universit at rostock institut fur mathematik vorkurs
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Universitat Rostock
Institut fur Mathematik
VORKURS MATHEMATIK: TEIL ANALYSIS
Friedrich Liese
15. September 2014
1
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
1 Das Rechnen im Bereich der reellen Zahlen 3
1.1 Reelle Zahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3
1.2 Rechenregeln: Vertauschungs-und Klammerregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3
1.3 Bruchrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
1.4 Rechnen mit Ungleichungen und Betragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
2 Potenzen, Wurzeln und Logarithmen 11
2.1 Potenzen mit ganzzahligen Exponenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
2.2 Binomialkoeffizient, binomischer Lehrsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13
2.2.1 Binomial-Koeffizienten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13
2.2.2 Binomischer Lehrsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
2.3 Potenzen mit rationalen und irrationalen Exponenten . . . . . . . . . . . . . . . . . 16
2.4 Logarithmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
3 Reelle Funktionen 19
3.1 Definition und Darstellung von reellen Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
3.2 Qualitative Eigenschaften reeller Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23
3.2.1 Beschranktheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23
3.2.2 Monotonie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24
3.2.3 Gerade und ungerade Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25
3.2.4 Periodische Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
3.2.5 Stetigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
3.2.6 Mittelbare Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28
3.2.7 Vererbung qualitativer Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29
3.2.8 Umkehrfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30
4 Elementare Funktionen 31
4.1 Polynome und rationale Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31
4.2 Gebrochen-rationale Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32
4.3 Potenzfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32
4.4 Exponential-und Logarithmusfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33
4.5 Trigonometrische Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35
4.6 Arkusfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36
4.7 Weitere elementare Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36
4.8 Gleichungen und Ungleichungen fur elementare Funktionen . . . . . . . . . . . . . . 37
4.8.1 Lineare Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37
4.8.2 Quadratische Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37
4.8.3 Weitere Gleichungen fur elementare Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . 39
4.9 Numerische Losungen von Gleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41
5 Differentialrechnung 42
5.1 Der Begriff der Ableitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42
5.2 Monotonie und Ableitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45
5.3 Extremstellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46
5.4 Konvexitat, Konkavitat, Wendepunkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47
5.5 Kurvendiskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49
2
Inhaltsverzeichnis
6 Integralrechnung 50
6.1 Bestimmtes Integral . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50
6.2 Hauptsatz der Differential-und Integralrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51
6.3 Berechnung unbestimmter und bestimmter Integrale . . . . . . . . . . . . . . . . . 53
6.4 Flachenberechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55
3
1.1 Reelle Zahlen
1 Das Rechnen im Bereich der reellen Zahlen
1.1 Reelle Zahlen
Bereits aus der Schule sind verschiedene Typen von Zahlen bekannt, die alle zu der umfassenden
Menge der reellen Zahlen gehoren. Wir starten mit der Menge der naturlichen Zahlen 1, 2, ... . Diese
Zahlen bezeichnen in der Regel Anzahlen. Das kann die Anzahl von Personen in einem bestimmten
Raum, die Anzahl der Universitaten in Deutschland oder Ahnliches sein. Die Zahl 0 bezeichnet dann
z.B. die Situation, dass sich keine Person in dem betreffenden Raum befindet. Die Menge {0, 1, 2, ...}ist die Menge der naturlichen Zahlen, die wir stets mit N bezeichnen. Nimmt man die negativen Zahlen
−1,−2, ... hinzu, so erhalt man alle ganzen Zahlen
G = {...,−3,−2− 1, 0, 1, 2, 3, ...}.
Wir haben hierbei die geschweiften Klammern {....} als Symbol fur eine Menge verwendet. Es handelt
sich also hier und im Weiteren um die Menge der Elemente, die in der geschweiften Klammer aufgefuhrt
sind. Die nachste großere Klasse sind die so genannten rationalen Zahlen, die man als Quotient von
ganzen Zahlen erhalt, wo der Nenner naturlich nicht Null sein darf. Will man z.B. 2 Pizzen gerecht
zwischen drei Personen aufteilen, so erhalt jede Person 23
einer Pizza. Wir konnen rationale Zahlen
auch als Dezimalbruch schreiben. Es gilt z.B.
1
4= 0, 25;
2
3= 0, 6666.... ,
117
−481= −0, 243243243...
Wir sehen also, dass rationale Zahlen stets darstellbar sind als abbrechende Dezimalzahlen oder als
unendliche aber periodische Dezimalzahlen, wobei prinzipiell jede naturliche Zahl als Periode auftreten
kann. Daruber hinaus gibt es auch reelle Zahlen, die nicht so darstellbar sind, also keine rationa-
len Zahlen sind. So ist z.B.√
2 keine rationale Zahl. Weitere Beispiele sind die Kreiszahl π, deren
Anfangsziffern gegeben sind durch 3, 1415927 und die Eulersche Zahl e, deren erste Ziffern lauten
2, 7182818. Solche nicht abbrechenden oder nicht periodischen Dezimalzahlen nennt man irrationale
Zahlen. Die rationalen und die irrationalen Zahlen bilden zusammen die Menge R der reellen Zahlen.
Eine anschauliche Vorstellung von den reellen Zahlen gewinnt man mittels der Zahlengeraden. Das ist
eine horizontale Strecke, auf der der Nullpunkt fixiert ist und von dort eine Einheitsstrecke abgetragen
ist, womit die Zahl 1 festgelegt ist. Alle anderen Zahlen sind dann auf dieser Geraden fixiert. Ganze
Zahlen haben einen Abstand vom Nullpunkt, der ein ganzzahliges Vielfaches der Lange der Einheits-
strecke ist. Unterteilt man die Einheitsstrecke in q Strecken gleicher Lange, so hat jede dieser Strecken
die Lange 1q
. Fugt man p dieser kleinen Strecken zusammen, so hat die neue Strecke die Lange pq.
Rationale Zahlen entstehen also durch Zerlegen von großen Strecken in kleine gleichlange Strecken
und durch Zusammenfugen dieser kleinen Strecken. Wir fassen unsere Betrachtungen zusammen.
Reelle Zahlen sind Punkte auf der Zahlengeraden. Sie konnen ganzzahlig, rational oder irrational sein.
Alle reellen Zahlen konnen als Dezimalzahlen geschrieben werden, die entweder endlich viele oder
unendlich viele Ziffern hat. Eine Zahl ist genau dann rational, wenn sie als Dezimalzahl mit endlich
vielen Ziffern oder als periodische Dezimahlzahl geschrieben werden kann. Irrationale Zahlen haben
unendlich viele Stellen, die nicht periodisch auftreten. Wichtige Beispiele sind Wurzeln, die Kreiszahl
π und die Eulersche Zahl e.
1.2 Rechenregeln: Vertauschungs-und Klammerregeln
Im Bereich R der reellen Zahlen sind die vier Grundrechenarten erklart. Das sind die Addition, die Sub-
traktion, die Multiplikation und die Division mit Ausnahme der Null. Beim Ausfuhren dieser Rechen-
operationen treten bestimmte Gesetzmaßigkeiten auf, die zu beachten sind. Es gilt z.B. 3 + 4 = 4 + 3
4
1.2 Rechenregeln: Vertauschungs-und Klammerregeln
oder 3 · 4 = 4 · 3. Die linke Seite der ersten Gleichung besagt, dass man ausgehend von der Zahl
3 auf der Zahlengeraden vier Einheitsschritten nach rechts geht. Die rechte Seite besagt, dass man
beginnend mit 4 drei Schritte nach rechts geht. Man gelangt immer zur Zahl 7. Um solche und ahn-
liche Aussagen allgemein, knapper und in ubersichtlicher Form formulieren zu konnen, arbeitet man
mit allgemeinen Zahlen (Buchstaben), die dann alle moglichen Werte annehmen konnen. Nur durch
das Rechnen mit allgemeinen Zahlen gelangt man in der Mathematik zu allgemein gultigen Aussagen.
Wir erinnern zunachst an die so genannten Kommutativgesetze oder Vertauschungsgesetze. Es gilt
3 + 7 = 7 + 3 = 10 und 3 · 7 = 7 · 3 = 21. Allgemein formuliert fuhren diese Aussagen zu den
Kommutativgesetzen der Addition und der Multiplikation
a + b = b + a, a, b ∈ Ra · b = b · a, a, b ∈ R.
Hierbei bedeutet a, b ∈ R, dass die entsprechende Aussage fur alle reellen Zahlen a, b gelten soll.
Die oben formulierten Kommutativgesetze gelten nicht nur fur zwei Summanden oder Faktoren, son-
dern auch fur eine großere Anzahl von Summanden und Faktoren.
Beispiele: 1.
x + y + a + 5 = 5 + x + y + a = a + y + 5 + x ,
weitere Gleichheiten konnte man hinzufugen.
2. Kommutativgesetze werden verwendet, um gleichnamige Glieder zusammenzufassen. Es gilt
2 + x + a + 5 + 3x + 4a = 7 + 4x + 5a
und
6abx · 7 = 6 · 7 · abx = 42abx.
Der Malpunkt · kann geschrieben oder weggelassen werden. Wenn man konkrete Zahlen am Ende hat
wird er in der Regel geschrieben: 6ac · 7 bzw. man setzt eine Klammer (6ac)7. Auch bei gleichen
Faktoren schreibt man den Malpunkt: a · x · x · a = a2 · x2.Weitere Gesetze sind die Assoziativgesetze der Addition und der Multiplikation
(a + b) + c = a + (b + c), a, b, c ∈ R(ab)c = a(bc), a, b, c ∈ R.
Das Assoziativgesetz der Addition besagt inhaltlich, dass es bei der Addition von drei reellen Zahlen
gleichgultig ist, ob man zuerst die beide ersten Zahlen addiert und danach die dritte Zahl addiert oder
zuerst die beiden letzten Zahlen addiert und danach die erste Zahl. Man kann also Klammern beliebig
setzen und schreibt deshalb auch kurzer durch Weglassen der Klammern
(a + b) + c = a + (b + c) = a + b + c, a, b, c ∈ R.
Eine analoge Interpretation gilt fur die Multiplikation und wir erhalten durch Weglassen der Klammern
(ab)c = a(bc) = abc, a, b, c ∈ R.
Die Operationen Addition und Multiplikation werden durch das Distributivgesetz miteinander ver-
knupft. Es lautet
a(b + c) = ab + ac, a, b, c ∈ R.
Das Distributivgesetz besagt, dass man einen Faktor vor einer Klammer auf beide Summanden an-
wenden muss. Das gilt entsprechend, wenn in der Klammer mehr als ein Summand steht.
Beispiele: 1.
a(b + c + d + e) = ab + ac + ad + ae, a, b, c, d, e ∈ R.
5
1.2 Rechenregeln: Vertauschungs-und Klammerregeln
2.
(x1 + x2 + ...+ xn)y = x1y + x2y + ...+ xny
3.
b(7a + 5b + c) = 7ab + 5b2 + bc
Das Distributivgesetz ist auch Grundlage fur das Multiplizieren von Klammern:
(a + b)(c + d) = a(c + d) + b(c + d)
= ac + ad + bc + bd.
Beim Ausmultiplizieren zweier in Klammern stehender Summen muss man jedes Glied der einen Klam-
mer mit jedem Glied der anderen Klammer multiplizieren und die entstehenden Produkte addieren.
Beispiele: 1.
(x + 2y)(4a + 3b) = 4ax + 3bx + 8ay + 6by
2.
(6a + 2b + 4c)(4a + 4b + 5c) = 24a2 + 24ab + 30ac + 8ab + 8b2 + 10bc
+16ac + 16bc + 20c2
= 24a2 + 32ab + 46ac + 8b2 + 26bc + 20c2.
Das Distributivgesetz kann auch verwendet werden, um gemeinsame Faktoren auszuklammern und so
Terme zu vereinfachen. Wenn ein Faktor in jedem Glied einer Summe auftritt, dann kann man diesen
Faktor ausklammern.
Beispiele: 1.
abc + ad + 4a = a(bc + d + 4)
2.
2xy + 4x2y 2 + 8xyz = 2xy(1 + 2xy + 4z).
Wir wenden uns jetzt den Vorzeichenregeln zu. Ist a eine reelle Zahl, also ein Punkt auf der Zahlen-
geraden, so erhalt man durch Spiegelung am Nullpunkt die entgegengesetzte Zahl −a. Ist a positiv
dann liegt a rechts vom Nullpunkt. Die Zahl −a ist dann negativ und liegt links der Null. Ist a negativ,
so ist −a positiv. Es gelten folgende Vorzeichenregeln
a − b = a + (−b)
−(−a) = a
(−a)b = a(−b) = −(ab) = −ab(−a)(−b) = ab.
Die erste Vorzeichenregel besagt, dass man die Differenz durch Addieren der entgegengesetzten Zahl
erhalt. Die zweite und die vierte Regel entsprechen den Merksatzen ’Minus mal Minus ist Plus’. Der
Merksatz fur die dritte Regel ist ’Minus mal Plus ist Minus’. Diese Regel ist sinngemaß auch in
Kombination mit dem Distributivgesetz anzuwenden.
Beispiele: 1.
(−3)(a + b − c) = −3a − 3b + 3c
2.
6a(−3a + 5b − c) = −18a2 + 30ab − 6ac
3.
(x − y)(x + 2y)(a − b) = (x2 + 2xy − xy − 2y 2)(a − b)
= (x2 + xy − 2y 2)(a − b)
= ax2 − bx2 + axy − bxy − 2ay 2 + 2by 2
6
1.3 Bruchrechnung
Durch Ausmultiplizieren des Produktes von zwei Klammern erhalt man
(a + b)2 = (a + b)(a + b) = a2 + ab + ba + b2
= a2 + 2ab + b2
(a − b)2 = (a − b)(a − b) = a2 − ab − ba + b2
= a2 − 2ab + b2
(a + b)(a − b) = a2 − ab + ba − b2 = a2 − b2.
Zusammenfassend erhalten wir die drei binomischen Formeln.
(a + b)2 = a2 + 2ab + b2 1. binomische Formel
(a − b)2 = a2 − 2ab + b2 2. binomische Formel
(a + b)(a − b) = a2 − b2 3. binomische Formel
1.3 Bruchrechnung
Zur Zeit des Rechenmeisters Adam Ries, im 16. Jahrhundert, galt die Bruchrechnung als besonders
schwierig. Auch heute haben einige Menschen damit Probleme. Besonders einfach sind die Multipli-
kation und die Division von Bruchen:a
b·c
d=ac
bd(1)
Fur die Division giltabcd
=a
b·d
c=ad
bc(2)
Man multipliziert Bruche, indem man Zahler und Nenner jeweils multipliziert.Man dividiert einen Bruch
durch einen zweiten Bruch, indem man den ersten Bruch mit dem Kehrwert des zweiten Bruchs
multipliziert.
Beispiele: 1.xy
a·x
ab=x2y
a2b2.
2(a − b)
c:a + b
c − d =2(a − b)(c − d)
c(a + b)
An diesem Beispiel sieht man, dass die Bruchstriche gleichzeitig die Funktion einer Klammer haben.
Werden sie in ihrer Eigenstandigkeit im ersten Schritt aufgehoben, so muss man Klammern setzen.
Setzt man in (1) b = 1 und in (2) d = 1 bzw. b = 1 so gilt
a ·c
d=ac
da
b: c =
abc1
=a
bc
a :b
c=
a1bc
=ac
b
Man multipliziert einen Bruch mit einer Zahl, indem man den Zahler mit dieser Zahl multipliziert und
den Nenner unverandert laßt. Man dividiert einen Bruch durch eine Zahl, indem man den Nenner mit
dieser Zahl multipliziert und den Zahler unverandert laßt. Man dividiert eine Zahl durch einen Bruch,
indem man diese Zahl mit dem Kehrwert des Bruchs multipliziert.
7
1.3 Bruchrechnung
Beispiele: 1.
7 ·5
3=
35
32.
xx2 − 1
y=x3 − xy
3.
x − yx + y
+x2 − y 2
y=
x − yx + y
+ (x − y)x + y
y
= (x − y)(1
x + y+x + y
y)
4.xyz
x2=xy
x2z=
y
xz
7a + 7ba+ba−b
= 7(a + b)α− ba + b
= 7(a − b)
Setzt man in der Regel (1) d = c, so ergeben sich die Regeln fur das Kurzen und das Erweitern.
ac
bc=a
b.
Hat ein Bruch im Zahler und Nenner einen gemeinsame Faktor, so kann dieser Faktor gekurzt, d.h.
weggelassen werden. In einem Bruch kann man den Zahler und den Nenner mit derselben Zahl multi-
plizieren, ohne den Wert zu andern.
Beispiel: 1.2− x4− x2 =
2− x(2− x)(2 + x)
=1
2 + x
2.a2 + 5ab
a2c=a(a + 5b)
a(ac)=a + 5b
ac.
Das Erweitern von Bruchen mit −1 liefert die Vorzeichenregeln.
−a
b= (−1) ·
a
b=−ab
=1
−1·a
b=
a
−b .
Beispiel:
x − yy 2 − x2 = −
y − xy 2 − x2 = −
y − x(y − x)(y + x)
= −1
y + x
Die Addition und die Subtraktion von Bruchen ist einfach, wenn die Bruche gleiche Nenner haben.
Man sagt dann auch, dass sie gleichnamig sind.
a
c+b
c=
a + b
ca
c−b
c=
a − bc
8
1.3 Bruchrechnung
Gleichnamige Bruche werden addiert oder subtrahiert, indem man ihre Zahler addiert bzw. subtrahiert
und den gleichnamigen Nenner unverandert lasst.
Beispiele: 1.a
3b+c − d
3b=a + c − d
3b
2.a
3b−c − d
3b=a − c + d
3b
Sind Bruche nicht gleichnamig, so konnen sie nicht direkt addiert oder subtrahiert werden. Durch
Erweitern der Bruche muss man sie erst gleichnamig machen. Man muß einen gemeinsamen Nenner
finden, der Hauptnenner genannt wird
a
b+c
d=ad
bd+bc
bd=ad + bc
bd.
Entsprechend kann man auch bei drei und mehr Bruchen vorgehen:
a
x−b
y−c
z=ayz − bxz − cxy
xyz.
Es ist nicht immer notwendig und gunstig den Hauptnenner als Produkt der einzelnen Nenner zu
ermitteln.
Beispiel:a
x+b
xy−
c
xy 2=ay 2 + by − c
xy 2.
