unmittelbarer nachweis der muskeltätigkeit der milzkapsel

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i358 KLINISCHE WOCHENSCHRIFT. 4. JAHRGANG. Nr. 28 9. JULIz925 KURZE WISSENSCHAFTLICHE MITTEILUNGEN. DAS VERHALTEN DES BESTANDSTROMES DES MENSCHEN BEI ERMODENDER KORPERLICHER ARBEIT*). Von WALTER STRAUSS. Es gibt eine groBe Reihe yon Methoden, mit deren Hilfe man ein tieferes Verstandnis fiir jene physiologisctmn Vor- g~nge zu gewinnen sucht, die unter dem Begriff der Ermfl.'dung zusammengefagt werden. Diese Verfahren, die teils auf Ande- rungen der Empfindlichkeit gegen Sinnesreize, tells auf Be- stimmung des Stoffwechsels, teils auf Messung mechanischer Arbeit aufgebaut sind, gestatten zwar einen gewissen Ein- blick in den Ermfidungsvorgang des arbeitenden Organismus, sind ~ber mit Mangeln oder Schwierigkeiten behaftet, die ihre Verwertbarkeit bei der Feststellung eines bestimmten Ermiidungszustandes erheblich einengen. Daher versuchte ich auf andere Weise, der Erscheinung naher zu kommen Folgende Vorstellung war hierbei leitend: jede Arbeit, die zu einem deutlichen Ermfidungsgefiihl fiihrt, zieht offenbar das Zentralnervensystem in Mitleidenschaft. Eine Methode, deren Resultate nicht dutch einen Willensakt oder eine is Arbeitsleistung beeintrachtigt werden sollen, wie es vielfach yon der Versuchsperson verlangt wird, mfiBte also eine Funktion prfifen, in der eine Veranderung im nerv6sen Apparat zum Ausdruck gelangen kann, ohne yon der Versuchsperson eine aktive Anteilnahme an der Messung zu erfordern. Diese Bedingungen schienen uns in den elek- trischen Erseheinungen der Haut verwirklicht. Seit DU BOIS-REYMONDS Untersuchungen an der Frosch- haut kennt man das Phanomen des sog. Bestandstroms. d. h. emes wahrscheinlich durch die Tatigkeit der Hautdriisen erzeugten Potentialgef~illes. ENGELMANN, WALLER, GILDE- MEIST~R, ORB~LI U. a. zeigten, dab diese Str6me Anderungen erfahren, wenn man die zugeh6rigen Nerven z. B. durch Induktionsschlag reizt. Diese Tatsachen bilden nach den Un- tersuchtmgen GILDEMEISTERS die Grundlage des Tarchanoff- schen und des Veraguthschen (psycho-galvanischen) Pha- nomens. Ohne auf den Zusammenhang dieses autonomen Reflexes mit den folgenden Beobachtungen und die sich daraus ergebenden Deutungsm6glichkeiten einzugehen, sei hier nur kurz eine e~gentfimliche Erscheinung beschrieben, die ich im Laufe von Untersuchungen fiber den ]3estandstrom des menschlichen K6rpers land. Leitet man bei einem ruhenden Menschen unter gehSrigen VorsichtsmaBregeln mittels unpolarisierbarer Elektroden yon zwei Hautstellen zu einem empfindlichen, rasch reagierenden 20 18 .~r r ~o ~a 5 2-- O "1"I. - 'il L':< I f t Zeit Abb. r. ./10 j Galvanometer ab, so finder man eine, durch deutliehen Galvano- meterausschlag gekenn- zeichnete Potentialdiffe- renz zwischen den beiden Hautstellen. Die H6he dieser Potentialdiffe- renz 1/iBt sich leicht durch eine variable Ge- genspannung (Kompen- sationsstrom) bestim- men. Die Spannung ist verschieden je nach den Ableitungsstellen. Nach ausgedehnten Vorunter- suchungen, die bis zum Frtihjahr 1924 zurtickreichen und zum Teil in der Deutschen Hochschule ifir Leibesfibungen angestellt waren, benutze ich jetzt als anscheinend geeig- netste die Ableitung vom linken Arm und der Lippen- schleimhaut, t3ei dieser Anordnung, die bei etwa 15 Personen angewandt wurde, zeigten sich Spannungen yon 2o--3o Milli- *} Herra