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Seite 24 Künstliche Intelligenz Eine Technologie auf dem Vormarsch TITELTHEMA Ausgabe 1 | 2018 UNTERNEHMEN REGION

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Seite 24

Künstliche Intelligenz

Eine Technologie auf dem Vormarsch

TITELTHEMA

Ausgabe 1 | 2018

UNTERNEHMENREGION

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RUNDBLICK

06 | Die Strukturschaffenden___32 Bündnisse wollen den Strukturwandel in ihrer Region vorantreiben

08 | Auf Punktwolken schweben___Junge Forscher erschaffen Abbilder der Realität in vier Dimensionen

12 | Ländlicher Schwarm___Der Wachstumskern „Feldschwarm®“ bringt die Digitalisierung aufs Feld

EINBLICK

15 | Was es ohne Unternehmen Region nicht gäbe (1)___Die superdünne Balkonplatte

16 | Der Zeitreisende___Ein Tag im Leben des Astrophysikers Martin Roth

Liebe Leserin, lieber Leser,

was ist künstliche Intelligenz? Wo liegen die Chancen und wo verbergen sich Risiken? Ich bin überzeugt: Künstliche Intelligenz kommt dem Menschen auf viel­fältige Weise zugute! Sie hat das Potenzial, unser Leben individueller, einfacher und sicherer zu machen. Auch für unsere Wirt­schaft eröffnen sich enorme Möglichkeiten.

Schon 1988 hat das Bundesforschungsministerium mit der Einrichtung des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz einen sichtbaren Schwerpunkt gesetzt. Seitdem wurde nicht nur die „Plattform Lernende Systeme“ geschaffen – in die­sem Frühjahr haben auch vier neue Forschungszentren für maschinelles Lernen ihre Arbeit aufgenommen. Sie werden der Entwicklung eine zusätzliche Dynamik verleihen.

Die aktuelle Ausgabe von „Unternehmen Region“ widmet sich die­ser spannenden Technologie und gewährt interessante Ein blicke in die Zukunft. Wir stellen Ihnen einige der zahlreichen Initiativen zur künstlichen Intelligenz vor: Dabei geht es um Roboter, die die Mimik und Gestik ihres Gegenübers erfassen oder um selbst­lernende Systeme, die individuelle Knieprothesen nahezu selbst­ständig designen und später im 3D­Druckverfahren herstellen sollen.

Und wenn Sie sich auch noch für rätselhafte Schnecken interes­sieren und endlich verstehen wollen, was Blockchain ist, dann sind Sie bei dieser Ausgabe von „Unternehmen Region“ genau richtig.

Viel Spaß beim Entdecken und Lesen wünscht Ihnen

Anja Karliczek MdBBundesministerin für Bildung und Forschung

Vorwort

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Seite 12 Ländlicher Schwarm

Seite 16 Ein Tag im Leben

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Seite 24

„ Künstliche Intelligenz“ Eine Technologie auf dem Vormarsch

TITELTHEMA

24 | Daisy Bell und die intelligenten Roboter___ Zwischen Schreckensszenarien, Zukunfts­visionen und konkreten Anwendungen

26 | „Die letzte Entscheidung muss der Mensch treffen“___KI­Expertin Hanna Köpcke im Interview

28 | Der Beginn einer wunderbaren Freund­schaft___Forscher wollen Menschen und Maschinen zu echter Kooperation verhelfen.

32 | Das Knie aus dem 3D­Drucker___Intelligente digitale Technologien für individuelle Prothesen

34 | Roboter lernen das Denken___Wie Wissenschaftler Maschinen das Lernen lehren

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DURCHBLICK

36 | „Die Lausitz kann mehr als Braunkohle“ ___Universitätsprofessor Peter Schierack und Unternehmer Uwe Schedler im Doppelinterview

39 | Was ist eigentlich Blockchain?___Blockchain­Pionier Christopher Nigischer erklärt die Trend­Technologie

40 | Soziale Innovationen als post­asoziale Praxen ___Eine Außenansicht von Stephan A. Jansen

RUBRIKEN

02 | Vorwort04 | Panorama___Von rätselhaften Schnecken und

geföhnten Kunstwerken43 | Zahlen, bitte!44 | Mein Schreibtisch + ich___Physiker Rigo Peters47 | Impressum

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R u n d b l i c k · E i n e n e u e Ä r a

Tierisches Gedächtnis | Wie von selbst reckt und streckt „Fönikus“ seine Tentakel. Die Ursache dafür wird erst im Zusammenspiel mit seiner Schöpferin deutlich: Die Hallesche Künstlerin Beate Eismann erwärmt das Kunstgetier mit einem Fön. Dadurch neh­men die Formgedächt nis legierungen, aus denen Fönikus‘ Gliedmaße zum Teil bestehen, ihre vorpro­grammierte Form an. Eismanns Kunst ist in diesem Fall nicht zweckfrei: Mit Fönikus schuf sie im Auftrag des Zwanzig20­Konsortiums „smart3“ einen Demonstrator, der die besonderen Eigenschaften von Smart Materials an ein materialtechnisch nicht bewandertes Publikum vermittelt.

Stent in der Tube | Die Ohrtrompete (Tube) verbindet das Mittelohr mit dem Nasen­rachenraum. Ist die Belüftung der rund vier Zentimeter langen Röhre gestört, kommt es unter anderem zu Hörproblemen. Das Rostocker Zwanzig20­Konsortium „RESPONSE“ forscht an Tubenstents, die die Funktion der Ohrtrompete dauerhaft wiederherstellen sollen. Nachdem sie durch die Nase eingesetzt wurden, halten die intelli­genten Implantate nicht nur die Ohrtrom­pete offen. Sie können auch an Ort und Stelle Medikamente freisetzen und mit der Zeit vom Körper abgebaut werden.

P A N O R A M A

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E i n e n e u e Ä r a · R u n d b l i c k

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Rätselhafte Schnecke | Trotz aller Ingenieurskunst: Manche Materialien und Strukturen können wir Menschen nur unter ganz speziellen Bedingungen nachbauen, etwa unter hohen Temperaturen oder im Vakuum. Die Seeohr­Meeresschnecke – hier eine Aufnahme unter dem Elektronen­mikroskop – schafft sich ihre bizarr geformte Kalk­Behausung hingegen im Meer, einfach so. Das Dresdner Zentrum für Innovationskom petenz „B CUBE“ will her­ausfinden, wie die Schnecken ihre Gehäuse aufbauen, und dadurch neue mechanische, optische und elektrische Anwendungen ermöglichen.

Hausgemachte Attraktion | Die Dresdner Innenstadt ist bald um eine Sehenswürdigkeit reicher: 2019 wird das Zwanzig20­Konsortium „C3 – Carbon Concrete Composite“ mitten im Zentrum das weltweit erste Versuchshaus aus Carbonbeton bauen. Auf 220 Quadratmetern soll das „CUBE“ den Beweis erbrin­gen, dass Carbonbeton durchaus alltagstauglich ist, selbst wenn in seinen Wänden Heizung, Beleuchtung und Photovoltaik direkt integriert sind. Dass der revolutionäre Werkstoff auch ästhetisch überzeugen kann, zeigt der CUBE­Entwurf des renommierten Architekturbüros HENN.

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R u n d b l i c k · F ö r d e r p r o g r a m m W I R !

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Die Strukturschaffenden

Die erste Überraschung ist den WIR!-Bewerbern bereits gelungen. Ursprünglich war das Bundesforschungs minis-

terium von maximal 20 Initiativen ausgegangen, deren Kon-zeptarbeit im Rahmen des Programms WIR! gefördert werden sollte. Doch bis zum 31. Oktober vergangenen Jahres hatten genau 105 Bewerber ihre Antragsskizzen eingeschickt. Gemein sam mit 18 Expertin nen und Experten bewertete das BMBF die Skizzen und fasste einen Entschluss: „Aufgrund der großen Zahl überzeu-gender Ideen haben wir entschieden, die Konzeptphase deutlich zu erweitern“, begründete die damalige Ministerin Johanna Wanka die Auf stockung auf zunächst 32 geförderte Initiativen.

Vom Vogtland bis zum Küstenhinterland

„WIR! – Wandel durch Innovation in der Region“ ist das Pilot pro-gramm des Förderkonzepts „Innovation & Struktur wandel“ und soll einen nachhaltigen, innovationsbasierten Struktur wandel auslösen. Steht derzeit noch Ostdeutschland im Fokus, werden in Zukunft Regionen in ganz Deutschland profitieren. WIR! richtet sich an breite regionale Bündnisse aus Unter neh men, Hoch-schulen, Forschungseinrichtungen und zivil gesell schaft lichen Organisationen. Gemeinsam sollen sie die Grenzen von Branchen und Disziplinen überwinden und eine neue Richtung einschlagen. Auf diese Weise sollen sie die Potenziale ihrer Region ausschöpfen und deren Profil schärfen. Dabei nimmt WIR! vor allem Regionen in den Blick, die noch nicht zu den nationalen Innovationszentren in ihrem Themen feld gehören.

32 „WIR!“­Bündnisse sind in die

Konzeptphase gestartet. Sie wol­

len den Strukturwandel in ihrer

Region vorantreiben – und für die

ein oder andere Überr aschung

sorgen.

Im Schatten ostdeutscher Leuchttürme wie Dresden, Leipzig oder Jena liegen zum Beispiel die Lausitz und der Südharz, das Vogtland und das nordöstliche Küstenhinterland. Doch die erfolgreichen Bewerbungen aus diesen und vielen weiteren ostdeutschen Regionen zeigen, mit welchem Ideenreichtum die Menschen hier den Strukturwandel gestalten wollen: Die Inno-vationsfelder reichen von der Modernisierung der Land- und Ernährungswirtschaft über neue Mobilitäts- und Antriebs-konzepte bis hin zur Gesundheitsversorgung in ländlichen Räumen.

Intensive Strategiearbeit

Bevor sich die 32 WIR!-Initiativen aufmachen können, die Strukturen in ihren Regionen zu verändern, müssen sie sich seit Beginn des Jahres zunächst mit ihren eigenen Potenzialen und Strukturen beschäftigen. Auch die Suche nach neuen Partnern, geeignete Formen der Zusammenarbeit, die Stärkung der Inno-vationsfähigkeit und eine grobe Planung einzelner Maßnahmen fallen in die aktuelle Phase intensiver Strategiearbeit. Eine Expertenjury wird dann ab November die ausgearbeiteten Innovationskonzepte bewerten; anschließend wird das BMBF die besten Projekte für die fünfjährige Umsetzungsphase aus-wählen – und darauf setzen, dass es auch dann die ein oder andere Überraschung geben wird.

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1. KOI – Ko­Innovationsplattform Industrieautomatisierung – Lausitz

2. Technologie-Kultur – Innovative und kreative Strategien für das Altenburger Land – Altenburger Land

3. RCGips – Gipsrecycling als Chance für den Südharz – Südharz

4. I-Ma-Tech – Innovative Konzepte für langfristige Sicherung der Material­, Technologie­ und Fach­kräftebasis für den Orches ter­instrumentenbau im westsächsi­schen Vogtland – Vogtland

5. CAREcomm – CAREcomm­Inno­vationen für die Gesund heits ver­sorgung in ländlichen Räumen – Nordbrandenburg

6. KuLTHür – KulturLebensraum Thüringen – Ostthüringen

7. Regionalisierung 4.0 – Förderung von Identität & Qualität durch regionale Wertschöpfung – Barnim/Uckermark

8. Blockchain – Blockchain­Schau­fens terregion Mittweida – Land­kreis Mittweida

9. SmartErz – Smart Composites: Neue Technologien, Produkte und Geschäftsmodelle für einen inno­vationsbasierten Struktur wandel in der Region Erzgebirge – Erzge birge

10. Proteins4Future – Eine Modellregion für nachhaltige Wertschöpfung durch pflanzliche Proteinquellen „from plough to plate“ – Havelland­Fläming­Spreewald

11. W3 Plus – Wald – Wachstum – Wohlstand: W³ plus: Wandel durch innovative Wert schöp fung aus dem „Ressourcenpool Wald“ in der „Thüringer Wald region – Rhön, Rennsteig, Schiefergebirge“ – Thüringer Wald

12. H2-Well – Wasserstoffquell­ und Wertschöpfungsregion Main­Elbe­LINK – Main­Elbe

13. rECOmine – Ressourcenorien tierte Umwelttechnologien für das 21. Jahrhundert – Erzgebirge

14. Gravomere – Kompetenzregion mikrostrukturierte Funktions­oberflächen – Mitteldeutschland

15. TRAINS – Wandel zur Techno­logieregion: Zukunftssicherung der Region Anhalt durch Inno va tive und Nachhaltige Technologien für Schienenver kehrs systeme – Anhalt

16. PLANT3 – Wissen­Innovation­Wandel Plant³: Strategien für die hochwertige Veredelung von pflan­zenbasierten Rohstoffen in Nord­ostdeutschland – Vorpom mern

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F ö r d e r p r o g r a m m W I R ! · R u n d b l i c k

17. CAMPFIRE – Elektrokeramische Dünnschichtmembranen für zukunftsfähige Energie techno­logien – Nord­Ost

18. Physics for Food – Eine Region denkt um! „Mit innovativer physi kalischer Hochtechnologie den Strukturwandel im ländlichen Raum gestalten“ – Küsten hinter­land Nordost

19. RESOLUT – Regionale Ent wick­lung und Strukturwandel durch Verbesserung der Ver sorgung onkologischer Patienten und ihrer Familien durch Vernetzung aller beteiligten Unternehmen, Institu­tionen und Vereinigungen in Nord ­thüringen – Nordthüringen

20. Inno-LaBel – Innovation­Lab Bergbaulandschaft Lausitz – Lausitz

21. TDG – Translationsregion digitali­sierte Gesundheitsversorgung – Anhalt

22. A2030 – Innovationen für den Strukturwandel in der Region. Innovationsfeld Wohnen im Demografischen Wandel – A20

23. Wasser-Landschaft-Lausitz – Innovationswerkstatt WASSER – LANDSCHAFT – LAUSITZ – Lausitz

24. Fab-I4.0 – Wandel im verarbeiten­den Gewerbe – lebenswerte Arbeitswelt – Kyffhäuserkreis

25. Life and Technology – Lausitz: Life and Technology – Lausitz

26. WIR!-DigiT – Zentrum für ver­netzte digitale Produkt opti mie rung durch Lebensphasen­über­greifende virtuelle Zwillinge –Dresden

27. Smart Osterland – WIR!­Region „Oster land“ – Osterland

28. IBEFA – Innovationsbündnis für die Entwicklung emissionsarmer Flugantriebe in der südöstlichen Metropolregion Berlin Branden­burg – Berlin­Brandenburg

29. InnoHandwerk – Das Handwerk als Innovationsmotor in der Elbe­region Meißen – Meißen

30. 3D-Audio – Neue Perspektiven für das Hören – Erzge birge­Chem nitz

31. Smart Rail – Smart Rail Connecti­vity­Campus – Erzge birge­Chem­nitz

32. WI+R – Digitale Reparaturfabrik Berlin­Brandenburg – Gestaltung des Strukturwandels durch Inno­vationen in Wartung, Instand ­ hal tung und Reparatur – Berlin­Brandenburg

Diese 32 WIR!­Bündnisse aus den ostdeutschen Regionen erarbeiten derzeit ihre strategisch orientierten Innovationskonzepte:

Weitere Informationen zu den Bündnissen und zum Förderprogramm „WIR! – Wandel durch Innovation in der Region“ finden Sie unter www.unternehmen­region.de/WIR

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R u n d b l i c k · G e o v i s u a l i s i e r u n g

Auf Punktwolken schwebenDas sprichwörtliche „auf den Wolken schweben“ bekommt am Hasso­Plattner­Institut eine neue Dimension. Junge Wissenschaftler erschaffen hier aus 4D­Punktwolken exakte raum­zeitliche Abbilder der Realität.

