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Was ist Religion?
Grundlagen und Definitionsversuche
© Dr. Markus Sasse, Fachberater Ev. Religion an Gymnasien, IGS, Freie Waldorfschulen
und Kollegs (Bezirk Pfalz), 2020.
http://rfb.bildung-rp.de/evangelische-religion.html
mail an [email protected]
EINSTIEG: DER MÖNCH UND DER DETECTIVE
Was ist Religion?
Caspar David Friedrich: Der Mönch am Meer (1808-1810)
Alte Nationalgalerie Berlin
Rustin Cohle über die Religion und die Menschen
Nichts ist jemals
vorbei.
https://www.youtube.com/watch?v=3UBAii6BskA
Caspar David Friedrich: Der Mönch am Meer (1808-1810),
Alte Nationalgalerie Berlin
Caspar David Friedrich: Abtei in Eichwald (1809-1810), Alte
Nationalgalerie Berlin
LAUSTER, J.: Die Verzauberung der Welt. Eine
Kulturgeschichte des Christentums, München 22015,
WORTBEDEUTUNG UND ZENTRALE ASPEKTE
Was ist Religion?
Detail einer Dionysosstatue (Museo Nazionale, Rom)
Der kultische Aspekt
• Nach Cicero (106-43 v.Chr.) lässt sich religio von relegere (= eine
Sache noch einmal sorgfältig durchgehen) herleiten und bezeichnet
die gewissenhafte, an den Traditionen orientierte Ausübung des
Kultes zur Verehrung der Götter (De naturam deorum I, 117; II, 72).
• Religio ist kultische Orthopraxie. Der Gegenbegriff zu religio ist
superstitio (Aberglaube).
• Einheit von Religion und Staat
Cicerobüste (Musei Capitolini,
Rom); Blick auf das Forum
Romanum
Beispiele: Brennender Weihrauch (Altar in Arad, Israel); Apollonstatue (Museo
Nazionale, Rom); griechischer Tempel in Paestum; Statue von Augustus im
Gewand des Pontifex Maximus (Museo Nazionale, Rom)
Der emotionale Aspekt
• Der christliche Rhetoriklehrer Laktanz (ca. 255-325 n.Chr), ein Zeitgenosse
Kaiser Konstantins, kritisiert die verbreitete Etymologie Ciceros und leitet religio
von religare bzw. religari (sich binden) ab (Divinae institutiones 4,28). Es geht ihm
dabei um das Zurückbinden an eine höhere Macht. Laktanz denkt
offenbarungstheologisch: Gott hat den Menschen an sich zurückgebunden. Durch
die Frömmigkeit (pietas) ist der Mensch mit Gott verbunden, um ihm zu dienen
bzw. als dem Vater zu gehorchen.
• Die emotionale Bindung (Frömmigkeit) ist die Voraussetzung für die kultische
Praxis.
Römisches Feldzeichen (Labarum) mit Christusmonogramm
Beispiele: Salbungsstein in der Grabeskirche in Jerusalem; Predigt des Evangeliums von Jesus
Christus (Altarbild, Stadtkirche in Wittenberg); Kerzen in der Geburtskirche in Bethlehem; Auge Gottes
(Baptisterium Santa Maria Maggiore in Rom); Hand Gottes (Schöpfungsfenster in der Schlosskirche
Bad Dürkheim); Bibeltext (Lutherdenkmal, Landau); Lamm Gottes (Stiftskirche, Neustadt)
Kultisch + emotional
• Verbindung von Religion und Moral
• Kult als Beziehungspflege
• Der Dienst am Mitmenschen ist
Gottesdienst.
• Ausweitung der Religion auf den Alltag
Detail auf einem Säulensarkophag, 4. Jh (Musei Vaticani, Rom)
HEILIG UND PROFAN
Was ist Religion?
