67hummel_1.6506379.pdfkatzen und klee charles darwin beobachtete, dass hummeln eine wichtige rolle...

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9)(H( künder peilung FORSCHUNG UND TECHNIK /67 Mittwoch. 18. Juni 1986 Nr. 138 67 Katzen und Klee Charles Darwin beobachtete, dass Hummeln eine wichtige Rolle bei der Bestäubung von Rotklee spielen. Er wusste ferner, dass Mäuse oft Hummelnester zerstören, und er nahm an, dass die Zahl der Mäuse von der Häufigkeit der Katzen abhängt. Daraus schloss er, dass das Vorkommen von Klee im wesentlichen durch Katzen kontrolliert wird. Das ist eine hübsche Geschichte, und Biologen und andere Leute ha- ben sie über die Jahre weiter ausgeschmückt. In späteren Versionen beginnt die Kette bei allein- Abb. 1. Viele Hummelarten besitzen Mundwerkzeuge, die vor allem durch eine lange Zunge ausgezeichnet sind. Mit dieser Ausstattung sind sie in der Lage, ein e Vielzahl von Blüten auszubeuten. (Photo: J.-F. Boudinot) Die Hummel und das britische Weltreich Von Felix Baerlocher Hummeln spielen eine wichtige Rolle bei der Bestäubung vieler Kultur- und Wild- pflanzen. Ein ausgeklügelter Wärmehaushalt erlaubt ihnen, auch bei tiefen Lufttempera- turen aktiv zu bleiben. Nektar und Pollen bilden die Nahrungsquellen einer Hummelko- lonie. Die Entscheidung, welche Blumen besucht werden, trifft jede Hummelarbeiterin nach selbständiger Beurteilung des gegenwärtigen Angebotes. kaum aktiv bei Temperaturen unter 15 °C. Aus- serdem ist sie weniger geeignet für Blumen mit tiefen, engen Kronen (wie Rotklee) oder mit «explosiven» Bestäubungsmechanismen (wie Luzerne). Diese werden zuverlässiger durch die grösseren, kräftigeren Hummeln mit ihren lan- gen Rüsseln bestäubt. In Neuseeland erhöhte sich denn auch die Produktion von Kleesamen merklich nach der Einführung und Freisetzung von Hummeln im Jahre 1885. Ganz abgesehen von ihrer ökologischen und wirtschaftlichen Bedeutung sind Hummeln fas- zinierende Lebewesen, die es geschafft haben, sich unter schwierigen äusseren Bedingungen zu behaupten. Unsere Kenntnisse über ihre Biolo- gie sind vor allem durch die Untersuchungen von Bernd Heinrich (University of Vermont, USA) entscheidend vertieft worden. Seine Er- gebnisse hat er in mehreren Büchern und Arti- keln beschrieben, die auch dem Laien leicht zu- gänglich sind (z. B. B. Heinrich. 1984. In a Patch of Fireweed. Harvard University Press). Lebenszyklus Hummeln leben vorwiegend in arktischen und gemässigten Zonen. Ihr Lebenszyklus be- ginnt im Frühling mit einer befruchteten Köni- gin, die im Boden überwintert hat. In einem geeigneten Loch (häufig ein verlassenes Maus- nest) beginnt sie ihre Kolonie aufzubauen. Dazu sammelt sie Nektar (für Energie) und Pollen (als Nahrung für ihre Nachkommen) von verschie- denen Blumen. Ihr erstes Gelege besteht aus 8 bis 10 Eiern. In 2 bis 3 Wochen schlüpfen die ersten Arbeiterinnen, die in ein paar Tagen bei der Nahrungssuche und Pflege des nächsten Ei- geleges mithelfen. Die Kolonie wird allmählich grosser, und die Königin kann sich mehr und mehr auf das Eierlegen beschränken. Gegen Ende einer Saison entwickeln sich aus den Ei- ern Königinnen und Drohnen. Befruchtung fin- det statt, und die neuen Königinnen verkrie- chen sich im Boden, um dort zu überwintern. Der Zyklus kann von vorne beginnen. Eine Ko- lonie (und damit ihre Königin) ist um so erfolg- reicher, je mehr Königinnen sie im Laufe eines Sommers produzieren kann. Die dabei geleistete Arbeit ist eindrücklich. Hummeln besuchen un- gefähr doppelt so viele Blumen pro Zeiteinheit wie andere Bienen. Sie fliegen von Sonnenauf- gang bis Abenddämmerung und sind, im Ge- gensatz zu den meisten anderen Insekten, häu- fig auch bei Temperaturen nahe bei 0 °C noch aktiv. Dies ist nur möglich wegen ihres ausge- klügelten Wärmehaushaltes. Wärmeregulation Das Fliegen, wie jede Muskeltätigkeit, benö- tigt Energie. Es entsteht Wärme, und in der Hummel macht dies etwa 90 Prozent der umge- setzten Energie aus. Wegen der hohen Umsatz- rate kann sich die Körpertemperatur innert Se- kunden um mehrere Grade erhöhen. Bei tiefen Lufttemperaturen ist dies erwünscht, da Flug nur möglich ist, wenn die Muskeln mindestens 30 °C warm sind. Bei hohen Lufttemperaturen besteht jedoch die Gefahr der Überhitzung; die Flugmuskeln funktionieren nur unterhalb 44 °C. Die Hummel muss also je nach Lufttem- peratur in der Lage sein, den Wärmeverlust ein- zuschränken oder überschüssige Wärme loszu- werden. Diese Doppelfunktion ist mit dem Blutzirku- lationssystem verknüpft. Der Hummelkörper ist Abb. 2. Kopf (mit Auge), Brust und Hinterleib einer Hummel (von links nach rechts). Von oben nach unten: Bei liefen Lufttemperaturen fliessen kalles Hinterleib- und warmes Brustblut gleichzeitig, aber in entgegenge- setzter Richtung, durch ein e enge Taille, getrennt durch die dünne Wand der Aorta. Wärmeaustausch findet statt. Bei höheren Lufttemperaturen wird dieser Aus- tausch verhindert und dadurch der Wärmeverlust er- höht, indem die beiden Blutströme abwechselnd anstatt gleichzeitig durch den Engpass geschickt werden. Aus- ser