Rico Richter ist uns beim Aufsetzen der VR-Brille behilflich – und schon bewegen wir uns durch die virtu-elle Realität von Berlin – leicht schwankend, weil unge-

wohnt. Denn die Straßen, Gebäude, Bäume sind aus 4D-Punktwolken erschaffen. „Diese werden aus sich überlap-penden Luftbildern unterschiedlicher Erfassungszeiten errech-net und ergeben ein großflächiges Abbild des Gebietes und der Objekte darin“, erklärt der IT-Experte. Jeder einzelne Punkt wurde von Flug zeugen, Drohnen oder Autos mit Kamera-systemen und Laser scannern erfasst. 40 Festplatten voll mit Daten von jeweils vier Terabyte waren das Ergebnis.

Verstehen durch Sehen

„4D- und nD-Geovis“ ist der Kurzname des Potsdamer For-schungsprojektes, das die „Geovisualisierungstechnologie für

massive raumzeitliche und hochdimensionale Informa tionen“ entwickelt. Das Bundesforschungsministerium fördert das Bündnis aus jungen Wissenschaftlern und regionalen Unternehmen. Es sorgt mittlerweile für Aufsehen mit seinen neuen interaktiven Visualisierungstechniken. Diese können sich sehen lassen – im wahren Wortsinne. Aus unvorstellbaren Datenmengen werden Bilder. Verstehen durch Sehen ist das Motto. „Selbst erfahrene IT-Spezialisten haben mittlerweile Schwierigkeiten, die Kolonnen von Zahlen und Zeichen zu ver-stehen, die in einem Softwareprogramm hinterlegt sind“, sagt Matthias Trapp. Er leitet die Nachwuchsforschungsgruppe, die am Hasso-Plattner-Institut (HPI) im Fachbereich Computer-grafische Systeme angesiedelt ist. Trapp weiß aus der Zusam-menarbeit mit den Unternehmen: Das Wort „Datenflut“ kommt tatsächlich in der Bedeutung des drohenden Ertrinkens daher. Ein Teilprojekt des „4D- und nD-Geovis“-Forschungsbündnis-

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Wäre man mit den beiden Wissenschaftlern mit Hilfe einer VR­Brille im gleichen virtuellen Raum, könnte man sie bei den unzähligen Anwendungen, die durch die 4D­Punktwolken ermöglicht werden, beobachten. Hier wurde diese Situation per Bildbearbeitung nachgestellt.

Das historische Gebäude der Stadt Breslau, das hier vermessen wird, ist aus Punktwolken zusammengesetzt und ein exaktes Modell des realen Gebäudes.

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R u n d b l i c k · G e o v i s u a l i s i e r u n g

„sehen“ Möglichkeiten, Big Data beherrschbar zu machen. Für einen intelligenten Umgang mit der Flut brauche man den digi-talen Zwilling, sagt der Wissenschaftler. Er ist von 3D-Punkt-wolken fasziniert. Die seien universell geeignet, die Anforderun-gen an digitale Zwillinge zu erfüllen: „Sie sind ein exaktes Modell der Realität, sind kostengünstig verfügbar, können schnell immer wieder neu erfasst werden und sind für eine hochleistungsfähige Verarbeitung bestens geeignet“, erklärt der Professor. Und: Mit der zeitlich veränderbaren Darstellung komme die vierte Dimension ins Spiel.

„Wir sind führend bei der Entwicklung funktionierender 4D-Punktwolkentechnologien“, verkündet Döllner mit Stolz. Wenn das Forschungsbündnis seine Lösungsansätze publiziert und seine Demonstratoren und Prototypen öffentlich präsen-tiert, kann es sich der hochinteressierten Aufmerksamkeit aus Fachkreisen sicher sein. Infolgedessen fragen auch potenzielle Anwender nach, wie die Sache mit den Punktwolken funktio-niert; wie sie diese zu ihrem Nutzen einsetzen können. „Ein Unter nehmen in Kalifornien will mittels der neuen Geovisuali-sierungstechnologien eine Solarpotenzialanalyse durchführen. In den Niederlanden werden damit Geländemodelle erstellt, und in Irland werden die Technologien künftig bei der Geodatenverwaltung eingesetzt“, nennt Döllner als Beispiele.

ses beschäftigte sich darum mit der Entwicklung von Werk-zeugen und Techniken, mit deren Hilfe Softwarekarten räum-lich visualisiert werden können. Sie ähneln optischen Land-karten; der Mensch ist es gewohnt, sich darin zurechtzufinden. „Auf den Treemaps – das Kunstwort bezeichnet Karten, die hierarchische Daten abbilden – können hierarchische Struk-turen visualisiert und Größenverhältnisse anschaulich darge-stellt werden“, erklärt Matthias Trapp. Im Ergebnis werden Daten zu Türmen. Aus deren Grundfläche, Farbe und Höhe kann der Programmierer Details aus der komplexen Software ablesen.

Der digitale Zwilling

Doch nicht nur die Softwareentwickler profitieren von den innovativen Visualisierungstechniken. „Unsere Autos und Gebäude, unsere Geschäftsvorgänge und Freizeitaktivitäten – das gesamte Leben ist digitalisiert und generiert riesige Datenmengen. Unsere Zeit ruft nach revolutionären Informa-tions- und Kommunikationstechnologien“, sagt Jürgen Döllner. Er ist Professor für Analyse, Planung und Konstruktion compu-tergrafischer Systeme an der Digital-Engineering-Fakultät der Universität Potsdam. Döllner und sein Wissenschaftlerteam

Das Bild zeigt die Situation zur Erstellung von Punktwolken von außen. Im Zusammenspiel lassen Rico Richter (rechts) und Sören Discher das Eins­zu­eins­Modell der Realität im Hintergrund entstehen.

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digitalen Zwillings einer Stadt könne beispielsweise im virtuel-len Stadtmodell die Erreichbarkeit von S-Bahnhöfen visualisiert werden. Immobilienmakler könnten Anzahl und Lage freier Appartements herauslesen, die Wirtschaftsförderung könne Gewerbegebiete bewerben. Mit Hilfe visualisierter Geo-Daten würden Informationen über den öffentlichen Personen-nahverkehr oder über den Baumbestand in der Stadt optisch gut lesbar, erklärt Rico Richter und ergänzt: „Kommt die raum-zeitliche als vierte Dimension hinzu, kann man sich durch das 4D-Areal bewegen und etwa den Zustand von Gebäuden oder Straßen genau in Augenschein nehmen.“

Noch einmal lassen wir uns von der VR-Brille in die virtuel-le Realität entführen und bewegen uns auf 4D-Punktwolken durch den digitalen Zwilling der Stadtresidenz von Landshut. Das denkmalgeschützte Gebäude soll saniert werden. Wären wir die Architekten, Planer, Handwerker, könnten wir schon einmal messen und erkunden, ohne einen Fuß in das real existierende Gebäude zu setzen.

„Nichts auf der Welt ist so mächtig wie eine Idee, deren Zeit gekommen ist.“ Dieses Zitat von Victor Marie Hugo hatte uns im Foyer des Hasso-Plattner-Instituts begrüßt. Bei der Verabschie-dung haben wir eine Ahnung, was die Worte explizit an diesem Ort bedeuten.

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Wer die am HPI entwickelten Technologien nutzt, könne sie sei-nem Ziel entsprechend anpassen und optimieren, sagt er – wohl wissend, dass Kommunen und mittelständische Unter nehmen mehr dazu brauchen als die Beratung durch Wissen schaftler.

Gefilterte Datenflut

Die Antwort auf die Nachfrage heißt „Point Cloud Technology“ und ist eine Unternehmensausgründung des Hasso-Plattner-Instituts. Rico Richter ist der führende Kopf des Spin-offs. Auf Punktwolken bewegt sich der 34-Jährige schon seit Beginn des Studiums am HPI. Derzeit schließt er seine Promotion auf dem „4D- und nD-Geovis“-Forschungsgebiet ab und ist gleich selbst Anwender seiner wissenschaftlichen Arbeit. „Point Cloud Techno l ogy“ erzeugt aus Punktwolken Eins-zu-eins-Modelle der Realität. Aus denen können zielgerichtet Informationen abgeleitet werden. Auftraggeber kommen aus unterschiedli-chen Branchen wie etwa aus der Baubranche, der Stadtplanung und -vermessung, aus der Land- und Forstwirtschaft, der Infrastrukturüberwachung, aus der Denkmalpflege ...

Die Geovisualisierung ermögliche verschiedenen Nutzer-gruppen einen schnellen und effizienten Zugang zu den Daten, die dem Zweck entsprechend gefiltert würden. Mit Hilfe eines

„Nichts auf der Welt ist so mächtig wie eine Idee, deren Zeit gekommen ist.“

Auf den sogenannten Treemaps können hierarchische Strukturen

visualisiert und Größenverhältnisse anschaulich dargestellt werden.

Im Ergebnis werden Daten zu Türmen.

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Der Obstroboter (vorne) ist Zug­ und Landwirtschaftsmaschine in einem. Erste Praxistests in Obstplantagen hat er bestanden.

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Ländlicher SchwarmDie Vereinten Nationen rechnen mit fast 10 Milliarden Erdenbürgern im Jahr 2050. Sie mit Nahrungsmitteln zu versorgen, wird zur Herkulesaufgabe. Doch der Wachstums ­ kern „Feldschwarm®“ hat eine Idee: Die heiß diskutierte Digitalisierung muss aufs Feld! Am besten im Schwarm.

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Von seinem Büro aus hat Thomas Herlitzius die Mäh-drescher und Traktoren gut im Blick, die vor den Werkstätten seines Insti tuts parken. Aus dem Professor

für Agrarsystemtechnik und Leiter des Instituts für Natur-stofftechnik an der TU Dresden drängt es heraus: „Da steht einfach viel zu viel Gummi auf dem Hof! Die auf dem Feld ein-gesetzte Technik muss funktionaler, leistungsstärker, modula-rer und noch effizienter werden. Also – produktiver und trotz-dem bezahlbar.“ Dies sei einer der Kerngedanken bei der Gründung des Innovativen regionalen Wachstumskerns „Feldschwarm®“ gewesen. Es könne doch nicht sein, so der Dres d ner Wissenschaftler weiter, dass zu Beginn des 21. Jahr-hunderts in weiten Teilen der Landwirtschaft noch immer das „Pferd-Pflug-System“ dominiere. Also im übertragenen Sinn auf das Jahr 2018: vorn die Zugmaschine, meist ein Traktor mit Verbrennungsmotor, und hinten am Haken das gerade benötig-te landwirtschaftliche Gerät.

Martin Hengst und André Grosa, beide wissenschaftliche Mitarbeiter am Institut von Professor Herlitzius, sind sicher: Das geht besser! Natürlich seien auch in der Landwirtschaft die ersten digitalen Schritte gemacht worden, fahren Land-maschinen nach GPS-Signalen und teilweise sogar schon auto-nom, so die beiden Ingenieure. Aber die Auslastung des Maschi-nen- und Geräteparks in der Landwirtschaft sinke, die Verfah-

rens kosten sind stabil hoch und die Umsätze der Agrar-unternehmen stagnieren oder gehen sogar zurück. Also – wohin mit dem Traktor?

Folget dem Mutterschiff!

Feldschwarm® ging im vergangenen Jahr an den Start, und Herlitzius weiß: Belastbare Ergebnisse werden erst im Jahr 2020 erwartet. Diese müssen dann aber auch so sein, dass sie für Industriepartner auch noch im Jahr 2030 Bestand haben.Deshalb lässt Thomas Herlitzius den Traktor auch nicht ganz aus dem Spiel: „Gegenwärtig denken wir in zwei Alternativen: Um den Übergang in die Landtechnik 4.0 zu erleichtern, sind selbstverständlich auch Zwischenschritte vorstellbar.“ So könne künftig eine klassische Zugmaschine beispielsweise mit einem Pflug am Haken den „Feldschwarm“ anführen. Ihr folgten dann mehrere selbstfahrende Pflüge mit eigenem elektrischen Antrieb – digital gesteuert von der vorausfahrenden Zug-maschine. Fast wie bei Star Wars: Die Allterrain-Scout trans-porter – kurz AT-ST – folgen dem Mutterschiff.

Noch eindrucksvoller hört sich die Maximalalternative an, bei der überhaupt keine Zugmaschine mehr aufs Feld fährt. Ein Schwarm autonomer Fahrzeuge zieht elektrisch angetrieben und digital gesteuert seine Bahnen über die Äcker. Je nach

„ Da steht einfach viel zu viel Gummi auf dem Hof!“

Digitalisierung (Bild links) braucht Bodenrinne (Bild rechts): erste Antriebsversuche auf typischem Acker­boden der Dresdner Region.

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Tages befehl können die Maschinen pflügen, grubbern, eggen, säen oder auch mähen und ernten. Die entsprechenden Arbeits-geräte bekommen sie unter ihren Bauch geschnallt – so sehen zumindest die ersten Designproben aus. Eine Konsequenz aus diesen Gedankenspielen: Landwirte werden mehr und mehr zu Managern. Sie thronen nicht mehr wie Kapitäne hoch oben auf Zugmaschinen, sondern steuern ihre Geräteparks vom Laptop oder Smartphone. Sie organisieren den Transport der tagesak-tuell benötigten Geräte zu Feldern oder Wiesen, kümmern sich um die elektrische Betankung und kontrollieren die Tagesarbeit.

Die Mühen der Bodenrinne

Dass die Feldschwarm®-Idee gerade in Dresden das Licht der Welt erblickte, ist kein Zufall. Schließlich war in Sachsen der größte Landmaschinenbauer aller Ostblockstaaten zu Hause.Über 40.000 Männer und Frauen entwickelten und bauten im „VEB Kombinat Fortschritt Landmaschinen“ Produkte für den Agrarsektor – von der Ostsee bis ans Schwarze Meer, aber auch für Kundschaft in Asien und Afrika. Globales Denken ist hier

also keine Erfindung des 21. Jahrhunderts. Darauf weist auch Thomas Herlitzius gern hin: „Umso wichtiger ist es mir, dass wir in unserem Bündnis einige Nachfolgeunternehmen dieses Kombinates haben. Ihre Kompetenz, Neugier und Inno vations-freudigkeit macht uns das Leben leichter und schützt uns vor möglichen Sackgassen!“

Bei aller Digitalisierung: Der Forschungsalltag kann sehr bodenständig und analog aussehen. In einer Halle aus den 1970er-Jahren verströmt die „Bodenrinne“ mehr als einen Hauch von Acker und dient sich für Praxisversuche an. „Auf dieser drei Meter breiten und 30 Meter langen Ackerfläche kön-nen wir erforschen, mit welchem ‚Rad‘ wir künftig die Maschinen ausstatten wollen. Mit dem Sternpacker? Oder der Rohr-stabwalze? Oder doch weiter mit dem heute üblichen Gummi-rad?“, erläutert Holger Fichtl vom Fraunhofer-Institut für Ver-kehrs- und Infrastruktursysteme IVI in Dresden. Die Wissen-schaft ler messen etwa, wie weit die Maschine unter einer Last von 500 Kilogramm einsinkt, die dabei zur Verfügung stehende Antriebskraft und die Gesamtmasse mit Blick auf die benötigte Zugkraft. Die bisherigen Messergebnisse stimmen die Forscher zuversichtlich. Sie wagen schon in diesem Frühjahr hinaus den Schritt auf den richtigen Acker, um „das Rad neu zu erfinden“.

