zur histogenese der tumefaciensgeschwülste an der sonnenblume

7
(Aus dem Universititsinstitut fiir Krebsforsehung an der Charit~ zu Berlin. -- Direktor: Geh. Prof. Ferdinand Blumenthal.) Zur Histogenese der Tumelaciensgeschwiilste an der Sonnenblume. Von Dr. Hans Auler. Mit 2 Textabbildungcn. (Einge~anqen am 15. Juni 1924.) Jede Reaktion in der Biologie ist zum mindesten dutch 2 Faktoren gegcben, den Reiz und den Organismus, auf den der Reiz einwirkt. Das Reaktionsprodukt ist in der Mehrzahl der F~lle spezifisch, typiseh und li~t uns durch letztere Eigensch~ft die an der Entstehung des ]~eaktionsproduktes beteiligten Faktoren mehr oder weniger deutlich erkennen. Immer trigt das Reaktionsprodukt im Organismus den Charakter der Abwehr, tier Lebenserhaltung bzw. Lebenssteigerung, wobei der Art des Reizes keine Bedeutung zukommt. So sind streng genommen such die b6sartigen Geschwfilste Reaktionsprodukte im Sinne der Lebenserhaltung, was bei obcrfl~chlicher Betrachtung wider- sinnig erscheint, d~ doch der Geschwulsttrager zugrunde geht an der Geschwulst. Die Wachstumsabartung der k6rpereignen, aber der Einsinnigkeit des Organismus nicht mehr dienstbaren Tumorzelle ist die intensivste Stelgerung des Zellebens, die wir iiberhaupt kennen. Das gewaltige Gebiiude des Organismus f~llt der schrankenlos sich ent- faltenden Vitalitit eines einzigen seiner Bausteine zum Opfer. Zur Ausl6sung des ~Tachstums der Blastome bedarf es ebensosehr eines Reizes, wie ein physiologischer Proze~ seiner bedarf. Es ist mit- hin nicht unbedingt richtig, die durch Parasitcn erzeugten reaktiven Hyperplasien auf der einen Seite yon den physiologischen Wachstums- prozessen und auf der anderen Seite yon den Blastomen yon vornherein zu trennen, da ihnen doch allen -- ob p~thologisch oder physiologisch -- die Zielstrebigkeit der Leb.enserhaltung zugesprochen werden mui~ und mancher als pathologisch anmutende Vorgang letzten Endes -- sei es eindeutig oder nur als Gr.enzwert -- als physiologisch gedeutet werden muI3. Das Prinzip der Systematisierung der Lebenserschei- nungen ist berechtigt und yon grol~em Werte, die Forschung darf sich

Upload: hans-auler

Post on 20-Aug-2016

214 views

Category:

Documents


0 download

TRANSCRIPT

Page 1: Zur Histogenese der Tumefaciensgeschwülste an der Sonnenblume

(Aus dem Universititsinstitut fiir Krebsforsehung an der Charit~ zu Berlin. - - Direktor: Geh. Prof. Ferdinand Blumenthal.)

Zur Histogenese der Tumelaciensgeschwiilste an der Sonnenblume.

Von Dr. Hans Auler.

Mit 2 Textabbildungcn.

(Einge~anqen am 15. Juni 1924.)

Jede Reaktion in der Biologie ist zum mindesten dutch 2 Faktoren gegcben, den Reiz und den Organismus, auf den der Reiz einwirkt. Das Reakt ionsprodukt ist in der Mehrzahl der F~lle spezifisch, typiseh und l i~ t uns durch letztere Eigensch~ft die an der Entstehung des ]~eaktionsproduktes beteiligten Faktoren mehr oder weniger deutlich erkennen. Immer t r i g t das Reakt ionsprodukt im Organismus den Charakter der Abwehr, tier Lebenserhaltung bzw. Lebenssteigerung, wobei der Art des Reizes keine Bedeutung zukommt. So sind streng genommen such die b6sartigen Geschwfilste Reaktionsprodukte im Sinne der Lebenserhaltung, was bei obcrfl~chlicher Betrachtung wider- sinnig erscheint, d~ doch der Geschwulsttrager zugrunde geht an der Geschwulst. Die Wachstumsabar tung der k6rpereignen, aber der Einsinnigkeit des Organismus nicht mehr dienstbaren Tumorzelle ist die intensivste Stelgerung des Zellebens, die wir i iberhaupt kennen. Das gewaltige Gebiiude des Organismus f~llt der schrankenlos sich ent- faltenden Vi ta l i t i t eines einzigen seiner Bausteine zum Opfer.