der Bauchseite des Hinterleibes ist der ganze Körper durch einen dichten Pelz gegen Wärmeverlust isoliert. stehenden Frauen, die Katzen als Gesellschaft halten. Der Klee seinerseits dient als Futter für Rinder, und getrocknetes oder gepökeltes Rind- fleisch war eine wichtige Nahrungsgrundlage für britische Seeleute. Kurz, alleinstehende Frauen mit ihren Katzen trugen entscheidend zur Errichtung des britischen Weltreiches bei. Wohl kaum ein Ökologe würde an die strenge Gesetzmässigkeit der obigen Geschichte glauben. Es steht jedoch ausser Zweifel, dass Bienen eine zentrale Rolle in der Befruchtung vieler Pflanzen spielen. Für Kulturpflanzen ist vor allem die Honigbiene von Bedeutung. We- gen ihres tropischen Ursprungs ist sie jedoch Der Stachelseestern als Korallenparasit tr. Die sogenannte Dornenkrone (oder Sta- chelseestern, Acanthaster plana) hat 9 bis 23 Arme, erreicht einen Durchmesser von 60 cm und ist mit Stacheln von 4 bis 5 cm Länge be- wehrt. Im Aquarium wird sie bis zu acht Jahre alt. Als Bewohner von Lagunen und Korallen- riffen des indo-pazifischen Raumes wurde sie erstmals 1705 beschrieben. Bis 1957 betrachtete man den Stachelseestern als relativ selten; in jenem Jahr ereignete sich die erste «Bevölke- rungsexplosion» in der Nähe der Ryukyu-In- seln zwischen Japan und Taiwan, als die Tiere plötzlich zu Zehntausenden auftraten. Sie «gra- sten» die Korallenriffe ab und verschwanden dann wieder ebenso geheimnisvoll, wie sie ge- kommen waren. Zur Nahrungsaufnahme stülpt der Stachelseestern seinen Magen über die Ko- rallenpolypen und löst sie mittels Enzymen auf; er nimmt dann die so produzierte Flüssigkeit auf. Er verrichtet seine Arbeit sehr gründlich und hinterlässt nur die nackten, von den Koral- lenpolypen aufgebauten Kalkformationen. «Freundlicherweise» bevorzugt er jene Koral- lenarten, die am schnellsten wachsen und am weitesten verbreitet sind. Dennoch dauert es fünfzehn Jahre, bis das kahlgefressene Riff wie- der mit Korallenpolypen bevölkert ist; die frü- here Artenvielfalt wird jedoch nicht mehr er- reicht. Das Grosse Barriereriff an der Ostküste Au- straliens suchten die Dornenkronen erstmals ge- gen Ende der sechziger Jahre heim; damals war die Besorgnis gross, dass das Riff zu einer Wü- ste werden konnte. In der Zwischenzeit hat man gelernt, mit den Tieren zu leben. Keine der Hy- pothesen, wonach ihr massenweises Auftreten direkt oder indirekt auf Wirkungen des Men- schen zurückzuführen wäre, konnte bestätigt werden. Man nimmt heute an, dass die Dornen- kronen zu den anscheinend brutalen, aber wirk- samen Massnahmen der Natur gehören, um dem Ökosystem des Korallenriffes die Chance zu einem völligen Neubeginn zu geben. Ver- suche, ihre Zahl zu kontrollieren, schlugen durchwegs fehl. Eine Zeitlang wurden Taucher angestellt, um den Stachelseesternen Kupfersul- fat einzuspritze n und sie auf diese Weise abzu- töten. Ein gut trainierter Mann kann pro Stunde etwa 150 Tiere erlegen. Mit diesem sehr kost- spieligen Verfahren wurden in Okinawa innert zehn Jahren etwa zehn Millionen Dornenkro- nen zerstört. Dies hatte aber nur kurzfristige Wirkungen auf die Population, da man durch Abtöten der adulten Tiere ökologische Nischen für Jungtiere schaffte, die sonst zugrunde ge- gangen wären. Auch ohne menschliche Inter- vention verlassen die Seesterne ein gegebenes Riff, sobald es keine Nahrung mehr bietet. Merkwürdigerweise werden gewisse Riffe immer wieder heimgesucht, sobald sich eine neue Polypenpopulation darauf etabliert hat; andere werden verschont. Es ist auch völlig un- bekannt, wie die Tiere von Riff zu Riff migrie- ren: bisher fehlte ein verlässliches Verfahren, um sie zu markieren. Man kann sie nämlich nicht anfärben, Ringe oder Drahte werfen sie ab, Arme oder Stacheln, die abgeschnitten wur- den, wachsen in kurzer Zeit nach. Mitarbeiter des Australian Institute of Marine Science (AIMS) bei Townsville (Queensland) haben nun einen miniaturisierten Transponder entwickelt, der injiziert wird und auch langfristig im Kör- per verbleibt. Das System wirkt als aktives Echo, sobald es die von einem speziellen Radiosender abgestrahlten Signale empfängt. Die nun mög- lich gewordenen Migrationsstudien haben aber erst begonnen. in Kopf, Brust und Hinterleib unterteilt (siehe Abb. 2). Die Flugmuskeln, welche die Wärme produzieren, befinden sich in der Brust, die durch einen dichten «Pelz» gut gegen Wärme- verlust geschützt ist. Das Herz im Hinterleib, der nicht durch Muskeln erwärmt wird und weniger gut abgedichtet ist, pumpt durch eine am Ende offene Aorta relativ kaltes Blut in die Brust. Das Blut fliesst frei durch die Gewebe, erwärmt sich und gelangt schliesslich in den Hinterleib zu- rück. Mit anderen Worten, warmes Brustblut und kaltes Hinterleibblut fliessen in entgegenge- setzter Richtung durch die enge Taille, nur durch die dünne Wand der Aorta getrennt Na- türlich findet Wärmeaustausch statt, und zumin- dest ein Teil der Wärme wird in die Brust zu- rücktransportiert. Bei kalten Lufttemperaturen verringert dieser Mechanismus den Wärmever- lust. Mit einer geringfügigen