weitere untersuchungen zur frage der geschwulstresistenz

Post on 12-Aug-2016

213 Views

Category:

Documents

1 Downloads

Preview:

Click to see full reader

TRANSCRIPT

Weitere Untersuchungen zur Frage der Geschwulstresistenz. (II. Mitteilung.)

Von Hans Auler und W. Schilling. (F, ingegangen am 13. April 1938.)

Im ersten Teil dieses Arbeitsberichtes wurde das Ergebnis geschil- dert, das an der Ratte nach oper~tiver Entfernung der Lymphdrfisen aus den beiden Leistenbeugen und Aehselh6hlen durch Impfung mit Careinom Flexner gewonnen wurde: verst~rkte Aussaat, die weir fiber die durchsehnittliehe Metastasenbfldung der gew6hnliehen Stamm- impfungen hinansgeht. Hieraus dfirfte in i3bereinstimmung mit der klinisehen, insbesondere der chirurgischen Erfahrung gefolgert werden, daft die Lymphdrfisen und somit das lymphatische System fiberhaupt Bremswirkungen, die gegen die Geschwulst an sich und deren Generali- sation gerichtet sind, auszufiben verm6gen. Welcher Art die vermuteten Hemmwirkungen sind, fiber welche Stellen dieselben innerhMb der Gesamtregulation ffihren, ob graduelle, vom genotypischen Milieu gelie- ferte, vom Erbbilde selbst gegebene Unterschiede bei den spi~teren Tumortr~tgern oder solehe, welche durch den Tumor bestimmt werden, vorhanden sind, war unklar. Die Bedeutung des lymphatischen Systems ffir das Differenzierungswachstum und die Organbildung in der Embryo- genese geht aus der Bildung yon Spalt- und Hohlr~umen hervor, in welchen die Gewebe von Lymphe umspfilt sind. Es darf ferner dem lymphatischen System wie bei der Formbildung aueh bei der Regenera- tion im gereiften Organismus eine Bedeutung zugesprochen werden. Keinesfalls aber bestehen die Mteren Anschauungen, so z. B. die Gegen- ba u r s noch zu recht, in denen im Lymphsystem nichts weiter gesehen wird, Ms eine ,,Dependenz des Blutgef~gsystems". Immerhin erkennt auch dieser Autor ,,nicht geringe Eigentfimlichkeiten sowohl der funk- tionellen Ms auch der morphologischen Verh~Lltnisse" an, welche ,,den Lymphbahnen einen yon den Blutbahnen verschiedenen Charakter" verleihen. Wenn die Erkenntnis richtig ist, da~ die b6sartige Zelle in der Wertigkeit enge Beziehungen zur embryonMen Zelle hat, ferner die b6sartige Zelle im Sinne der Mutationstheorie Ms der Typus einer neuen Zellrasse oder aber unter anderem Gesichtswinkel betrachtet, d .h . unter Wfirdigung der Phylo- und Ontogenese eine Lebensvereinfachung darstellt, liegt es nahe, anzunehmen, dag aueh im ~usgereiften Organis- mus bei der Gesehwulstbildung das lymphatisehe System als unmittel- bar dem Stoffwechsel dienendes Organ eine Rolle spielt.