Ein offenes Experimentierfeld

Das Wortspiel gefällt Holger Fichtls Chef richtig gut. Professor Matthias Klingner leitet das Fraunhofer IVI und hat bundesweit einen Ruf als Experte mit Lust auf Diskussionen. Er gilt als Initiator von „Feldschwarm®“, die Ideenskizze zum Wachs-tumskern stammt aus seinem Institut. Für Klingner ist die Landwirtschaft das optimale Experimentierfeld für selbstfah-rende Fahrzeuge, ihr Miteinander auf definierten Flächen und die Elektrifizierung des gesamten Geräteparks einer Wirtschafts-branche. „Smart Agriculture“ klingt beim ersten Hören deng-lisch schick, aber Matthias Klinger weitet den Horizont: „Wenn wir mutig sind und diesen Weg zu einer nachhaltigen, intelli-genten, effizienten und elektrifizierten Landwirtschaft gehen, dann machen wir fast zwangsläufig den ländlichen Raum digi-tal. Und zwar mit einer Konsequenz, die vor allem junge Leute überraschen und peu à peu magisch anziehen wird.“

Das sanft hügelige Land der kleinen Dörfer und Städte rund um Dresden als neuer Hotspot für überdrüssige Städter? Für ehemalige Landmenschen, die ihre eigentliche Heimat vermis-sen? Für Unternehmer außerhalb der Metropolen, die neugieri-ge, gut ausgebildete und zupackende Frauen und Männer suchen? Matthias Klingner schmunzelt, für den ehemaligen Kreuzchor-Sänger ist das Zukunftsmusik. Aber er weiß auch: „Es zählt der erste Schritt, den wir jetzt gehen. 2020 stehen unse-re ersten Feldschwarm®-Demonstratoren auf dem Hof. Mit ganz wenig Gummi und mit viel Lust auf Zukunft.“

In Zukunft weniger Gummi: Die neuen Maschinen sollen Antrieb und Bodenbearbeitung intelligent verbinden.

Page 15: Unternehmen Region - Künstliche Intelligenz: Eine ......sieren und endlich verstehen wollen, was Blockchain ist, dann sind Sie bei dieser Ausgabe von „Unternehmen Region“ genau

Gestern…Sie waren grau, dick, schwer und genauso unhandlich wie ihr Name: Balkon bodenplatten. Lange Zeit bestanden sie aus 10 bis 15 Zentimeter starkem Beton. Nur so könnten sie über viele Jahrzehnte Sitzgarnituren und Blumentöpfe, Liegen und Grills zuverlässig tragen, war sich die Baubranche einig. Statikern, Archi tekten und Konstruktions mecha nikern galten die volumi-nösen Platten deshalb als unvermeidliches Übel. Und Balkon-liebhaber ließen die mausgraue Fläche rasch unter Feinsteinzeug oder Bang kirai-Dielen verschwinden.

Heute!Die moderne Balkonbodenplatte der Mineralit – Mineralguss-werk Laage GmbH kann – bei aller Bescheidenheit – praktisch alles besser. Sie ist maximal 3,5 Zentimeter dünn, beinahe schon schwebend leicht, wird einbaufertig geliefert und lässt sich ein-fach montieren. Sie macht flexible Formen und filigrane Kon-struktionen möglich. Sie ist korrosionsbeständig, wasserdicht und dauerhaft haltbar. Und es gibt sie in nahezu uneingeschränk-ter Gestaltungsfreiheit – sowohl in der Form als auch in der Farbe.

Möglich macht das ein intelligenter Materialverbund: Aus Quarzsand, einem Harz auf Acrylbasis und weiteren Füll stoffen entsteht ein auch als Polymer beton bekannter Hochleistungs-werkstoff. Der eigentliche Clou liegt in der eingearbeiteten Verstärkung aus Glasfaser ein lagen. „Die Glasfaserstränge liefert uns die Polystal Composites GmbH in Hal dens leben“, erklärt

Mineralit-Geschäfts führer Winfried Augustin. „Im Rahmen von ‚ALFA‘ haben wir viele gemeinsame Arbeiten zur Rezeptur und Verarbeitung durchgeführt.“

ALFA steht für „ Allianz Faserverbunde – Maßgeschneiderte Composite-Produk te für Massenmärkte“ und wurde von 2006 bis 2009 vom Bundesforschungs ministerium als Wachstumskern gefördert. „Bis wir dann die bauaufsichtliche Zulassung bekom-men haben, hat es einige Jahre gedauert“, erinnert sich Augustin. „Aber wir haben es geschafft!“

Morgen?Schon heute hat die Mineralit Mineral gusswerk Laage GmbH weit über 600.000 Quadratmeter ihrer innovativen Balkon-boden platten ausgeliefert – die Fläche von rund 80 Fußball fel-dern. Und in Zukunft? Nach der erfolgreichen Markt ein führung in der Schweiz will die Firma nun nach Frankreich expandieren; das Zulassungsverfahren dafür ist in der Endphase. Auch die Produktpalette wächst: „Da unsere Platten chemisch stabil und fast beliebig formbar sind, eignen sie sich für ganz unterschied-liche Anwendungen“, schwärmt Augustin. „Neben kleinen Lösungen, wie zum Bei spiel Parkbänken, Pflanz kübeln oder Hochbeeten, gehören mittlerweile ganze Anlagen zur Trocknung von Gülle, Gärresten und Klärschlamm zum Sorti ment. Und gewiss fällt uns noch einiges mehr ein, denn dafür sind die Vorteile unseres nachhaltigen Werkstoffs einfach zu groß.“

URsprung

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Die superdünne Balkonplatte

was es ohne

Unternehmen Region

nicht gäbe (1)

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der Sterne unter freiem Himmel habe die moderne Astrophysik nichts zu tun, sagt er und fühlt sich dabei sichtlich wohl in seinem gut temperierten Arbeits- zimmer. Wandgroße Fenster vermitteln ihm das Gefühl, er sitze mitten drin in dem vom Gartenkünstler Peter Joseph Lenné angelegten Schloss park Babels-berg. Das „Sternegucken“ allerdings hat hier eine über 100-jährige Tra dition. 1913 zog die „Königliche Stern warte zu Berlin“ auf den Babelsberg, weil der Berliner Nachthimmel nach Erfin dung der Straßenlaterne schlichtweg zu hell geworden war. Seit 1992 gehört die Babels berger Sternwarte zur Leibniz-Gemeinschaft.

Vorbild Galileo Galilei

Martin Roth erzählt von seinem Physik-studium in München. Und seit wann interessiert er sich für die Astro nomie? Er denkt kurz nach: „Eigentlich schon in der Kindheit. Letztens fand ich zuhause beim Aufräumen meine Aufzeichnungen von Himmelsbeobachtungen. Die habe ich als Zwölfjähriger verfasst – aus Begeis-terung für Galileo Galilei heraus. Der richtete als Erster sein Fernrohr auf die Milchstraße und entdeckte, dass sie aus Milliarden von Sternen besteht.“ Seit 1994 betreibt Roth am AIP Grundlagen-forschung – „anwendungsnahe“, betont

Schlicht „Datenanalyse“ nennt der Astrophysiker Martin Roth sein morgendliches Ritual. Er ruft an

seinem Computer beeindruckende Bil-der auf vom nächtlichen Himmel mit leuch tenden blauen, gelben, roten Punk-ten; auch mit schwarzen Wolken aus kosmischem Staub. „Dank der Spektros-kopie können wir viel über die Objekte im Weltall erfahren; beispielsweise über deren Alter und Zusammensetzung, auch über die physikalischen Prozesse, die sie hervorrufen“, sagt Roth. Der Astro-physiker ist fasziniert von der galak-tischen Archäologie. Auf den Wellen län-gen des Lichts geht er auf Zeitreisen durch das Universum. Er zeigt auf das weißli-che Band der Milchstraße. „Es gibt viele solcher Galaxien in den Weiten des Alls“, ist er überzeugt und kommt auf den Urknall als die heute allgemein akzep-tierte Theorie über die Entstehung des Universums vor etwa 13 Milliarden Jah -ren zu sprechen. „Möglicherweise“, so die Vision des Wissenschaftlers, „erlauben es die hochleistungsfähigen Welt raum teles-kope in Zukunft, die Entste h ung von Gala xien zu beobachten.“ Roth und seine Kolleginnen und Kollegen vom Leibniz-Institut für Astrophysik Pots dam (AIP) leisten ihren Beitrag zur Weiter ent wick-lung dieser hochleistungsfähigen Geräte. Wieder auf seinen Monitor schauend, lächelt Martin Roth. Mit dem Betrachten

Der Astrophysiker Martin Roth begibt sich jeden Tag auf archäologische Spuren­suche in die fernste Ver­gangenheit des Weltalls. Seine Vision ist es, die Geburt ferner Galaxien zu beobachten. Dafür baut er Instrumente, die mit Licht arbeiten. Wir haben den Potsdamer Wissen schaft ler einen Tag lang begleitet.

Der Zeitreisende

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er. Mit seinen Forschungen über die Ent-stehung ferner Galaxien ist das AIP welt-weit führend. Eine entscheidende Rolle dabei spielen Spektrographen. Die fan-gen das von den kosmischen Objekten aus gestrahlte Licht ein und spalten es in seine Farben auf. Aus deren Intensität leiten die Astrophysiker viele Eigen-schaf ten der beobachteten Himmels-körper ab.

Martin Roth kam als promovierter „Instrumentenbauer“ nach Potsdam, um solche Spektrographen zu entwickeln. Er bezeichnet es als sein berufliches Glück, dass er die „Neuerfindung“ des Instituts mitgestalten konnte. Zu DDR-Zeiten war es als Zentralinstitut für Astrophysik der Akademie der Wissenschaften mit seiner Magnetfeldforschung über Landes gren-zen hinaus bekannt.

Multi­innovative Fasern

„ZIK innoFSPEC“ steht auf einem der weg weisenden Schilder auf dem Insti-tutsgelände. 2008 rief das AIP ein Zen -trum für Innovationskompetenz (ZIK) ins Leben, das seitdem vom Bun des -forschungsministerium gefördert wird. Martin Roth ist einer der Gründer väter und Leiter des ZIK innoFSPEC. Das Akro nym steht für „innovative Faser-optische Spektroskopie und Sensorik“. Das ZIK entwickelt spezielle optische Fasern, mit deren Hilfe sowohl die Streu-eigens chaften von Teilchen im Labor als auch von Planeten außerhalb unseres Sonnensystems aufgespürt werden. „Mit der Universität Potsdam als Partner sind wir da hervorragend aufgestellt“, sagt Roth und betont die Einzigartigkeit des

interdisziplinären Forschungsumfanges. Im ZIK innoFSPEC treffen neue chemi-sche Analyse verfahren der Uni Potsdam auf das AIP-Knowhow zur Entwicklung einer neuen Generation hochleistungs-fähiger Spektrographen.

Für die AIP-Spektrographen interes-siert sich auch das Leibniz-Institut für Neurobiologie (LIN) in Magdeburg. André Weber ist dort Doktorand und trifft sich an diesem Tag mit Martin Roth. Die Neurologen wollen die Spek-tros kopie einsetzen, um biochemische Veränderungen an lebenden Zellen zu erfassen und in Echtzeit in Bilder zu übersetzen. Das LIN und das AIP haben vor, gemeinsam eine entsprechende Kamera zu entwickeln. Für André Weber ist es die erste persönliche Begegnung mit den Potsdamer Forscherkollegen.

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Regelmäßig bespricht sich Martin Roth mit den jungen Wissenschaftlern über den Verlauf der Experimente.

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Den halben Arbeitstag lang wird viel über Licht geredet ...

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Und da er hier quasi den Sternen zum Greifen nahe ist, lässt er sich spontan von Martin Roth auf eine imaginäre Reise nach Chile mitnehmen. Dort steht das Very Large Telescope, an dem der bislang leistungsfähigste optische 3D-Spek tro-graph angebracht ist. An seiner Entwick-lung und weiteren Optimie rung sind Martin Roth und seine Wissen schaft ler-kollegen seit mehr als zehn Jahren betei-ligt. In Potsdam steht ein baugleiches Modul des Spektrographen in Chile. Der Spektrograph soll miniaturisiert werden für den Einsatz am Satelliten.

Geschrumpfte Spektrographen

„Allein schon dieses Bauteil wiegt 120 Kilo gramm“, zeigt Martin Roth auf das Tele skopteil. „Jedes Kilo, das man in den

Orbit schickt, kostet viel Geld.“ An der Schrumpfung des Spektrographen auf Chip-Größe arbeiten auch die Nach wuchs- forschungsgruppen des inno FSPEC. Roth lenkt seine Schritte ins nächste Labor. Regelmäßig bespricht er sich mit den jun gen Wissenschaftlern über den Ver-lauf der Experimente. Ziyang Zhang zeigt uns einen aufsehenerregenden For-schungs erfolg im Proto typen-Sta di um: anderthalb mal zwei einhalb Zen ti meter sind die Maße des photonischen Chips. Er ist einen Milli meter dick, wiegt ein einziges Gramm und hat eine Licht-durchlässigkeit von 60 Prozent: Großes Staunen bei uns Laien sowieso – aber ebenso in den Fach krei sen. „Wir haben mit unseren Ent wick lungen weltweit die Nase ganz vorn“, betont Martin Roth und erklärt: „Dieser Spektrograph on-a-chip

soll, an einen Satelliten angebracht, Objekte im Weltall erkennen sowie deren Geschwin dig keiten und physika-lisch-chemische Eigen schaften registrie-ren.“

Wir gehen zurück zum Büro. An der Tür wartet schon Momen Diab. Der junge Mann aus dem Sudan schaute als Kind ebenso fasziniert in den Sternen-himmel wie sein Doktorvater Martin Roth. Momen Diab drückt für uns ver-einfacht aus, womit sich seine Promotion beschäftigt. „Wir müssen das im Chip zerlegte Spektrallicht in die Lichtleit-fasern hineinbekommen.“ Die besonde-ren Herausforderungen dabei sind ein-leuchtend: Die optischen Fasern sind dünner als ein Haar und müssen zudem am Chip so angebracht werden, dass kein Licht verloren geht.

Martin Roth betreut den Doktoranden Momen Diab aus dem Sudan.

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Rothsche Waldstulle

Den halben Arbeitstag lang wurde viel über Licht geredet – aber dunkel sind die Labore, in denen mit Licht experimen-tiert wird. Darum zieht es Martin Roth hinaus in die Natur, so oft er in seiner Mittagspause die Zeit dazu hat. Die „Roth sche Waldstulle“ ist mit dabei. Die-sen Begriff, erzählt Martin Roth, habe schon vor langer Zeit einer seiner Studen-ten am Wendelstein-Observato rium der Ludwigs-Maximilians-Univer si tät Mün-chen geprägt. Nach Roths Promotion war die Europäische Süd stern warte (ESO) in Garching bei Mün chen eine nächste berufl iche Etappe. Aus München wurde er abgeworben, als am Astrophysika li-schen Institut Potsdam optische Instru-men ten bauer gesucht wurden.

