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Übungen Zellbiologie und Physiologie Sommersemester 2015

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Übungen Zellbiologie und Physiologie

Sommersemester 2015

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Kursplan für die Übungen Zellbiologie und Physiologie Sommersemester 2015

12 Gruppen mit jeweils 5 Studenten, 14:00-18:00 Uhr (Mittwoch 14:30), Kursraum SP8, 10 Versuchswochen

Vorlesung: Labormethoden der Biologie, Montag 13:15-14:00 Uhr, Beginn 20.04.15, PC7

Vorbesprechung: 13.04.2015, 13:15 Uhr, HS, PC7

Kursbeginn: 20.04.2015, Kursraum SP8, Schlossplatz 8

Klausur 27.07.2015, 12:45 Kolloquien: ab 21.7.2015

Woche 1 20.04. – 24.04. Hippler Chromatographie 1

Woche 2 27.04. – 01.05. Weber Muskelphysiologie 27

Woche 3 04.05. – 08.05. Paul / Zeis Metabolismus 33

Woche 4 11.05. – 15.05. Klämbt / Lammel Elektrophorese 43

Woche 5 18.05. – 22.05. Paul / Boiani Atmung 65

Woche 6 01.06. – 05.06. Kudla / Böhmer Pflanzenpigmente 73

Woche 7 08.06. – 12.06. Kudla / Basticic Enzyme 83

Woche 8 15.06. – 19.06. von Schaewen Entwicklung/Bewegung 97

Woche 9 22.06. – 26.06. Kudla / Weinl Molekularbiologie I 107

Woche 10 29.06. – 03.07. Klämbt / Lammel Molekularbiologie II 119

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Anleitung für die Übungen Zellbiologie/Physiologie im SS 2015: Ablauf

1. Der Kurs findet wochentags von 14.00 Uhr bis 18.00 Uhr im Kursraum KHB im Zeitraum vom 20.04. bis 03.07.2015 statt. An den Feiertagen finden Kurse statt. Jede(r) Studierende ist einem bestimmten Wochentag zugeteilt (Mo – Fr.) und arbeitet mit anderen Studierenden in einer Gruppe. Die zugeteilten Nachmittage sind verbindlich. In der Woche des jeweiligen Kurses findet montags um 13.15 – 14.00 Uhr im Hörsaal SP7 eine vorbereitende Vorlesung (Labormethoden) statt, deren Besuch ebenfalls verbindlich ist. In der Vorlesung werden die Praktikumsversuche und der theoretische Hintergrund besprochen. Zu Beginn jedes Kurses wird die theoretische Vorbereitung (Kenntnis der vorherigen Vorlesung sowie der Vorschrift) in einem Vortestat geprüft (5 multiple choice Fragen).

2. Von allen Kursteilnehmer/innen muss ein Laborbuch (keine losen Blätter) geführt werden, in das die Messergebnisse sowie sonstige wichtigen Details eingetragen werden. Dieses Laborbuch wird am Kursende jeweils vom Betreuer abgezeichnet.

3. Zu jedem Kurstag wird von jeder Gruppe ein Protokoll erstellt (siehe Anleitung). Jedes Mitglied der Gruppe ist für jedes Protokoll mitverantwortlich, was durch die Unterschrift auf dem Deckblatt dokumentiert werden muss. Das Protokoll muss spätestens eine Woche nach dem Kurs an demselben Wochentag durch Einwurf in einem vor dem Kursraum aufgestellten Kasten abgegeben werden. In der darauf folgenden Woche wird an dem jeweiligen Kurstag das Protokoll von den Betreuern zwischen 13.45 und 14.00 Uhr im Kursraum zurückgegeben. Bei Nachbesserungen muss mit dem Betreuer ein neuer Termin vereinbart werden. Die Abgabetermine und Rückgabetermine gelten auch nach dem Ende des praktischen Teils entsprechend.

