voc-emissionen reduzieren mit effektiver betriebsorganisation

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-'---------- VQC-Emissionen reduzieren mit effektiver Betriebsorganisation Mit umweltfreundlichen Lacken oder neuer Anlagentechnik kann man VOC-Emissionen reduzieren - das weiB mittlerweile jeder in der Branche. Weniger bekannt ist dagegen, welches Potenzial zur Reduzierung von Losemitteln in der besseren Organisation von Betriebsablaufen steckt. ackieranlagen mit moglichst gerin- gen Losemitte lemissionen sind vor- rangig durch den Einsatz losemittelar- mer oder -freier Lackmaterialien und Hilfsstoffe zu realisieren. Als Ergan- zung zu dieser Vorgehensweise bezie- hungsweise als grundsatzliche Primar- maBnahme sind aber auch die Mog- lichkeiten zu beachten, die auf eine Verminderung des Lackeinsatzes zie- len und damit automatisch geringere Einsatze der Lackliisemittel und Ver- diinnungen beinhalten. Erhebliche Einsparpotenziale bie- ten hierbei MaBnahmen, die in die betriebliche Organisation eingreifen; der Aufbau der Prozesse kann dabei meistens unverandert bleiben. Vor allem im Rahmen der Ablauforganisati- tin k-nnnp:n Pbnllncr llnn Steuerung der lackiertechnischen Arbeitsschritte einschlieBlich der dazu erforderlichen Datenermittlung ver- bessert werden. Durch das optimale Zusammenwirken des betroffenen Personals und der Arbeitsmittel sind bedeutende Material-Einsparungen erreichbar. Entsprechende Verbesserungen fur die Teilelackierung erfordern zunachst die bewusste Einordnung und Bewer- tung der bestehenden Prozesse inner- halb des gesamten Anforderungsspek- trums. Deshalb sollte eine detaillierte Ist-Zustandsaufnahme des Werkstiick- spektrums, der Qualitatsanfordcrun- gen, der Verfahrensdaten und der gesetzlichen Auflagen zum Umwelt- und Arbeitsschutz am Anfang stehen. hP:lnh::lltp't ::lllrh P:lnp: stellenanalyse der jeweiligen Lackier- anlage zur Feststellung der Einsparpo- tenziale, zum Beispiel beziiglich Lack- schichtdicke, Auftragswirkungsgrad oder Aufwand fur Nacharbeiten (siehe Beispiele in der Tabelle). Bei Anlagenoptimierungen konnen auf dieser Basis VerbesserungsmaBnah- men entwickelt, Prioritaten festgelegt, zeitliche Ziele zur U msetzung defi- niert und die zu erwartenden Einspar- potenziale dargestellt werden. Bei Pla- nungen werden die denkbaren Tech- nologie-Alternativen einer ganzheitli- chen Bilanzierung unterworfen. Die im Folgenden aufgefUhrten MaBnahmen gehen von organisatori- schen Vorarbeiten und Entscheidun- gen auf verschiedenen Betriebsebenen aus; darauf aufbauend konnen die Randbedingungen und Parameter der Lackverarbeitung modifiziert und optimiert werden, sodass sich vor allem Lack- beziehungsweise Lose- mittel- Einsparungen ergeben. Mit einer analytischen Vorgehens- weise und ausreichender Kompetenz k-nnnp:n Teilespektrum Beschichtungs- qu alit at Prozessdaten Umwellschutz An al y se tatsachllcher Oberfl achenzustand vor der Beschichtung Anordnung beim Beschichten Gebrauchs- beziehungsweise Kundenanford erungen l ack·Auftragswirkungsgrad und Verbleib der l ackverluste Betroffenheit von der VO C·Verordnung Mogliche Schwachstellen Fehler /Verunreinigungen aus vorgeschalteten Fertigungsschrillen uberrn afllq groBe Rauliefen spritztechnisch schlechte Zuganglichkeil ..Iockere" W arentr agerbelegung unzureichend definierte Oualltatsanfordenmqen Oberhb hter l acki eraufw and mang elhafte Spritzg erateeinstellung und ·handhabung uberrnafilqe W arentragerbeschichtung ungenaue Erfassung des Losemlttelverbr auchs bei App likation und Reini gung 1st-Analyse von Lackierprozessen und ableitbare Schwachstellen (Beispiele) - eine Vergleichsbasis flJr Optimierungen und Planungen JOT 11 12002

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Page 1: VOC-Emissionen reduzieren mit effektiver Betriebsorganisation

-'----------VQC-Emissionen reduzierenmit effektiver BetriebsorganisationMit umweltfreundlichen Lacken oder neuer Anlagentechnik kann

man VOC-Emissionen reduzieren - das weiB mittlerweile jeder in

der Branche. Weniger bekannt ist dagegen, welches Potenzial zur

Reduzierung von Losemitteln in der besseren Organisation von

Betriebsablaufen steckt.

