„ein geschäft ist nur wenn beide seiten …...für die bündelung der kompetenzen sind nicht in...
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Herr von Haller, Sie haben lange das Firmen -
kundengeschäft der Deutschen Bank mitgeprägt,
jetzt kommen Sie zum Unternehmen
zurück, um die Mittelstandskompetenz zu stärken.
Was reizt Sie daran?
Während meiner gesamten beruflichen Karriere habe
ich immer gestalten können, diese Gestaltungsfrei-
heit macht für mich den Grundreiz meiner Arbeit
aus. Ich fi nde es immer spannend, wenn es noch kein
Gleis gibt, auf dem man fährt, sondern wenn man
dieses Gleis erst noch bauen muss, bevor der Zug
starten kann.
Ich hatte großes Glück, dass es bei meinen Aufga-
ben immer dieses Element gab, in meinen früheren
Posi tionen bei der Deutschen Bank ebenso wie bei
Sal. Oppen heim. Und auch jetzt ist meine Aufgabe ge-
meinsam mit meinem Kollegen Thomas Rodermann
wieder: ein Gleisbett legen, ein Gleis bauen und dann
den Zug auf den Weg bringen.
Dabei arbeiten Sie mit vielen alten Kollegen
zusammen …
… und es sind natürlich auch sehr viele neue hinzuge-
kommen, denn mein früherer Bereich schließt sich mit
dem größeren Bereich Pri vate & Business Clients zu-
sammen, um den Zugang zu den Leistungen der Bank
für Kunden zu erleichtern. Da entsteht eine sehr gute,
und ich fi nde, auch sehr wettbewerbsfähige Mischung
Wilhelm von Haller verantwortet gemeinsam mit Thomas Rodermann den Privat- und Firmenkunden-
bereich der Deutschen Bank. Sein Ziel: durch eine Bündelung der Kompetenzen vor Ort die Leistungen
für Unternehmen besser nutzbar machen
„Ein Geschäft ist nur wenn beide Seiten
weitermachen wollen“
aus Menschen mit ihren unterschiedlichen Kompeten-
zen und Persönlichkeiten.
Welches Ziel verfolgen Sie mit der neuen Strategie?
Wir wollen vorhandene Kompetenzen der Bank bün-
deln und diese gebündelten Kompetenzen unseren al-
ten wie auch neuen Kunden zur Verfügung stellen. Die
Deutsche Bank betreut mittelständische Unterneh-
men, Freiberufler und Privatkunden unter einem Dach.
Für die Firmenkunden heißt das: Rund 11 500 größere
Unternehmen des klassischen Mittelstands werden
von uns begleitet. Insgesamt umfasst der Bereich rund
900 000 Unternehmen und Geschäftskunden.
Was ist anders als bisher?
Wir haben uns bei der Ausrichtung ganz auf den
Kunden und seine Bedürfnisse konzentriert. Die Ideen
für die Bündelung der Kompetenzen sind nicht in
den Frankfurter Türmen entstanden, sondern in den
Regionen vor Ort beim Kunden. Das prägt die neue
Organisa tion ganz entscheidend: Regionali sierung
und stärkere Betreuung vor Ort wird eines ihrer
Hauptkennzeichen sein.
Gleichzeitig besteht das Ziel darin, neuen Kunden-
gruppen den direkten Zugang zu allen inter nationalen
Leistungen der Deutschen Bank zu verschaffen.
Haben sie den denn nicht?
Die großen Mittelständler haben ihn natürlich längst.
Aber auch kleinere Unternehmen sind inzwi- FO
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dann gut,anschließend
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schen weltweit unterwegs und brauchen eine
Bank mit interna tionaler Erfahrung. Diese internati-
onale Erfahrung wollen wir unseren Kunden vor Ort
nutzbar machen. Außerdem hat sich die Finanzierung
in den vergangenen Jahren deutlich professionali-
siert, entsprechend ist der Bedarf an spezialisierten
Produkten entstanden – und da liegt unsere Stärke.
Wie wollen Sie diese Unternehmen erreichen?
