten Geburtstag und die Pallottiner das 50-jährige Jubiläum der Heiligsprechung ihres Stifters Vinzenz Pallotti. Mit beiden fühlen sich die Olper eng ver-bunden, oder, um den Vergleich von Bürgermeister Müller zu bemühen: Rom wurde auf sieben Hügel gebaut, das Leben in Olpe wird von drei Hügeln bestimmt – dem Ümmerich mit dem Schützenfest, dem Kimicker Berg mit den Franziskanerinnen und dem Osterseifen mit den Pallottinern. Rom, das ist die Heimatstadt von Vinzenz Pallotti (1795–1850). Hier lebte er, hier starb er und hier liegen die Wurzeln der welt-weiten Gemeinschaft. Sein Leichnam wird in einem Glassarg in der Kirche San Salvatore in Onda an der Ponte Sisto aufge-bahrt. Die Kirche und die an sie angeschlossenen Gebäude sind seit 1846 offizieller Sitz der Pallottiner. Es waren übrigens Handwerksgesellen auf der Walz, die die Vision Pallottis nach Deutschland brachten. Auf ihrer Wanderschaft suchten sie in Rom Unterkunft und geistige Begleitung. Die Römer schickten sie zu den Pallottinern – so wie jeden, der Unterstützung oder Hilfe suchte.„Wenige Jahre nach seinem Tod wurden die Pallottiner von den römischen Bürgern auch die ,Patres der Canaille‘ genannt, zuständig für alle, bei denen es im Leben schief gelaufen war“, erzählt Pater Rektor Otmar Steinebach. „Bei den Hand-werksburschen hat Pallottis Idee dermaßen eingeschlagen, dass auch sie mitmachen wollten“, begeistert er sich für die Geschichte.

Mitmachen, das ist die ebenso schlichte wie alles umschreibende Vision Pallottis. Er war ein christlicher Rebell, ein wenig „ver-rückt“, wie die Pallottiner sagen. Seine Ideen waren revolutionär – damals sowieso – und kommen selbst heute noch für so manchen allzu modern daher. Pallotti distanzierte sich von einem autoritä-ren Kirchenbild. Er wollte eine lebendige Gemeinschaft, in der alle Gläubigen unab-hängig von Herkunft, Stand und Lebens-geschichte gleichberechtigt zusammenar-beiten und ihren Beitrag in der Kirche und der Welt leisten. Mit Hierarchien hatte er nichts am Hut, kannte keine Konventionen,

scharte mit Leidenschaft und charismatischem Ehrgeiz Men- schen aller Couleur um sich und lud sie ein, mitzuwirken. Dies führte schließlich zur Gründung der Vereinigung des Katholi-schen Apostolats, kurz UNIO oder UAC, in der sich Priester, Brüder und Laien, Männer und Frauen zusammenfinden. Um die Konstellation abschließend zu klären: Die Patres und Brüder sind als Gesellschaft des Katholischen Apostolats, kurz SAC, Bestandteil der UNIO. Sie sind kein Orden, binden sich durch kein Gelübde, sondern durch ein Versprechen und eine Weihe. Aber zurück nach Olpe. In diesem Jahr gibt es ein großes Jubiläumsprogramm rund um die Hauptperson und seine Idee und genau deswegen auch mit einem offenen Blick auf die Bedürfnisse, Fragen und Nöte der heutigen Zeit. Gestaltet wird es in weiten Teilen – eben ganz pallottinisch – von Laien. Wer keine Zeit hat, für den gibt es Pallotti im Netz unter www.heute-heilig.de. Vier Patres leben noch im Osterseifen: Otmar Steinebach (72), Herbert Joppich (81), Bernd Hartwig (68) und Christoph Hammer (36) – zur Miete. 2008 wurde nämlich das Pallottihaus verkauft und zum WohnGut Osterseifen umgestaltet.

Insel der Beständigkeit“d i e o L p e r pa L L o t t i n e r

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alfovino missori(bild: provinzialat der pallottiner, friedberg)

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Das Haus hat im Laufe seiner fast 100-jährigen Geschichte so manchen Wandel erlebt. Ursprünglich als Hochschule geplant, dann aber verworfen, wurde es 1925 als Noviziat und Exerzitienhaus errichtet. 1967 schloss das Noviziat, es folgten Jugend- und Erwachsenenbildung, Heimvolkshochschule und später dann ein geistiges Zentrum. Ein dunkles Kapitel war die Beschlagnahmung durch die Gestapo 1941. Aus dieser Zeit rührt eine enge Freundschaft zu den Dumickern, die damals wichtige Schriften im Stroh versteckten. Als die Pallottiner ihr Haus verkauften, knüpften sie dies an die Bedingung, dass der Jugendhof, der zwar als GmbH struktu- riert, aber untrennbar mit der Gemeinschaft verbunden ist, sowie die Seelsorgearbeit weiter bestehen konnten. Und so halten die Pallottiner wie eh und je die Sonntagsgottesdienste in Dumicke und Frenkhausen, es gibt Exerzitien und Einkehrtage – wenn aufgrund der räumlichen Veränderungen auch outgesourct – und im Osterseifen täglich die heilige Messe sowie Beicht- und Ausspracheangebote.„Trotz aller Unsicherheiten, die das Haus betreffen, ist die seel-sorgerische Arbeit immer konstant geblieben. Im Grunde eine Insel der Beständigkeit“, meint Georg Hunold, der „mit den Pallottinern groß geworden ist“ und heute den Jugendhof führt. Christoph Scheppe, Mitglied der UNIO und ehrenamtlich unterwegs, sieht es mit Blick auf den großen Zuspruch der Menschen aus der ganzen Region so: „Gerade mit der Vergrößerung der pastoralen Räume suchen die Leute einen festen Ort, an dem sie andocken, sich zu Hause und angenom-men fühlen können“ und zitiert sinngemäß Pallotti:

„Wir können genau die gleichen Sachen tun wie die anderen, aber wir müssen es anders machen.“Bis 2017 ist die kleine Kommunität erst einmal gesichert. Denn bis dahin hat man die Zusage der Provinzleitung und bis dahin laufen die Verträge zwischen WohnGut und dem Jugendhof. Und dann – geht das pallottinische Licht in Olpe aus? „Wir legen großen Wert darauf, dass die Pallottiner, wenn irgend- wie möglich und wenn auch nicht unbedingt im Osterseifen, weiterhin in der Olper Gegend sein können“, versichert Pater Steinebach. Wie gesagt: Zwischen den Pallottinern und den Menschen der hiesigen Region besteht eine ganz besondere Verbindung. Im Übrigen gibt es hier besonders viele Berufungen. „Olpe ist auch dahingehend spitze“, findet der Pater.

„pallotti verbindet“: christoph Scheppe (uac), pater rektor otmar Steine-bach (Sac) und Georg hunold, Geschäftsführer des Jugendhofs

das eigentliche pallottihaus wurde 1925 fertiggestellt. bereits 1915 entstand das ökonomiegebäude der olper pallottiner-niederlassung, an dessen Stelle sich heute der Jugendhof befindet.

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