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100 7. Klinisch-psychologische Diagnostik: Allgemeine Gesichtspunkte Christa Reinecker-Hecht und Urs Baumann Inhaltsverzeichnis 1. Funktionen der klinisch-psychologischen Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 2. Diagnostische Konzepte . . . . . . . . . . . . . . . 102 2.1 Diagnostischer Prozeß – Diagnostik als . . . Problemlöseprozeß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 2.2 Eigenschaftsdiagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . 102 2.3 Verhaltensdiagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 2.3.1 Grundlagen der Verhaltensdiagnostik . . . 103 2.3.2 Schemata zur Verhaltensanalyse . . . . . . . 104 2.3.3 Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 2.4 Verknüpfung Eigenschaftsdiagnostik und Verhaltensdiagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 3. Veränderungsmessung . . . . . . . . . . . . . . . . 107 4. Multimodalität als Grundprinzip der Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 4.1 Multimodalität: Datenebenen . . . . . . . . . . . . 109 4.2 Multimodalität: Datenquellen . . . . . . . . . . . . 109 4.3 Multimodalität: Untersuchungsverfahren . . . 110 4.3.1 Systematik der Untersuchungsverfahren . . . 110 4.3.2 Psychologische Tests und andere Formen der Datengewinnung . . . . . . . . . . . . . . . . 111 4.3.3 Individualdiagnostik versus Diagnostik interpersoneller Systeme . . . . . . . . . . . . . . 111 4.3.4 Datenerfassung im natürlichen Umfeld: Felddiagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 4.4 Multimodalität: Konstrukte . . . . . . . . . . . . . . 112 4.5 Zur Problematik der Multimodalität . . . . . . 113 5. Schlußbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 6. Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 1. Funktionen der klinisch- psychologischen Diagnostik In der Psychologischen Diagnostik werden fä- cherübergreifende Fragen der Diagnostik bear- beitet (Amelang & Zielinksi, 1994; Butcher, Graham, Haynes & Nelson, 1995; Fisseni, 1990; Jäger & Petermann, 1995; Rost, 1996). Aus der Optik einzelner Teildisziplinen der Psychologie ergeben sich aber auch spezifische Probleme. In diesem Beitrag sollen Aspekte der klinisch- psychologischen Diagnostik behandelt werden; dazu werden zuerst die unterschiedlichen Funk- tionen und Ziele klinisch-psychologischer Dia- gnostik dargestellt (Überblicksliteratur zur kli- nisch-psychologischen Diagnostik: Maruish, 1994; Stieglitz & Baumann, 1994b; Goldstein & Hersen, 1991). Gemäß Perrez (1985; vgl. auch Kanfer & Nay, 1982) können der klinisch-psychologi- schen Diagnostik folgende Funktionen zuge- ordnet werden: Beschreibung, Klassifikation, Erklärung, Prognose, Evaluation. Diese Funk- tionen können sich auf Einzelpersonen, aber auch auf interpersonelle Systeme (PartnerIn, Familien, Gruppen, Organisationen) bezie- hen; sie sind für Forschung und Praxis gültig. Je nach Funktion und Ziel sind unterschiedli- che diagnostische Konzepte und Prozesse und nicht zuletzt unterschiedliche Untersu- chungsverfahren sinnvoll. • Beschreibung: Beschreibung ist die Ausgangs- basis der übrigen Funktionen (Klassifikation etc.). Es wird das oder die Probleme bzw. die Störung(en) einer Person oder eines inter- personellen Systems in ihrer Art, Ausprägung

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7. Klinisch-psychologische Diagnostik:Allgemeine GesichtspunkteChrista Reinecker-Hecht und Urs Baumann

Inhaltsverzeichnis1. Funktionen der klinisch-psychologischen

Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100

2. Diagnostische Konzepte . . . . . . . . . . . . . . . 1022.1 Diagnostischer Prozeß – Diagnostik als . . .

Problemlöseprozeß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1022.2 Eigenschaftsdiagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . 1022.3 Verhaltensdiagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1022.3.1 Grundlagen der Verhaltensdiagnostik . . . 1032.3.2 Schemata zur Verhaltensanalyse . . . . . . . 1042.3.3 Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1062.4 Verknüpfung Eigenschaftsdiagnostik und

Verhaltensdiagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . 107

3. Veränderungsmessung . . . . . . . . . . . . . . . . 107

4. Multimodalität als Grundprinzip derDiagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108

4.1 Multimodalität: Datenebenen . . . . . . . . . . . . 1094.2 Multimodalität: Datenquellen . . . . . . . . . . . . 1094.3 Multimodalität: Untersuchungsverfahren . . . 1104.3.1 Systematik der Untersuchungsverfahren . . . 1104.3.2 Psychologische Tests und andere Formen

der Datengewinnung . . . . . . . . . . . . . . . . 1114.3.3 Individualdiagnostik versus Diagnostik

interpersoneller Systeme . . . . . . . . . . . . . . 1114.3.4 Datenerfassung im natürlichen Umfeld:

Felddiagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1124.4 Multimodalität: Konstrukte . . . . . . . . . . . . . . 1124.5 Zur Problematik der Multimodalität . . . . . . 113

5. Schlußbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113

6. Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114

1. Funktionen der klinisch-psychologischen Diagnostik

In der Psychologischen Diagnostik werden fä-cherübergreifende Fragen der Diagnostik bear-beitet (Amelang & Zielinksi, 1994; Butcher,Graham, Haynes & Nelson, 1995; Fisseni, 1990;Jäger & Petermann, 1995; Rost, 1996). Aus derOptik einzelner Teildisziplinen der Psychologieergeben sich aber auch spezifische Probleme.In diesem Beitrag sollen Aspekte der klinisch-psychologischen Diagnostik behandelt werden;dazu werden zuerst die unterschiedlichen Funk-tionen und Ziele klinisch-psychologischer Dia-gnostik dargestellt (Überblicksliteratur zur kli-nisch-psychologischen Diagnostik: Maruish,1994; Stieglitz & Baumann, 1994b; Goldstein& Hersen, 1991).

Gemäß Perrez (1985; vgl. auch Kanfer &Nay, 1982) können der klinisch-psychologi-schen Diagnostik folgende Funktionen zuge-ordnet werden: Beschreibung, Klassifikation,Erklärung, Prognose, Evaluation. Diese Funk-tionen können sich auf Einzelpersonen, aberauch auf interpersonelle Systeme (PartnerIn,Familien, Gruppen, Organisationen) bezie-hen; sie sind für Forschung und Praxis gültig.Je nach Funktion und Ziel sind unterschiedli-che diagnostische Konzepte und Prozesse undnicht zuletzt unterschiedliche Untersu-chungsverfahren sinnvoll.

• Beschreibung: Beschreibung ist die Ausgangs-basis der übrigen Funktionen (Klassifikationetc.). Es wird das oder die Probleme bzw. dieStörung(en) einer Person oder eines inter-personellen Systems in ihrer Art, Ausprägung

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7. Klinisch-psychologische Diagnostik: Allgemeine Gesichtspunkte 101

usw. erfaßt. Dabei müssen in der klinischen Pra-xis die Laienaussagen (Beschwerden und Kla-gen) in spezifische Diagnostik-Fragen übersetztwerden (Kanfer & Nay, 1982). Abhängig vonder theoretischen Ausrichtung und den Zielendes Diagnostikers gestalten sich Modus der Er-fassung und Beschreibung der Probleme; imstörungsbezogenen Teil B dieses Buches (jeweilsdie Kapitel Klassifikation, Diagnostik) sind fürverschiedene Bereiche diagnostische Verfahrenangeführt, die der Beschreibung von psychi-schen Störungen dienen. Zu unterscheiden istzwischen der Beschreibung des Ist-Zustandesund der Beschreibung der Veränderung; dieseerfolgt meist durch Differenzenbildung zwi-schen den Meßzeitpunkten; es ist aber auch diedirekte Veränderungsmessung möglich (Bsp.«Ich habe mehr/weniger/gleichviel Kopfwehwie vor drei Wochen»; Stieglitz & Baumann,1994a).

• Klassifikation: Aufbauend auf Patienten-beschreibungen werden im klinischen Bereichmeist Zuordnungen zu Klassifikationssystemengetroffen (z.B. ICD-10; DSM-IV; zum ThemaKlassifikation s. Kap. 3/Wissenschaftstheorie:Klassifikation; Kap. 6/Klassifikation; Möller,1994). Diese Zuordnung kann mittels explizi-ten (z.B. DSM-IV ) oder impliziten Zuordnungs-regeln (z.B. ICD-10: Version klinisch-diagnosti-sche Leitlinien) erfolgen. Wenn auch imklinischen Sektor unter Klassifikation meist diePatientenzuordnung zu einer diagnostischenEinheit verstanden wird, ist der Klassifikations-vorgang nicht nur auf diese Variante be-schränkt (z.B. Zuordnung zu Intervention). Inder Medizin wird Diagnostik oft mit Klassifika-tion (Diagnosenzuordnung) gleichgesetzt; die-se Aufgabe stellt aber nur eine Funktion der Dia-gnostik dar.