„All business is local“. Das gilt auch im digitalen Zeit-
alter. Deshalb schaffen wir 180 neue Standorte für die
Betreuung von Firmenkunden. Zusammen mit den
rund 70 vorhandenen entsteht so ein dichtes Netz von
Niederlassungen in ganz Deutschland. Diese Regiona-
lisierung dient auch dazu, die Bedürfnisse des Kunden
besser als bisher zu identi fi zieren. Außerdem stellen
wir die Zusammenarbeit mit den Produktspezialisten
in erster Linie aus den Bereichen Auslandsgeschäft und
Zins- und Währungsmanagement neu auf. So können
wir das Know-how unserer Bank über die Regionen di-
rekt zum Kunden bringen.
Also spielt der Betreuer auch bei
der Preisfi ndung eine Rolle?
Ein Firmenkundenbe treuer muss heute in der Lage
sein, in Zusammenarbeit mit dem Kunden und den
Spezialisten nach Analyse der Wertschöpfungskette
des Kunden den richtigen Preis für das richtige Pro-
dukt zu fi nden, das ist mir ganz wichtig.
„Die Kreditvergabe ist ein Kernthema“
Neben dem Bereich Privat- und Firmen kunden, den
Sie gemeinsam mit Thomas Rodermann leiten,
stehen fünf Leiter der Geschäftsregionen. Welche
Aufgabe erfüllen die?
Wenn wir über Privat- und Firmenkunden sprechen,
verstehe ich das Wort „und“ als kaufmännisches
&-Zeichen. Das heißt, dass wir in einem kaufmän-
nischen Sinne die Zusammenarbeit zwischen den
Firmen kundenbetreuern und den Privatkunden-
betreuern intensivieren müssen. Denn in jedem
Firmen kunden steckt immer auch der Privatkunde.
Die Leiter der Geschäftsregionen stärken die Ver-
netzung innerhalb der Bank, sie koordinieren die
Aktivitäten der Bank in der Region über alle Unterneh-
mensbereiche und Kunden gruppen hinweg und ver-
treten die Bank als Teil der Gesellschaft nach außen.
Der Unternehmer soll ganzheitlicher als bisher
betrachtet werden?
Genau. Firmenvermögen und Privatvermögen sind für
ihn meist nur zwei Seiten einer Münze. Es wäre völlig
falsch, beides voneinander zu trennen. Deshalb ist die
Zusammenfassung der Kompetenzen unter einem
Dach so wichtig.
Die Ansprüche der Firmenkunden steigen ständig,
Finanzierung und Finanzierungsberatung
werden komplexer. Ist das vor Ort in einer Filiale
überhaupt zu leisten?
Wilhelm von Haller, Jahrgang 1952, ist Co-Chef
des Bereichs Deutsche Bank Privat- und Firmen-
kunden. In diesem Bereich werden insgesamt
9,5 Millionen Kunden be-treut, darunter rund
900 000 Geschäfts- und Firmenkunden. Der
gebürtige Münchner ist studierter Diplom-
kaufmann und arbeitet seit 1986 für die Deutsche
Bank. Bis 2009 stand er als Co-Chef dem Bereich
Firmenkunden vor, bevor er als Vorstandsvor-
sitzender die Bank Sal. Oppenheim jr. & Cie. nach deren Übernahme
durch die Deutsche Bank leitete. Von Haller
ist verheiratet und hat zwei Kinder.
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Die Kombination aus lokalem Know-how und Spezia-
listen-Know-how ist ja nichts Neues, diese Dualität
taucht überall im Leben auf und muss beherrscht
werden – nehmen Sie zum Beispiel den Gesundheits-
bereich mit dem Hausarzt und dem Spezialisten. Ich
fi nde es richtig, dass wir Fachthemen stärker als bis-
her in den Regionen behandeln. Die Gefahr ist immer:
Je mehr Zentralisierung es gibt, desto losgelöster von
den eigentlichen Kundenbedürfnissen wird entschie-
den. Die Forderung, Fachkompetenz fl ächendeckend
vorzuhalten, zwingt uns als Organisation, immer bes-
ser zu werden. Und das ist nötig, weil auf der anderen
Seite die Spezialisierung immer wichtiger wird.
