wortschatz erwerben bewährte und neue techniken · 2019. 11. 30. · „fortgeschrittene...
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Studientag Wortschatzerwerb
Gent, 04.02.2015
Wortschatz erwerben
Bewährte und neue Techniken
Bea Paelman
Arteveldehogeschool/ UGent, Gent
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I Theoretische Grundlagen
1 Wörter lernen – eine Fremdsprache lernen
Kinder, Affen, Muttersprachler
Beim Fremdsprachenerwerb geht man automatisch davon aus, dass neuer Wortschatz
gelernt werden soll. Und das ist durchaus möglich. Wenn wir die ganze Skala mal
betrachten, von Babys bis Erwachsene, stellen wir fest, dass der Wortschatzerwerb zu den Basisfertigkeiten gehört. Bei Kindern ist ab 8 Monaten nachweisbar, dass sie rezeptiv
Wörter verstehen. Im Alter von 1,8 bis 3,6 lernen Kinder 8 bis 10 neue Wörter am Tag.
Forscherin Sue Savage-Rumbaugh hat sogar versucht, mit Affen über Sprache zu
kommunizieren. Der Bonobo Kanzi konnte 600 Begriffe verstehen 1. Über Symboltasten, die
Gedanken und Objekte darstellen, kommunizierte er mit seiner Betreuerin. Ein
Muttersprachler, zum Schluss, beherrscht im Schnitt aktiv bis 6000 Wörter, passiv 12000
Wörter (einige bis 20.000).
Linke und rechte Gehirnhälfte
Wenn Sie eine Fremdsprache erlernen, spielt sich eine Entwicklung ab, die derjenigen
unserer frühen Kindheit nicht unähnlich ist. Gerade am Anfang ist Ihre rechte Gehirnhälfte, die kreative und künstlerische Seite, maßgeblich am Lernen beteiligt. Dies lässt sich leicht
erklären: Da Ihnen Wortschatz und Grammatik noch vollkommen fremd sind, sind Sie viel
stärker auf nonverbale kommunikative Aspekte der Sprache angewiesen. Anhand von
Bildern, Intonation, Mimik und Gestik können Sie die Bedeutung von Wörtern und Sätzen
erschließen.
Wenn Sie aber die Muttersprache erworben haben, und sich dann mit einer neuen Sprache
beschäftigen, findet ein anderes Verfahren statt. Je besser Sie die Fremdsprache
beherrschen, und je sicherer und größer Ihr Wortschatz sowie die Kenntnisse
grammatischer Strukturen sind, desto mehr steigert sich wiederum die Dominanz ihrer
rationellen linken Gehirnhälfte, in der auch „Sprache“ gespeichert wird. Das analytisch-logische Erfassen von Satzzusammenhängen und das Erschließen neuer Wörter wird
hierdurch wesentlich erleichtert. (Christoph Gollub – unterrichtet Pädagogik in
Regensburg)2
Quantitative Angaben
Christine Tettenhammer (Redakteurin von Sprachenlernen.be) 3 gibt uns einen Einblick in
die Zahl der Fremdwörter die zu jedem Niveau gehört. „Wenn Sie eine Fremdsprache
lernen, so sollten Sie als Anfänger (in der Grundstufe) 1.300 bis 2.000 Wörter lernen. Man
geht in der Sprachforschung davon aus, dass man mit einem Grundwortschatz von 2.000
wichtigen Wörtern die meisten Gespräche im Alltag bestreiten kann.“
„Als Lerner in der Mittelstufe sollten Sie Ihren Wortschatz aufstocken und zwischen 3.000 und 4.000 Wörtern beherrschen.“
„Fortgeschrittene schließlich, die sich mit ihrem Wissen zur Oberstufe rechnen dürfen,
verwenden Sie bis zu 6.000 Wörtern der Fremdsprache im aktiven Wortschatz.“
1 Savage- Rumbaugh Sue (1998), Apes, Language and the human mind. Oxford 2 Gollub, Christoph, Wie lernt das menschliche Gehirn? , online unter http://www.sprachenlernen24-
blog.de/wie-lernt-das-menschliche-gehirn/ am 15. Januar 2015 3 Tettenhammer, Christine, online unter http://www.sprachenlernen24-blog.de/tipps-zum-sprachenlernen-
vokabeln-lernen-neue-serie/ am 15.Januar 2015.