ackieranlagen mit moglichst gerin­

gen Losemittelemissionen sind vor­

rangig durch den Einsatz losemittelar­mer oder -freier Lackmaterialien und

Hilfsstoffe zu realisieren. Als Ergan­

zung zu dieser Vorgehensweise bezie­

hungsweise als grundsatzliche Primar­

maBnahme sind aber auch die Mog­

lichkeiten zu beachten, die auf eine

Verminderung des Lackeinsatzes zie­

len und damit automatisch geringereEinsatze der Lackliisemittel und Ver­

diinnungen beinhalten.

Erhebliche Einsparpotenziale bie­

ten hierbei MaBnahmen, die in die

betriebliche Organisation eingreifen;

der Aufbau der Prozesse kann dabei

meistens unverandert bleiben. Vor

allem im Rahmen der Ablauforganisati­tin k-nnnp:n Pbnllncr np:~t::lltllncr llnn

Steuerung der lackiertechnischen

Arbeitsschritte einschlieBlich der dazu

erforderlichen Datenermittlung ver­

bessert werden. Durch das optimale

Zusammenwirken des betroffenen

Personals und der Arbeitsmittel sind

bedeutende Material-Einsparungen

erreichbar.

Entsprechende Verbesserungen fur

die Teilelackierung erfordern zunachst

die bewusste Einordnung und Bewer­

tung der bestehenden Prozesse inner­

halb des gesamten Anforderungsspek­

trums. Deshalb sollte eine detaillierteIst-Zustandsaufnahme des Werkstiick­

spektrums, der Qualitatsanfordcrun­

gen, der Verfahrensdaten und der

gesetzlichen Auflagen zum Umwelt­

und Arbeitsschutz am Anfang stehen.nlP:~ hP:lnh::lltp't ::lllrh P:lnp: .~rh,;v::lrh_

stellenanalyse der jeweiligen Lackier­

anlage zur Feststellung der Einsparpo­

tenziale, zum Beispiel beziiglich Lack­

schichtdicke, Auftragswirkungsgradoder Aufwand fur Nacharbeiten (siehe

Beispiele in der Tabelle).

Bei Anlagenoptimierungen konnen

auf dieser Basis VerbesserungsmaBnah­

men entwickelt, Prioritaten festgelegt,

zeitliche Ziele zur Umsetzung defi­

niert und die zu erwartenden Einspar­

potenziale dargestellt werden. Bei Pla­

nungen werden die denkbaren Tech­

nologie-Alternativen einer ganzheitli­

chen Bilanzierung unterworfen.

Die im Folgenden aufgefUhrten

MaBnahmen gehen von organisatori­schen Vorarbeiten und Entscheidun­

gen auf verschiedenen Betriebsebenenaus; darauf aufbauend konnen die

Randbedingungen und Parameter der

Lackverarbeitung modifiziert und

optimiert werden, sodass sich vorallem Lack- beziehungsweise Lose­

mittel-Einsparungen ergeben.

Mit einer analytischen Vorgehens­

weise und ausreichender Kompetenzr1p:~ Rp:::lrhp:ltp:rtp:::lITl~ k-nnnp:n ~t)

Tei lespektrum

Beschichtungs­

qualit at

Prozessdaten

Umwellschutz

An alyse

• tatsachllcher Oberflachenzustandvor der Beschichtung

• Anordnung beim Beschichten

• Gebr auchs- beziehungsweise

Kundenanford erungen

• l ack·Auftragswirkungsgrad

und Verb leib der l ackverluste

• Betroffenheit von der VO C·Verordnung

Mogliche Schwachstellen

• Fehler/Verunreinigungen aus vorgeschalteten

Fertigungsschrillen

• uberrnafllq groBe Rauliefen

• spr itztechni sch schlechte Zuganglichkeil

• ..Iockere" W arentragerbelegung

• unzureichend definierte Ou alltatsanfordenmqen

• Oberhbhter l acki eraufwand

• mang elhafte Spritzg erateeinstellung

und ·handhabung

• uberrnafilqe W arentragerbeschichtung

• ungenaue Erfassung des Losemlttelverbr auchs

bei Applikation und Reini gung

1st-Analyse von Lackierprozessen und ableitbare Schwachstellen (Beispiele) - eine Vergleichsbasis flJr Optimierungen und

Planungen

JOT 11 12002

Page 2: VOC-Emissionen reduzieren mit effektiver Betriebsorganisation

Praxisorientier1er Unterricht zum " Verfahrensmechaniker fOr

Beschich tungstechnik" im Technikum des lPA

urnweltvertragliche und wirtschaftliche

Losungen erreicht werden.