Bei ganzen Zahlen als Nenner ist das kleinste gemeinsame Vielfache der einfachste Nenner. Wir erin-
nern in diesem Zusammenhang daran, dass das kleinste gemeinsame Vielfache (kgV) von naturlichen
Zahlen gerade die kleinste naturliche Zahl ist, in der diese Zahlen als Faktor vorkommen. Wir fassen
die Uberlegungen zum Hauptnenner zusammen.
Zur Bildung der Summe und der Differenz von Bruchen benotigt man den Hauptnenner. Bei seiner
Bestimmung sucht man einen Ausdruck, in dem alle beteiligten Nenner als Faktoren enthalten sind.
Das Produkt aller Nenner leistet das. Oft gibt es einfachere Ausdrucke. Sind die Nenner naturliche
Zahlen, so ist das kgV der kleinste Hauptnenner.
Beispiele: 1.1
8−
1
12+
7
4=
1 · 3− 1 · 2 + 6 · 724
=43
24
Hierbei ist das kgV von 8, 12 und 4 gerade 24.
2.
x
y − x +2x
x + y+
y
x − y = −x
x − y +2x
x + y+
y
x − y
=y − xx − y +
2x
x + y= −1 +
2x
x + y
=2x − x − yx + y
=x − yx + y
9
1.4 Rechnen mit Ungleichungen und Betragen
1.4 Rechnen mit Ungleichungen und Betragen
Bei der Einfuhrung der reellen Zahlen hatten wir diese mit den Punkten auf der Zahlengeraden iden-
tifiziert. Man sagt, dass eine reelle Zahl a kleiner als die reelle Zahl b ist, falls a links von b liegt. Wir
schreiben dann a < b. Wir schreiben a ≤ b falls a entweder (echt) links von b liegt, also a < b gilt
oder a = b erfullt ist. Liegt a (echt) rechts von b, so schreiben wir a > b. Ist auch a = b zugelassen,
so drucken wir das durch a ≥ b aus. Die reelle Zahl a heißt positiv, falls a > 0 gilt, sie heißt nicht
negativ, falls a ≥ 0 gilt. Die Relationen ’<’ und ’≤’ sind transitiv
3 < 4 und 4 < 12 ergibt 3 < 12.
Zur Formulierung von Aussagen werden wir oft den Doppelpfeil ⇐⇒ verwenden. Er bedeutet, dass
die Aussage auf der linken Seite des Pfeils genau dann gilt, wenn die Aussage auf der rechten Seite
des Pfeils gilt. Wird der Pfeil =⇒ verwendet, so bedeutet dies, dass aus der Aussage links die Aussage
rechts folgt.
a < b ⇐⇒ a + c < b + c
a < b ⇐⇒ a − c < b − c
Eine Ungleichung bleibt bestehen, wenn auf beiden Seiten die gleiche Zahl addiert oder subtrahiert
wird.
Beispiele: 1.
−6 < −3 |+ 5 =⇒ −1 < 2
2.
8 < 17 | − 12 =⇒ −4 < 5
Bei der Multiplikation bzw. Division einer Ungleichung mit einer Zahl gelten folgende Rechengesetze.
a < b ⇐⇒ ac < bc falls c > 0
a < b ⇐⇒ ac > bc falls c < 0
Diese Rechenregeln sind gleichzeitig die Rechenregeln fur die Division, wenn man c durch 1/d ersetzt.
Eine Ungleichung darf mit einer positiven Zahl multipliziert und durch eine positive Zahl dividiert
werden, ohne dass sich die Ungleichung andert. Ist die Zahl negativ, so muß das Ungleichheitszeichen
umgekehrt werden. Sind die Seiten einer Ungleichung beide positiv oder beide negativ, so kann man
auf beiden Seiten zum Kehrwert ubergehen, wenn man das Ungleichheitszeichen umkehrt.
Beispiele: 1.
7, 6 < 10 | · 3 ⇐⇒ 22, 8 < 30.
2.
7 < 10 | · (−2) ⇐⇒ −14 > −20.
3.
7 < 10 =⇒1
7>
1
10.
4.
−3 < −2 =⇒ −1
3> −
1
2.
5. Fur welche x ist −3x + 2 < 4x − 9 ?
−3x + 2 < 4x − 9⇐⇒2 + 9 < 4x + 3x ⇐⇒
11 < 7x ⇐⇒ x >11
7.
10
1.4 Rechnen mit Ungleichungen und Betragen
Unter dem Betrag einer Zahl a (bezeichnet mit |a|, gelesen ’Betrag von a’) versteht man den Abstand
des Punktes a auf der Zahlengeraden zum Punkt 0. Der Abstand ist nie negativ und der Betrag kann
auch so ausgedruckt werden:
|a| =
{a fur a ≥ 0
−a fur a < 0.
Hierbei ist zu beachten, dass trotz des Minus in der zweiten Zeile der Betrag immer nicht negativ ist,
weil fur negatives a die Zahl −a positiv ist. Weiterhin bemerken wir
|a| = | − a|,
was aus der Tatsache folgt, dass a und −a den gleichen Abstand zum Nullpunkt haben. Wir wollen
jetzt den Betrag verwenden, um den Abstand von zwei reellen Zahlen einzufuhren.
|a − b| ist der Abstand von a und b.
Fur den Betrag gilt die Dreiecksungleichung
|a + b| ≤ |a|+ |b|. (3)
Es ist unmittelbar klar, dass in dieser Ungleichung das Gleichheitszeichen steht, wenn gilt a ≥ 0 und
b ≥ 0 oder a ≤ 0 und b ≤ 0 gilt. Liegen unterschiedliche Vorzeichen vor, dann heben sich Teile dieser
Zahlen bei der Summenbildung weg und man hat dann des Kleinerzeichen.
Beispiele: 1. Die Zahlen a = −8 und b = 4 haben den Abstand 12, weil a 8 Einheiten links vom
Nullpunkt und b 4 Einheiten rechts vom Nullpunkt liegt. Es gilt
|a − b| = | − 8− 4| = | − 12| = 12.
2. Fur a = 4 und b = 7 ist der Abstand 3 Einheiten
|4− 7| = | − 3| = 3.
3. Sei a = 4 und b = 2. Dann gilt |a + b| = |6| = 6. Es gilt also das Gleichheitszeichen in der
Dreiecksungleichung. Das liegt daran, dass a und b beide positiv sind.
4. Sei a = 10 und b = −3. Dann gilt
|a + b| = |10− 3| = 7
|a|+ |b| = |10|+ | − 3| = 10 + 3 = 13.
Es gilt also das Kleinerzeichen 7 < 13 in der Dreiecksungleichung, was daran liegt, dass a und b
unterschiedliche Vorzeichen haben.
Das Rechnen mit Ungleichungen soll jetzt mit dem Rechnen mit dem Betrag kombiniert werden.
Beispiel: Wir fragen nach allen x, fur die gilt |x − 2| ≤ 4. Wir mussen zwei Falle unterscheiden.
1. Fall: x − 2 ≥ 0. Dann gilt
|x − 2| = x − 2 ≤ 4
x ≤ 6.
2. Fall x − 2 < 0. Dann gilt
|x − 2| = 2− x ≤ 4
−x ≤ 2 =⇒ x ≥ −2.
Insgesamt gilt also −2 ≤ x ≤ 6. Dieses Ergebnis erhalt man auch durch Betrachtung auf der Zahlen-
geraden, weil −2 und 6 gerade den maximalen Abstand 4 von der Zahl 2 haben.
11
2.1 Potenzen mit ganzzahligen Exponenten
2 Potenzen, Wurzeln und Logarithmen
2.1 Potenzen mit ganzzahligen Exponenten
Ahnlich wie man fur die Summe von n gleichen Zahlen a+ ...+ a auch na schreiben kann, fuhren wir
jetzt eine entsprechende Bezeichnung fur das Produkt ein. Wir setzen fur jede reelle Zahl a und jede
naturliche Zahl n
an = a · a · ... · a︸ ︷︷ ︸n Faktoren
. (4)
Dieser Ausdruck wird gelesen als a hoch n. an heißt die n−te Potenz von a. a ist die Basis und n
heißt der Exponent. Wir erweitern jetzt diesen Begriff auf negative Potenzen und auf die Potenz mit
Exponenten Null. Zunachst setzen wir fur a 6= 0
a0 = 1 (5)
und fur n = 1, 2, ...
a−n =1
a·
1
a· ... ·
1
a︸ ︷︷ ︸n Faktoren
Beispiele: 1.
(−2)4 = (−2) · (−2) · (−2) · (−2) = 16 .
2.
(2a − b)4 = (2a − b) · (2a − b) · (2a − b) · (2a − b)
= 16a4 − 32a3b + 24a2b2 − 8ab3 + b4 .
3.
x−3y−2 =1
x3y 2.
Addieren und subtrahieren lassen sich Potenzen nur, wenn sie in der Basis und im Exponenten uber-
einstimmen.
Beispiel:
7x3 + 3x2 + 6x − 1− (2x3 − x2 + x − 7)
= 5x3 + 4x2 + 5x + 6
Wir betrachten jetzt Produkte und Quotienten von Potenzen. Es gilt
anbn = a · a · · · a︸ ︷︷ ︸n Faktoren
· b · b · · · b︸ ︷︷ ︸n Faktoren
= (ab) · (ab) · · · (ab)︸ ︷︷ ︸n Faktoren
= (ab)n.
Eine entsprechende Aussage ergibt sich, wenn b durch 1b
ersetzt wird. Damit erhalten wir insgesamt
folgende Aussage
Potenzen mit gleichen Exponenten werden multipliziert (dividiert), indem man die Basen multipliziert
(dividiert) und die Exponenten unverandert laßt. Ein Bruch wird potenziert, indem man Zahler und
Nenner potenziert und die entsprechenden Potenzen dividiert.
anbn = (ab)n
an
bn= (
a
b)n.
12
2.1 Potenzen mit ganzzahligen Exponenten
Beispiele: 1.
(−2ab)4 = (−2)4a4b4 = 16a4b4
2.
(q − 1)3(q + 1)3 = ((q − 1)(q + 1))3 = (q2 − 1)3
3. (2x−3y4
)4(4x2−9y28
)4 =
(2x−3y4
4x2−9y28
)4=
(8(2x − 3y)
4(4x2 − 9y 2)
)4
=
(2(2x − 3y)
(2x − 3y)(2x + 3y
)4=
(2
2x + 3y
)4.
Nachdem wir oben die Multiplikation und Division von Potenzen mit gleichem Exponenten betrachtet
hatten, wollen wir jetzt Potenzen mit gleicher Basis untersuchen. Es gilt fur naturliche Zahlen m und
n
anam = a · a · ... · a︸ ︷︷ ︸n Faktoren
· a · a · ... · a︸ ︷︷ ︸m Faktoren
= a · a · ... · a︸ ︷︷ ︸n+m Faktoren
= am+n.
Also haben wir
anam = an+m. (6)
Es laßt sich zeigen, dass diese Aussage erhalten bleibt, wenn eine oder beide der Zahlen m, n negativ
sind. Außerdem ergibt sich durch mehrfache Anwendung von (6), dass das Potenzieren einer Potenz
der Potenz mit dem Produkt der Exponenten entspricht, d.h. es gilt
(am)k = ak·m.
Damit haben wir fur ganzzahlige Exponenten folgende Potenzgesetze erhalten.
Potenzen mit gleicher Basis werden multipliziert, indem die Exponenten addiert werden. Sie werden
dividiert, indem die Exponenten subtrahiert werden. Eine Potenz wird potenziert, indem die Exponen-
ten multipliziert werden. Es gelten also fur alle ganzen Zahlen m, n und p die Potenzgesetze
anam = an+m
(an)p = an·p(7)
Beispiele: 1.
x−3y−2 =1
x3·
1
y 2=
1
x3y 2
2. Der Bruchx2y−3z5
u−2v−1
soll so umgeformt werden, dass keine Potenzen mit negativen Exponenten vorkommen.
x2y−3z5
u−2v−1=
x2z5
y3
1u2v
=u2v
1·x2z5
y 3
=u2vx2z5
y 3
13
2.2 Binomialkoeffizient, binomischer Lehrsatz
2.2 Binomialkoeffizient, binomischer Lehrsatz
2.2.1 Binomial-Koeffizienten
Wir wollen untersuchen, auf wie viele verschiedene Weisen man n Objekte anordnen kann. Dazu stellen
wir uns vor, dass diese Objekte nummeriert sind und die Nummern 1, 2, ..., n tragen. Jede Anordnung
der Objekte entspricht dann einer Folge von Zahlen, wobei jede Zahl genau einmal an irgendeiner Stelle
auftritt. Die entsprechenden auftretenden Zahlenfolgen wollen wir in runde Klammern einschließen.
Fur n = 1 gibt es nur die eine Folge der Lange 1, die aus der Zahl 1 besteht. Fur n = 2 erhalten wir
(1, 2), (2, 1). (8)
Fur n = 3 ergibt sich
(1, 2, 3), (1, 3, 2), (2.1, 3), (2, 3, 1), (3, 1, 2), (3, 2, 1). (9)
Man sieht, dass sich ausgehend von (1, 2, 3) die anderen Folgen durch Vertauschen von Ziffern erge-
ben. Diese Vertauschungen nennt man auch Permutationen. Wie viele Permutationen gibt es? Diese
Anzahl wird gegeben durch das Produkt der Zahlen 1, 2, ..., n. Hierfur gibt es einen speziellen Namen.
n! = 1 · 2 · 3 · · · n
heißt n−Fakultat. Als Erganzung setzt man noch
0! = 1.
Wir prufen nach, ob n! gerade die Anzahl der Permutationen ist. Fur n = 1 ist 1! = 1. Fur n = 2 ist
2! = 1 · 2 = 2. Diese Zahl 2 entspricht den beiden Paaren in (8). Die Zahl
3! = 1 · 2 · 3 = 6
entspricht den 6 Tripeln in (9). Wie kommt man zu den Permutationen der Lange 4 ? Diese erhalten
wir aus (9), indem wir die Zahl 4 jedem Tripel hinzufugen. Nehmen wir etwa (2, 3, 1), dann erhalten
wir
(4, 2, 3, 1), (2, 4, 3, 1), (2, 3, 4, 1), (2, 3, 1, 4).
Insgesamt erhalten wir also 6 · 4 = 1 · 2 · 3 · 4 = 24 verschiedene Permutationen. Fur n = 5, 6, ..
kann man ahnlich argumentieren, wodurch bewiesen ist, dass n! wirklich die Anzahl der verschiedenen
Permutationen ist.
Ausgehend von den n Objekten wollen wir fur ein festes k, 0 ≤ k ≤ n eine Gruppe von k Objekten
zusammenstellen. Mathematisch gesprochen wollen wir aus der Menge {1, ..., n} eine k−elementige
Teilmenge auswahlen. Bei einer Menge, die immer durch geschweifte Klammern symbolisiert ist,
kommt es nicht darauf an, in welcher Reihenfolge die Elemente in den Klammern aufgefuhrt sind. Es
ist nur wichtig, ob die Elemente zu dieser Menge gehoren oder nicht. So ist z.B.
{1, 2, 3} = {1, 3, 2} = {2, 1, 3}= {2, 3, 1} = {3, 1, 2} = {3, 2, 1}.
Wie kommen wir zur Anzahl der k−elementigen Teilmengen, die wir mit A bezeichnen wollen ?
Haben wir die Teilmenge {l1, .., lk} ausgewahlt, so bleiben noch die Zahlen m1, ..., mn−k ubrig. Bauen
wir hiermit eine Permutation auf, so ergibt sich
(l1, .., lk , m1, ..., mn−k).
14
2.2 Binomialkoeffizient, binomischer Lehrsatz
Vertauschen wir die li unter sich und die kj unter sich, andert sich hinsichtlich der ausgewahlten
Menge nichts. Weil wir so durch Auswahl einer Menge und anschließende Permutationen in der Menge
{l1, .., lk} und der Restmenge {m1, ..., mn−k} alle Permutationen erhalten, ergibt sich
A · k! · (n − k)! = n!
A =n!
k! · (n − k)!.
Dieser Ausdruck heißt Binomialkoeffizient und wird durch(nk
)bezeichnet, gelesen n uber k. Es gilt
also (nk
)=
n!
k! · (n − k)!, k = 0, 1, ..., n.
Der Binomialkoeffizient gibt die Anzahl der verschiedenen k−elementigen Teilmengen einer Menge
vom Umfang n.
Aus der Definition des Binomial-Koeffizienten ergibt sich unmittelbar die folgende Symmetriebezie-
hung (nk
)=(nn−k
).
Beispiel: Sei n = 5 und k = 2. Dann gibt es die 10 zweielementigen Teilmengen
{1, 2}, {1, 3}, {1, 4}, {1, 5}, {2, 3},{2, 4}, {2, 5}, {3, 4}, {3, 5}, {4, 5}.
Andererseits gilt (52
)=
5!
2! · 3!=
1 · 2 · 3 · 4 · 51 · 2 · 1 · 2 · 3 =
4 · 52
= 10.
Fur konkrete Rechnungen mit dem Binomial-Koeffizienten formen wir diesen noch etwas um, indem
wir die Fakultaten explizit als Produkt hinschreiben und dann in dem entstehenden Bruch kurzen(nk
)=
n!
k! · (n − k)!
=1 · 2 · 3 · · · (n − k) · (n − k + 1) · · · n
1 · 2 · 3 · · · (n − k) · 1 · 2 · 3 · · · k
=n · (n − 1) · · · (n − k + 1)
1 · 2 · 3 · · · k .
Beispiel: (184
)=
18 · 17 · 16 · 15
1 · 2 · 3 · 4 = 3060(1013
)=
101 · 100 · 99
1 · 2 · 3 = 16650
Wir betrachten eine Anwendung auf das Lottospiel. Wie viele Moglichkeiten gibt es, aus 49 Zahlen 6
Zahlen auszuwahlen? Das sind(496
)=
49 · 48 · 47 · 46 · 45 · 44
1 · 2 · 3 · 4 · 5 · 6 = 13983816
Moglichkeiten. Damit ist die Wahrscheinlichkeit fur einen richtigen 6−er Tipp 1/13983816, also sehr
klein.