3
Der gemeinsame europäische Referenzrahmen (Europarat)4 , an den sich viele Schulen,
Institutionen und Lehrwerke orientieren, gibt keine quantitativen Angaben. Man findet im
Referenzrahmen folgende qualitative Angaben:
A2: „Verfügt über einen ausreichenden Wortschatz, um in vertrauten Situationen und in
Bezug auf vertraute Themen …usw“.
B2 : Verfügt über einen großen Wortschatz in seinem Sachgebiet und in den meisten
allgemeinen Themenbereichen…“
Nützlich und wissenswert für DeutschlehrerInnen: Die Uni Leipzig hat gezählt welche
Wörter am meisten auftreten und veröffentlicht Wortschatzlisten die nach dem Kriterium „Frequenz“ erstellt worden sind:5, z.B. Grundwortschatz 500 oder Grundwortschatz 1000.
Unter derselben url findet man diese Wörter, in einen einfachen Satz eingebettet, als
„Diktatlisten“.
2 Grundbedingung: Motivation
In mehreren Publikationen6 wird die wichtige Rolle der Motivation betont. Es geht dann um
eine positive Einstellung der Sprache gegenüber. Diese Einstellung beeinflusst den Lernerfolg
wesentlich. In der Fachliteratur findet man folgende Tipps: Man sollte den Lernenden
Auswahlmöglichkeiten zur Verfügung stellen, sie möglichst viel selbst bestimmen lassen, ein
konkretes Ziel vor Augen halten. Auch spielerische Aktivitäten und Projektarbeit werden
erwähnt. Es wird auch darauf hingewiesen, dass es sinnvoll ist, die soziale und kulturelle
Dimension des Sprachenlernens nicht zu vernachlässigen. Sprache ist dann ein Instrument um neue Menschen und neue Kulturen, Ideen kennen zu lernen.
3 Lerntheorie, Lernstrategie
3.1 Theorien
Es schadet nicht, sich der grundlegenden Theorien bewusst zu sein. Hier wird nicht für die eine
oder die andere Theorie plädiert. Ein Methodenpluralismus bedient alle Lerntypen und sorgt
für Abwechslung im Unterricht.
Kognitive Lerntheorien
Kognitive Lerntheorien verstehen den Menschen als ein System das Informationen verarbeitet.
Das menschliche Lernen wird als Prozess der Informationsverarbeitung aufgefasst, in dem
die/der Lernende sich aktiv, unter Einbeziehung bereits vorhandener Wissensstrukturen mit äußeren Gegebenheiten auseinandersetzt.
4 Trim, North, Coste, (2001) Gemeinsamer Europäischer Referenzrahmen, Langenscheidt, Seite 112 5 Mattmüller Ulli, (2005) Grundwortschatz, online unter
http://www.gut1.de/grundwortschatz/grundwortschatz_500.html am 10.01.2015, basierend auf Forschung der
Uni Leipzig unter http://wortschatz.uni-leipzig.de/html/wliste.html. 6 Lochtman, Katja (2005) Vreemde-taalverwerving in een meertalige context. De rol van imago, attitudes en
motivatie. In: Toegepaste Taalwetenschap in Artikelen. Meertaligheid zonder meer., Vol. 74, Nr. 2, Seiten. 93-
102.
4
Gelernt wird dann, wenn Lernende aktiv einen Wechselbezug zwischen ihrem Vorwissen
einerseits und neuen Informationen anderseits herstellen und so ihr Wissen neu strukturieren,
(d.h. verändern, erweitern, ergänzen, usw.). 7
Konstruktivistische Lerntheorien
Konstruktivistische Lerntheorien betonen die Individualität von Lernprozessen und
Lernergebnissen. Das menschliche Gehirn wird als ein funktional geschlossenes System
aufgefasst. Dieses System organisiert sich selbst und organisiert damit für sich die Welt. Der
Lehrer nimmt eine beratende Funktion ein.