Änderung kann diese Funktion ausser Kraft gesetzt und der Wärmeverlust vergrössert werden. Dies wird er- reicht, indem die beiden Blutströme nicht mehr gleichzeitig, sondern abwechselnd durch den Engpass geschickt werden (siehe Abb. 2). Da- durch verringert sich der Kontakt zwischen warmem und kaltem Blut. Dieser regulierbare Mechanismus erlaubt der Hummel, bei Luft- temperaturen zwischen 0 und 35 °C zu fliegen. Über diesen Bereich bleibt die Brusttemperatur annähernd gleich, und die Hinterleibtemperatur erhöht sich mit der Lufttemperatur. Natürlich muss bei tiefen Lufttemperaturen die Muskulatur zuerst aufgewärmt werden, 6e- vor die Hummel losfliegen kann. Dazu werden Flügel und Muskeln entkoppelt. Die Muskeln vi- brieren und produzieren Wärme, ohne dass sich das Tier bewegt. Der gleiche Mechanismus wird auch für die Wärmehaltung des Nestes ausge- nützt. Besonders im Frühling, wenn die Aussen- temperaturen niedrig sind, sitzt die Königin häufig die ganze Nacht auf ihrem Gelege und bebrütet es. Die Wärme wird durch die entkop- pelte Flugmuskulatur erzeugt und in den Hin- terleib kanalisiert, dessen haarlose Unterseite an das Gelege gepresst wird. Das Fliegen, das Aufwärmen der Muskula- tur und das Bebrüten sind energetisch aufwen- dige Prozesse. Als einziger «Treibstoff» steht der Hummel Nektar zur Verfügung, der in win- zigen Portionen über unzählige Blumen zer- streut ist. Es überrascht nicht, dass sich die Hummel oft am Rande einer Energiekrise befin- det und dass ein möglichst optimales Einsam- meln von höchster Bedeutung ist. Einzelinitiative führt zum Gesamtwohl Wie kann eine Kolonie von sozialen Insek- ten Qualität und Menge der Nahrung, die durch viele verschiedene Arbeiterinnen gesammelt wird, optimieren? Der Begriff «Ameisenstaat» hat einen abschätzigen Beigeschmack und wird etwa als Analogie zu einem kommunistischen Staat verwendet, wo das Individuum durch eine starke, zentralisierte Autorität gesteuert wird. Oder ein Insektenstaat wird mit einer absoluten Monarchie verglichen, mit der Königin als Al- leinherrscherin. Letzterer Vergleich hat eine ge- wisse Gültigkeit, was die Fortpflanzung anbe- trifft. Die Kolonie enthält in der Regel eine ein- zige Königin, die sich bei einigen Arten ihre Stellung mit Gewalt erobern muss. Die Entste- hung solcher Dominanzordnungen wurde vor rund 180 Jahren zum erstenmal bei Hummeln beschrieben, durch den Schweizer Pierre Huber und den Österreicher Eduard Hoffer. Erst in diesem Jahrhundert wurden ähnliche Beobach- tungen an Hühnern gemacht und sind unter dem Begriff «Hackordnung» in die Alltagssprache eingegangen. Wie jedoch Bernd Heinrich zeigen konnte, beruht das Einsammeln von Nektar und Pollen, zumindest bei Hummeln, ausschliesslich auf Einzelinitiative. Auf ihren ersten paar Flügen besucht eine frisch geschlüpfte Hummelarbeite- rin eine Anzahl verschiedener Blüten und lernt so das momentane Angebot kennen. Sie spezia- lisiert sich dann auf die zurzeit profitabelste Blu- me. In der Regel besucht sie zusätzlich eine zweite, seltener eine dritte Blume. Fällt der Er- trag der ersten Blume unter einen bestimmten Wert, weicht die Hummel auf die anderen Blu- men aus. Während ihres kurzen Lebens (2-4 Wochen) konzentriert sich also eine individuelle Hummel auf ein paar wenige Blumen. Dadurch erhöht sich natürlich ihre Ausbeute; jede Blume ist etwas verschieden gebaut, und rationelles Ausbeuten des Nektars erfordert eine gewisse Übung. Die nächste Hummel, die ein paar Tage spä- ter schlüpft, findet möglicherweise ein leicht ver- ändertes Angebot (ein paar Blüten sind ver- welkt, die Gesamtheit der nektarsuchenden In- sekten hat das Angebot beeinflusst). Sie wird wieder die momentan ergiebigsten Blüten be- vorzugen. Dieser Vorgang wiederholt sich wäh- rend des ganzen Sommers und erlaubt einer Kolonie, eine grosse Vielfalt verschiedener Blu- mentypen auszubeuten, ohne dabei auf die Vor- teile der Arbeitsteilung zu verachten. Die mehr oder weniger kontinuierliche Produktion neuer Arbeiterinnen, die selbständig das gegenwärtige Angebot überprüfen, gewährleistet eine Anpas- sung der Gesamtkolonie an das sich verän- dernde Nahrungsangebot. Nicht alle sozialen Insekten verhalten sich so. Wie Karl von Frisch gezeigt hat, besitzen Ho- nigbienen ein hochentwickeltes System des In- formationsaustausches. Kundschafterbienen tei- len der Kolonie mit, wo sie eine neue Futter- quelle entdeckt haben. Ist diese ergiebig, kon- zentriert sich bald ein beträchtlicher Teil der Kolonie auf deren Ausbeutung. Dieser Unter- schied zu den Hummeln hängt möglicherweise mit der tropischen Herkunft der Honigbienen zu- sammen. In den Tropen ist das Nahrungsange- bot reicher und häufig konzentrierter, zum Bei- spiel auf Bäumen mit Tausenden von Blüten. Hier scheint es vorteilhaft, wenn der Standort Anzeige REX579355H Der zu verlässig Economy Das Profilsystem für leichte, flächenbündige Türen Jansen AG. 9463 Oberriet SG Stahlröhren- und Sauerstoff -Werke. Kunststoffwerk Telefon 071/780 111, Telex 77 159 . Telefax 071/78 22 70 JANSEN Neue Zürcher Zeitung vom 18.06.1986