15
2.2 Binomialkoeffizient, binomischer Lehrsatz
Abschließend wollen wir die Beziehung zum Pascalschen Dreieck herstellen, mit dessen Hilfe man sehr
einfach die ersten Binomial-Koeffizienten berechnen kann. Die Spitze des Pascalschen Dreiecks lautet
1
1 1
1 2 1
1 3 3 1
1 4 6 4 1
Die Bildungsvorschrift besagt, dass die Zahl in der nachsten Zeile gerade die Summe der beiden Zahlen
ist, die in der vorigen Zeile uber dieser Zahl stehen. Durch direkte Berechnung von(nk
)fur n = 1, 2, 3, 4
erkennt man, dass die Zahlen im obigen Dreieck gerade die entsprechenden Binomial-Koeffizienten
sind. Dass die Bildungsvorschrift fur die Binomial-Koeffizienten auch allgemein gilt, erkennt man so(nk
)+(nk+1
)=
n!
k! · (n − k)!+
n!
(k + 1)! · (n − (k + 1))!
=n!
k! · (n − k − 1)!(
1
n − k +1
k + 1)
=n!
k! · (n − k − 1)!·k + 1 + n − k(n − k)(k + 1)
=(n + 1)!
(k + 1)! · (n − k)!=(n+1k+1
).
2.2.2 Binomischer Lehrsatz
Wir haben schon fruher die binomischen Formeln kennen gelernt. Diese wollen wir jetzt auf hohere
Potenzen verallgemeinern. Dazu betrachten wir zunachst Spezialfalle. Durch direktes Ausmultiplizieren
erhalt man
(a + b)2 = a2 + 2ab + b2
(a + b)3 = a3 + 3a2b + 3ab2 + b3
(a + b)4 = a4 + 4a3b + 6a2b2 + 4ab3 + b4.
Wir erkennen sofort eine Gesetzmaßigkeit. In den Summen auf der rechten Seite stehen Terme der
Form anb0, an−1b, ..., a1bn−1, bna0, die noch mit Koeffizienten behaftet sind. Durch Vergleich mit dem
oben angegebenen Pascalschen Dreieck erkennt man, dass dies gerade die Binomial-Koeffizienten
sind. Diese Aussage gilt nun nicht nur bis n = 4, sonders ist allgemein gultig. Will man
(a + b)n = (a + b) · (a + b) · · · (a + b)
berechnen, so muss man jeden Summanden jeder Klammer mit jedem Summanden jeder anderen
Klammer multiplizieren. Da es beim Produkt nicht auf die Reihenfolge ankommt, muss man also fur
festes k von den n Klammern k Klammern auswahlen, daraus a nehmen und aus den restlichen
Klammern b entnehmen und die ausgewahlten Großen multiplizieren. Das gibt dann akbn−k . Hierfur
gibt es(nk
)Auswahlmoglichkeiten.
Binomischen Lehrsatz: Fur alle reellen Zahlen a, b und alle naturlichen Zahlen n = 1, 2, .. gilt
(a + b)n =∑n
k=0
(nk
)akbn−k .
16
2.3 Potenzen mit rationalen und irrationalen Exponenten
Beispiele: 1. Es gilt (60
)= 1,
(61
)= 6,
(62
)= 15,
(63
)= 20(
64
)= 15,
(65
)= 6,
(66
)= 1.
Damit folgt
(a + b)6 = a6 + 6a5b + 15a4b2 + 20a3b3 + 15a2b4 + 6ab5 + b6
2.
(2u − 3v)4 = (2u)4 + 4(2u)3(−3v) + 6(2u)2(−3v)2 + 4(2u)(−3v)3 + (−3v)4
= 16u4 − 96u3v + 216u2v 2 − 216uv 3 + 81v 4
2.3 Potenzen mit rationalen und irrationalen Exponenten
Wir starten mit einem Beispiel aus der Zinseszinsrechnung. Jemand hat den Betrag von 13000 Euro
mit einem Zinssatz von 3% angelegt. Dann besitzt er nach einem Jahr (in Euro)
13000 + 3% von 13000
= 13000(1 + 0, 03) = 13390.
Er besitzt nach k Jahren 13000(1 + 0, 03)k Euro. Allgemein gilt folgende Aussage: Ist K0 das An-
fangskapital (in Euro) und ist der Zinssatz p %, mit q = 1 + p100, so besitzt man nach n Jahren
Kn = K0qn
Euro. Wir wollen jetzt aus dem Anfangskapital und dem Endkapital den Zinssatz p errechnen. Es sei
bekannt, dass K0 = 13000 gilt und das Endkapital nach 6 Jahren den Wert
K6 = 16929, 38
hat. Um den Zinssatz p zu ermitteln, mussen wir zunachst q bestimmen. Es gilt
q6 · 13000 = 16929, 38
q6 =16929, 38
13000= 1, 30226.
Wir mussen jetzt diese Gleichung nach q auflosen, also das Potenzieren umkehren. Das fuhrt zum
Begriff der Wurzel.
Die n−te Wurzel aus b ≥ 0 (geschriebenn√b) ist diejenige nicht negative Zahl, deren n−te Potenz
den Wert b ergibt. Die Auflosung von an = b (b ≥ 0) nach a liefertn√b oder
an = b ⇔ a =n√b fur b ≥ 0.
b heißt der Radikand, n der Wurzelexponent und a der Wurzelwert.
Aus der Definition der Wurzel ergibt sich sofort folgende Rechenregel
n√c · d = n
√c · n√d.
Wir kombinieren jetzt den Begriff der Wurzel mit dem der Potenz, indem wir eine einheitliche Be-
zeichnung einfuhren. Wir setzen fur b ≥ 0
b1n =
n√b
17
2.4 Logarithmen
und fuhren fur alle ganzen Zahlen m, n > 0 die gebrochene Potenz durch
bmn =
n√bm und
b−mn =
1n√bm
ein. Es laßt sich nun zeigen, dass die Potenzgesetze (7) erhalten bleiben.
Wir haben bisher die Potenz bp fur rationale p erklart. Weil man jede reelle Zahl p durch eine Folge
rationaler Zahlen p1, p2, ... approximieren kann, also limn→∞ pn = p gilt, setzen wir
bp = limn→∞
bpn .
Im Sinne einer strengen mathematischen Herleitung mußte gezeigt werden, dass dieser Limes tatsachlich
existiert und von der approximierenden Folge unabhangig ist. Außerdem laßt sich zeigen, dass die Po-
tenzgesetze (6) auch fur alle reellen Zahlen x, y als Exponenten statt m und n richtig bleiben.
Obwohl die allgemeine Potenz bx spater noch systematisch als Funktion von x untersucht wird,
bemerken wir bereits jetzt eine wichtige Eigenschaft. Jede positive Potenz einer Zahl b ≥ 1 ist wieder
großer oder gleich 1. Ebenso ist jede negative Potenz einer Zahl b ≤ 1eine Zahl zwischen 0 und 1.
Damit erhalten wir fur b ≥ 1 folgende Eigenschaft der Potenzfunktion
bx > 1 fur x > 0
b0 = 1
bx < 1 fur x < 0.
(10)
Potenzgesetze: Sind a, b positive Zahlen und x, y , p reelle Zahlen, so gilt
bx · by = bx+y ,
(a · b)x = ax · bx(bx)p = bx ·p.
(11)
Potenzen mit gleicher Basis werden multipliziert, indem die Exponenten addiert werden. Potenzen
mit gleichen Exponenten werden multipliziert, indem die Basen multipliziert werden. Eine Potenz wird
potenziert, indem die Exponenten multipliziert werden.
Wegen a0 = 1 erhalten wir aus der ersten Beziehung in (11) mit y = −x
b−x =1
bx.
Beispiele: 1.3√b · 7√b = b
13 · b
17 = b
1021 =
21√b10 = (
21√b)10
2.
7√x3
4√x
=x37
x14
= x37− 14
= x12−728 = x
528 =
28√x5.
2.4 Logarithmen
Zur Motivierung des Begriffs des Logarithmus gehen wir von einem Beispiel der Zinseszinsrechnung
aus. Wie lange muss man 10000 Euro zu 5, 1% anlegen, um 16000 Euro zu erhalten. Wir suchen also
die Zahl x mit
10000 · 1, 051x = 16000
18
2.4 Logarithmen
oder mit b = 1, 051
bx =16000
10000= 1, 6. (12)
Wir wollen also jetzt nicht wie bei den Wurzeln nach der Basis b auflosen, sondern einen geeigneten
Exponenten x finden.
Denjenigen Exponenten x, mit dem man die Basis b > 0, b 6= 1 potenzieren muss, um a zu erhalten,
nennt man den Logarithmus von a zur Basis b. Man schreibt fur diesen Exponenten x = logb a. Es
gilt also
bx = a ⇔ x = logb a (13)
blogb a = a und logb(bx) = x.
Beispiele: 1.
log10 100 = 2, weil 102 = 100
2.
log5 125 = 3, weil 53 = 125
3.
log8 0, 5 = −1
3, weil 8−
13 =
13√
8=
1
2= 0, 5
Die Logarithmen im obigen Beispiel konnten wir nur angeben, weil man den gesuchten Exponenten,
also den Logarithmus, leicht erraten kann. Um die allgemeine Situation zu behandeln, untersuchen
wir, wie Logarithmen mit verschiedenen Basen miteinander zusammenhangen. Es seien b1, b2 zwei
positive Zahlen, die uns als Basen fur Logarithmen dienen sollen. Dann gilt nach der Definition des
Logarithmus
a = blogb2 a
2 und b2 = blogb1 b21 .
Also
a =(blogb1 b21
)logb2 a= b
(logb1 b2)(logb2 a)
1 .
Das ergibt
logb1 a = (logb2 a)(logb1 b2). (14)
Wir betrachten jetzt spezielle Basen fur Logarithmen. Zunachst sei b = 10. Die zugehorigen Loga-
rithmen nennt man die dekadischen Logarithmen und bezeichnet sie einfach mit log . Es gilt also
a = 10log a.
Speziell erhalten wir hieraus log 1 = 0, log 10 = 1, log 110
= −1, log 100 = 2, .... Weiterhin ergibt sich
aus (14) mit b2 = b und b1 = 10
log a = (logb a)(log b) (15)
logb a =log a
log b.
Wir betrachten jetzt eine sehr spezielle Zahl, namlich die Eulersche Zahl e, als Basis fur den Loga-
rithmus. Zunachst soll e motiviert werden. Dazu stellen wir uns vor, dass jemand bei einer Geldanlage
von 1000 Euro einen Zins von 100% bekommt. Dann hat nach einem Jahr (in Euro)
(1 + 1)1 · 1000 = 2 · 1000.
19
3.1 Definition und Darstellung von reellen Funktionen
Stellen wir uns vor, dass monatlich mit (100/12)% verzinst wird. Dann hat der Geldanleger nach
einem Jahr
(1 +1
12)12 · 1000 Euro = 2, 61303 · 1000 Euro.
Wird jetzt taglich verzinst, so ist der Betrag
(1 +1
365)365 · 1000 Euro = 2, 71456 · 1000 Euro.
Vergleicht man die erhaltenen Faktoren, so sieht man, dass sich diese Faktoren der Eulerschen Zahl
e nahern. Man kann nachweisen, dass folgende Grenzbeziehung besteht
limn→∞
(1 +1
n)n = e = 2, 71828183... .
Nimmt man diese Zahl als Basis, so nennt man den zugehorigen Logarithmus den naturlichen Loga-
rithmus und bezeichnet ihn mit ln . Die Werte von ln a kann man im Allgemeinen nur mit numerischen
Methoden ermitteln, die in jedem Taschenrechner implementiert sind.
Wir wollen jetzt wichtige Rechenregeln angeben, die fur jeden Logarithmus gultig sind und sich aus
den Potenzgesetzen 11 ergeben.
Logarithmengesetze: Fur positive Zahlen x, y eine positive Basis b 6= 1 und jede reelle Zahl p gilt
logb(x · y) = logb x + logb y
logb( xy
) = logb x − logb y
logb(xp) = p · logb x
Obwohl die Verwendung der zunachst etwas kunstlichen Basis e unnotig kompliziert erscheint, hat
gerade der naturliche Logarithmus eine zentrale Stellung in der Mathematik. Deshalb und weil man
durch die einfache Umrechnung in (15) den Logarithmus zur Basis a auf den naturlichen Logarithmus
zuruckfuhren kann, arbeitet man eigentlich nur mit dem naturlichen Logarithmus und verwendet dabei
die Beziehungen
bx = ex ·ln b und ln(bx) = x ln b, (16)
die sich aus der Rechenregel (15) ergeben.
Beispiel: Wir wollen zu dem einfuhrenden Beispiel zuruckkehren und die Gleichung (12) losen. Durch
Logarithmieren erhalt man mit Hilfe von (16)
x ln b = ln 1, 6
x =ln 1, 6
ln 1, 051= (Taschenrechner)
= 9, 45.
Bei einem Prozentsatz von 5, 1 benotigt man 9, 45 Jahre, damit sich das Kapital von 1000 Euro auf
1600 Euro erhoht.
3 Reelle Funktionen
3.1 Definition und Darstellung von reellen Funktionen
In unzahligen Situationen des taglichen Lebens und in der Wissenschaft hangen bestimmte Großen
(Variablen) von anderen Großen (Variablen) ab und das Ziel der Untersuchungen besteht gerade
20
3.1 Definition und Darstellung von reellen Funktionen
darin, diese Abhangigkeit zu ermitteln, um damit Gesetzmaßigkeiten in der Physik, Technik oder der
Okonomie zu formulieren. Innermathematisch dienen Funktionen zum Aufbau eines mathematischen
Apparates, mit dessen Hilfe sich z.B. geometrische Zusammenhange beschreiben lassen.
Beispiele
1. Unter fixierten Bedingungen hangt der Energieverbrauch einer Anlage von der Zeit ab.
2. Der Bremsweg eines bestimmten PKW in Abhangigkeit von der Geschwindigkeit.
3. Die Große eines Rechtecks in Abhangigkeit von der Lange a und der Breite b.
Typisch fur die obigen Situationen ist folgende Konstellation. Gegeben ist eine bestimmte Menge,
z.B. die Menge aller reellen Zahlen und eine Zuordnungsvorschrift, die jedem Objekt dieser Menge
eine reelle Zahl zuordnet.
Gegeben sei eine Menge X und eine Teilmenge D ⊆ X . Wenn jedem x ∈ D in eindeutiger Weise eine
reelle Zahl y zugeordnet ist, so sagt man, y ist eine Funktion von x , und man schreibt y = f (x). Die
Menge D, oder auch durch D(f ) bezeichnet, heißt die Definitionsmenge oder der Definitionsbereich.
Die Menge W(f ), die aus allen moglichen Funktionswerten besteht, heißt der Wertebereich von f .
Die Große x heißt die unabhangige Variable oder das Argument, die Große y heißt die abhangige
Variable oder der Funktionswert und f ist das Symbol fur die Zurodnungsvorschrift. Um den Defini-
tionsbereich hervorzuheben schreiben wir auch
f : D → R,
was bedeutet, dass jedem x ∈ D durch die Vorschrift f eine reelle Zahl zugeordnet wird.
Ist der Definitionsbereich der Funktion f eine Teilmenge der reellen Achse, so ist f oft geschlossen
durch analytische Ausdrucke definiert, die aber nicht fur alle x sinnvoll sind. Unter dem naturlichen
Definitionsbereich D(f ) versteht man dann die Menge aller der x, fur die f (x) sinnvoll definiert ist.
Beispiele: 1. Wir betrachten die Funktion f (x) = x2−1. Dieser Ausdruck ist fur alle reellen Zahlen x
definiert und deshalb stimmt der naturliche Definitionsbereich D(f ) mit der gesamten reellen Achse
uberein. Die durch f gegebene Zuordnungsvorschrift besagt, dass man zur Berechnung des Funkti-
onswertes das Argument x quadrieren muss und dann muss man noch 1 subtrahieren. Weil x2 stets
nicht negativ ist, gilt f (x) = x2 − 1 ≥ −1. Der Wertebereich W(f ) dieser Funktion ist also
[−1,∞) = {x : x ∈ R, x ≥ −1}.
Kommen nun wirklich alle Werte y ∈ [−1,∞) als Funktionswerte von f vor? Sei y irgendeine Zahl
mit y ≥ −1. Wir fragen nach einer Losung der Gleichung
x2 − 1 = y oder
x2 = y + 1.
Weil y + 1 ≥ 0 gilt, konnen wir die Wurzel ziehen und erhalten x =√y + 1. Durch Einsetzen erkennt
man nochmals, dass dieses x tatsachlich eine Losung der Gleichung liefert
(√y + 1)2 − 1 = y + 1− 1 = y .
Insgesamt haben wir also W(f ) = [−1,∞) erhalten.
21
3.1 Definition und Darstellung von reellen Funktionen
2. Sei f (x) = 1x−1 . Der naturliche Definitionsbereich D(f ) ist hier die reelle Achse mit Ausnahme des
Punktes x = 1, weil hier der Nenner verschwindet und der Bruch nicht definiert ist. Zur Bestimmung
des Wertebereichs losen wir die Gleichung y = 1x−1 nach x auf. Es gilt
y(x − 1) = 1
yx − y = 1
x =1 + y
y.
Dieser Ausdruck ist fur alle y 6= 0 definiert. Damit ist W(f ) die Menge aller reellen Zahlen mit
Ausnahme des Nullpunktes.
3. Sei f (x) =√x. Hier besteht D(f ) aus allen nicht negativen reellen Zahlen und der Wertebereich
besteht auch aus dieser Zahlenmenge.
4. Sei f (x) = 4√x2 − 1. Der naturliche Definitionsbereich D(f ) besteht aus allen reellen Zahlen x,
die der Bedingung x2 − 1 ≥ 0 genugen, weil nur fur diese x der Radikand nicht negativ und somit die
Wurzel definiert ist. x2−1 ≥ 0 ist aquivalent mit |x | ≥ 1 und damit besteht D(f ) aus der Vereinigung
von zwei Intervallen
D(f ) = (−∞,−1] ∪ [1,∞).
Aus der reellen Achse musste also das offene Intervall (−1, 1) entfernt werden.
In vielen Fallen sind die betrachteten Funktionen nicht durch einen geschlossenen analytischen Aus-
druck fur alle Argumente definiert. Dann ist der Definitionsbereich in mehrere Teilbereiche zerlegt, fur
die dann getrennt definierte Zuordnungsvorschriften oder analytische Ausdrucke zur Berechnung der
Funktionswerte zu verwenden sind. Vorbereitend erinnern wir an verschiedenen Typen von Intervallen
der reellen Achse. Hierzu seien a, b fest gewahlte reelle Zahlen.