3.2 Lernstrategien
Die Lernstrategien setzen die Theorie in die Praxis um. Hier gibt es, grob betrachtet, eine
Zweiteilung zwischen den direkten Strategien einerseits und den indirekten Strategien andererseits.
Direkte Strategien - befassen sich direkt mit dem Lernstoff.
Indirekte Strategien - befassen sich mit der Art und Weise des Lernens (Wann? Wo? Wie?),
mit den Gefühlen, die mit dem Lernen (affektive Strategien) und mit sozialen
Verhaltensweisen (sozialen Strategien) verbunden sind.
II Lerntechniken in Bezug auf Wortschatzlernen
1 Aspekte. Ein Wort ist mehr als ein Wort…
Beim Wortschatzlernen werden mehrere Aspekte berücksichtigt. Hier folgt eine
Auflistung:
Phonetik
Es betrifft hier Aussprache , Betonung, Rhythmus, Melodie
Eine gute Aussprache ist wichtig, sonst lenken die komischen Laute vom Inhalt ab, und
macht man keinen guten Eindruck. Eine gute Aussprache maskiert oft auch fehlende
Grammatikkenntnisse.
Rechtschreibung
Grammatikalische Merkmale
Es handelt sich hier zum Beispiel um Valenz (sich verlieben in jemanden, jemanden lieben),
um Kollokationen, wie „die Flucht ergreifen“,“ einen Zusammenhang aufdecken“.
Vergessen wir nicht die Komposita (Tomatensuppe, Suppentomate). Das Geschlecht, und
die Mehrzahlformen sind eine harte Nuss zum Knacken auf Deutsch, sowie die unterschiedlichen Formen der Deklination (Genitiv, Dativ, schwache Substantive). Wissen
um welche Wortart es sich handelt, ist eine große Hilfe. Die Funktionswörter und ihre
Beugungen (haben, sein, …) spielen eine Schlüsselrolle.
Semantik
Das ist wohl das Herzstück des Wortschatzlernens. Was bedeutet dieses Wort?
7 Bimmel, Rampillon, (2000), Lernautonomie und Lernstrategien, Langenscheidt, Seite 64.
5
Pragmatik
Das Register spielt eine wichtige Rolle. Folgende Wörter sind keine richtigen Synonyme: der
Hintern / der Popo, der Westdeutsche / der Wessi, super, klasse / geil, Kleidung /
Klamotten. Daneben gibt es auch kulturspezifische Bedeutungen: Die Anwendung von
„Sie / du „ ist total anders als im Niederländischen, Viertel neun = 8 Uhr 15 in München.
2 Übungen in Bezug auf Wortschatz erlernen/üben
Zu jedem Aspekt kann man nun mehrere Übungen sammeln. Das Internet, die Lehrwerke
bieten unerschöpfliche Möglichkeiten. Wir geben hier, in der Form einer Liste, mehrere
Ideen zu jedem Aspekt.
Phonetik
• Kurz / lang (dieser Unterschied kann nicht überschätzt werden)
• die Zischlaute
• der Umlaut (Kontrastpaare : mit/ohne Umlaut)
• schwer aussprechbare Wörter
• Betonung, usw…
Rechtschreibung
• Welches Wort hörst du? (ankreuzen lassen)
• Diktat
• Wörter mit Lücken
Grammatikalische Merkmale
• Kollokationen ergänzen
• nach Geschlecht ordnen
• Genus bestimmter Suffixe (-heit, -keit)
• Lückentext: bestimmen welche Wortart fehlt
Semantik
• Bedeutungserschließung, zum Beispiel aus dem Kontext. Üblich sind Zuordnungen mit
Definitionen, Bildern oder Übersetzungen. Man kann die Bedeutung im Wörterbuch
nachschlagen (Das online Wörterbuch http://www.uitmuntend.de kann ich nur
empfehlen). Mimik, Gestik, Intonation, Musik können eine Rolle spielen.
