verschleißfeste oberflÄchen in der medizintechnik
TRANSCRIPT
_____ Aluminium als alternatives Grundmaterial zu Edelstahl gewinnt in unterschiedlichen Anwendungen und Produkten rasch an Bedeutung, wie beispielsweise in der Medizintechnik. Die Oberflächen lassen sich dabei meist über Anodisierungen oder Eloxierverfahren gegen Verschleiß und Korrosion schützen. Über anodischen Strom wird eine Oxidschicht aus dem Aluminiummaterial aufgebracht.
Während die auf diesem klassischen Weg eloxierten Werkstücke zwar die dekorativen Anforderungen erreichen, sind die Oberflächen nur unzureichend
oder gar nicht beständig gegen die intensiven Reinigungsprozesse in medizinischen Anwendungen. Dies liegt an dem Einsatz von stark alkalischen Reinigungsmedien, welche standardmäßig bei der medizinischen Oberflächenreinigung verwendet werden. Die gesamte Bauteilfläche unterliegt während der Reinigung einem chemischen und korrosiven Angriff, worunter nicht nur die Langlebigkeit, sondern auch das Aussehen der Bauteile stark leidet.
Zusätzlich ist der Verschleißschutz bei eloxiertem Aluminium zwar ausreichend, aber keineswegs hervorragend.
Mit fortschreitenden Reinigungszyklen und dem damit verbundenen Oberflächenangriff durch die Reinigungsmedien sinkt der Verschleißschutz ebenfalls weiter ab.
Dichte und porenfreie MetallschichtEine neuartige Beschichtungsmethode greift dieses Problem auf. Das elektrochemische RampartVerfahren konnte speziell für die Anforderungen der Medizintechnik adaptiert werden. Das Verfahren hat sich in zahlreichen Anwendungen, vom Automobil über die Luftfahrt bis hin zu Elektronik und Sensorik, vielfach bewährt. Die Aluminiumoxidschichten der Anodisierung (Eloxierung) werden durch eine mikrostrukturell aufgebaute Direktmetallisierung ähnlich einer Galvanisierung ersetzt.
Während bei einer Anodisierung strukturell ein poröses Gerüst aufgebaut wird, das dann verdichtet und versiegelt werden muss, wird beim RampartVerfahren eine dichte, kompakte und vor allem porenfreie Metallschicht aufgebracht. Bei diesen Beschichtungssystemen ist keinerlei Versiegelung mehr notwendig, die metallische Oberfläche ist selbst in der Lage, den Schutz und die Funktionalität zu gewährleisten. Die genau auf die jeweilige Aluminiumlegierung abgestimmte Vorbehandlungen gewährleistet eine sehr gute Haftung
Verschleißfeste Oberflächen in der Medizintechnik
Aluminium wird alkalisch sterilisierbarEine mikrostrukturell aufgebaute Direktmetallisierung eröffnet neue Anwendungen für Aluminium in der Medizintechnik. Das neu entwickelte Verfahren verleiht Aluminium die Oberflächen-Eigenschaften von Edelstahl und verbindet so die Vorteile einer Leichtbauweise mit hoher Beständigkeit.
Die funktionelle Oberfläche der neu entwickelten Beschichtung ist in unterschiedlichen Bereichen der Medizintechnik anwendbar
94 � JOT 10.2011
galvanotechnikD
OI:
10.1
365/
s351
44-0
11-0
199-
y
dieser Schicht und somit ein langes Bauteilleben.
Der MultilagenAufbau sorgt für eine optimale Funktionalität und verbesserten Schutz der Aluminiumbauteile. Über den Einsatz moderner PulsePlatingTechnologie kann der große Nachteil galvanischer Schichten, eine ungleichmäßige Schichtverteilung bei komplexen Geometrien, wettgemacht werden. Fest haftende, gleichmäßige metallische Beschichtungen sind das Ergebnis.
Stabilität trotz belastender ReinigungszyklenDie so hergestellten Schichten haben die Oberflächeneigenschaften von Edelstahl. Somit sind die Reinigungszyklen trotz der geringen Dicke der aufgebrachten Schichten wie bei reinen Edelstahlbauteilen kein Problem mehr. Mechanische Stabilität und eine hohe Verschleißfestigkeit sind dabei zusätzliche, nützliche Nebeneffekte.
Die Härte der Beschichtung ist gegenüber anodisierten und besonders im Vergleich zu eloxierten Oberflächen um einen Faktor 2 bis 3 erhöht, was sich positiv auf die mechanische Belastbarkeit auswirkt. Die Oberflächen bleiben dabei laserbeschriftbar und verfügen über ein dekoratives Aussehen.
Ausgedehnte Testserien mit namhaften Herstellern von medizintechnischen Produkten konnten die Beobachtungen bestätigen. Als Aluminiumbasismaterial dienten dabei AlMgSi1(3.2315)Legierungen.
Für die Tests wurden eloxierte Standardbauteile und die direkt metallisierten Bauteile nach 100 Zyklen alkalischer Reinigung bei pH 10 bis 11 einer Dampfsterilisation (134 °C, 18 min) mit 1000 Zyklen sowie einer WasserstoffperoxidPlasmasterilisation (Sterrad NX) mit 100 Zyklen unterzogen. Das Ziel war eine unverändert dekorative Oberfläche bei voller Funktionalität.
Während anodisierte oder eloxierte Aluminiumbauteile bereits nach 20 Zyklen matt und sichtbar angegriffen sind, bestehen die nach dem neuen Verfahren direkt metallisierten Bauteile unbeeinträchtigt die kompletten 1000 Zyklen der Testserie. Haptik und Verschleißschutz bleiben ebenso unverändert. Diese Beschichtung ist somit für die Dampfsterilisation geeignet.
Beständig gegen aggressive MedienDas System ist jedoch nicht nur in stark alkalischen Medien stabil, sondern widersteht auch der Belastung durch saure Reiniger. Die Ultraschallbadreinigung mit Industriereiniger, Reinigung unter Verwendung von Peressigsäure und/oder Wasserstoffperoxid sowie die
Anwendung desinfizierender Wischtücher sind somit problemlos möglich.
Das Fallbeispiel zeigt auch sehr gut die Trends in der modernen Oberflächentechnik. Wissensbasierte Prozesse, nanoskalige Verbundwerkstoffe, MultilagenSchichtaufbau und eine gradierte Funktionalität zur Kombination verschiedener Anforderungsprofile ersetzen zunehmend klassische Beschichtungslösungen.
Durch die Direktmetallisierung von Aluminium mittels moderner elektrochemischer Pulsverfahren ist es erstmals gelungen, Aluminiumbauteile effektiv gegenüber den Belastungen medizinischer Reinigungen zu schützen. __|
Elektronenmikroskopische Aufnahme des Querschnitts der Beschichtung mit unterschiedlicher Einfärbung der einzelnen Legierungsschichten
Die auf Gestellen galvanisierten MedizintechnikInstrumente bieten eine hohe chemische Stabilität
Der Autor: Dr. Wolfgang Hansal,
Geschäftsführer, Happy Plating GmbH,
A-Leobersdorf, Tel. +43 2256 6212010, [email protected],
www.happyplating.at
galvanotechnik
JOT 10.2011 95