Dr. H. ROSENBERG, Assistenten des Physiologischen Instituts der Tier- ~rztlichen Hochschule, danke ich auch an dieser Stelle- ffir AlxteRung und kritische F6rderung der Arbeit. volt und zwar verliefen die Str6me im K6rper won Lippe zu Hand (bei mOglichst indifierentem auBeren SchluB des Kreises~. Leistete nun ein Mensch, dessen normales Potential auf obige Art gemessen war, eine anstrengende k6rperliche Arbeit, so sank die Potentialdifferenz in den genannten Fallen (d. h. der elektrische Gegensatz der Ableitungsstellen wurde ge- ringer), um allm~thlieh wieder dem alten Niveau naher zu kommen, es vollkommen zu erreichen oder etwas zu fiber- steigen (Abb. I). Aus dem bisherigen Material seheint hervor- zugehen, dab die Gr6Be des Abfalls der elektromotorischen Kraft bei derselben Versuchs- person vom MaB der geleiste- ten Arbeit abhAngt trod ebenso die Dauer des Anstiegs zum alten Wert der Erholungszeit entspricht. ]3esonders an- schaulich in dieser Hinsicht erscheinen Versuche, in denen vor Erreichung der Ansgangs- spannung eine neue Arbeits- leistung eingeschoben, die Er- holung also unterbrochen wur- de, wobei der Abfall sich weiter vertiefte (Abb. 2). 2O / : "~s f 0 r qax zs ~s Ze/# Abb. 2. ga* Die Versuche sind keineswegs abgeschlossen: ob das Phanomen mit RegelmXBigkeit bei allen Menschen auszul6sen ist und ob der Ruhewert des einzelnen Menschen in langeren ZeitrAumen eine ausreiehende Konstanz zeigt, sind die wich- tigsten Fragen, die einer weiteren BestAtigung an grogem Material bedfirfen. Gewisse Erfahrungen lassen es heute schon als sehr wahrscheinlich gelten, dab konditionelle und konstitutionelle Momente einen EinftuB -- speziell hinsiehtlich der Stromrichtnng -- ausiiben k6nnen Diese Fragen sowm eine tierexperimentelle Bearbeitung des Ph~nomens sind in An- grill genommen. Diese weiteren Untersuchungen werden Klarheit schaffen, ob die hier angedeutete n Feststellungen Aussicht bieten, eine wesentliche Lficke in der Methodik der Ermfidungs- priifung auszuffillen. Mit der Sicherheit einer objektiven physikalischen Messung wfirde das Verfahren auch den Vorteil rascher Durchfiihrbarkeit verbinden und beispielsweise im sportArztlichen Betriebe, in dem es gegenwartig yon mir erprobt wird (Kontrolle des Trainings, Erkennung eines l~ber- trainings), yon Bedeutung sein. Weitere Aussichten ergeben sich auf verwandten Gebieten (Arbeitsphysiologie, klinische Leistungsmessung). [Aus dem Hygienischen Institut der Universitiit (Dir.: Geheimrat Hahn) und dem Physiologisehen Institut der Tieri~rztliehen Hochachule (Dir.: Pro]essor Cremer), Berlin]. UNMITTELBARER NACHWEIS DER MUSKELTATIGKEIT DER MILZKAPSEL. Von S. LOEWE und W. FAURE. Der Gedanke, daft aktive Volumenschwankungen der Milz sie zu einer wichtigen Leistung, dem ,,Auspressen" in ihr gebildeter oder gespeicherter -- geformter und ungeformter -- Elemente instandsetzen, hat den zuvor yon Anatomen und Physiologen gelegentlich verzeichneten glattmuskeligen An- teilen jenes Organs zu gr6Berer ]3eachtung unter normal- und pathophysiologischem Gesichtswinkel verholfen. Jener Ge- danke ist wohl erstmalig yon W. FREY 1914 ausgesprochen nnd zugleictl auch mittelbar -- duretl Studium der Bedingungen der Lymphocytenausschwemmung -- gestfitzt worden und hat sich nach vielen Richtungen, zuletzt wohl in dem ebenfalls mittelbaren Nachweis der Milzcontractilitat dureh SCHKA- WERA und den Milzvolumenforschungen BARCROFTS ausge- wirkt.