• Die Übungsphase. In dieser Phase kann man Synonyme, Anonyme ankreuzen (Berg-Tal),
Wörter mit Qualitäten verbinden (Kaffee: schwarz, Schnee: weiß). Man kann Vergleiche
anstellen: Vergleich: riesig, groß, klein, winzig. Klassisch sind auch Zuordnungsübungen:
man geht von einem Oberbegriff aus und sucht passende Wörter (Kind: spielen, Arzt:
operieren). Wortschatzigel wiederholen den gekannten Wortschatz. Kontrastive Übungen
/ falsche Freunde sind auch sehr sinnvoll. Sprachspiele unterstützen die Motivation. Man
kann selber Kreuzworträtsel enterfen: (z.B. mit Hilfe von http://www.xwords-
generator.de/de), oder ein Buchstabenquadrat bilden (z.B. mit Hilfe von http://www.edhelper.com/German/wordfind_withclues.htm)
6
Pragmatik
• eine informelle E-Mail, in der geduzt wird, in eine förmliche E-Mail umsetzen lassen
• Was sagt man in welcher Situation? (Prosit, gute Besserung, …)
Computerunterstützter Unterricht
Es gibt natürlich sehr viele nützliche, interaktive Webseiten. Die kann man zum Beispiel als
Hausaufgabe oder als Nachhilfeunterricht einsetzen. Hier erwähne ich nur eine kleine
Auswahl von meinen beliebtesten Webseiten.
http://www.interdeutsch.de/studien1.htm (mehrere Stufen)
http://www.webgerman.com/german/webexercises/index.html. Metasprache ist im Englischen.
Mehrere Kategorien werden angezeigt (z.B. Wortschatz, Landeskunde, spielerische
Aktivitäten)
http://www.aufgaben.schubert-verlag.de : sehr viele Übungen, nach Niveauaufgeteilt (C1, B2).
Sowohl interaktive Übungen als auch Arbeitsblätter
http://www.nthuleen.com/teach/vocab.html : sehr viele Wortschatzübungen, interaktiv, und
fertig vorbereitete Arbeitsblätter.
3 Übungen die auf den Lernprozess fokussieren
Auch die indirekten Strategien sollten geübt und berücksichtigt werden. Ich erwähne einige Möglichkeiten.
Übungen zur Förderung der Kreativität, Emotionalität
Hier kann man zum Beispiel ein Gedicht variieren lassen, (Vergnügungen von Bertold Brecht eignet sich gut dazu), oder selber ein Rezept erfinden lassen (z.B. „Mozarteis“).
Übungen, die Gedächtnistypen akzentuieren
Es handelt sich hier um mnemotechnische Hilfsmittel, Internationalismen, Reime. Im
Internet findet man auf Youtube auch mehrere Eselsbrücken, z.B. um sich die Präpositionen
mit Dativ zu merken. Manchmal werden Farben oder Ikone eingesetzt.
Übungen, die das Prinzip der Wortschatzsystematisierung akzentuieren
Was bedeutet „-los“, „un-„? zum Beispiel. Oder Übungen die Ableitungsmechanismen
reflektieren ( zum Beispiel Fragen, die Frage, oder Sport, Sportler)
Semantisierungsstrategien
Am schwierigsten sind die abstrakten Wörter. Man kann mit der eigenen Sprache oder
einer anderen Fremdsprache vergleichen, zum Beispiel. Diese Technik findet man sehr
häufig in den neueren Lehrwerken zurück. 8
Selbständig den Wortschatz erweitern
Hier denken wir an Wörterbucharbeit, oder ein Wort im Internet nachschlagen: mit
welchen anderen Wörtern tritt es auf? Welche Übersetzung passt in den Kontext?
8 Tangram aktuell (2015), Hueber Verlag
Team Deutsch (2008), Klett Verlag
Schritte International (2009), Hueber Verlag
7
Lernstrategien
Aktivitäten zur Planung, Beobachtung, Vorbereitung und Evaluation des Lernprozesses:
• Das Organisieren von Studienmaterialien
• Das Monitoring der eigenen Fehler und Selbsteinschätzung
III Heutige Tendenzen und Ratschläge von Pädagogen
Ich wollte mich zum Schluss über die heutigen Tendenzen erkundigen. Ich basierte auf dem
Internet, auf Gesprächen mit Kollegen und Kolleginnen und auf Themen von didaktischen
Kongressen. Was hat sich herausgestellt?
