Überblick über die kunstepochen und baustile am beispiel ... · aus feldstein oder backstein....
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Überblick über die Kunstepochen und Baustile
am Beispiel von Sakralbauten
Vortrag von Dr. Martina Gaß
am 21.11.2014, Braunschweig
Gemeindekuratoren
Die Kirche als Bauwerk
Eine Kurzfassung anhand ausgewählter Beispiele
Fragen an das Bauwerk und seine Ausstattung
• Wann ist die Kirche gegründet worden? • Wann ist die (heutige) Kirche gebaut worden? • Gibt es verschiedene Bauphasen? • Gibt es bauliche Besonderheiten/ baustilistische
Auffälligkeiten • Welche Ausstattungsstücke sind vorhanden? • Wer hat wann die Ausstattungsstücke geschaffen? • Was bedeuten sie? Was ist bei bildlichem Schmuck
dargestellt (Ikonographie)? • Sind Stifter bekannt? • Die Lage der Kirche im Dorf (Straßen, Bebauung) • Geschichte der Gemeinde (Christianisierung,
Reformation, …, Situation heute)
Romanische Feldsteinkirche, Altmark Dreiteilige Saalkirche: Westturm, Langhaus, Chor
Barocke Saalkirche, hier als Einheitsraum ohne Turm, Chor-raum nur als flaches Polygon angedeutet; darin Kanzelaltar Gemeindegestühl und Emporen (Predigtkirche)
Begriffe: Grundriss, Querschnitt
Saalkirche
Raumabschnitte • Kirchen sind meistens geostet. • Der Chor (Sanktuarium, Altarraum) ist nach Osten ausgerichtet. Die
aufgehende Morgensonne symbolisiert den auferstehenden Christus. Der Chorraum war den Priestern vorbehalten, die die Kirche über die sog. Priesterpforte betraten. Der Chor kann gegen das Langhaus abgetrennt sein (Lettner, Chorschranke).
• Der Turm befindet sich häufig im Westen. Er ist Wegweiser und Fingerzeig zum Himmel. In ihm sind die Glocken untergebracht (Ruf, Verkündigung), manchmal birgt er Tresorräume, in mittelalterlichen Kirchen finden sich Westemporen, die evtl. den weltlichen Kirchenpatron repräsentieren.
• Im Langhaus sind die Fenster nach Norden und nach Süden orientiert. Aufenthaltsort der kirchlichen Laien. Seiteneingänge.
• Das Querschiff birgt meist besondere Zugänge und bietet Platz für Nebenaltäre.
• Der Westeingang wird in der Neuzeit als optimaler Zugang zum Kirchenschiff empfunden, weil die Kirche von hier aus in ihrer vollen Erstreckung sichtbar ist und der Blick auf den Altar gelenkt wird. Im Mittelalter war der Zugang über Seitenportale üblich.
Saalkirche
• Die Saalkirche hat eine lange Tradition und wird in der Neuzeit zum bestimmenden Bautyp.
• Die karolingischen Gründungskirchen waren häufig Saalkirchen (archäologisch nachzuweisen).
• Romanische Dorfkirchen sind meist Saalkirchen, z. B. aus Feldstein oder Backstein.
• Kirchenneubauten aus der Barockzeit fallen meist einschiffig aus (Einheitsraum, Predigtkirche).
• Der Kirchenbau des 19. Jahrhunderts favorisiert die Saalkirche mit Emporen (Eisenacher Regulativ).
• Moderne Kirchenbauten bedienen sich meist dieser klaren Grundform.
Mörse, St. Petri-Kirche
Romanische Saalkirche
Spätgotischer Flügelaltar Um 1440 Apostelzyklus
Barocke Saalkirche
Clauen, ev. Kirche Fr. 18. Jahrhundert, romanischer Turm
Saalkirche 19. Jahrhundert
Beinum Kirche 1889-91
Cramme, St. Andreas 16. Jh. ?; Ausstattung klassizistisch um 1800
Saalkirche
Saalkirche
Wolsdorf, St. Johannes Bauzeit? Ausstattung um 1800
Basilika
Reichenau, Mittelzell Münster St. Maria und Markus
Dreischiffige Basilika Arkaden Pfeiler Obergaden Querschiff Vierung Apsis Flachdecke Tonne Sonderform: Doppelchörig Zwei Querschiffe Spätgotischer Chor- anbau
Basilika • Begriff kommt aus dem Griechischen: Königshalle,
ursprünglich also kein Bautyp des Kirchenbaues. • Seit der Spätantike auf den Kirchenbau angewendet. • Eine Basilika ist im Mittelalter immer „hochwertiger“ als die
Saalkirche eingestuft worden. • Das Mittelschiff ist der Hauptraum während des
Gottesdienstes. • Die Seitenschiffe dienen der Aufstellung von Nebenaltären,
sind Laufgänge und werden bei Prozessionen genutzt. • Der protestantische Kirchenbau benötigt Seitenschiffe
daher nicht, sie werden als Abseiten empfunden und dienen heute häufig der Aufstellung von Schautafeln o. ä.
• Als wegen hoher Besucherzahlen in Gottesdiensten noch jeder Winkel des Kirchenraumes von Gestühl ausgefüllt war, haben die Mitglieder niedriger Gesellschaftsstände in den Seitenschiffen Platz gefunden.