Griechischer Tempel in Paestum
Grundbedeutung
• Fanum = Heiligtum
• Pro Fanum = außerhalb des
Heiligtums
Tempel auf dem Forum Boarium in Rom
RUDNIG, T.A.: Heilig / profan / Heiligkeit (AT), in: WiBiLex (2014)
Heilig und profan im
Christentum
• Unterscheidung von Priestern und Laien
(katholisch und orthodox)
• Besondere Verhaltensregeln in Kirchen
• Vasa Sacra
• Kirchenasyl
• Tabuisierung der heiligen Gegenstände
außerhalb des heiligen KontextesRussisch-orthodoxe Kirche in Bad Ems
Religion ist Unterbrechung
METZ, J.B.: Glaube in Geschichte und Gesellschaft. Studien zu einer praktischen Fundamentaltheologie, Mainz 31980, 150.
zur Weiterarbeit
Religionsdefinitionen auf der
Themenseite „Religion“
Philipp Veit: Die Religion (1819), Alte Nationalgalerie Berlin.
DAS CHRISTENTUM ALS RELIGION
Was ist Religion?
Zugang zur Grabeskirche in Jerusalem
Religion und Religiosität
• „Religiosität ist die subjektive Seite von Religion (…). Sie ist nicht unerklärlich, sondern so menschlich wie
Sprechen, Fragen und Denken; allerdings ist sie für den einzelnen Menschen nicht ersetzbar.
Schleiermacher sprach von einer ‚eigenen Provinz im Gemüt‘. Religiosität und Religion bedingen sich
wechselseitig. Dabei ist unter Religion die objektiv wahrnehmbare Gestalt gegebener Religionsformen zu
verstehen, die sich selbst immer auf religiöse Erfahrung zurückführen lässt (religiöse Schriften, Lehren,
Gebäude, Kunst, Rituale usw.), unter Religiosität die subjektive Betroffenheit, die sich auf gegebene
Religionsformen zurückführen lässt und durch sie in der Regel angestoßen wird. Prinzipiell gibt es
Religion ohne Religiosität (leere religiöse Routine) und Religiosität ohne Religion (unverrechenbarer
Eindruck, spontane und nicht ableitbare Moment-Empfindung).“ (KUNSTMANN, J.: Religionspädagogik.
Eine Einführung, Tübingen, Basel 2004, 314f.)
• Religiosität bezeichnet eine innere Haltung.
• Glaube ist die speziell christliche Form der Religiosität.
Glaube …
• Grundhaltung / Überzeugung
Für-wahr-Halten / Annehmen
Leben Gestalten in Beziehung zu Gott
• Vertrauen / Zutrauen
Ertragen
ist die speziell christliche Form von Religiosität
Wahrheit Treue
Worüber man nicht streiten kann …
• Religion ist ein empirisch wahrnehmbares Phänomen.
• Religionen besitzen kulturelle und politische Prägekraft seit Jahrhunderten bzw.
Jahrtausenden.
• Das Christentum hatte und hat prägenden Einfluss auf die Kultur und Politik in
Europa.
• Jesus hat gelebt, öffentlich gewirkt und wurde als politischer Aufrührer hingerichtet.
• Die Verkündigung seiner Auferweckung durch Gott war derart plausibel, dass aus
dem kleinen Anhängerkreis eine weltweite Bewegung wurde.
Bibel Philosophie Recht
Offenbarungsinhalte
Biblische Werte
und Normen
Geschichte
Mythen, Lieder,
Weisheit
Vorbilder
Lehre, Systematik
Christliche Werte
und Normen
Kommunikation
Argumentation
Lehrsätze
Bekenntnisse
Kirche, Institutionen, Autorität, Ämter
Kirchliche Werte und Normen
Organisation
Liturgie (Gottesdienst)
Kult
Riten und Symbole
Die Fundamente des abendländischen Christentums
Religion
und
Tradition
Goldglasboden mit den
Aposteln Petrus und
Paulus (4. Jh), Musei
Vaticani, Rom
Altarbibel
Heilsgeschichte