4. Vor dem Kurs erfolgt eine Sicherheitsbelehrung, deren Kenntnisnahme durch Unterschrift bestätigt werden muss. Die Kursräume und der zugehörige Flurbereich unterliegen den Sicherheitsbestimmungen des Gentechnikrechtes (Schutzklasse S1), über die Sie in der Sicherheitsunterweisung belehrt werden. Die wichtigsten Sicherheitsinformationen sowie die Kurzform der Betriebsanweisung finden Sie auch in diesem Skript (z.B. das Verbot, Getränke und Lebensmittel in den S1-Bereich zu bringen!).

5. Beim Arbeiten im Labor muss Schutzkleidung getragen werden. Wenn keine eigenen Kittel vorhanden sind, werden diese ebenso wie Schutzbrillen und Handschuhe zur Verfügung gestellt. Außerdem müssen Taschenrechner, Lineal, Markierungsstifte (z. B. Edding 3000) und ein USB-Stick mitgebracht werden.

Bei Fragen und organisatorischen Belangen melden Sie sich bitte beim Organisationsteam:

[email protected]

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Hinweise zum sicheren Arbeiten im Kursraum

Den Anweisungen der Kursassistentinnen und Kursassistenten ist in jedem Falle Folge zu leisten. Alle besonderen Vorkommnisse müssen umgehend dem/der Kursleiter/in gemeldet werden. Dies gilt insbesondere für jede Art von Verletzungen und Unfällen. Essen, Trinken und Rauchen sind im Praktikumsbereich (Kursräume und im Flur) verboten. Jacken, Taschen und alle Getränke und Nahrungsmittel müssen im Garderobenbereich aufbewahrt werden, es stehen abschließbare Spinde zur Verfügung. Nur unmittelbar für den Kurs notwendige Sachen mit ins Labor nehmen. Im Labor sind folgende verbindlichen Vorschriften hinsichtlich der persönlichen Schutzausrüstung zu beachten:

- Es ist ein Schutzkittel zu tragen, möglichst aus Baumwolle - Es sind feste, geschlossene Schuhe zu tragen (keine Sandalen, Flip-Flops, etc.) - Die Beine müssen von einem Kleidungsstück bedeckt sein (keine Shorts, Röcke,

etc.) Ist eine dieser Vorgaben nicht erfüllt, ist der Kursleiter berechtigt Sie für diesen Kurstag vom Kurs auszuschliessen. Bei Arbeiten, die mit besonderen Gefahren für die Augen verbunden sind (z. B. Arbeiten mit ätzenden Flüssigkeiten, evakuierten Apparaturen, Druckbehältern etc.), ist unbedingt eine Schutzbrille zu tragen. Arbeiten, bei denen gesundheitsschädliche Gase oder Dämpfe auftreten (z. B. mit organischen Lösungsmitteln, rauchenden Säuren etc.), müssen in Abzügen ausgeführt werden. Es darf grundsätzlich nicht mit dem Mund pipettiert werden.

Gefahrenhinweise und Sicherheitsratschläge der Chemikalienhersteller für die eingesetzten Chemikalien sind zu beachten. Die Gefahrenhinweise (R-Sätze; z.B. "R:45" = Kann Krebs erzeugen) und Sicherheitsratschläge (S-Sätze; z.B."S:24" = Berührung mit der Haut vermeiden) sind auf dem Etikett kenntlich gemacht. Zur schnellen Erkennung dienen standardisierte Gefahrensymbole (Pictogramme) und Kennbuchstaben für bestimmte Gefahrstoffklassen, die jeder im Labor tätige kennen muss. Die Kennzeichnungspflicht gilt auch für Laborflaschen. Eine Übersicht der Gefahrensymbole und deren Bedeutung finden Sie auf der nächten Seite. Im Rahmen der europäischen Harmonisierung sind die alten orangen Gefahrensymbole durch ein neues vereinfachtes System ersetzt worden. Da aber beide Symbolserien noch parallel in Gebrauch sind, machen Sie sich bitte mit beiden Serien und Ihrerer Bedeutung vertraut. Sollten Sie sich im Kurs bei der Gefährdung unsicher sein, wenden Sie sich bitte an den Betreuer.