• Das selbstständige Lernen und das „Blended Learning“ wird immer wichtiger. Der
Computer übernimmt bestimmte Funktionen der Lehrkräfte.
• In vielen Publikationen wird für das „Mehrkanalige Lernen“ plädiert. Beim mehrkanaligen
Lernen aktivieren wir „unsere Vorstellung von Klängen, Rhythmen, Melodie, Farben,
Formen, Gerüchen, Geschmack- und Tastempfindungen, Mimik und Gestik.“9
• Wir haben es alle schon oft gehört: Viel Aufmerksamkeit für Reflektieren, Selbstreflexion, Selbstevaluation
• Fehlertoleranz wird verteidigt. „Sie sind erfolgreich, wenn Sie sich verständlich machen.“
• Die Rolle der Muttersprache wird nicht mehr verpönt. 10
• Man weist auf die verringerte Unterrichtszahl hin und stellt fest, dass die
Wiederholungsphase und Anwendungsphase im Unterricht oft vernachlässigt werden.
Ich stieß auch auf folgende konkrete Ratschläge die sich mit Wortschatzerwerb beschäftigen:
Wortschatzerwerb muss mit kommunikativer sprachlicher Aktivität eng verbunden werden,
das Lexikon soll thematisch und situativ eingebettet werden.
• Die Arbeit mit isolierten Wörtern darf nicht ganz ignoriert werden.
• Die Visualisierung soll besonders bei der Präsentation und Semantisierung des neuen
Wortschatzes berücksichtigt werden. • Die Proportionalität zwischen dem Erwerb des Wortschatzes und der Fähigkeit, ihn
gebrauchen zu können, sollte respektiert werden.
• Im Unterricht sollten auch diejenigen Übungen ihren Platz finden, die individuelle
Bedürfnisse der Schuler berücksichtigen.
• Kognitive, emotionelle und handlungsorientierte Aspekte des Unterrichtsprozesses
müssen ausgeglichen im Unterrichtsgeschehen vertreten sein.
• Der Lehrer sollte gezielte Hilfe beim Vokabellernen leisten können.
IV Umfragen bei Studierenden
In diesem Teil wollte ich die Lernenden selbst zu Wort kommen lassen. Ich habe im Internet
eine Umfrage gefunden, die sich mit dem Wortschatzerwerb beschäftigt, und ich habe auch
9 Handke, Jürgen (2012), E-Learning, E-Teaching und E-Assessment in der Hochschullehre: Eine Anleitung,
Oldenbourg Wissenschaftsverlag 10 Butzkamm, Wolfgang (s.d.) Die Muttersprache als Sprach- Mutter, online unter
http://www.jochenenglish.de/misc/butzkamm_muttersprache.pdf am 15. Januar 2015.
Andzyak, Justina (2003), Spracherwerbstheorie. Der Einfluss der Muttersprache auf den Erwerb einer
Fremdsprache, 978-3-638-18575-2, Jena, Seite 5-6.
8
selbst bei meinen Studierenden an der Arteveldefachhochschule in Gent eine Umfrage
durchgeführt.
1 Umfrage von Frau Pisova, 2007, in Brno, bei DaF-Lernenden (Schülern)11
Frau Pisova untersucht die Effektivität der Lernstrategien beim Wortschatzerwerb.
Die Zahl der Teilnehmer wird nicht erwähnt. Sie hat mehrere Gruppen befragt, ich bespreche nur die Schüler und die Hochschüler. Der Fragebogen ist jeweils derselbe (siehe weiter). Ich
habe den Eindruck, die Respondenten durften ohne Beschränkung auf jeden Anreiz reagieren
und jede Aussage, die auf sie zutrifft, bestätigen.