• Erklärung: Wie Westmeyer im Kapitel zurWissenschaftstheorie (Kap. 3/Westmeyer) zeigt,gibt es unterschiedliche Erklärungsansätze. Dieklinisch-psychologische Diagnostik sucht zur Er-klärung psychischer Störungen beizutragen, in-dem sie die dazu notwendigen Daten so um-fassend und präzise wie möglich bereitstellt.Diese Daten können dabei mögliche Erklärun-gen unterstützen oder ausschließen helfen (zumThema Erklärung s. auch Kap. 9/Ätiologie, Be-dingungsanalyse: methodische Gesichtspunkte).

• Prognose: Klinisch-psychologische Diagnostikträgt zur Vorhersage von Verläufen psychischerStörungen bei, wobei es sich um Verläufe mitoder ohne Intervention handeln kann. Die Pro-gnose von Interventionsverläufen beinhaltetAussagen zur Erfolgswahrscheinlichkeit vonTherapien (Perrez, 1985), ein Forschungsgebiet,das auch unter dem Stichwort Prädiktor-forschung bekannt ist. Den theoretischen Rah-men für die Prädiktion bilden Theorien zur Ent-stehung, Aufrechterhaltung und Veränderungvon psychischen Störungen. Zu berücksichti-gende Prädiktorvariablen sind Merkmale vonPatientInnen, TherapeutInnen (inkl. Technik-variablen), Situationen (Zeitplan, Setting-variablen) und Interaktionen. Die Diagnostikvon Prädiktormerkmalen erfordert daher einekomplexe Forschungsstrategie.

• Evaluation: Im klinischen Sektor spielen Be-wertungen eine besonders große Rolle und sindfür einzelne Interventionen, aber auch Versor-gungssysteme vorzunehmen (s. Baumann &Reinecker-Hecht, 1986; s. auch Kap. 20/Metho-dik der Interventionsforschung). Meist basie-ren Bewertungen in der Interventionsforschungauf Veränderungsmessungen (Prozeßanalyse).Indikationsaussagen (unter Randbedingung X istIntervention Y sinnvoll) stellen bewertete Ve-ränderungsaussagen dar (vgl.unten: Verlaufs-kontrolle, Veränderungsmessung).

Während im deutschen Sprachbereich derBegriff Diagnostik verwendet wird, finden wirim englischsprachigen Raum für die klinischeDiagnostik häufiger den Begriff Assessment bzw.Behavioral Assessment (z.B. Kanfer & Nay,1982;Maruish, 1994). Mit Behavioral Assessmentwird die Verhaltensdiagnostik umschrieben.

Wenn dieser auch vergleichbare Ziele wie derallgemeinen klinischen Diagnostik zugeordnetwerden können (Beschreibung, Klassifikation,Erklärung, Prognose, Evaluation), so wird beider Verhaltensdiagnostik stärker die Orientie-rung am konkreten Verhalten und die Verbin-dung zur Intervention betont (Reinecker, 1994).Eine interventionsbezogene Diagnostik umfaßtverschiedene Fragestellungen: Zuweisung zu ei-ner diagnostischen Kategorie, Erfassung spezi-eller Fertigkeiten und Ressourcen, Transforma-tion von vagen Beschwerden in konkreteFragestellungen, Vorhersage künftiger Verhal-tensweisen unter speziellen Bedingungen, Aus-

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102 A. Störungsübergreifender Teil II: Klassifikation, Diagnostik

wahl und Geeignetheit bestimmter Interven-tionsformen, aktiver Einbezug des Patienten inden diagnostischen Prozeß, Therapieplanungund Effektivitätskontrolle; die Diagnostik kannauch eine Interventionsmethode per se (z.B.Selbstaufzeichnungen) darstellen.

2. Diagnostische Konzepte

2.1 Diagnostischer Prozeß –Diagnostik als Problemlöseprozeß

Das Ziel des diagnostischen Prozesses ist die Be-antwortung psychologischer Fragestellungenund das Bereitstellen von Entscheidungsgrund-lagen im Rahmen eines Problemlöseprozesses. Einrelativ einfaches, aber immer noch gültiges Ab-laufschema für den diagnostischen Prozeß er-stellte Kaminski (1970; Steller, 1994) mit denfolgenden Handlungsschritten: Fragestellung,Datenerhebung, Diagnose, Beratung – Behand-lung – Gutachten.

Die für die unterschiedlichen diagnostischenZiele formulierten Aussagen bzw. Entschei-dungen (z.B. Indikationsdiagnostik, also Zuord-nung einer Person zu einer bestimmten Be-handlung, Auswahl und Selektion einer Personfür bestimmte Aufgaben etc.) werden in einemkomplexen diagnostischen Prozeß gewonnen(Jäger & Petermann, 1995).

Die Ergebnisse einer diagnostischen Untersu-chung haben dabei Hypothesencharakter undsind ohne Rückgriff auf die unterschiedlichenWissensspeicher wie Fachwissen, Berufserfah-rung und persönliche Erfahrung nicht denkbar(Kaminski, 1970).

Andererseits dienen diagnostische Untersu-chungen dazu, wissenschaftlich begründeteHypothesen zu überprüfen (Steller, 1994).Einzelfalldiagnostik besteht im wesentlichen«in einem systematischen hypothesengeleite-ten Suchprozeß nach Diskrepanzen zwischenverschiedenen Reaktionsebenen oder Verhal-tensbereichen» (Steller, 1994, S. 45,46); mögli-che Diskrepanzen werden dann einer problem-bezogenen Interpretation unterzogen.

Bei der klinisch-psychologischen Interven-tionsdiagnostik haben wir eine ständige Über-prüfung und Rückkoppelung von Hypothesenund Interventionsschritten, was einem dyna-

mischen (rekursiven) Problemlöse- und Ent-scheidungsprozeß (Kanfer & Busemeyer, 1982)entspricht (vgl. auch Abschnitt zur Verlaufs-diagnostik).

Auf die Vielzahl der mit dem diagnostischenProzeß zusammenhängenden Probleme, diezum größeren Teil für alle diagnostischen Fel-der von Bedeutung sind, kann in diesem Lehr-buch nicht eingegangen werden (vgl. Amelang& Zielinsky, 1994; Steller, 1994). Dies gilt auchfür die Kontroverse statistische versus klinischeUrteilsbildung (vgl. Wiggins,1973), die zwei un-terschiedliche Wege der diagnostischen Ent-scheidungsfindung (Diagnose-Stellung) betrifft.Dabei unterscheiden sich die beiden Variantendurch die «Expliziertheit der Regeln sowohl derDatenerhebung als auch der Datenkombi-nation» (Fisseni, 1990, S. 257). Trotz des Begrif-fes «klinisch» handelt es sich bei dieser Kontro-verse nicht um ein spezifisches klinischesProblem (klinisch als Kürzel für intuitiv).

2.2 Eigenschaftsdiagnostik

Die traditionelle Persönlichkeitsdiagnostik stellteine Eigenschaftsdiagnostik dar. Sie strebt dieVorhersage von Verhalten basierend auf zu-grundeliegenden Persönlichkeitseigenschaften(Traits) an, welche das individuelle Verhaltenweitgehend bestimmen. Die Annahme von Ei-genschaften, die weitgehend zeit- und situa-tionsunabhängig sind, benötigt keine Beob-achtung und Messung von Verhalten inverschiedenen Lebenssituationen. Wie die Aus-einandersetzung zwischen Mischel und Epsteingezeigt hat, stellen Eigenschaften Kennwertefür das durchschnittliche Verhalten dar; agglu-tinierte, d.h. über mehrere Tage aufsummierteWerte sind stabil und korrelieren deutlich mitEigenschaftswerten (Amelang & Bartussek,1997). Der theoretische Bezugsrahmen derEigenschaftsdiagnostik findet sich u.a. in denPersönlichkeitsmodellen Cattells und Eysencks;auch im Konzept der «big-five-Faktoren» findetsich die Eigenschaftsdiagnostik. Beim Eigen-schaftsansatz werden die Eigenschaften aus denItems des betreffenden Verfahrens, die eine Er-lebens- und Verhaltensstichprobe darstellen, er-schlossen; eine inhaltliche Interpretation dereinzelnen Items wird in der Regl nicht vorge-nommen. In Anlehnung an die Konzeption

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7. Klinisch-psychologische Diagnostik: Allgemeine Gesichtspunkte 103

Kasten 1Fallbeispiel für klassische Verhaltens-formel

Beispiel: Langeweile, Frustration, Einsamkeit(S) führt bei gleichzeitigem Zustand derÜberarbeitung und längerem Nicht-Essen(O) zu übermäßigem Nahrungskonsum (R),dies wird gefolgt von unterschiedlichen Kon-sequenzen (C) wie Wohlbefinden, Ablen-kung (C+), Wegfall von Ablenkung ( /C–) undWegfall körperlicher Mangelzustände ( /C–);diese kurzfristigen Konsequenzen folgenmeist auf das Problemverhalten (übermäßi-ger Nahrungskonsum); das heißt, es handeltsich um eine intermittierende Verstärkung,welche ein besonders löschungsresistentesVerhalten bewirkt.