[a, b] = {x : a ≤ x ≤ b}, [a, b) = {x : a ≤ x < b}(a, b] = {x : a < x ≤ b}, (a, b) = {x : a < x < b}
Diese Intervalle haben alle die endliche Lange b − a. Die Zeichen [ bzw. ] symbolisieren, dass die
entsprechenden Randpunkte zum Intervall gehoren sollen. Die Intervalle sind also dort abgeschlossen.
Dagegen symbolisieren ( bzw. ), dass die entsprechenden Randpunkte nicht zum Intervall gehoren
sollen. Wir betrachten auch unendliche Intervalle der Form
(−∞, a) = {x : x < a}, (−∞, a] = {x : x ≤ a}(b,∞) = {x : x > b}, [b,∞) = {x : x ≥ b}.
Allgemein wird ein Intervall immer mit dem Buchstaben I bezeichnet und ist von einem der obigen
acht Typen.
Beispiele: 1. Es sei
f (x) =
{ √x2 − 1 fur |x | > 1
x2 − 1 fur |x | ≤ 1.(17)
Bei dieser Funktion gibt es zwei verschiedene Zuordnungsvorschriften. Im Bereich |x | > 1 oder x2 > 1
ist die erste Zuordnungsvorschrift sinnvoll, sie ist aber nicht sinnvoll im zweiten Bereich. In diesem
gilt die zweite Zuordnungsvorschrift, die aber auch im ersten Bereich sinnvoll ist, dort aber nicht zur
Konstruktion der Funktion f eingesetzt wird.
2. Fur ein Intervall I setzen wir
f (x) =
{1 fur x ∈ I0 fur x /∈ I.
Diese Funktion heißt die Indikatorfunktion des Intervalls I. Der Name besagt, dass f anzeigt, ob das
Argument x in dem Intervall I liegt oder nicht.
22
3.1 Definition und Darstellung von reellen Funktionen
3. Wir wollen jetzt eine stuckweise konstante Funktion definieren, betrachten dazu eine Zerlegung
des Intervalls [0, 1] in die disjunkten (durchschnittsfremden) Teilintervalle
[0,1
4), [
1
4,
1
2), [
1
2,
2
3), [
2
3, 1]
und setzen
f (x) =
1 fur x ∈ [0, 1
4)
−1 fur x ∈ [14, 12
)
2, 5 fur x ∈ [12, 23
)
0, 2 fur x ∈ [23, 1].
(18)
Dann ist D(f ) = [0, 1] und die Funktion f nimmt fur 0 ≤ x < 14
den Wert 1, fur 14≤ x < 1
2den Wert
−1, fur 12≤ x < 2
3den Wert 2, 5 und schließlich fur 2
3≤ x ≤ 1 den Wert 0, 2 an. Mit Hilfe der oben
angegebenen Indikatorfunktion kann man f auch als geschlossene Formel darstellen. Es gilt
f (x) = 1 · I[0, 14)(x) + (−1) · I[ 1
4, 12)(x) + 2, 5 · I[ 1
2, 23)(x) + 0, 2 · I[ 2
3,1](x)
= I[0, 14)(x)− I[ 1
4, 12)(x) + 2, 5 · I[ 1
2, 23)(x) + 0, 2 · I[ 2
3,1](x).
Wir uberprufen diese Beziehung beispielhaft. Sei x ∈ D(f ) = [0, 1]. Dann liegt x in genau einem
der vier Intervalle. Weil sie disjunkt sind, kann x nicht in zwei Intervallen gleichzeitig liegen. Sei etwa
x ∈ [12, 23
). Dann gilt I[ 12, 23)(x) = 1 und
I[0, 14)(x) = I[ 1
4, 12)(x) = I[ 2
3,1](x) = 0.
Das ergibt f (x) = 2, 5.
4. Wir verwenden jetzt die Indikator-Funktionen, um kompliziertere Funktionen zusammenzusetzen.
Es sei
f (x) = xI(−∞,1)(x) + (2x − 1)I[1,3)(x) + (−3x + 14)I(3,∞)(x). (19)
Ist D eine Teilmenge der reellen Achse, also f auf einem Teilbereich oder der ganzen reellen Achse
definiert, dann ist es vorteilhaft die Funktion graphisch darzustellen, um einen schnellen Uberblick
uber den Funktionsverlauf zu gewinnen.
Man versteht unter dem Graphen der Funktion f oder dem zu f gehorigen Bild die in das rechtwinklige
Koordinatensystem eingezeichnete Menge der Punkte (x, y), wobei x ∈ D(f ) und y = f (x) gilt. Der
Graph ist also die Kurve (x, f (x)), wenn x die Menge D(f ) durchlauft.
Um den Graphen dieser Funktion zu finden, stellt man zunachst fur ausgewahlte Argumente eine
Wertetabelle auf und versucht dann den Verlauf des Graphen zu skizzieren. Das wird um so besser
gelingen, je mehr Punkte in die Wertetabelle aufgenommen werden. Gegebenenfalls muss man die
Wertetabelle noch verfeinern. Wie man besonders interessante Punkte des Graphen findet, z.B. Ma-
xima, Minima, Wendepunkte und Schnittpunkte mit der x−Achse (Nullstellen), werden wir spater
erortern.
An einem ersten einfachen Beispiel wollen wir demonstrieren, wie man grob den Graphen skizzieren
kann.
Beispiel: Wir betrachten die Funktion f (x) = x2 − 1, wahlen die x Werte −2;−1;−0, 5; 0; 0, 5; 1; 2
aus und betrachten die zugehorige Wertetabelle.
x −2 −1 −0, 5 0 0, 5 1 2
y 3 0 −0, 75 −1 −0, 75 0 3
Aus dieser Tabelle erhalten wir 7 Punkte auf dem Graphen mit den Koordinaten (−2, 3), (−1, 0),
(−0, 5, −0, 75), (0, −1), (0, 5, −0, 75), (1, 0), (2, 3). Die Punkte tragen wir in das rechtwinklige
x − y Koordinatensystem ein und erhalten durch Verbinden der Punkte die folgende Darstellung.
23
3.2 Qualitative Eigenschaften reeller Funktionen
Das folgende Bild zeigt den Graphen der Funktionen (18).
Schließlich stellen wir (19) graphisch dar.
Wir haben bisher gesehen, dass eine auf einem Intervall definierte Funktion stets eine gewisse Kurve in
der Ebene produziert. Wir wollen jetzt uberlegen, ob zu jeder Kurve der Ebene auch eine sie erzeugende
Funktion gehort.
Beispiel: Wir untersuchen die Kurve, die durch folgendes Bild gegeben ist.
Aus dieser Darstellung ist ersichtlich, dass zum Wert x = 1 zwei Punkte der Kurve, namlich (1, 1)und
(1, 3) gehoren. Nach der Definition einer Funktion gehort aber zu jedem x Wert genau ein y Wert.
Diese Forderung ist hier verletzt.
Sind eine Funktion f und ein Punkt (x, y) in der Ebene gegeben, so entsteht die Frage, ob der Punkt
(x, y) zum Funktionsgraphen gehort. Das ist genau dann der Fall, wenn y = f (x) gilt.
Beispiel: Welche der Punkte (0,−1), (2, 4) , (−1,−1), (1,−1), (3, 24) liegen auf dem Graphen von
f (x) = x3 − x − 1 ?
f (0) = −1, (0,−1) liegt auf dem Graphen.
f (2) = 5, (2, 4) liegt nicht auf dem Graphen.
f (−1) = −1, (−1,−1) liegt auf dem Graphen.
f (1) = −1, (1,−1) liegt auf dem Graphen.
f (3) = 23, (3, 24) liegt nicht auf dem Graphen.
3.2 Qualitative Eigenschaften reeller Funktionen
3.2.1 Beschranktheit
Wir beginnen mit dem Begriff der Beschranktheit.
Die Funktion f : D → R heißt nach oben beschrankt, falls es eine Konstante C1 gibt, mit f (x) ≤ C1fur alle x ∈ D. Entsprechend heißt f nach unten beschrankt, falls es eine Konstante C2 gibt, mit
f (x) ≥ C2 fur alle x ∈ D. Schließlich heißt f beschrankt (ohne Zusatz), falls f nach oben und unten
beschrankt ist.
24
3.2 Qualitative Eigenschaften reeller Funktionen
Aus dieser Definition erkennt man, dass die Funktion f genau dann beschrankt ist, wenn die Funktion
|f | nach oben beschrankt ist. Dann gibt es also eine Konstante C mit |f (x)| ≤ C fur alle x ∈ D. Die
Funktionswerte liegen dann im Intervall [−C,C] und der Graph der Funktion verlauft in dem Streifen,
der parallel zur x−Achse liegt und fur den die entsprechenden y−Werte die Bedingung −C ≤ y ≤ Cerfullen. Bei nach oben beschrankten Funktionen liegt der Graph unterhalb der Parallelen y = C1 zur
x−Achse und bei nach unten beschrankten Funktionen oberhalb der Parallelen y = C2 zur x−Achse.
Beispiele: 1. Die Funktion f (x) = x2 ist nach unten beschrankt, weil f (x) ≥ 0 gilt. Sie ist aber nicht
nach oben beschrankt.
2. Wir untersuchen die Funktion
f (x) =x2
1 + x4.
Gilt |x | ≥ 1, so ist x2 ≤ x4 ≤ 1 + x4. Das ergibt |f (x)| ≤ 1. Gilt |x | ≤ 1, so ist x2 ≤ 1 ≤ 1 + x4 und
damit |f (x)| ≤ 1. Damit gilt |f (x)| ≤ 1 fur alle x und f ist beschrankt.
3. Die Funktion f (x) = x3 ist weder nach oben, noch nach unten beschrankt. Schrankt man sie aber
auf (−∞, 0] ein, so ist sie dort nach oben beschrankt. Analog ist ihre Einschrankung auf [0,∞) nach
unten beschrankt.
3.2.2 Monotonie
Wir wollen jetzt Eigenschaften von Funktionen untersuchen, die die geometrische Gestalt des Graphen
beeinflussen. Der erste Begriff betrifft das Wachsen oder Fallen der Funktionswerte mit wachsendem
Argument.
Eine Funktion f mit dem Definitionbereich D ⊆ R heißt monoton wachsend (fallend), falls fur alle
x1, x2 ∈ D mit x1 < x2 folgt f (x1) ≤ f (x2) (f (x1) ≥ f (x2)). Sie heißt streng wachsend (fallend), falls
in den letzten Ungleichungen sogar f (x1) < f (x2) (f (x1) > f (x2)) erfullt ist.
Beispiel: 1. Wir betrachten die lineare Funktion f (x) = a + bx, wobei a, b feste reelle Zahlen sind
und die Variable x alle Werte aus D(f ) = R annehmen kann. Das Monotonieverhalten von f hangt
entscheidend von b ab. Wir bilden fur x1 < x2 die Differenz
f (x2)− f (x1) = b(x2 − x1).
Ist b = 0, dann folgt f (x2) − f (x1) = 0 und f ist die konstante Funktion, die den konstanten Wert
a fur alle x annimmt. Diese Funktion ist sowohl monoton wachsend als auch monoton fallend. Jetzt
sei b > 0. Wegen x2 − x1 > 0 ergibt sich f (x2)− f (x1) > 0 und f ist streng monoton wachsend. Ist
jetzt b < 0, so ergibt sich f (x2)− f (x1) < 0 und f ist streng monoton fallend.
2. Wir betrachten die Funktion f (x) = x2 mit dem Definitionsbereich D(f ) = R. Sei x1 = 0 und
x2 = 1, dann folgt f (x1) < f (x2). Das deutet scheinbar auf eine monoton wachsende Funktion hin.
Jetzt betrachten wir x1 = −1 und x2 = 0. Dann gilt x1 < x2 und f (x1) > f (x2). Damit ist f weder
monoton wachsend noch monoton fallend. Schrankt man jedoch den Definitionsbereich auf [0,∞)
ein, so ist die Funktion dort streng monoton wachsend. Ebenso ist sie auf (−∞, 0] streng monoton
fallend. Damit spiegelt die Funktion f (x) = x2 das typische Verhalten vieler Funktionen wieder. In
bestimmten Intervallen sind sie monoton wachsend, in anderen sind sie monoton fallend. Es liegt also
insgesamt eine gemischte Situation vor.
2. Fur festes b > 1 betrachten wir die Funktion f (x) = bx , x ∈ D(f ) = R. Sei x1 < x2. Es gilt
f (x1)
f (x2)=bx1
bx2= bx1−x2 < 1
25
3.2 Qualitative Eigenschaften reeller Funktionen
wegen (10). Damit erhalten wir
f (x1) < f (x2),
woraus folgt, dass f streng monoton wachsend ist.
3.2.3 Gerade und ungerade Funktionen
Wir wollen jetzt einen Eigenschaft von Funktionen betrachten, die eine Symmetrie-Beziehung bzw.
eine Antisymmetrie ausdruckt. Sei D ⊆ R symmetrisch, d.h. aus x ∈ D folgt −x ∈ D.
Eine Funktion f : D → R heißt
gerade wenn f (−x) = f (x),
ungerade wenn f (−x) = −f (x)
fur alle x ∈ D gilt.
Diese Eigenschaften lassen sich geometrisch so interpretieren: Bei einer geraden Funktion verlauft der
Graph spiegelbildlich zu y−Achse. Bei einer ungeraden Funktion muss man fur x < 0 zusatzlich zum
anderen Vorzeichen ubergehen.
Beispiele: 1. Die Funktion
f (x) =1
1 + x2
ist eine gerade Funktion, weil
f (−x) =1
1 + (−x)2=
1
1 + x2= f (x)
gilt. Das folgende Bild gibt eine Darstellung des Funktionsverlaufs.
2. Die Funktion
g(x) = x3 − x
ist ungerade, weil
g(−x) = (−x)3 − (−x) = −x3 + x
= −(x3 − x) = −g(x)
gilt.
3. Die Funktion
f (x) = x3 − x2 + x + 1
ist weder gerade noch ungerade. Man muss zum Nachweis dieser Aussage nur ein x finden, so dass
keine der beiden Bedingungen gilt. Es gilt
f (2) = 7 und f (−2) = −13 6= f (−1).
26
3.2 Qualitative Eigenschaften reeller Funktionen
3.2.4 Periodische Funktionen
Wir betrachten jetzt eine Eigenschaft von Funktionen, die bei der Beschreibung von Schwingungs-
vorgangen verwendet wird.
Die Funktion f : R→ R heißt periodisch mit der Periode T, falls
f (x + T ) = f (x)
fur alle x gilt.
Beispiele: 1. Die Funktion f (x) = sin x ist periodisch mit der Periode T = 2π. Das nachste Bild zeigt
die Funktionen f (x) = sin x (gestrichelte Linie) und f (x) = cos x .
2. Es sei [x ] die so genannte Gaußklammer einer reellen Zahl x. Hierbei ist [x ] die großte ganze Zahl
k, die kleiner oder gleich x ist. Dann gilt offensichtlich
x − 1 < [x ] ≤ x.
Sei g(x) eine auf dem Intervall [0, 1] definierte Funktion. Wir setzen fur jede reelle Zahl x
f (x) = g(x − [x ]).
Dann ist f eine Fortsetzung von g auf die ganze reelle Achse. Aus der Definition von [x ] ergibt sich
[x + 1] = [x ] + 1 und deshalb
f (x + 1) = g(x + 1− [x + 1]) = f (x + 1).
Somit ist f periodisch mit der Periode 1. Das nachste Bild zeigt die Funktion g(x), wenn f (x) = x
fur 0 ≤ x < 1 gilt.
3. Die Funktion f (x) = sin x + x ist nicht periodisch. Zum Nachweis bemerken wir, dass eine periodi-
sche Funktion, die auf [0, T ] betragsmaßig durch eine Konstante C beschrankt ist, durch die gleiche
Konstante auf der ganzen Achse beschrankt ist. Da die Funktion f in jedem endlichen Intervall be-
schrankt ist, musste sie im Falle der Periodizitat auch auf der ganzen Achse beschrankt sein, was
nicht der Fall ist.
3.2.5 Stetigkeit
Dem Begriff der Stetigkeit liegt die Frage zu Grunde, ob bei einer gegebenen Funktion kleine Ande-
rungen des Arguments auch nur kleine Anderungen der Funktionswerte zur Folge haben, oder ob es
abrupte Anderungen der Funktionswerte an bestimmten Stellen gibt.
Eine Funktion f : D → R heißt stetig im Punkt x ∈ D , falls fur jede Folge xn ∈ D die gegen x strebt
die Beziehung
f (x) = limn→∞
f (xn) (20)
gilt. Gilt diese Aussage fur alle x ∈ D, so heißt f stetig (auf D).
27
3.2 Qualitative Eigenschaften reeller Funktionen
Die Eigenschaft (20) kann man auch so interpretieren. Liegt der Punkt x nahe bei x, so muss auch
f (x) nahe dem Wert f (x) sein.
Beispiele: 1. Wir untersuchen die lineare Funktion f (x) = 3x + 4 hinsichtlich moglicher Stetigkeit.
Sei xn eine gegen x strebende Folge. Dann gilt
|f (xn)− f (x)| = |3xn + 4− (3x + 4)|= |3xn − 3x | = 3|xn − x |
Wegen xn → x strebt die rechte Seite gegen Null. Damit strebt auch die linke Seite gegen Null und
es gilt somit limn→∞ f (xn) = f (x). Eine lineare Funktion ist also in jedem Punkt stetig.
2. Es sei
f (x) =
{3x
fur 0 < x ≤ 3
x − 1 fur x > 3.
Wir untersuchen die Stelle x = 3. Es gilt f (3) = 1. Sei xn = 3 + 1n. Dann gilt
limn→∞
f (xn) = limn→∞
((3 +1
n)− 1) = 2 6= f (3).
Damit ist f an der Stelle x = 3 nicht stetig. Hatten wir xn = 3− 1n
gewahlt, so ware limn→∞ f (xn) =
f (x). Der entscheidende Punkt bei der Stetigkeit ist aber, dass die Limesbeziehung (20) fur jede
Folge gelten muss, die gegen x strebt.
Wir wollen jetzt typische Situationen kennen lernen, in denen keine Stetigkeit vorliegt.