Martin Roth führt uns zu seiner liebs ten Stelle im Park, wo sich vom Land schaftsgestalter Lenné angelegte Sicht achsen kreuzen. Ältere und jüngere

... aber dunkel sind die Labore, in denen mit Licht experimentiert wird.

Geschichte trifft sich hier. Roth schaut hinüber über eine hügelige Wiese zum Babelsberger Schloss. Zwischen noch unbelaubten Bäumen hindurch glitzert das Band der Havel. Zu sehen ist die Glienicker Brücke, bekannt als der Ort des deutsch-deutschen „Agentenaus -tau sches“. Zu jener Zeit lag der Babels -berger Schlosspark zu großen Teilen im Sperrgebiet. „Wenn die Mauer nicht gefallen wäre ... Im nächsten Jahr bin ich ein Vierteljahrhundert hier“, sagt er mehr zu sich selbst und faltet sinnierend das leere Stullenpapier zusammen. Abends zu Hause wird er kochen, gemein sam mit seiner Frau. Das sei gesün der und auch kommunikativer als das gemeinsame Sitzen vor dem Fern seher, den er übri-gens abgeschafft habe, erzählt Roth.

Der Forscher ist wohl auch nicht ange wiesen auf gefilterte Weltanschau-ung. Im Auftrage der Wissenschaft knüpft er seine Netzwerke über Landes grenzen hinaus; ist überall dorthin unterwegs, wo große Teleskope ihre Spiegel nach dem Sternenlicht ausrichten. Bei allem Weit-blick übt er sich aber auch in Acht sam-keit für das, was ihm ganz nahe liegt, was seiner inneren Balance gut tut. „Salsa gehört dazu“, sagt er. „Ein Tanzabend hat für mich den Erholungs effekt eines Kurzurlaubes in der Karibik.“

Bahnbrechende Technologie

Um sein Reiseziel dieses Tages zu errei-chen, muss er quer durch Babelsberg zum Universitätscampus nach Potsdam-Golm. Martin Roth hat hier die Professur für

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Martin Roth an seinem Lieblingsplatz im Park, wo sich die Sichtachsen kreuzen, ein charakteris­tisches Merkmal der Landschaftsgestaltungen von Peter Joseph Lenné. Die legendäre „Rothsche Waldstulle“ ist mit dabei.

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tritt. Das Fachwort für die bahnbrechen-de Technologie heißt Photonen dichte-wellen-, kurz PDW-Spektroskopie. Die innoFSPEC-Partner von der Uni Potsdam haben dafür spezielle optische Fasern eingesetzt. Auch eine Ausgrün dung gibt es inzwischen. Die PDW-Analytics GmbH baut als erste Firma überhaupt solche Photonendichtewellen-Spektro meter, die zur Prozessüberwachung und Quali-tätskontrolle in Echtzeit dienen. Poten-zielle Kunden kommen aus der Lebens-mittel-, Pharma-, Chemie- und Biotech-industrie. „Das Start-up steht jetzt vor der großen Herausforderung, sich den entsprechenden Bekannt heitsgrad zu verschaffen“, sagt Martin Roth und ver-weist auf die Industrieko operationen, die das ZIK innoFSPEC pflegt.

Strategischer Visionär

„Hochkarätige Forschung betreiben, Ergebnisse publizieren, Marken etablie-ren“ – der Grundlagenforscher Martin Roth weiß zu schätzen, dass ihm die För-

Astrophysikalische Instrumentierung und Astrophotonik inne. Gerade ist vor-lesungsfreie Zeit. Er nutzt besagte für ein persönliches Gespräch mit den innoF-SPEC-Partnern der Uni. Und er gesteht: „Die Licht-Experimente in den Laboren hier sind für mich genauso spektakulär und spannend wie für andere meine Weltallbeobachtungen.“ Der an kosmi-schen Milchstraßen interessierte Astro-physiker schaut derweil zu, wie Lena Bres- sel eine Sonde in Kuhmilch taucht. Rotes Licht streut. „Mit Hilfe sichtbaren Lichtes können wir Proben von extrem trüben Flüssigkeiten und eingetrübten cremi-gen Substanzen analysieren“, sagt die Che mi kerin und nennt als Beispiel die Qualitätskontrolle bei Lebensmitteln.„Die bisherige Probenentnahme per Hand ist aufwändig und die Auswertung dauert lange. Hat es eine ungewollte chemische Reaktion gegeben, wird das erst hinterher festgestellt.“ Die faseropti-sche Prozess-Sensorik könne für Inline-Messungen eingesetzt werden und sig-nalisiere sofort, wenn eine Störung auf-

derung durch das Bundesforschungs-ministerium erlaubt, Visionen über einen längeren Zeitraum zu verfolgen. „Vor über zehn Jahren haben wir einen Strategieplan für unser ZIK aufgestellt. Jetzt sind wir so weit, dass die ersten Pro-jek te realisiert werden“, sagt er. Für die lange Wegstrecke zum Erfolg hatte er neben der Rothschen Waldstulle eben auch viel Ausdauer, Durchhaltevermögen und Überzeugungskraft im Reisegepäck. Neulich, schmunzelt er, habe er seinem Sohn gegenüber die zweckfreie Grund-lagen forschung verteidigen müssen. „Ohne sie“, sagt Martin Roth, „steht doch ein Industriestandort wie Deutsch land auf verlorenem Posten.“ Der Visionär sieht nicht nur, er denkt auch weit vor-aus.

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Chemikerin Lena Bressel von der Uni Potsdam taucht eine faseroptische Sonde in milchige

Flüssigkeit. Mit Hilfe sichtbaren Lichtes können Proben von extrem trüben Flüssigkeiten und

cremigen Substanzen analysiert werden.

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Daisy Bell und die intelligenten RoboterVor 50 Jahren sangen künstliche Intelligenzen (KI) im Film Kinderlieder und töteten Raum schiffbesatzungen. Heute gelten KI­Systeme wahlweise als Schreckgespenst oder als Univer­salwaffe für ferne Zukunftsprobleme. Bereits in Reichweite sind Roboter, die auf menschliche Mimik reagieren, oder selbstlernende Programme, die per­fekte Kniepro the sen produzieren. Ein Schwerpunkt über künstliche Intelligenz.

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Gemeinsam mit einer menschlichen Besatzung ist der Supercomputer HAL 9000 (Bild oben) in der „Discovery One“ auf dem Weg zum Jupiter. Nur er allein kennt den

Zweck der Mission. Doch als er sich offensichtlich irrt, will die Crew ihn abschalten. HAL 9000 tötet daraufhin die gesamte Besatzung des Raumschiffs; nur David Bowman überlebt. Diesem gelingt es schließlich, das außer Kontrolle geratene intelligente System abzuschalten. HAL 9000 stimmt den Refrain des Kinderliedes „Daisy Bell“ an, haucht mit den letzten Worten seine Existenz aus – und zeigt damit spektakulär seine Men-schenähnlichkeit. Stanley Kubricks „2001: A Space Odyssey“ erober te im Jahr 1968 die Kinos dieser damals noch ziemlich analogen Welt. Doch ähnliche Deutungsmuster künstlicher Intelligenz – heute oft als KI abgekürzt – tauchen auch 50 Jahre später immer wieder auf: Künstliche Intelligenz gilt bisweilen als undurchsichtig, dem Menschen überlegen und potenziell gefährlich. Da passt es gut ins Bild, dass Tesla-Chef und OpenAI-

Gründer Elon Musk regelmäßig und eindringlich vor dem Vernichtungspotenzial künstlicher Intelligenz warnt. Sie sei „die größte Bedrohung, der wir uns als Zivilisation gegenübersehen“.

Sensibel und perfektionistisch

Die Musk‘sche Hypothese stößt allerdings auf entschiedenen Widerspruch, etwa von Mark Zuckerberg. Der Facebook-Gründer hält derlei Weltuntergangsszenarien für „unverant-wortlich“ und fügt hinzu: „Wer gegen künstliche Intelligenz argumentiert, argumentiert gegen sicherere Autos und gegen bessere Diagnosen für Kranke.“ Algorithmen für Fahrerassistenz-systeme bzw. selbstfahrende Autos und solche, die MRT-Aufnahmen von Patienten auswerten, sind Beispiele für KI-Anwendungen, von denen der Mensch bereits heute profi-tieren kann. Dazu zählen ebenso die automatisierte Text- und Bild- oder auch Gesichtserkennung, mit deren Hilfe man etwa

Daisy, Daisy, give me your answer, do. I‘m half crazy, all for the love of you.

It won‘t be a stylish marriage I can‘t afford the carriage

But you look sweet upon the street On a bicycle built for two …

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Smartphones entsperren kann; kleinere Anwendungen lassen sich heute schon intuitiv mit Gesten steuern; und digi tale Plattformen wie Google und Amazon nutzen intelligente Algo-rithmen für maßgeschneiderte Werbung.

In der Zwischenzeit forschen innovative Bündnisse an wei-teren Einsatzmöglichkeiten. So arbeitet etwa das Zwanzig20-Kon sortium „3Dsensation“ an Robotern, die die Mimik und Gestik ihres Gegenübers erfassen, richtig einordnen und sofort darauf reagieren (siehe S. 28). Das Zwanzig20-Konsortium „AGENT-3D“ wiederum entwickelt ein selbstlernendes System, das individuelle Knieprothesen nahezu selbstständig designen und später in 3D-Druckverfahren herstellen soll (siehe S. 32). Gleich zeitig forscht das „Innovation & Strukturwandel“-Pilot-vorhaben „iLaP“ an einem Schweißroboter, der auf einen Fingerzeig seines mensch lichen Kollegen hin die perfekte Schweißnaht zieht (siehe S. 34).

Mit Lichtgeschwindigkeit ins Universum?

Spannende Projekte wie diese scheinen auch die neue Bundesregierung überzeugt zu haben. In ihrem Koalitionsvertrag haben sich CDU, CSU und SPD auf das Ziel geeinigt, „Deutschland zu einem weltweit führenden Standort bei der Erforschung von künstlicher Intelligenz [zu] machen“. Auch Dr. Hanna Köpcke, eine der führenden deutschen KI-Expertinnen, sieht enormes Potenzial: „Ich habe die Hoffnung, dass künstliche Intelligenz uns Menschen zeitraubende Arbeiten abnimmt und dadurch mehr Zeit für wichtige Dinge bleibt.“ (siehe S. 27)

Auf die KI der Zukunft werden allerdings noch ganz andere Hoffnungen gesetzt: Der chinesische Staat will sie nutzen, um Straftaten vorherzusagen und dadurch zu verhindern. Und Professor Jürgen Schmidhuber denkt in noch größeren Dimensionen: „Da fast alle Ressourcen draußen im Weltall sind, werden sich künstliche Intelligenzen rapide in den Kosmos hinaus ausbreiten, im Tempo nur begrenzt von der Lichtge-schwindigkeit“, prognostiziert der wissenschaftliche Direktor des Schweizer KI-Forschungsinstituts IDSIA in einem „Handelsblatt“-Interview. „In einigen 100.000 Jahren haben sie die ganze Milchstraße kolonisiert. Und in einigen zig Milliarden Jahren das ganze sichtbare Universum.“

Es wird letztlich wohl auf die natürliche Intelligenz des Menschen ankommen, in welche Richtung künstlich-intelli-gente Systeme steuern. Kinderlieder sollte man sie in Zukunft aber vielleicht besser nicht mehr singen lassen.

„Die letzte Entscheidung muss der Mensch treffen“Die IT­Expertin Hanna Köpcke über intelli­gente Preisvergleiche im Internet, Gefahren künstlicher Intelligenz und die Hoffnung, mehr Zeit füreinander zu gewinnen.

Frau Dr. Köpcke, was ist künstliche Intelligenz?„Intelligent“ ist ja ein sehr allgemeiner Begriff. In der Infor ma-tionstechnologie bezeichnet man ein System als intelligent, wenn es Eigenschaften und Verhaltensweisen zeigt, die man gemeinhin dem Menschen zubilligt. Das kann zum Beispiel die Fähigkeit sein, ein Bild zu interpretieren oder auf sprachliche Äußerungen zu reagieren. Im engen Sinn sprechen wir von künst licher Intelligenz, wenn eine Maschine wahrnehmen, ver-stehen, handeln und lernen kann.

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Wie schaffen es Maschinen, zu lernen?Das maschinelle Lernen ist ein Verfahren, das sich auf Computer-algorithmen – also konkrete Handlungsanweisungen – stützt. Auf Basis dieser Algorithmen können lernende Systeme in Daten Muster erkennen – ohne dass der gerade interessante Einzelfall programmiert wurde. Wenn Sie zum Beispiel ein Glas fallen lassen, wissen Sie, dass es zerbricht, obwohl Sie es mit diesem Exemplar noch nicht ausprobiert haben. Sie haben aber schon einmal ähnliche Erfahrungen mit vergleichbaren Objekten gemacht. Nach genau diesem Prinzip funktioniert das maschinelle Lernen.

…das Sie auch in Ihrem Unternehmen einsetzen?Ja! Auf Basis dieser Technologie haben wir „blackbee“ entwi-ckelt. Das ist eine intelligente, selbstlernende Software, mit der wir die Preise aller Produkte aller Anbieter genau vergleichen können.

Was ist das Besondere an „blackbee“?Unsere Kunden sind Hersteller oder Händler, die wissen müs-sen, was ein bestimmtes Produkt kostet. Das kann blackbee herausfinden, auch wenn die Informationen auf verschiedenen Websites und in unterschiedlichen Sprachen präsentiert wer-den. Im Moment arbeiten wir daran, noch mehr künstliche Intelligenz einzusetzen, um zusätzliche Informationen aus der Analyse von Bildern zu gewinnen. Häufig ist der Beschreibungs-text nämlich sehr spärlich, etwa wenn Turnschuhe einfach nur als „weiß“ bezeichnet werden. Doch welche Farbe haben die Applikationen? Grün? Rot? Gelb? Das kann für den Preis ent-scheidend sein, und mit Hilfe künstlicher Intelligenz können wir diesen Unterschied feststellen.

Wo sonst stößt man heute schon auf künstliche Intelligenz?In vielen Bereichen stehen wir noch ganz am Anfang des Einsatzes künstlicher Intelligenz. Es gibt bereits Online-Platt-formen, die Nutzerdaten automatisch auswerten: Wo kommt ein potenzieller Käufer her? Zu welcher Tageszeit ist er auf der Plattform? Welches Gerät nutzt er? Auf dieser Basis bekommt man dann bestimmte Informationen angezeigt, oder eben auch nicht. Und: Sogar die Preise unterscheiden sich! Aber auch Mediziner bekommen heute schon Unterstützung durch künst-liche Intelligenz. So sind Maschinen heute schon sehr gut in der Lage, Computertomographie- oder MRT-Bilder auszuwerten – vielleicht sogar schon besser als der Mensch.

Akzeptieren die Menschen den Einsatz künstlicher Intelligenz?Viele Menschen verstehen nicht, was dahintersteckt. Wenn sie erfahren, dass ein intelligentes System ihnen einen höheren Preis anbietet als einem anderen Kunden, stößt das nicht auf Begeisterung. Dazu gibt es diese diffuse Angst: Werden Maschi-

nen autonome Entscheidungen treffen, die wir nicht in der Hand haben? Gerade im militärischen Bereich ist ja einiges denkbar, zum Beispiel Drohnen, die sich ihre Ziele selbst suchen.