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Alle technischen Geräte dürfen erst nach Einweisung durch einen Betreuer benutzt werden. Elektrische Geräte nicht mit nassen Händen bedienen. Verschüttete Chemikalien, biologische Arbeitsstoffe, Lösungen, Wasserlachen etc. müssen von der Arbeitsfläche und dem Fußboden genauso wie Glasbruch sofort entfernt und gemäß Anweisung der Betreuer entsorgt werden. Für Glasbruch stehen besondere Abfallbehälter bereit. Organische Lösungsmittel werden in besonderen Abfallflaschen gesammelt, die im Abzug stehen müssen. Giftige Abfälle müssen in gesonderten, genau beschrifteten Abfallflaschen gesammelt werden. Alle angesetzten oder umgefüllten Lösungen bzw. Chemikalien sind genau zu beschriften und gegebenenfalls mit einem Warnhinweis zu versehen.

Alle im Kursraum Beschäftigten haben für Ordnung und Sauberkeit zu sorgen. Am Ende des Kurstages ist der Arbeitsplatz im ordnungsgemäßen, betriebssicheren Zustand zu verlassen. Dazu gehört:

a. Geräte und Chemikalien sind nach Anweisung der Betreuer wegzuräumen. b. Glassachen sind für nachfolgenden Gebrauch sorgfältig zu reinigen. c. Die Arbeitsfläche ist feucht abzuwischen. d. Alle Gas- und Wasserhähne schließen, elektrische Apparaturen abschalten e. Hände gründlich waschen

Vor Aufnahme der Arbeiten hat sich jede/jeder im Labor Beschäftigte mit den Verhaltensregeln im Brandfall bzw. bei Unfällen, den Standorten von Augendusche, Notdusche, Löschdecke, Feuerlöscher, Telefon und Verbandskasten sowie den Flucht- und Rettungswegen vertraut zu machen. Wichtige Telefonnummern: NotarztLeitstelle der Unikliniken (83)3 112 Feuerwehr 0 – 112 Für stillende und werdende Mütter gelten besondere Richtlinien. Bei Vorliegen dieser Tatbestände ist umgehend der Kursleiter/in zu informieren, damit entsprechende Sicherheitsmaßnahmen getroffen werden können.

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Betriebsanweisung für gentechnische Arbeiten gem. § 12 Abs. 2 GenTSV

SICHERHEITSSTUFE 1

Geltungsbereich: Institut für Zoophysiologie, Hindenburgplatz 55

EG Raum 17, 29, 45, 47, 49, 56, 57, 59 und Flurbereich

Lastenaufzug zwischen 17 und 117

1.OG Räume 115, 117, 129, 141/147, 153, 155 und Flurbereich

2.OG Räume 253, 254, 255, 256, 257, 258 und Flurbereich

Die Räume sind als Gentechnischer Sicherheitsbereich S1 gekennzeichnet.

Projektleiter: Prof. Dr. E. Liebau, Tel. dienstl. 83-21710 BBS: Dr. J. Kremerskothen, Tel. dienstl. 83-25780 Betriebsarzt: Dr. Sasse, Tel. 83-55826 Feuerwehr: 112 Techn. Dienst (Störungsstelle) 83-33333

Gefahren für Mensch und Umwelt:

Der Sicherheitsstufe 1 sind gentechnische Arbeiten zuzuordnen, bei denen nach dem Stand der Wissenschaft nicht von einem Risiko für die menschliche Gesundheit und die Umwelt auszugehen ist.

Schutzmaßnahmen und Verhaltensregeln:

Alle mit gentechnischen Arbeiten Beschäftigten sind jährlich vom Laborleiter mündlich zu

unterweisen. Diese Unterweisung ist obligatorisch, die Durchführung und Kenntnisnahme

muß schriftlich bestätigt werden. Über die Durchführung der gentechnischen Arbeiten müssen

entsprechende Aufzeichnungen geführt werden.