Fall 1: Sei x0 ∈ D fest gewahlt. Fur jede Folge xn → x0 streben die Funktionswerte f (xn) gegen die
gleiche Zahl A, die aber vom Funktionswert f (x) verschieden ist. In diesem Fall spricht man von einer
hebbaren Unstetigkeit. Die Unstetigkeit an der Stelle x0 lasst sich beheben, wenn man zu der neuen
Funktion
f ∗(x) =
{f (x) fur x 6= x0A fur x = x0
ubergeht.
Fall 2: f (xn) strebt nicht gegen die gleiche Zahl fur jede Folge xn → x. Dann sind verschiedene Falle
moglich. Beispielsweise konnte der Fall vorliegen, dass f (xn) fur keine Folge xn → x konvergiert und
z.B. gegen unendlich strebt. In vielen Fallen streben die Folgen f (xn) gegen unterschiedliche Werte,
wenn man sich entlang unterschiedlicher Folgen dem Wert x nahert. So konnten Folgen, die von links
gegen x streben, einen anderen Limes von f (xn) nach sich ziehen als Folgen, die von rechts gegen x
streben.
Beispiele: 1. Wir betrachten die Indikator-Funktion des Intervalls [0, 1]
f (x) = I[0,1](x) =
{1 fur 0 ≤ x ≤ 1
0 sonst.
Offensichtlich sind die kritischen Punkte gerade die Stellen 0 und 1. Es gilt f (1) = 1 und f (1 + 1n
) = 0
strebt nicht gegen f (1). Aber f (1− 1n
) = 1 strebt gegen f (1).
2. Sei
f (x) =
0 fur x < 012
fur x = 0
1 fur x > 0.
.
Dann strebt fur keine Folge xn 6= 0, die gegen Null strebt, die Folge f (xn) gegen den Funktionswert
f (0) = 12
, obwohl die Folgen f (xn) selbst konvergieren konnen, wenn sie jeweils von einer Seite
kommen.
3. Sei
f (x) =1
x2 − 1, x 6= 1, x 6= −1.
28
3.2 Qualitative Eigenschaften reeller Funktionen
Diese Funktion ist in allen Punkten stetig mit Ausnahme von x = 1 und x = −1. An diesen Stellen
ist der Nenner Null und der Ausdruck 1x2−1 nicht definiert. Strebt eine Folge xn gegen 1, so streben
die zugehorigen Funktionswerte gegen unendlich.
An den obigen Beispielen haben wir gesehen, dass gewisse unstetige Funktionen Sprunge haben und
damit zwischen ihrem maximalen Wert und ihrem minimalen Wert gewisse Werte auslassen. Fur
stetige Funktionen gilt das nicht.
Zwischenwertsatz: Sei −∞ < a < b <∞. Ist f im abgeschlossenen Intervall [a, b] stetig, so gibt es
wenigstens eine Stelle x mit a ≤ x ≤ b, globale Minimumstelle genannt, mit
f (x) ≥ f (x) fur alle a ≤ x ≤ b,
und wenigstens eine Stelle x mit a ≤ x ≤ b, globale Maximumstelle genannt, mit
f (x) ≤ f (x) fur alle a ≤ x ≤ b.
Die Funktion f nimmt alle Werte zwischen f (x) und f (x) an, d.h. es gibt fur jedes η ∈ [f (x), f (x)]
wenigstens eine Stelle a ≤ ξ ≤ b mit f (ξ) = η.
Aufgrund der oben formulierten Eigenschaften einer stetigen Funktion ist der Graph einer stetigen
Funktion immer eine durchgezogene Linie.
3.2.6 Mittelbare Funktionen
Zur Bildung neuer Funktionen aus gegebenen Funktionen kann man diese mit den ublichen Rechen-
regeln fur Zahlen miteinander verknupfen. Man kann sie aber auch ineinander einsetzen. Das ist nicht
immer moglich und bedarf einer Prazisierung hinsichtlich der auftretenden Definitions- und Wertebe-
reiche.
Es seien f : D(f ) → R und g : D(g) → R zwei Funktionen mit W(g) ⊆ D(f ). Dann heißt h(x) =
f (g(x)) die Verkettung von f und g.
Die Bedingung W(g) ⊆ D(f ) sichert, dass der Ausdruck f (g(x)) tatsachlich sinnvoll ist.
Beispiele: 1. Sei f (x) =√x fur x ∈ D(f ) = [0,∞) und g(x) = sin x fur x ∈ D(g). Dann ist f (g(x))
nicht fur alle x sinnvoll definiert, weil sin x auch negative Werte annehmen kann. Die Bedingung
W(g) ⊆ D(f ) ist nicht erfullt. Umgekehrt ist aber g(f (x)) immer definiert. Es giltW(f ) ⊆ D(g) = R.2. Sei f (x) = ex und g(x) = sin x. Dann sind beide Funktionen auf der ganzen reellen Achse definiert.
Damit ist D(f ) = D(g) = R und die ForderungW(g) ⊆ D(f ) gilt damit automatisch. Man kann also
f (g) bilden und erhalt
f (g(x)) = esin x .
Umgekehrt kann man auch g(f ) bilden und erhalt
g(f (x)) = sin(ex).
So entstehen zwei vollig verschiedene Funktionen. Die Reihenfolge bei der Verkettung ist also ent-
scheidend.
29
3.2 Qualitative Eigenschaften reeller Funktionen
3.2.7 Vererbung qualitativer Eigenschaften
Eine wichtige Frage ist, ob eine bestimmte Eigenschaft, z.B. die Monotonie bei den ublichen Re-
chenoperationen und bei der Verkettung von Funktionen erhalten bleibt. Wir sprechen dann von der
Vererbung dieser Eigenschaft.
Vererbung der Monotonie: Es seien f und g monoton wachsende Funktionen mit W(g) ⊆ D(f ).
Wir prufen, ob f (g) wieder monoton wachsend ist. Dazu sei x1 < x2. Dann gilt
g(x1) ≤ g(x2).
Weil f monoton wachsend ist, konnen wir f auf beide Seiten anwenden, ohne die Ungleichung zu
verletzen. Also ergibt sich
f (g(x1)) ≤ f (g(x2))
und damit sehen wir, dass f (g) monoton wachsend ist. Wenn f und g beide monoton fallend sind, so
ist f (g) monoton wachsend. Ist jedoch eine der beiden Funktionen monoton wachsend und die andere
monoton fallend, so ist f (g) monoton fallend.
Sind f , g zwei monoton wachsende Funktionen. Es seien a, b nicht negative Zahlen und h(x) =
af (x) + bg(x). Dann gilt fur x1 < x2
h(x1) = af (x1) + bg(x1) ≤ af (x2) + bg(x2) = h(x2).
Damit ist h wieder monoton wachsend. Sind a und b beide nicht positiv, so dreht sich die Ungleichung
um und h ist monoton fallend. Ist eine der Zahlen a, b positiv und die andere negativ, so ist h im
Allgemeinen weder monoton wachsend noch monoton fallend.
Vererbung der Stetigkeit:
Eine wichtige Eigenschaft der Stetigkeit ist, dass diese Eigenschaft bei der Verknupfung von zwei
oder mehr Funktionen mit Hilfe der Rechenoperationen +,−, · und : erhalten bleibt. Ebenso fuhrt die
Multiplikation mit einer festen Zahl wieder zu einer stetigen Funktion.
Sind f und g stetige Funktionen und a, b reelle Zahlen, so sind
af (x) + bg(x), f (x) + g(x), f (x)− g(x) und f (x)g(x)
stetig. Weiterhin ist f (x)g(x)
an allen Punkten stetig, wo g ungleich Null ist. Die Eigenschaft der Stetigkeit
bleibt bei der Verkettung von Funktionen auch erhalten. Wir erinnern zunachst daran, dass nach
(20) die Forderung der Stetigkeit gerade besagt, dass man dass Funktionssymbol und den Limes
vertauschen kann, d.h. es gilt fur jede konvergente Folge xn
limn→∞
f (xn) = f ( limn→∞
xn).
Seien f und g stetige Funktionen mit W(g) ⊆ D(f ). Fur eine gegen x konvergente Folge xn setzen
wir yn = g(xn). Dann folgt aus der Stetigkeit von g : limn→∞ yn = y = g(x) und wir erhalten aus der
Stetigkeit von f
limn→∞
f (g(xn)) = f ( limn→∞
g(xn))
= f ( limn→∞
yn) = f (y) = f (g(x)).
Die Verkettung stetiger Funktionen ist also wieder stetig.
30
3.2 Qualitative Eigenschaften reeller Funktionen
3.2.8 Umkehrfunktion
Im Allgemeinen ordnet eine Funktion unterschiedlichen Argumenten nicht notwendig verschiedene
Funktionswerte zu. Man denke etwa an die Funktion f (x) = x2 fur die gilt f (−3) = f (3) = 9. Gilt
dagegen, dass aus
x1 6= x2 =⇒ f (x1) 6= f (x2), (21)
so kann man jedem Funktionswert sein eindeutig bestimmtes Argument zuordnen. Die Bedingung
(21) ist z.B. fur streng monotone Funktionen erfullt.
Ist die Bedingung (21) erfullt und y = f (x), so heißt die durch g(y) = x definierte Funktion die
Umkehrfunktion von f .
Es gilt fur die Definitions- bzw. Wertebereiche der Funktionen f und g
D(g) = W(f ), W(g) = D(f ), sowie
f (g(y)) = y und g(f (x)) = x.
Bei der Berechnung einer Umkehrfunktion geben wir uns ein y vor und suchen das x mit f (x) = y ,
wir suchen also die Stelle, wo die Funktion f das Niveau y schneidet. Umgekehrt schneidet die
Umkehrfunktion das Niveau x an der Stelle y . Insgesamt ergibt sich also die Umkehrfunktion durch
Spiegelung an der Geraden y = x.
Beispiele: 1. Sei f (x) = a + bx und b 6= 0, Dann konnen wir die Gleichung y = a + bx nach x
auflosen und erhalten
x =y − ab
.
Also ist die Umkehrfunktion gegeben durch
g(y) =y − ab
.
2. Fur f (x) = x2 mit dem Definitionsbereich D(f ) = R existiert keine Umkehrfunktion, weil z.B. zum
Wert y = 9 die beiden Argumente 3 und −3 fuhren. Weil f aber auf [0,∞) und auf (−∞, 0] jeweils
streng monoton sind, kann man fur die Einschrankungen der Funktion f getrennte Umkehrfunktionen
finden. Fur die Einschrankung von f auf D = [0,∞) existiert die Umkehrfunktion g =√y und das
folgende Bild zeigt die Spiegelung g von f an der Geraden y = x. Die durchgezogene Linie ist x2 und
die gestrichelte Linie ist√x.
3. Gesucht ist die Umkehrfunktion von
f (x) =1− xx + 3
, D(f ) = (−3,∞).
Wir untersuchen zunachst den Wertebereich. Nahert sich x von rechts dem Wert −3 so strebt f gegen
unendlich. Fur x = 1 ist f (x) Null und fur x →∞ strebt f (x) gegen −1. Damit giltW(f ) = (−1,∞).
Die Auflosung der Gleichung y = f (x) nach x ergibt
y =1− xx + 3
=⇒ y(x + 3) = 1− x
=⇒ xy + 3y = 1− x
x(y + 1) = 1− 3y =⇒ x =1− 3y
y + 1
Damit lautet die Umkehrfunktion
g(y) =1− 3y
y + 1, D(g) = (−1,∞).
31
4.1 Polynome und rationale Funktionen
4 Elementare Funktionen
4.1 Polynome und rationale Funktionen
Eine flexible und mathematisch einfach handhabbare Klasse von Funktionen bilden die ganzen ratio-
nalen Funktionen oder Polynome. Jede Funktion
f (x) =∑n
i=0aix
i = a0 + a1x + ...+ anxn
heißt Polynom. Die reellen Zahlen ai heißen die Koeffizienten und der Exponent der hochsten vorkom-
menden Potenz heißt der Grad (also n falls an 6= 0).
Beispiele: 1.
f (x) = 2x2 − x + 1, also a0 = 1, a1 = −1, a2 = 2, Grad 2
2.
f (x) = −x + 4, also a0 = 4, a1 = −1, Grad 1
3.
f (x) = 6, also a0 = 6, Grad 0.
Wir untersuchen jetzt, ob Polynome die oben diskutierten qualitativen Eigenschaften besitzen.
Beispiele: 1. Wir starten mit der konstanten Funktion
f (x) = a,
wobei a eine reelle Zahl ist. Diese Funktion ist zugleich monoton wachsend und monoton fallend,
naturlich nicht streng. Sie ist stetig. Diese Funktion besitzt keine Umkehrfunktion.
2. Die lineare Funktion
f (x) = a + bx, b 6= 0.
ist stetig. Sie ist streng monoton wachsend fur b > 0 und streng monoton fallend fur b < 0. Die
lineare Funktion besitzt fur b 6= 0 eine Umkehrfunktion, die man durch Auflosen der Gleichung
a + bx = y
nach x erhalt. Damit folgt
g(y) =y − ab
.
3. Wir betrachten jetzt die quadratische Funktion
f (x) = a + bx + cx2, c 6= 0.
Diese Funktion ist stetig. Sie ist aber im Allgemeinen nicht mehr monoton und besitzt deshalb keine
Umkehrfunktion.
Betrachtet man jetzt eine allgemeine rationale Funktion f (x) =∑n
i=0 aixi , so ist diese wieder stetig.
Alle anderen Eigenschaften, wie Monotonie und Existenz einer Umkehrfunktion gehen im Allgemeinen
aber verloren. Es zeigt sich aber, dass es zu jeder solchen Funktion immer gewisse Intervalle gibt, in
denen diese Eigenschaften fur f erfullt sind.
32
4.2 Gebrochen-rationale Funktionen
4.2 Gebrochen-rationale Funktionen
Den Quotienten zweier Polynome nennt man eine gebrochen-rationale Funktion. Sie hat die Gestalt
f (x) =
∑ni=0 aix
i∑mj=0 bjx
j
und ihr Definitionsgebiet besteht aus allen x, fur die der Nenner ungleich Null ist. Wahrend man durch
Addition, Subtraktion und Multiplikation von Polynomen wieder Polynome erhalt, bleibt man in der
großeren Klasse der gebrochen-rationalen Funktionen auch bei der Division in dieser Klasse.
Beispiel: Sei
f (x) =x
1 + x2und g(x) =
1 + x2
1 + 2x4.
Dann gilt fur das Produkt
f (x)g(x) =x
1 + x2·
1 + x2
1 + 2x4
=x(1 + x2)
(1 + x2)(1 + 2x4)
=x3 + x
2x6 + 2x4 + x2 + 1
und fur den Quotienten
f (x)
g(x)=
x1+x2
1+x2
1+2x4
=x
1 + x2·
1 + 2x4
1 + x2
=x(1 + 2x4)
(1 + x2)(1 + x2)=
2x5 + x
x4 + 2x2 + 1.
4.3 Potenzfunktionen
Wir hatten fruher bereits die allgemeine Potenz bp kennengelernt, wobei b eine positive Zahl war und
p beliebig reell war. Hier treten zwei Variablen b und p auf. Wir wollen jetzt p festhalten und b als
unabhangige Variable betrachten. Deshalb schreiben wir dann auch x statt b. Fur festes reelles p heißt
die Funktion
f (x) = xp, x > 0
die Potenzfunktion mit Potenz p. Speziell heißt fur p = 1n
die Funktion
f (x) = x1n = n√x, x ≥ 0
die n−te Wurzel. Fur ganzzahlige p = n ist xp = xn fur alle x definiert, wobei fur n < 0 der Wert
x = 0 auszuschließen ist.
Fur alle Potenzfunktionen gilt:
1. Sie sind nicht negativ, also nach unten durch 0 beschrankt.
2. f (x) = xp geht durch (1, 1).
3. Fur x → ∞ und p > 0 wachst f (x) = xp unbegrenzt und strebt gegen unendlich. Fur p < 0
strebt f (x) = xp fur x →∞ gegen Null.
4. f (x) = xp ist streng monoton wachsend fur p > 0 und streng monoton fallend fur p < 0.
33
4.4 Exponential-und Logarithmusfunktion
5. f (x) = xp ist stetig.
Seien
f1(x) = xp1, und f2(x) = xp2
zwei Potenzfunktionen. Dann sind
f1(x)f2(x) = xp1+p2
f1(x)
f2(x)= xp1−p2
f1(f2(x)) = (f2(x))p1
= (xp2)p1 = xp1·p2
wieder Potenzfunktionen.
Wir betrachten jetzt die Frage der Umkehrfunktion der Funktion y = xp. Nach den Potenzgesetzen
gilt
y1p = (xp)
1p = xp·
1p = x.
Damit ist
g(y) = y1p
die Umkehrfunktion der Potenzfunktion f (x) = xp. Speziell ist also die n−te Wurzel gerade die
Umkehrfunktion der Potenzfunktion xn, wenn man diese nur in dem Bereich x ≥ 0 betrachtet.
4.4 Exponential-und Logarithmusfunktion
In der allgemeinen Potenz bp halten wir jetzt das b > 0, b 6= 1 fest und lassen p als unabhangige
Variable laufen, die wir dann mit x bezeichnen.
Fur b > 0, b 6= 1 heißt die Funktion
f (x) = bx , −∞ < x <∞
die Exponentialfunktion mit Basis b. Ist b = e die Eulersche Zahl, so wird ex die Exponentialfunktion
(ohne Zusatz) genannt.
Das folgende Bild zeigt Exponentialfunktionen zu den Basen 3 (durchgezogene Linie), e (fette Linie)
und 1/3 (gestrichelte Linie).
Wir tragen jetzt qualitative Eigenschaften von Exponentialfunktionen zusammen. Jede Exponential-
funktion besitzt folgende Eigenschaften.
1. Sie ist nicht negativ, also nach unten durch 0 beschrankt.
2. f (x) = bx geht durch den Punkt (0, 1).
3. Fur x → ∞ und b > 1 wachst f (x) = bx unbegrenzt und strebt gegen unendlich. Fur b < 1
strebt f (x) = bx fur x →∞ gegen Null. Fur x → −∞ gelten analoge Aussagen.
4. f (x) = bx ist streng monoton wachsend in x fur b > 1 und streng monoton fallend fur b < 1.
34
4.4 Exponential-und Logarithmusfunktion
5. f (x) = bx ist stetig.