Was kann man gegen solche beunruhigenden Szenarien tun?Momentan sehe ich zwar noch keine Gefahren. Wichtig ist aber, dass die Wissenschaft sehr transparent arbeitet und dass recht-zeitig gesetzliche Rahmenbedingungen geschaffen werden. Die letzte Entscheidung muss immer der Mensch treffen, das dür-fen wir nicht den Maschinen überlassen; das gilt für den Einsatz von Drohnen genauso wie für die verbindliche Anordnung einer medikamentösen Behandlung.

Und was bringt die Zukunft?Ich habe die Hoffnung, dass künstliche Intelligenz uns Men-schen zeitraubende Arbeiten abnimmt und dadurch mehr Zeit für wichtige Dinge bleibt. Krankenpflegerinnen und -pfleger müssen heute aufwändig dokumentieren, welche Unter-suchungen durchgeführt, welche Medikamente verabreicht oder welche Alarme ausgelöst wurden. Wenn das in Zukunft automatisiert geschieht, bleibt mehr Zeit, um füreinander da zu sein. Das wäre ein echter Fortschritt.

Dr. Hanna Köpcke ist Gründerin und Chief Technology Officer der Webdata Solutions GmbH. Das Leipziger IT­Start­up beschäftigt rund 30 Mitarbeiter und ist eine Ausgründung aus dem „Web Data Integration Lab“, das vom Bundes for schungs ministerium im Rahmen des Programms „ForMaT“ von 2010 bis 2011 gefördert wurde. Im vergangenen Herbst wurde Köpcke in den Lenkungskreis der Plattform „Lernende Systeme“ berufen.

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Der Beginn einer wunderbaren FreundschaftRoboter sind aus unserem automatisierten Arbeitsleben nicht mehr wegzudenken. Doch sie funktionieren nur in ihrer programmierten Welt, ohne direkte Interaktion mit Menschen. Das Zwanzig20­Konsortium „3Dsensation“ will Menschen und Maschinen zu echter Kooperation verhelfen.

Gute Laune: Mithilfe hoch­auflösender Kameras und intelligenter Programme

können Roboter an der Mimik ihres menschlichen Kollegen erkennen, wie er

sich fühlt.

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Ein Lächeln im Gesicht und der gehobene Daumen signa-lisieren dem Roboter: sein menschlicher Kollege ist gut drauf und will mit der Arbeit beginnen. Dank integrierter

3D-Kameras, einer superschnellen Bildverarbeitung und einem sicheren Erkennungsprogramm kann der Roboter die Mimik und Gestik seines Gegenübers erfassen, richtig einordnen und sofort darauf reagieren. Das klingt nach Science-Fiction, doch das Team von 3Dsensation will eine solche Interaktion zwi-schen Menschen und Maschinen schon in naher Zukunft ermöglichen. Das intelligente Verhalten der Maschinen, die so genannte künstliche Intelligenz, allein genügt jedoch nicht. 3Dsensation will auch emotionale Barrieren abbauen. Schließlich kann die Nähe zu einem der tonnenschweren Roboter, wie sie in der Industrie im Einsatz sind, durchaus furchteinflößend sein. „In der klassischen Automobilproduktion beispielsweise sind Roboter von den Menschen abgegrenzt und umzäunt, weil es nicht sicher ist, mit den Maschinen zu inter-agieren“, sagt Kevin Füchsel, Sprecher von 3Dsensation. „Die Maschine erkennt den Menschen nicht und das kann im schlim msten Fall zu großem Schaden führen.“ Selbst tödliche

Unfälle passieren, weil die Maschinen zwar in ihren festgelegten Arbeitsabläufen funktionieren, jedoch nicht mit den Menschen interagieren, denen sie zur Seite stehen.

„Wir haben zunächst Gesten für Basisfunktionen entwickelt,

wie beispielsweise Öffnen und Starten, Mehr oder Weniger, Vor und Zurück,

Stoppen und Abbrechen.“

Was willst Du?

Das interdisziplinäre Konsortium unter Federführung des Jenaer Fraunhofer-Instituts für Optik und Feinmechanik will spezielle 3D-Kameras, neue optische Sensoren und Software für eine sehr schnelle Bildverarbeitung entwickeln, damit Roboter den Menschen besser sehen und verstehen können. Für die Interaktion sind berührungslose Gesten besonders gut geeignet. Gesten sind so etwas wie räumliche Kommunikation. Da der Mensch sich im Raum bewegt, um die Maschine zu bedienen, passt das gut zusammen und vereinfacht die Programmierung. Doch welche Gesten sind wichtig für den Arbeitsablauf, welche sind intuitiv nutzbar für den Menschen und unmissverständ-lich für den Computer? Im Forschungsprojekt „3D-GestFus“ haben sich Arbeits- und Sozialwissenschaftler, Ingenieure und Informatiker darüber Gedanken gemacht und einen so genann-

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ten Gestenkatalog erarbeitet. „Wir haben zunächst Gesten für Basisfunktionen entwickelt, wie beispielsweise Öffnen und Starten, Mehr oder Weniger, Vor und Zurück, Stoppen und Abbrechen“, erläutert Verbundkoordinator Paul Chojecki vom Fraunhofer Heinrich-Hertz-Institut in Berlin. Dabei kam es darauf an, möglichst einfache, eindeutige Gesten zu wählen, die universell einsetzbar sind und mit denen die Nutzer nicht über-fordert werden. So bedeutet beispielsweise eine nach vorn aus-gestreckte Hand mit gespreizten Fingern „Stopp!“. Auch Kopfnicken, gehobener Daumen oder Winken gehören zu den Basisgesten.

Wie guckst Du?

Solche gewollten Gesten sind von Maschinen relativ leicht zu erkennen, bei ungewollten Gesten und Bewegungen wird es schon schwieriger. „Die Maschine sollte auch bemerken, wenn ein Mensch stolpert oder stürzt und in diesem Fall ausweichen und stoppen“, sagt Chojecki. Der studierte Psychologe hält das für realisierbar. Selbst eine Kombination aus Blickrichtung und Gesten haben die Wissenschaftler von „3D-GestFus“ schon pro-grammieren können. „Dann reagiert der Roboter nicht auf Bewegungen, die zum Beispiel im Gespräch mit Arbeitskollegen gemacht werden“, sagt Paul Chojecki, „sondern nur, wenn der Mensch ihn direkt anschaut.“

Dass Computer sogar menschliche Mimik erkennen und deuten können, hat das „3D-GestFus“-Team ebenfalls gezeigt. Projektpartner der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg haben dafür ein Programm entwickelt, mit dem der Computer verschiedene Punkte im Gesicht des Menschen registriert, Veränderungen interpretiert und darauf reagiert. Neben der

Software ist dafür eine hochauflösende Kamera notwendig, denn je besser das Bild, desto genauer ist die Erkennung der Mimik. Bei ersten Tests hat das schon sehr gut funktioniert.

Wie tickst Du?

Letztlich geht es darum, Computern Einfühlungsvermögen und Rücksichtnahme „beizubringen“, denn die Menschen sollen mehr Sicherheit im Umgang mit den Maschinen bekommen. Eine Projektgruppe von 3Dsensation untersucht deshalb auch, welche Eigenschaften mit der künstlichen Intelligenz verbun-den sein müssen, um den Menschen Berührungsängste zu neh-men. Doch damit nicht genug, die 3Dsensation-Forscher wol-len, dass Kollege Roboter künftig sogar die Gemütslage des Menschen einschätzen kann. „Es ist wichtig, dass er erkennt, ob der Mensch gerade Stress hat“, sagt Kevin Füchsel. „Er könnte ihm dann Impulse geben wie: Mach mal Pause, mach mal was anderes.“ Um das zu erreichen, muss das Zusammenspiel von Kameras und Software allerdings 100-prozentig zuverlässig sein. Das ist heute noch nicht der Fall. „Die große Herausforderung ist, dass die Maschine aus den vielen Daten, die gewonnen wer-den, den sicheren Schluss zieht, was der Mensch neben ihr gerade macht“, meint Füchsel. Insbesondere die Automobil-branche ist an sicheren Mensch-Maschine-Interaktionen sehr interessiert, deshalb hat das „3D-GestFus“-Team jetzt ein Folge-projekt mit einem großen deutschen Hersteller gestartet. „Bisher werden die Roboter dort nur von Spezialisten program-miert und bedient“, erläutert Paul Chojecki. „Wir wollen diese momentan sehr komplexe Bedienung so einfach gestalten, dass der Mensch sie direkt am Roboter-Arbeitsplatz ohne spezielle Software nutzen kann.“

Klare Kante: Im Projekt 3D­GestFus bringen die Wissenschaftler den Computern Basisgesten bei, die für eine sichere Zusammenarbeit von Mensch und Maschine wichtig sind.

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K ü n s t l i c h e I n t e l l i g e n z · S c h w e r p u n k t

Was siehst Du?

„3D-GestFus“ ist eines von fast 200 Projekten im Konsortium 3Dsensation, das im Rahmen von Zwanzig20 gefördert wird. In dem Basisvorhaben haben sich die sechs Partner neben den Grundlagen für Gesten in der Mensch-Maschine-Interaktion auch mit der Fusion von 3D-Bildern beschäftigt. Ihre Erkennt-nisse sind insbesondere für Ärzte sehr hilfreich. In einem Gemein schaftsprojekt mit der Charité Universitätsmedizin Berlin nutzten die Wissenschaftler für die Darstellung von Gewebebildern die so genannte Augmented Reality. Sie haben es geschafft, die medizinischen Daten in dieser computerge-stützten erweiterten Realität korrekt wiederzugeben und die Aufnahmen von bildgebenden Verfahren sogar grundlegend zu verbessern. Das Problem: „Die Daten sind sehr unterschiedlich aufgelöst und oft schon bei der Aufnahme durch die Atmung des Patienten verwackelt“, erläutert Paul Chojecki. Deshalb haben die Berliner ein Bildkorrekturverfahren entwickelt, mit dessen Hilfe aus unscharfen zweidimensionalen Bildern gesto-chen scharfe 3D-Aufnahmen werden, welche die Ärzte durch eine 3D-Brille betrachten und analysieren können. So lassen sich viel exaktere Diagnosen stellen. Bei ersten Praxistests hat sich dieses Verfahren bereits bewährt.

Was machst Du?

Ältere und hilfsbedürftige Menschen können ebenfalls von den Technologien profitieren, die bei 3Dsensation entwickelt wer-den. So haben Ingenieure, Designer und Informatiker zusam-men mit dem Verband Sächsischer Wohnungsgenossenschaften e. V. im Projekt „MOVA3D“ ein System entwickelt, das mit Hilfe eines neuartigen 3D-Stereoverfahrens einen ganzen Raum mit nur einem Sensor überwachen kann. Bewegungen von Men-schen, insbesondere in Notsituationen, können damit schnell erkannt werden. MOVA3D ist so erfolgreich und die Nachfrage nach der einzigartigen Technik so groß, dass aus dem Projekt bereits ein Unternehmen ausgegründet wurde.

Das größte Interesse an den Ideen von 3Dsensation hat jedoch die Industrie, die sich durch die Digitalisierung stark verändert. „Individuelle und kleine Produktmengen sind immer mehr gefragt“, sagt Kevin Füchsel. „Dafür werden die Kreativität des Menschen und die Effektivität der Maschinen benötigt. Das zusammenzubringen, ist die Aufgabe von 3Dsensation.“ Gelingt das, werden Feierabendszenarien wie diese schon bald zum Alltag gehören: Die erhobene Hand signalisiert dem Kollegen Roboter, dass er stoppen soll. Sein Gegenüber nickt und winkt zum Abschied. Nun heißt es ausruhen, bis eine menschliche Geste ihn morgen wieder wecken und ein neuer, gemeinsamer Arbeitstag beginnen wird.

Auch Kopfnicken, gehobener Daumen oder Winken gehören

zu den Basisgesten.

Sensible Roboter: Die Gesten­Kommunikation funktioniert inzwischen nicht nur virtuell (oben), sondern auch in der Praxis, wie Paul Chojecki, der Koordinator beim Verbund 3D­GestFus, hier demonstriert (unten).

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S c h w e p u n k t · K ü n s t l i c h e I n t e l l i g e n z

Das Knie aus dem 3D-Drucker

Das neue künstliche Knie soll ein baugleiches Modell des alten sein: Ein Magdeburger Forschungsprojekt ent­wickelt intelligente digitale Technologien, mit denen sich Endoprothesen individuell und in Zukunft auch kosten­günstig anfertigen lassen.

Jede Krankheit verläuft individuell. Darum hat sich die per-sonalisierte Medizin in den letzten Jahren zu einem großen Forschungsfeld entwickelt. Auch IT-Experten sind auf die-

sem Gebiet unterwegs. Als Computervisualistin bei der Dorn-heim Medical Images GmbH ist Kerstin Kellermann eine Geburts helferin für intelligente Systeme, die den individuellen Thera pien neue Wege eröffnen. „Expertensystem für Design und Fertigung von Endoprothesen mittels Electron Beam

Melting“, kurz EXPERTEB, heißt eine Technologie, die das Magde burger Softwareunternehmen gemeinsam mit einem Konsortium aus Forschern, Herstellern und Anwendern entwi-ckelt. Im Projekt namen steckt das „Electron Beam Melting“, bei dem Metallpulver von einem Elektronenstrahl geschmolzen und im 3D-Druck Schicht für Schicht zum gewünschten Objekt aufgebaut wird. EXPERTEB ist ein Teilprojekt des Zwanzig20-Konsortiums „Agent-3D – Additiv generative Fertigung“. Dieses

Die Software entwickelt auf Basis der CT­Aufnahmen, beispielsweise eines Kniegelenks, ein virtuelles Modell der individuellen Prothese.

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Die Computervisualistin zeigt Schnittbilder, die der Com puter-tomograph von einem Kniegelenk gemacht hat. Aus diesen digitalen Bilddaten des Patienten kann ein virtuelles 3D-Basis-modell entwickelt werden, das als Grundlage für die individuel-le Einzelanfertigung dient. „Mediziner und Ingenieure müssen da im intensiven Austausch stehen, das ist überaus zeitaufwän-dig. Letztlich muss der Patient auf seine Prothese lange warten und sehr viel dafür bezahlen“, sagt Kerstin Kellermann. Ein Hersteller solcher Prothesen hatte sich an ihre Firma gewandt, um gemeinsam Lösungen für einen automatisierten und ver-kürzten Planungsprozess zu finden. „Das war unsere Motivation für EXPERTEB“, sagt Projektmanagerin Kellermann.

Ein Programm sammelt Berufserfahrung

Im ersten Schritt geht es bei EXPERTEB um die Entwicklung eines selbstlernenden Programms. „Wir füttern es mit dem Fachwissen der Ingenieure und kopieren die Schritte, die der Ingenieur bei der Modellplanung macht, in das Programm hin-ein“, erklärt Kerstin Kellermann. Allerdings sei es in dieser Verfassung noch nicht intelligent. Dazu müsse es Messdaten sammeln, miteinander verknüpfen und – ähnlich, wie es der Mensch macht – als Erfahrungen abspeichern und daraus Algo-

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vom Bundesforschungsministerium geförderte interdisziplinäre Bündnis aus Wissenschaft und Wirtschaft hat die Vision, durch digital-integrierte additive Fertigungsverfahren Produkte mit neuen Funktionalitäten und Eigenschaften hervorzubringen. Die Dornheim Medical Images GmbH entwickelt intelligente Computerprogramme, die solchen additiven Fertigungs-prozessen zugrunde liegen.