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Page 1: 67Hummel_1.6506379.pdfKatzen und Klee Charles Darwin beobachtete, dass Hummeln eine wichtige Rolle bei der Bestäubung von Rotklee spielen. Er wusste ferner, dass Mäuse oft Hummelnester

9)(H(künder

peilung FORSCHUNG UND TECHNIK/67

Mittwoch. 18. Juni 1986 Nr. 138 67

Katzen und Klee

Charles Darwin beobachtete, dass Hummelneine wichtige Rolle bei der Bestäubung vonRotklee spielen. Er wusste ferner, dass Mäuseoft Hummelnester zerstören, und er nahm an,dass die Zahl der Mäuse von der Häufigkeit derKatzen abhängt. Daraus schloss er, dass dasVorkommen von Klee im wesentlichen durchKatzen kontrolliert wird. Das ist eine hübscheGeschichte, und Biologen und andere Leute ha-ben sie über die Jahre weiter ausgeschmückt. Inspäteren Versionen beginnt die Kette bei allein-

Abb. 1. Viele Hummelarten besitzen Mundwerkzeuge, die vor allem durch eine lange Zunge ausgezeichnet sind.Mit dieser Ausstattung sind sie in der Lage, e i ne Vielzahl von Blüten auszubeuten. (Photo: J.-F. Boudinot)

Die Hummel und das britische WeltreichVon Felix Baerlocher

Hummeln spielen eine wichtige Rolle bei der Bestäubung vieler Kultur- und Wild-pflanzen. Ein ausgeklügelter Wärmehaushalt erlaubt ihnen, auch bei tiefen Lufttempera-turen aktiv zu bleiben. Nektar und Pollen bilden die Nahrungsquellen einer Hummelko-lonie. Die Entscheidung, welche Blumen besucht werden, trifft jede Hummelarbeiterinnach selbständiger Beurteilung des gegenwärtigen Angebotes.

kaum aktiv bei Temperaturen unter 15 °C. Aus-serdem ist sie weniger geeignet für Blumen mittiefen, engen Kronen (wie Rotklee) oder mit«explosiven» Bestäubungsmechanismen (wieLuzerne). Diese werden zuverlässiger durch diegrösseren, kräftigeren Hummeln mit ihren lan-gen Rüsseln bestäubt. In Neuseeland erhöhtesich denn auch die Produktion von Kleesamenmerklich nach der Einführung und Freisetzungvon Hummeln im Jahre 1885.

Ganz abgesehen von ihrer ökologischen undwirtschaftlichen Bedeutung sind Hummeln fas-zinierende Lebewesen, die es geschafft haben,sich unter schwierigen äusseren Bedingungen zubehaupten. Unsere Kenntnisse über ihre Biolo-gie sind vor allem durch die Untersuchungen

von Bernd Heinrich (University of Vermont,USA) entscheidend vertieft worden. Seine Er-gebnisse hat er in mehreren Büchern und Arti-keln beschrieben, die auch dem Laien leicht zu-gänglich sind (z. B. B. Heinrich. 1984. In a Patchof Fireweed. Harvard University Press).

Lebenszyklus

Hummeln leben vorwiegend in arktischenund gemässigten Zonen. Ihr Lebenszyklus be-ginnt im Frühling mit einer befruchteten Köni-gin, die im Boden überwintert hat. In einemgeeigneten Loch (häufig ein verlassenes Maus-nest) beginnt sie ihre Kolonie aufzubauen. Dazusammelt sie Nektar (für Energie) und Pollen (alsNahrung für ihre Nachkommen) von verschie-denen Blumen. Ihr erstes Gelege besteht aus 8

bis 10 Eiern. In 2 bis 3 Wochen schlüpfen dieersten Arbeiterinnen, die in ein paar Tagen beider Nahrungssuche und Pflege des nächsten Ei-geleges mithelfen. Die Kolonie wird allmählichgrosser, und die Königin kann sich mehr undmehr auf das Eierlegen beschränken. Gegen

Ende einer Saison entwickeln sich aus den Ei-ern Königinnen und Drohnen. Befruchtung fin-det statt, und die neuen Königinnen verkrie-chen sich im Boden, um dort zu überwintern.Der Zyklus kann von vorne beginnen. Eine Ko-lonie (und damit ihre Königin) ist um so erfolg-reicher, je mehr Königinnen sie im Laufe einesSommers produzieren kann. Die dabei geleistete

Arbeit ist eindrücklich. Hummeln besuchen un-gefähr doppelt so viele Blumen pro Zeiteinheitwie andere Bienen. Sie fliegen von Sonnenauf-gang bis Abenddämmerung und sind, im Ge-gensatz zu den meisten anderen Insekten, häu-fig auch bei Temperaturen nahe bei 0 °C nochaktiv. Dies ist nur möglich wegen ihres ausge-klügelten Wärmehaushaltes.