364 H. Auler und W. Schilling:

Die Auswertung der im ersten Teil beschriebenen Arbeiten ergibt, dab die Unterbrechung des Lymphstromes und die damit zwar vorfiber- gehende, aber nicht bestreitbare Stauung innerhalb des Lymphsystems den Boden gibt fiir eine verst/~rkte Generalisation, auch wenn am Orte der Impfung keine Tumorbildung erfolgt. Wenn es richtig isL dab die Metastasenbildung nur durch aktive und passive Ortsver~tnderung yon Zellen mSglich ist, so gelangen auf dem Lymphwege Geschwulstzellen in die region~rea Lymphdriisen, um dort je nach den Bedingungen frfiher oder sp~tter abgetStet zu werden oder aber sieh welter zu vermehren mit dem Erfolg der Metastasenbildung. Die klinische und experimen- telle Erfahrung lehrt, dab die Metastasenbildung beim S/~ugetier- tumor und auch bei dem malignen Geschwfilsten des Menschen zwar eine frfihzeitige, aber in den meisten Fhllen keine Sofort- reaktion darstellt. Hierbei ist zu beriicksichtigen, dab hinsiehtlich der Bereitschaft zur Generalisation erheblicbe Unterschiede bei den einzelnen bSsartigen Tumoren der verschiedenen Spezies vorhanden sind. Es liegt nahe, im Tierversuch eine Einsicht in diese Zusammen- h~nge zu gewinnen. Wir benutzten das Sarkom J e n s e n der Ratte, das nur selten in unserem Stamme Metastasen zeigt. Die makroskopische und mikroskopische Untersuchung der region/~re~l Lymphdrfisen bei mit positivem Erfolg geimpften Rat ten laBt Tumorzellen nicht erken- nen, dagegen 6fret eine VergrSBerung der Lymphdrfisen, nicht selten mit dem Merkmalen eines Sinuskatarrhes. Eine morphologisehe Ent- scheidung, ob in den region~ren Lymphdri~sen Gesehwulstzellen vor- handen sind oder nicht, ist mit Sicherheit nicht zu fs Nehmen wir an, dab trotz des negativen Ausfalles der mikroskopischen Untersuchung Tumorzellen in den Lymphdrfisen vorhanden sind, so ergibt sich die Fragestellung: Wodurch werden die in den Lymphdrfisen vorhandenen Tumorzellen gehemmt, und unter welchen Bedingungen gelingt es, die in den Lymphdrfisen schlummernden Geschwulstzellen zu erneutem Wachstum zu wecken ?

Bei der Auseinandersetzung zwischen b6sartigen Zellen und Organis- mus spielen neben der Zahl und Beschaffenheit der Tumorzellen noch andere, bisher uabekannte Faktoren, die teils durch die Geschwulst- zellen selbst, tells durch den Geschwulsttr~ger gegeben sind, eine Rolle. I m Schrifttum wird wiederholt darauf hingewiesen, dab bei der Uber- tragung yon Tumorzellen eine Mindestzahl derselben auf das neue, normale Wirtstier gegeben werden muB, damit sich ein neuer Tumor entwickelt. Eine befriedigende Erkl/~rung hierffir wurde bisher nicht gegeben. Man k6nnte sich vorstellen, dab die Tumorzelle zu ihrer Ver- ankerung im neuen Wirtstier Schutzstoffe abgibt, die den zukfinftigen Gesehwulsttr~tger gegen die eingeffihrte Zelle unwirksam machen. Dem- nach mfil3ten viele Geschwulstzellen, die sich in der Produktion solcher