Aus CT­Bildern wird ein virtuelles Modell

Kerstin Kellermann bezeichnet sich als Übersetzerin zwischen Herstellern des Endproduktes und den IT-Kollegen in ihrer Firma. Sie zeigt am Computer das virtuelle Modell einer Knieprothese. Wenn dieses Implantat aus Titan am Ende aus dem 3D-Drucker kommt, ist es individuell für einen bestimm-ten Patienten gemacht. „Was jedoch noch nicht die Regel ist“, sagt Kerstin Kellermann. „Die individuelle Prothese dauert in der Vorbereitung zu lange und ist sehr teuer.“ Nach Art der Verletzung gibt es darum einige Standardmodelle. Denen wird der menschliche Knochen angepasst. Das heißt: Auch mehr oder weniger gesunder Knochen muss dabei entfernt werden. Mit einer individuell-optimalen Wiederherstellung des Knies hat das recht wenig zu tun.

Ein Knopfdruck – schon plant das Programm ein virtuelles Modell.

Kerstin Kellermann, Projektmanagerin bei EXPERTEB, spricht mit einem behandelnden Arzt über dessen Anforderungen an das Computerprogramm.

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rithmen ableiten. Je mehr „Berufserfahrung“ das Programm an -häuft, umso mehr Routine entwickelt es. Im konkreten Fall hieße das: Es soll nahezu selbständig optimale Designvorschläge für die individuelle Knieprothese anbieten. „Am Ende ist die Herstellung dieser Prothese effizienter und deren Preis kann niedriger angesetzt werden“, sagt die Projektmanagerin. Ihre Vision: Ein Knopfdruck – schon plant das Programm ein virtuel-les Modell. Der Ingenieur kann sich seiner eigentlichen Aufgabe widmen und entwickelt aus dem Ergebnis eine druckfähige Vorlage. „Im Gegensatz zur Standardmethode wird dieses indivi-duelle Implantat dem Knochen angepasst“, betont Kerstin Kellermann. „Je mehr Knochen erhalten bleibt, umso besser. Die Natur ist doch immer noch der bessere Schöpfer.“

Roboter lernen das DenkenEin Berliner Forschungsbündnis will in die Smart Factory der Zukunft einziehen – gemeinsam mit intelligenten Robotern. Doch zunächst müssen die Bündnispartner ihren elektronischen Kollegen das Denken beibringen.

Wer an den Beruf des Schweißers denkt, hat sprühende Funken vor Augen und eine riesige Schutzbrille. Dahinter steckt ein denkender Mensch, der mit seinem gesammelten Erfah-rungsschatz und seinen eigenen Händen zwei Bauteile durch eine Schweißnaht miteinander verbindet. Die Möglichkeit, dass in Zukunft kein menschlicher, sondern der Kopf einer Maschine den Schweißprozess steuert, ist im Fortlauf des digitalen Zeitalters gewiss. Das Berliner Forschungsbündnis „iLaP – intel-ligente Laser- und Lichtbogensysteme“ hat die Vision, das Mensch und Maschine Hand in Hand arbeiten. „Man stelle sich vor, der Karosseriebauer zeigt seinem Roboter-Kollegen mit dem Finger, wo die Schweißnaht entlanglaufen soll, und am Ende sind Autodach und Seitenteil schneller, sauberer und prä-ziser zusammengefügt als von Menschenhand“, sagt Bündnis-koordinator René Plewa. Er ist Mitarbeiter der Scansonic MI GmbH, einem Entwickler innovativer Lasermaterial bear-beitungs systeme. Das vom Bundesforschungsministerium geförderte iLaP-Projekt ist bei diesem Berliner Unternehmen angesiedelt. Die acht Partner aus der regionalen Wissenschaft und Wirtschaft kommen aus der Füge- und Automatisierungs-technik sowie aus der Informations- und Kommunikations-technik. Die intelligenten Laser- und Lichtbogensysteme sollen beim Schweißen, Fügen und Beschichten, beim 3D-Drucken von Metallbauteilen wie auch in der Lasermedizin zum Einsatz kommen.

Lebenslanges Lernen

Die fachliche Kompetenz eines Menschen generiert sich aus seinem Wissens- und Erfahrungsschatz. Wie ist das bei einem Roboter? „Die künstliche Intelligenz ergibt sich aus Daten-banken“, sagt René Plewa. „Für ein funktionierendes maschinel-les Gehirn müssen riesige Datenmengen gesammelt und gleich den Synapsen eines menschlichen Gehirns miteinander ver-knüpft werden, damit die Roboter teilautonome, gar autonome Entscheidungen treffen können.“

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In Zukunft sollen auch individuelle Knieprothesen aus dem 3D­Drucker kommen.

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Die iLaP-Bündnispartner entwickeln Sensoren, die die Prozess-daten aus dem Arbeitsumfeld des Roboters aufnehmen – wie am Beispiel des Laserschweißens im Karosseriebau. „Lebens lan-ges Lernen“ ist auch für die Maschine die Parole. Dazu erarbeitet das Forschungsprojekt mögliche Strategien zur entsprechenden Datenspeicherung, -aufbereitung und -verwertung. Ein Daten-management muss dafür sorgen, dass die komplette Anlage ihr Wissen aus den gesammelten Informa tionen zusammensetzt. Und sie soll diese Informationen immer wieder neu zusam-mensetzen können, um Entscheidungen zu treffen, die man beim menschlichen Gehirn als intuitiv bezeichnet. Soll heißen: „Die Daten werden in Algorithmen umgerechnet und in ein Konzept für die Steuerungssoftware integriert. Sie müssen auf einer Plattform vernetzt sein, damit sie miteinander kommuni-zieren können“, sagt René Plewa und stellt in Aussicht: „Indem Roboter dieses Wissen fortlaufend speichern, lernen sie zu den-ken.“

Nicht ohne den Menschen

Auf das praktische Beispiel bezogen hieße das: Der laserschwei-ßende Roboter-Kollege – ausgestattet mit Sensorik und Kameras – sieht, dass die Spaltgröße zwischen Autodach und Seitenteil variiert. Er registriert Krümmungen, Kurven und Materialunter-schiede der Oberflächen. Er weiß sein Werkzeug „Licht“ optimal einzusetzen. Dabei fühlt er auch die Temperatur während des Bearbeitungsprozesses und minimiert deren Schwankungen. Er erkennt Objekte in seinem Umfeld und Gesten seiner mensch-lichen Kolleginnen und Kollegen – ganz wie ein Mensch.

Allerdings: Bis die Maschine so schnell und klug reagieren kann wie der berufserfahrene Fachmann oder die Fachfrau neben ihr, sei noch ein gutes Stück Weg zurückzulegen – nicht ohne den Experten Mensch als Begleiter, sind sich die iLaP-Partner einig.

Der Roboter schweißt die Naht schneller, sauberer und präziser als eine Menschenhand (Bild oben). Behilflich ist ihm dabei die voll integrierte Steuerung eines Bearbeitungskopfes mit Kamera und Beleuchtung (Grafik unten).

Integrierte Auswertungseinheit

Beleuchtung

Kamera

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T i t e l t h e m a · I n n o v a t i o n s f o r e n ( M i t t e l s t a n d )

Herr Dr. Schedler, seit 2004 ist Ihr Unternehmen am Wachs-tumskern „BioResponse“ beteiligt. Sie, Herr Professor Schierack, leiteten ab 2007 die InnoProfile-Nachwuchsforschungsgruppe „Neue Technologien für die molekulare Diagnostik“ in Senften-berg. Sie sind sich also immer mal wieder über den Weg gelau-fen und dachten jeweils: Der ist ja sympathisch?

Schedler: Na ja, erst kommt die Arbeit. Peter Schierack hat an der damaligen Hochschule Lausitz in Senftenberg in außer-ordentlich kurzer Zeit eine Mannschaft aufgebaut, die nicht nur Sympathie ausstrahlte, sondern vor allem Kompetenz hatte. Das war weder selbstverständlich noch zu erwarten. Schließlich ging mit der Biotechnologie ein komplett neuer Fachbereich an den Start, der in Senftenberg ohne jede wissenschaftliche Tradition und Referenz war. Also durchaus ein Risiko.

Schierack: Das ist die eine Seite der Medaille, die andere zeigt wissenschaftliche Schwergewichte, die nach der Wende ihren Lebenslauf endlich in die eigenen Hände nehmen konn-

„ Die Lausitz kann mehr als Braunkohle“Seit mehr als 10 Jahren arbeiten Peter Schierack und Uwe Schedler zusammen. Gemeinsam treiben der Universitätsprofessor und der Unternehmer das Thema Multiparameterdiagnostik voran. Ein Gespräch über persönliche Sympathie, die Erwar­tungen an Stiftungsprofessoren und den Struktur­wandel in der Region Cottbus­Senftenberg.

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lich: Bei den entscheidenden Vorstellungs- und Gesprächs-runden mit den Bewerbern haben wir alle schon geschwitzt. Eine solche Entscheidung will nicht nur gut überlegt sein, sie muss dann ja auch über mehrere Jahre funktionieren.

Liegt in dem Konstrukt der Stiftungsprofessur nicht auch die Gefahr, dass sich die Wissenschaftler an der Hochschule wie Auftrags forscher fühlen? Signalisieren die stiftenden Unterneh-mer damit nicht eine hohe Erwartungshaltung?

Schierack: Na klar. Und mit Recht gibt es diese Erwartung. Schließlich setzen einige der Unternehmer schon mehrere Jahre auf die Kooperation mit der Hochschule in Senftenberg. Aber wir sehen uns immer als Partner und nicht als Lohnforscher. Immerhin reden wir hier in der Lausitz von kleinen und mittle-ren Firmen, die auf die Zusammenarbeit mit Forschungsein-richtungen angewiesen sind. Die sich einen so modern ausge-statteten Gerätepark in dieser Breite wie jetzt an der BTU auf dem Senftenberger Campus nicht leisten können und die in den vergangenen Jahren so respektable Forschungsergebnisse in dieser Kooperation erreichten, dass es sowohl die BTU als auch die Unternehmer messbar weiterbrachte.

Schedler: Ich spüre ja, wohin die Frage zielt. Beeinträchtigen wir nicht die Freiheit von Forschung und Lehre? Sind wir als Unter nehmer nicht ausschließlich an einem schnell vermarkt-baren Ergebnis interessiert? Binden wir die Wissenschaftler mit unserem Druck nicht so stark an uns, dass für andere kreative wichtige Fragen kaum noch Zeit bleibt? Wer als Unternehmer tatsächlich diese Absicht hat, wäre ganz sicher nicht in unserem Stifterkreis. Dazu sind unsere Fragen an die Wissenschaft zu kompliziert, zu umfangreich und zu sehr der Praxistauglichkeit verpflichtet. Schließlich bewegen wir uns alle im Feld von Medizin und Gesundheitswesen. Hier geht es um das Wichtigste: das Erhalten unserer Gesundheit. Und manchmal um Leben oder Tod.

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ten. Nur beispielhaft möchte ich Werner Lehmann, Geschäfts-führer der Attomol GmbH, und Dirk Roggenbruck, Geschäfts-führer der GA Generic Assays GmbH, nennen. Zusam men mit weiteren Wissenschaftlern und Unternehmern waren sie von der Idee überzeugt, dass die Lausitz mehr kann als Braunkohle.

2012 liefen für die Nachwuchsforscher wichtige Forschungs-vorhaben aus. Damals stellte das Bundesforschungsministerium durch das Programm InnoProfile-Transfer Fördergelder in Aus-sicht, wenn sich Unternehmer aus der Region an einer Stif tungs-professur beteiligen. War denn für Sie klar, dass Sie sich betei ligen und dass Herr Schierack die Stiftungsprofessur übernimmt?

Schedler: Nein. Wir, das heißt die Unternehmen, die sich finanziell an der Stiftungsprofessur beteiligten, kannten und schätzten Herrn Schierack, aber wir wollten auf jeden Fall ein offenes, transparentes und faires Verfahren bei der Berufung. Wir mussten also unsere Ziele für die nächsten Forschungs-vorhaben präzise definieren und das ganze Verfahren in die passende Form bringen. Was besonders positiv auffiel: Auf die Ausschreibung für die Stiftungsprofessur hin erhielten wir mehrere Bewerbungen, worauf wir stolz waren.

Schierack: Diese Situation macht doch eines ganz deutlich: Die Biotechnologie in Senftenberg war inzwischen ein Thema und die Mitarbeit bei Forschung und Entwicklung ein attraktives Angebot. Auch wenn es an dieser Stelle wie Lobhudelei klingt: Ohne die kontinuierliche Förderung durch das Bundes for-schungs ministerium in Personal und vor allem auch Geräte wären wir nie auf dieses Level gekommen. Da hat jemand echt an uns und unsere Arbeit geglaubt: eine richtig gute Erfahrung, von der wir bis heute zehren.

Schedler: Ich kann das nur unterstreichen. Wahrscheinlich war dieses mittlerweile entstandene Umfeld an der Hochschule in Senftenberg mindestens ein guter Grund für die Unternehmer, in die Stiftungsprofessur zu investieren. Aber ich sage ganz ehr-

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genutzt, dieses Konferenzprogramm konsequent weitergeführt, internationalisiert und inzwischen zu einer Marke für den BTU-Campus Senftenberg gemacht.

Schierack: Vor einigen Jahren hatten wir uns nicht träumen lassen, dass sich heute wissenschaftliche Schwergewichte aus ganz Deutschland und Europa auf den Weg nach Senftenberg machen. Das machen sie ganz bestimmt nicht, weil es hier tolle Honorare für Vorträge gibt, sondern weil sich inzwischen hier eine Community trifft, die sehr ernsthaft um Antworten ringt, auf Ideen hofft und weiß, dass in Senftenberg nur seriöse Qua li-tät zählt. Außerdem suchen wir immer eine spannende Ver-bindung zwischen Grundlagen- und angewandter For schung.

Schedler: Das genau ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor unse-res Senftenberg-Prinzips. Alle reden vom Strukturwandel in der Lausitz und den angrenzenden Regionen. Dazu brauchen wir eine übergreifende Idee, eine kluge Strategie und eine Fülle großer, mittlerer und auch kleiner Maßnahmenschritte. In die-sem Sinne entstand auch unser Biotechnologie-Netzwerk mit Partnern in Brandenburg und Berlin. Schritt für Schritt und mit Geduld und Einsatz haben wir unseren Weg gesucht und gehen ihn bis heute zusammen.

Schierack: Gerade jetzt scheint sich der Kreis zu schließen. Angefangen hat „BioResponse“ ja mit der Frage, wie man krank-hafte Veränderungen im Körper von Menschen bzw. Tieren so früh, eindeutig und effizient diagnostizieren kann, dass eine Krebserkrankung sehr zeitig erkannt und behandelt werden kann. Daraus entwickelte sich – zugespitzt formuliert – die Idee, mit einer geringen Menge an Blut, Urin oder Gewebe so viele Parameter wie möglich zu messen, um eine Vielzahl verbreite-ter Krankheiten zuverlässig zu diagnostizieren. Entstanden sind im Rahmen dieser Forschung unter anderem neue Streifentests für die Praxis bei Ärzten und in Laboren, aber besonders die VideoScan-Technologie, bei der in Echtzeit unter einem Fluo-reszenzmikroskop krankhafte Mutationen sichtbar werden.

Sind Sie jetzt an dem Punkt, wo erstmal Luft geholt und der Status quo bewertet wird?

