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Wieder zu Hause und alles anders Eine Anleitung zur selbstständigkeits- fördernden Pflege von Menschen nach einem Schlaganfall

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Wieder zu Hause

und alles anders

Eine Anleitung zur selbstständigkeits -fördernden Pflege von Menschen nacheinem Schlaganfall

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Sehr geehrte Therapeutin, sehr geehrter Therapeut!Linz, im Jänner 2002

In unserer täglichen Arbeit mit Menschen nacheinem Insult ist die Schulung von Angehörigen einwichtiger Teil. Wir haben nun eine Informationsbro-schüre erstellt, um die praktischen Übungsinhalte(Handling, Lagerung, etc. nach dem Bobath-Konzept)schriftlich festzuhalten und somit für die Angehörigenbesser nachvollziehbar zu machen. Diese Broschüreist eine Zusammenfassung des theoretischen Wis-sens und der praktischen Erfahrungen von Ergothera-peutInnen in der Neurologie aus Oberösterreich, wel-che sich im Rahmen des Arbeitskreises für Neurolo-gie, Orthopädie & Handchirurgie (AK NOHa) regel-mässig zu Themenabenden treffen.

Die Broschüre ist eine lose Blattsammlung und beein-haltet eine oder mehrere Seiten zu den einzelnen The-men (siehe Inhaltsverzeichnis). Der Hauptteil derInformationen bezieht sich auf den korrekten Umgangbei sensomotorischen Beeinträchtigungen. Zudemwerden aber auch neuropsychologische Zusatzstö-rungen erklärt.

Die für den jeweiligen Patienten geeigneten Einzel-blätter werden als Kopie zu einerMappe (z.b. Schnellhefter) zusammengestellt. Bittebeginnen Sie jede Broschüre mit* Deckblatt (= Titelfoto)* Aktualisierungsblatt

(=welche Therapeutin/Institution/wann)* Vorwort (Sehr geehrter Angehörige, sehr geehrter

Patient)* BegriffserklärungenDie weiteren Inhalte können frei variiert werden.Wechselt der Patient vom Akutkrankenhaus ins Reha-bilitationszentrum (oder eine andere Einrichtung),wird genau dieselbe Mappe wieder herangezogen unddem neuen Status des Patienten angepasst. So sindder Patient und seine Angehörigen immer am aktuellenStand und müssen sich nicht durch ein ganzes Buch(mit teilweise nicht mehr relevanten Informationen)durcharbeiten. Die behandelnde Therapeutin weiss soebenfalls Bescheid, welche Inhalte bereits bekannt sindund wo angeknüpft werden kann.

Bei der Erstellung haben wir Arbeitsweisen undDetails des Bobath-Handlings intensiv diskutiert undmussten dabei feststellen, dass in den einzelnenBobath-Ausbildungen zum Teil unterschiedliche Inhal-te vermittelt werden und auch unsere eigene Anwen-dung variiert. Wir haben uns auf die hier vorliegendenErgebnisse geeinigt und zählen auch auf Ihre Toleranzbei auftretenden kleinen Diskrepanzen. Weiterswurde der Rohentwurf von Personen mit unter-schiedlichem Zugang zu Schlaganfallpatienten probe-gelesen und korrigiert (Pflegepersonal, Logopädie,Physiotherapie, Angehörige von Patienten).

Wie Sie bemerken werden, haben wir der Einfachheithalber in der Anrede nur die männ liche Form gewählt.Natürlich sind damit sowohl Männer als auch Frauengemeint. Weiters haben wir die weniger betroffene Seite desPatienten zum besseren Verständnis für Laien als„gesunde Seite“ und die betroffene Seite abwech-selnd als „betroffene“ oder „gelähmte Seite“ bezeich-net.

Wir freuen uns über die Fertigstellung eines arbeits-intensiven Projekts und hoffen, dass es die (Zusam-men-) Arbeit für uns alle erleichtert.Die gegebenen Informationen stammen einerseitsaus der Praxis, andererseits aus Bobath-Kursen inÖsterreich, der Schweiz und Deutschland, diversenFortbildungen zu neurologischen Behandlungskon-zepten und u.a. aus folgenden Quellen:

AFFOLTER, F. (1987): Wahrnehmung, Wirklichkeit und Sprache. BOBATH, B. (1983): Die Hemiplegie Erwachsener. DAVIES, P. (1986): Hemiplegie. SpringerGEISSELER, T. (1991): Halbseitenlähmung, Hilfe zur Selbsthilfe.

SpringerGOLDENBERG, G. (1997): Neuropsychologie. Grundlagen,

Klinik, Rehabilitation; Fischer.HUMMELSHEIM, H. (1998): Neurologische Rehabilitation;

Springer.PROSIEGEL, M. (1991): Neuropsychologische Störungen und

ihre Rehabilitation; Pflaum.SCHLUCKSTÖRUNGEN - Diagnostik und Rehabilitation. Bartolo-

me, Buchholz, Feusser, Hannig, Neumann, Prosiegel,Schröter-Morasch, Wuttge-Hannig. Urban & FischerVerlag, 2. Auflage 1999

SCHÜTZ, R.-M./MEIER-BAUMGARTNER, H.P. (1994): Der Schlaganfallpatient; Huber

Sehr geehrte Leserin, Sehr geehrter Leser,

Dank des Engagements der ErgotherapeutInnen des-Arbeitskreises NOHa aus Oberösterreich konnte imJahr 2002 die Broschüre „Wieder zu Hause und alle-sanders …“ veröffentlicht werden. 10 Jahren später-hat sich der Bundesverband der Ergotherapeutinnenund Ergotherapeuten Österreichs – ErgotherapieAustria nun anlässlich des Welttags der Ergotherapieentschlossen, diese Broschüre auch digital verfügbarzu machen. Die in der Broschüre dargestellten The-men sind heute noch genauso aktuell wie zum Zeit-punkt ihrer erstmaligen Veröffentlichung. Mit der digi-talen Neuauflage möchten wir diese praxisorientier-ten und an schaulichen Hilfestellungen für zu Hausein eine moderne und unkomplizierte Form bringen. Besonders für SchlaganfallpatientInnen ist es wichtig, den Grundsatz der größtmöglichen Selbst-ständigkeit nicht nur in der Therapie, sondern auch zuHause weiterzuverfolgen und in der Therapie Erlern-tes in den Alltag umzusetzen. Die vorliegende Bro-schüre soll einzelne Therapieinhalte für zu Hause auf-bereiten und vertiefen und somit die Umsetzung imAlltag erleichtern. In der Broschüre finden Sie z.B.Tipps, wie Sie Ihrer bzw. Ihrem Angehörigen das Liegen möglichst angenehm gestalten können, wieSie unterstützen können, damit die Patientin bzw. derPatient aus dem Bett gelangen kann oder wie SieMenschen nach einem Schlaganfall in ihrem Lern-prozess angepasst unterstützen und in ihrer Selbst-ständigkeit fördern können.Wenngleich die vorliegende Broschüre eine sinnvolleUnterstützung in der Therapie darstellt, so solltengesetzte Aktivitäten stets mit Ihrer behandelndenErgotherapeutin bzw. Ihrem behandelnden Ergothera-peuten abgestimmt und besprochen werden. Infor-mationen über Ergotherapie und ErgotherapeutInnenin Ihrer Nähe finden Sie auf unserer Homepage unterwww.ergoaustria.at.

ImpressumMedieninhaber und Herausgeber: Ergotherapie Austria – Bundesverband der Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten ÖsterreichsSobieskigasse 42/5, 1090 Wien www.ergotherapie.at

Autorinnen: AK NOHa Oberösterreich

Layout: Kurt Diesenreither

2. digitale Neuauflage. Wien, im Oktober 2012Hinweis: Die vorliegende digitale Neuauflage wurdeausschließlich hinsichtlich Rechtschreibung, Gestaltung und Veröffentlichungsform überarbeitet.Die Inhalte entsprechen exakt jenen der erstenAuflage.

Vorwort

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Wieder zu Hause und alles anders ... Eine Anleitung zur selbstständigkeitsfördernden Pflege von Menschen nach einem Schlaganfall

ErgotherapeutIn

Telefon

Erste Zusammenstellung am

Stempel der Institution

Datum TherapeutIn InstitutionAktualisierung

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Sehr geehrte Angehörige, sehr geehrte Patientin, sehr geehrter Patient!

Damit Sie die in der Schulung erhaltenen Infor-mationen zu Hause nachlesen und vertiefen kön-nen, hat Ihnen Ihre Therapeutin diese Mappezusammengestellt. Die einzelnen Blätter wurdenvon Dipl. ErgotherapeutInnen aus Oberösterreicherarbeitet und beinhalten neueste Erkenntnissein der Behandlung und im Umgang mit Patientennach einem Schlaganfall.

Diese Mappe wird Sie während der gesamtenZeit der Rehabilitation (=Wiederherstellung)begleiten und dem jeweiligen Können angepasst.Es ist deshalb wichtig, dass Sie die Mappe derbehandelnden Therapeutin zeigen, wenn dieBehandlungseinrichtung ge wechselt wird. Soweiss die Therapeutin sofort Bescheid, welcheInhalte Ihnen bereits bekannt sind und kanndaran anknüpfen.

Bei der genauen Betrachtung der Fotos (die Hand-ling und Lagerung betreffen), wird Ihnen auffallen,dass der Oberkörper des abgebildeten Patientenzweifärbig ist. Die schwarze Hälfte ist dabei diegesunde Seite, die weisse steht für die gelähmte(betroffene) Körperhälfte. Wir hoffen, Ihnen damitdie Orientierung etwas zu erleichtern.

Wie Sie bemerken werden, haben wir der Ein-fachheit halber in der Anrede die männliche Anre-deform gewählt (mit Ausnahme der in der über-wiegenden Zahl weiblichen Therapeutinnen).Natürlich sind damit sowohl Männer als auchFrauen gemeint.

Wenn Sie mit der Erkrankung Schlaganfall bisherkeine Berührung hatten, so werden Ihnen die imAnschluss folgenden Begriffserklärungen helfen,häufig genannte Be zeichnungen besser zu ver-stehen.

Wir wünschen Ihnen einen guten Start zu Hauseund viel Erfolg bei der Anwendung der erlerntenHilfestellungen!

Bei Fragen nehmen Sie bitte Kontakt mit uns auf.Wir unterstützen Sie gerne.