Meiner Meinung nach machen die Fragen keinen Unterschied zwischen Wortschatz lernen und
Wortschatz üben, deswegen habe ich in meiner Umfrage diese zwei Bereiche voneinander
getrennt.
So sieht der Fragebogen von Frau Pisova aus :
„Ich behalte eine Vokabel besonders gut, wenn ich sie…“
1. Wortschatzerwerb im Unterricht
2. Wortschatzerwerb: Fernsehsendung
3. Wortschatzerwerb: Internet
4. Selbständiger Wortschatzerwerb
5. Vokabel lernen mit den Mitschülern
6. Vokabellernen aus dem Vokabelheft
7. Wortschatzerwerb: Schreiben
8. Lautes Nachsprechen von Vokabeln
9. Wortschatzerwerb spielerisch
10. Auflisten aus einem Text
11. Ableiten von bekannten Vokabeln
12. im Wörterbuch nachschlagen
13. Synonyme bilden
14. Kontextualisiertes
Wortschatzlernen
15. Wortschatzarbeit: Kärtchen
11 Pisova, Eva (2007), Wortschatzerwerb autonom, (Diplomarbeit), Brno, seiten 93-94 und Seiten 98-100.
9
Und hier sind die Ergebnisse bei Schülern:
Als die effektivsten Lernstrategien werden bei den Minderjährigen diese Strategien
bezeichnet:
• Selbständiger Wortschatzerwerb (Frage 4) - 76 %
• Lautes Nachsprechen von Vokabeln (Frage 8) – 68 %
• Kennenlernen von Vokabeln im Unterricht (Frage 1) - 63 %
• Spielerisch Wortschatzlernen: (Frage 9 ) - 57 %
• Ableiten von Vokabeln aus einem Text - (Frage 11) – 54 %
Als nicht effektiv werden eingestuft: • Synonyme bilden (Frage 13) - 15 % • Mit den Mitschülern lernen (Frage 5) - 18 %
• Mit Kärtchen arbeiten (Frage 15) – 18 %
2 Umfrage Frau Pisova , die Ergebnisse bei Studierenden zwischen 18-25
Erstens fällt auf, dass die Aktivität zugenommen hat. Die Studierenden setzen mehr
Lerntechniken ein, sie sind insgesamt aktiver als die Schüler.
0 10 20 30 40 50 60 70 80
1. Wortschatzerwerb: im Unterricht
2. Wortschatzerwerb: Fernsehsendung
3. Wortschatzerwerb: Internet
4. Wortschatzerwerb: Selbständig
5. Vokabellernen: mit den Mitschülern
6. Vokabellernen: aus dem Vokabelheft
7. Wortschatzerwerb: Schreiben
8. Lautes Nachsprechen von Vokabeln
9. Wortschatzerwerb: spielerisch
10. Auflisten aus einem Tekst
11. Ableiten von bekannten Vokabeln
12. Im Wörterbuch nachschlagen
13. Synonyme bilden
14. Wortschatzlernen: Kontextualisiert
15. Wortschatzlernen: Kärtchen
Die effektivsten Lernstrategien (Effektivität in %)
Schüler bis 18 Jahre
10
Als die effektivsten Lernstrategien werden bei den Studierenden die folgenden Strategien
bezeichnet:
• Selbständiger Wortschatzerwerb (Frage 4) - 83 %
• Lautes Nachsprechen von Vokabeln (Frage 8) - 83 %
• Lernen von Vokabeln aus dem Internet (Frage 3) - 79 % • Ableiten von Bedeutung von Vokabeln aus einem Text: (Frage 11) - 71 %
• Auflisten aus einem Text (Frage 10) - 67 %
Als nicht effektiv werden eingestuft: • Fernsehen, Sendung (Frage 2) - 29 %
• Synonyme bilden (Frage 13) - 42 %
• Vokabeln aus dem Vokabelheft lernen (Frage 6) – 46 %
3 Umfrage von Bea Paelman an der Arteveldefachhochschule, bei Erst- und Drittsemestlern, DaF (Januar 2015)
Methode
Es gab 350 Teilnehmer (Bachelor in Kommunikationsmanagement) die das Fach Deutsch
belegen. Es handelte sich um eine schriftliche Umfrage mit zwei Fragen, mit 9 bzw. 6
Antwortmöglichkeiten. Die Studierenden wurden gebeten, jeweils nur drei Optionen zu markieren. Dabei verweist die Nummer 1 auf die beliebteste Option, 2 und 3 auf die
folgenden.