Bessere Qualifizierung

des Personals

Auf der Ebene der tibergeordneten

Betriebsorganisation muss erkannt

werden, dass zum Erzielen entschei­

dender Fortschritte im Fertigungsbe­

reich "Lackiererei" ein grundlegendes

Verstandnis der physikalischen und

chemischen Prozesse erforderlich ist.

Eine entsprechende Qualifizierung

des in die lackiertechnischen Fra­

gestellungen einbezogenen Personen­

kreises stellt eine unverzichtbare Vor­

aussetzung fur die nachhaltige Umset­

zung von VerbesserungsmaBnahmen

dar.

Heute empfiehlt es sich, die neue

Berufsausbildung zum "Verfahrensme­

chaniker fur Beschichtungstechnik" in

die Personalplanung fur die Lackiere­

rei einzubeziehen (Bild oben).

Diese grundlegende Ausbildung,

aber auch spezielle Schulungen (zum

Beispiel zur Vorbehandlung von Ober­

flachen fur die Lackierung oder zur

Wasserlackiertechnik) fordern das Ver­

standnis fur die Vorgange bei den

Lackierprozessen, sodass die Zusam­

mcnhange zwischen den verschiede­

nen Fertigungsablaufen und den Feh­

lermoglichkeiten bewusst werden.

Zum Beispiel wird bei manuellen

Lackierarbeiten der Lack- und Lose­

mittelverbrauch wesentlich von den

Fahigkeiten und der Motivation der

Lackierer bestimmt; ebenso sind die

optimale Einstellung, Steuerung und

Uberwachung von automatischen

Anlagen von einer entsprechenden

Personalqualifikation abhangig.

Lackiergerechte Teilegestaltung

• Konstruktive Merkmale der

Lackierobjekte, wie scharfe Kanten

oder spritz- und trocknungstechnisch

schlecht zugangliche Teilepartien,

behindern einen effektiven Lackauf­

trag und erhohen damit den Lackver­

brauch.

In Abstimmung zwischen Kon­

struktion und Fertigung sind hier

technisch und wirtschaftlich machbare

Modifikationen zu prufen, unter ande­

rem Brechen oder Abrunden scharfer

Kanten, Vermeiden von engen Teile­

vertiefungen,

Montage von

lackiertechnisch

hinderlichen

Te i leko mp 0­

nenten erst nach

der Spritzlackie­

rung.

• Eine Redu-

zierung der zu

lackierenden

Teileflachen auf

das funktionell

und dekorativ

tatsachlich er­

forderliche MaB

(zum Beispiel

durch Auslassen

nicht sichtbarer Bereiche) bietet prin­

zipiell das bedeutendste Potenzial zur

Verminderung des Lack- und Losernit­

teleinsatzes.

Diese MaBnahme ist in jedem Fall

zunachst mit den Kundenanforderun­

gen abzustimmen. Ebenso ist der Auf­

wand fur eventuelle Konsequenzen

wie alternative KorrosionsschutzmaB­

nahmen in den unlackierten Teilebe­

reichen (zum Beispiel bestandigcrc

Werkstoffe oder temporare Korrosions­

schutzbehandlung) sowie alternative

Beschichtungen (zum Beispiel Folien)

dagegenzuhalten.

In der Fertigung konnen innerhalb

der Lackiererei, aber auch unter Ein-

NASSLACKIEREN

beziehung benachbarter Fertigungsbe­

reiche, MaBnahmen mit organisatori­

schem Handlungsbedarf zu Lack- und

Losemitteleinsparungen fuhren, zum

Beispiel:

• Verunreinigungen und Beschadi­

gungen der Wcrkstuckobcrflachc

beziehungsweise der Rohteile aus den

vorgeschalteten Fertigungsprozessen

(zum Beispiel SchweiBperlen, Schleif­

riefen oder Montageschaden) erhohen

den Nacharbeitsaufwand und den

Lackeinsatz.

Die Fehlerbeseitigung setzt am

effektivsten in den verursachenden

Bereichen an; dies kann unter anderem

ein Verandern beziehungsweise Loslo­

sen von "gewachsenen" Produktions­

strukturen erfordern. Die Grafik zeigt

beispielhaft den zeitlichen Aufwand,

aber auch die Erfolgsaussichten fur

derartige Mangelreduzierungen.

• Zu groBe Rautiefen der Werk­

stuckoberflache erfordern tiberpropor­

tional hohe Lackschichtdicken und

Lackverbrauche, um die geforderte

Mindestschichtdicke tiber den Profil­

spitzen zu gewahrleisten.