Pawliks (1976) entspricht die Eigenschafts-diagnostik weitgehend den DimensionenStatusdiagnostik, normorientierte Diagnostik,Testen und Diagnostik als Messung. DieVerknüpfung der Testantworten mit den Eigen-schaften (Konstrukten) erfolgt meist formali-siert mittels der Faktorenanalyse. Meßtheo-retisch werden die meisten Verfahren desEigenschaftsansatzes durch die klassische Test-theorie fundiert. Bei den Verfahren der Eigen-schaftsdiagnostik stehen häufig die formalenGütekriterien (Itemkennwerte, Objektivität,Reliabilität) im Vordergrund; die Verankerungim Verhalten ist oft nur vage.

Im klinischen Sektor hat der Eigenschaftsan-satz vor allem in der Forschung sowie in derPraxis zur Beschreibung und Klassifikation psy-chischer Merkmale und zur Evaluation vonInterventionen große Verbreitung gefunden.Dem gegenüber steht jedoch der geringe Stel-lenwert dieser Ansätze bei der Realisierung the-rapeutischer Interventionen im Einzelfall. Umdie Nachteile des Eigenschaftsansatzes zu kom-pensieren, empfiehlt sich eine Kombinationmit der im folgenden angeführten Verhaltens-diagnostik (s. Abschnitt 2.3).

2.3 Verhaltensdiagnostik

2.3.1 Grundlagen derVerhaltensdiagnostik

Mit zunehmender Bedeutung der Verhaltens-therapie entwickelte sich auch die Verhaltens-diagnostik, die – ausgehend von einer genauenAnalyse des Problems und dessen Auftritts-bedingungen (Verhaltensanalyse) – Hinweisezur Entstehung, Erklärung und Aufrechterhal-tung eines Verhaltens sowie zu dessen Ände-rungsmöglichkeiten anstrebt. Wie in Abschnitt2.3.3 dargestellt, handelt es sich bei den Kon-zepten der Verhaltensanalyse um Heuristiken,die vorwiegend nach Kriterien der Brauchbar-keit und weniger nach formalen Gütekriterienbzw. wissenschaftlicher Überprüfung beurteiltwerden.

Entsprechend einem klassischen linearen Mo-dell stellten Kanfer und Saslow (1965) die so-genannte «Verhaltensformel» auf, bestehend ausden folgenden Bestimmungsstücken (s. Abb. 1):S für Stimulus-Bedingungen, O für Organis-

musvariable, R für Reaktion, KV für Kontin-genzverhältnis bzw. Verstärkungsplan (Bezie-hung zwischen Reaktion und Konsequenz) undC für Konsequenzen. Die Darbietung einer po-sitiven Konsequenz (positive Verstärkung; C+)oder die Entfernung einer negativen Konse-quenz (negative Verstärkung: /C–) erhöhen dieAuftrittswahrscheinlichkeit eines Verhaltens,während die Entfernung einer positiven Konse-quenz (Bestrafung, Löschung: /C+) oder dieDarbietung einer negativen Konsequenz (Be-strafung: C–) die Auftrittswahrscheinlichkeit desentsprechenden Verhaltens senken.

Die Analyse eines problematischen Verhal-tens mittels dieser «Verhaltensformel» wird inKasten 1 an einem einfachen Beispiel erläutert.

Ein zentraler Bestandteil der verhaltensthera-peutisch orientierten Problemanalyse ist diefunktionale Bedingungsanalyse eines Problems,d.h. die Suche nach Bedingungen (Auslöser,

S 0 R CStimulus Organismus- Reaktion Konsequenz

variable

KVKontingenzverhältnis

Abbildung 1: Klassische Verhaltensformel der Verhaltens-diagnostik

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104 A. Störungsübergreifender Teil II: Klassifikation, Diagnostik

Konsequenzen), die für das Problemverhaltenverantwortlich sind.

Als Ergebnis einer funktionalen Analyse wirdein hypothetisches Bedingungsmodell erstellt,das auch eine Grundlage für das konkrete Han-deln in der Therapie darstellt. Das Bedingungs-modell enthält Hypothesen über Zusammen-hänge von Bedingungen und Verhalten, die aufBeobachtungen und Theorien aufbauen; dieseHypothesen sollten einer wiederholten empiri-schen Überprüfung unterzogen werden. Dashypothetische Bedingungsmodell kann jedoch– auch durch eine erfolgreiche Therapie – nichtals wahr bestätigt werden (Reinecker, 1994);eine Ausnahme liegt bei einem experimentel-len «N=1 Versuchsplan» vor.

Ein entscheidender Aspekt einer funktiona-len Analyse ist die Auswahl dessen, was als Pro-blem in den Mittelpunkt der Analyse gestelltwird (Target-selection) und auch welche derunzähligen möglichen Bedingungen tatsäch-lich als Auslöser bzw. als relevante Konsequenz-bedingungen angesehen werden. In die Aus-wahl des Ansatzpunktes einer Analyse (welchesist das zu verändernde Problem?) fließen natur-gemäß normative Aspekte mit ein.

Zur Datenvorhersage wählt die Verhaltens-diagnostik direkte Messungen individuellerReaktionswahrscheinlichkeiten auf verschiede-ne Lebenssituationen (z.B. durch Fremdbeob-achtung in der natürlichen Umgebung, experi-mentelle Analogien und Simulation durchRollenspiel, Selbstbeobachtung des Verhaltensin natürlichen Situationen etc.). Dementspre-chend stellt ein Testverhalten in der Verhaltens-diagnostik einen Ausschnitt aus dem interes-sierenden Verhaltens dar. Nach Pawlik (1976)handelt es sich bei diesem Ansatz um Prozeß-diagnostik, kriteriumsorientierte Diagnostik,Inventarisieren und Diagnostik als Entschei-dungsgrundlage. Einen Überblick über dieGrundlagen des Verhaltensdiagnostik gebenu.a. Nelson und Hayes (1986) und Haynes undO’Brien (1990).

2.3.2 Schemata zur Verhaltensanalyse

Zum praktischen Vorgehen einer interventions-bezogenen Diagnostik gibt es unterschiedlicheSchemata, die sich alle an den Grundfragen vonKanfer und Saslow (1965) orientieren:

– Welche Verhaltensmuster bedürfen einer Än-derung? (Zielanalyse)

– Welches sind die Bedingungen, unter denendieses Verhalten erworben wurde undwelche Faktoren halten es momentan auf-recht? (Problemanalyse)

– Welches sind die Möglichkeiten, um die er-wünschten Veränderungen zu erzielen?(Therapieplanung)

In einer Weiterentwicklung des wegweisendenSchemas der Verhaltensanalyse von Schulte(1974) schlägt dieser (Schulte, 1996) neben derProblemstrukturierung (mit einer Diagnosenach ICD-10 oder DSM-IV) mehrere Bedin-gungsanalysen (Störungs-, Motivations- undBeziehungsanalysen) vor, um daraus die Thera-pieplanung inklusive therapiebegleitender Dia-gnostik abzuleiten.

Die Analyse eines kritischen Verhaltens kannauf verschiedenen Ebenen erfolgen: horizon-tale -, vertikale Ebene (Plananalyse) und System-ebene:

(1) Situative Verhaltensanalyse auf der horizonta-len Ebene. Bei der horizontalen Analyse einerIST-Situation steht die Suche nach funktiona-len Zusammenhängen auf der Ebene der vor-ausgehenden, begleitenden und nachfolgendenBedingungen im Vordergrund. Das problemati-sche Verhalten («target») wird als Funktion dervorausgehenden und nachfolgenden Bedin-gungen gesehen: V = f (vorher/nachher)

In Abbildung 2 wird deutlich, daß im Gegensatzzu den Anfängen der funktionalen Analyseheute der Schwerpunkt vermehrt auf komplexeInteraktionen zwischen verschiedenen, das(Problem-) Verhalten kontrollierenden Varia-blen gelegt (Horner, 1994) wird. Anstelle einfa-cher linearer Modelle finden dynamisch, rekur-sive Modelle Verwendung wie das in Abbildung 2dargestellte dynamische Selbstregulations-modell zeigt (Kanfer, Reinecker & Schmelzer,1996). Ein Beispiel zu diesem Modell findenwir in Kasten 2.

