vortrag bozen marques schäfer final
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Deutsch lernen im Chat
Dr. Gabriela Marques-Schäfergabrielamarques [at] yahoo.com
Gliederung
1. Der theoretische Hintergrund
2. Die empirische Studie
3. Wichtigste Erkenntnisse
4. Ausblick
5. Literatur
1- Interkulturelles Lernen und digitale Medien
Ziele des interkulturellen Lernens (Bechtel 2003, Hu 1995, Krumm 2007):
- Das Kennenlernen einer Fremdkultur- Die Reflexion über die eigene und über die fremde Kultur- Die Entwicklung einer Sensibilisierung für Gemeinsamkeiten und
Unterschiede- Die Förderung eines Perspektivenwechsels
Interkulturelles Lernen mit digitalen Medien (O’Dowd 2007, Rösler 2004, 2006):
- Authentizität - Narrativer Zugang
In der Praxis …
Was ist
Kultur?
Wie?
Was ist
interkulturell?
Wie kann ich
Veränderungen
vermessen?
Welche Aufgaben soll ich formulieren?
Welche Faktoren beeinflussen das interkulturelle Lernen
Welches Material und welche
Medien soll ich verwenden?
Online?
Aus der Forschung …
Kontrastiver Austausch über persönliche Erfahrungen und Erlebnisse sowie über Wahrnehmungen und Werte (z.B. Tamme 2001, Tudini 2007, Biebighäuser/ Marques-Schäfer 2011)
Ist das via Chat möglich?
2- Die Studie:Das ProjektJETZT Deutsch Lernen
Der Chat-Raum
Der Chat-Raum
Kostenfrei Freiwillige Teilnahme Virtueller Ort für
interkulturelle Begegnung Getippte mündliche
Sprache Institutioneller Charakter Tutorinnen Ca. 300 Besucher pro Tag Aus 64 Ländern Vorschläge für
Gesprächsthemen Vorschläge für
Unterrichtsprojekte
2- Forschungsschwerpunkte
Fehlerkorrektur
Sprachbezogene Fragen
Kulturbezogene Fragen
2- Daten und Teilnehmer
Datenerhebung
Chat-Protokolle von Januar 2007 bis Februar 2008
Korpus:~15.000 Seiten~ 3.300.000 Wörter
Teilnehmer
8 Tutorinnen(Fragebogen und Interviews)
Chat-Teilnehmer (Fragebogen und Interviews)
2- Chat als Ort für interkulturelles Lernen
Sequenzanalyse (Gilly et al 1999, Melo 2006)
Auswahl der Sequenzen nach den Themen, die von den Tutorinnen erwähnt wurden (z.B. Leichte Themen zu diskutieren sind: Alltag, Essen, Feiertage und schwierige Themen: Religion und Politik)
Quantitative Analyse der strukturellen Faktoren (Dauer, Teilnehmerzahl, Turns-Anzahl)
Qualitative Analyse der linguistischen Faktoren (Art der Fragen und der Antworten) (Belz 2003; 2007)
Was/Wann/Wo-Fragen and Ja/Nein-Fragen bringen die Lerner meist dazu, Informationen zu geben
Wie/Warum-Fragen bringen die Lerner meist eher dazu, ihre Äußerungen ausführlicher zu erklären, umzuformulieren und über sie zu reflektieren
Beispiele
A) „am morgen ist ein Festtag in Thailand“
B) „ich hallte Spanien fuer land von tomatina“
Der persönliche Austausch im JETZT Deutsch lernen-Chat
Auszug dem Chat-Protokoll H/ 23.11.2007
(18:09:37) Anna: am morgen ist ein Festtag in Thailand(…)(18:09:49) Tutorin: Was feiert ihr denn Schoenes?(18:10:06) Anna: es heiß loi kratong festival(…)(18:11:28) Tutorin: Ueberall wird gefeiert.(…)(18:11:31) Anna: Loi-Kratong - Das bezauberndste Fest des Jahres-Körbchen mit brennenden Kerzen werden zu Wasser gelassen(18:11:38) Tutorin: Was ist Loi Kratong?(…)(18:12:29) Tutorin: Oh, hoert sich schoen an. Gibt es einen Grund fuer die Kerzen-Koerbchen?(18:12:41) Anna: es ist Vollmond im November in Thailand
Das Bild von einem Land
Auszug dem Chat-Protokoll D/ 10.11.2007
(11:47:07) Carla: Maria bist du aus spanien also(…)(11:47:13) Maria: ja(…)(11:47:27) Carla: ich hallte Spanien fuer land von tomatina(11:47:38) Carla: und toro ole(…)(11:47:49) Maria: was fur eine Art, Tomaten zu verschwenden. Es tut weh.(11:48:09) Maria: Ausserdem sehen sie ausgezeichnet aus, um Tomatensosse zu bereiten
3- Ergebnisse
Der JETZT Deutsch lernen-Chat bietet Potenzial für interkulturelles Lernen;
Hohe Häufigkeit von Fragen, die zu kurzen Antworten einladen. Wie- und Warum-Fragen werden selten gestellt;
Inhalte der Antworte beziehen sich meist auf persönliche Erfahrungen, Erlebnisse und Alltagsereignisse und selten auf Bilder von Ländern und Orten;
Stereotypen werden vermutlich wegen der medialen Kommunikationsbedingungen selten und oberflächlich behandelt;
Äußerungen über Stereotypen, Vorurteile und Fremdwahrnehmungen können im Chat schnell falsch interpretiert werden;
Die Chat-Tutoren sind für die Entwicklung interkultureller Austauschprozesse von entscheidender Bedeutung.