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90
1. Wortschatzerwerb: im Unterricht
2. Wortschatzerwerb: Fernsehsendung
3. Wortschatzerwerb: Internet
4. Wortschatzerwerb: Selbständig
5. Vokabellernen: mit den Mitschülern
6. Vokabellernen: aus dem Vokabelheft
7. Wortschatzerwerb: Schreiben
8. Lautes Nachsprechen von Vokabeln
9. Wortschatzerwerb: spielerisch
10. Auflisten aus einem Tekst
11. Ableiten von bekannten Vokabeln
12. Im Wörterbuch nachschlagen
13. Synonyme bilden
14. Wortschatzlernen: Kontextualisiert
15. Wortschatzlernen: Kärtchen
Die effektivsten Lernstrategien (Effektivität in %)
Lernende im Alter von 18 - 25 Jahren
11
3.1 Der Fragebogen. Frage 1: wie erwerben Sie am besten neuen Wortschatz?
a) während dem Unterricht
b) zu Hause
c) Wörter hören
d) Wörter im Satz lesen
e) Bilder
f) online Übungen
g) Umschreibung in Fremdsprache
h) Übersetzung in Muttersprache
i) im WB oder digital nachschlagen
Ergebnisse:
Alle Optionen die gewählt werden, gehören also schon vom Anfang an zu den beliebtesten
Lerntechniken. In der Statistik hier unten finden Sie die Antworten in absoluten Zahlen:
Umfrage Bea Paelman, Januar 2015, GentFrage 1: Wie erwerben Sie am besten neuen Wortschatz?
0 20 40 60 80 100 120 140 160 180 200
a) während dem Unterricht
b) zu Hause
c) Wörter hören
d) Wörter im Satz lesen
e) Bilder
f) online Übungen
g) Umschreibung in Fremdsprache
h) Übersetzung in Muttersprache
i) im WB oder digital nachschlagen
an 1. Stelle an 2. Stelle an 3. Stelle
2221/02/2015
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Und hier sind dieselben Ergebnisse, in Prozentsätze umgesetzt:
Wenn man sich die Ergebnisse pro Position anschaut, kann man folgende Schlussfolgerungen
ziehen:
An 1. Stelle: (b) zu Hause lernen + (h) eine Übersetzung in die Muttersprache = 67,4 %
An 2. Stelle: (h) Übersetzung in die Muttersprache + (b) zu Hause lernen = 39,9 %
An 3. Stelle: (d) Wörter in einem Satz lernen + (h) Übersetzung in die Muttersprache = 40,5 %
Die Lernen bevorzugen es also, zu Hause ihre zweisprachigen Wortschatzlisten zu pauken.
Dass sie die Wörter dabei gern in einem Satz figurieren sehen, betont die Wichtigkeit des
Kontextes.
Der absolute Gewinner ist die Lernarbeit zu Hause (80,8 %) . Die Studierenden haben das
Gefühl, dass dort das wesentliche Lernen stattfindet. Dieses Ergebnis entspricht meiner
Meinung nach dem „selbständigen Wortschatzerwerb“ von der Umfrage von Frau Pisova, auch
bei ihr der absolute Sieger.
3.2 Frage 2: Wie üben Sie am besten neuen Wortschatz?
Hier gab es nur 6 Antwortmöglichkeiten. Ich habe die Studierenden gebeten, genau anzugeben
wie sie am besten den Wortschatz einüben.
a) mit Mitschülern
b) abschreiben
c) Listen erstellen
d) laut nachsprechen
e) Wortschatzübungen
f) wiederholen
13
Ergebnisse:
Hier finden Sie die Ergebnisse in absoluten Zahlen. Die Antworten sind sehr konsistent.
Umfrage Bea Paelman, Januar 2015, Gent Frage 2: Wie üben Sie am besten neuen Wortschatz?