Für die meisten mittelständischen Kunden
ist der klassische Kredit immer noch die wichtigste
Finanzierungsform. Wie steht es denn um die
Kreditvergabe?
Es gab in den vergangenen zwölf bis 15 Jahren kein
einziges Jahr, in dem wir nicht darüber nachge-
dacht haben, wie wir das Kreditvolumen erhöhen
können. Wir haben selbst auf dem Höhepunkt der
Krise die Kapazität unserer Kreditvergabe erhöht.
Die Kredit fi nanzierung des Mittelstands ist nicht
nur heute ein Kernthema, sondern sie war es auch
schon früher.
Wir beschäftigen uns nicht mit der Frage, ob
wir mehr Kredite vergeben wollen – die ist längst
be antwortet. Wir beschäftigen uns mit der Frage,
wie wir das Geld kundenfreundlich zur Verfügung
stellen können.
Und welche Antworten haben Sie auf diese Frage?
Ganz allgemein: Wir wollen wie bisher ein zuverlässiger
Kreditpartner für den Mittelstand sein und deutlich
machen, dass es uns auf eine langfristige Beziehung
ankommt, die alle Phasen des Konjunkturzyklus
umfasst. Konkret: Wir sprechen über die Vergabepraxis,
diskutieren über Laufzeiten und viele andere Optimie-
rungen, zum Beispiel über die Synchronisierung der
Kreditlaufzeit mit Abschreibungszeiten im Unterneh-
men. Jedes Unternehmen ist anders, deshalb müssen
wir uns jeweils mit seiner gesamten Finanzierung
auseinandersetzen. Wir bauen auch unsere Branchen-
expertise und unser Wissen über Zielgruppen gezielt
weiter aus. Denken Sie immer daran: Der Kredit ist ein
Know-how-Produkt, der lässt sich nicht einfach am
Computer errechnen.
„Firmen- und Privatvermögen sind zwei Seiten einer Münze“
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Was macht dieses Know-how aus?
Sie müssen immer zwei Seiten im Blick haben. Erstens:
Was genau tut sich beim Kunden, wie entwickelt sich
sein Unternehmen, welche Entwicklungen vollziehen
sich in seiner Branche, und wie reagiert er darauf?
Wir brauchen also Kollegen, die das Unternehmen und
die Branche beurteilen können.
Auf der anderen Seite steht dann die Frage, was sich
auf dem Kreditsektor tut. Da geht es nicht nur um den
Zins, sondern vor allem um die Ausgestaltung. Ein
Beispiel: Vor zehn Jahren war es völlig unüblich, dass ein
mittelständischer Betrieb eine strukturierte Finanzierung
nutzt. Inzwischen ist das gar nichts Besonderes mehr.
Aber nicht jeder Mittelständler ist deshalb
gleich reif für den Kapitalmarkt. Wie beraten Sie
über den reinen Kredit hinaus?
Nicht jeder Kredit passt zu jedem Kunden, dasselbe gilt
auch für spezialisierte Formen der Finanzierung. Ein
Schulbuchverlag mit seinem Saisongeschäft hat nun
einmal andere Bedürfnisse als ein klassischer Maschi-
nenbauer mit geringer Zyklizität. Der Schulbuchverlag
denkt intensiver über Working Capital nach, der Ma-
schinenbauer vielleicht über Investi tionsfi nanzierung.
Wie steht es um risikosenkende Finanzierungsformen
wie das Factoring?
Der klassische Kredit ist für uns nur ein Werkzeug
unter vielen, deshalb landen wir immer wieder bei der-
selben Herausforderung: die Qualität der Beratung vor
Ort im einzelnen Unternehmen. Es gehört deshalb zu
den wichtigsten Eigenschaften eines Firmenkunden-
betreuers, dass er Führungsthemen im Unternehmen
ganz automatisch hinterfragt und diskutiert. Dieser
Dialog ist der elementare Bestandteil einer langfristi-
gen Geschäftsbeziehung.