Schedler: Luft holen ist immer gut. Aber dann müssen Körper und Geist mit der frischen Luft auch was anfangen. Mit den sehr guten Forschungsergebnissen bei den Methoden der Multiparameteranalytik, gerade auch mit Blick auf revolutio-näre bildgebende Verfahren und ergänzt durch modernste Software, konzentrieren wir jetzt unseren Blick noch einmal auf die Bildung von Tumoren zur Früherkennung von Krebser-krankungen.

Schierack: Mit dem neuen Wachstumskern gehen wir nun den entscheidenden Schritt, diese immer noch viel zu oft tödli-che Krankheit sehr früh zu diagnostizieren und so dem Arzt eine effektive, auf den jeweiligen Patienten zugeschnittene Therapie zu ermöglichen. Das alles sind doch konkrete Ergeb-nisse – für die Menschen und für den Strukturwandel in der Lausitz. Oder?

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An dieser Stelle schaltet sich Dr. Stefan Rödiger ein. Er leitet schon einige Jahre die Arbeitsgruppe „Bildbasierte Assays“ bei Peter Schierack.

Rödiger: Für mich als unruhiger junger Geist war die Zusam menarbeit mit den Firmen zwar neu, aber überhaupt nicht gewöhnungsbedürftig. Ganz im Gegenteil. Wäre ich nicht immer wieder regelmäßig beispielsweise bei der Attomol GmbH und Poly-An zugange gewesen, hätte ich einige wichtige Erfahrungen wohl nicht gemacht. Die Chefs dort haben mir deutlich gesagt, worauf es ankommt: offen sein für Neues, raus gehen auf Tagungen und Konferenzen, neue Kontakte knüp fen, frische Ideen aufsaugen und Visionen umsetzen. Das gibt mir bis heute meinen Kick für Senftenberg.

Und so haben Sie auch allen Mut zusammengenommen und die Veranstaltungsreihe des „Senftenberger Innovationsforums Multiparameteranalytik“ aus dem Lausitzer Boden gestampft?

Rödiger: Na, das begann ja schon vor meiner Zeit in Senftenberg. Dazu muss Professor Schierack etwas sagen. Wir als junges Team haben aber diese Steilvorlage des Forums

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Nach einer Ausbildung zum DDR­Facharbeiter für Fleischerzeugung studierte Peter Schierack (links) nach dem Ende der DDR an der FU Berlin Tiermedizin, forschte an der Humboldt­Universität und promovierte schließlich an der Freien Universität Berlin. Heute ist er Prodekan der Branden burgischen Technischen Universität BTU am Campus Senftenberg und hält seit April 2018 die W3­Professur für Multiparameterdiagnostik, die aus der „InnoProfile­Transfer“­Stiftungsprofessur hervorging.

Uwe Schedler (rechts) gründete im Jahr 1996 die Poly­An GmbH in Berlin. Bis heute führt er die Geschäfte des weltweit tätigen Unternehmens, das auf die Oberflächenfunktionalisierung auf der Basis von Nanotechnologie spezialisiert ist. Seit 2007 ist Schedler am Innovativen regionalen Wachstumskern „BioResponse“ zum Thema Multiparameterdiagnostik beteiligt. In diesem Rahmen entwickelte und lieferte die Poly­An GmbH fluoreszierende Mikropartikel.

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Geschäftsmodelle bis hin zu „Smart Contracts“, die zwischen Maschinen ausgehandelt wurden. Solche Smart Contracts lassen sich als programmierbare Transaktionen beschreiben. Dabei wer­den Transaktionen automatisch ausgeführt, sobald bestimmte vorher definierte Ereignisse eintreten. Smart Contracts können damit beispielsweise Inhalte traditioneller Verträge in Form von Code spiegeln und bieten damit ein enormes Auto ma ti sierungs­potenzial für Wirtschaft und Gesellschaft. Ferner werden mit Smart Contracts sichere und vollständig automatisierte Trans­aktionen zwischen Maschinen ermöglicht. Sie könnten das Rück­grat für das „Internet of Things“ und die Basis für viele neue Geschäfts modelle werden.

In Deutschland besteht bereits heute ein aktives Blockchain­Ökosystem mit immensen Chancen. Damit verfügen wir über eine ausgezeichnete Ausgangssituation, um in einem Blockchain­basierten Internet der Verträge und der Transaktionen zu einem Leitmarkt zu werden und die erforderlichen Standards maßgeblich mitzugestalten. Da es die Blockchain­Technologie ermöglicht, Ver­träge und Transaktionen ohne Intermediäre abzuschließen, wer­den die Karten für den Wettbewerb in der aktuell von zentralisier­ten Plattformen wie Google, Apple, Facebook und Amazon gepräg­ten Internetökonomie neu gemischt. Deutschland hat gute Chan­cen, in diesen neuen Märkten eine starke Position zu erreichen. Unser Ziel muss es deshalb sein, Gesellschaft, Wirtschaft und Politik auf breiter Front für die Möglichkeiten der Blockchain­Technologie zu begeistern.

Deutschland hat die Web­2.0­Revolution und die daraus entstan­dene so genannte Plattform­Ökonomie weitgehend verpasst. Pointiert kann man sagen, dass wir im „GAFA“­Zeitalter leben, das von Google, Apple, Facebook und Amazon und ihren Online­, Mobile­ und Social­Plattformen dominiert wird. Die Blockchain­Technologie, als nächste Evolutionsstufe des Internets, eröffnet eine neue Chance und erfordert ein Umdenken weg von den heu­tigen, stark zentralisierten Plattformen.

Erstmalig wurde das Konzept der Blockchain 2008 unter dem Pseudonym Satoshi Nakamoto beschrieben und veröffentlicht. Vielmehr als die bekannteste Anwendung, die Kryptowährung Bitcoin, wird mittlerweile die zugrundeliegende Technologie als eigentliche Innovation betrachtet, welche Experten zufolge das Potenzial hat, viele Bereiche der Gesellschaft zu verändern.

Grundsätzlich handelt es sich bei einer Blockchain um ein elektro­nisches Register für digitale Datensätze, Ereignisse oder Trans­aktionen. Das Besondere daran: Die Teilnehmer eines Netz werks verwalten und führen es selbst fort. Abgesichert wird so ein dezen­trales Netzwerk mit den Mitteln der Kryptografie. Diese techni­sche Architektur der Datenbankverwaltung folgt dem Grundsatz einer standardisierten und nachvollziehbaren Abwick lung und Verarbeitung. Auf diese Weise wird das Vertrauen zwischen Part­nern, in Marken oder Behörden in das System verlegt. Die dadurch ermöglichte dezentrale Infrastruktur, ohne Einfluss und Kosten von Intermediären wie Banken oder Notaren, erlaubt völlig neue

Was ist eigentlich Blockchain?

Christopher Nigischer ist Gründer der consider it GmbH sowie mehrerer Block­chain­Start­ups wie CHAINSTEP und SICOS. Außerdem ist Nigischer Grün dungs ­mitglied des Blockchain Bundes verbandes sowie Vorstandsmitglied der Arbeits grup pe Blockchain des Branchen verbandes BITKOM. Im vergangenen Jahr organisierte er das Innovationsforum Mittelstand „Blockchain“.

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Amazon oder Facebook – und autokratischer Strategien für den Erwerb von Schlüsseltechnologie im Bereich Künstlicher Intelligenz und Robotik brisanter.

Wettbewerbsfaktor: Von Technologie hin zur Reaktanzsenkung

Nicht selten sind Technologien Lösungen auf noch nicht bekannte Probleme, wie wir aus der Innovationsforschung wis-sen. Umgekehrt suchen bekannte wie brisante gesellschaftliche Probleme nach noch unbekannten Lösungen. Aber gerade weil in den nicht erprobten Lösungen hohe Unsicherheiten stecken, gibt es für diese neue Technologien und deren Infra strukturen wie Regulierungen soziale Dimensionen des Wider standes, also eine reaktionär anmutende, aber durchaus hochenergetische Reaktanz, die beachtet und sogar genutzt werden kann. Aber: Er verlangsamt zunächst. Das Beschleunigungs paradigma hinge-gen zeigt, dass die gesellschaftlichen Heraus forderungen an Dynamik gewinnen, den „cultural lag“ aber aufgrund der struk-turellen Trägheiten von Interaktionen, Institu tionen und Instrumenten eher zu verlängern drohen. Die internationale Wettbewerbsfähigkeit wird sich vermutlich nicht mehr länger in der Technologie-Entwicklung entscheiden, sondern in der Reduzierung des „cultural lag“. Und das ist nicht weniger als eine Frage nach der Leistungsfähigkeit demokratisch verfasster Staaten.

Soziale Innovationen: Viele Ströme ohne Mainstream

Die Forschung zu Sozialen Innovationen ist vielfältig und viel-deutig. In Deutschland seit 1989 von Wolfgang Zapf eingeführt, bleibt sie über 20 Jahre unpräzise. Viele Strömungen sind erkenn bar, aber kein Mainstream: von der Nachhaltigkeits for-schung, der Arbeitsorganisations- und Managementtheorie, der Sozialen Ökonomie und Zivilgesellschaftsforschung über die Forschung zu regionalen und lokalen Entwicklungspro zessen, den NGOs, Protestbewegungen, der Bürgergesellschaft bis hin zur Kreativitäts- und Dienstleistungsforschung. Ogburn startete mit 50 Beispielen Sozialer Innovation. Viele folgten, aber es

A u ß e n a n s i c h t · S o z i a l e I n n o v a t i o n e n

Das 20. Jahrhundert war ein Jahrhundert der hocherregenden und hochtechnologischen Innovationen. Das 21. Jahrhundert könnte und müsste nun eines der noch mächtigeren Sozialen Innovationen werden. Damals wie heute gilt die Regel: Probleme von heute sind Produkte von morgen. Doch die Renditen und die Relevanz von Sozialer Innovationen sind vielleicht noch aussichtsreicher.

Lösungen auf Probleme sind zumeist die nächsten Probleme. Die Erfindung einer Technologie ist immer auch gleichzeitig die Erfindung des Unfalls und der gesellschaftlichen Probleme der Technologie, wie auch der französische Geschwindigkeits- und Unfallforscher Paul Virilio pointiert. Damit haben wir es im Gegensatz zum 19. Jahrhundert nicht mehr nur mit schicksal-haften Naturkatastrophen zu tun, sondern vor allem mit selbst-gemachten Zivilisationskatastrophen. Technologie-Unfälle und deren gesellschaftlichen Folgen sind im 20. Jahrhundert zu einer eigenen Schwerindustrie geworden. Fragen Sie Betreiber von Kernkraftwerken, Kreuzfahrtschiffen oder Ölförder platt-formen!

Lösungen für nachlaufende Probleme des Neuen

Im 21. Jahrhundert steht nun ein weiterer paradigmatischer Wechsel an: die Fokussierung auf so genannte „Soziale Inno va-tionen“ zur Reduzierung des „cultural lag“ zwischen der wirt-schaftlichen, politischen, regulatorischen und eben technologi-schen Rasanz und den nachlaufenden Anpassungen von sozia-len und kulturellen Praxen. Darauf hat in den 1920er und 30er Jahren bereits der Soziologe William F. Ogburn hingewiesen. Diese Anpassungen können institutionelle, interaktionistische oder instrumentelle Innovationen sein wie z. B. neue Berufs-bilder, Dienstleistungen, Regulierungen, Partizipationsarenen oder Austauschmodi. Ogburn sprach hier noch unscharf von der Notwendigkeit des „Sozialingenieurs“. Ähnlich wie der Schumpetersche „Politische Unternehmer“ erlaubt dieser Begriff bereits eine Vorahnung, was sich mit Sozialen Innova-tionen jenseits und in Bezug auf Technologien derzeit abzeich-net. Und dies wird in einer digitalen Welt mit sich monopolisie-renden Plattform-Ökonomien privater Betreiber – wie Apple,

Soziale Innovationen als post­asoziale Praxen Eine Außenansicht von Stephan A. Jansen

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S o z i a l e I n n o v a t i o n e n · A u ß e n a n s i c h t

bleibt dennoch unkonkret bis beliebig. Letztlich sind Geld wie Leasing, Universitäten wie Duale Hochschulen, Autover mie-tungen wie Mitfahrzentralen für Omnibusse, politische Regu-lierungen wie ihre gesellschaftliche Re-Regulierung, (Sozial-)Versicherungen, Währungsunionen, Umweltbewe gun gen, Grup pen therapien, Selbsthilfegruppen oder Social Media (ob als Medium für Couch-Surfing, Bewertungsplattformen von Zahnärzten oder Partnerschaftsanbahnung) Beispiele, die zumin dest stofflich den Unterschied zu technologischen Inno-vationen zeigen. Und: Sie funktionieren als Idee nur im und für das Kollektiv.

Soziale Innovationen können hilfsweise definitorisch als resonante, kommunikativ und operativ infektiös wirkende Ideen für einen gesellschaftlichen Wandel verstanden werden. Aufgrund von technologischen, aber auch sozialen, ökologi-schen, politischen und anderweitigen Veränderungen der Gesellschaft wirken sie in der Regel als nachlaufende Lösungen bzw. Anpassungen sozialer und kultureller Praxen. Nachhaltige Änderungen erfolgen durch die Entwicklung neuer Formen der Interaktion, der Institutionalisierung und der Instrumente. Soziale Innovationen basieren dabei besonders auf den Prinzi-pien der Inklusion, der Hybridisierung und der Systemisierung.

Soziale Innovationen entstehen – analog den sonstigen Innovationen – erst dann, wenn eine Idee einen eigenen „gesell-schaftlichen Markt“ gefunden hat, d. h. Käufer, Anwender, Gesetze und Regulierungen und damit Imitatoren. Die schöpfe-rische Änderung sozialer und kultureller Praxen kann im Schumpeter’schen Sinne „zerstörend“ wirken – aber auch alter-nativ oder ergänzend. Wesentlich ist lediglich das Kriterium der angenommenen Neuheit. Es geht dabei aber nicht um eine inhärente normative positive wie negative Wertung („Welt-rettung“ vs. „Manipulation“), da sich Innovationen per se nur beobachterabhängig und ex post bewerten lassen.

Herausforderungen für die Gesellschaft: Chancen für Gesellschaften

Der Paradigmen-Wechsel weg von (technologischer) Lösungs-produktion hin zur (gesellschaftlichen) Problemorientierung wird in den letzten Jahren spürbar: Ob Energie-, Mobilitäts-, Wasser- oder Demographie-Wenden, ob Wandel der Urbanität, des Klimas, des Verschuldungskapitalismus oder des Terroris-mus: Der Übergang eines industriekapitalistischen Technologie-Managements zu einer gesellschaftstheoretischen Manage-mentaufgabe des Sozialen wird spürbar – für Kapitalgesell-schaf ten wie Politik. Mit simpler Technologie sind komplexe Gesell schaftsspiele nicht mehr zu spielen. Damit kommt es zu einer neuen Akzentuierung der Beziehung von Technologie und Sozialität.

Die gute Nachricht: Unsere gesellschaftlichen Herausfor-derungen und Krisen von heute sind die Geschäftsmodelle und Exportschlager von morgen. Die These: Soziale Innovationen sind produktive Parasiten der Probleme – und damit die Kassenschlager der nächsten Gesellschaft.

Die schlechte Nachricht: Das Krankheitsbild des asozialen unternehmerischen bzw. managerialen Autismus wird ausster-ben – entweder gesellschaftlich gesundet oder eben tatsächlich marktlich unverbesserlich aussortiert. Die These: Die nächste Management-Generation ist post-asozial. Und dies gilt auch für die Politik: Eine reine Technologie-Förderung wird es so nicht mehr geben.