Weitere Untersuchungen zur Frage der Geschwulstresistenz. II. 365

Stoffe ersehSpft haben, zugrunde gehen, um sehlieBlich einigen wenigen Tumorzellen das Leben zu erinSgliehen. I)iese Vorstellungen wiirden den sehr unklaren Ansehauungen fiber Lysis und Gegenwirkung ent- spreehen und linden ihre Stiitze in der Kglteresistenz yon Tuinorgewebe, in den starken Zerfallvorggngen bei transplantiertem Gesehwulstbrei, bei der Metastasenbildung, bei der {~bertragung yon nekrotisehem Gesehwulstinaterial und der hieraus folgenden Tuinorbildung, wenn der iibertragene nekrotisehe Tumorbrei noeh wenige lebende Zellen ent- hglt. Die Beobaehtung, dug wiederholt gewasehene Tumorzellen an- gehen, wenn aueh Init einer geringftigigen Verz6gerung, darf nieht zum Gegenbeweise dienen, da die Menge des gewasehenen Gesehwulstbreies der einer norinalen Impfung entspraeh. In der vom Verf. und Bylincb vor kurzein verSffentliehten Arbeit wurden Untersuehungen yon Gutsche und Auler erwghnt, die der Priifung des Turgors in Impf- tuinoren dienten. Glaseapillaren werden in die exstirpierte Gesehwuls~ eingefiihrt. Ein zellreieher Salt dringt naeh kurzer Zeit in die Capillaren ein. Die gewonnene zellhMtige Fliissigkeit wird entweder sofort oder naeh erfolgter Trennung yon Zellen und Lyinphe auf norinale Tiere fibertragen. Resultat: 2 positive IInpfungen in 30 Versuehen. DaB nieht die Zellzahl allein, sondern noeh andere Faktoren fiir dieses Er- gebnis verantwortlieh gemaeht werden diirfen, ist inzwisehen wahrsehein- lieh geworden, ttierbei sind zu nennen iin Tierversueh erkennbare Untersehiede zwisehen aus dem Verbande solider Tumoren gewonnenen Zellen und ,,freien" Tuinorzellen, ferner das dureh das Versuehstier fiir das IInplantat gesetzte Milieu.

Die einzelnen Organkrebse bei Menseh und Tier kSnnen sieh in der Metastasenbildung sowohl was den Ort, den Weg, den Grad anlangt, wie aueh hinsiehtlieh des Zeitpunktes des GenerMisationsbeginnes ver- sehieden verhalten k6nnen. Es ist anzunehmen, dab die Begiinstigungs- faktoren zu einem Teil mit denjenigen Vergnderungen identiseh bzw. verwandt sind, die in dem vorwiegend klinisehen Begriff der allgeineinen Bereitsehaft zusainmengefagt sind und erstinalig dutch die bekannten Arbeiten yon Fischer-Wasels und Biingeler in fiberzeugender Weise experiinentell angegangen worden sind. Untersuehungen, die der Auf- gabs dienen, die natiirliehe Resistenz gegen das Auftreten yon Rezi- diven, yon region~ren und allgeineinen Metastasen zu kl~ren, sind erst j/ingeren Datums, ws die Zahl der Arbeiten fiber tteininung und FSrderung des Waehstuins b6sartiger TuInoren im allgeineinen tiber- raschend groB ist. Funktionsunterbreehung und Xnderung der Funk- tion lebenswiehtiger Organe und Organsysteine dureh die versehie- densten Eingriffe sehienen die M6gliehkeit zu geben, experiinentell nieht nur auf das Waehstum des geiinpften Tumors EinfluG zu gewin- hen, sondern aueh die Erseheinung des l~ezidiv- bzw. der Metastasenbil-