(2) Vertikale Verhaltensanalyse, Plananalyse. Inder vertikalen Verhaltensanalyse (Bartling et al.,1992; Caspar & Grawe, 1982 ) geht es um dieKlärung der Frage, welche übergeordneten Plä-ne, Ziele und davon abgeleiteten Regeln be-

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7. Klinisch-psychologische Diagnostik: Allgemeine Gesichtspunkte 105

stimmte Verhaltensweisen bedingen. Das Ver-halten ist dabei eine Funktion der Ziele undPläne: V = f (Ziele, Pläne).

Die Regeln und Pläne können unterschied-lich abstrakt und miteinander vernetzt sein.Nach Sammlung konkreter Verhaltensweisenwird auf induktivem Weg auf übergeordneteZiele/Pläne geschlossen (bottom-up); umge-

S AusgangssituationO Organismusvariable (Selbstregulationssystem)R problematisches VerhaltenC Konsequenzen

Kanfer und Karoly (1972) nennen drei Variablen-bereiche, die bei der Analyse des Verhaltens berück-sichtigt werden sollten:α: externe Variablen, situative Einflüsse,

beobachtbare Merkmale des Verhaltensβ: psychologische Person-Variablen wie Gedanken,

Erwartungen, Einstellungen (individuelle Lern-geschichte)

γ: biologisch-physiologische Variablen

CSαβγ

β

γ

αβγ

αβγ

R ((

(

vorher «target» nachher(diagnostisch-therapeutischer Ansatzpunkt)

Selbstregulations-System

Abbildung 2: Dynamische Selbstregulation – Modell inAnlehnung an Kanfer, Reinecker und Schmelzer (1966)und Reinecker (1997).

Beispiel: Eine (eßgestörte) Klientin kommtnach einem Arbeitstag nach Hause (Sα), siehat unterwegs Diät gehalten (Sγ), ist nun müdeund hat einen niedrigen Blutzuckerspiegel(Oγ): ihre Gedanken kreisen um einen einsa-men Abend, daß sie heute nicht wieder «ent-gleisen» will, aber daß doch im Kühlschranknoch Essen sein müsste (Oβ). Die Klientin ißtbeim offenen Kühlschrank (Rα), will sich zu-mindestens etwas gönnen (Rβ); sie verspürtkeinerlei Sättigungsgefühl (Rγ), erlebt vielmehrtotalen Kontrollverlust (Rβ). Nach Beendigungder «Freßattacke» fühlt sich die Klientin

schlecht durch übervollen Magen (Cγ–), erlebtmassive Schuld- und Versagensgefühle (Cβ–),schläft aber auf Grund von Erschöpfung baldein ( /Cγ–). Die Selbstvorwürfe (Sβ) am nächstenTag führen zu noch strengerer Diät (Sγ), wel-che aber dann wiederum von Fressattacken(Rα) zunichte gemacht wird und die Klientinzu immer stärkerer Selbstabwertung veran-laßt (Cβ–) und in Zusammenhang mit einerIrritation des Stoffwechsels und von Hunger-und Sättigungsregulation (Cγ), sowie Verstär-kungsmechanismen das Problemverhaltenaufrecht erhält.

Kasten 2Fallbeispiel für dynamisches Selbstregulations-Modell

kehrt kann in deduktiver Weise (top-down) aufder Basis übergeordneter Ziele/Pläne und Re-geln ein konkretes Verhalten vorhergesagt wer-den. Eine Überprüfung am konkreten Verhal-ten ist dabei immer wieder notwendig.

Der Plan (Plan-Analyse-Konzept: Caspar,1989) als zentrale Analyse-Einheit ist charak-terisiert durch das angestrebte Ziel und dieentsprechende Strategie (Mittel) zur Zielerrei-chung. Im Gegensatz zur horizontalen Verhal-tens-Analyse finden längerfristige Motivation,situationsübergreifende Lernprozesse und über-geordnete Ziele Berücksichtigung. Die Erstel-lung einer Planstruktur dient der Erfassung undder Beurteilung von Zielen, Regeln/Plänen undentsprechenden Verhaltensweisen, ihrer Stim-migkeit, Funktionalität, Rationalität etc. In Ab-bildung 3 ist ein vereinfachtes Beispiel dargestellt.

Als Schnittstelle zwischen horizontaler und ver-tikaler Verhaltensebene ist die Personvariable(Kanfer, Reinecker & Schmelzer, 1996) bzw. dasSelbstregulationssystem als Erweiterung undPräzisierung der ehemaligen O-Variable (Rein-ecker, 1997) anzusehen.

(3) Analyse von Systembedingungen. In der Ana-lyse der Systembedingungen (Bartling et al.,1992) stehen Fragen zur Struktur und Dynamikvon Systemen, die Identifikation problem- undsystemstabilisierender Regeln, Regelkonflikteaufgrund Zugehörigkeit zu verschiedenen Nor-mensystemen oder Konsequenzen der Struktur-diagnostik für weitere Therapieentscheidungen

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106 A. Störungsübergreifender Teil II: Klassifikation, Diagnostik

im Vordergrund (Kanfer, Reinecker & Schmel-zer, 1996). Das Verhalten ist dabei eine indirek-te Funktion der Systembedingungen (s. Abb. 4).

Systemdiagnostik soll unter anderem auch Ori-entierungshilfen zur Erfassung von Systemenin Familien-, Paar- und Einzeltherapie bieten.Eine mehrdimensionale Makro- bzw. System-analyse ist notwendig, um der Komplexitätmenschlichen Verhaltens, das in gegenseitigerWechselwirkung zu einem vielschichtigen Sy-stem steht, Rechnung zu tragen (Karoly, 1993);man sollte dabei jedoch einen mittleren Auf-lösungsgrad wählen, damit die Modelle einer-seits möglichst umfassend und andererseitspraktisch handhabbar sind.

2.3.3 Bewertung

Nach Horner (1994) sind unterschiedliche Stra-tegien der funktionalen Analyse je nach Frage-stellung, Anforderungen und Möglichkeiten

einzusetzen. Sie sollten aber in jedem Fall be-stimmte Standards erfüllen wie Operationali-sierung des Problemverhaltens, Identifikationvon Auslösebedingungen, Hypothesen überaufrechterhaltende Konsequenzbedingungenund direkte Verhaltensbeobachtungen, umHinweise auf die prinzipielle Bedeutung verhal-tenssteuernder Bedingungen zu erhalten.

Leitfäden (Schemata) der Verhaltensanalyse(Schulte,1974, 1996; Bartling et al., 1992; Kan-fer, Reinecker & Schmelzer, 1996) sind alsHeuristiken und zur Orientierung für das dia-gnostische Vorgehen anzusehen. Als Bewer-tungskriterium ist vor allem die Brauchbarkeitim diagnostisch-therapeutischen Prozeß zu se-hen (treatment utility); vorwiegend pragmati-sche Erwägungen des Diagnostikers führendazu, das eine oder andere Schema zu bevorzu-gen (Hayes, Nelson & Jarrett, 1987).

Obwohl die Verhaltensanalyse ein zentralesElement der Verhaltenstherapie darstellt, hatsich die umfangreiche verhaltenstherapeuti-sche Forschung vornehmlich mit der Evalua-

ZIELE/PLÄNE Attraktiv sein Karriere machen

REGELN um attraktiv zu sein, du dar fst keinemußt du schlank sein Fehler machen

VERHALTEN IN das Frühstück im Anschluß übermäßige Müdigkeit Leistungs-

SITUATIONEN wird ausgelassen an Einladung Beschäftigung abfallÜberessen mit Essen

Abbildung 3: Vertikale Verhaltensanalyse (- - -: Verhalten, das schlecht mit den Regeln/Zielen vereinbar ist)

gesellschaftliche Bedingungen(Freundinnen, Fitness, Schlankheit)

Enge Bindung an Herkunftsfamilie

berufliche Situation mit hohenLeistungsanforderungen

vernachlässigte Sozialkontakteund Freizeitaktivitäten

ESSSTÖRUNG

Partner, der aufFamiliengründungdrängt

Abbildung 4: Systemmodell

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7. Klinisch-psychologische Diagnostik: Allgemeine Gesichtspunkte 107

tion therapeutischer Methoden bei unter-schiedlichsten Fragestellungen beschäftigt. Derdirekten Evaluation der Diagnostik wurde be-deutend weniger Beachtung geschenkt (vgl.Hayes & Follette, 1992). Neuere Arbeiten zumfunktionalen Ansatz für Diagnose und Thera-pie und zum Stellenwert der Verhaltensanalyselassen jedoch interessante Weiterentwicklun-gen erwarten (Caspar, 1996b; Hayes et al., 1996;Fiedler, 1997; Schulte, 1993; Verhaltenstherapieund Verhaltensmedizin, 1997).