Unter Berticksichtigung der vorge­

gebenen Schichtdicke und dekorati-

1m Rahmen der Produktionsorgani­

sation sollten die lackiertechnischen

Belange zwischen den Bereichen der

Teileentwicklung und -konstruktion

und der Fertigung abgestimmt wer­

den. Dies kann sich zum Beispiel wie

folgt auf die Teilebereitstellung zur

Lackapplikation auswirken:

JOT 11 12002

DE- u. REMONTAGEN (weltweit)Anlaq en-Stahl -Maschinen- und Rohrleitungsbau ,Inbetriebnahme - Instandhaltungen und Service .

BRUKER-TECHNIK, Postrach 300234, 47427 Moers/GermanyTel. 02641 /971600, Fax: 02641 /971601 , Handy: 0171 /3472486

Page 3: VOC-Emissionen reduzieren mit effektiver Betriebsorganisation

-'----------

zsC)

.5"C

Reduzierung von N acharbeil und Ausschuss durch gezielte O pl imierung von Lackierprozessen (Beispie l)

yen Qualitat ist fur die Oberflachen­

struktur der zu lackierenden Teile bei

der Herstellung beziehungsweise

mechanischen Bearbeitung ein vertret­

bares MaB zuzulassen (zum Beispiel

durch gieBereitechnische MaBnahmen,

Auswahl geeigneter Spanwerkzeuge

beziehungsweise Strahlmaterialien).

Lack- und Losernittelrnenge

urn 30 %verrnindert

Praxisbeispiel: Die Drehbearbeitung

der Au tlc nflache von Stahlzylindern

erzeugte stark ausgeprngte Drehriefen.

Bei der Lackierung im manuellen

Spritzverfahren wurde zur Abdeckung

der Profilspitzen etwa die doppelte

Lackmenge gegeniiber einem entspre­

chenden Lackauftrag auf glatter Ober­

flache verbraucht.

Durch neue Drehwerkzeuge und

Schulung des Lackierpersonals beziig­lich der Vorgange bei der Schichtab­scheidung, der Spritztechnik und derSchichtdickenkontrolle konnten derLack- und Losemitteleinsatz um zirka

30 % reduziert werden.• Warcntrager fur Spritzlackierprozes­

se sind moglichst dicht mit den

Lackierobjekten zu belegen, damitweniger Lackoverspray an ihnen vor-

beifliegen kann und eine gute Nut­

zung der Anlagenkapazitat erreicht

wird.

Die Gestaltung der Warcntragcr in

Verbindung mit dem Transportsystem,

ihre Verwendbarkeit auch auBerhalbder Lackiererei sowie ihre Ent­

lackungszyklen sind unter Einbezie­

hung des gesamten Fertigungsflusses

und des Teilehandlings vorzunehmen

beziehungsweise zu priifen.

Lackverbrauch halbiert bei Spritz­

lackierung von Brernsbelagen

Praxisbeispiel: Zur Spritzlackierung

groBer Stiickzahlen von Brernsbelagen

wurde die Warentragergestaltung der­art verbessert, dass sich der Lackver­

brauch gegeniiber der Ausgangslageum zirka 50 % verringerte; ebenso ver­

doppelte sich die Kapazitat der beste­

henden Anlage, das Teilehandling

konnte bc idhandig oder gegebenen­

falls auch automatisiert ausgefUhrt

werden.• 1m Rahmen der VOC-Verordnung

miissen auch die eingesetzten Lose­

mittel zur Reinigung der Applikations­

einrichtungen beriicksichtigt werden.VOC-Emissionen konnen dabei durch

abdunstende Losemittel aus undich-

ten Auffangbehaltern oder aus den

Lacknebelabscheidern entstehen.

In Lackieranlagen fur Metall- und

Kunststoffteile sollen durch den Ein­

satz geschlossener Einrichtungen zur

Reinigung der Applikationsgerate unddurch den Einsatz liisemittelreduzier­

ter Reinigungsmittel die verfUgbaren

Moglichkeiten der Emissionsminde­

rung genutzt werden.

Organisatorische MaBnahmen, die

den Einsatz von Reinigungsmitteln

von vornherein vermindern, tragen amwirksamsten zu "okoeffizienten" Rei­nigungsprozessen bei, zum Beispiel:

• Kontingentierung der Reiniger­menge auf die tatsachlich erforder­liche Minimalmenge,

• DurchfUhren von Farbwechselnohne Spiilung bei Grundierungen

oder optisch wenig anspruchsvollen

Lackierungen,

• Aufeinanderfolge von Teilen mitgleicher Farbe ("Farbblock-Bil­dung").

Der Autor:

Dipl.-lng. Dieter Ondratschek,

Fraunhofer IPA, Stuttgart,

Abteilungsleitung lackiertechnik,

Tel. 0711/970-1759,

e-mail : [email protected]

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