Wärmeregulation

Das Fliegen, wie jede Muskeltätigkeit, benö-tigt Energie. Es entsteht Wärme, und in derHummel macht dies etwa 90 Prozent der umge-setzten Energie aus. Wegen der hohen Umsatz-rate kann sich die Körpertemperatur innert Se-kunden um mehrere Grade erhöhen. Bei tiefenLufttemperaturen ist dies erwünscht, da Flugnur möglich ist, wenn die Muskeln mindestens30 °C warm sind. Bei hohen Lufttemperaturenbesteht jedoch die Gefahr der Überhitzung; dieFlugmuskeln funktionieren nur unterhalb44 °C. Die Hummel muss also je nach Lufttem-peratur in der Lage sein, den Wärmeverlust ein-zuschränken oder überschüssige Wärme loszu-werden.

Diese Doppelfunktion ist mit dem Blutzirku-lationssystem verknüpft. Der Hummelkörper ist

Abb. 2. Kopf (mit Auge), Brust und Hinterleib einerHummel (von links nach rechts). Von oben nach unten:Bei liefen Lufttemperaturen fliessen kalles Hinterleib-und warmes Brustblut gleichzeitig, aber in entgegenge-

setzter Richtung, durch e i ne enge Taille, getrennt durchdie dünne Wand der Aorta. Wärmeaustausch findetstatt. Bei höheren Lufttemperaturen wird dieser Aus-tausch verhindert und dadurch der Wärmeverlust er-höht, indem die beiden Blutströme abwechselnd anstattgleichzeitig durch den Engpass geschickt werden. Aus-ser der Bauchseite des Hinterleibes ist der ganze Körper

durch einen dichten Pelz gegen Wärmeverlust isoliert.

stehenden Frauen, die Katzen als Gesellschafthalten. Der Klee seinerseits dient als Futter fürRinder, und getrocknetes oder gepökeltes Rind-fleisch war eine wichtige Nahrungsgrundlagefür britische Seeleute. Kurz, alleinstehendeFrauen mit ihren Katzen trugen entscheidendzur Errichtung des britischen Weltreiches bei.

Wohl kaum ein Ökologe würde an diestrenge Gesetzmässigkeit der obigen Geschichteglauben. Es steht jedoch ausser Zweifel, dassBienen eine zentrale Rolle in der Befruchtungvieler Pflanzen spielen. Für Kulturpflanzen istvor allem die Honigbiene von Bedeutung. We-gen ihres tropischen Ursprungs ist sie jedoch

Der Stachelseestern als Korallenparasittr. Die sogenannte Dornenkrone (oder Sta-

chelseestern, Acanthaster plana) hat 9 bis 23Arme, erreicht einen Durchmesser von 60 cmund ist mit Stacheln von 4 bis 5 cm Länge be-wehrt. Im Aquarium wird sie bis zu acht Jahrealt. Als Bewohner von Lagunen und Korallen-riffen des indo-pazifischen Raumes wurde sieerstmals 1705 beschrieben. Bis 1957 betrachteteman den Stachelseestern als relativ selten; injenem Jahr ereignete sich die erste «Bevölke-rungsexplosion» in der Nähe der Ryukyu-In-seln zwischen Japan und Taiwan, als die Tiereplötzlich zu Zehntausenden auftraten. Sie «gra-sten» die Korallenriffe ab und verschwandendann wieder ebenso geheimnisvoll, wie sie ge-kommen waren. Zur Nahrungsaufnahme stülptder Stachelseestern seinen Magen über die Ko-rallenpolypen und löst sie mittels Enzymen auf;er nimmt dann die so produzierte Flüssigkeitauf. Er verrichtet seine Arbeit sehr gründlichund hinterlässt nur die nackten, von den Koral-lenpolypen aufgebauten Kalkformationen.«Freundlicherweise» bevorzugt er jene Koral-lenarten, die am schnellsten wachsen und amweitesten verbreitet sind. Dennoch dauert esfünfzehn Jahre, bis das kahlgefressene Riff wie-der mit Korallenpolypen bevölkert ist; die frü-here Artenvielfalt wird jedoch nicht mehr er-reicht.

Das Grosse Barriereriff an der Ostküste Au-straliens suchten die Dornenkronen erstmals ge-gen Ende der sechziger Jahre heim; damals wardie Besorgnis gross, dass das Riff zu einer Wü-ste werden konnte. In der Zwischenzeit hat mangelernt, mit den Tieren zu leben. Keine der Hy-pothesen, wonach ihr massenweises Auftretendirekt oder indirekt auf Wirkungen des Men-schen zurückzuführen wäre, konnte bestätigt

werden. Man nimmt heute an, dass die Dornen-

kronen zu den anscheinend brutalen, aber wirk-samen Massnahmen der Natur gehören, umdem Ökosystem des Korallenriffes die Chancezu einem völligen Neubeginn zu geben. Ver-suche, ihre Zahl zu kontrollieren, schlugendurchwegs fehl. Eine Zeitlang wurden Taucherangestellt, um den Stachelseesternen Kupfersul-

fat einzuspritzen und sie auf diese Weise abzu-töten. Ein gut trainierter Mann kann pro Stundeetwa 150 Tiere erlegen. Mit diesem sehr kost-spieligen Verfahren wurden in Okinawa innertzehn Jahren etwa zehn Millionen Dornenkro-nen zerstört. Dies hatte aber nur kurzfristigeWirkungen auf die Population, da man durchAbtöten der adulten Tiere ökologische Nischenfür Jungtiere schaffte, die sonst zugrunde ge-gangen wären. Auch ohne menschliche Inter-vention verlassen die Seesterne ein gegebenesRiff, sobald es keine Nahrung mehr bietet.