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i 3 5 8 K L I N I S C H E W O C H E N S C H R I F T . 4. J A H R G A N G . Nr . 28 9. JULIz925

K U R Z E W I S S E N S C H A F T L I C H E M I T T E I L U N G E N .

DAS VERHALTEN DES BESTANDSTROMES DES MENSCHEN BEI ERMODENDER KORPERLICHER ARBEIT*).

Von WALTER S T R A U S S .

Es gibt eine groBe Reihe yon Methoden, mi t deren Hilfe man ein t ieferes Vers tandnis fiir jene physiologisctmn Vor- g~nge zu gewinnen sucht, die un te r dem Begriff der Ermfl.'dung zusammengefag t werden. Diese Verfahren, die teils auf Ande- rungen der Empf ind l i chke i t gegen Sinnesreize, tells auf Be- s t immung des Stoffwechsels, teils auf Messung mechanischer Arbe i t aufgebau t sind, ges ta t ten zwar einen gewissen Ein- blick in den Ermf idungsvorgang des a rbe i tenden Organismus, sind ~ber mi t Mangeln oder Schwierigkei ten b e h a f t e t , die ihre Verwer tba rke i t bei der Fes ts te l lung eines bes t immten Ermi idungszus tandes erhebl ich einengen.

Daher versuchte ich auf andere Weise, der Ersche inung naher zu kommen Folgende Vorste l lung war hierbei le i tend: jede Arbeit, die zu e inem deut l ichen Ermfidungsgefi ihl fiihrt, z ieht offenbar das Zen t ra lne rvensys tem in Mitleidenschaft . Eine Methode, deren Resu l ta te nicht dutch einen Wil lensakt oder eine is Arbei ts le is tung bee in t rach t ig t werden sollen, wie es vielfach yon der Versuchsperson ver langt wird, mfiBte also eine Funk t ion prfifen, in der eine Veranderung im nerv6sen Appara t zum Ausdruck gelangen kann, ohne yon der Versuchsperson eine ak t ive Ante i lnahme an der Messung zu erfordern. Diese Bedingungen schienen uns in den elek- t r ischen Ersehe inungen der H a u t verwirkl icht .

Seit DU BOIS-REYMONDS Unte rsuchungen an der Frosch- h a u t kenn t m a n das Phanomen des sog. Bestandstroms. d. h. emes wahrscheinl ich durch die Ta t igke i t der Hautdr i i sen erzeugten Potentialgef~illes. E N G E L M A N N , W A L L E R , GILDE- MEIST~R, ORB~LI U. a. zeigten, dab diese S t r6me Anderungen erfahren, wenn man die zugeh6rigen Nerven z. B. durch Indukt ionsschlag reizt. Diese Ta tsachen bilden nach den Un- tersuchtmgen GILDEMEISTERS die Grundlage des Tarchanoff- schen und des Veraguthschen (psycho-galvanischen) Pha- nomens. Ohne auf den Zusammenhang dieses au tonomen Reflexes mi t den folgenden Beobachtungen und die sich daraus ergebenden Deutungsm6gl ichke i ten einzugehen, sei hier nur kurz eine e~gentfimliche Erscheinung beschrieben, die ich im Laufe von Unte r suchungen fiber den ]3estandstrom des menschl ichen K6rpers land.

Le i t e t m a n bei e inem ruhenden Menschen unter gehSrigen VorsichtsmaBregeln mit te ls unpolar is ierbarer Elektroden yon zwei Hauts te l len zu einem empfindlichen, rasch reagierenden

20 18

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5

2- - O "1"I.

- 'il L':< I

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Zeit Abb. r.

./10 j

Galvanometer ab, so finder man eine, durch deutliehen Galvano- meterausschlag gekenn- zeichnete Potentialdiffe- renz zwischen den beiden Hautstellen. Die H6he dieser Potentialdiffe- renz 1/iBt sich leicht durch eine variable Ge- genspannung (Kompen- sationsstrom) bestim- men. Die Spannung ist verschieden je nach den Ableitungsstellen. Nach ausgedehnten Vorunter -

suchungen, die bis zum Fr t ih jahr 1924 zurtickreichen und zum Teil in der Deutschen Hochschule ifir Leibesfibungen angestel l t waren, benutze ich j e t z t als anscheinend geeig- nets te die Able i tung v o m linken Arm und der Lippen- schleimhaut , t3ei dieser Anordnung, die bei e twa 15 Personen angewandt wurde, zeigten sich Spannungen yon 2o- -3o Milli-

*} Herra Dr. H. ROSENBERG, Assistenten des Physiologischen Insti tuts der Tier- ~rztlichen Hochschule, danke ich auch an dieser Stelle- ffir AlxteRung und kritische F6rderung der Arbeit.