366 H. Auler und W. Schilling:

dung in den Versuch zu nehmen. Den ersten wichtigen Anhaltspunk~ gaben hierzu Beobachtungen an kas~rierten Tieren, die fiir uns aber so lange unverwertbar blieben, wie der Zeitfaktor nicht berficksichtig~ wurde. Die Kastrat ion eines Tumortieres und eines Normaltieres sind nicht das gleiche hinsiehtlich der allgemeinen Auswirkungen im Tier- k6rper. Ein frisch kastriertes Normaltier unterscheidet sich y o n den Tieren, die ]~nger kastriert sind und bereits die allgemeinen Merkmale der Kastrat ion zeigen, in der l~esistenz gegen die Tumorimpfung. Je kfirzer die Zeitspanne zwischen Kastrat ion und Impfung ist, um so besser ist die Impfausbeute, je grSI~er die Pause zwischen diesem Ein- griff und der Impfung ist, um so unsicherer wird der Impferfolg. Die ersten Hinweise fiir die bedeutungsvolle Rol|e der Keimdriisen in der Erhaltung der Resistenz des Wirtsk6rpers gegen die bSsartige Geschwulst gaben uns Beobaehtungen an kastrierten und nichtkastrierten m~nn- lichen Tumortr/~gern, bei denen die Impfgeschwulst radikal entfernt wurde. In der Versuchsreihe wurde die Kastrat ion m~nnlicher Tumor- tiere gleichzeitig durchgefiihr~. Als Versuchstier diente die Ratte, als Tumor wurde benutzt das nicht metastasierende Sarkom Jenaen. W/~h- rend in den Kontrollreihen die Rezidivbildung selten war, konnte bei den frisch kastrierten eine erhShte Neigung zur Rezidivbildung oder oft in dem Falle eines ausgebliebenen 5rtlichen Rezidivs die Entwicklung eines struk~urgleichen Tumors im Gebiet der regi0ni~ren Lymphdrfisen, d .h . aussehliel~lich der inguinalen Lymphdrtisen beobachtet werden. Von einer 100proz. Reproduktion dieser Versuchsergebnisse kann nich~ die Rede sein, weil, wie erwartet warden konnte, eine Wahrung gleieher Versuchsbedingungen nicht mSglich ist. Die Schlui3folgerung war abet aus diesen Untersuchungen berechtigt, zu priifen, wie die ~ber t ragung yon regions Lymphdrfisen des nicht metastasierenden Jensen-Sarkoms auf m/innliche Frischkastrate ausfallen wfirde. Es er- gab sich, dab die (~bertragung yon Lymphdriisenbrei, gewonnen aus den inguinalen und axill~ren Lymphdriisen, der mit Jenaen-Sarkom in der Flanke geimpften Rat te auf Normaltiere niemals, auf frisch kastrierte Ra t ten dagegen h/iufig die Entwicklung yon Sarkomen mit der typischen Struktur des Jen8en-Sarkoms zur Folge hatte.

Protolcollauazug.

I. Versuch.

Ffinf normalc m~nnliche l~at~en wurden am 23. VI. 1937 kastriert und am 26. VI. 1937 gcimpft mi~ Lymphdrtisenbrci, gewonnen aus den region~tren Drtisen des Jensen.Sarkonls. Bei allen 5 Tieren ging der Tumor zunAehs~ an, er bildcte sich jedoeh bei 2 Tiercn wiedcr zuriick. Diese beiden Tiere wurdcn am 14. VIII. 1937 nachgeimpft. Auch bei ihnen bildete sich jetzt Bin Tumor.

Weitere Untersuchungen zur Frage der Geschwulstresistenz. II. 367

II. Versuch.

]?tinf normale mi~nnliche Ratten wurden kastriert (9. VII . )und naeh 3 Tagen (12. VII.) mit LymphdIfisenbrei geimpft. Hiervon ging bei 4 Tieren der Tumor an und entwickelte sich teihveise his zu Hfihnereigr61~e.

III . Versuch. Zehn normale m/innliche tlatten wurden am 13. VIII. kastriert und am

16. VIII. geimpft. Bei 8 Tieren entwiekelten sieh Tumoren von wiederum be- triichtlicher Gr6Be. Der Beginn der Tumorbildung trat im Durchschnitt 8 Tage nach der Impfung ein. Bei 2 Tieren kam es zu einer Riickbildung der etwa bohnen- groBen Tumoren. Sie wurden nachgeimpft, worauf die Tumoren zur vollen Aus- bildung kamen.

IV. Versuch. Wiederholung des Versuchs IlI . Die Tumoren gingen hier nach etwa 10 Tagen

an. Ein Tier zeigte keinen Impferfolg. 2 Tumoren bildeten sich zuriick. Auch hier wurde mit Erfolg nachgeimpft.

Kontrollversuc]~ .

Fiinf nichtkastrierte Tiere wurden mit Lymphdriisenbrei geimpft. Es kam nut zur Ausbildung yon C)demen, die sich am 12. Tage nach der Impfung zurtick- gebildet hatten. Bei keinem Tiere entwickelte sich ein Tumor.