Wir bedanken uns für die finanzielle Unter -stützung zur Erstellung dieser Broschüre bei

Firma HEINDL

Land OÖ

Firma Lindtner

REHA-SERVICE Altenhof

Firma Smith & Nephew

Ergotherapie Austria – Bundesverband derErgotherapeutinnen und Ergotherapeuten Österreichs

Begriffserklärungen Seite 7Der Schlaganfall Seite 8Handling nach dem Bobath-Konzept Seite 10

Seitenlagerung auf der betroffenen Seite Seite 12Seitenlagerung auf der gesunden Seite Seite 12Lagerung in Rückenlage Seite 13Gesicherte Armposition Seite 14Beine aufstellen Seite 14Becken heben Seite 15Zur Seite rutschen in Rückenlage Seite 16Nach hinten rutschen in Seitenlage Seite 17Nach oben rutschen in Seitenlage Seite 18Nach oben rutschen in Rückenlage Seite 19Drehen zur betroffenen Seite Seite 20Drehen zur gesunden Seite Seite 20Sitzen im Bett Seite 21Aufsetzen aus der Seitenlage über die betroffene Seite Seite 22Hinlegen vom Sitzen in die Seitenlage Seite 23Vor- und Zurückrutschen im Sitzen Seite 24Transfer Seite 25Schmerzen im Bereich Schulter-Arm-Hand Seite 26

Zimmergestaltung Seite 27Körperpflege Seite 28

Körperpflege im Bett Seite 29Körperpflege am Waschbecken Seite 30

Essen und Trinken Seite 33Aus- und Anziehen Seite 35Gehen Seite 39Hilfsmittel zur Fortbewegung Seite 40Hilfsmittel Seite 41Rollstuhl Seite 42Ausstattung von Sanitärräumen Seite 43Inkontinenz Seite 44Apraxie Seite 45Neglect Seite 46Pushersyndrom Seite 47Verhaltensänderung Seite 48Gedächtnis Seite 49Räumliche Störungen Seite 50

Inhaltsverzeichnis

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adipös übergewichtigaktiv Der Patient hilft selbst mit soweit

er kannAlexie Unfähigkeit zu lesen, trotz normalen

SehvermögensAmnesie GedächtnisverlustAphasie Störung des Sprechens, der

Sprachverarbeitung und/oder desSprachverständnisses

Apoplex, Apoplektischer Insult

SchlaganfallApraxie/Dyspraxie

Beeinträchtigung der Planung undAusführung von Handlungsabläufenund Alltagsaktivitäten, teilweisetrotz intakter Motorik

Ataxie Koordinationsschwierigkeiten; Störung des geordnetenZusammenspiels der Muskulatur;Körperbewegungen wie Gehen,Stehen oder Greifen können nicht fein abge-stimmt werden

Bobath-Konzept

Das nach dem Ehepaar Bobathbenannte Konzept zur Behandlungzentral bedingter Lähmungen

Ergotherapie Behandlung von Leistungsausfällenmit dem Ziel, die einzelnen Fähigkei-ten zu verbessern und im Alltageine größtmög liche Selbstständig-keit zu erlangen bzw. zu erhalten

Handling Handhabung des PatientenHemianopsie

Halbseitiger GesichtfeldausfallHemiplegie Halbseitige LähmungHemisphäre HirnhälfteInkontinenz Verminderte Kontrolle über Blasen-

oder Darmentleerung kognitiv Höhere Leistungen des Gehirns

betreffend („erkennend“)Läsion Verletzung

Logopädie Behandlung von Ausfällen der Sprache, des Sprechens und desSprachverständnisses als auch vonLähmungen im Gesichts- undMundbereich, Schlucken

Neglect Leugnen, Negieren; Vernachlässi-gung der gelähmten Seite (vorallem bei linksseitigen Lähmungen)

Ödem Schwellung, Ansammlung von Flüssigkeit im Gewebe

Perzeption Aufnahme und Verarbeitung vonSinneseindrücken (z.b. Spüren)

Physiotherapie

Behandlung von Ausfällen im Bewegungsapparat und in der Fortbewegung

Prognose Vorhersage über den Verlauf undAusgang der Krankheit

Prophylaxe Vorbeugung von KrankheitenPusher-Syndrom

Verschiebung der Wahrnehmungder eigenen Körper mittellinie, vor-wiegend bei linksseitigen Lähmun-gen

Rehabilitation

Wiederherstellung, Wiedereingliederung

sensomotorisch

Die Bewegung und die damit ver-bundenen Spürinformationenbetreffend

Spastizität Unerwünschte erhöhte Anspan-nung der Muskulatur

Subluxation Fehlstellung des Oberarm kopfesund des Schulterblatts bei Läh-mung des Armes, kann schmerz-haft sein

Tonus Spannungszustand der MuskelnTransfer Wechsel des Patienten von einem

Platz zum anderen (z.B. Bett-Roll-stuhl, Rollstuhl-Toilette etc.)

ZNS Zentrales Nervensystem

Begriffserklärungen

Der Schlaganfall

1. EinleitungEin Schlaganfall ist ein akutes Geschehen. EinSchlaganfall (=Apoplektischer Insult, in derUmgangssprache auch „Schlagerl“ oder „Gehirn-schlag“ genannt) tritt schlagartig, plötzlich ein –daher auch der Name. Mehr oder weniger ohneVorwarnung kann es zu Bewegungsverlust einerKörperhälfte kommen (=Hemiplegie), oder derSpürsinn, das Planen von Handlungen, dasGedächtnis, räumliche und zeitliche Orientierung,Sehleistungen, Sprechen und Verstehen vonSprache, das Schluckenund andere höhere Hirnleistungen (wie z.B.Rechnen, logisches Denken etc.) verändern sich.

Die Ursache dafür liegt in einer fehlerhaftenDurchblutung des Gehirns:

in ca. 85% kommt es dabei zu einem Ver-schluss oder einer Mangeldurchblutungvon Gehirngefäßen. Das dahinterliegendeGe webe wird zu wenig mit Sauerstoff undGlukose (Zucker) versorgt.in 15 % eines Schlaganfalls ist eine Hirn -blutung Ursache der Zerstörung von Hirn -gewebe.

Der Schlaganfall bewirkt oft eine Verminderungder Handlungsfähigkeit und Selbstständigkeitdes Menschen. Die bisherige Lebenssituationkann (vorläufig) nicht mehr aufrecht erhaltenwerden. Zusätzlich bestehen häufig auch seeli-sche Veränderungen. Auf diese Situation sindsowohl der Betroffene als auch Sie als Angehöri-ger nicht vorbereitet. Diese Information sollIhnen helfen, die neue Situation mit Ihrem Part-ner, einem Elternteil oder Angehörigen besser zubewältigen und die in der Therapie erlangtenFähigkeiten zu erhalten bzw. weiter auszubauen.Die behandelnde Therapeutin hat speziell für Sieeine Mappe zusammengestellt. Sie lernen damit,wie Sie z.B. Ihrem Angehörigen das Liegen mög-lichst angenehm gestalten können, an welchenKörperstellen Sie unterstützen, damit der Patientaus dem Bett gelangen kann, wie Sie den Men-schen nach einem Schlaganfall in seinem Lern-prozess angepasst unterstützen und in seinerSelbstständigkeit fördern können.

Die hier empfohlenen Abläufe in Alltags -situationen basieren auf dem Bobath-Konzept.Dieses ist wesentlicher Bestandteil der Rehabili-tation (= Wiederherstellung). Es zielt darauf ab,alle reduzierten Funktionen zu verbessern. Dabeiwird die gelähmte Seite möglichst in alle Hand-lungen miteinbezogen.Das Bobath-Konzept wird im Krankenhaus über24 Stunden lang von allen Berufsgruppen prakti-ziert: Pfleger, Physiotherapeuten, Ergotherapeu-ten und Logopäden wenden dieses Wissen an,und es sollte auch zu Hause weitergeführt wer-den. Nur so können Inhalte der Therapie wirksamwerden und der Betroffene lernt, Bewegungenund Handlungen physiologisch normal auszufüh-ren.

Nähere Informationen über das Bobath-Konzept

bekommen Sie von den behandelnden

Therapeuten.

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Linke GehirnhälfteMuskellähmung der rechten KörperseiteAusfälle der Sprache und des Verstehens(=Aphasie)logisches Denkenetc.

Rechte GehirnhälfteMuskellähmung der

linken Körperseitereduziertes Planen von

Handlungen(=Apraxie)

räumliche und zeitliche Orientierung

EmotionenVernachlässigung (=Neglect)

der linken Körperhälfte

Je nach dem, welche Gehirnregion betroffen ist, kommt es zu folgendenmöglichen Funktionsausfällen:

Der Verlauf

2. KrankheitsverlaufDer Zustand des Patienten ist unmittelbar nachdem Schlaganfall am schlechtesten; wobei dieSymptome erst Stunden bis Tage nach demInsult die volle Ausprägung erreichen und somancher Patient noch selbst zu Fuß ins Kranken-haus kommt.

Durch eine korrekte Frühbehandlung könnendie Symptome positiv beeinflusst und so derZustand langsam gebessert werden. Die Wieder-herstellung der verlorengegangenen Funktionenist das Ziel der Rehabilitation. Eine Wiederher-stellung ist möglich, hängt jedoch von derSchwere des Schlaganfalls als auch von vielenanderen Faktoren ab (Wie groß sind die zerstör-ten Regionen im Gehirn? Sind erschwerendeZusatzsymptome vorhanden? Ist der Patientmotiviert? Arbeitet er mit? Wird er von denAngehörigen in seiner Selbstständigkeit unter-stützt? Wie ist seine allgemeine körperliche Ver-fassung? etc.)

Die Behandlungszeit beträgt manchmal nurwenige Wochen, meist jedoch Monate bisJahre. Dabei können, wenn der Schlaganfallnoch nicht so lange zurückliegt, rasch Fortschrit-te erzielt werden.In vielen Fällen bleiben Funktionen vermindert,bei einigen Patienten kommt es zu erschweren-den und den Lernerfolg (zusätzlich) behinderndenProblemen, zum Beispiel Spastizität: Durch einenAnstieg der Anspannung der Muskulatur(=Tonus), wird die Beweglichkeit vom gesam-ten Körper, dem Bein oder/und dem Arm weitereingeschränkt, harmonische und feinabgestimm-te Bewegungen sind nicht gut möglich. Einegänzliche Wiederherstellung ist nicht möglich,der Betroffene muss Wege finden, sein Lebenseinen Fähigkeiten entsprechend anzupassen.

Sie können Ihn durch Ihre Anleitung unterstüt-

zen, möglichst gute Ergebnisse zu erzielen, in

Bezug auf Bewegungsfähigkeit und alle anderen

Funktionen, die zu einem selbstbestimmten Leben

erforderlich sind.

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Liegen & LagerungBesonders in den ersten Wochen und Monatennach dem akuten Schlaganfall verbringt der Betrof-fene mehr Zeit als üblicherweise im Bett. Für denLernfortschritt und die Rückbildung der Symptomedes Insults ist es nicht nur wesentlich wie sich derPatient bewegt, sondern auch welche Haltungenund Positionen er einnimmt. Eine qualitativ noch sogute Therapiestunde ist wirkungslos, wenn derPatient die restlichen 23 Stunden des Tagesirgendwie verbringt, ohne Beachtung von korrek-ten Gelenksstellungen und Muskelspannung.Die in der Folge gegebenen Anleitungen sind Teildes Bobath-Konzepts und basieren auf jahrzehnte-langen Erfahrungen mit neurologischen Patienten(= Patienten mit Erkrankungen des Zentralen Ner-vensystems). Die Empfehlungen ermöglichenIhnen, den Genesungs- und Lernprozess desPatienten günstig zu beeinflussen und geben Ihnendie Gewissheit, richtig zu handeln.Ist der Patient noch die meiste Zeit des Tages bett-lägrig, müssen Sie wahrscheinlich auf alle Lage-rungspositionen zurückgreifen (Seitenlage auf derbetroffenen und gesunden Seite, Rückenlage),damit Sie dem Wundliegen entgegenwirken undabwechseln können. Hält sich der Betroffeneschon über längere Phasen außerhalb des Bettesauf, sollten Sie vorwiegend zwischen den beidenmöglichen Seitenlagerungen abwechseln.

Wie lange muss der Patient in dieser Positionverbleiben?Haben Sie den Patienten eben erst gelagert undkaum, dass Sie sich umgedreht haben, liegt derPatient völlig anders, ist es wahrscheinlich, dassdie Lagerung nicht gut genug war. Probieren Sie esvorerst nochmals und fragen Sie den Patienten ober gut liegt oder was er geändert haben möchte.