Thomas Roder-mann leitet
gemeinsam mit Wilhelm von Haller
den Bereich Deutsche Bank
Privat- und Firmenkunden
„Ein guter Betreuer stellt Netzwerke zur Verfügung und behält die private Seite
des Unternehmers im Blick“
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Wie weit geht diese Beratung über Finanzierungs-
fragen hinaus?
Ein guter Betreuer stellt Netzwerke zur Verfügung, er
behält die private Seite des Unternehmers und dessen
Vermögen im Blick und spricht über allgemeine Risi-
ken. Er ist im wohlverstandenen Sinne ein Ratgeber
über das einzelne Produkt hinaus. Ich habe es eben
schon gesagt: Es geht uns darum, eine Vertrauensbe-
ziehung aufzubauen. Dazu gehört natürlich auch, für
den Kunden da zu sein, wenn es mal nicht so gut läuft.
Bei ihrem Amtsantritt kündigten Jürgen Fitschen
und Anshu Jain eine neue Unternehmenskultur
für die Deutsche Bank an. Was ist seitdem passiert?
Ich spüre viele Veränderungen. Es gab eine Zeit, in der
das Logo in der Wahrnehmung der Deutschen Bank
manchmal vor dem Menschen stand. Ich möchte das
Gegenteil erreichen: Der Mensch muss vor dem Logo
stehen. Dazu gehört, dass unsere Mitarbeiter und
auch speziell unsere Führungskräfte viel weniger
am Schreibtisch sitzen, sie müssen sich weniger mit
den eigenen Managementthemen beschäftigen und
mehr mit der Welt um uns herum. Dazu gehört auch,
gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen.
Zum Beispiel?
Das kann alles Mögliche sein. Ich selbst zum Beispiel
bin Schatzmeister in einem Benediktinerkloster und
Vorsitzender des Kuratoriums einer Kunststiftung.
Es gibt überall Wissen in der Deutschen Bank, das
wir zur Verfügung stellen können. Und es ist ja nicht
so, dass wir hier bei null anfangen, viele Mitarbeiter
sind ja längst in der Gesellschaft aktiv. Wichtig ist mir
vor allem, dass diese Kultur für das gesellschaftliche
Engagement ebenso bestimmend ist wie für das all-
tägliche Geschäft: Wir dürfen uns nicht mit uns selbst
beschäftigen und uns über Trends und Regulatorik in
der eigenen Branche unterhalten, sondern wir müs-
sen unsere Zeit nutzen, um uns auf die Kunden zu
konzentrieren.
In den Grundsätzen zur Neuaufstellung des
Mittelstandsgeschäftes sprechen Sie vom
„fairen Anteil“, mit dem die Bank den Kundennutzen
steigern will. Was bedeutet das?
Dieser Begriff soll eine ganze Haltung beschreiben. Es
geht darum, Entscheidungen transparent zu machen,
faire Preise zu fi nden, nicht auf Kosten des Kunden
nur Ertragsziele zu verfolgen. Im Prinzip geht es um
den guten alten Kaufmannsgrundsatz: Man sollte
sich auch nach einem Geschäft noch gut in die Augen
sehen können.
Wenn Sie Ihre Ziele in einem Punkt zusammen-
fassen, welcher wäre das?
Ganz einfach: dass uns alle unserer Kunden zu jeder
Zeit weiterempfehlen können. Alles, was wir tun, dient
letztlich diesem einen Ziel.
Bessere Betreuung des MittelstandsIm Rahmen ihrer Strategie
2015+ stärkt die Deutsche Bank
die Filialbank im Heimatmarkt
Deutschland.
Dabei werden zwei bisher
getrennte Bereiche, die
Betreuung von mittelstän-
di schen Firmenkunden und
Geschäftskunden, unter einem
Dach zusammengeführt.
Ein Schwerpunkt der Stärkung
der Filialbank liegt in einer
intensiveren lokalen Betreuung
der mittelständischen Kunden.
Diese Kunden erhalten Zugang
zu 180 zusätzlichen Beratungs-
zentren in den Filialen. Damit
betreut die Deutsche Bank
ihre Firmenkunden künftig an
250 Standorten im gesamten
Bundesgebiet.FO
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