2.4 VerknüpfungEigenschaftsdiagnostik undVerhaltensdiagnostik

Eine strikte Gegenüberstellung von Eigen-schafts- und Verhaltensdiagnostik ist seit lan-gem nicht mehr haltbar (Westmeyer, 1994;Williams & Thompson, 1993); die DichotomieEigenschaftsansatz versus Situationismus ist inder Persönlichkeitsforschung im Interaktio-nismus aufgelöst worden. Klinisch-psychologi-sche Diagnostik muß sich daher an einem in-teraktiven Persönlichkeitsmodell orientieren,will sie ausreichend differenziert sein. Von da-her sind die Ansätze der Eigenschafts- und Ver-haltensdiagnostik miteinander zu kombinieren.Als Repräsentanten der Eigenschaftsdiagnostiksind neben den klassischen Tests vor allem dieDiagnosesysteme mit ihren Untersuchungsver-fahren (Margraf & Schneider, 1996; s. Kap.6/Klassifikation) zu nennen; dabei sindkonzeptuell Diagnosesysteme dem Eigen-schaftsansatz und nicht der Verhaltensdiagno-stik zuzuordnen. Nach Schulte (1993) kann derRückgriff auf klinische Diagnosen die Objekti-vität und Reliabilität der Verhaltensanalyseerhöhen. Der Prozeß der Hypothesenbildungwird wesentlich erleichtert, wenn aufgrund derDiagnosen auf gut ausgearbeitete und empi-risch abgesicherte Störungstheorien (z.B. Angst-störungen) zurückgegriffen werden kann; eben-so wird die Auswahl der Behandlungsstrategiedurch die Verbindung von Diagnosen mitStandardtherapien erleichtert (Fiedler, 1997).

Die Verhaltensanalyse dient der prinzipiellenHypothesenprüfung im individuellen Fall so-wie der individuellen Anpassung der störungs-spezifischen Therapie. Für eine indikations-orientierte Diagnostik ist eine Verknüpfung

nosologischer Diagnostik und auf Störungs-theorien aufgebauter Problemanalyse (Fiedler,1997), die eingebettet sein muß in einen größe-ren diagnostischen Kontext, am sinnvollsten(Caspar, 1996a; Kanfer, Reinecker & Schmelzer,1996). Ein derartiges Konzept wurde von Schul-te (1993, 1996) mit dem integrierten präskrip-tiven Modell der Problemanalyse vorgelegt.

3. Veränderungsmessung

Unabhängig von den diagnostischen Konzep-ten sind Fragen der Erfassung von Veränderun-gen von großer Bedeutung für die klinisch-psy-chologische Diagnostik (Gottman & Rushe,1993). Bezüglich der Veränderungsmessung (oftauch Prozessdiagnostik genannt) lassen sichgem. Stieglitz und Baumann (1994a) folgendeProblembereiche unterscheiden: AllgemeineRahmenbedingungen, meßtheoretische Fragenund Erhebungstechnologie.

Die Beurteilung von Veränderung ist von all-gemeinen Rahmenbedingungen abhängig. Zu nen-nen sind vor allem Gedächtnisprozesse, dienicht nur bei der Veränderungsmessung, son-dern auch bei einmaliger Datenerfassung vonBedeutung sind, da meist eine Beurteilung vonZeiträumen verlangt wird. Diese Beurteilungstellt vielfach die Basis für eine Veränderungs-berechnung dar, sofern nicht eine direkteVeränderungserfassung angestrebt wird (s. un-ten). Gerade bei verschiedenen psychischen Stö-rungen haben wir aber Gedächtnisbeein-trächtigungen, so daß bei Selbstbeurteilungenentsprechende Fehlervarianz einfließen kann.Im weiteren können sich bei der Veränderungs-messung die Beurteilungskriterien verändern,indem den Urteilskategorien zu unterschiedli-chen Zeitpunkten unterschiedliches Gewichtbeigemessen wird (z.B. gleiche Beschwerdenaus-prägung wird bei Therapieanfang als leicht, beiTherapieende als «mittel» erlebt). Neben Skalen-verschiebungen innerhalb eines Symptomberei-ches sind aber auch Verschiebungen in der Ge-wichtung einzelner Symptombereiche möglich,d.h. zu Beginn einer Therapie sind die Zielpräfe-renzen anders als nach drei Monaten Therapie.Die herkömmliche Veränderungserfassung läßtderartige Einflußgrößen unter die Fehlervarianzsubsumieren. Wünschenswert wären Verfahren,die diese Varianz inhaltlich berücksichtigen.

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108 A. Störungsübergreifender Teil II: Klassifikation, Diagnostik

Veränderungsmessung erfolgt meist mittelsVerfahren, die auf der klassischen Testtheoriebasieren. Wie verschiedentlich betont wurde(z.B. Rost, 1996), ist die klassische Testtheoriekeine adäquate Meßtheorie für die Verände-rungsmessung, da nach Rost (1996) vor allemfolgende Punkte nicht befriedigend gelöst sind:Reliabilität von Differenzwerten, Korrelationvon Ausgangswert und Differenzwert und Kon-struktkonstanz über die Zeit (erfaßt der Test zuallen Zeitpunkten identisches Konstrukt?).Meist werden bei der klassischen Testtheorie dieTestkennwerte (Trennschärfe, Konsistenz, Fak-torenanalyse etc.) nur für einen Zeitpunkt be-rechnet, auch wenn das Verfahren zur Verän-derungsmessung herangezogen werden soll.Notwendig wären aber Analysen für verschie-dene Zeitpunkte, wobei die Wahl der Zeitab-stände vom potentiellen Einsatzfeld abhängt.Trotz der berechtigten Einwände stellen aberdie mit der klassischen Testheorie entwickeltenVerfahren weiterhin den Hauptanteil bei derVeränderungserfassung. Letztlich werden diemeßtheoretischen Bedenken durch technolo-gische Argumente erwidert, indem auf dieNützlichkeit und Brauchbarkeit der Ergebnisseverwiesen wird. Konzeptuell bieten probabili-stische Ansätze (Rost, 1996) stringentere Lösun-gen für die Veränderungsmessung an, dochhaben diese bisher kaum Anwendung im klini-schen Sektor gefunden.

Bezüglich der Erhebungstechnologie könnennach Seidenstücker und Baumann (1978) vierverschiedene Formen der Veränderungser-fassung unterschieden werden:

(1) Indirekte Veränderungsmessung: Bildungvon Differenzen zwischen Statusbeurteilungen.Diese Form stellt die häufigste Variante dar, be-inhaltet aber die oben angesprochenen meß-theoretischen Probleme der klassischen Test-theorie.

(2) Direkte Veränderungsmessung: direkte Ein-schätzung von Veränderungen bei einem Meß-punkt, indem zu einem Bezugspunkt Kompara-tivaussagen – besser, schlechter, häufiger etc. –getroffen werden. Dieser Ansatz ist nur für eineZweipunkterhebung möglich. Direkte und in-direkte Veränderungsmessung führen zu unter-schiedlichen Ergebnissen (Stieglitz & Baumann,1994a).

(3) Beurteilung von Therapiezielverwirklichung:es sollen die Veränderungen von einem Aus-gangszustand (Therapiebeginn) in einen Ziel-zustand (Therapieende) festgestellt werden. Ambekanntesten ist das Goal Attainment Scaling(Kirusek, Smith & Cordillo, 1968), bei dem eineMatrix erstellt wird, die aus Zielbereichen undZielzuständen besteht.

(4) Beurteilung des (psychopathologischen) Sta-tus nach einem Zeitintervall bezüglich desNormbereiches: Feststellung, ob therapeutischeVeränderungen innerhalb oder außerhalb desjeweiligen Normbereiches liegen. Zum Beispielkann eine Patientin in einer Depressionsskalazu Therapieebeginn eine sehr schwere Aus-prägung aufweisen, nach Therapieende habensich aber ihre Werte normalisiert (Veränderungvon «schwerer Ausprägung» hin zu «Normal-bereich»).

Berücksichtigt man zusätzlich, daß Verände-rungsmessung in der Klinischen Psychologiemeistens multimodal (s. nächster Abschnitt) zuerfolgen hat, so wird deutlich, daß die exakteErfassung von Veränderungen mit diversen Pro-blemen behaftet ist, so daß ein umfassendesmethodisches und inhaltliches Wissen für dieRealisierung von Veränderungsmessung not-wendig ist.

4. Multimodalität als Grund-prinzip der Diagnostik

Eine zentrale Grundannahme der klinisch-psy-chologischen Diagnostik stellt das Prinzip derMultimodalität dar (Seidenstücker & Bau-mann,1978); dieses Prinzip wird in den unter-schiedlichsten diagnostischen Konzeptenakzeptiert. Multimodalität bedeutet, daß an-stelle des univariaten Zuganges ein multi-variates Vorgehen gewählt wird, bei dem je-weils innerhalb einzelner Kategorien variiertwird. Folgende Kategorien sind zu unterschei-den:

– Datenebenen (Grundkategorien organis-mischer Merkmale)

– Datenquellen (InformationsgeberIn)– Untersuchungsverfahren

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7. Klinisch-psychologische Diagnostik: Allgemeine Gesichtspunkte 109

– Konstrukte/Funktionsbereiche (Einheiten in-nerhalb einzelner Datenebenen bzw. übereinzelne Datenebenen hinweg).