Ein gutes Zeichen für Wohlbefinden ist,wenn der Patient unmittelbar nach derLagerung einschläft.

Ebenso kann eine Lagerung gut sein, und derPatient bleibt vorerst in dieser Lage. Nach einer hal-ben Stunde oder einem längeren Abschnitt verän-dert der Patient seine Position. Das Ziel der gesam-ten Behandlung nach einem Schlaganfall ist dieRückgewinnung von Bewegung und Selbstständig-keit. Freuen Sie sich, dass der Patient seine Lageaus eigener Kraft verändern kann! Auch wir gesun-den Menschen können nicht über einen längerenZeitraum in der gleichen Position verharren. Dies istauch ein wirksamer Schutz gegen das Wundliegen.Kann sich der Patient nach einem Schlaganfall wie-der selbst von links nach rechts drehen etc. undachtet er auch ausreichend auf den betroffenenArm, muss er auch nicht mehr gelagert werden.

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Handling nach dem Bobath-Konzept

Die Lagerung auf der betroffenen Seite hat vonallen dreien den größten therapeutischen Wert,das heißt, Sie können damit die Wiedereingliede-rung der gelähmten Seite fördern, zu hoherMuskelspannung entgegenwirken und die Auf-merksamkeit auf die betroffene Körperhälfte len-ken. Weiters hat der Betroffene dabei die gesundeHand frei und kann diese benützen. Diese Lagerungwird von den Betroffenen zumeist gerne einge-nommen. Ist dies nicht der Fall, sind meistSchmerzen in der betroffenen Schulter die Ursachefür die Weigerung. Diese entstehen, wenn dasSchulterblatt und der Arm zu weit unter dem Kör-per des Patienten bleiben, und wenn das Körper-gewicht des Patienten auf das Gelenk drückt. Bittedaher immer auf eine korrekte (vorgezogene)Schulterposition achten!Die Lagerung auf der betroffenen Seite ist so oftwie möglich einzunehmen.

Die Lagerung auf der gesunden Seite ist einegute Alternative dazu. Sie sollte während der übri-gen Phasen als Abwechslung eingenommen wer-den.Die Rückenlage einzunehmen ist mit weniger Auf-wand verbunden. Viele Betroffene geben sich mitdem Liegen am Rücken schnell zufrieden oderäußern den Wunsch danach. Die Erfahrung zeigt,dass leider in dieser Position mehrere Faktorenungünstig sind:

Keine therapeutische Wirkung, d.h. keineFörderung der Wiedereingliederung dergelähmten Seite.Keine wirksame Korrektur von falschen Hal-tungen (z.B. aufgrund von zu hoher Muskel-spannung).

Die Rückenlage sollte daher möglichst selten ein-genommen werden.Haben Sie den Patienten gut gelagert und alleEmpfehlungen beachtet, sollten Sie sich angewöh-nen, die entscheidende Frage zu stellen: „Liegst Dugut?“ Neben der fachlich korrekten Lage ist dasWohlbefinden des Patienten ebenso wichtig. EineKleinigkeit macht es meist aus, ob der Patient gutoder weniger gut liegt (z.B. wird ein geringerHöhenunterschied des Kopfpolsters, eine vollstän-dige Streckung im Ellbogen schnell unangenehm,eine leichte Beugung empfinden die Patienten alswohltuender).

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Motto: „Hinten anlehnen“Bei flachgestelltem Bett wird der Patient möglichstweit zur gesunden Seite gerutscht (siehe nachfol-gende Hinweise zu Beine anstellen, zur Seite rut-schen in Rückenlage). Den gelähmten Arm sichern (siehe nachfolgendeHinweise), der Patient hilft bei der Drehung mit:hebt Kopf und gesundes Bein. Zumeist ist in der Seitenlage eine Korrektur der Lie-geposition erforderlich (zur Seite rutschen, damit

genug Platz für den gelähmten Arm zur Verfügungsteht).

Kopf und Nacken werden mit einem kleinen Polster(normales Kissen doppelt nehmen) unterlagert. DieStirn sollte dabei höher liegen als das Kinn!(dadurch ist weniger Druck auf der betroffenenSchulter)Das betroffene Bein wird im Hüftgelenk gestreckt,im Kniegelenk leicht angewinkelt; das gesundeBein wird in Hüft- und Kniegelenk gebeugt und vordem Körper mit Polster unterlagert. Zusätzlich wirdder Rücken mit einem Polster unterstützt.

Schulter von unten am Schulterblattnach vor holen, nicht am Arm ziehen,Ellbogen beugen, Handrücken liegt am Bett auf.Achtung! Patient darf nicht auf dem

Schultergelenk liegen!

Motto: „Vorne anlehnen“Bei flachgestelltem Bett wird der Patient mög-lichst weit zur betroffenen Seite ge rutscht, dieArmposition gesichert und eine Drehung zurgesunden Seite durchgeführt.Kopf und Nacken werden mit einem kleinen Pol-ster unterlagert (normales Kissen doppelt neh-men).

Das gesunde Bein (liegt unten) ist in der Hüftegestreckt, im Knie leicht angewinkelt; das betrof-fene Bein wird in Hüft- und Kniegelenk gebeugtund vor dem Körper mit einem Polster unterla-gert.Der betroffene Arm wird vor dem Körper miteinem oder auch 2 Polstern unterstützt, der Armsoll nicht überstreckt werden, sondern lockerund leicht erhöht gelagert sein. Das Schulterblattsollte nach vorne gebracht werden.

Der Patient sollte das Gefühl haben, dass er sichvorne (am Bauch) anlehnen kann. Dazu ist eserforderlich, das Becken an der gesunden Seiteetwas nach hinten (zum Helfer) zu ziehen undden Arm ausreichend hoch mit Polstern zu stüt-zen.

Seitenlagerung auf der betroffenen Seite

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Seitenlagerung auf der gesunden Seite

Lagerung in Rückenlage

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Bei flachgestelltem Bett werden der ganze Armund die Schulter mit einem Polster unterlagert.Der Arm liegt somit leicht erhöht, dies hilft, einÖdem (Schwellung) zu verhindern bzw. diebestehende Schwellung zu vermindern. Bei star-kem Ödem können auch zwei Pölster verwendetwerden.

Achtung! Der Arm sollte eine mög-lichst entspannte Lagerung einnehmen,die Gelenke sollten locker und eher inStreckung als in Beugung sein.

Auch der Kopf wird mit einem Polster unter-stützt.Der Patient sollte an beiden Seiten genug Platzhaben und nicht gefährdet sein, hinauszufallen.

Die Beine müssen im Normalfall nichtgelagert werden. Geben Sie lediglichunter die betroffene Gesäßhälfte einzusammengelegtes Frotteehandtuch

Das Schultergelenk kann bei einer Lähmungdurch schnelle und großräumige Bewegungendes Armes oder durch unsachgemäßes Ziehenverletzt werden. Zum Schutz der Schulter liegtder betroffene Arm gebeugt am Körper und wirdmit der gesunden Hand über dem Ellbogenfixiert.

EinsatzbereichLagewechsel im Bett (Drehen von Rückenlagezur Seite, vom Liegen zum Sitzen gelangen etc.)

Achtung!Nicht am gelähmten (=betroffenen)Arm ziehen – Schulterschmerzen kön-nen hervorgerufen werden.

Gesicherte Armposition

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Beine nacheinander aufstellen, am gelähm ten(=betroffenen) Bein beginnen (Ferse des betrof-fenen Beines rutscht dabei auf der Unterlagezum Gesäß).

Mit einer Hand den Vorfuß fest umfassen, dieandere Hand unterstützt das Bein am Knie beimAnbeugen.

Einsatzbereich☛ Vorbereitung zum Becken anheben☛ Vorbereitung zum Drehen auf die Seite

Mit aufgestellten Beinen kann der Betroffene dasBecken anheben und ist so bei Lageveränderun-gen im Bett selbst aktiv. Dabei werden Muskel-gruppen trainiert, die auch zum Stehen undGehen benötigt werden, und Sie als Helfer habenes leichter.

Die Verwendung eines Trapezes für Lageverän-derungen nützt dem Lernfortschritt nicht undbewirkt oftmals eine Tonuserhöhung (=Spasti-zität). Langfristig erzielen Sie deshalb mit der aktivenMitarbeit des Patienten mehr Erfolg!

Beine aufstellen

Hilfsperson unterstützt das betroffene Bein amSprunggelenk und am Knie, indem sie mit dereigenen Schulter Druck und Zug am Knie ausübt.Die 2. Hand hilft beim Hochheben des Beckensmit.

Einsatzbereich☛ Zur Seite rutschen in Rückenlage☛ Schüssel geben

Becken heben

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Gesicherte Armposition einnehmen und Beinenacheinander aufstellen. Schritt 1: Patienten zur Mithilfe auffordern,

Becken heben und seitlich absetzen

Schritt 2: Patienten zum Kopf heben auffor-dern, Oberkörper heben und seit-lich absetzen

EinsatzbereichVorbereitung zum Aufsetzen

Zur Seite rutschen in Rückenlage

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Schritt 1:Becken heben und

seitlich absetzen

Schritt 2:Oberkörper heben ...

... und seitlich absetzen

Schritt 1 - Becken nach hinten bringen☛ Hände der Hilfsperson liegen flach unter

dem Becken des Patienten☛ Hilfsperson steht in Schrittstellung, Arme

sind gestreckt - Patient nach hinten ziehen

Achtung!Bewegung erfolgt durch Verlagern desEigengewichts nach hinten!

Schritt 2 - Oberkörper nach hinten bringenEine Hand der Hilfsperson fixiert die betroffeneSchulter des Patienten, die zweite Hand liegt amBrustbein – Oberkörper des Patienten nach hin-ten ziehen

Nach hinten rutschen in Seitenlage

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Schritt 1:Becken nach

hinten bringen

Schritt 2:Oberkörper nach hinten bringen

☛ Die Hilfsperson steht in Höhe der Schulterndes Patienten, um diesen anschließendnach hinten oben ziehen zu können

☛ Hände der Hilfsperson liegen flach unterdem Becken des Patienten

☛ Die Hilfsperson steht in Schrittstellung,Arme sind gestreckt

☛ Den Patienten nach hinten ziehen – dieBewegung erfolgt dabei durch Verlagerungdes Eigengewichts nach hinten

Nach oben rutschen in Seitenlage

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Variante 1: ☛ Gesicherte Armposition☛ Beine nacheinander aufstellen☛ Wenn der Patient das Becken anhebt, übt

die Hilfsperson mit beiden Händen Druck anden Knien in Richtung Kopf ende des Bettesaus

☛ Der Patient hebt dabei den Kopf aktiv hoch

Variante 2:☛ Die Hilfsperson steht am Kopfende des Bet-

tes in Schrittstellung☛ Die Hilfsperson legt ihre Hände bei gestrek-

kten Armen flach unter die Schulterblätterdes Patienten

☛ Der Patient hebt den Kopf an☛ Auf Kommando versucht der Patient, sich

mit Fersen nach oben zu schieben, gleich-zeitig zieht ihn die Hilfsperson hinauf

Achtung!Patient muss aktiv mithelfen können

Nach oben rutschen in Rückenlage

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Variante 1

Variante 2

☛ Gesicherte Armposition bzw. Hilfspersonunterstützt die betroffene Schulter (sieheAbb.) von unten

☛ Beine nacheinander aufstellen und zur Seiterutschen, um Platz zum Liegen zu schaffen

☛ Kopf zur betroffenen Seite wenden☛ Beine und Oberkörper werden gemeinsam

zur betroffenen Seite gedreht

EinsatzbereichVorbereitung zum Aufsetzen aus der Seitenlage

Achtung! Kopf heben (Kommando: „Kinn zur Brust“, um Drehbewegung zu erleichtern),Beine weit genug anwinkeln

Drehen zur betroffenen Seite

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Drehen zur betroffenen Seite

Wie Drehen zur betroffenen Seite

EinsatzbereichVorbereitung zum Aufsetzen über die gesundeSeiteLagerung auf der gesunden Seite

Achtung!Gesicherte ArmpositionHilfsperson unterstützt zusätzlich diebetroffene Schulter

Drehen zur gesunden Seite

Generell sollte der Patient Mahlzeiten außerhalbdes Bettes einnehmen.Nur in Ausnahmefällen oder bei sehr schwererPflege bedürftigkeit kann auch im Bett gegessenwerden.