Die Regeln guter mikrobiologischer Praxis sind einzuhalten. Dies bedeutet im Einzelnen:

Schutzkleidung Essen und Trinken Rauchen

tragen verboten verboten

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- Fenster und Türen während der Arbeit geschlossen halten

- Innerhalb der gekennzeichneten Räume Laborkittel und Schutzbrille tragen

- Essen, Trinken, Rauchen, Schnupfen, Schminken und das Aufbewahren von Nahrungs-

und Genußmitteln sind verboten.

- Mundpipettieren ist untersagt.

- Aerosolbildung vermeiden.

- Die Verwendung spitzer und scharfkantiger Gegenstände vermeiden.

- Nach beendeter Arbeit und vor Verlassen des Labors Hände waschen.

Transport und Entsorgung Gentechnisch veränderte Organismen (GVO) dürfen nur in bruchsicheren, geschlossenen

Behältnissen transportiert werden. Dies gilt auch für kontaminierte Abfälle.

Alle mit GVO kontaminierten Abfälle autoklavieren. Autoklaven befinden sich in den

Räumen 254, 017 und 047. Die Bedienungsanleitung für die Autoklaven bei der Benutzung

befolgen.

Die zur gentechnischen Anlage gehörigen Flurbereiche dürfen lediglich zu Transportzwecken

genutzt werden, eine Lagerung von GVO ist nicht zulässig.

Verhalten bei Zwischenfällen Verschüttetes biologisches Material mit saugfähigem Material aufnehmen, welches danach zu

autoklavieren ist, die kontaminierten Oberflächen mit einem geeigneten Mittel (z.B. 4%

Lysoformin2000 für 6 h) desinfizieren.

Kontaminierte Hautstellen mind. 2 min. mit Sterillium desinfizieren. Augen und Schleimhäute

ausgiebig mit viel fließendem Wasser spülen.

Verletzungen soweit möglich im Rahmen der üblichen Erste-Hilfe Maßnahmen versorgen.

Arzt aufsuchen.

Konsultierte Ärzte sind auf die verwendeten biologischen Agenzien hinzuweisen.

Notarzt: 112 Zuständiges Krankenhaus: Uniklinik Münster, 83-1

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Anleitung zu den Protokollen

Jede/r Professor/in oder Assistent/in hat zwar meist ihre/seine eigene Vorstellung davon, wie das „perfekte Protokoll“ auszusehen hat, trotzdem an dieser Stelle ein paar allgemeingültige Hinweise zur Erstellung der Protokolle. Jedes Protokoll muss das als Muster beigefügte Deckblatt ausgefüllt und unterschrieben enthalten. Gliederung: (gilt im Wesentlichen für alle wissenschaftlichen Protokolle und Veröffentlichungen)

1. Einleitung kann z.B. enthalten: • Worum geht es? (kurze Einführung in die im Versuch behandelte Thematik/Problematik;

Stand der Forschung; Literatur) • Was soll im Versuch gezeigt werden? (Fragestellung/Zielsetzung)

erwarteter Umfang ca. 1/2, max. 1 Seite 2. Material und Methoden • Wie wurde der Versuch durchgeführt? („Kochrezepte“) • Hier ist der Verweis auf das Skript legitim (mit Titel und Seitenzahl) • Alle Abweichungen vom Skript müssen aufgeführt werden! 3. Ergebnisse • Hier werden alle Rohdaten bzw. errechneten Resultate sowie Grafiken, Fotos, Gele oder

sonstige Ergebnisse in übersichtlicher Form dargestellt. Sind Rechnungen durchzuführen, ist eine nachvollziehbare Beispielrechnung obligatorisch. Weitere Werte können dann meist tabellarisch dargestellt werden. Einheiten nicht vergessen! Sinnvoll runden!

• Tabellen und Grafiken werden durchnummeriert und müssen selbsterklärend, d.h. auch ohne den restlichen Text verständlich sein. Alle nötigen Informationen müssen Titel, Legendentext, Beschriftung usw. zu entnehmen sein. Tabellen haben vereinbarungsgemäß Überschriften, wohingegen bei Abbildungen der Titel unter der Grafik platziert wird.