vol t und zwar verl iefen die S t r6me im K6rper won Lippe zu H a n d (bei mOglichst ind i f ie ren tem auBeren SchluB des Kreises~. Leis te te nun ein Mensch, dessen normales Poten t ia l auf obige Ar t gemessen war, eine ans t rengende k6rperl iche Arbeit , so sank die Potent ia ldi f ferenz in den genannten Fal len (d. h. der elektrische Gegensatz der Ablei tungsste l len wurde ge- ringer), um allm~thlieh wieder dem al ten Niveau naher zu kommen, es vo l lkommen zu erreichen oder etwas zu fiber- steigen (Abb. I). Aus dem bisherigen Mater ial seheint hervor- zugehen, dab die Gr6Be des Abfalls der e lekt romotor ischen Kraf t bei derselben Versuchs- person v o m MaB der geleiste- ten Arbei t abhAngt trod ebenso die Dauer des Anst iegs zum alten Wer t der Erholungszei t entspricht . ]3esonders an- schaulich in dieser Hins ich t erscheinen Versuche, in denen vor Er re ichung der Ansgangs- spannung eine neue Arbeits- leis tung eingeschoben, die Er- holung also unterbrochen wur- de, wobei der Abfal l sich weiter ver t ie f te (Abb. 2).

2O

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0 r q a x z s ~s

Ze/# Abb. 2.

ga*

Die Versuche sind keineswegs abgeschlossen: ob das Phanomen mi t RegelmXBigkeit bei al len Menschen auszul6sen ist und ob der Ruhewer t des einzelnen Menschen in langeren ZeitrAumen eine ausreiehende Kons tanz zeigt, s ind die wich- t igsten Fragen, die einer wei teren BestAtigung an grogem Mater ia l bedfirfen. Gewisse Er fahrungen lassen es heute schon als sehr wahrscheinl ich gelten, dab kondit ionel le und konst i tu t ionel le Momente einen EinftuB -- speziell hinsiehtl ich der S t romr ich tnng -- ausiiben k6nnen Diese Fragen sowm eine t ie rexper imente l le Bearbei tung des Ph~nomens sind in An- gri l l genommen.

Diese wei teren Untersuchungen werden Klarhe i t schaffen, ob die hier angedeute te n Fes ts te l lungen Aussicht bieten, eine wesentl iche Lficke in der Methodik der Ermfidungs- pr i i fung auszuffillen. Mit der Sicherheit einer objekt iven physikal ischen Messung wfirde das Verfahren auch den Vortei l rascher Durchf i ihrbarke i t verb inden und beispielsweise im sportArztlichen Betriebe, in dem es gegenwart ig yon mir e rp rob t wird (Kontrol le des Trainings, E rkennung eines l~ber- trainings), yon Bedeu tung sein. Wei te re Aussichten ergeben sich auf ve rwand ten Gebieten (Arbeitsphysiologie, klinische Leistungsmessung). [Aus dem Hygienischen In s t i t u t der Universiti i t (Dir.: Geheimrat Hahn) und dem Physiologisehen I n s t i t u t der Tieri~rztliehen Hochachule (Dir.: Pro]essor Cremer), Berlin].

UNMITTELBARER NACHWEIS DER MUSKELTATIGKEIT DER MILZKAPSEL.

Von

S. LOEWE und W. FAURE.

Der Gedanke, daft ak t ive Volumenschwankungen der Milz sie zu einer wicht igen Leistung, dem , ,Auspressen" in ihr gebi ldeter oder gespeicherter -- geformter und ungeformter -- E lemente instandsetzen, ha t den zuvor yon A n a t o m e n und Physiologen gelegentl ich verze ichne ten g la t tmuskel igen An- tei len jenes Organs zu gr6Berer ]3eachtung unter normal- und pathophysiologischem Gesichtswinkel verholfen. J ene r Ge- danke ist wohl ers tmal ig yon W. FREY 1914 ausgesprochen nnd zugleictl auch mi t t e lba r -- duretl S tud ium der Bedingungen der L y m p h o c y t e n a u s s c h w e m m u n g - - gestfi tzt worden und ha t sich nach vielen Richtungen, zule tz t wohl in dem ebenfalls mi t te lbaren Nachweis der Milzcont rac t i l i ta t dureh SCHKA- WERA und den Milzvolumenforschungen BARCROFTS ausge- wirkt.