Dazu muss der Patient in jedem Fall aufrecht sit-zen. Das bedeutet, eine senkrechte Position ein-nehmen und zwar soweit, dass der Kopf frei istund nach vor gebeugt werden kann (dies ist zumSchlucken erforderlich).Der Patient darf dabei seinen Kopf nicht am Kopf-teil hinten anlehnen können.

Vor dem Verstellen des Kopfteils rutschen Sie mitdem Betroffenen möglichst weit zum Kopfendehinauf. Mit Pölstern unterstützen Sie so weit, bisdie gewünschte Aufrichtung erreicht ist.

Der betroffene Arm wird mit einem Polster unter -lagert.

Achtung!Ist der Patient gefährdet zur Seite zukippen, sollten Sie ihn nicht alleine las-sen!

Sitzen im Bett

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Der betroffene Arm wird mit einem Polster unterlagert

TippBei schwer betroffenen Patienten vor dem Auf-setzen noch in Rückenlage die Schuhe anziehen.

Vor dem Drehen von Rückenlage in Seitenlagewird der betroffene Arm seitlich vom Körpergelagert.

Patient liegt anschließend in Seitenlage mitangewinkelten Beinen nahe am Bettrand – derbetroffene Arm liegt seitlich vom Körper wegge-streckt.

Beine weit anwinkeln und Unterschenkel überdie Bettkante schiebenDer Patient stützt sich mit der gesunden Handam Bettrand hoch

Achtung!Eine Hand der Hilfsperson liegt unterder betroffenen Schulter, um den Armzu sichern.

Die Hilfsperson unterstützt mit einer Hand an derbetroffenen Schulter, die zweite Hand drückt amBecken in Richtung Bett bis der Patient aufrechtsitzt.

Achtung!Nicht zu ruckartig aufsetzen – Schwindel ist möglich.Ein sicherer Sitz soll gewährleistetsein.

Aufsetzen aus der Seitenlage über diebetroffene Seite

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☛ Vorgang wie Aufsetzen von der Seitenlagein umgekehrter Reihenfolge

☛ Hilfsperson unterstützt beim Heben desbetroffenen Beines oder Patient hakt mitdem gesunden das betroffene Bein unter

Hinlegen vom Sitzen in die Seitenlage

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Das Körpergewicht des Patienten wird abwech-selnd auf eine Seite verlagert und die entlasteteGesäßhälfte wird nach vorne bzw. hintengeschoben, wobei der Patient so weit wie mög-lich aktiv mithelfen soll.

EinsatzbereichNach vorne rutschen als Vorbereitung zum Auf-stehen bzw. für Transfers

Beim Zurückrutschen fixiert die Hilfsperson dasbetroffene Bein und übt von vorne zusätzlichDruck in die gewünschte Richtung aus. Daserleichtert den Vorgang.

Vor- und Zurückrutschen im Sitzen

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Voraussetzungen vor dem Aufstehen: Der Patientrutscht im Rollstuhl oder am Bett so weit nachvor, bis beide Beine fest am Boden stehen (sieheVor- und Zurückrutschen). Der Rollstuhl steht ineinem Winkel von 90° zum Bett.

Transfers mit viel Hilfe (siehe Abbil-dung)Greifen Sie mit der einen Hand unter dem gesun-den Arm auf das Schulterblatt. Mit der anderenHand von außen unter das Gesäß der gelähmtenSeite. So helfen Sie dem Patienten seinen Ober-körper nach vor zu bringen und sein Gesäß anzu-heben. In dieser Position führen Sie eine Drehung zurbereitstehenden Sitzgelegenheit durch.

Transfer mit dem aktiveren Patienten(siehe Abbildung)Greifen Sie mit der einen Hand an das betroffeneKnie (um das Bein zu stabilisieren und demPatienten mehr Bewegungsspielraum/-freiheit zuermöglichen), mit der anderen Hand greifen Sieunter das Gesäß.Helfen Sie dem Patienten, den Oberkörper nachvor zu bringen, sein Gesäß anzuheben, dasGewicht auf sein Bein zu bringen und aufstehenzu können. Erst dann dreht sich der Patient (vonIhnen unterstützt) zur Sitzgelegenheit.

Damit sich der Patient sicherer fühltund seinen Oberkörper leichter in Vor -lage bringt, kann bei Bedarf zusätzlichein Hocker bzw. eine Stützflächebereitgestellt werden. Lassen Sie sichvom behandelnden Therapeuten zei-gen, wie der Wechsel für Sie ambesten durchführbar ist.

Transfer(=Wechsel) vom Rollstuhl auf ein Bett oder einen Stuhl über die betroffene (gelähmte) Seite

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Transfer mit viel Hilfe

Transfer mit demaktiveren Patienten

Schmerzen in Schulter, Arm und Hand sind keinSymptom des Schlaganfalls an sich, sondernFolgeschäden durch

falsche Lagerung im Liegen und Sitzen

falsche Handhabung des Armes (bei Lageveränderungen, Transfers, Stehen und Gehen; An/Auskleiden etc.)

Beim gesunden Menschen bzw. einemfunktions fähigen Arm bewegen sich Arm undSchulterblatt in einem harmonischenZusammenspiel. Wird der Arm z.B. um 60° angehoben, wandertdas Schulterblatt ab 30° mit und beschreibt eineBewegung von 30°. Die intakte Muskulatur schützt das Schulterge-lenk bei Belastungen wie z.B. Zug, der Oberarm-kopf wird in der Schulterpfanne gehalten.

Im Zuge einer halbseitigen Lähmung könnenbeide Mechanismen ausfallen. Das bedeutet,das Schulterblatt bewegt sich nur ungenügendmit, wenn der Arm gehoben wird. DasZusammenspiel von Schulterblatt und Arm istnicht mehr harmonisch, die durchs Gelenk zie-henden Sehnen ansätze und Nerven können ver-letzt werden.Der Oberarmkopf wird nur ungenügend imGelenk stabilisiert, der Arm zieht durch dasEigengewicht (bei ungenügender Unterstützungam Ellbogen) am Körper, der Oberarmkopfrutscht aus der Gelenkspfanne (=Subluxation).Durch Ziehen am Arm kann ebenfalls eine Sublu-xation entstehen.Anfangs äußern sich die Schmerzen meist nurbei bestimmten Bewegungen, werden aberschnell zu einem chronischen Schmerz (schoninnerhalb von wenigen Wochen). Der Patient ver-spürt Schmerzen im Schulterbereich bis in denganzen Arm. Zusätzlich kann die Hand geschwol-len und verfärbt (rot-bläulich) sein.

Eine schmerzhafte Hand erschwert die Reha-bilitation des Patienten in starkem Ausmaß undführt nicht selten zu nicht wieder gutzumachen-den Langzeitfolgen.Die Toleranz für therapeutische Maßnahmen istreduziert, das passive und damit auch aktiveBewegungsausmaß des Armes und der Handkann stark eingeschränkt sein und die gesamteEigenaktivität des Patienten durch die aus-schließliche Be schäftigung mit seinem Schmerzdeutlich reduziert.

Vorbeugen ist besser als Heilen!Lassen Sie sich von den behandelndenTherapeutInnen die richtige Handha-bung des Arms und der Schulter zei-gen.Hantieren Sie mit dem Arm immer vor-sichtig und beachten Sie unbedingt dieHinweise zu Lagerung und Handling.

Schmerzen im Bereich Schulter-Arm-Hand

„Die schmerzhafte Schulter“

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Das Zimmer des halbseitig gelähmten Menschenist so eingerichtet, dass seine betroffene Seitemöglichst viele Reize aus der Umwelt erhält.

Das Bett sollte möglichst von beidenSeiten zugänglich sein, jedoch aufjeden Fall an der gelähmten Seite desPatienten (siehe Abbildung)

Das Nachtkästchen steht ebenfalls an dergelähmten Seite. So muss über die betroffeneSeite gegriffen werden, wenn mit Gegenständenvom Nachkästchen hantiert wird. Dies fördertdie Einbeziehung der betroffenen Körperhälfte.Wenn möglich sollte der Patient zur Zimmertürsehen und das Geschehen um ihn herum erfas-sen können!

Alle Handlungen von Angehörigen und Pflegernsollten von der betroffenen Seite des Patientenerfolgen, damit er sich vermehrt dieser Seitezuwendet. Dies ist für seinen Lernerfolg äußerstwichtig! Auch Besucher halten sich stets aufdieser Seite auf.

Wird der Patient von zwei Personen gleichzeitiggepflegt, so gibt die Person das Kommando, wel-che an der gelähmten Seite steht.

Wenn möglich sollte im Zimmer genug Platz fürein Bett, eventuell einen Tisch und auch für dieFortbewegung mit dem Rollstuhl sein. Denn kannder Patient mit dem Rollstuhl selbst fahren, sosollte er diese Art der Betätigung auch nutzenkönnen. Störende Schwellen zwischen den Räu-men sollten entfernt werden.

Zimmergestaltung

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Anordung vom Bett, Nachtkästchen und Roll-stuhl bei einer linksseitigen Lähmung.

AllgemeinDas Ziel einer Rehabilitation halbseitig gelähmterMenschen nach einem Schlaganfall ist, wiedergehen zu können und möglichst selbstständig inden Aktivitäten des täglichen Lebens (ADL) zusein. Es ist ein Grundbedürfnis des Menschen,seinen Körper zu pflegen. Dabei beachten Siebitte, dass diese Handlungen nicht nach einemstarren Prinzip erfolgen, sondern jeder Menschandere Gewohnheiten, Erwartungen und Wün-sche hat. Darauf sollten Sie unbedingt eingehen,wenn Sie Ihren Angehörigen anleiten und unter-stützen.Normalerweise sind wir als erwachsene Men-schen bei der Körperpflege alleine, es ist ein inti-mer Vorgang und findet in vertrauter Umgebungstatt. Wir sind es nicht gewöhnt, dass ein frem-der Mensch oder ein Mitglied der Familie dieseHandlung für uns durchführt oder dabei anwe-send ist. Dabei entstehen Hemmungen, Scham-gefühle und Ängste. Sorgen Sie deshalb für einevertrauliche Atmosphäre.

Beachten Sie: Familienangehörige werden dabei häufig weniger gut akzeptiert alseigens dafür organisierte Hilfs -personen.