0 20 40 60 80 100 120 140 160
a) mit Mitschülern
b) abschreiben
c) Listen erstellen
d) vorlesen
e) Wortschatzübungen
f) wiederholen
an 1. Stelle an 2. Stelle an 3. Stelle
2421/02/2015
Im unten stehenden Schema wurden die Ergebnisse in Prozentsätze umgesetzt.
Zwischen den zwei Gewinnern gibt es nicht eine solche große Kluft wie bei Frage 1. Die
Studierenden sind sich der Wichtigkeit der Wiederholung bewusst, und bevorzugen das laute Nachsprechen von Vokabeln. Das „Wiederholen an sich“ trat bei Frau Pisova nicht als Technik
auf. Man kann ja auf mehrere Weisen wiederholen. Das laute Nachsprechen war auch bei den Respondenten von Frau Pisova sehr beliebt. Also, können wir auch hier sagen, dass die
Ergebnisse der beiden Umfragen übereinstimmen.
14
An 1. Stelle: (f) regelmäßig wiederholen ist die beste Technik, auch (d) laut nachsprechen,
schneidet gut ab.
An 2. Stelle: (d) Wörter laut nachsprechen ist hilfreich (mit 31 %) und auch viel wiederholen (f)
bleibt nützlich (22 %).
An 3. Stelle: (d) laut nachsprechen und (f) viel wiederholen…. Wir wiederholen uns…
Allgemeine Schlussfolgerung:
Studierende bevorzugen zweisprachige Vokabellisten, die sie zu Hause lernen. Dabei sprechen
sie mehrmals die Wörter laut nach. Sie sind sich der Wichtigkeit der Wiederholung bewusst, sind aber nicht dazu geneigt, Wortschatzübungen neu zu machen, oder gemeinsam mit
Mitstudierenden zu üben. Dass Wörter in einem Satz angeboten werden, finden sie hilfreich.
V Neues im Netz
Wir bleiben beim Thema Wortschatzerwerb.
• Phase-6 Vokabeltrainer. Das alte Karteikartensystem wurde modernisiert und
digitalisiert. Man kann selber Wortschatz hinzufügen, oder Wortschatz von bestimmten
Lehrwerken einüben, es gibt nämlich eine Kooperation mit großen Lehrwerkverlagen, und der Wortschatz mehrerer Lehrwerke wurde in das System aufgenommen. Gratis 14 Tage
ausprobieren. http://www.phase-6.de/vokabeltrainer/desktop.
• Voodle. Voodle ist ein automatisches Abfragesystem nach vorgegebenen
Wortschatzfeldern (zum Beispiel: Beruf). Die Idee ist, dass Sie als Deutschsprachige(r)
Englisch oder Spanisch lernen. Man bekommt eine Statistik der Ergebnisse (richtig
übersetzt, halbrichtig, falsch). Man kann dann erneut die Wörter abfragen, die man falsch
übersetzt hatte. Man kann auch selber den eigenen Lernwortschatz eingeben.
http://www.voodle.de.
• Vokabeltrainer- APP: Mit dem mobilen Vokabeltrainer des Goethe-Instituts können Sie
flexibel und mobil neuen Wortschatz für Deutsch als Fremdsprache üben und verbessern.
(https://www.goethe.de/de/spr/ueb/vok.html)
VI Zur Diskussion
Dieser Artikel basiert auf dem Referat der auf dem Studientag am 4. Februar 2015 zum Thema Wortschatzerwerb organisiert wurde. Da gab es auch noch Zeit um folgende Fragen zu
reflektieren:
1 Schülerrolle
Welche Wortschatzliste würden Sie am liebsten lernen? (anhand von Beispielen)
2 Lehrerrolle
• Wo lernt man am besten Wortschatz : im Unterricht oder zu Hause?
• Ist es sinnvoll im während dem Unterricht mit einem Wörterbuch zu arbeiten?
Erfahrungen?
• Spielen hohe Frequenz und kommunikativer Wert eine Rolle bei der Auswahl des
Wortschatzes?