9. J U L I ~925

Abb. x ,

K L I N I S C H E W O C H E N S C H R I F T . 4 - J A H R G A N G . Nr. 28 1359

Eine unmittelbare Verzeich- nung der Milzkontraktionen scheint bisher noch nicht ver- sucht worden zu sein. Schneidet man aus der Milz eines ,frisch get6teten Tieres einen Streifen und suspendiert ihn in der ffir glattmuskelige Organe gebr~uch- lichen Anordnung in k6rper- warmer, O~-durchperlter Salz- 15sung, so 1Ai3t sich seine Muskel- t~tigkeit unschwer fetsstellen. Wir haben solche Versuche mit Milzstreifen der verschiedensten Art (beiderseits bekapselte oder nur ein einseitiges Kapsel- band umfassende L~ngs- oder Querstreifen yon Katze oder Kaninchen) ausgefiihrt und unter

dem EinfluB geeigneter Pharmaca TonusAnderungen graphisch aufzeichnen k6nnen. D i e Abb. I gibt eine Kurvenschar

wieder, welche Kontraktionen eines einseitigen Milzkapsel- L~ngsstreifens yon der Katze unter der Einwirkung ver- schiedener Adrenalin- und Bariumchloridkonzentrationen zeigt.

Spontankontraktionen kommen bei dieser Versuchs- anordnung am ausgesehnittenen Streifen nicht zur Beobach- tung. Die pharmakologische Reaktion gleicht weitgehend der- jenigen der GefaBmnskulatur, Parasympathicuspharmaca wurden bisher nicht recht wirksam gefunden *). Die Intensit~t der Reaktion l~tgt sich aus anatomisch verst~ndlichen Griinden mit derjenigen muskelreieher Organe nicht vergleichen, die h6chsten bisher beobachteten L~ngen~nderungen bleiben unter 50% der mittleren L~nge des eingeh~ngten

S t r e i f e n s .

Bei der Verwendbarkeit der Methode fiir manche klinische Fragestellung soll sie durch diese vorl~ufige Mitteilung zu~ g~nglich gemacht werden; die Einzelergebnisse der noch im Gang befindlichen Versuche werden ausftihrlich an anderer Stelle mitgeteilt werden. (Institutum Pharmacologicum Uni- versitatis Dorpatensis. )

PRAKTISCHE ERGEBNISSE. D I E T H E R A P I E D E R LUES CEREBROSPINALIS.

V o n

Prof. R. HENNEBERG, Berlin.

Eine Darstellung der modernen Therapie der Lues cerebro- spinalis st6Bt auf gewisse Schwierigkeiten. Es ist zunAchst schwer abzugrenzen, was in das Gebiet dieser speziellen, was in das Gebiet der allgemeinen Syphilistherapie geh6rt. Des weiteren haben sich die Grenzen der Hirn- und Rtickenmark- tues der Metalues gegeniiber verwischt. Lues und Metalues beruhen in gleicher Weise auf Invasion yon SpirochXten. Wenigstens in einem Tell der ParalvsefAlle linden wir neben dem typischen paralytischen Befunde VerXnderungen, die sich yon denen der Lues cerebri nicht unterscheiden (syphi- litische VerAnderungen an den kleinen GefAgen, kleine Gum- menL Bei der genulnen Tabes spielen syphilitische VerAnde- rungen an den Wurzelnerven zum mindesten eine sehr wesent- liche Rolle (NAGEOTTE, RICHTER) Wir k6nnen lediglich ver- muten, dab bei der Metalues auger dem Vorhandensein der SpirochAten noch ein weiterer Faktor -- HAUPTMANN ist ktirzlich auf Grund yon Tierexperimenten wieder fiir eme Toxinwirkung eingetreten -- bald mehr, bald wemger wirk- sam ist. Fest steht, dab bei der Paralyse eine Aussaat der t~2rankheitserreger in das ektodermale nervSse Gewebe statt- findet, w~hrend die Spirochete sonst, auch bei der Lues cere- brospinalis ein an den mesodermalen GefAg-, Lymph- und Bindegewebsapparat gebundener Parasit ist. Im engeren Sinne ist nur die Paralyse und vielleicht die Taboparalyse ,, Metalues", Es ist zu vermuten, dab bei der typischen Tabo- paralyse -- eine genuine Tabes, zu der spXter eine Paralvse hinzutritt , ist keine Taboparalyse toxisch bedingte intra- medullAre Nervenfaserdegenerationen eine Rolle spielen. IViehr in die Augen springend sind die klinischen Differenzen zwischen Lues und Metalues. Es sel nur hingewiesen auf die sehr bemerkenswerte Tatsache, dab die Lues cerebrospinalis keine Disposition fiir metaluische Erkrankungen schafft. DaB Lues cerebrospinalis im allgemeinen therapeutisch m i t den antiluischen Mit te ln leicht angreifbar ist, wAhrend sich die Metalues ihnen gegeniiber im ganzen refrakt~r verhiilt, war stets so evidend, dab der Begriff der Metalues sich in erster Linie auf diese Tatsache griindete. Alle diese Differenzen bedingen zur Zeit noch kein so weitgehendes Auseinanderfallen