Helfen Sie Ihrem Angehörigen so wenig wiemöglich und nur so viel wie notwendig! Dasbedeutet, Sie helfen nur bei jenen Handlungs-schritten, die der Patient nicht durchführen kann.In den ersten Wochen wird Ihre Hilfestellung invielen Bereichen erforderlich sein, Schritt fürSchritt lernt der Betroffene dazu und Sie reduzie-ren Ihre Hilfe.Nur so kann Selbstständigkeit erzielt werden. Hel-fen Sie zuviel, blockieren Sie Ihren Angehörigenim Lernprozess! Jegliche Therapien bringen erstdann den gewünschten Erfolg, wenn die erlerntenFähigkeiten im Alltag auch genützt werden.Durch eine halbseitige Lähmung und andereerkrankungsbedingte Zusatzbeeinträchtigungenkann die Wahrnehmung des Körpers verändertsein. So werden Sie vielleicht beobachten, dassdie gelähmte Hand beim Waschen bzw. Abtrock -

nen vergessen oder ein Teil des Körpers mehr-mals hintereinander gewaschen wird, derHandlungs ablauf ins Stocken kommt oder unvoll-ständig bleibt. Helfen Sie hier durch verbaleAnleitung oder durch das Führen der Hand wei-ter.

Erkundigen Sie sich bei der Therapeu-tin nach der Ursache der beobachtetenSchwierigkeiten und Ihren Möglichkei-ten, den Patienten zu unterstützen.

VorbereitungBevor Sie mit der eigentlichen Handlung begin-nen, bereiten Sie die Umgebung entsprechend vor(Sitzgelegenheit bereitstellen, Raumtemperaturbeachten, Badelift anschließen etc.) und ordnenSie alle benötigten Utensilien griffbereit an,sodass Sie den Raum während der Aktivität nichtverlassen müssen.

Beachten Sie: Auch bei der Körperpflege und demAn- und Auskleiden erfolgt die Hilfe-stellung und Zuwendung von der ge -lähmten/betrof fenen Körperseite her!Auch die benötigten Gegenstände undKleidungsstücke werden von dieserSeite angeboten.

Körperpflege

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Besonders in der Frühphase nach einem Schlag-anfall stellt es für beide Betroffene und Pflegen-de eine Erleichterung dar, die Körperpflege imBett durchzuführen (z.B. bei labilem Allgemeinzu-stand, stark reduzierter Eigenaktivität, Sitzenbereitet noch Schwierigkeiten etc.).Aber auch bei der Körperpflege im Bett könnenSie erste Aktivitäten des Patienten anbahnen.

Hier einige HinweiseBettdecke mit einem Handtuch oder einerEinmalunterlage abdecken.Waschschüssel, Waschlappen, Seife undandere benötigte Utensilien in Reichweitean der betroffenen Seite bereitstellen.Den Kopfteil des Bettes hochstellen undden Patienten in sitzende Position bringen(beachten Sie: eventuell ist es erforderlich,vorher mit dem Patienten nach oben zurutschen –siehe „Handling und Lagerung“).Helfen Sie dem Patienten durch- verbale Aufforderung und Hinweise- Vorzeigen- Handführung!

Vor allem bei der Körperpflege empfindet der Be -troffene seine Hilflosigkeit in starkem Ausmaß.Gefühle der Scham können Sie reduzieren, indemSie die Intimpflege wenn möglich dem Patientenüberlassen.

Körperpflege im Bett

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Der Halbseitengelähmte sollte sich so früh wiemöglich außerhalb des Bettes waschen, dies istdie übliche Ausgangsposition!Stellen Sie einen Stuhl oder Hocker zum Wasch-becken, wenn das Stehen noch Konzentrationerfordert oder ohne fremde Hilfe noch nicht mög-lich ist (Sicherheit geht vor!). Auch im kleinstenBad ist Platz für eine Sitzgelegenheit (sieheAbbildung).

Ein stabiler Stuhl mit waagrechter Sitzfläche,even tuell mit Seitenlehnen (diese könnten beieinem aktiven Patienten die Bewegungsfreiheiteinschränken!) ist am besten geeignet. Ein Leibstuhl ist für Ihren Angehörigen meist zuhoch, er kann seine Beine nicht oder nur unterSturzgefahr erreichen. Ein selbstständiges Auf-stehen ist durch das Fehlen einer Bremsmöglich-keit gefährlich!

OberkörperDer Betroffene lässt das Wasser einlaufen.Bevor er den betroffenen Arm in das Waschbek-ken hebt prüft er mit der gesunden Hand dieTemperatur (Verbrennungsgefahr aufgrund vonSensibilitätsstörungen)!

Anschließend nimmt er mit der gesunden Handden betroffenen Arm (am Ellbogen) und legt ihnins Waschbecken. Dabei neigt er seinen Ober-körper nach vorne, um das Schultergelenk zuschonen. (siehe folgende Abbildung)

Nach dem Waschen wird der gewaschene Armunter der Achsel abgetrocknet und erst dann aufden Schoß gehoben.

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Körperpflege am Waschbecken

Die Patientin sitzt auf einem Stuhl mit Rückenlehne (Stuhl des Ess-zimmers). Rechts von ihr (an der gelähmten rechten Körpersseite)dient die Waschmaschine als Ablageplatz für die Kleidung. AmWaschbecken befinden sich die benötigten Utensilien: Seife, Wasch-lappen, Creme etc.Das Handtuch hat die junge Frau am Schoß ausgebreitet.

In dieser Position kann die Betroffene Zähne putzen, sich waschen,abtrocknen und anschließend ankleiden. Die Reihenfolge der einzelnen Handlungen be stimmt sie selbst, jenach ihren Vorlieben und Gewohn heiten!

UnterkörperUm das betroffene Bein zu pflegen, bückt sichder Patient (im Sitzen) entweder nach unten oderlegt das Bein mit Hilfe der gesunden Hand überdas andere Bein. Eine weitere Möglichkeit wärees, das betroffene Bein auf einen Schemel zustellen. Diese Möglichkeit besteht auch beimAnkleiden von Hose, Socken und Schuhen.

IntimhygieneUnterstützen Sie den Patienten soweit, dass erstabil stehen kann. Die Pflege führt der Patientselbst durch (wenn möglich). Dies fördert dieWürde und das Selbstbewusstsein!

FrisierenDas Kämmen der Haare ist eine Handlung, die fixim morgendlichen Alltag verankert ist. Wir kon-trollieren dabei gewöhnlich den Erfolg des Käm-mens im Spiegel. Kann der Patient nicht voreinem Spiegel stehen, so geben Sie ihm durcheinen Handspiegel diese Möglichkeit.

HandpflegeDie betroffene Hand benötigt oft vermehrte Pfle-ge. Vor allem im Finger-Handbereich kann es zugesteigerter Hornhautbildung und Trockenheitkommen (seltener starkes Schwitzen). Die Handsollte daher mit einer rückfettenden Seife odereinem Ölbad sorgfältig gewaschen und wiederabgetrocknet werden. Danach verwendet derBetroffene eine gewöhnliche Handcreme.Eine ungepflegte Hand riecht unangenehm undist anfälliger für Pilzinfektionen. Da Patienten diebetroffene Hand mitunter vernachlässigen oderdamit unsanft hantieren, kann durch die Pflegeund ein gepflegtes Erscheinungsbild die Akzep-tanz der Hand erhöht werden (Hände waschenund eincremen sind Tätigkeiten, bei denen derPatient früh selbst aktiv werden kann).

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Pflege und Anklei-den des betroffenen

Beines.

Rückkehr zur Normalität ...

Führen Sie Akti-vitäten sobald wiemöglich außerhalbdes Bettes durch.Wir sind es z.B.

gewöhnt, beim Frisieren, Rasierenund Zähneputzenzu stehen und in

den Spiegel zu blicken

Zähne putzenÖffnen der Zahnpastatube - mit einer Hand- mit Hilfe der Beine- die betroffene Hand kann die Tube bereits

halten, die andere (geschicktere) Hand führtdie Dreh bewegungen durch

- ev. Dosierspender zum Drücken verwenden.- Die Zahnbürste liegt dabei stabil am Wasch -

becken (z.B. auf einem Wasch lappen).

In Sanitätshäusern erhalten Sie speziel-le Bürsten zur Reinigung von Zahnpro-thesen, die auch mit nur einer Handvewendet werden können. Auf derUnterseite befinden sich Saugnäpfe; sowird die Bürste einfach im Waschbek-ken fixiert.

„Schönheit“Cremes, Schminke, Schmuck und Düfte

Dem Betroffenen sollte die Möglichkeit gegebenwerden, sich so zu pflegen und zu präsentierenwie er es vor dem Schlaganfall gewöhnt war.Ermuntern Sie ihn dazu und unterstützen Sie ihnim Bedarfsfall.

Sich selbst und den eigenen (veränder-ten) Körper zu mögen ist ein wichtigerSchritt zur Genesung!

Die einzelnen Tätigkeiten und Teilschritte bei derKörperpflege unterstützen die Wahrnehmungs-förderung des eigenen Körpers in Bezug auf dieIntegration der betroffenen Seite in das Körper-schema. Der Patient lernt u.a. einzelne Handlun-gen zu planen und die Teilschritte in richtiger Rei-henfolge aneinanderzufügen, gesprochene Auf-forderung zu verstehen und umzusetzen usw. DerBetroffene achtet wieder auf sich und erlangtmehr Selbstachtung und Selbstbewusstsein.

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Mit dem Essen und Trinken verbinden wir meistFreude, Wohlbefinden und Gemeinschaft mitanderen Menschen.Die Bewegungsabläufe dabei erfolgen beimgesunden Menschen automatisch.

Mögliche Probleme eines halbseitig gelähm-ten Menschen

Das Gefühl im Mund und auf der Zungekann stark gestört sein – der Betroffenefühlt nicht, wo sich seine Zunge oder dieSpeisen befinden!Als Folge der Erkrankung könnenGeschmacks- und Geruchsinn beeinträch-tigt sein. Ehemalige Lieblingsspeisen kön-nen nun abgelehnt werden.Die Koordination zwischen dem Atmenund Schlucken kann vermindert sein. DerBetroffene verschluckt sich. Speisen undFlüssigkeiten gelangen in die Luftröhre undLunge. Es besteht die Gefahr einer Lun-genentzündung!Die feinen, gezielten Bewegungen derZunge sind reduziert. Die Nahrung kannnicht im Mund transportiert werden undklebt so zwischen Wangen und Zähnen.Mangels eines vollständigen Mundschlus-ses kann die Nahrung/Flüssigkeit nichtgänzlich im Mund behalten werden.Eine Zahnprothese kann infolge der verän-derten Muskulatur nicht mehr passen undkann somit verrutschen. Vorübergehendkönnen Haftmittel die mangelnde Pass-form ersetzten. Eine Neuanpassung derProthese durch den Zahnarzt sollte jedochehestmöglich durchgeführt werden!

Essen und Trinken

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Der Patient wird vonder Hilfsperson

geführt, um wiedermehr Gefühl für die

Bewegung/Handlungzu bekommen.

Übernimmt derPatient die Bewegung

selbst, reduziert dieHilfsperson die

Führung.

Bestehen nach einem Insult beim Schluckeneine oder mehrere der oben genannte Proble-me, müssen folgende Maßnahmen eingehal-ten werden:

Der Patient muss beim Essen oder Trinkenimmer aufrecht sitzen! (NICHT halb lie-gend im Bett!)Geben Sie dem Betroffenen das EssenNICHT unbedingt ein! Er hat eine gesundeHand. Lassen Sie es ihn selbst versuchen!Kann er trotzdem nicht selbst essen, sohelfen Sie ihm, indem Sie mit Ihrer Handseine gesunde Hand führen! Fragen Sie den Patienten, was er gerneessen möchte.Helfen Sie dem Betroffenen von dergelähmten Seite aus! So lernt er leichter,diese auch beim Essen wieder miteinzube-ziehen!