„Dann machen wir auch über­morgen Geschäfte – durch das

sozio­technologische Lösen gesellschaftlicher Probleme.“

Prof. Dr. Stephan A. Jansen ist Leiter des Center for Philanthropy & Civil Society | PhiCS“ an der Karlshochschule in Karlsruhe. Er ist Gründungspartner der Sozietät für Digitale & Soziale Transformation „Das 18te Kamel & Komplizen“, Berlin, Ham burg, Wien. Zudem ist Jansen Geschäftsführer der radbasierten „Gesellschaft für Urbane Mobilität“, BICICLI Holding GmbH, einem deutschlandweiten Spezialisten für betriebliche und Dienst­Fahrrad­Flotten.

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Die drei Logiken Sozialer Innovation

Soziale Innovation kann mehreren Logiken folgen:

(1) Die Logik der Inklusion basiert auf dem soziologischen Befund einer funktionalen Ausdifferenzierung der modernen Gesell schaft – im Gegensatz zur historisch hierarchischen Diffe-renzierung. Beide Ausdifferenzierungen erklären den Wunsch nach Inklusion. Akteursbezogene Inklusionsstrategien machen Soziale Innovationen durch Interaktionen wahrscheinlicher – zwischen Staat und Bürgern, Migranten und Ein heimischen, Unternehmen und Mitarbeitern, Behinderten und Nicht-Behinderten, Hauptschülern und Universitäten, Senioren und Kleinkindern, Eliten und anderen Randgruppen. Inklusion ist die unheimliche Geheimwaffe – ob Social Media, Open Inno-vation, integrierte Betreuungskonzepte, Neo-Korporatis mus, Open Government oder Bürgerhaushalt. (2) Die Logik der Hybridisierung geht davon aus, dass Systeme zur Reproduktion ihre Grenzen brauchen. Die mühsam errun-gene Abgegrenztheit zwischen Staat, Markt, Familie und Zivilge-sellschaft kommt an ihre Grenzen: Es geht nun um kluge und abgegrenzte Hybridisierungen – transsektoral durch neue Insti-tu tionen und auch von sozialen mit wirtschaftlichen Wert-schöpfungsketten: Die Lösung eines sozialen Problems eröffnet einen wirtschaftlichen Markt. Ob NIKE sich um Gender-Forschung in muslimischen Ländern kümmert, um dann Women Sportswear zu verkaufen, oder ob digitale Bildungs-angebote in Entwicklungsländern den Verkauf von komplexe-rer Bewässerungssystemtechnik ermöglichen: Es kommt zu Kooperationen zwischen Unverwandten: Public Private Part-ner ships, Wohlfahrtsverbände mit Sozialunternehmen und Digital-Konzernen, Universitäten mit Headhuntern und und und. (3) Schließlich folgen Soziale Innovationen der Logik der Systemisierung: Innovationen finden an oder auf den Grenzen statt. So sagt man. Die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands wird sich nicht in der Technologie- oder Dienstleistungsinnovation abspielen, sondern in dem Management der Grenzen zu kom-

plexen integrativen Systemen von Technologie-, Dienstleis-tungs- und Sozialinnovationen: bewegliche Verkehrssysteme, dezentrale Energiesysteme mit intelligenten Netzen, multiin-fra strukturelle Stadtentwicklung, vor- und mitsorgende Gesund heitssysteme oder empathische Robotik in der Mensch-Maschinen-Schnittstelle.

Ein konkretes Beispiel: Wenn wir smogfreie Städte oder eine generationsgerechte Gesundheits- und Altersversorgung als „Produkte“ denken, dann werden aktuelle Forschungsfelder wie „Smart Cities“ oder „personalisiertes E-Health“ keine techno lo-gischen / Big-Data-bezogenen Erlösungen sein können, sondern Ergebnisse sozialer Beziehungsfähigkeit verschiedener Anspruchs- gruppen. Und dies erzwingt eine eigene Logik des Inno vations-managements und eine eigene Logik der Innova tions förderung.

Anforderungen für Unternehmens­ und Politikmanagement

Die EU hat mit dem Förderprogramm „Horizon 2020“ den Um stieg von reiner Technologieförderung auf gesellschaftliche Problembewältigung begonnen. Der frühere US-Präsident Obama hatte im Weißen Haus ein „Büro für Soziale Innova-tionen und Bürgerbeteiligung“ und einen „Fonds für Soziale Innovationen“ für Bildung und Erziehung, Gesundheit sowie wirtschaftliche Fragen eingerichtet. Die EU-Kommission zieht nun nach. Dennoch bleibt die Herausforderung insbesondere für Deutschland als Technologiestandort der physischen Maschinen und Verkehrsträger – mit allen Hoffnungen und Marketing-Aktivitäten des „Internets der Dinge“.

Die Anforderungen für Entscheider in post-asozialen Unter-nehmen und Politiken jenseits der Moralisierung sind eben doch anspruchsvoller: Beziehungsfähigkeit und Grenzsensi-tivität, transsektorale Mehrsprachigkeit von Systemsprachen des Marktes, der Politik, Regulierung und Zivilgesellschaft sowie ein Bewusstsein für Komplexität und Ambiguität. Dann machen wir auch übermorgen Geschäfte – durch das sozio-technologische Lösen gesellschaftlicher Probleme.

„Wenn wir smogfreie Städte (wie hier Shanghai, d. Red.) – als ‚Produkte‘ denken, dann werden aktuelle Forschungs­felder wie ‚Smart Cities‘ keine technologi schen/Big­Data­bezogenen Erlösungen sein können, sondern Ergebnisse sozialer Beziehungs fähigkeit ver schiedener Anspruchs gruppen.“

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597Konsortialpartner hat das Bundes­for schungsministerium in den zehn „Zwanzig20“­Konsortien bisher geför­dert. Davon stammen 78 Prozent aus den ostdeutschen Bundesländern, der Unternehmensanteil liegt bei 67 Prozent. Gemeinsam haben die Akteure bislang 1.119 Projekte bear­beitet – von Innenohrimplantaten über das Laserauftragsschweißen bis hin zur Wasserdesinfektion mit UV­LEDs.

Zahlen, bitte!

255… Biologen, Chemiker und Mediziner werden ab dem Sommer im neuen Proteinzentrum in Halle an der Saale for­schen. Auf rund 5.400 Quadratmetern und in 125 Laboren werden auch die drei Nachwuchsgruppen des interdisziplinären Zentrums für Innovationskompetenz (ZIK) „HALOmem“ ihren Platz finden. Das ZIK gilt als Treiber der Proteinbiochemie in der Region Halle.

96,3Prozent der „InnoProfile­Transfer“­Initiativen sind davon überzeugt, sie hätten großen oder sogar entscheidenden Einfluss auf das For schungs­ und Innovationsprofil ihrer Region. Dies ergab eine Befragung von 27 Inno Pro file­Transfer­Stiftungspro­ fessu ren und ­Nach wuchsgruppen, die der Pro jektträger PtJ im vergangenen Jahr durch­geführt hat.

10.200.000 … Menschen in Deutschland leben mit einer Behinderung (Stand 2013). Viele von ihnen sind auf individuelle Hilfsmittel angewiesen. Um solche Produkte in Zukunft schneller, einfacher und günstiger herstellen zu kön­nen, bringt das Innovationsforum Mittelstand „HelpCamps“ alle relevanten Gruppen zusam­men: Menschen mit Hilfsmittelbedarf tref­fen auf Orthopädietechniker, Wissenschaftler sowie auf Erfinder aus der „Maker“­Szene.

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„Die Proben sind im Wachstumskern ,MikroLas‘ entstanden. Bei der Hüft-Endoprothese haben wir einen Ansatz verfolgt, der im Maschinenbau schon seit Jahrzehnten praktiziert wird. Wir haben im Gleitlager der Prothese kleine Vertiefungen in die Oberfläche eingear­beitet, um die Reibung bei der Bewe­gung zu verringern. Das Implantat ver­schleißt damit langsamer und wird dadurch haltbarer. Statt nur 10–15 Jahre kann es dann einige Jahre länger im Körper bleiben.“

„An diesen Proben haben wir Schweißversuche im Rahmen eines aktuellen Forschungsprojekts durchgeführt. Hier geht es darum, eine standar­disierte Verbindung zwischen lasfaserverbund­werkstoffen und Stahl herzustellen, die u. a. im Schiffbau benötigt wird. Mit unserem Verfahren, das zum Patent angemeldet wurde, lassen sich dann, vereinfacht gesagt, zum Beispiel Kuns­tstoffbänke auf Stahlböden schweißen.“

Mein Schreibtisch + ich

Dr. Rigo PetersDr. Rigo Peters ist Geschäftsführer der Schweißtechnischen Lehr­ und Versuchs­anstalt (SLV) in Rostock, einem der europa­weit führenden Institute auf den Feldern Laserschweißen und Ultrakurzpulslaser. Der promovierte Physiker koordiniert den Wachstumskern „MikroLas“, der innovative Produkte und Verfahren auf Basis ultra­kurzer Laserpulse entwickelt.

„Auf den Fotos sind meine drei Söhne zu sehen: 15, 11 und 5 Jahre alt. Wir wohnen auf einem kleinen Bauernhof eine Stunde von Rostock entfernt, der seit 60 Jahren im Familienbesitz ist. Dort leben wir mit den Eltern meiner Frau im Prinzip unter einem Dach. Ohne den familiären Rückhalt könnte ich hier nicht so viel arbeiten. Auf dem Bauernhof haben wir Schafe, Hühner und Enten zu ver­sorgen. Am Wochenende bin ich häufig im Stall oder kümmere mich ums Holz für den nächsten Winter. Als Physiker kann ich mich dort wunderbar austoben, z. B. bei der energetischen Sanierung der alten Gebäude.“

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„Die Papiere sind mein täglicher Arbeitswahnsinn. Da liegen Anträge von neuen Forschungsvorhaben neben Zwischen­ und Abschlussberichten, Publikationen neben Planungs­dokumenten für Messeauftritte. Alles, was ich tue, hat mit Wissenschaftsmanagement zu tun. Es reicht heute einfach nicht mehr aus, stetig neue Produkte zu entwickeln. Immer wichtiger wird auch das Marketing.“

„Bei mir stehen fast immer Schoko-laden riegel und Cola auf dem Schreib­tisch, gerade wenn ich korrigiere oder an Anträgen schreibe. Derzeit bereite ich eine ,MikroLas‘­Veranstaltung und drei weitere Förderprojekte vor. An solchen Tagen sitze ich bis zu 14 Stunden am Schreibtisch. Das ist nervenaufreibend, und da sind Süßigkeiten und Koffein sehr, sehr hilfreich.“

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Unternehmen Region – die BMBF­Innovationsinitiative Neue Länder

Der Ansatz von Unternehmen Region beruht auf einer einfachen Erkenntnis: Innovationen entstehen dort, wo sich Part­ner aus Wirt schaft und Wissenschaft, Bildung, Verwaltung und Politik in Innova tionsbünd nissen zusammenschließen, um die Wertschöpfung und Wettbewerbsfähigkeit ihrer Regionen zu erhöhen. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) unterstützt regionale Kooperationsbündnisse dabei, ein eigenes zukunftsfähiges technologisches Profil zu entwickeln und konsequent die Stärken und Potenziale ihrer Region zu nutzen und auszubauen. Kernstück jeder regionalen Initiative ist eine klare Inno vations strategie, die von Anfang an auf die Umsetzung der neu entwickelten Produkte, Verfahren und Dienstleistungen im Wettbewerb ausgerichtet ist.Unternehmen Region umfasst die folgenden Programme:• InnoRegio (1999 bis 2006)• Innovative regionale Wachstumskerne mit Modul WK Potenzial• Innovationsforen (2001 bis 2016)*• Zentren für Innovationskompetenz• InnoProfile mit InnoProfile­Transfer• ForMaT (2007 bis 2013)• Zwanzig20 – Partnerschaft für Innovation

Für die Förderung von Unternehmen Region stellt das BMBF in diesem Jahr rund 163 Mio. Euro zur Verfügung. Aufgrund der Erfahrungen und Erfolge mit dem Programm „Innovationsforen“ hat das BMBF im Juli 2016 für ganz Deutschland die Förderinitiative „Innovationsforen Mittelstand“ aufgelegt. Auf Unternehmen Region basieren ebenso die Initiative „Innovation und Strukturwandel“ und das Pilot programm „WIR! – Wandel durch Innovation in der Region“.

Weiterführende Informationen

Weiterführende Informationen zur BMBF­Innovations initia tive Neue Länder im Internet unter www.unternehmen-region.de• Porträts und Profile

der regionalen Initiativen• Aktuelle Nachrichten

rund um „Unternehmen Region“• Publikationen zum

Downloaden und Bestellen

Ansprechpartner

Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) | Referat Regionale Innovationsinitiativen; Neue Länder11055 Berlin | Tel.: 030 1857­5273 | Fax: 030 1857­85273 | info@unternehmen­region.deProjektträger Jülich – PtJ | Zimmerstraße 26–27 | 10969 BerlinTel.: 030 20199­482 | Fax: 030 20199­400DLR Projektträger, Deutsches Zentrum für Luft­ und Raumfahrt e.V.Rosa­Luxemburg­Straße 2 | 10178 Berlin | Tel.: 030 67055­481 | Fax: 030 67055­499

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Diese Druckschrift wird im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit vom Bundesministerium für Bildung und Forschung unentgeltlich abgegeben. Sie ist nicht zum gewerblichen Vertrieb bestimmt. Sie darf weder von Parteien noch von Wahlwerberinnen/Wahlwerbern oder Wahlhelferinnen/Wahlhelfern während eines Wahlkampfes zum Zwecke der Wahlwerbung verwendet werden. Dies gilt für Bundestags­, Landtags­ und Kommunal­wahlen sowie für Wahlen zum Europäischen Parlament. Missbräuchlich sind insbesondere die Verteilung auf Wahlveranstaltungen und an Informations­ständen der Parteien sowie das Einlegen, Aufdrucken oder Aufkleben partei­politischer Informationen oder Werbemittel. Untersagt ist gleichfalls die Weitergabe an Dritte zum Zwecke der Wahlwerbung. Unabhängig davon, wann, auf welchem Weg und in welcher Anzahl diese Schrift der Empfän­gerin/dem Empfänger zugegangen ist, darf sie auch ohne zeitlichen Bezug zu einer bevorstehenden Wahl nicht in einer Weise verwendet werden, die als Parteinahme der Bundesregierung zugunsten einzelner politischer Gruppen verstanden werden könnte.

Impressum

HerausgeberBundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) Referat Regionale Innovations initiativen; Neue Länder 11055 Berlin

Bestellungenschriftlich anPublikationsversand der BundesregierungPostfach 48 10 0918132 RostockE­Mail: [email protected]: www.bmbf.deoder perTel.: 030 18 272 272 1Fax: 030 18 10 272 272 1

StandJuli 2018

DruckDruck­ und Verlagshaus Zarbock GmbH & Co. KG, 60386 Frankfurt am Main

GestaltungPRpetuum GmbH, Münchenredaktion@unternehmen­region.de

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Kevin Westphal / S. 39

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RESPONSE / S. 4

smart³ e.V. / Frank Grätz / S. 4

TextPRpetuum GmbH, München redaktion@unternehmen­region.de

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