Merkwürdigerweise werden gewisse Riffeimmer wieder heimgesucht, sobald sich eineneue Polypenpopulation darauf etabliert hat;andere werden verschont. Es ist auch völlig un-bekannt, wie die Tiere von Riff zu Riff migrie-ren: bisher fehlte ein verlässliches Verfahren,um sie zu markieren. Man kann sie nämlichnicht anfärben, Ringe oder Drahte werfen sieab, Arme oder Stacheln, die abgeschnitten wur-den, wachsen in kurzer Zeit nach. Mitarbeiterdes Australian Institute of Marine Science(AIMS) bei Townsville (Queensland) haben nuneinen miniaturisierten Transponder entwickelt,der injiziert wird und auch langfristig im Kör-per verbleibt. Das System wirkt als aktives Echo,sobald es die von einem speziellen Radiosenderabgestrahlten Signale empfängt. Die nun mög-lich gewordenen Migrationsstudien haben abererst begonnen.

in Kopf, Brust und Hinterleib unterteilt (sieheAbb. 2). Die Flugmuskeln, welche die Wärmeproduzieren, befinden sich in der Brust, diedurch einen dichten «Pelz» gut gegen Wärme-verlust geschützt ist. Das Herz im Hinterleib, dernicht durch Muskeln erwärmt wird und wenigergut abgedichtet ist, pumpt durch eine am Endeoffene Aorta relativ kaltes Blut in die Brust. DasBlut fliesst frei durch die Gewebe, erwärmt sichund gelangt schliesslich in den Hinterleib zu-rück. Mit anderen Worten, warmes Brustblutund kaltes Hinterleibblut fliessen in entgegenge-setzter Richtung durch die enge Taille, nurdurch die dünne Wand der Aorta getrennt Na-türlich findet Wärmeaustausch statt, und zumin-dest ein Teil der Wärme wird in die Brust zu-rücktransportiert. Bei kalten Lufttemperaturenverringert dieser Mechanismus den Wärmever-lust.

Mit einer geringfügigen Änderung kanndiese Funktion ausser Kraft gesetzt und derWärmeverlust vergrössert werden. Dies wird er-reicht, indem die beiden Blutströme nicht mehrgleichzeitig, sondern abwechselnd durch denEngpass geschickt werden (siehe Abb. 2). Da-durch verringert sich der Kontakt zwischenwarmem und kaltem Blut. Dieser regulierbareMechanismus erlaubt der Hummel, bei Luft-temperaturen zwischen 0 und 35 °C zu fliegen.Über diesen Bereich bleibt die Brusttemperaturannähernd gleich, und die Hinterleibtemperaturerhöht sich mit der Lufttemperatur.

Natürlich muss bei tiefen Lufttemperaturendie Muskulatur zuerst aufgewärmt werden, 6e-vor die Hummel losfliegen kann. Dazu werdenFlügel und Muskeln entkoppelt. Die Muskeln vi-brieren und produzieren Wärme, ohne dass sichdas Tier bewegt. Der gleiche Mechanismus wirdauch für die Wärmehaltung des Nestes ausge-nützt. Besonders im Frühling, wenn die Aussen-temperaturen niedrig sind, sitzt die Königinhäufig die ganze Nacht auf ihrem Gelege undbebrütet es. Die Wärme wird durch die entkop-pelte Flugmuskulatur erzeugt und in den Hin-terleib kanalisiert, dessen haarlose Unterseite andas Gelege gepresst wird.

Das Fliegen, das Aufwärmen der Muskula-tur und das Bebrüten sind energetisch aufwen-dige Prozesse. Als einziger «Treibstoff» stehtder Hummel Nektar zur Verfügung, der in win-zigen Portionen über unzählige Blumen zer-streut ist. Es überrascht nicht, dass sich dieHummel oft am Rande einer Energiekrise befin-det und dass ein möglichst optimales Einsam-meln von höchster Bedeutung ist.

Einzelinitiative führt zum Gesamtwohl

Wie kann eine Kolonie von sozialen Insek-ten Qualität und Menge der Nahrung, die durchviele verschiedene Arbeiterinnen gesammeltwird, optimieren? Der Begriff «Ameisenstaat»hat einen abschätzigen Beigeschmack und wirdetwa als Analogie zu einem kommunistischenStaat verwendet, wo das Individuum durch einestarke, zentralisierte Autorität gesteuert wird.Oder ein Insektenstaat wird mit einer absolutenMonarchie verglichen, mit der Königin als Al-leinherrscherin. Letzterer Vergleich hat eine ge-wisse Gültigkeit, was die Fortpflanzung anbe-trifft. Die Kolonie enthält in der Regel eine ein-zige Königin, die sich bei einigen Arten ihreStellung mit Gewalt erobern muss. Die Entste-hung solcher Dominanzordnungen wurde vorrund 180 Jahren zum erstenmal bei Hummelnbeschrieben, durch den Schweizer Pierre Huberund den Österreicher Eduard Hoffer. Erst indiesem Jahrhundert wurden ähnliche Beobach-tungen an Hühnern gemacht und sind unter dem

Begriff «Hackordnung» in die Alltagsspracheeingegangen.

Wie jedoch Bernd Heinrich zeigen konnte,beruht das Einsammeln von Nektar und Pollen,zumindest bei Hummeln, ausschliesslich aufEinzelinitiative. Auf ihren ersten paar Flügenbesucht eine frisch geschlüpfte Hummelarbeite-rin eine Anzahl verschiedener Blüten und lerntso das momentane Angebot kennen. Sie spezia-

lisiert sich dann auf die zurzeit profitabelste Blu-me. In der Regel besucht sie zusätzlich einezweite, seltener eine dritte Blume. Fällt der Er-trag der ersten Blume unter einen bestimmtenWert, weicht die Hummel auf die anderen Blu-men aus. Während ihres kurzen Lebens (2-4Wochen) konzentriert sich also eine individuelleHummel auf ein paar wenige Blumen. Dadurcherhöht sich natürlich ihre Ausbeute; jede Blumeist etwas verschieden gebaut, und rationellesAusbeuten des Nektars erfordert eine gewisseÜbung.