Zur Ausl6sung des ~Tachstums der Blastome bedarf es ebensosehr eines Reizes, wie ein physiologischer Proze~ seiner bedarf. Es ist mit- hin nicht unbedingt richtig, die durch Parasitcn erzeugten reakt iven Hyperplasien auf der einen Seite yon den physiologischen Wachstums- prozessen und auf der anderen Seite yon den Blastomen yon vornherein zu trennen, da ihnen doch allen - - ob p~thologisch oder physiologisch - - die Zielstrebigkeit der Leb.enserhaltung zugesprochen werden mui~ und mancher als pathologisch anmutende Vorgang letzten Endes - - sei es eindeutig oder nur als Gr.enzwert - - als physiologisch gedeutet werden muI3. Das Prinzip der Systematisierung der Lebenserschei- nungen ist berechtigt und yon grol~em Werte, die Forschung darf sich

Page 2: Zur Histogenese der Tumefaciensgeschwülste an der Sonnenblume

Zur Histogenese der Tume[aciensgeschwtilste an der Sonnenblume. 355

hierdurch aber keine Schranken setzen lassen. Diese allgemeinen ~berlegungen geben den Anlal], durch besondere Versuche fiber die Histologie und ttistogenese der Tumefaciensgeschwiilste Klarheit zu schaffen und auf Grund der Ergebnisse zur Frage, ob echtes Blastom oder infektiSses Granulom, Stellung zu nehmen.

Vorerst miissen wir noeh soweit auf die Biologie der Fflanze ein- gehen, wie es fiir unsere Aufgabe yon Wert ist. Die regulatorischen Fi~higkeiten zeigen sich bei der Pflanze nieht in einem supraordinierten System, sind lange nieht so spezifisch entwiekelt wie bei den tierischen Lebewesen. Sie sind chemi.sch-physikalischer Natur und zeigen viel deutlicher ihre strenge Abhi~ngigkeit yon den Umweltbedingungen, als wie das beim Tier der Fall ist. Andrerseits ist die Breite der An- passungs~higkeit bei Veranderung der Umweltbedingungen viel grSiter als beim animalischen Lebewesen, eine Erscheinung, die dafiir spricht, dab die Zelle der Pflanze zwar einen niedrigeren Differenzierungsgrad als die tierische Zelle besitzt, aber auch entsprechend potenter isr Kurz, die regutatorischen Fiihigkeiten finden wir bei der Pflanze we- niger in besonders entwickelten Systemen, sondern mehr in der einzel. nen Zelle. :Die Beteiligung an der reaktiven Abwehr sieht man deutlich bei eintretenden Zellschiidigungen durch Trauma. :Die benachbarten ZeIlen zeigen alle eine durch PlasmastrSmung zustande kommende ]~eizstellung der Kerne an der der Wunde benachbarten Wand. Die- jenigen Zellen, die bei Gewebsdefekten die Wundheilung veranlassen, sind die Cambiumzellen, die jfingsten und am wenigsten differenzierten Zellen in der Pflanze. Dies e Zellgruppe interessiert uns hier am meisten, da die Tumefaciensgeschwiilste meist aus diesen Zellen he rvorgehen .

Die durch Parasiten an der Pflanze erzeugten Gallen verraten in, der Mehrzahl einen hohen Grad yon Anpassung zwischen Wirt und Erreger, es gibt sogar Pflanzen, bei welchen die Symbiose mit den gallenerzeugenden Parasiten ,,physiologisch" ist (Lupine ~-Kn(illehen- bakterien). Seltener sind die Gesehwfilste, die das Leben der Pflanze schi~digen und sogar tSten. So ist der durch Synchytrion endobioticum hervorgerufene Kartoffelkrebs in seiner Wirkung geradezu verheerend und eine der bSsartigsten Pflanzenkrankheiten, die der Landwirt kennt. Auch die durch das Baet. tumefaciens Smith erzeugten Tumoren kSnnen das Leben der Pflanze aufs schwerste gef~hrden, besonders junge Pflanzen gehen nicht selten an den Geschwiilsten zugrunde, eine Tatsache, die vielleicht einer der Griinde sein diirfte, weshalb Tume- faciensgallen in der freien Natur so selten zur Beobachtung kommen.