Wir betrachten jetzt die Umkehrfunktion, d.h. die Losung der Gleichung y = bx , b > 0, b 6= 1. Die
Auflosung ergibt nach der Definition des Logarithmus zur Basis b, siehe (13)
x = logb y .
Wir wollen jetzt die Logarithmusfunktion systematisch studieren und bezeichnen die unabhangige Va-
riable mit x, wir untersuchen also die Funktion f (x) = logb x. Nach der Definition der Umkehrfunktion
gilt
blogb x = x.
Bilden wir jetzt den naturlichen Logarithmus auf beiden Seiten, so erhalten wir
(ln b) · (logb x) = ln x
logb x =ln x
ln b.
Hieraus sehen wir, dass sich die verschiedenen Logarithmusfunktionen nur um einen Faktor unter-
scheiden. Dieser Faktor kann positiv oder negativ sein. Trotzdem reicht es also prinzipiell aus, mit
dem naturlichen Logarithmus zu arbeiten. Das folgende Bild zeigt den Verlauf des naturlichen und des
dekadischen Logarithmus (dunne Linie).
Beispiel: Ein Kapital K0 wird zum Zeitpunkt t = 0 mit einem Zinssatz von p% angelegt. Bei konti-
nuierlicher Verzinsung ist das Kapital zur Zeit t dann
Kt = K0 · exp{p
100t}.
Hierbei ist exp{x} nur ein anderes Symbol fur ex , das bei komplizierteren Exponenten verwendet wird.
Gesucht ist jetzt die Zeit τ bis zu der sich das Kapital verdoppelt hat. Dann gilt
Kτ = K0 · exp{p
100τ} = 2K0
Das ergibt
exp{p
100τ} = 2.
Bilden des naturlichen Logarithmus ergibt
p
100τ = ln 2
τ =100 · ln 2
p.
Bei einem Zinssatz von p = 4, 75% folgt
τ =100 · ln 2
p≈ 14, 59.
Eine Verdopplung des Kapitals erfolgt etwa in 14 Jahren und 7 Monaten.
35
4.5 Trigonometrische Funktionen
4.5 Trigonometrische Funktionen
Bei der Einfuhrung der trigonometrischen Funktionen messen wir den Winkel mit Hilfe des Bogenma-
ßes. Ist also irgendein Winkel 0◦ ≤ α ≤ 360◦ gegeben, so bezeichnen wir durch ϕ die Lange desjenigen
Kreisstucks auf dem Einheitskreis, fur die die eingezeichneten Radien gerade den Winkel α einschlie-
ßen. Nach Konstruktion entspricht der Vollwinkel dem Bogenmaß 2π, dem rechten Winkel entspricht
π/2 und der Winkel 180◦ entspricht der Bogenlange π. Wir betrachten jetzt ein rechtwinkliges Dreieck
mit den Kathetenlangen a und b und der Lange der Hypothenuse
c =√a2 + b2.
Die Kathete mit der Lange a sei gegenuber dem betrachteten Winkel α (im Bogenmaß ϕ gemessen).
Wir fuhren dann die trigonometrischen Funktionen Sinus und Cosinus in der bekannten Weise ein
sinϕ =a
c=
Gegenkathete
Hypotenuseund cosϕ =
b
c=
Ankathete
Hypotenuse. (22)
Das konnen wir auch am Einheitskreis veranschaulichen. Im Dreieck im Einheitskreis ist c = 1 die
Radiuslange und somit
b = cosϕ und a = sinϕ.
Damit lassen sich also die Punkte des Einheitskreises schreiben als (cosϕ, sinϕ). Aus der Definition
(22) folgt, dass beide Funktionen (sinϕ und cosϕ) periodisch mit der Periode 2π sind, d.h. es gilt
sinϕ = sin(ϕ+ 2π) und cosϕ = cos(ϕ+ 2π)
Ihre Werte liegen stets zwischen −1 und 1. Das folgende Bild veranschaulicht den Verlauf dieser
beiden trigonometrischen Funktionen.
In einem nicht notwendig rechtwinkligen Dreieck mit den Winkeln α, β, γ und den gegenuberliegenden
Seiten mit den Langen a, b, c gilt der Sinussatz und der Kosinussatz.
sinα
a=
sinβ
b=
sin γ
cSinussatz
a2 = b2 + c2 − 2bc cosα Kosinussatz.
Bei der Bildung der Quotienten der beiden trigonometrischen Funktionen sinϕ und cosϕ mussen wir
beachten, dass sinϕ an den Stellen kπ und cosϕ an den Stellen (k + 12
)π Nullstellen hat. Wir setzen
tanϕ =sinϕ
cosϕ, ϕ 6= (k +
1
2)π
cotϕ =cosϕ
sinϕ, ϕ 6= kπ.
Im Gegensatz zu den Funktionen sinϕ und cosϕ sind die Funktionen tanϕ und cotϕ nicht beschrankt.
Durchlauft ϕ das Intervall (−π2, π2
) so nimmt tanϕ alle Werte zwischen −∞ und ∞ an.
Analog nimmt cotϕ alle Werte zwischen −∞ und ∞ an, wenn ϕ das Intervall (0, π) durchlauft. Das
folgende Bild zeigt den Verlauf von tanϕ und cotϕ wobei die letzte Funktion gestrichelt gezeichnet
wurde.
36
4.6 Arkusfunktionen
Zwischen den trigonometrischen Funktionen gibt es vielfaltige Beziehungen. Wir listen einige von
ihnen auf
cos(−ϕ) = cosϕ gerade Funktion
sin(−ϕ) = − sinϕ ungerade Funktion
sin2 ϕ+ cos2 ϕ = 1 trigonometrischer Pythagoras
cos(ϕ1 + ϕ2) = cosϕ1 cosϕ2 − sinϕ1 sinϕ2 Additionstheorem
sin(ϕ1 + ϕ2) = sinϕ1 cosϕ2 + cosϕ1 sinϕ2 Additionstheorem
Aus der letzten Formel folgt
sin(ϕ+π
2) = cosϕ
sin(2ϕ) = 2 sinϕ cosϕ.
Wir listen einige speziellen Werte von sinϕ und cosϕ auf:
ϕ 0 π6
π4
π3
π2
2π3
3π4
5π6
π
0 300 450 600 900 1200 1350 1500 1800
sinϕ 0 12
12
√2 1
2
√3 1 1
2
√3 1
2
√2 1
20
cosϕ 1 12
√3 1
2
√2 1
20 −1
2−12
√2 −1
2
√3 −1
(23)
4.6 Arkusfunktionen
Bei der Einfuhrung von Umkehrfunktionen mussen wir beachten, dass die periodischen trigonometri-
schen Funktionen nicht monoton sind und deshalb keine Umkehrfunktion besitzen. Wir konnen aber
Intervalle finden, in denen diese Funktionen streng monoton sind und deshalb auf diesen eingeschrank-
ten Bereichen Umkehrfunktionen besitzen. Beginnen wir zunachst mit der Sinusfunktion sinϕ. Sie ist
im Intervall [−π2, π2
] streng monoton wachsend. Der Wertebereich ist hierfur [−1, 1]. Ahnlich ist die
Kosinusfunktion streng monoton im Intervall [0, π]. Deshalb schranken wir uns bei der Einfuhrung der
Umkehrfunktionen (Arkussinus und Arkuskosinus) auf diese Intervalle ein.
y = sin x, −π
2≤ x ≤
π
2⇔ x = arcsin y , −1 ≤ y ≤ 1
y = cos x, 0 ≤ x ≤ π ⇔ x = arccos y , −1 ≤ y ≤ 1.
Das bedeutet, dass arcsin y derjenige Winkel ist, fur den der Sinus gerade den Wert y hat und
entsprechend fur den Kosinus. Analog fuhren wir durch Einschrankung auf Monotonieintervalle von
tanϕ und cotϕ die entsprechenden Umkehrfunktionen ein, die mit Arkustangens und Arkuskotangens
bezeichnet werden.
y = tan x, −π
2< x <
π
2⇔ x = arctan y , −∞ < y <∞
y = cot x, 0 < x < π ⇔ x = arccot y , −∞ < y <∞.
4.7 Weitere elementare Funktionen
Potenz-, Wurzel-, Exponential-, Logarithmusfunktion und trigonometrische Funktionen und deren
Umkehrfunktionen sind Grundfunktionen. Jede Funktion, die sich aus den Grundfunktionen und Kon-
stanten durch die Grundrechenarten und das Bilden mittelbarer Funktionen in endlich vielen Schritten
erzeugen lasst, heißt elementare Funktion. Damit sind z.B. alle Polynome und alle gebrochen ratio-
nalen Funktionen elementare Funktionen. Wir betrachten weitere Beispiele.
Beispiele: 1. Die Funktion
sinh x =1
2(ex − e−x), −∞ < x <∞
37
4.8 Gleichungen und Ungleichungen fur elementare Funktionen
heißt der hyperbolische Sinus. Ahnlich heißt
cosh x =1
2(ex + e−x), −∞ < x <∞
der hyperbolische Kosinus.
2. Wir betrachten die Funktion
f (x) = (cos(x2) + 3)(ln x)−1/2 − 2 exp{sin x}
Wegen ln x > 0 fur x > 1 ist der naturliche Parameterbereich gegeben durch D(f ) = (1,∞).
3. Die Funktion
f (t) =
{cos t fur t ≤ 0
e−0,2·t cos t fur t > 0
beschreibt eine Schwingung, die fur t ≤ 0 harmonisch ist und fur t > 0 durch den Faktor e−0,2·t
exponentiell gedampft ist.
4.8 Gleichungen und Ungleichungen fur elementare Funktionen
4.8.1 Lineare Funktionen
Wir wollen jetzt Gleichungen untersuchen, in die lineare und nichtlineare elementare Funktionen ein-
gehen. Die lineare Funktion f (x) = a+ bx besitzt genau eine Nullstelle, die fur b 6= 0 durch x0 = − ab
gegeben ist.
4.8.2 Quadratische Funktionen
Wir betrachten mogliche Nullstellen eines quadratischen Polynoms, d.h. Losungen der Gleichung
a + bx + cx2 = 0.
Sei c 6= 0. Nach Division durch c und durch eine Anderung der Bezeichnung der Koeffizienten laßt
sich diese Gleichung in der Form
x2 + px + q = 0
mit reellen Koeffizienten p und q schreiben. Jetzt sind drei Falle zu unterscheiden.
1. Es gilt
Diskriminante = D =p2
4− q > 0.
Dann existieren zwei reelle Nullstellen, die gegeben sind durch
x1 = −p
2+√D und x2 = −
p
2−√D. (24)
Die Parabel y = x2 + px + q schneidet die x−Achse in den beiden Punkten x1, x2.
2. Es gilt
D =p2
4− q = 0.
Dann fallen x1 und x2 zusammen. Es gibt eine doppelte Nullstelle
x1 = x2 = −p
2
und die Parabel y = x2 + px + q beruhrt die x−Achse im Punkt −p2
38
4.8 Gleichungen und Ungleichungen fur elementare Funktionen
3. Es gilt
D =p2
4− q < 0.
Dann existieren keine reellen Nullstellen. Die Parabel y = x2 + px + q liegt vollstandig oberhalb
der x−Achse.
Beispiele: 1. Gesucht sind die Losungen der Gleichung
x2 − x − 2 = 0.
Es gilt
D =p2
4− q =
1
4(−1)2 + 2 =
9
4> 0.
Es existieren also zwei verschiedene Nullstellen
x1 =1
2+√D =
1
2+
3
2= 2
x2 =1
2−√D = −1.
2. Gesucht sind die Losungen der Gleichung
x2 − x +1
4= 0.
Es gilt
D =p2
4− q =
1
4(−1)2 −
1
4= 0.
Es existiert eine doppelte Nullstelle
x1 = x2 = −p
2=
1
2.
3. Gesucht sind die Losungen der Gleichung
x2 − x + 2 = 0.
Es gilt
D =p2
4− q =
1
4(−1)2 − 2 = −
7
4< 0,
es existiert keine Nullstelle.
Beispiel: Gesucht sind alle x ∈ R, die der Ungleichung
x2 − 2x − 3 > 3− x
genugen. Wir bestimmen zunachst die Nullstellen der Funktion
f (x) = x2 − 2x − 3− (3− x)
= x2 − x − 6.
39
4.8 Gleichungen und Ungleichungen fur elementare Funktionen
Dazu berechnen wir die Diskriminante
D = (−1
2)2 − (−6) =
1
4+ 6 =
25
4> 0.
Also liegen zwei verschiedene Nullstellen vor.
x1 = −1
2(−1) +
√D =
1
2+
√25
4= 3
x2 = −1
2(−1)−
√D =
1
2−√
25
4= −2.
Die Parabel f schneidet die x−Achse in den Punkten −2 und 3. Liegt der Scheitelpunkt unterhalb oder
oberhalb der x−Achse? Der zugehorige x−Wert liegt genau in der Mitte zwischen den Nullstellen, ist
also 12
(−2 + 3) = 12. Wie groß ist der Funktionswert?
f (1
2) = (
1
2)2 −
1
2− 6 = −
25
4< 0.
Damit gilt alsof (x) ≤ 0 fur −2 ≤ x ≤ 3
f (x) > 0 fur x /∈ [−2, 3].
Die gesuchte Losungsmenge ist also (−∞,−2) ∪ (3,∞). Die folgende Abbildung illustriert die obige
Ungleichung.
4.8.3 Weitere Gleichungen fur elementare Funktionen
Wir berechnen jetzt die Nullstellen von Funktionen, die Wurzel-Ausdrucke, die Exponentialfunktion
oder trigonometrische Funktionen enthalten. Hierbei kommt es darauf an, die entsprechenden Aus-
drucke zunachst geeignet umzuformen.
Beispiel fur Wurzelgleichung: Gesucht sind die Losungen der Gleichung
√x −√x − 1 =
√2x − 1
Damit die Wurzelausdrucke sinnvoll sind, muss gelten
x ≥ 0, x − 1 ≥ 0 und 2x − 1 ≥ 0. (25)
Das bedeutet insgesamt x ≥ 1. Quadrieren der obigen Gleichung ergibt
x − 2√x√x − 1 + x − 1 = 2x − 1
−2√x√x − 1 = 0√
x(x − 1) = 0
x(x − 1) = 0
Hieraus folgt, dass wenigstens ein Faktor Null sein muss, also x = 0 oder x = 1. Der Wert x = 0
erfullt nicht die Nebenbedingung x ≥ 1. Also ist x = 1 die gesuchte Nullstelle.
Beispiele fur Exponentialgleichungen und logarithmische Gleichungen: 1. Gesucht sind die Losun-
gen der Gleichung
25x+1 = 32x+2.
40
4.8 Gleichungen und Ungleichungen fur elementare Funktionen
Wir bilden auf beiden Seiten den Logarithmus zur Basis 2. Das ergibt
5x + 1 = (log2 3)(2x + 2)
x(5− 2 log2 3) = 2 log2 3− 1
x =2 log2 3− 1
5− 2 log2 3.
Bei der numerischen Berechnung, muss man log2 3 ermitteln. Das kann man mit der Umrechnungs-
formel fur Logarithmen machen, wobei dann der Taschenrechner fur die Berechnung der naturlichen
oder dekadischen Logarithmen verwendet wird. Einfacher und systematischer wird der Losungsweg,
wenn man gleich die naturlichen Logarithmen verwendet. Dann ergibt sich
(5x + 1) ln 2 = (2x + 2) ln 3
x(5 ln 2− 2 ln 3) = 2 ln 3− ln 2
x =2 ln 3− ln 2
5 ln 2− 2 ln 3≈ 1, 1857
2. Bei festem b > 0, b 6= 1 sind die Losungen der Gleichung
logb(2x + 3) = logb(x − 1) + 1
gesucht. Durch Umformung erhalten wir
logb2x + 3
x − 1= 1
Nimmt man die linke und die rechte Seite als Potenz von b, so folgt
blogb2x+3x−1 = b
2x + 3
x − 1= b
(b − 2)x = b + 3
Fur b = 2 gibt es keine Losung. Fur b 6= 2 ist
x =b + 3
b − 2
die gesuchte Losung.
Beispiele fur goniometrische Gleichungen: 1. Gesucht sind die Losungen der Gleichung
cos x + 2 cos2 x − 1 = 0.
Wir setzen y = cos x und erhalten
2y 2 + y − 1 = 0
y 2 +1
2y −
1
2= 0.
Mit der Formel (24) fur die Nullstellen ergibt sich
y1 = −1
4+
√1
16+
1
2= −
1
4+
√9
16=
1
2
y2 = −1
4−√
1
16+
1
2= −
1
4−√
9
16= −1.
41
4.9 Numerische Losungen von Gleichungen
Also gilt cos x = 12
oder cos x = −1. Wegen cos(±π3
) = 12
(siehe Tabelle (23)) ist im ersten Fall
x = ±π
3+ 2kπ
Im zweiten Fall ist wegen cosπ = −1
x = π + 2kπ = (2k + 1)π.
2. Gesucht sind die Losungen der Gleichung
2 cos2 x + 2 cos x = 0.
Hieraus folgt
2 cos x(1 + cos x) = 0.
Also gilt cos x = 0 oder 1+cos x = 0. Im ersten Fall ist x = π2
+kπ im zweiten Fall ist x = π+2kπ =
(2k + 1)π.
4.9 Numerische Losungen von Gleichungen
Die im vorigen Abschnitt betrachteten nichtlinearen Gleichungen waren gewisse Spezialfalle, die auf-
grund ihrer einfachen Struktur eine formelmaßige Auflosung gestatteten. In der Mehrzahl der Falle
ist man jedoch auf numerische Verfahren angewiesen. Wir wollen hier eine sehr einfache, aber breit
anwendbare Methode kennen lernen.
Es sei f eine im Intervall [a, b] definierte stetige Funktion. Dann nimmt diese Funktion jeden Wert
zwischen dem Maximum und dem Minimum an. Haben also f (a) und f (b) unterschiedliche Vorzeichen,
so gibt es wenigstens eine Nullstelle im Intervall [a, b]. Wir betrachten jetzt die Intervalle [a, 12
(a+ b)]
und [12
(a + b), b]. Dann liegt genau einer der beiden folgenden Falle vor:
f (a) und f (1
2(a + b)) haben unterschiedliche Vorzeichen
f (1
2(a + b)) und f (b) haben unterschiedliche Vorzeichen.