Achten Sie auf eine gute Lagerung dergelähmten Hand bei Tisch. Der Arm sollteab dem Ellbogen unterstützt sein (aufeinem Kissen oder am Tisch). Der Armdarf während des Sitzens und Liegens kei-nesfalls hinunterhängen!Zum Trinken sollte keine Schnabeltassebenutzt werden. Der Betroffene saugtdabei leicht gleichzeitig Luft und Flüssig-keit ein und verschluckt sich so eher.Bestehen Schluckstörungen, so empfiehltes sich, vorerst verdickte Flüssigkeiten(wie z.B. pürierte Suppen, eingedickteSäfte etc.) eventuell mit einem kleinen Löf-fel zu geben. Ansonsten verwenden Sieein normales Glas!Suppen dürfen keine Einlagen enthalten(Flüssigkeit und Festes zugleich verleitetzum Verschlucken!). Inhomogene Speisen,wie Reis, Brösel, etc., sollten vermiedenwerden!Achten Sie auf eine sorgfältige Mundhy-giene nach jeder Mahlzeit. So bleiben dasZahnfleisch und das Mundinnere in gutemZustand.

Für weitere Fragen oder Hinweise wenden Sie sich

bitte an die behandelnde Logopädin!

Schluckbeschwerden

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AusgangsstellungSitzen auf einem stabilen Sessel mit/ohne Arm-lehne oder auf einem Hocker. Auf der Sitzflächeetwas nach vor rutschen, beide Füße sollen Kon-takt zum Boden haben. Die Kleidung liegt inReichweite an der betroffenen Seite.

Achtung: Immer zuerst die betroffeneKörperseite anziehen. Beim Ausziehen beginnt man mit dernicht betroffenen Seite!

Ausziehen des OberkörpersPullover, T-Shirt, Unterhemd

☛ den Oberkörper leicht nach vor neigen (derbetroffene Arm liegt am Schoß)

☛ das Kleidungsstück aus der Hose/dem Rockziehen und rundherum etwas hoch schie-ben (das Bündchen lockern)

☛ mit der gesunden Hand das Kleidungsstückim Nacken fassen, und über den Kopf zie-hen

☛ den Ärmel von der Schulter herunter überden betroffenen Arm ziehen

☛ um das Kleidungsstück vom gesunden Armabzustreifen, den Ärmel zwischen denOberschenkeln einklemmen und die Handherausziehen

BH

Wie den Pullover über den Kopf ausziehen. Günstig sind BHs, die vorne zu öffnen sind, oderwie ein Skiny-Oberteil geschnitten sind!

Sie können einen herkömmlichen BHauch einfach am Verschluss zusammen-nähen!

Hemd und Jacke

Die Knöpfe oder den Reißverschluß vorherschließen und wie einen Pullover ausziehen.Knöpfe an den Manschetten mit Elastik fädenannähen, oder durch Klettverschlüsse ersetzen!

Aus- und Anziehen

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Anziehen des Oberkörpersdas Kleidungsstück mit der Vorderseite aufden Oberschenkel legenein „Nesterl“ machenden betroffenen Arm ins Armloch führen,vorbeugen und den betroffenen Arm zuden Beinen hinunterhängen lassen, dasKleidungsstück möglichst weit (bis überdie Schulter) hochschiebenmit dem gesunden Arm ins andere Ärmel-loch schlüpfenmit der gesunden Hand das Rückenteil desKleidungsstücks vom Bund bis zum Hals-ausschnitt zusammenraffen und über denKopf ziehen.das Kleidungsstück zurecht zupfen

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Anziehen des UnterkörpersHose

☛ das betroffene Bein über das nicht betroffe-ne schlagen

☛ die (Unter)Hose am Bund fassen☛ den Oberkörper vorbeugen, die Hose über

das Bein fädeln, das Bein parallel auf denBoden stellen

☛ mit dem nicht betroffenen Bein in die Hosesteigen

☛ die Hose über beide Knie hochziehen☛ aufstehen, Unterhose und Hose hochziehen☛ hinsetzen und den Hosenbund schließen

Socken

☛ den Socken vordehnen☛ die Beine überschlagen und den Oberkörper

nach vor beugen☛ den Sockenbund mit den Fingern auseinan-

der spreizen ☛ den Socken über die Zehen stülpen und

über die Ferse hochziehen

Achtung:Nicht mit den Socken aufstehen!Rutschgefahr! Nur barfuß oder mitSchuhen.

Schuhe

☛ die Schuhbänder lockern☛ das betroffene Bein über das nicht betroffe-

ne Bein schlagen☛ den Schuh mit der Hand über den Fuß zie-

hen☛ beim nicht betroffenen Bein genauso ver-

fahren, oder in den Schuh hineinsteigen(evtl. einen langen Schuhlöffel verwenden

☛ Verschlüsse schließen

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Die Hose im Sitzen über dasBein fädeln

Die Hose im Stehen hochziehen

Ausziehen des Unterkörpers im Sitzen

Schuhe

☛ die Beine übereinanderschlagen, Schuheöffnen und ausziehen oder

☛ den Oberkörper vorbeugen und die Schuheöffnen; zum Ausziehen ev. einen Stiefel-knecht, Schuhlöffel oder den anderen Fußzu Hilfe nehmen und den Schuh abstreifen,oder

☛ die Füße auf einen Schemel stellen, dieSchuhe öffnen und wie oben beschriebenausziehen.

Socken

☛ entweder die Beine übereinanderschlagenoder die Beine parallel am Boden stellen undden Oberkörper nach vor beugen

☛ den Socken über die Ferse schieben☛ den Socken an den Zehen fassen und aus-

ziehen

Hose

☛ Bund öffnen oder lockern☛ die Hose und Unterhose möglichst weit

nach unten schieben☛ aufstehen und beide Hosen über das Gesäß

hinunter ziehen, wieder hinsetzen☛ das nicht betroffene Bein herausziehen /

heben☛ mit diesem Bein dann die Hose fixieren, das

betroffenen Bein ebenfalls herausheben,evtl. mit der Hand unter dem Knie amSchienbein fassen und das Bein unterstüt-zen

☛ oder das betroffene Bein über das nichtbetroffene schlagen und die Hose mit einerHand abstreifen

Einhänderknoten (siehe Abbildung)KlettverschlüsseElastische SchuhbänderSchnellverschlüsse

Tipps für leichteres Öffnen und Schließender Kleidung

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1. Knoten an einemSchuhbandende

2. Durchziehen 3. Man geht ein zweites malwie bei 2 vor, zieht dasSchuhband allerdings nichtgänzlich durch, sondern holtdurch diese Schlinge einStück vom Schuhband, dasman ebenfalls zur Schlingezieht. Die Masche an beiden Schlingenteilengemeinsam festziehen.

Voraussetzung für das Gehen und in Folge fürdas Stiegen-Steigen sind ein sicherer freierStand, das Gleichgewicht halten und die Beineausreichend bewegen zu können, etc.

ACHTUNG: Bevor Sie mit dem Gehen beginnen,achten Sie darauf, dass der Patientfestes und stabiles Schuhwerk trägt.Gefahrenquellen im Umfeld, die eineSturzgefahr darstellen (wie Teppich,Kabel, Gegenstände am Boden, etc.)sollten aus dem Weg geräumt werden.

Das Gehen erfordert für den Betroffenen viel Kon-zentration und seine ganze Aufmerksamkeit.Deshalb vermeiden Sie Ablenkungen und spre-chen sie nicht mit ihm!Der Blick des Patienten sollte nach vor, in denRaum gerichtet sein.

Passen Sie Ihr Tempo dem des Patienten an!

Halten, fixieren oder stützen Sie den betroffenenArm nicht, da sonst eine Verletzungsgefahr fürdie betroffene Schulter besteht!

Lassen Sie sich von den behandelnden Thera-peuten zeigen, wie Sie mit dem Patienten gehenund Stiege-Steigen können, und üben Sie unterAnleitung.

Daheim sollten Sie beim Stiegen-Steigen amAnfang mit zwei Hilfspersonen gehen (eineneben dem Patienten und die andere hinter ihm)!Das Hinaufgehen ist für den Betroffenen relativeinfach und gefühlsmäßig sicherer. Hat er beim Hinuntergehen Angst, so können Sieim Notfall anfangs rückwärts die Treppen hin-untergehen.

Gehen

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Bei den meisten Betroffenen besteht der tiefeund verständliche Wunsch, so schnell wie mög-lich wieder gehen zu können. Bis die dafür erfor-derlichen „Bausteine der Bewegung“ erlerntsind, kann es Wochen, Monate oder auch Jahredauern. Während dieser Phase benötigen diemeisten Menschen einen Rollstuhl. Einzelheitenzum Thema Rollstuhl erfahren Sie in einem eige-nen Kapitel dieser Informationsbroschüre (sieheSeite 39).

SchuheNach einer Halbseitenlähmung benötigt derBetroffene keine Spezialschuhe, sondern norma-le Schuhe mit gutem Halt (keine Pantoffeln!),genügend Platz und flachen Absätzen. Ideal isteine Sohle aus Leder. Turnschuhe bieten zwareinen guten Halt, die Gummisohle haftet jedochzu sehr am Boden, das Vorstellen des Beins wirdbei jedem Schritt erschwert.Besprechen und wählen Sie bitte den passendenSchuh gemeinsam mit der behandelnden Physio-therapeutin.

SchienenFallweise ist eine Unterstützung desBeines/Fußes durch eine Schiene erforderlich.Die Schiene hilft, den Fuß in eine physiologischePosition zu bringen und so die Qualität desGehens zu steigern. Benötigt der Patient eine sol-che Schiene, muss diese konsequent beimGehen getragen werden.

StockDer Patient, Menschen aus seinem Umfeld undSie als Angehöriger, sind vielleicht der Meinung,dass mit einem Stock die Geh fähigkeit leichterund rascher erreicht werden könnte.Dem ist leider nicht in jedem Fall so.Wenn wir einem Menschen mit einer Halbsei-tenlähmung zu früh einen Stock geben, könnenfolgende Schwierigkeiten auftreten:

Weil die Balance noch ungenügend ist,wird der Patient sich voll auf den Stockstützen.Dadurch werden die normalen Gleichge-wichtsreaktionen, welche für ein selbst-ständiges Gehen erforderlich sind, unter-drückt und nicht oder falsch erlernt.Bei unvorhergesehenen Situationen ist derPatient zu wenig sicher und stark sturzge-fährdet.Der Betroffene strengt sich beim Gehennoch zu viel an. Die Muskelanspannung,vor allem in der betroffenen (gelähmten)Körperseite steigt über das normale Aus-maß, es kommt zu Spastizität (Verkramp-fung), normale Bewegungen werden blok-kiert und können nicht mehr erlernt wer-den.

Ein 4-Punkt-Stock trägt umso mehr zu dieser Ent-wicklung bei und sollte in der Rehabilitations-phase nicht eingesetzt werden.Ein Stock ist dann erlaubt, wenn der Halbseiten-gelähmte kleinere Strecken auch ohne Stockgehen kann. Der Stock trägt dann zu mehrSicherheit bei.

Hilfsmittel zur Fortbewegung

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Ein halbseitengelähmter Mensch benötigt, jenach Art und Schwere der Lähmung, für einegewisse Zeit oder auf Dauer Hilfsmittel, damitder Alltag in und außerhalb des Krankenhauseserleichtert wird.