Die Tiere wurden kastriert und mit Lymphdrtisenbrei yon Tumor tragenden Ratten (Jensen) geimpft. Die Tiere zeigten keinerlei Metast~sierung. Die inguinalen und axilliiren Lymphdrtisen wurden steril entnommen und zerkleinert. Geimpft wurde eine Aufschwemmung des Lymphdriisenbreies in der bei Tumorbrei iib- lichen Verdiinnung in physiologischer Kochsalzl6sung, 1 ccm subcutan. Die Struktur der sich entwickelnden Tumoren stimmte in allen F~llen mit dem des in den Versuch genommenen Jensen-Sai"koms iiberein.

Beriicksichtigen wit die z~hlreichen Beob~chtungen an menschl ichen und t ierischen Turaoren, so ergibt sich, d~B, wenn ~uch der erste Schub yon Tumorzel len ~m neuen Orte zugrunde geht, der ns oder der fibern~chste zur Ver~nkerung dur~uf h in weiter lebensfi~higer Tumor- zellen u n d zur Met~st~senbildung ffihrt. D~s geht ~us den Unter - suchungen yon B. Kuschfeldt ~n dem Ascites-Ms wie ~uch aus der Arbeit yon E. Schairer fiber die Resistenz der R~t ten lunge gegen Met~stusen des Jensen-Sarkoms hervor. Schairers Ansch~uung yon der org~ngebundenen l~esistenz ist bestechend u n d h~t in der ge. r ichte ten Bereitsch~ft blustogener Reize in der Urs~chenforschung ihre ]?ar~llele. Es ist denkb~r, duI~ durch die mi t dieser Arbei t eingeschl~gene Rich tung und die klinische Forschung die scheinb~r gesetzlose YIet~st~- senbi ldung bei den b6sart igen Gewi~chsen eine Ordnung erfi~hrt, b e i der die St ruktur , der Mut te rboden u n d der das Milieu gebende Ge- schwulsttr~ger in m~i~geblicher Weise mi tbes t immend sein dfirften. Es s teht durch die bisherigen puthologisch-an~tomischen Beob~chtungen ~m Menschen u n d die experimentel len Arbei ten lest, d ~ entgegen den Erkenn tn i s sen der Immunforschung wiederholte Schfibe yon Einw~n-