Moge etwa der erste Fall vorliegen. Dann muss im Intervall [a, 12
(a + b)] wenigstens eine Nullstelle
liegen. Jetzt halbieren wir dieses Intervall wieder und betrachten die Intervalle
[a,3
4a +
1
4b], und [
3
4a +
1
4b,
1
2(a + b)].
Fur eines dieser Intervalle haben die Funktionswerte von f an den Endpunkten unterschiedliche Vor-
zeichen. Dann wird dieses Intervall wieder halbiert und das Intervall ausgewahlt, fur das die Vorzeichen
der Funktionswerte von f an den Endpunkten unterschiedlich sind. Insgesamt erhalt man so eine Folge
von Intervallen [an, bn] mit der Eigenschaft [a0, b0] = [a, b] und
bn − an = 2−n(b − a).
Die Intervalllange strebt also sehr schnell gegen Null. Es laßt sich nun nachweisen, dass die Zahlen-
folgen an, bn gegen eine Zahl x0 streben, die eine Nullstelle von f ist. Dieses Verfahren der approxi-
mativen Nullstellenbestimmung heißt das Halbierungsverfahren. Wir demonstrieren das Vorgehen an
einem Beispiel.
Beispiel: Es sei
f (x) = ex + x3 − 2.
42
5.1 Der Begriff der Ableitung
Es gilt f (0) = 1 + 0 − 2 < 0 und f (1) = e + 1 − 2 > 0. Deshalb konnen wir a0 = 0 und b0 = 1
wahlen. Die folgende Tabelle gibt die weiteren Arbeitsschritte an.
aiai+bi2
bi f (ai) f (ai+bi2
) f (bi)
0 0, 5 1 −1 −0, 2263 1, 7183
0, 5 0, 75 1 −0, 2263 0, 5389 1, 7183
0, 5 0, 625 0, 75 −0, 2263 0, 1124 0, 5389
0, 5 0, 5625 0, 625 −0, 2263 −0, 067 0, 1124
0, 5625 0, 5938 0, 625 −0, 067 0, 02 0, 1124
0, 5625 0, 5781 0, 5938 −0, 067 −0, 02 0, 02
0, 5781 0, 5859 0, 5938 −0, 02 −0, 002 0, 02
0, 5859 0, 5898 0, 5938 −0, 0021 0, 0089 0, 02
Also ist x0 ≈ 0, 59 eine Approximation fur die gesuchte Nullstelle. Das folgende Bild illustriert den
Verlauf der Funktion f (x) = ex + x3 − 2.
5 Differentialrechnung
5.1 Der Begriff der Ableitung
Wir haben bisher schon einige qualitative Eigenschaften von Funktionen kennen gelernt. Dies waren
Beschranktheit, Monotonie und Stetigkeit. Allerdings hatten wir zum Nachweis der Monotonie bisher
keine systematischen Hilfsmittel zur Verfugung. Die Idee besteht jetzt darin, den Zuwachs f (x0+h)−f (x0) einer Funktion naher zu untersuchen. Wenn f stetig ist, so strebt diese Differenz gegen Null.
Die entscheidende Idee ist, den relativen Zuwachs zu betrachten, also den Zuwachs f (x0+ h)− f (x0)
am Zuwachs h des Arguments zu messen, also zum Differenzen-Quotienten uberzugehen:
∆f (x0, h) =f (x0 + h)− f (x0)
h. (26)
Dieser Ausdruck hangt noch von h ab. Da wir vor allem an sehr kleinen Zuwachsen interessiert sind,
lassen wir h gegen Null streben.
Sei I ein offenes Intervall und f : I → R eine in I definierte Funktion. Die Funktion f heißt im Punkt
x0 ∈ I differenzierbar, falls es eine durch f ′(x0) bezeichnete reelle Zahl derart gibt, dass fur jede Folge
hn → 0 gilt
f ′(x0) = limn→∞
f (x0 + hn)− f (x0)
hn. (27)
Die Zahl f ′(x0) heißt dann die Ableitung von f an der Stelle x0. Ist f in jedem Punkt des Intervalls
I differenzierbar, dann heißt die Funktion x 7→ f ′(x) die Ableitung der Funktion f . Ist diese wieder
differenzierbar, dann heißt die Ableitung (f ′)′ der Ableitung f ′ die zweite Ableitung und wird mit f ′′
bezeichnet. Analog sind weitere hohere Ableitungen definiert, vorausgesetzt sie existieren.
Weil der Limes in (27) fur jede gegen Null strebende Folge hn existiert und den gleichen Wert hat
schreibt man auch
f ′(x0) = limh→0
f (x0 + h)− f (x0)
h.
Interpretation als Differential:
43
5.1 Der Begriff der Ableitung
Wie kann man naherungsweise den Funktionswert f (x + h) berechnen, wenn f (x) bekannt ist? Aus
(26) und (27) ergibt sich fur kleine h
∆f (x, h) ≈ f ′(x)
f (x + h) ≈ f (x) + f ′(x) · h.
Um zu betonen, dass h betragsmaßig sehr klein ist, setzt man dx = h und bezeichnet dx als Diffe-
rential. Dann liefert das Differential dy = f ′(x)dx naherungsweise (fur kleines dx) den Zuwachs der
Funktionswerte.
Interpretation als Anstieg der Tangente
Wir betrachten die Sekante, die durch die Punkte (x0, f (x0)) und (x0 + h, f (x0 + h)) geht. Die ent-
sprechende Geradengleichung lautet
gh(x) = f (x0) +f (x0 + h)− f (x0)
h(x − x0)
= f (x0) + ∆f (x0, h)(x − x0), h 6= 0.
Das ist eine Schar von Geraden, die alle durch den Punkt (x0, f (x0)) gehen, aber unterschiedliche
Anstiege ∆f (x0, h) haben, die fur h → 0 gegen den Anstieg
limh→0
∆f (x0, h) = f ′(x0)
streben. Setzen wir jetzt
g0(x) = f (x0) + f ′(x0)(x − x0),
dann gilt
limh→0
gh(x) = g0(x).
Die durch g0(x) definierte Gerade wird als Tangente von f in x0 bezeichnet. Das folgende Bild illustriert
den Ubergang von der Sekante zur Tangente.
Wir betrachten eine einfaches Beispiel, das zeigt, wie man vom Differenzen-Quotienten zur Ableitung
gelangt.
Beispiele: 1. Sei f (x) = a + bx die lineare Funktion. Dann gilt
∆f (x0, h) =a + b(x0 + h)− (a + bx0)
h
=bh
h= b
f ′(x0) = limh→0
∆f (x0, h) = b = Anstieg der Geraden
Ist b = 0, dann ist f (x) = a + bx = a die konstante Funktion deren Ableitung gleich Null ist.
2. Es sei f (x) = x2. Dann gilt
∆f (x0, h) =(x0 + h)2 − x20
h
=x20 + 2hx0 + h2 − x20
h= 2x0 + h.
Somit gilt
limh→0
∆f (x0, h) = 2x0
44
5.1 Der Begriff der Ableitung
und deshalb (x2)′ = 2x. Durch ahnliche Uberlegungen erhalt man, dass alle elementaren Funktionen
differenzierbar sind und die Gestalt der Ableitung.
(c)′ = 0, c ist eine Konstante
(xn)′ = nxn−1, n ganzzahlig
(xa)′ = axa−1, x > 0 falls a nicht ganzzahlig ist
(ex)′ = ex , −∞ < x <∞
(ax)′ = ax ln a, a > 0,−∞ < x <∞
(ln x)′ = 1x, x > 0
(28)
Alle trigonometrischen Funktionen und ihre Umkehrfunktionen sind differenzierbar.
(sin x)′ = cos x, (cos x)′ = − sin x, −∞ < x <∞
(tan x)′ = 1cos2 x
= 1 + tan2 x, x 6= π2
+ kπ, k ganz
(cot x)′ = − 1sin2 x
= −1− cot2 x, x 6= kπ, k ganz
(arcsin x)′ = 1√1+x2
, −1 < x < 1
(arctan x)′ = 11+x2
, −∞ < x <∞.
(29)
Oft werden aus den elementaren Funktionen durch die Grundrechenarten und durch Verkettung einer
oder mehrerer Funktionen definiert. Dann mochte man das Bilden der Ableitung mit Hilfe von Re-
chenregeln auf die oben angegebenen Ableitungen der elementaren Funktionen zuruckfuhren. Ohne
Beweis listen wir jetzt die wichtigsten Rechenregeln fur die Ableitung auf.
(f + g)′ = f ′ + g′
(cf )′ = cf ′, c Konstante
(f · g)′ = f ′ · g + f · g′, Produktregel
( fg
)′ = f ′·g−f ·g′g2
, g(x) 6= 0, Quotientenregel
(f (g))′ = f ′(g) · g′, Kettenregel (Ableitung der Verkettung)
(30)
Beispiele: 1. Sei f (x) = 3x2 − 8 sin x. Hier wenden wir die ersten beiden Regeln an
f ′(x) = (3x2 − 8 sin x)′
= (3x2)′ − (8 sin x)′
= 3(x2)′ − 8(sin x)′
= 6x − 8 cos x.
2. Zur Bildung der Ableitung von f (x) = x2 sin x wenden wir die Produktregel an
f ′(x) = (x2 sin x)′
= (x2)′ sin x + x2(sin x)′
= 2x sin x + x2 cos x.
3. Die Anwendung der Quotientenregel auf f (x) = x2
sin x, x 6= kπ ergibt
f ′(x) =(sin x)(x2)′ − x2(sin x)′
sin2 x
=2x sin x − x2 cos x
sin2 x.
45
5.2 Monotonie und Ableitung
4. Die Funktion
f (x) = exp{cos2 x}
ist die Verkettung der Funktionen f1(x) = ex , f2(x) = x2 und f3(x) = cos x
f (x) = f1(f2(f3(x))).
Die doppelte Anwendung der Kettenregel ergibt
f ′(x) = f ′1(f2(f3(x))) · f ′2(f3(x)) · f ′3(x)
= −2 sin x · cos x · exp{cos2 x}= − sin(2x) · exp{cos2 x}.
5. Hohere Ableitungen erhalt man durch schrittweise Bildung der ersten Ableitung. Sei f (x) = cos x.
Dann folgt
f ′(x) = − sin x und f ′′(x) = − cos x
f ′′′(x) = sin x und f (4)(x) = cos x = f (x).
5.2 Monotonie und Ableitung
Wir erinnern daran, dass eine auf einem Intervall I definierte Funktion f monoton wachsend (fallend)
genannt wurde, falls gilt:
x1, x2 ∈ I und x1 ≤ x2 =⇒ f (x1) ≤ (≥) f (x2).
Wir betrachten zunachst den Fall, in dem f monoton wachsend ist und setzen x1 = x und x2 = x +h.
Fur h > 0 folgt dann x < x + h und f (x) ≤ f (x + h). Damit ist
∆f (x, h) =f (x + h)− f (x)
h≥ 0.
Ist jetzt h < 0, dann ist x + h < x . Weil f monoton wachsend ist, gilt f (x + h) ≤ f (x). Der Bruch ist
wieder nicht negativ. Ist jetzt f differenzierbar, so ergibt der Grenzubergang fur h → 0 die Ungleichung
f ′(x) ≥ 0. Analog kann man vorgehen, wenn f monoton fallend ist.
Ist f im offenen Intervall I differenzierbar, so gilt:
f ′(x) ≥ 0 ⇔ f ist monoton wachsend
f ′(x) ≤ 0 ⇔ f ist monoton fallend
Hinsichtlich der strengen Monotonie gilt nur die eine Richtung der Aussagen.
f ′(x) > 0 ⇒ f ist streng monoton wachsend
f ′(x) < 0 ⇒ f ist streng monoton fallend.
Beispielsweise ist f (x) = x3 streng monoton wachsend. Es gilt aber f ′(x) = 3x2 und somit f ′(0) = 0.
Beispiel : Wir betrachten die Funktion
f (x) =1
8x3 −
3
4x2 +
9
8x + 1, −∞ < x <∞.
46
5.3 Extremstellen
Zunachst bilden wir die Ableitung
f ′(x) =3
8x2 −
3
2x +
9
8.
Wir untersuchen, wo diese Funktion nicht negativ ist. Dazu bestimmen wir die Nullstellen
3
8x2 −
3
2x +
9
8= 0
x2 − 4x + 3 = 0
Die Losungsformel (24) fur die quadratische Gleichung ergibt
x1 = 2 +√
22 − 1 = 3
x2 = 2−√
22 − 1 = 1.
Damit hat f ′ innerhalb der Intervalle (−∞, 1), (1, 3), (3,∞) immer das gleiche Vorzeichen. Welches
Vorzeichen vorliegt erkennt man am einfachsten, wenn man fur x spezielle Werte einsetzt.
f ′(0) =9
8> 0, f ′(2) = −
3
8< 0, f ′(4) =
9
8> 0.
Damit ist f in (−∞, 1) streng monoton wachsend, in (1, 3) streng monoton fallend und schließlich in
(3,∞) streng monoton wachsend. Das folgende Bild zeigt den Verlauf von f und f ′. Die gestrichelte
Linie ist der Verlauf der Ableitung f ′.
5.3 Extremstellen
Wir schranken die oben betrachtete Funktion f (x) = 18x3− 3
4x2+ 9
8x + 1 auf das Intervall [−1, 5] ein.
Dort hat f das globale Minimum an der Stelle x = −1 und das globale Maximum an der Stelle x = 5.
Die Punkte x1 = 1 und x2 = 3 liefern ein Maximum bzw. ein Minimum der Funktion f , wenn man die
Funktion f auf eine kleine Umgebung dieser Punkte einschrankt.
Sei f in einem Intervall I definiert. Dann heißt x globale Maximumstelle, wenn gilt
f (x) ≤ f (x) fur alle x ∈ I.
Eine Stelle x∗ heißt lokale Maximumstelle, wenn es ein hinreichend kleines ε > 0 derart gibt, dass gilt
f (x) ≤ f (x∗) fur alle x mit x∗ − ε < x < x∗ + ε.
Entsprechend sind eine globale bzw. lokale Minimumstelle x bzw. x∗ definiert, wenn ≤ durch ≥ ersetzt
wird. Zusammenfassend werden Minimum-bzw. Maximumstellen auch als Extremstellen bezeichnet
(lokal bzw. global).
Liegt ein lokales Maximum in x∗ vor, so ist, zumindest in einer kleinen linksseitigen Umgebung von
x∗, die Funktion f monoton wachsend und somit f ′(x) ≥ 0 fur x∗ − ε < x ≤ x∗. Entsprechend ist
f monoton fallend und somit f ′(x) ≤ 0 fur x∗ ≤ x < x∗ + ε. Speziell gilt also f ′(x∗) = 0. Fuhrt
man eine entsprechende Uberlegung fur ein lokales Minimum durch, so folgt f ′(x∗) = 0. Wie kann
man an der ersten Ableitung ablesen, ob ein lokales Minimum oder Maximum vorliegt? Ist die zweite
Ableitung an x∗ kleiner als Null, so ist f ′ streng fallend. Wegen f ′(x∗) = 0 ist also f ′ links von x∗
großer oder gleich Null und rechts davon kleiner oder gleich Null. Die Funktion f selbst ist also links
von x∗ monoton wachsend und rechts davon fallend. Es liegt also ein lokales Maximum vor. Eine
entsprechende Aussage gilt fur lokale Minima.
Ermittlung der lokalen Extremstellen: f sei in dem Intervall I zweimal differenzierbar.
47
5.4 Konvexitat, Konkavitat, Wendepunkte
1. Bestimme alle Nullstellen der Gleichung f ′(x) = 0.
2. Ist x0 eine Nullstelle von f ′(x) = 0 und gilt f ′′(x0) < 0, so liegt ein lokales Maximum an x0vor. Gilt f ′′(x0) > 0, so liegt ein lokales Minimum an x0 vor. Gilt f ′′(x0) = 0 so sind weitere
Untersuchungen notig, die im nachsten Abschnitt erfolgen.
Beispiel: Wir betrachten die Funktion
f (x) =1
8x3 −
3
4x2 +
9
8x + 1, −∞ < x <∞,
und bilden die ersten beiden Ableitungen
f ′(x) =3
8x2 −
3
2x +
9
8
f ′′(x) =3
4x −
3
2.
Wir hatten bereits die Nullstellen der Gleichung f ′(x) = 0 ermittelt. Es galt x1 = 3 und x2 = 1. Wegen
f ′′(3) =3
4· 3−
3
2=
3
4> 0
hat die Funktion f fur x = x1 = 3 ein lokales Minimum. Analog ist
f ′′(1) =3
4· 1−
3
2= −
3
4< 0.
Also hat die Funktion f fur x = x2 = 1 ein lokales Maximum.
5.4 Konvexitat, Konkavitat, Wendepunkte
Die folgende Eigenschaft beschreibt das Krummungsverhalten einer Funktion.
Eine im Intervall I definierte Funktion heißt konvex, falls fur alle x1, x2 ∈ I und alle 0 < α < 1 gilt
f (αx1 + (1− α)x2) ≤ αf (x1) + (1− α)f (x2). (31)
Die Funktion f heißt konkav, falls statt ≤ das Zeichen ≥ steht. Sie heißt streng konvex bzw. streng
konkav, falls < bzw. > statt ≤ bzw. ≥ fur x1 6= x2 steht.
Aus der obigen Definition ergibt sich, dass fur eine konvexe Funktion f die Funktion −f konkav ist.
Um die geometrische Interpretation vorzubereiten, betrachten wir die Funktion
gs(x) =x2 − xx2 − x1
f (x1) +x − x1x2 − x1
f (x2).
g ist eine lineare Funktion in x mit den Eigenschaften
gs(x1) = f (x1) und g(x2) = f (x2).
Damit ist g die Sekante durch die Punkte (x1, f (x1)) und (x2, f (x2)) und die Punkte (x, gs(x)) sind
gerade die Punkte, die auf der Sekante liegen. Mit
α =x2 − xx2 − x1
und 1− α =x − x1x2 − x1
ergibt sich aus (31) folgende Aussage.
48
5.4 Konvexitat, Konkavitat, Wendepunkte
Eine Funktion ist genau dann konvex, wenn der Graph fur x1 ≤ x ≤ x2 unterhalb der Sekante liegt,
die durch die Punkte (x1, f (x1)) und (x2, f (x2)) geht.