Die nächste Hummel, die ein paar Tage spä-ter schlüpft, findet möglicherweise ein leicht ver-ändertes Angebot (ein paar Blüten sind ver-welkt, die Gesamtheit der nektarsuchenden In-sekten hat das Angebot beeinflusst). Sie wirdwieder die momentan ergiebigsten Blüten be-vorzugen. Dieser Vorgang wiederholt sich wäh-rend des ganzen Sommers und erlaubt einerKolonie, eine grosse Vielfalt verschiedener Blu-mentypen auszubeuten, ohne dabei auf die Vor-teile der Arbeitsteilung zu verachten. Die mehroder weniger kontinuierliche Produktion neuerArbeiterinnen, die selbständig das gegenwärtigeAngebot überprüfen, gewährleistet eine Anpas-sung der Gesamtkolonie an das sich verän-dernde Nahrungsangebot.

Nicht alle sozialen Insekten verhalten sichso. Wie Karl von Frisch gezeigt hat, besitzen Ho-nigbienen ein hochentwickeltes System des In-formationsaustausches. Kundschafterbienen tei-len der Kolonie mit, wo sie eine neue Futter-quelle entdeckt haben. Ist diese ergiebig, kon-zentriert sich bald ein beträchtlicher Teil derKolonie auf deren Ausbeutung. Dieser Unter-schied zu den Hummeln hängt möglicherweise

mit der tropischen Herkunft der Honigbienen zu-sammen. In den Tropen ist das Nahrungsange-

bot reicher und häufig konzentrierter, zum Bei-spiel auf Bäumen mit Tausenden von Blüten.Hier scheint es vorteilhaft, wenn der Standort

Anzeige REX579355H

Der zuverlässig

Economy

Das Profilsystem für leichte,flächenbündige Türen

Jansen AG. 9463 Oberriet SGStahlröhren- und Sauerstoff -Werke. KunststoffwerkTelefon 071/780 111, Telex 77 159. Telefax 071/78 22 70

JANSENNeue Zürcher Zeitung vom 18.06.1986

Page 2: 67Hummel_1.6506379.pdfKatzen und Klee Charles Darwin beobachtete, dass Hummeln eine wichtige Rolle bei der Bestäubung von Rotklee spielen. Er wusste ferner, dass Mäuse oft Hummelnester

138/6868 Mittwoch, 18. Juni 1986 Nr. 138

FORSCHUNG UND TECHNIK ülcitt ,3iirri)cr Jciluiiji

einer neuen Quelle anderen Koloniemitgliedernmitgeteilt wird, bevor er von Konkurrenten ent-deckt und ausgebeutet wird. Die grosse Zahl derArbeiterinnen in einem Bienenstock(40 000-80 000) ermöglicht eine rasche undgründliche Ernte dieser Bonanza. Im typischen

Habitat der Hummel (zum Beispiel Moor oderHeide) ist das Angebot weit zerstreut über vieleeinzelne, relativ unergiebige Blumen.

Einige stachellose Bienen, ebenfalls in denTropen, gehen sogar so weit, eine gefundeneNahrungsquelle gegen Konkurrenten zu vertei-digen. Natürlich lohnt sich auch dieses Verhal-ten nur für reiche Nahrungsquellen, die auf en-gem Raum konzentriert sind, wie zum Beispiel

die Blüten von Bananenstauden.

koevolution von Hummeln und Blumen

Das Schicksal von Blumen und Hummeln(und anderen Blütenbestäubern) ist eng mitein-ander verknüpft. Blüten liefern Nektar und Pol-len; davon ernährt die Hummel sich und ihreBrut. Sie lässt sich vom momentanen Angebot

leiten und besucht jene Blumenarten, die zurzeitam ergiebigsten sind. Sie steht im Wettbewerbmit vielen anderen Hummelkolonien, mit Bie-nen und verschiedenen anderen Insekten.

Die Blume ihrerseits bedient sich der Hum-mel als eines Kopulationsorgans; Blütenstaub(Pollen) wird von einer Blüte auf die nächsteübertragen und befruchtet dort das weiblicheOrgan. Das funktioniert natürlich am besten,wenn die Hummel über längere ZeitstreckenBlüten derselben Art besucht. Die verschiede-nen Blumen konkurrieren also ebenfalls, undzwar um den Besuch von Hummeln und ande-ren Insekten. Als «Lohn» bieten sie Nektar undPollen an. Ist ihr Angebot zu tief, besuchen dieInsekten andere, ergiebigere Blüten. Anderseitsdarf das Insekt nicht durch eine oder wenige

Mahlzeiten gesättigt werden, es soll ja fleissig

weitere Blüten derselben Art besuchen und so

Bestäubung ermöglichen. Dieser mittlere Werthängt von der Grösse des Tieres ab. Fledermäuseund Kolibri, die ebenfalls Blüten bestäuben, be-nötigen dazu mehr Energie als Hummeln, dieihrerseits höhere Ansprüche als Fliegen steilen.Die Blüten des Saguaro-Kaktus, die durch Fle-dermäuse besucht werden, produzieren rund 5

Milliliter Nektar, die meisten Bienenblumenetwa 50 OOOmal weniger.