Fisseni (1990) versteht unter multimodaler bzw.multimethodaler Diagnostik eine Integrationvon aus verschiedenen Methoden gewonnenenInformationen, wobei es darauf ankommt, daßder Diagnostiker über bestimmte Grundkennt-nisse der Diagnostik verfügt, mit den Einzel-verfahren vertraut ist und es beherrscht, dieErgebnisse in ein diagnostisches Urteil zu inte-grieren und auch unterschiedliche Aspekte derkomplexen diagnostischen Situation einfließenzu lassen (simultane Verwendung eines Tests inder Verhaltensbeobachtung).

Im folgenden können zu den Kategorien nureinige globale Hinweise gegeben werden; De-tails sind der entsprechenden Spezialliteraturzu entnehmen.

4.1 Multimodalität: Datenebenen

Zur Erfassung menschlichen Erlebens und Ver-haltens werden meist folgende Datenebenenunterschieden:

– biologische/somatische Ebene: oft unterteilt inbiochemische, neurophysiologische, psycho-physiologische Ebene; im Vordergrund ste-hen körperliche Vorgänge, die physikalischoder chemisch erfaßbar sind;

– psychische/psychologische Ebene: Akzentuie-rung auf individuellem Erleben und Verhal-ten (inkl. Leistung);

– soziale Ebene: Akzentuierung auf inter-individuellen Systemen (soziale Rahmenbe-dingungen);

– ökologische Ebene: beinhaltet materielle Rah-menbedingungen.

Die einzelnen Datenebenen stellen Brenn-punkte mit spezifischen Konsequenzen fürForschung und Praxis dar. Durch Begriffe wieNeuropsychologie, Psychoimmunologie, Psy-chosomatik, etc. wird betont, daß die einzel-nen Datenebenen keine abgeschlossenen Berei-che darstellen, sondern miteinander verknüpftsind. Die Verabsolutierung einzelner Daten-ebenen führt zu Verkürzungen in der Betrach-tung des Menschen; es kann auch nicht das

Ziel der Forschung sein, Aussagen der verschie-denen Datenebenen auf einer einzigen Daten-ebene zu vereinen.

In verhaltensorientierten Ansätzen wird dieBeschreibung und Erfassung von Verhaltenvielfach auf drei Ebenen konzipiert: moto-risch-beobachtbare bzw. Verhaltensebene,subjektiv-kognitive Ebene und somatisch-psychophysiologische Ebene (Lang, 1971).Lazarus (1973) unterscheidet in seiner multi-modalen Verhaltenstherapie die Ebenen Ver-halten (behavior), Affekt (affect), Empfin-dung (sensation), Vorstellung (imagery),Kognition (cognition), soziale Beziehungen(interpersonal) und Medikamente (drugs) –kurz BASIC-ID genannt.

4.2 Multimodalität: Datenquellen

Neben den Datenebenen sind auch die Daten-quellen zu variieren. Zu unterscheiden sind alsInformationsgeberIn:

– die befragte Person selbst, die eine Selbstbeob-achtung in Form von Selbstbeurteilungen(z.B. bezüglich Stimmung) oder Selbstregi-strierungen des Verhaltens (z.B. Zigaretten-konsum) abgibt.

– andere Personen (Bezugspersonen, geschulteBeurteilerInnen, TherapeutInnen etc.), dieeine Fremdbeobachtung in Form von Fremd-beurteilung bzw. Verhaltensbeobachtungvornehmen. Auch institutionell anfallendeDaten (z.B. Zahl der Krankenhaustage) wer-den von anderen Personen festgehalten, sodaß sie der Fremdbeobachtung zugeordnetwerden können.

– apparative Verfahren, Verfahren der Leistungs-und Intelligenzdiagnostik mittels Papier/Bleistift erbringen Funktions- und Lei-stungskennwerte, die die Zielperson gene-riert; sie stellen aber keine Form derSelbstbeobachtung, sondern eine eigeneDatenquelle dar. Vielfach erfolgt heute dieErfassung entsprechender Kennwerte mit-tels Computerunterstützung (bezüglichAufgabenpräsentation, Datenregistrierung,-aufbereitung und -auswertung). Zu denapparativen Verfahren gehören auch diephysiologischen Verfahren wie EEG, EKGetc.

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110 A. Störungsübergreifender Teil II: Klassifikation, Diagnostik

In der klinisch-psychologischen Diagnostik hatvor allem die Relation Selbst-Fremdbeobach-tung immer wieder großes Interesse gefunden,da Selbst- und Fremdbeurteilungsverfahren (inForm von Ratings) häufig angewandt werden.Für eine Überprüfung der Relation zwischenden beiden Datenquellen ist zu berücksich-tigen, daß Selbst- und Fremdbeurteilungs-verfahren häufig nicht völlig unterschiedlicheVerfahrensgruppen darstellen, da Einstufungenin Fremdbeurteilungsskalen zum Teil auf Selbst-aussagen der PatientInnen beruhen. Besondersdetailliert erforscht ist die Relation zwischenSelbst/Fremd in der Depressionsdiagnostik, aberauch in der Psychotherapieforschung. Paykelund Norton (1986) stellen in ihrem Literatur-überblick zur Depressionsdiagnostik fest, daßSelbst- und Fremdbeurteilungen in der Regelmit r = .4 bis r = .6 korrelieren; bei inhaltlichstärker übereinstimmenden Verfahren werdenhöhere Korrelationen berichtet. Mangelndemaximale Übereinstimmung ist nicht nur aufMeßungenauigkeiten zurückzuführen. Viel-mehr ist zu berücksichtigen, daß Selbst- undFremdbeurteilung grundsätzlich unterschiedli-che Beurteilungen mit unterschiedlichen Aus-sagebereichen darstellen. Die Fremdbeurteilungkann daher nicht als richtiger bzw. objektiverals die Selbstbeurteilung angesehen werden;Fremd- und Selbstbeurteilung haben beide glei-che wissenschaftstheoretische Dignität.

4.3 Multimodalität: Untersuchungs-verfahren

Für die einzelnen Datenebenen stehen jeweilsunterschiedliche Untersuchungsverfahren zurVerfügung. Auf die Verfahren der biologischenEbene kann hier nicht näher eingegangen wer-den, da dies den Rahmen sprengen würde. Be-züglich der ökologischen Datenebene liegenbisher keine Verfahren vor, die in ihrer Elabo-riertheit mit den psychologischen Testverfah-ren vergleichbar wären. Im folgenden sollendaher einige allgemeine Gesichtspunkte zu denVerfahren der psychischen und der sozialenDatenebene angesprochen werden. Es liegen –wie die Ausführungen in Teil B dieses Bandeszeigen – eine Vielzahl an Untersuchungsverfah-ren vor. Es ist hier nicht möglich, die Vielzahlan Verfahren, die für den klinischen Bereich

wichtig sind, systematisch abzuhandeln; es seidaher auf Überblicksliteratur verwiesen (AMDP& CIPS, 1990; CIPS,1996; Kubinger, 1997; Ma-ruish, 1994; Schneider & Margraf, 1996; Ogles,Lambert & Masters, 1996; Schutte & Malouff,1995; Stieglitz & Baumann 1994b; Westhoff,1993).

4.3.1 Systematik der Untersuchungsver-fahren

Zur Systematisierung der Untersuchungsverfah-ren wurden verschiedenste Taxonomien vorge-schlagen. So hat z.B. Cattell für seine Persön-lichkeitstheorie drei Datenarten unterschieden(Amelang & Bartussek, 1990): L (Life; Verhal-tensdaten und Daten aus dem Lebenslauf), Q(Questionnaire; Selbstbeurteilungsdaten) und T(Test; objektive Test, d.h. Untersuchungsziel istfür ProbandIn nicht durchschaubar). In Erwei-terung von Baumann und Stieglitz (1994) kannman vor allem folgende Verfahrensgruppen un-terscheiden:

– Selbstbeobachtung in Form von Selbstbeur-teilungs-Fragebögen.

– Fremdbeobachtung in Form von Fremdbeur-teilungs-Verfahren (zum Teil (Fremd)-Ratingsgenannt), bei denen meist die Einstufungenvon Konstrukten wie z.B. Konzentration, De-pressivität etc. gefordert wird.

– Fremdbeobachtung in Form von Verhaltens-beobachtung (Registrierung von Verhaltens-daten mittels Häufigkeiten).