Frühchristliche Basilika Rom, Santa Sabina Antike Vorbilder für alle nachfolgenden Stilepochen relevant Spätantike Basilika 4. Jahrhundert Dreischiffige Basilika (gestufter Querschnitt) Säulenstellung mit Arkaden=Bögen Obergaden=Fensterzone im Mittelschiff oben Rundbogige Fenster Flachdecke Hauptapsis mit Triumph- bogen=Chorbogen
Basilika
Hildesheim, St. Michael Bauzeit: 1010-33
Basilika
Riddagshausen, Zisterzienserkloster, gegründet 1147, Bau frühes 13. Jahrhundert
Basilika
Goslar, Neuwerkkirche, Damenstift 12. Jahrhundert
Hallenkirche
Hannover, Marktk. Stendal, Dom Braunschweig, Ägidienk. Kalkar, St. Nicolai
Hallenkirche
• Die drei Schiffe des Landhauses steigen gleich hoch auf.
• Die Gewölbe aller drei Schiffe liegen auf gleicher Höhe.
• Beleuchtung durch große Fenster in den Seitenschiffen.
• Bautyp überwiegend in gotischen Bauten vertreten.
• Im 14. und 15. Jahrhundert wurden in den Städten fast alle Pfarrkirchen zu Hallenkirchen umgebaut.
• Verbreitet auf dem Gebiet des Deutschen Reiches
Hallenkirche
Hornburg, Marienkirche 15. Jahrhundert, Ausstattung 17. Jahrhundert
Gewölbebasilika im gebunden System Ausgehend vom Vierungsquadrat, identische Gewölbefelder als Chorquadrat, Querarme und Langhausgewölbe (Mittelschiff); Kreuzgratgewölbe, im Seitenschiff ebenfalls quadratisch; zwischen den Gewölbejochen Gurtbögen, die den Vierungsbögen gleichen.
Stützenwechsel Hauptpfeiler, Nebenstütze Thema: Pfeiler, Säule, Kombination aus beidem
Gewölbebau
Diesdorf, St. Maria und Crucis, ab 1182
Gewölbebau
Kreuzförmige Gewölbebasilika „im gebundenen System“ Romanik des 12. Jahrhunderts Stützenwechsel aus Pfeiler mit Wandvor- lagen (Säulenbündel) und eckigem Pfeiler Arkaden (rundbogig) Kreuzgratgewölbe (immer über quadratischem Grundriss) Gurtbögen/Jochbögen über Kapitellzone Schachbrettfriese zur Wand- gliederung
Goslar, Frankenberge St. Peter und Paul
Gewölbebau
Goslar, Neuwerkkirche 12. Jahrhundert
Kreuzrippengewölbe
Gewölbebau
Riddagshausen, Zisterzienserklosterkirche frühes 13. Jahrhundert Gebundenes System mit Stützenwechsel, Wandvorlagen (Dienste), Kreuzrippengewölbe
Kunstepochen – Baustile des Mittelalters
• Vor- und Frühromanik (8. bis 10. Jahrhundert, karolingische und ottonische Kunst)
• Früh- und Hochromanik (11. bis 12. Jahrhundert, salische und staufische Kunst)
• Spätromanik und Frühgotik (um 1200)
• Gotik/Hochgotik (13. bis frühe 14. Jahrhundert)
• Spätgotik (14. und 15. Jahrhundert)
Vor- und Frühromanik Stiftskirche Enger Grabungsgrundriss 8. Jahrhundert bis 14. Jahrhundert Abfolge mehrerer Vorgängerbauten häufig im „Zwiebel- prinzip“ Vor- und frühroman. Bauwerke sind nur sehr selten erhalten; manchmal archäolog. Befunde; gelegentlich historische Vermutung einer frühen Kirchengründung.
Frühromanik
St. Michael, Hildesheim, 1010-33
Romanik
St. Peter und Paul, Frankenberge Goslar, romanische Gewölbebasilika, spätes 12. Jh.
Romanik
Odenthal, St. Pankratius, romanische Basilika, 2. Vrtl. bis Mitte 12. Jh.
Romanik/Spätromanik
Goslar, Neuwerkkirche 12. Jahrhundert
Goslar, Neuwerkkirche Hauptapsis
Romanik Spätromanik
Dekorationsfreudig Verspielt Experimentell Säulen bestehen aus Basis, Schaft, Kapitell, Kämpfer
Gotik/Hochgotik Altenberg Dom Zisterzienserkl. Hochgotische Querschiff- basilika mit Umgangschor und Kapellen- kranz Riesige Fenster- flächen Maßwerk Strebepfeiler und Strebebögen als Widerlager des Gewölbe- drucks Sehr systematisch und formensicher; im dörflichen Bereich gibt es kaum Bauwerk der Hoch- gotik.
Gotik/Hochgotik Altenberg, Dom Gotischer Wandaufriss Als Stützenform sind Säulen gewählt Spitzbogige Arkaden mit Profil Dreiteilige Dienstbündel zwischen den Jochen über den Säulen Dienste=dünne Säulen/Profile, bis zu Gewölberippen aufsteigend; Joch=Raumabschnitt, durch ein Gewölbefeld definiert Kreuzrippengewölbe über quer- rechteckigem Grundriss Hohe Obergadenfenster Triforium=Zwischenzone zwischen Arkaden und Obergaden
Spätgotik Pirna, Marienkirche Spätgotische Hallenkirche Einheitliche Gewölbehöhe Sehr schlanke Stützen Netzgewölbe An der Grenze zur Renaissance: Einbau von Emporen im Seitenschiff Die Spätgotik ist in den Städten häufig vertreten, im dorfkirchlichen Bereich aber sehr selten, ggf. Anschaffung von Ausstattungsstücken.
Osnabrück, Marienkirche, Hallenk. bis 1440
Lüneburg, St. Michaelis fr. 15. Jahrhundert
Spätgotik
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