4- Ausblick
• Aus- und Fortbildung von Chat-Tutoren
• JETZT Deutsch Lernen-Chat als Modell für die Gestaltung weiterer frei zugänglicher didaktisierter Chat-Räume zum Erlernen einer Fremdsprache
• Weniger hierarchisierte Interaktion und Anonymität• Gleichberechtige Teilnahme und kooperatives Lernen • Authentische Aushandlungen von Bedeutung und Form • Bewusstmachung fremdsprachlicher Lücken• Gestiegene Output-Produktion• Sprach- und Sprachlernberatung durch kompetente
Ansprechpartner • Austausch über kulturbezogene Themen
5- Literatur
ABCD-Thesen zur Rolle der Landeskunde im Deutschunterricht (1990): Fremdsprache Deutsch, 3. München: Klett. 60-61.
Araújo e Sá, Maria Helena/Melo-Pfeifer, Silvia (2009): Co-construcción de saberes lingüísticos en los chats plurilingües en lenguas románicas. In: López Alonso, Cova-donga/Barrio, María Matesanz del (Hrsg.). Las plataformas de aprendizaje. Madrid: Biblioteca Nueva. 225-251.
Belz, J. (2007): The Development of Intercultural Communicative Competence in Telecollaborative Partnerships. In: O’ Dowd 2007.
Biebighäuser, Katrin & Marques-Schäfer, Gabriela (2009), DaF-Lernen online: Die Chat-Angebote des Goethe-Instituts in JETZT Deutsch lernen und Second Life. InfoDaF, 5/ 36, 411-428.
Desgranges, Ilke (1990): Korrektur und Spracherwerb. Selbst- und Fremdkorrekturen in Gesprächen zwischen Deutschen und ausländischen Kindern. Frankfurt a.M..: Peter Lang.
Henrici, Gert (1995): Spracherwerb durch Interaktion. Baltmannsweiler: Schneider Verlag Hohengehren.
Hu, Adelheid (1999): Interkulturelles Lernen. Eine Auseinandersetzung mit der Kritik an einem umstrittenen Konzept. In: Zeitschrift für Fremdsprachenforschung, 10, 2. 277-303.
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Krumm, H. 2003. Curriculare Aspekte des interkulturellen Lernens und der interkulturellen Kommunikation. In: Bausch, K.; Christ, H.; Krumm, H. (Hrsg.). Handbuch Fremdsprachenunterricht. 4. Auflage. Tübingen und Basek: Francke. 138-144.
O’Dowd, R. (2007). Online Intercultural Exchange. Multilingual Matters. Rebelo, Ida M. (2006): Interação em ambientes virtuais: negociação e contrução de con-
hecimento em Português como Segunda Língua. Dissertation. Pontifícia Universidade Católica do Rio de Janeiro.
Rösler, Dietmar (2004), E-Learning Fremdsprachen – eine kritische Einführung. Tübingen: Stauffenburg.
Rösler, Dietmar (2006): Deutsch als Fremdsprache mit digitalen Medien – ‚Freund’ und ‚Feind’ des interkulturellen Lernens. In: Reeg, Ulrike (Hrsg): Interkultureller Fremdsprachenunterricht: Grundlagen und Perspektiven. Bari, edizioni di pagina. 67-77.
Tamme, Claudia (2001): E-Mail Tutorien. Eine empirische Untersuchung E-Mail-vermit-telter Kommunikationen von Deutschstudierenden und Deutsch-als-Fremdsprache-Lehrenden in der Ausbildung. Dissertation. Justus-Liebig-Universität Gießen.
Tudini, Vincenza (2007): Negotiation and intercultural learning in Italian native speaker chat rooms. Modern Language Journal, 91 (4). 577-601.
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Vielen Dank für die Aufmerksamkeit
• Vielen DankVielen Dank!