Das folgende Bild zeigt die Beziehung zwischen dem Graphen einer konvexen Funktion und der Se-
kante.
Jetzt wollen wir weitere Charakterisierungen fur die Konvexitat mit Hilfe der Ableitungen angeben.
Ist f eine in dem Intervall I zweimal differenzierbare Funktion,dann sind folgende Aussagen gleich-
wertig:
1. f ist konvex
2. Fur alle x0 und alle x liegt f (x) oberhalb der Tangente
gt(x) = f (x0) + f ′(x0)(x − x0)
im Punkt x0.
3. Es gilt f ′′(x) ≥ 0 fur alle x.
Das folgende Bild illustriert den Ubergang von der Sekante zur Tangente.
Unter einem Wendepunkt versteht man eine Stelle x0, wo fur die Kurve Konkavitat in Konvexitat
(oder umgekehrt) ubergeht. Hier muss dann die zweite Ableitung links von diesem Punkt kleiner oder
gleich Null sein und rechts großer oder gleich Null (oder umgekehrt). Insbesondere gilt f ′′(x0) = 0.
Ist f ′′′(x0) < 0, so ist f ′′(x) > 0 fur x < x0. Also liegt links von x0 Konvexitat und rechts von x0Konkavitat vor. Bei f ′′′(x0) > 0 dreht sich die Reihenfolge von Konvexitat und Konkavitat gerade um.
Ermittlung der Wendepunkte: f sei in dem Intervall I dreimal differenzierbar.
1. Bestimme alle Nullstellen der Gleichung f ′′(x) = 0.
2. Ist x0 eine Nullstelle von f ′′(x) = 0 und gilt f ′′′(x0) < 0, so geht Konvexitat in Konkavitat uber.
Fur f ′′′(x0) > 0 dreht sich diese Aussage um.
Was geschieht, wenn die erste und mehrere hohere Ableitungen verschwinden? Sei also x0 ein Punkt
mit f ′(x0) = f ′′(x0) = 0. Eventuell gilt sogar noch f ′′′(x0) = 0. Zur Illustration betrachten wir
f (x) = x3 und g(x) = x4. Dann gilt
f ′(0) = f ′′(0) = g′(0) = g′′(0) = 0.
Weiter gilt
f ′′′(0) = 6 > 0,
also liegt ein Wendepunkt vor, wo Konkavitat in Konvexitat ubergeht. Dagegen gilt g′′′(0) = 0 und
g(4)(0) = 24 > 0 und es liegt ein Minimum der Funktion g(x) = x4 vor.
Allgemein laßt sich folgende Aussage nachweisen. Gilt f ′(x0) = f ′′(x0) = 0 und ist die erste naturliche
Zahl k mit f (k)(x0) 6= 0 eine ungerade Zahl, dann liegt ein Wendepunkt vor. Ist diese Zahl gerade, so
liegt ein relatives Extremum vor. Hierbei muss naturlich vorausgesetzt werden, dass die Ableitungen
bis zur Ordnung k tatsachlich existieren.
49
5.5 Kurvendiskussion
5.5 Kurvendiskussion
Fur eine gegebene Funktion hatten wir in den vorigen Kapiteln Nullstellen bestimmt, Monotoniebe-
reiche untersucht und das Krummungsverhalten betrachtet. Die Untersuchungen sind Bestandteile
einer genaueren Analyse einer Funktion. Man nennt eine solche Analyse eine Kurvendiskussion. Dabei
werden folgende Schritte gemacht.
Kurvendiskussion:
1. Definitionsbereich 2. Nullstellen 3. Unstetigkeitsstellen
4. Relative Extrema 5. Wendepunkte 6. Monotoniebereiche
7. Krummungsverhalten 8. Verhalten im Unendlichen 9. Graphische Darstellung
Wir demonstrieren die einzelnen Schritte am Beispiel der Funktion
f (x) =x2 − 1
x2 − 4.
1. Definitionsbereich: f ist fur alle x , außer x = −2 und x = 2 definiert (Nullstellen des Nenners).
2. Nullstellen: f (x) = 0 zieht x2 − 1 = 0 nach sich. Damit sind die beiden Nullstellen x1 = −1 und
x2 = 1. Der Nenner ist dort ungleich Null.
3. Unstetigkeitsstellen: f ist an den Nullstellen des Nenners unstetig und sonst stetig.
4. Relative Extrema: Es gilt
f ′(x) = −6x
(x2 − 4)2und f ′′(x) =
18x2 + 24
(x2 − 4)3.
f ′(x) = 0 bedeutet −6x = 0, x0 = 0. f ′′(0) = −2464< 0. Bei x0 = 0 liegt ein relatives Maximum vor.
Der Funktionswert des Maximums ist f (0) = 14.
5. Wendepunkte: f ′′(x) = 0. Also 18x2+ 24 = 0. Diese Gleichung hat keine reellen Losungen. Es gibt
keine Wendepunkte.
6. Monotoniebereiche: Da (x2 − 4)2 stets positiv ist, richtet sich das Vorzeichen von f ′(x) nach dem
Vorzeichen von −6x. Also ist f wachsend fur x ≤ 0, x 6= −2 und fallend fur x > 0, x 6= 2.
7. Krummungsverhalten:
f ′′(x) =18x2 + 24
(x2 − 4)3.
Da 18x2 + 24 stets positiv ist, richtet sich das Vorzeichen von f ′′(x) nach dem Vorzeichen von
(x2− 4)3. Das hat aber das gleiche Vorzeichen wie x2− 4. Damit ist f ′′(x) ≥ 0 fur |x | ≥ 2 und sonst
ist f ′′(x) < 0. Somit ist f konvex fur −∞ < x < −2 und 2 < x <∞ und konkav fur −2 < x < 2.
8. Verhalten im Unendlichen: Es gilt
limx→∞
x2 − 1
x2 − 4= lim
x→−∞
x2 − 1
x2 − 4= 1.
9. Graphische Darstellung:
50
6.1 Bestimmtes Integral
6 Integralrechnung
6.1 Bestimmtes Integral
In diesem einfuhrenden Kapitel zur Integralrechnung gehen wir von folgender Fragestellung aus. Ge-
geben ist eine im Intervall [a, b] definierte nicht negative Funktion f und es soll die von dem Graphen
und der x−Achse eingeschlossene Flache berechnet werden. Wir zerlegen hierzu das Intervall mit Hilfe
von Zwischenpunkten xn,i , wobei gilt
a = xn,0 < xn,1 < ... < xn,n = b.
Die maximale Schrittweite dieser Zerlegung bezeichnen wir mit
δn = max1≤i≤n
(xn,i − xn,i−1).
Wir betrachten jetzt Rechtecke uber den einzelnen Intervallen [xn,i−1, xn,i ] mit einer (konstanten) Hohe,
die gut zu dem Verlauf der Funktion f im Intervall [xn,i−1, xn,i ] paßt. Wir wahlen also einen Zwischen-
punkt ξn,i mit xn,i−1 ≤ ξn,i ≤ xn,i und approximieren die betrachtete Flache durch die Gesamtflache
der Rechtecke uber [xn,i−1, xn,i ] mit der Hohe f (ξn,i). Diese Flache ist gegeben durch
Sn =∑n
i=1f (ξn,i)(xn,i − xn,i−1).
Das nachste Bild illustriert die Approximation der Flache unter der Kurve durch Rechtecke.
51
6.2 Hauptsatz der Differential-und Integralrechnung
Der folgende Begriff des Integrals basiert auf der Vorstellung, dass die Approximation der gesuchten
Flache immer besser wird, wenn n →∞ und dabei δn gegen Null strebt.
Die Funktion f heißt uber [a, b] Riemann-integrierbar, falls fur jede Zerlegungsfolge mit δn → 0 die
Folge Sn gegen die gleiche Zahl strebt, die wir mit∫ baf (x)dx bezeichnen und das bestimmte Integral
von f von a bis b nennen.
Ohne auf weitere Details einzugehen, bemerken wir, dass jede stetige Funktion Riemann-integrierbar
ist. Auch jede Funktion, die stuckweise stetig ist und dazwischen Sprunge hat, ist Riemann-integrierbar.
6.2 Hauptsatz der Differential-und Integralrechnung
Eine direkte Berechnung des Integrals mit Hilfe des Grenzubergangs im vorigen Abschnitt ist sicher
in Spezialfallen moglich, ist aber ein sehr muhsames Verfahren. Die entscheidende Idee besteht jetzt
darin, anstatt des bestimmten Integrals mit festen Grenzen die obere Grenze als Variable zu betrachten
und damit die Funktion
F (x) =
∫ x
a
f (t)dt
als Funktion von x zu untersuchen. Wir haben in den vorigen Kapiteln gesehen, dass die Ableitung sehr
hilfreich bei der Analyse von Funktionen ist. Deshalb betrachten wir fur stetiges f den Differenzen-
Quotienten von F
F (x + h)− F (x)
h.
Es gilt
(Flache uber [a, x + h])− (Flache uber [a, x ]) (32)
= Flache uber [x, x + h] =
∫ x+h
x
f (t)dt
F (x + h)− F (x) =
∫ x+h
x
f (t)dt.
Dieser Zusammenhang wird durch das folgende Bild illustriert.
F (x)
F (x+ h)− F (x)
a x x+ h b
Weil sich fur eine stetige Funktion f die Funktionswerte in dem kleinen Intervall [x, x + h] wenig
andern, gilt dort f (t) ≈ f (x) und somit ist∫ x+hx
f (t)dt approximativ die Flache des Rechtecks mit
Hohe f (x) und Breite h, d.h.
F (x + h)− F (x)
h≈
1
hf (x) · h = f (x).
Ist z.B. f monoton wachsend, so erhalt man aus dem folgenden Bild
52
6.2 Hauptsatz der Differential-und Integralrechnung
h · f(x)
h · f(x+ h)
a ← h→ b
die Ungleichung
f (x) ≤F (x + h)− F (x)
h≤ f (x + h).
Aus der Stetigkeit von f folgt dann
limh→0
F (x + h)− F (x)
h= f (x)
oder
F ′ = f .
Ahnlich wie in (32) sieht man fur beliebige a1 < a2
F (a2)− F (a1) = Flache uber [a1, a2] =
∫ a2
a1
f (t)dt.
Ist jetzt G eine weitere Funktion mit
G ′ = f ,
dann folgt
(G − F )′ = G ′ − F ′ = 0. (33)
Deshalb unterscheiden sich F und G nur um eine Konstante, d.h.
G(x) = F (x) + c.
Dann ist aber
G(a2)− G(a1) = F (a2)− F (a1) =
∫ a2
a1
f (t)dt.
Man kann also die Flache auch mit Hilfe von G berechnen. Wir fassen unsere Betrachtungen zusam-
men.
Hauptsatz der Differential-und Integralrechnung:
Die Funktion f sei im Intervall [a, b] stetig. Jede Funktion F mit F ′ = f heißt Stammfunktion von f .
Ist F irgendeine Stammfunktion und a ≤ a1 < a2 ≤ b, so gilt
F (a2)− F (a1) =
∫ a2
a1
f (t)dt.
53
6.3 Berechnung unbestimmter und bestimmter Integrale
6.3 Berechnung unbestimmter und bestimmter Integrale
Die Gesamtheit aller Stammfunktionen wird auch unbestimmtes Integral genannt und durch∫f (x)dx
bezeichnet. Zur Bestimmung der Stammfunktion muss man eine Funktion F mit F ′ = f finden und
erhalt dann das unbestimmte Integral als∫f (x)dx = F (x) + c,
wobei c eine beliebige Konstante ist. Weil die Ableitung einer Stammfunktion oder des unbestimmten
Integrals gerade die ursprungliche Funktion ist, ist also in diesem Sinne das Bilden des unbestimmten
Integrals die Umkehrung des Differenzierens.
Fur einige elementare Funktionen lassen sich die Stammfunktionen direkt formelmaßig angeben. Man
erhalt die entsprechenden Formeln, wenn man die entsprechenden Beziehungen fur die Ableitung in
(28) und von (29) rechts nach links liest. Das ergibt∫0dx = c∫xndx = 1
n+1xn+1 + c, −∞ < x <∞, n 6= −1 ganzzahlig∫
xadx = 1a+1xa+1 + c, x > 0, a 6= −1∫
exdx = ex + c,∫axdx = 1
ln aax + c, a > 0, a 6= 1∫
1xdx = ln(|x |) + c, x 6= 0.
(34)
Entsprechend kann man auch fur die trigonometrischen Funktionen die unbestimmten Integrale finden.∫cos xdx = sin x + c,∫sin xdx = − cos x + c,∫1
cos2 xdx = tan x + c, cos x 6= 0∫
1sin2 x
dx = − cot x + c, sin x 6= 0∫1√1−x2dx = arcsin x + c, −1 < x < 1∫11+x2
dx = arctan x + c,
(35)
Ahnlich wie bei der Bildung der Ableitung gibt es auch bei der Berechnung des unbestimmten Integrals
allgemeine Rechenregeln, von denen wir hier einige auflisten wollen.
Linearitat:∫(a · f (x) + b · g(x))dx = a
∫f (x)dx + b
∫g(x)dx
Variablensubstitution:∫f (g(x))g′(x)dx = F (g(x)),
wobei F (u) =∫f (u)du
(36)
Die erste Regel ist ziemlich einleuchtend. Hinsichtlich der zweiten Regel bemerken wir, dass F folgender
Bedingung genugt:
F ′(u) = f (u).
Aus der Kettenregel fur die Ableitung ergibt sich somit
(F (g(x))′ = f (g(x))g′(x)
54
6.3 Berechnung unbestimmter und bestimmter Integrale
und das ist gerade die behauptete Beziehung.
Beispiele: 1. Wir berechnen das Integral∫ 4−2
(−3x3 + 7x2 + 4x + 5)dx.
Zur Bestimmung einer Stammfunktion verwenden wir die Linearitat, d.h. die erste Regel in (36) und
die Regel fur die Integration von Potenzfunktionen mit ganzzahligem Exponenten, d.h. Regel 2 in
(34). Das ergibt ∫ 4−2
(−3x3 + 7x2 + 4x + 5)dx =
[−
3
4x4 +
7
3x3 + 2x2 + 5x
]4−2.
Hierbei bedeutet
[F (x)]ba = F (b)− F (a).
Somit erhalten wir fur den Wert des betrachteten bestimmten Integrals
(−3
444 +
7
343 + 2 · 42 + 5 · 4)
− (−3
4(−2)4 +
7
3(−2)3 + 2 · (−2)2 + 5 · (−2)) = 42
2. Wir berechnen ∫ 41
3√xdx.
Hierzu schreiben wir die Wurzel als Potenz und wenden die dritte Regel in (34) an. Das ergibt∫ 41
3√xdx =
∫ 41
x1/3dx =
[1
1 + 13
x1/3+1]41
=
[3
4x4/3
]41
≈ 4, 0122.
3. Zur Berechnung von ∫ 41
1
3x + 4dx
bemerken wir, dass sich der Integrand schreiben laßt als
1
3x + 4=
1
3f (g(x))g′(x)
mit f (u) = 1/u, g(x) = 3x + 4 und g′(x) = 3. Auf das Integral∫f (g(x))g′(x)dx
wenden wir die Substitutionsregel an und erhalten mit∫1
udu = ln |u|
das Zwischenresultat ∫1
3x + 4dx =
1
3ln |3x + 4|.
Hieraus ergibt sich das bestimmte Integral∫ 41
1
3x + 4dx =
[1
3ln |3x + 4|
]41
=1
3ln 16−
1
3ln 7 ≈ 0, 2756.
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6.4 Flachenberechnung
6.4 Flachenberechnung
Aus der Konstruktion des bestimmten Integrals mit Hilfe des Limes von
Sn =∑n
i=1f (ξn,i)(xn,i − xn,i−1).
hatten wir erkannt, dass das bestimmte Integral die Flache zwischen der x−Achse, dem Graphen der
Funktion und den Geraden x = a und x = b ist, falls die Funktion in diesem Intervall nicht negativ ist.
Ist f negativ, so ist auch das bestimmte Integral negativ. Als Wert fur die Flache muss man dann den
Betrag nehmen. Wenn f im Intervall [a, b] das Vorzeichen wechselt, so liefert das bestimmte Integral
nicht die Flache. In diesem Fall muss man das Intervall in Teilintervalle zerlegen in denen f immer das
gleiche Vorzeichen hat.
Beispiele: 1. Wir wollen die Flache berechnen, die von der x−Achse, dem Graphen der Funktion
f (x) = x3 und den Grenzen −1 und 1 eingeschlossen wird. Das folgende Bild zeigt den Verlauf der
Funktion und die gesuchte Flache.
Im Intervall [−1, 0] ist f nicht positiv. Deshalb ist der erste Fachenanteil
F1 =
∣∣∣∣∫ 0−1x3dx
∣∣∣∣ =
∣∣∣∣∣[
1
4x4]0−1
∣∣∣∣∣ =
∣∣∣∣0− 1
4(−1)4
∣∣∣∣ =1
4.
Im Intervall [0, 1] ist f nicht negativ und die Betragsbildung entfallt. Deshalb erhalten wir fur den
zweiten Flachenanteil
F2 =
∫ 10
x3dx =1
4.
Die Gesamtflache hat also die Große 1/2.
2. Wir berechnen die Gesamtflache zwischen der Kurve und x−Achse in den Grenzen von a = −2
und b = 2 fur f (x) = x3 − x. Es ist
f (x) = x(x − 1)(x + 1).
Hieraus ergibt sich, dass f die Nullstellen x1 = −1, x2 = 0 und x3 = 1 hat. Das folgende Bild zeigt
den Verlauf der Funktion und die gesuchte Flache.
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6.4 Flachenberechnung
Folglich ist die gesuchte Flache
F =
∣∣∣∣∫ −1−2
(x3 − x)dx
∣∣∣∣+
∫ 0−1
(x3 − x)dx +
∣∣∣∣∫ 10
(x3 − x)dx
∣∣∣∣+
∫ 21
(x3 − x)dx
=
∣∣∣∣∣[
1
4x4 −
1
2x2]−1−2
∣∣∣∣∣+
[1
4x4 −
1
2x2]0−1
+
∣∣∣∣∣[
1
4x4 −
1
2x2]10
∣∣∣∣∣+
[1
4x4 −
1
2x2]21
=
∣∣∣∣−9
4
∣∣∣∣+1
4+
∣∣∣∣−1
4
∣∣∣∣+9
4= 5.
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