Zeitschrift ffir Krebsforschung. 47. Bd. 25

368 H. Auler und W. Schilling:

derung bSsartiger Zellen zwar zur AbtStung der ersten eingewanderten Zellserien fiihren, dieser Vorgang aber wider Erwarten die sichere Ein- nistung nachfolgender Zellen vorbereitet mit dem Ergebnis der Me- tastasenbildung. Hiermit stimmt iiberein die eigene Erfahrung, dab die hartn~ckig wiederholte Impfung an sogenannten Nullertieren sehlie•lich doeh noch zum Erfolge 'fUhrt. Ein abschlie3endes Urteil ist aber nur mSglich im einzelnen Falle. Der maligne Tumor beansprueht ebenso seine individuelle Beurteilung wie der jeweilige Tumortr~ger mit allen seinen Besonderheiten, die das Milieu der im Versuch verwen- deten Geschwulst ausmachen. Das gilt ganz besonders, wenn geweb- lich versehiedene bSsartige Tumoren fUr die BeweisfUhrung heran- gezogen werden und Befunde am Spontantumor des Menschen und des Tieres hierbei zur Orientierung dienen sollen. Wir wissen dutch die Pathologie und durch die therapeutischen Erfahrungen, dab zwischen Muttergeschwulst und Metastase, erster bis x-ter Ordnung sehr erheb- ]iche Unterschiede bestehen k6nnen, die abgesehen yon dem versehie- denen therapeutischen Effekt bei der Muttergesehwulst und bei der Metastase sich auch schon morphologisch zeigen kSnnen. Die Metasta- senbildung ist als Malignit~tssteigerung bei b6sartigen Gew~chsen auf- zufassen. Die Injektion von Zellen eines an sich nieht zur Generalisation neigenden Sarkoms in die Blutbahn kann, aber muB nieht zur Generali- sation, ebenso wenig zur Metastasenbildung in einem Organ ffihren, da der Erfolg diese Mal]nahmen nieht a usschlieBlich yon der Technik der VersuchsdurchfUhrung abh~ngig ist. Zur Metastasenbildung geben 2 Faktoren die Grundlage: a) die auf diesen Vorgang einstellungsfghige und sich einstellende b6sartige Zelle und b) das fiir die Aufnahme yon Geschwulstzellen bereite oder vorbereitete Organ. Die spontane Me- tastasenbildung bei Jensen-Sarkom ist selten. Wir dUrfen daher an- nehmen, dal~ die R,esistenz trotz mSglicher gradueller Unterschiede bei den einzelnen Organen fur alle nieht direkt vom Eingriff betroffenen Gewebe gilt. Es ist sicher, da~ Geschwulstzellen in die Lymph- und Blutbahn gelangen. In den region~ren Lymphdrfisen werden Stoff- wechselprodukte nnd lebende Tumorzellen abgefa.ngen. Wenn es trotz der Einwanderung yon Ze]len, die nicht einmalig bleibt., nieht zur ~ietastasenbildung in den LymphdrUsen kommt, so mtissen wir zwangs- 1/~ufig a.nnehmen, dal3 in den Lymphdriisen Wirkungen gegen die ein- gedrungenen Tumorzellen ausgeUbt werden, welehe die weitere Ent- wieklung der Sarkomzellen unterbinden. Durch die mitgeteilten Be- obaehtungen ist es wahrscheinlich geworden, dal~ die Keimdrtisen an dem Zustandekommen yon Hemmwirkungen beteiligt sind. Es w~re voreilig, diese Befunde zu verallgemeinern. Sie gelten bis jetzt ffir das Jensen-Sarkom und m~nnliehe Versuehstiere. Nicht gewi~ ist, 0b das m~nnliche Keimdr~isenhormon der eigentliehe Tr~ger der Hemmwirkung

Weitere Untersuchungen zur Frage der Geschwulstresistenz. II. 369

ist. Unsere Untersuchungen fiber die Hemmstoffe in normMen Organen haben vor einiger Zeit zur Gewinnung eines Stories aus dem Hoden und der Placenta geffihrt, der sicher nieht identiseh ist mit dem Keim- drfisenhormonen und eine I-Iemm- und Heilwirkung nur am S~rkom zeigt, nieht am Carcinom. Ob bier ein ZufM1 oder eine Regel mit neuen Fragestellungen vorliegt, mug entschieden werden. ~ b e r weitere Einzel- heiten und die bisherigen Ergebnisse dieser vor etw~ 10 Jahren begon- nenen Arbeiten wird besonders beriehtet. Wir stellen uns vor, dM~ durch die Kastrat ion und den hierdurch bedingten l%egul~toren~usfM1 eine l~eaktionslage im Tier geschaffen wird, die der in ihrem Wachstum gedrosselten Tumorzelle eine VitMits erm6glicht. Diese dispositionell gfinstige L~ge wird aber anscheinend bei normMen Tieren nach einer best immten Zeit durch eine ungfinstige, auf den Keimdrtisen- ausfM1 geriehtete Umstellung des innersekretorisehen Systems ~bgel6st, die dann eingetreten ist, wenn die i~ul~erliehen K~strationsmerkmMe in Erscheinung treten. Die Zahl der negativen Impfungen ist in dieser Gruppe grSBer ~ls in der St~mmreihe. Die W~ehstumsgeschwindigkeit ist bei den positiven Impfungen herabgesetzt. Es verdient ferner, er- w~hnt zu werden, dab Tumorratten naeh erfolgter Kastrat ion die ~ul~er- lichen Ver~nderungen eines Kast ra ten entweder nicht oder unvoll- st~ndig zeigen, such wenn sie den Zeitpunkt erleben, der beim NormM- tier die K~strationsfo|gen erkennen l~tl~t.