Um nun zu einem Resultat zu kommen, yon welchen Zcllen die Geschwulstentwicklung ausgeht, bedienten wir uns nicht itlterer Pflan- zen, sondern der Keimlinge der Sonnenblume (He]ianthus anuus). Das urspriingliche Gewebe des Keimlings besteht besonders am Vege-

24*

Page 3: Zur Histogenese der Tumefaciensgeschwülste an der Sonnenblume

356 H. Auler;

tationspunkte aus gleichartigen, isodiametrischen Zellen. Dieses in. differente Gewebe heiBt Urgewebe oder Urmeristem. Aus dem Ur- meristem differenzieren sich zun~ehst 3 Gewebcgruppen heraus: 1. das Dermatogen; 2. das Plerom, 3. das Periblem. Das Dermatogen bildet die ~uBere Schicht, ungefShr in der Mitte des Vegetationskegels bildet sich das Plerom aus mit mehr in die L~nge gestreekten Zellen. Aus dem Plerom geht das Strang- und Leitungsgewebe hervor. Zwischen beiden Gewebsschichten liegt das Perib]em mit parenchymatischen Zellen, das sich zum Grundgewebe weiterentwickelt. Von allen 3 Ge- webegruppen k6nnen Gallen ihren Ursprung nehmen. Wir wenden in dieser Arbeit denjenigen Tumoren unsere Aufmerksamkeit zu, die aus den dem Fibrovasalsystem zugehSrigen Cambiumzellen entstehen. Zweeks besseren Versthndnisses seien hier einige teehnisehe Einzel. heiten erw~hnt. Die Samenkerne verbleiben so lange zwisehen innen mit feuchtem Fliegpapier belegten flachen Tellern oder in mit guter t tumuserde geftillten Pikierkasten, bis dab am spitzen Pol die Samen- hfille platzt und der Wurzeltrieb sichtbar wird. Dieses pflegt bei :Kalthaustemperatur am 3. oder 4. Tage der Fall zu sein. Mit einer seharfen Lanzette, die mit einem Tropfen Impfmaterial angefeuchtet wird, machen wir dann m6glichst am mitfleren Drittel des Triebes eine etwa 1/2 mm tiefe Wunde. Sofort naeh der Impfung werden die Keim- linge in Pikierk~sten gepflanzt. Naeh etwa 1 Woche zeigen sich be- reits einige Wiilste, die sich dann im Verlaufe eines Monats zu kirseh- groBen Geschwfilsten entwickeln.

An auf Mohrrfibenscheiben erzeugten Gesehwfilsten ~anden wir die Wucherungen nicht wahllos auf der Oberfl~che zerstreut, sondern ringfSrmig angeordnet, und zwar entspreehend dem Verlauf der auf I~fibenquerschnitten deutlich sichtbaren konzentrisehcn Kreise. Diese Ringe werden gebildet durch abwechselnde Zonen yon Gef~B- und Siebteilen und ihren Cambialzonen. Die in Wucherung ilbergehenden Zellen sind Cambiumzellen, und zwar in erster Linie diejenigen des Interfaszikularcambiums, das sieh zwischen den Gef~fibfindeln be- finder. ~hnlich ist der Befund an Sehnitten yon an Keimlingen ent- stehenden Tumoren. Betrachten wir einen Sehnitt eines etwa 8--14 Tage alten Tumors, so ist die ~dmlichkeit mit sarkomat6sen Gesehwiil- sten der Tierwelt geradezu erstaunlieh. Der Kernreichtum des Tumor- gewebes ist im Vergleich zu Normalschnitten sehr groB. Die Varia- tionen in der Kernform und in der Struktur der Kerne n~hern sich h~ufig mehr den fiir maligne Tumoren eharakteristischen Bildern als denen jugendlichen Granulationsgewebes.

ZellgrSBe und -form sind nicht konstant und bisweflen sehr un- best~ndig. Bei allen Vergleichen" zwisehen Pflanzen- und Tiergeschwfil- sten muB die durch die Biologie gegebene Variationsbreite der Pflanzen-