Wir beraten Sie gerne über Möglichkeiten bezüg-lich

Zimmergestaltung und Bett

Toilette (Leibstuhl, Toilettsitz erhöhung,Haltegriffe)

Bad (Badebrett, Badewannenlift, rutsch-feste Matte, bauliche Veränderungen, Duschklappsitz)

Transferhilfen (Rutschbrett, Hebelifter, Drehteller)

Fortbewegung (Rollstuhl, diverse Geh -wagen, Stock, Krücken)

Haushalt (Besteck, Hilfsmittel zumKochen etc., div. bauliche Veränderungen)

Veränderungen an Wohnung/Haus undnäherer Umgebung (Türschwellen, Trep-penrampen, Treppenlifter, Stolpergefahrenetc.)

Auto

Hilfsmittel werden zum Großteil von IhrerPflicht-Krankenversicherung mitfinanziertund/oder leihweise zur Verfügung gestellt. Bittebedenken Sie, dass nicht alle Hilfsmittel lagerndsein werden, und die Beschaffung Tage bisWochen in Anspruch nehmen kann.Falls Sie nicht sicher sind, ob ein Hilfsmittelpasst, vereinbaren Sie ausdrücklich eine Bestel-lung „zur Ansicht“.

Wir geben Ihnen unsere Erfahrungen gerne wei-ter.

Hilfsmittel

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Ein Rollstuhl ist meist die erste Fortbewegungs-möglichkeit für Menschen mit einer halbseitigenLähmung. Er ersetzt für eine kurze oder längerePhase das Gehen.

Leben ist Bewegung, Bewegung istLeben, ohne Bewegung kein Leben.

Der Großteil aller Patienten nach einem Schlag-anfall kann mit einem Rollstuhl eine selbstständi-ge Fortbewegung erzielen. Die Möglichkeit zurFort bewegung ist im Alltag ein großer Anreiz,aus dem Bett (ev. Krankenbett) aufzustehen.Der Weg in die Selbstständigkeit beginnt.

Wir Menschen sind verschieden: groß, klein,dick, dünn, haben lange oder kurze Beine, kräfti-ge oder weniger starke Muskeln an den Armenund so weiter. Nach einem Schlaganfall bleibeneinzelne Fähigkeiten erhalten, andere nicht undso hat jeder Patient andere Voraussetzungen undMöglichkeiten. Daher gibt es viele verschiedeneRollstühle in unterschiedlicher Breite, Höhe undmit speziellen Zusatzfunktionen.

Damit ein selbstständiges Antreiben des Roll-stuhls überhaupt möglich ist, muss für den ein-zelnen Menschen ein passendes Modell ausge-wählt werden. Ein Leibstuhl kann somit niemalsein Ersatz für einen Rollstuhl sein. Denn ein Leib-stuhl ermöglicht kein wirklich selbstständigesFahren (keine Antriebsräder, nur eine Sitzbreite,Sitzhöhe zu hoch, keine erreichbaren Bremsenetc.) und birgt noch dazu viele Gefahren (Stol-pern über abstehende Fußplatten etc.).

Bitte sprechen Sie uns an, bevor Sie einenRollstuhl (oder andere Hilfsmittel) für zuHause besorgen. Da wir im Moment IhrenAngehörigen behandeln, kennen wir seine Mobi-lität und Leistungen am besten. Gerade in derErholungs- und Rehabilitationsphase nach einemSchlaganfall kann sich der Zustand nach weni-gen Wochen verbessern und somit ändern. IhrHausarzt kennt zwar den Patienten mitunter einhalbes Leben lang, kann aber aus der Ferne denindividuellen Bedarf an Hilfsmitteln, der sich ander momentanen Verfassung des Patientenorientiert, nicht wirklich erheben. Das gleiche giltfür die Angestellten in einem Sanitätshaus. Eswäre schade (und mitunter auch teuer), wennunbrauchbare Hilfsmittel angeschafft werden.

Im Rahmen der Ergo- und Physiotherapie suchenwir ein passendes Modell aus und trainieren denUmgang mit dem Rollstuhl (parallel zur übrigenTherapie). Sollte Ihr Angehöriger einen Rollstuhlfür zu Hause benötigen, arbeiten wir gerne mitIhnen zusammen und sind bei der Organisationbehilflich (Verordnung, Sozialversicherung,Sanitätshaus).

Rollstuhl

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DuscheDiese Dusche ist mit einem stabilen Duschklapp-sitz und einem Haltegriff ausgestattet. AmBoden erhöht eine Antirutschmatte die Sicher-heit. Der Einstieg ist hier niedrig und somiterleichtert.

BadewanneDer Einstieg in die Badewanne, das Hineinsetzenund Wiederaufstehen, aber auch das Stehenblei-ben und Duschen erfordern Beweglichkeit,Gleichgewicht, Koordination und Belastbarkeit.Nach einem Schlaganfall ist das Benützen derBadewanne oftmals nicht ohne Hilfe oder Hilfs-mittel möglich.

ToiletteIn dieser geräumigen Toilette ist Platz für denRollstuhl. Haltegriffe an beiden Seiten gebenSicherheit. Der linke Griff kann nach obengeklappt werden, und ist somit auch in einer klei-nen Toilette nicht im Weg, wenn er gerade nichtgebraucht wird. Achten Sie auf eine ausreichen-de Höhe der Toilette (ev. Toilettsitzerhöhung ver-wenden).Lassen Sie sich von der Ergotherapeutin beraten,welche Lösungen für Sie möglich sind.

Ausstattung von Sanitärräumen

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Ein Badebrett ermöglicht ein Duschen über der Badewanne(im Sitzen). Mittels Badelift ist ein bequemes Vollbad mög-lich. Zur Benützung beider Hilfsmittel muss der Patientnicht unbedingt gehen können; sie helfen beim Transfer(=Wechsel z.B. Rollstuhl - Hilfsmittel), im Sitzen heben Sie die Beine des Patienten über den Wannen-rand, der Betroffene sollte sitzen können. Dabei ist diebetroffene Seite der Hilfsperson zugewandt.

In der akuten Krankheitsphase nach einemSchlaganfall haben viele Patienten Schwierigkei-ten, Harn oder Stuhlgang zu kontrollieren. Dieunkontrollierte Blasentätigkeit kann mit der einesKleinkindes verglichen werden, das noch nichtgelernt hat, die Entleerung zu steuern. Sobald einPatient beweglicher geworden ist und alleinezurechtkommt, verschwinden diese Schwie - rigkeiten im allgemeinen; sie treten meist nur inden ersten 3 Monaten auf.

Eine nach diesem Zeitraum anhaltende Inkonti-nenz ist durch Perzeptionsstörungen (Signale dergefüllten Blase werden nicht ausreichend ver-spürt) oder frühere urologische Störungenbedingt.

Da viele Hemiplegiepatienten der älteren Genera-tion angehören, haben sie möglicherweise schonvorher Schwierigkeiten mit der Blasenentleerunggehabt, etwa aufgrund einer Vergrößerung derProstata oder einer Schwäche des Sphincters(=Blasenschließmuskel). Unter normalen Um -ständen konnten sie die Inkontinenz durch sorg-fältige Planung vermeiden. Durch den Verlust derBeweglichkeit und der dadurch bedingten Ver-langsamung, kann die Toilette vielleicht nichtmehr schnell genug erreicht werden.

Während des Aufenthalts des Patienten im Kran-kenhaus wird danach gestrebt, möglichst baldalle Körperfunktionen wieder zu normalisieren.Das bedeutet, der be handelnde Arzt ist bemüht,den Blasenkatheter abzusetzen, in Zusammenar-beit mit der Pflege erfolgt ein Blasentraining.Dabei wird der Betroffene vorerst in regelmässi-gen Abständen (beginnend mit 2 Stunden) ange-halten, die Toilette zu benützen. Über den Erfolgund Intervall werden Aufzeichnungen geführt.So hat der Patient hohe Chancen, wieder Kon-trolle über seine Ausscheidung zu erlangen =KONTINENZ. Führt das Toilettentraining nichtzum gewünschten Erfolg, ist die Entscheidungzwischen aufsaugenden Maßnahmen oderKatheterableitung zu treffen. Bitte wenden Siesich an den behandelnden Arzt bzw. an unserdiplomiertes Gesundheits- und Krankenpflegeper-

sonal, wenn Sie zum Thema Kontinenz/Inkon ti -nenz/Ausscheidung Fragen haben.

Zirka ein Drittel der Pflegezeit entfällt auf die Ver-sorgung der Ausscheidungsvorgänge. DieBeschäftigung mit der Ausscheidung ist gefühls-mäßig belastet und von großer psychischer undsozialer Bedeutung. Die Kontrolle in diesemBereich zu verlieren, bedeutet für den Betroffe-nen eine tiefgreifende Verletzung seines Selbst-bildes und ist verbunden mit Scham und Ver-zweiflung. Das zur Harninkontinenz Beschriebenetrifft in noch stärkerem Ausmass für die Stuhlin-kontinenz zu. Scham und Ekel in der Umgebungspielen eine noch stärkere Rolle. Auch bei Stuh-linkontinenz ist (nach einer medizinischen Abklä-rung der Ursache) ein Toilettentraining angezeigt,das ähnlich aufgebaut ist, wie bei der Harn -inkontinenz.

Sie als Angehöriger haben den Vorteil, dass Siedie Gewohnheiten des Betroffenen besser ken-nen als wir und sich darauf einstellen können.Weiters können Sie die Zeitspanne, in der dieToilette erreicht wird, verkürzen, indem Sie aufzweckmässige Kleidung und eine ausreichendeSitzhöhe der Toilette achten. Sollte der Weg zurToilette zu weit sein, können Sie auch einen Leib-stuhl verwenden. (siehe Hilfsmittel)

Je besser Sie den Ablauf organisieren,desto höher ist der Erfolg und dieZufriedenheit für alle Beteiligten.

Inkontinenz

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Eine Apraxie/Dyspraxie ist eine Störung derHandlungsfähigkeit. Das bedeutet, der Patienthat Schwierigkeiten, Alltagsgegenstände in kor-rekter Weise zu benützen und/oder die einzelnenTeilschritte einer Handlung richtig und erfolgreichaneinanderzufügen. So kann es auch passieren,dass einzelne Handlungsschritte ausgelassenwerden.

Beispiel: Beim Frühstück. Der Patientmöchte eine Semmel mit Butter und Mar-melade bestreichen. Er reißt die Semmelin Stücke, gibt einige davon in die leereKaffeetasse, öffnet die Portionsbutter unddrückt diese samt Verpackung auf dieSemmelstücke. Letztlich schüttet er nochKaffee hinein – und bemerkt den Fehler.

Es kann vorkommen, dass eine Handlung gelingt,aber nicht beendet werden kann oder auf dienächste übertragen wird: Z.B. ein Patient, dersich nach dem Rasieren fönt, streicht mit demFön über die Wange.

Diese Beeinträchtigung resultiert nicht aus derBewegungsunfähigkeit durch eine Lähmung son-dern betrifft leider auch die gesunde/nicht betrof-fene Hand. Es kann vorkommen, dass mitunterauch schwierige Handlungen zwar spontandurchgeführt werden können, auf Abruf jedochnicht mehr gelingen.

Aufgrund der Problematik könnte die Annahmeentstehen, die Betroffenen seien unmotiviert,unkooperativ, vewirrt oder böswillig. Derdyspraktische Patient möchte Erfolg haben; erhat nur unzureichende Strategien, damit eineHandlung gelingen kann. Bekommt er keine adä-quate Hilfestellung, misslingt die Alltagsaktivität.Patienten mit Apraxie merken, ob sie erfolgreichsind oder Misserfolg ernten. Bei zu vielen Mis-serfolgen kommt es zu Rückzug, Trauer, Untätig-keit (aus Angst, wieder etwas falsch zumachen).