– Interview.– Verfahren der Leistungsdiagnostik (zum Teil

auch apparative Verfahren genannt).– Verfahren der Felddiagnostik (insbesondere

computerunterstützte Verfahren), die meistals Selbstbeobachtung, vereinzelt aber auchals Fremdbeobachtung benutzt werden (s.Abschnitt 4.3.4).

– Projektive Verfahren.– Inhaltsanalytische Verfahren, bei denen Tex-

te (direkt entstanden oder transskribiert) aus-gewertet werden.

Eine für den klinischen Sektor wichtige Unter-scheidung der Verfahren ist aufgrund entschei-dungstheoretischer Gesichtspunkte zu treffen.Wir können Breitband- und Schmalbandver-

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7. Klinisch-psychologische Diagnostik: Allgemeine Gesichtspunkte 111

fahren unterscheiden, wobei erstere viel Infor-mation mit geringerer Genauigkeit, letztere we-nig Information mit viel Genauigkeit erfassen.Gerade im klinischen Sektor benötigt man häu-fig Breitbandverfahren (z.B. Interview), um ei-nen Überblick über eine Person zu erhalten (Mi-chel & Mai, 1968). Der Nutzen eines Verfahrensist daher nicht nur von den formalen Güte-kriterien her zu bestimmen, sondern komple-xer zu sehen (vgl. Amelang & Zielinski, 1994).

4.3.2 Psychologische Tests und andereFormen der Datengewinnung

Um zu einem diagnostischen Urteil zu kom-men, gibt es unterschiedliche methodischeWege der Datengewinnung. Besonders strin-gent sind Verfahren, die als psychologische Testsbezeichnet werden. Tests sind u.a. wie folgtcharakterisiert (Jäger & Petermann, 1995):

– Standardisierung (d.h. vorgegebene Regeln)bezüglich Durchführung, Auswertung, Inter-pretation;

– Gewinnung von Verhaltensstichprobe undSchluß auf Eigenschaft;

– Quantifizierung (Messung der Merkmale);– Vorlage von Gütekriterien wie Objektivität,

Reliabilität, Validität, Normen etc.; vielfachwerden zusätzliche Kriterien gefordert (vgl.Testkuratorium, 1986).

Psychologische Tests können in Form vonSelbst- oder Fremdbeurteilung (Ratings), alsprojektive Verfahren oder als Verfahren derLeistungsdiagnostik vorliegen. Die Qualifizie-rung von Verfahren als Test erfolgt bisher nichtkategorial (ja/nein), da Verfahren vielfach inunterschiedlichem Ausmaß die Kriterien einesTests erfüllen; Überlegungen bezüglich der Qua-litätssicherung mittels DIN-Normen, die zu ka-tegorialen Beurteilungen führen würden, sindin Gange.

Wenn auch die psychologischen Tests diestringentesten Verfahren darstellen, so stellt dasdiagnostische Gespräch (Interview) in der Praxisdas häufigste Verfahren dar (Hersen & Turner,1994; Kanfer, 1985; Wittchen & Unland, 1991).Zum einen dient das diagnostische Gesprächder Datenerhebung bei den Fremdbeurteilungs-verfahren in Testform; besonders wichtig ha-

ben sich Interviews für die Erstellung von ICD-und DSM-Diagnosen erwiesen (vgl. Kap. 6/Klas-sifikation). Vielfach wird aber das Gesprächohne explizite Fremdbeurteilung als Basis fürklinische Entscheidungen benutzt. Das diagno-stische Gespräch dient jedoch nicht nur derInformationserhebung, sondern erfüllt gleich-zeitig Funktionen beratender oder therapeu-tischer Art. Besonders wichtig für den Dia-gnostiker sind unterschiedliche, zum Teilinteraktionelle Beeinflussungen, sowohl des In-terview- als auch des Antwortverhaltens. Mo-delle der Informationsverarbeitung, kognitiveTheorien, Lerntheorien und sozialpsycho-logische Befunde geben u.a. Hinweise auf dievielfältigen Faktoren, die diese – meist dyadischgestaltete – Gesprächssituation beeinflussen(Lilly & Frey, 1993). Von besonderer Bedeutungist das Interview in der Eingangsphase von kli-nischen Interventionen, da dadurch erste Da-ten zur Störung, aber auch zur Anamnese ge-wonnen werden (zu Anamneseschematas:Kessler, 1994).

Eine weitere Informationsquelle stellt dasVerhalten der PatientInnen dar, das in derVerhaltensbeobachtung (Faßnacht, 1995) syste-matisiert wird. Beobachtet wird das Spontan-verhalten, aber auch das Verhalten unter ex-perimentellen Bedingungen (z.B. Rollenspiel)oder in der Realität (z.B. Reizkonfrontation invivo). Durch die Hinzunahme von Aufzeich-nungstechniken (z.B. Videotechnik) ergibt sicheine Fülle von diagnostischen Informationen.Wenn auch Verhaltensbeobachtungen vielfachden Stellenwert von ad-hoc Verfahren ohnespezielle Gütekriterien haben, so finden wir inneuerer Zeit einzelne Ansätze mit einem relativhohen methodischen Standard, der die Verfah-ren vergleichbar mit herkömmlichen Testsmacht (Wallbott, 1994).

4.3.3 Individualdiagnostik versusDiagnostik interpersoneller Systeme

Neben der methodischen Systematisierung derdiagnostischen Verfahren können die Verfah-ren auch klassifiziert werden, inwieweit sie fürdie Diagnostik von Einzelpersonen oder von inter-personellen Systemen geeignet sind. Die meistenUntersuchungsverfahren, insbesondere psycho-logische Tests, sind für die Individualdiagnostik

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112 A. Störungsübergreifender Teil II: Klassifikation, Diagnostik

konzipiert. Eine weitere Gruppe von Verfahrenerfaßt interindividuelle Systeme aus der Sichtdes Einzelnen («egozentrierter Ansatz»). Sokann z.B. das Soziale Netzwerk einer Person ausder Sicht der betreffenden Person erfaßt wer-den (Baumann & Laireiter, 1995), ohne daßman – wie im Soziogramm – alle Personen sy-stematisch erfaßt. Vergleichbare Ansätze gibt esfür Paar- und Familienbeziehungen (Cierpka,1996; Hank, Hahlweg & Klann, 1990). Nur einkleiner Teil der Verfahren ist tatsächlich syste-misch konzipiert, d.h. daß alle Elemente desSystems in ihrer gegenseitigen Relation diagno-stisch erfaßt werden (z.B. gemeinsames Pro-blemlösen innerhalb einer Familie; Cierpka,1996); vielfach sind diese Verfahren mitRatingsystemen oder Verhaltensbeobachtunggekoppelt.

4.3.4 Datenerfassung im natürlichenUmfeld: Felddiagnostik

Die herkömmliche diagnostische Datenerfas-sung, wie sie vor allem durch einen Test reprä-sentiert ist, ist in der Regel einem Experimentvergleichbar, bei dem die Untersuchungs-situation, das zu erfassende Verhalten und dieDarbietung der Stimuli künstlich sind (Perrez,1994). In der Verhaltenstherapie hat man seitlangem versucht, auch aus dem Alltag mittelsTagebüchern Daten zu gewinnen. Erst in neue-rer Zeit hat diese Form der Datengewinnungdurch die Heranziehung von Kleincomputern(Notebook) neue Impulse erhalten und damitauch für die Diagnostik neue Wege eröffnet(Fahrenberg & Myrtek, 1996). Mit diesem An-satz können im Alltag – in Form von Zeit - oderEreignisstichproben – unterschiedlichste Merk-male (Stimmung, Bewältigung, Belastung, Kon-takte etc.) in Form von Selbstregistrierung oder– in begrenztem Umfange – in Form der Fremd-registrierung erhoben werden. Die bisherigenErgebnisse lassen diesen Ansatz für sehr zu-kunftsreich erscheinen, da komplexe Funk-tionsmuster direkt registriert werden könnenund damit Verzerrungseffekte (Gedächtnis, Ver-arbeitung etc.) bedeutend geringer als bei denüblichen Fragebögen sind. Nicht zu übersehensind allerdings reaktive Effekte dieser Methode(manchmal therapeutisch erwünscht und ge-nützt). Die Selbstregistrierung mittels Klein-

computer im Alltag setzt ein Mindestmaß anintakten Funktionen voraus, da sonst keine zu-verlässige Gerätebedienung gewährleistet ist.