Page 4: Zur Histogenese der Tumefaciensgeschwülste an der Sonnenblume

Zur ttistogenese der Tumefaciensgeschwtllste an der Sonnenblume. 357

zclle beriicksichtigt werden, um das wahre Verhaltnis der Pflanzen- geschwiilste zu den echten Blastomen der Tierwelt zu crmitteln. Ein eigenmaehtiges Vordringen der Pflanzengesehwulstzcl]cn ist bei dcm starren Zellenverband der Umgebung nur durch Drucksch~idigung der benachbarten Zellen mSglich. Eine v511ige Isolation aus dem Gewebs- verbande ist wohl denkbar, aber die der tierischen Geschwulstzello gegebene MSgliehkeit, sich vom Orte der LoslSsung zu entfernen und an anderer Stelle anzusiedeln, ist der Pflanzenzelle wohl nicht eigen. Eine Zellverschleppung oder Zellwanderung diirfte bei der Struktur der Pflanzengewebe praktisch kaum vorkommen. Verfolgen wir nun die Wirkung des B. tumef, vom Augenblieke der Infektion an, so stol~en wir zuerst auf die wichtige Beobaehtung, daf~ die nicht durch Trauma gesch~digte Pflanze sehr selten positive Resultate zeigt. Weder Aufpinseln von Tumefaeienskulturen noeh die mit Bakterien ange- reicherte Erde vermag eine so haufige Geschwulstentwicklung einzu- leiten, wie das bei durch Traum~ geschadigten Zellen der Fall ist. Angriffspunkt der Bakterien ist also die geschw~ehte, geschadigte Zelle. Hier ist nun die Wirkung der Parasiten wahrscheinlich im wesent- lichen eine zweifache, und zwar 1. eine - - die Hauptwirkung -- toxische, die regenerationsbesehleunigend ist, und 2. eine mechanische, die sich mit grol~er Wahrscheinlichkeit im K e r n abspielt. Die Berechtigung zu dieser Vermutung gabcn uns folgende Versuche. Impfungen mi t abgetSteten Ii:ulturen fiihren lediglich zu schneller Vernarbung der gesetzten Wunde. Atypisches Wachstum kann hier vorkommen, nie- mals aber kam es bei unseren Versuehen zur Geschwulstbildung. Die Stoffwechselprodukte der Bakterien wirken regenerationsbeschleunigend. Eine zweite Versuchsreihe wurde yon uns angestellt, um die vermutete Kernwirkung der Parasiten zu priifen. Der Versuch wurde ausgefiihrt an lebenden Mohrriibenzellen im hangenden Tropfen, der mit Tume- faciens beschiekt war. Haufig fanden wir dabei die Bakterien um den Zellkern eingestellt, in mehreren :Fallen gelang es uns, Bakterien in lebhafter Eigenbewegung im Kern zu beobachten. DaB ein im Kern befindlieher Parasi t auf den Chromosomenmechanismus schon rein mechanisch nicht ohne Einfluf~ sein kann, ist wohl kaum zu bezweifeln. Zu dieser mechanischen Reizung kommt nun noch die die Zellteilung besehleunigende toxische Wirkung. Die durch die gesteigerte Regene- rat ion geschaffenen jungen Zellen ohne verdichtete Zellwand sind der eigentliche Angriffspunkt fiir die Parasiten. Best~rkt werden wir in dieser Auffassung durch folgenden Versuch. I m hangenden Tropfen beobachteten wir das Verhalten des B. tumefaciens ttefezellen gegen- fiber. Die Bakterien dringen am haufigsten in Zellen mit jungen Knospen ein, selten in Zellen ohne Knospen. Die Eingangspforte ist hierbei die Knospe bzw. die l~bergangsstelle yon der Knospe zur Mutter-

Page 5: Zur Histogenese der Tumefaciensgeschwülste an der Sonnenblume

358 H. Auler:

zelle. Die Zellteilung geht (an der Pflanze) so stfirmisch vor sich, dab die der Kernteilung folgende Plasmateilung nicht selten unterbleibt, und wir dann mehrkernige Zellen sehen. Die Kernvariabilit~t ist in Schnitten yon Tumefaciensgeschwfilsten gelegentlich deutlich sichtbar. ChromosomenbrSckel im Protoplasma aui~erhalb des Kernes, mehrere Nucleolen bis zu 3 im Kern, wechselnder Chromatingehalt, erhebliche Gr51~enunterschiede und Formabweichungen an Kern und Zelle, an Fragmentation und atypische Mitosen erinnernde Bilder, alles Erschei- nungen, die ffir die Geschwulstdiagnose bedeutungsvoll sind, finden wir als Zeichen gest5rter Zellteilung in den jungen Tumefaciensgeschwfilsten.

Abb. 1.