So können Sie helfenApraktische (und gleichzeitig oft aphasi-sche) Patienten können mit sprachlichenHandlungsanweisungen oft wenig anfan-gen. Zeigen Sie Handlungen und einzelneAbläufe vor oder führen Sie die Hände desBetroffenen.

Bereiten Sie Handlungen vor oder machenSie diese für den Patienten leichter, indemSie Teile übernehmen (lassen Sie z.B. denPatienten vorerst immer nur ein Kleidungs-stück selbst anziehen, welches er schaf-fen kann, bei den anderen Teilen helfenSie). Führen Sie den Betroffenen schritt-weise zum Erfolg. Sorgen Sie für Erfolgser-lebnisse!

Unterstützen Sie den Patienten bei derAuswahl und beim Gebrauch von Alltags-gegenständen. Vermeiden Sie Fehler(apraktische Patienten lernen nicht überVersuch/Irrtum).

Apraxie/Dyspraxie

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Neglect bedeutet negieren oder leugnen.Bei einem Neglect kommt es zur Vernachlässi-gung einer Körperseite und ihrer Umgebung(zumeist der linken).Folgende Auswirkungen können beobachtetwerden:

Die Patienten halten Kopf und Blick spon-tan von der gelähmten Seite weggerichtet.

Auf Ansprache von der betroffenen Seitereagieren die Patienten gar nicht odermanchmal mit einer kurzen Zuwendung.Die Leistungen schwanken.

Körperliche Empfindungen (wie z.B. Berüh-rungen, Schmerz, Temperatur) auf derbetroffenen (linken) Seite werden mis-sachtet. Die Patienten lassen die gelähmteHand über die Bettkante hängen, legensich darauf, klemmen sie ein und bemer-ken es nicht.

Spontane Bewegungen mit dem betroffe-nen Arm/Bein werden unterlassen,obwohl diese aufgrund der bereits vorhan-denen Muskelaktivierung möglich wären.

Gebrauchsgegenstände in der linkenRaumhälfte werden übersehen und kön-nen somit nicht gefunden werden. Sogargroße Objekte (Möbel, Autos) werdennicht beachtet.Verletzungsgefahr durch Anstoßen!

Alltagshandlungen wie Waschen, Frisie-ren, Rasieren usw. werden entweder nuran der nicht betroffenen Körperhälftedurchgeführt oder nur unvollständig.

Möglicherweise bleiben nach dem EssenSpeisereste in der betroffenen Wangenta-sche zurück und werden nicht bemerkt.

Beim Verzehr von Speisen wird ein Teil desGerichts auf der betroffenen Seite nichtwahrgenommen und deshalb übrig gelas-sen (obwohl der Patient noch Hungerhätte).

Die eigene Leistungsfähigkeit wird über-schätzt, unrealistische Handlungen wer-den geplant und oftmals auch ausgeführt;dadurch besteht meist ein erhöhtes Sturz -risiko.

Sie können dem Patienten helfen, seine ver-nachlässigte Körper- und Raumhälfte wiederbewusster zu machen bzw. Tätigkeiten desAlltags zu erleichtern

Lenken Sie die Aufmerksamkeit desBetroffenen zur linken Seite: halten Siesich wenn möglich auf der betroffenenSeite auf und sprechen Sie ihn auch vondieser Seite an.Platzieren Sie Alltagsgegenstände so,dass der Patient in der linken Raumhälftedanach suchen muss, um die Alltagshand-lung lösen zu können (z.B. Zahnpasta undBürste an der linken Seite des Waschbek-kens)Machen Sie den Patienten aufmerksam,wenn Verletzungsgefahr besteht (Ansto-ßen an Hindernisse, offene Türen, Verbren-nungen, Gefahr des Einklemmens, Hängenbleibens etc.)

Neglect

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Durch eine veränderte Wahrnehmung der Kör-permittellinie lehnt sich der Patient vermehrt aufdie betroffene Seite. Vor allem im Sitzen und Ste-hen kann der Patient selbstständig keine auf-rechte Position einnehmen.So helfen Sie dem Patienten:

Bieten Sie ihm eine Haltemöglichkeit ander rechten Seite an.Fordern Sie ihn auf, sich aufzurichten(„groß machen“)

Achtung!Versuchen Sie nicht, den Patienten vonder linken Seite nach rechts zu schie-ben, das verunsichert ihn und er wirdsich noch mehr nach links lehnen.

Zusatzstörung Pushersyndrom

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Ein Schlaganfall kann viele Auswirkungen haben.Halbseitenlähmung und Sprachstörung sindbekannte Symptome. Durch das Geschehen imGehirn ist aber auch eine Veränderung desWesens möglich.

ProblemlösungsvermögenViele Handlungen des Alltags führt man automa-tisch durch, ohne besondere Anstrengung undAufmerksamkeit. Wenn dabei unerwartet Hinder-nisse auftreten, überlegt man bewusst, welcheSchritte man unternehmen soll und kontrolliertanschließend ihre richtige Ausführung. DieseKontrollinstanz kann durch einen Schlaganfallbeeinträchtigt sein. Situationen und Problemewerden nicht richtig erkannt und eingeschätzt.

Einhalten sozialer RegelnWas man in einer Situation tut oder nicht, unter-liegt vielfach gesellschaftlichen Normen undErwartungen. Unser Verhalten wird elementardurch Affekte und Impulse gesteuert: Freude,Angst, Wut, Appetit, sexuelle Wünsche etc.bestimmen unser Leben, untergeordnet in diegesellschaftlichen Konventionen. Entfällt die„zentrale Kontrolle“ für die eigenen Handlungenund Empfindungen, verhalten sich die Betroffe-nen nicht adäquat, sind mitunter enthemmt,machen frivole Witze, lachen in Situationen, indenen Ernst oder Trauer eher angebracht wären.

Antrieb und ApathieDie Patienten werden von sich aus nicht aktiv,wenn sie keine dezidierten Aufträge erhalten,verlieren sich in zufälligen Beschäftigungen oderversinken in Untätigkeit. Die Betroffenen sindzudem oft leicht ablenkbar, wenig ausdauerndund geben schnell auf.

AggressionenKleinigkeiten lösen bereits heftigste Wutanfälleaus, der Patient schreit, tobt und wirft mitGegenständen um sich. Die Äußerungen sindmeist ungezielt und können vom Patienten nichtunterbrochen werden. Aggressionen sind einestarke Belastung für die pflegenden Angehörigenund für den Partner.

Umgang mit Betroffenen bei ‘Verhaltensänderung:

Versuchen Sie das Verhalten des Patientenals Teil des Schlaganfalls zu akzeptieren.

Versuchen Sie in den jeweiligen Situatio-nen auf die Bedürfnisse des Patienten ein-zugehen.

Holen Sie sich Unterstützung für sichselbst. Ihre behandelnde Therapeutin kannIhnen Adressen von möglichen Beratungs-stellen nennen (Psychologen, Familienbe-ratungsstellen, Selbst hilfegruppen, Tages-heimstätten, sozi ale Hilfsdienste).

Verhaltensänderung

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Durch einen Schlaganfall können Wissen undErinnerungen, die im Laufe eines Lebens erwor-ben wurden teilweise oder ganz verloren gehen.Dieser Verlust führt im Alltag zu Störungen imVerhalten, in der Kommunikation, Selbstständig-keit und zur Beeinträchtigung der zwischenmen -schlichen Beziehungen.Meist betreffen die Ausfälle nur Teile desGedächtnisses. Ihre Bedeutung für die Patientenhängt davon ab, welche Teile betroffen sind:

Retrograde GedächtnisstörungenDer Patient kann sich an einen bestimmtenAbschnitt vor dem Schlaganfall nicht erinnern,hat sozusagen eine mehr oder minder große„Gedächtnislücke“. Der Betroffene kann neueInhalte lernen und ist orientiert.

Anterograde AmnesieDer Patient erinnert sich an die Vergangenheitund früher gespeicherte Inhalte, neue Informatio-nen können nur schwer oder gar nicht dauerhaftbehalten werden.

Autobiographisches GedächtnisDiese Form der verminderten Merkfähigkeit istviel eher bei Demenz und bei Schädelhirntumo-ren als beim Schlaganfall anzutreffen. Die Patien-ten wissen zumeist, wie sie heißen und wann siegeboren wurden, haben aber keine oder wenigErinnerung an kürzlich erlebte Episoden.

Im Alltag äußern sich die Probleme auf vielfältigeWeise: Gesprächsinhalte werden nicht erinnert,Handlungen nicht oder nicht korrekt ausgeführt,weil der „Faden verloren wurde“, Werkzeugefalsch ge braucht, Gegenstände nicht gefunden,die Orientierung bezüglich Zeit, Ort und Personist verfälscht, vertraute Personen werden nichterkannt.

Sie helfen dem Betroffenen, indem Sieihn da unterstützen, wo er stecken bleibt(ohne ihm alle Handlungen abzunehmen).

die Struktur und Umgebung so verändern,dass ein Zurechtfinden möglich ist (Routi-ne und geregelter Tagesablauf sind wich-tig, Ordnung und Gewohnheiten beibehal-ten).

auf seine Wünsche und Bedürfnisse ein-gehen und ihn zum Tätigsein aktivieren.

ihm vermitteln, dass er trotzdem ein wert-voller Mensch ist; denn viele Patientenreagieren auf die krankheitsbedingten Ver-änderungen mit Beschämung, Angst, Wutoder Nie dergeschlagenheit.

Gedächtnis

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Die Unordnung am Tisch, in Bett und Schrankfällt bereits im Krankenhaus auf. Am Nachtkäst-chen liegen die Gegenstände wild durcheinan-der, Decke und Polster liegen schief im Bett – derPatient ebenso. Kleidungsstücke werden mit der Naht nachaußen getragen oder vorne und hinten sind ver-tauscht. Beim Kochen wird der der Kochplattezugehörige Schalter nicht gefunden, die falschePlatte eingeschaltet, Gefässe werden zu vollgefüllt oder gehen über. Beim Decken desTisches liegen die Servietten scheinbar „schlam-pig“, die Ecken und Winkel stimmen nicht.Möglichkerweise beobachten Sie, dass sich derBetroffene oft verläuft.

Diese Alltagshandlungen setzen zur korrektenDurchführung folgende Leistungen voraus:

Das Einschätzen von Winkeln, Abständenund Positionen.

Die Wahrnehmung der eigenen Körpermit-te (bei einer Störung wird der Körper z.B.als gerade empfunden, obwohl der Patientmitunter schief sitzt oder steht).

Das Zusammensetzen von Teilen zu einemGanzen, das Zeichnen von Figuren.

Die Orientierung in Räumen, an Plänen undLandkarten.

So können Sie dem Betroffenen helfenTeilen Sie Handlungen in kleine Schritteauf und benennen Sie diese. Dadurchgeben Sie die nötige Struktur.

Bauen Sie Orientierungshilfen im Alltagein, z.B. farbige Aufkleber auf Türen, amGang, usw.

Vorne/hinten Kleidungsstücke markieren(Aufnäher am Bündchen als Orientierungs-hilfe).

Kleidungsstücke (z.B. Unterhemd, T-Shirt)auf einem Hocker vor dem Patientenzurechtlegen.

Räumliche Störungen

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