Wie aber wird «Kundentreue» der Bestäubererreicht? Im wesentlichen durch verschiedeneVerpackung des Angebotes. Indem eine Hummelsich auf einen Blütentyp konzentriert, steigert

sich ihr Gewinn pro Zeiteinheit auch bei gleich-bleibendem Nektargehalt der einzelnen Blüte.Bei jedem Wechsel auf eine neue Blumenartmuss sie eine neue Lehrzeit durchlaufen, wäh-rend der ihre Ausbeute relativ gering ist. Wiebeim Menschen nimmt auch bei Hummeln dieBereitschaft umzusatteln mit zunehmendem Al-ter ab. Der Aufwand im Verhältnis zum noch zuerwartenden produktiven Alter verringert sichkontinuierlich. Die Artentreue der Bestäuberwird dadurch erleichtert, dass sich verschiedeneBlumen durch Form, Farbe (auch im ultravio-letten Bereich) und Geruch unterscheiden.

Verschiedene Blumenarten verringern gegen-seitige Konkurrenz auch dadurch, dass sie ihreBlütenperioden zeitlich staffeln. Für Hummelnund Bienen hat dies einen vorteilhaften Seiten-effekt: die Zeit, während der sie erfolgreichNektar und Pollen sammeln können, dehnt sichdadurch aus.

Blumen und Hummeln sind also aufeinanderangewiesen, und sie scheinen sich gegenseitig zuhelfen. Es wäre jedoch falsch, daraus auf altrui-stische Eigenschaften der beiden Partner zuschliessen. Ein realistischer Vergleich wäre dereiner freien Marktwirtschaft, wo viele Verkäuferum die Gunst vieler Käufer werben und woSelbstnutz, das heisst Optimierung des eigenenProfites, das Leitmotiv ist. Besonders deutlich

zeigt sich das in Fällen, wo einer der Partnerbetrügt. Es gibt zum Beispiel Blumenarten, diekeinen Nektar produzieren, deren Blüten je-doch eine grosse Ähnlichkeit mit einer anderen,nektarproduzierenden Art aufweisen und des-halb ebenfalls besucht werden. Anderseits beis-sen kurzrüsslige Hummeln ein Loch durch denlangen Kelch gewisser Blumen, um an den Nek-tar zu gelangen. Dadurch vermeiden sie aberBerührung mit dem Pollen, und die nächsteBlüte kann nicht bestäubt werden.

Hummeln und das Gleichgewicht der Natur

Diese überaus verwickelten, gegenseitig ab-gestimmten Beziehungen zwischen Hummelnund Blumen, wie sie in ähnlichem Masse beivielen anderen Organismen beobachtet werdenkönnen, verleiten viele Naturbeobachter dazu,in einem Ökosystem, etwa einem Wald, einerWiese, einen voll integrierten Organismus zu se-hen. Ein solcher Vergleich wäre irreführend.Entfernen wir ein Organ, wie das Herz oder dieLeber, aus einem Organismus, sind die Schädentiefgreifend und häufig tödlich. Entfernen wireine Art aus einem Ökosystem, sind die Folgenschwer voraussagbar und schwanken zwischenklar ersichtlich und nur dem Experten erkenn-bar. Der Grund dafür ist, dass obligatorische,monopolistische Beziehungen zwischen zwei Ar-ten selten sind und ihre Aneinanderreihungüber mehrere Ernähmngsstufen (z. B. Pflanze -Pflanzenfresser - Räuber) praktisch nie vor-kommt. Eine Blumenart bedient sich in der Re-gel mehrerer, verschiedener Bestäuber, und eineHummelkolonie verlässt sich nicht auf eine ein-zige Blumenart.

Auch Darwin ist im anfangs erwähnten Fallder Versuchung verfallen, eine eindeutige, klareBeziehung zwischen einer Ursache und ihrenAuswirkungen im Ökosystem zu erwarten.Wohl zutreffender sind die Überlegungen eines

Krankmachende Haustierenxe. Die relativ häufig vorkommende Aller-

gie auf Katzen wird entgegen der landläufigenMeinung nicht direkt durch Katzenhaare verur-sacht. Das Allergen ist vielmehr ein Protein, dasim Speichel der Katzen vorkommt. Die Übertra-gung dieses Eiweissstoffes erfolgt allerdingsdurch Katzenhaare. Gefährlich sind vor allemwinzige Haarfragmente, die in der Raumluftschweben und eingeatmet werden. Die von denTieren sorgfältig durchgeführte «Katzen-wäsche» sorgt dafür, dass der Pelz stets voll-ständig mit dem Allergen imprägniert ist.

anderen britischen ökologen, John Elton, ausdem Jahre 1930: «Es wird behauptet, dass,wenn wir mehr über die ökologischen Beziehun-gen zwischen Tieren wüssten, wir die Folgenjeder Störung genau voraussagen könnten, wieein Uhrmacher berechnen kann, wie die Ge-schwindigkeit eines Rädchens die aller anderenRädchen beeinflusst. Gleichzeitig wird ange-nommen, dass eine ungestörte Gemeinschaft ineiner gewissen Harmonie lebt, bezeichnet alsGleichgewicht der Natur>;. Dieser Vergleich hatden Vorteil, verständlich und eine anscheinendlogische Folge der natürlichen Selektion zu sein.Er hat den Nachteil, dass er falsch ist. EinGleichgewicht der Natur gibt es nicht und hat esvielleicht nie gegeben. Der Vergleich mit einemUhrwerk wäre vertretbar, wenn wir annähmen,dass ein grosser Teil der Rädchen ihre eigene

Antriebsfeder besässen. Ferner behält sich jedes

Rädchen das Recht vor, sich aufzumachen undin einer anderen Uhr niederzulassen, nur umdort weitem Unfug zu stiften. Manchmal rollteine ganze Schar von Rädchen gemeinsam auseiner Uhr, ohne ersichtlichen Grund, ausservielleicht so schnell wie möglich die Verwir-rung, in der sie lebten, hinter sich zu lassen.»

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Neue Zürcher Zeitung vom 18.06.1986