Der Wachstumsmodus der infizierten Zellen ist radial und expansiv und ist bis zu dem Augenblicke, wo die Epidermis erreicht wird, verdr~tngend, destruierend. Bei jugendlichen Geschwfilsten herrscht der stromaarme, rein zellige Typus vor (Bild 1). Bei Schnitten yon etwa 4 Wochen alten Tu- moren kann man deutlich zwisehen Stroma und Parenchym, wenn der Ver- gleich erlaubt ist, unterscheiden. Die Tumorzellen wachsen vorwiegend strangfSrmig diffus, doch ist der geschlossene, insuli~re Nestertyp keines- wegs selten. ~ber die Herkunft des Stroma ist vorl~tufig noch nicht ge- nfigend Klarheit geschaffen worden. Wahrscheinlich wird es zum groBen Teil von den sklerenchymatisehen Zellen des Grundgewebes geliefert, wenn aueh mancher Hinweis daftir spricht, dal~ aueh die Geschwulstzellen sklerotische Umwandlung erfahren kSnnen. Die Ern/~hrungsbedingungen

Page 6: Zur Histogenese der Tumefaciensgeschwülste an der Sonnenblume

Zur Histogenese der Tumefaciensgeschwtllste an der Sonnenblume. 359

der Geschwulst scheinen fiir die letztere Frage mitbestimmend zu sein. Die Anordnung des Leitungsgewebes in den Neubildungen ist der Struktur der Tumoren entsprechend h~ufig anormal. Verdr~ingung durch Druck bzw. Zug ist wohl der Grund fiir atypischen Gefi~verlauf.

Fassen wir das Vorhergehende zusammen, so ergibt sich folgendes: Die durch B. turner, an der Pflanze erzeugten Tumoren werden nach der heute geltenden Meinung zu den ,,infektiSsen Granulationsgeschwiilsten" gerechnet. Die Einordnung in diese Geschwulstgruppe ist trotz der scheinbaren Berechtigung anfechtbar. Ftir uns be- deutet die Tumefaciensge- schwulst eine spezifische RegenerationsstSrung, die in mancher Hinsicht an die Blastome der Tierwelt er- innert. DieTatsache, dal~ die WachstumsstSrung durch Parasiten erzeugt wird, darf kein Grund sein, diese, falls sich histologische und bio- logische Anhaltspunkte da- ffir finden, nicht unter die Blastome zu rechnen. Um- gekehrt ist aber die Frage berechtigt, ob nicht bei den animalischen, ,,auto- nomen"Blastomen ~hnliche oder gleiche Faktoren ffir die Tumorgenese in Frage kommen. Das Resultat die- ser Fragestellung ist ersicht- .455. 2. lich aus der Arbeit yon Blu- menthal, Auler, Meyer. Best~rkt werden wir in unserer Annahme, da~, obwohl das B. tumef, in den Tumoren bakteriologisch durch Ziichtung nachgewiesen werden kann, dieses farberisch nicht darstellbar ist. Wir sind geneigt, die Tumefaciensgeschwiilste, die yon den Cambium- zellen ausgehen, als sarkom~hnliche, sarkoide Geschwtilste aufzufassen Dieser Geschwulsttypus ist der zweifellos h~ufigste. Es kommen auch teratoide, embryomartige Geschwiilste vor, die nach Smith yon toti- potenten Zellen ihren Ursprung nehmen. Smith, der Entdecker des Bact. tumefaciens, der das Bakterium erst nach jahrelangen Versuchen isolieren und ziichten konnte und den gleichen und ~hnliche Para- siten ffir die Krebsentstehung verantwortlich macht, teilt in seinen

Page 7: Zur Histogenese der Tumefaciensgeschwülste an der Sonnenblume

360 H. Auler: Zur Histogenese der Tumefaciensgesehwalste an der Sonnenblume.

Arbeiten die yon ihm mit B. turner, an groBem, verschiedenartigem Pflanzenmaterial erzeugten Geschwiilste eia in epitheliale, sarkomatSse, und teratoide Neubildungen. Ob die Unterscheidung zwischen epi- thelialen und sarkomatSsen Neubildungen einwandfrei m6glich ist, will ich dahingestellt sein lassen. Immerhin mug zugegeben werden, dab der jeweilige Differenzierungsgrad der Zelle im Augenblicke der Infektion sich in der entstehenden Geschwulst zu crkennen gib~ (Bild 2). So zeigt Abb. 2 eine yon uns an der Zimmerlinde erzeugte teratoide Geschwulst, deren Entstehung yon Zellen abgeleitet werden mug, die eine ihrem niedrigen Differenzierungsgrade entsprechende h6here Wertigkeit hat. Ob solche Tumoren wie der im Bild gezeigte als Granulome zu deuten sind, bezweifle ich sehr. Wahrscheinlich h~ndelt es sich um eine Neu- bildung, die aus einer beseh~digten Organanlage, einer Knospenanlage, hervorgegangen ist.