4.4 Multimodalität: Konstrukte

Multimodalität bedeutet nicht zuletzt auch eineVariation bezüglich der Konstrukte. Insbeson-dere in der Therapieforschung hat es sich alsunabdingbar erwiesen, die Wirksamkeit kom-plex zu erfassen. Damit sollen nicht nur dieerwünschten Wirkungen bezüglich der Ziel-symptomatik, sondern auch evtl. auftretendeunerwünschte Wirkungen («Nebenwirkun-gen») identifiziert werden. Für die klinischeDiagnostik liegen keine anerkannten Kon-strukttaxonomien vor, so daß im Einzelfall diesinnvolle Konstruktauswahl durch den aktuel-len Forschungsstand bestimmt wird. Daherwerden in der klinischen Diagnostik eine Viel-zahl unterschiedlichster Konstrukte verwendet.Ein Spezifikum der klinischen Diagnostik istaber, daß neben den üblichen Konstrukten (z.B.Neurotizismus, Internale Kontrolle, Depressivi-tät) auch komplexe Globalkonstrukte verwen-det werden (vgl. Laireiter, Baumann & Stieglitz,1994). Diese Globalkonstrukte (z.B. Soziale An-passung, Soziale Ressourcen, Soziale Integra-tion) suchen primär Angaben zur sozialenDatenebene zu machen, so daß sie vielfachauch Sozialkonstrukte genannt werden. Kern derInstrumente sind meist Angaben zum SozialenNetzwerk bzw. zur Sozialen Unterstützung (Bau-mann & Laireiter, 1995). Neben der sozialenDatenebene fließen häufig auch Indikatorender psychischen (z.B. Bewältigung), der biolo-gischen (z.B. Gesundheitszustand) und der öko-logischen (z.B. Wohnqualität) Datenebene mitein, so daß es sich um multidimensionaleKonstrukte handelt. Diese Sozialkonstrukte su-chen diejenigen Merkmale in einem Konzeptund Untersuchungsverfahren zu subsumieren,die das Erkrankungs- bzw. Rückfallrisiko redu-zieren (protektive Faktoren) oder erhöhen (vul-nerabilisierende Faktoren; s. Kap. 9/Ätiologie,Bedingungsanalyse: methodische Gesichtspunk-te). Neben der Funktion als unabhängige Varia-blen (Soziale Ressourcen als Risikominderung fürErkrankung) werden diese Konzepte auch als ab-hängige Variable verwendet (z.B. Soziale Anpas-sung als Folge von Erkrankung).

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7. Klinisch-psychologische Diagnostik: Allgemeine Gesichtspunkte 113

In neuerer Zeit hat vor allem in der somati-schen Medizin ein weiteres GlobalkonstruktBeachtung gefunden, nämlich das Konzept derLebensqualität. Darunter wird nach Bullinger(1996, S. 16) ein mehrdimensionales Konstruktverstanden, das «die körperlichen, mentalen,sozialen, psychischen und funktionalen Aspek-te des Befindens und der Funktionsfähigkeit derPatienten aus ihrer eigenen Sicht beschreibt».Wie Bullinger (1996) und Stieglitz (1996) zei-gen, gibt es zu diesem Konstrukt eine Vielzahlan Untersuchungsverfahren, die vielfach inForm von Selbst-, zum Teil aber auch in Formvon Fremdbeurteilung angewandt werden.Zusammenfassend ist zu sagen, daß dieSozialkonstrukte und das Konzept der Lebens-qualität klinisch sinnvolle Konstrukte darstel-len, die gerade für die Praxis sehr bedeutsamsind. Die Konstruktpräzisierung durch Analyseder Einzelkomponenten, der Relation zu ver-wandten Konstrukten , aber auch die methodi-sche Fundierung sind häufig nicht zufrieden-stellend gelöst, so daß diesbezüglich weitereForschungsaktivitäten notwendig sind.

4.5 Zur Problematik der Multi-modalität

Multimodalität ist ein allgemeines Rahmen-konzept, das für die konkrete Untersuchung dieAuswahl der Untersuchungsverfahren nicht bisins einzelne spezifiziert. Bei der Wahl der Un-tersuchungsverfahren kommen neben den her-kömmlichen Gütekriterien wie Objektivität,Reliablität und Validität weitere Kriterien hin-zu, wie z.B. Durchführungsaspekt, Nützlichkeit,Kosten-Effizienz-Überlegungen, Sensitivität, so-ziale und ethische Akzeptiertheit, Zumutbar-keit, Irrtumsmöglichkeiten u.a.m. (vgl. Test-kuratorium, 1986). Unter Berücksichtigungdieser Vielzahl an Randbedingungen sind diekonkreten Untersuchungsverfahren auszuwäh-len. Multimodales Vorgehen verkompliziertnicht nur das Auswahlprozedere, sondern führtauch zu Interpretationsproblemen (Fahrenberg,1984; Seidenstücker & Baumann, 1978). Meh-rere Datenmodalitäten (Datenebenen, Daten-quellen, Untersuchungsmethoden) können inihren Ergebnissen pro Zeitpunkt oder im Ver-lauf übereinstimmen bzw. nicht übereinstim-men:

– Grad der Übereinstimmung bei einem Unter-suchungszeitpunkt: Konkordanz/Diskordanzder Daten.

– Grad der Übereinstimmung bei mehreren Un-tersuchungszeitpunkten: Synchronizität/Desynchronizität der Verlaufskurven.

Übereinstimmungen bzw. Nichtübereinstim-mungen können wahre Sachverhalte, aber auchScheinzusammenhänge repräsentieren. Voraus-setzung für eine inhaltliche Interpretation istein gemeinsamer Bezugsrahmen. Nichtüberein-stimmung unterschiedlicher Datenmodalitätenführt in Entscheidungssituationen zu Schwie-rigkeiten. Welche Modalität (Datenebene,Datenquelle, Untersuchungsverfahren) soll beiWidersprüchen den Ausschlag geben (z.B. un-terschiedliche Bewertung des Therapieverlaufesdurch Eltern, Therapeut, Kind)? Die Lösung derhier angesprochenen Probleme durch uni-variates Vorgehen erscheint wenig sinnvoll zusein, da damit die Komplexität der zu untersu-chenden Phänomene meist zu stark vereinfachtwerden. Es bieten sich zwar keine Lösungen indieser Problematik an, doch können folgendeGesichtspunkte zur Lösung beitragen (Seiden-stücker & Baumann, 1978):

– Vermehrt sind die Verfahren hypothesen-und theoriengeleitet zu wählen.

– Stärker als bisher ist darzulegen, in welcherRelation Untersuchungsverfahren und Kon-strukt stehen. Die technologische Begrün-dung auf Grund der Bewährung ist nicht aus-reichend.

– Zusätzlich sind Methodenstudien im Sinneder Multitrait-Multimethod-Analyse notwen-dig, um die Zusammenhänge empirisch zuklären.

5. Schlußbemerkungen

Psychologische Diagnostik, die wissenschaftlichfundiert ist, kann nicht nur Verfahrensappli-kation sein. Vielmehr muß der/die Diagno-stikerIn das Vorgehen methodisch und theore-tisch reflektieren, um Untersuchungsstrategienund -methoden auszuwählen, damit differen-zierte und begründete Aussagen erlangt wer-den. Dies wird heute durch die Vielzahl an vor-gelegten Untersuchungsverfahren erschwert.

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114 A. Störungsübergreifender Teil II: Klassifikation, Diagnostik

Wünschenswert wäre es daher für den klinisch-psychologischen Sektor (gilt aber auch fürandere Bereiche), – anstelle der Vielzahl an un-terschiedlichen Verfahren – einige wenige guterprobte Methoden als Referenzinstrumente zubenutzen. Ein Beispiel dafür sind die imdeutschsprachigen Raum ausgesprochenenEmpfehlungen zur Standardisierung von Dia-gnostik und Evaluation in der Psychotherapievon Fydrich, Laireiter, Saile und Engberding(1996; vgl. auch Empfehlungen zur Angst-forschung von Margraf & Bandelow, 1997). Inden Empfehlungen werden unterschieden: Ein-gangsdiagnostik, klassifikatorische-kategorialeDiagnostik, symptomorientiertes Screening,spezifische Verfahren für einzelne Diagnose-bereiche, Therapieverlaufs- und Veränderungs-diagnostik. Derartige Standardisierung würdendie Befundlage vereinheitlichen und für die Pra-xis einen Beitrag zur Qualitätssicherung geben.

Die psychologische Diagnostik, aber auch dieklinisch-psychologische Diagnostik haben lan-ge Zeit stagniert. Dies ist umso bedauerlicher,als die Diagnostik seit Beginn dieses Jahrhun-derts einen wesentlichen Bestandteil klinisch-psychologischer Tätigkeit darstellte. Für diekünftige Entwicklung der Klinischen Psycholo-gie ist es dringend erforderlich, daß die klinisch-psychologische Diagnostik sowohl in der For-schung, als auch in der Praxis vermehrtBeachtung findet. Erfreulicherweise sind ent-sprechende Aktivitäten in Gange, wie die imLiteraturverzeichnis angeführten neueren For-schungsergebnisse zeigen; diese Ansätze bedür-fen aber einer breiteren Förderung.

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