~) In diesem Punkt scheint unser Milzpr~parat eine gewi~se Ahnlichkeit mit dem Lig. rotundum uteri zu besitzen, dessen Muskelreaktion von JUNKMANN und STROSS in einer w~.hrend der Korrektur erschienenen Mitteilung aus WIECHOWSKIs Institut (diese Wochenschr, Jg. 4, S. i i I9~ beschrieben wird; irL anderen Richtungen scheinen sich t~eide Pr~parate nach unseren inzwischen erweitertei1 Erfahrungell zu unterseheiden. ~o dab das hiermit er6ffrtete Studium der Muskelt~tigkeit soleher kapsui~rert bzw. ligame~taren Bindegewebskomplexe ma~lehe belangreiehen Aulsehliisse verspricht.

der Therapie der Lues und Metalues, daB~eine gesonderte Besprechung zweckentsprechend erscheinen k6nnte. Wir sind zu dem in der Praxis nicht so selten gar nicht in der Lage, mit Sicherheit die Differentialdiagnose zwischen Lues und Metalues zu stellen. Hingewiesen sei bier lediglich auf die grol3en Schwierigkeiten, die die Unterscheidung zwischen Paralyse, Psychose bei Hirnlues und Tabespsychose bereiten kann. Schliel31ich sind die Erfahrungen fiber die neuen Mittel und Behandlungsmethoden noch keineswegs so umfassende und gesicherte und die theoretischen Grundlagen der anti- luischen Therapie tiberhaupt noch keineswegs so weft geklArte, dab nicht allerlei Meinungsverschiedenheiten und Zweifel be- sttinden, kann man doch nicht einmal mit roller Sicherheit behaupten, dab bei Lues c die neuen Mittel nnd Anwendungs- formen generell wirksamer wXren als die alten. Ein unzweifel- halter Fortschri t t der Therapie ist aber darin zu erblicken, dab wir in einem Falle, in dem eine angewandte Behandlungs- methode versagt, zahlreiche weitere zur Verfiigung haben, die evtl. yon Erfolg sein k6nnen.

Die hier gegebene, lediglich aus ~uBeren Griinden**) die Metalues nicht beriicksichtigende Darstellung der Therapie der Lues c. soll lediglich zur Orientierung des in der allge- meinen Praxis stehenden Arztes dienen. Von Literaturan- gaben konnte daher abgesehen werden. Hingewiesen sei auf die zusammenfassenden VerSffentlichungen yon NOIqNE (Syphilis und Nervensystem, Berlin i924), OPPEI~HEIM- NONNE (im Lehrbuch der Nervenkrankheiten, Berlin i923) , FORS~ER (KRAus-BRuGSCH, Spezielle Pathologie und Therapie) und CITI~OI~ (ebenda).

Die Mittel, die uns zur spezifischen Behandlung der Lues c. zur Verfiigung stehen, sind die der Luestherapie i iberhaupt: Quecksilber, Jod, Arsen und Wismut. Wenn diese Mittel auch in der Regel in Kombinationen gegeben werden, emp- fiehlt es sich doch zun~chst ihre Indikation und Art der An- wendung gesondert zu besprechen.

Die Hg-Behandlung in Form der Schmierkur ist jahr- hundertelang die haupts~chliche Waffe der ti_rzte gegen die Syphilis fiberhaupt und auch gegen Lues c. gewesen. Sie hat auch heute keineswegs ihre Berechtigung verloren, sie wtirde auch jetzt noch wesentlich hXufiger in Anwendung kommen, wenn sle nicht vielfach bei den J~rzten und beim Publikum als unmodern gAlte, schwer in diskreter Weise durchftihrbar w~re, und wenn sle dem Therapeuten mehr Gelegenheit zur Be- tAtigung bSte. Die Wirkung der Schmierkur -- die Technik kann hier uner6rtert bleiben -- ist bei Lues cerebrospinalis in den meisten FXllen eine gute. Ein Erfolg muff naturgem~13 wie

**) Vergt, HENNEBERG, Die Therapie der Tabes. Klia, Wochensehr. 1922 , Nr. 28.