Dal~ eine Beziehung zwischen Keimdrfisen und Geschwulstwachs- turn wahrscheinlich ist, wurde von vielen Klinikern vermute t und ist durch zahlreiche Arbeiten bejaht. Welcher Art diese Beziehungen sind, ist noch ungekls Ob dieselben fiber den lymphatischen App~rat ffihren, ist ebenfMls noch nicht bewiesen, wenn ~uch ~uf Grand der mitgeteilten Ergebnisse ein solcher Weg nicht ausgeschlossen werden darf. Es ist zu erwarten, dM~ durch weitere, systematisch durchgeffihrte Untersuchungen fiber die Resistenz des KSrpers und seiner Organe und davon getrennt, der bSs~rtigen Zelle gegen Eingriffe in vivo und in vitro eine K1/~rung dieser Erscheinung gefSrdert wird.

])as plStzliche Aktivwerden yon nut vermuteten, nicht erkennbaren, bSsurtigen Zellen kann zwar erkli~rt werden, steht aber im Widerspruch zu folgenden Beobaehtungen: Der Impferfo]g des Sarkom Jensen ist anh~ngig yon der Zahl der verimpften Zellen und wa.hrscheinlich eines zweiten durch die Tumorzelle gelieferten Faktors, der wie das Co-Fer- ment fiir das Ferment, ffir die Lebensf~higkeit der mMignen Zelle un- erl~Blich zu sein scheint. Bei der Verimpfung yon ~us soliden Tumoren gewonnenen Zellen geht der fiberwiegende Tell derselben zugrunde und der aus diesen absterbenden Zellen freiwerdende Faktor sichert an- scheinend den lebend gebliebenen Zellen die ErhMtung. Dieser F~ktor wird vermutlich in den region~ren Lymphdrfisen aufgespeichert und

25*

370 H. Auler und W. Schilling: Zur Frage der Geschwulstresistenz. II.

wird in den iiberimpften Lymphdrfisenbrei im gleichen Sinne wirksam wie bei dem Zellverfall im Implantat . Diese Annahme wird begrtindet durch foigende Betrachtungen. Mi~ der Capillare aus gesehlossenen Tumoren gewonnener, zellreicher Salt fiihrte nach ]~berimpfung auf Normaltiere in 30 Versuchen 2real zu Geschwulstbildung. Es wurden Zel]zahlen ermittelt, die zwischen 4500 und 35000 schwankten. In den meisten Fiillen bildete sich ein anf~nglich sich zeigender Tumor wieder zuriick. Umgekehrt gelang es, durch 24--48stfindige Stehsedimentie- rung des Ascitcs des M~usecarcinoms in den obersten Schichten eine sehr zellarme F|fissigkeit zu gewinnen, die fibertragen in einer Menge yon 0,2--0,5 ccm an der Maus zur Entwicklung yon Tumoren ffihrte, die in ihrer Virulenz das bei den Stammimpfungen sich entwickelnde Krankheitsbild bei weitem iibertreffen. I m Ascites scheint sich auf Grund der verschiedenen spezifischen Schwere der vermutete , ,Faktor" in den obersten Schichten der Fliissigkeitss~ule bei der Beriicksichtigung der Temperatur anzureichern. Es lieg~ nahe, die Beobachtungen bei der Lymphdriiseniibertragung, wie sie weiter oben beschrieben wurde, mit Ergebnissen, die yon Auler und B. Hohenadel Init dem Ascites- M/tusecarcinom erzielt wurden, auf einen Nenner zu bringen.

(Fortsetzung folgt.)

top related