• Ein Textteil muss die wesentlichen Ergebnisse schildern und zusammenfassen! • Ausreden wie „In Excel kann man das aber nicht so darstellen...“ gelten nicht! Es gibt

immer noch Bleistifte und Millimeterpapier.

4. Diskussion Hier werden die Ergebnisse „besprochen“, z.B. im Hinblick auf folgende Punkte: • Wie beantworten die Resultate die (in der Einleitung formulierte) Fragestellung? • Zeigen sich Auffälligkeiten? Maximal-/Minimalwerte? (Nur Tendenzen aufzeigen, nicht

noch einmal die Ergebnisse wiederholen) • Lassen sich konkrete Aussagen formulieren? Auch Theorien oder Postulate können

aufgestellt werden, wenn sie denn sinnvoll begründet sind. • Traten unerwartete Ergebnisse auf? Woran könnte das liegen? (Fehlersuche) • Welche weiterführenden Experimente sind u.U. sinnvoll? • In den Übungen Zellbiologie und Physiologie ist ½ bis max. 1 Seite ausreichend!

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5. Literatur Hier wird die im Text zitierte Literatur aufgeführt, meist in einer der folgenden zwei Formen: • A: Text: ...bla bla bla (Cornels et al. 2001)...bla bla bla (Hellweg und Cornels 1998)... Literatur:

Cornels, H., Kohlhoff, M.; Hellweg, M.; Reisige, K. und Ruf, S. (2001) Über das Verwandschaftsverhältnis von Kichererbse (Cicer arietinum L.) und Lachmöwe (Larus ridibundus L.), Journal of Irreproducible Results 42: 47-54 Hellweg, M. und Cornels, H. (1998) „Windows NT – The largest computer virus ever programmed“ in: Gates, B., Einstein, A., Simpson, H.J. (Hrsgb.): Milestones in the development of artificial intelligence, Ursa Minor Beta Publishers, New York, Münster, Andromeda, S. 1-974

• B: Text: ...bla bla bla [1]...bla bla bla [2]... Literatur:

[1] Cornels, H.; Kohlhoff, M.; Hellweg, M.; Wiermer, M., Agelopoulos, K. und Poell, G. (2000): Neue Untersuchungen zur kritischen Masse von Anti-Niveau unter besonderer Berücksichtigung des Kaffeeraums des IBBP, Journal of Never Applied Physics 47, 112-119 [2] Moerschbacher, B. (2001): Time is relative: The H55-construction-will-be-finished-before-christmas-phenomenon (Part 1), Nature 257, 42-329

(Diese Formatierungen sind nur gängige Beispiele. In wissenschaftlichen Zeitschriften finden sich zahlreiche Varianten. Einheitliche Regeln gibt es leider nicht.)

• Auch „weiterführende Literatur“ kann hier angegeben werden. 6. Anhang • Alles, auf was sich sonst noch so im Protokoll bezogen wird (Skript, meterlange

Schreiberausdrucke, Sicherheitsdatenblätter zu Chemikalien, Karikaturen der Assistent/inn/en, Bestechungsgelder (Euro, ?, US$, Travellerschecks)...)

Allgemein gilt: • in der Kürze gilt die Würze!

Die Konzentration auf das Wesentliche ist ebenso wichtig wie die Korrektheit des Geschriebenen! Normalerweise soll der Umfang des Protokolls nicht mehr als 5 Seiten betragen.

• Im Zweifelsfalle berät Euch die/der Assistent/in Eures Vertrauens gerne in allen Protokollfragen.

• Plagiate und Fälschungen Entsprechend allgemein gültiger Regeln handelt es sich bei der Verwendung von Textpassagen oder ganzen Texten (z.B. aus Altprotokollen oder dem Internet) in einem Protokoll um ein Plagiat. Dies, ebenso wie das Fälschen von Ergebnissen, verstößt gegen die Regeln guten wissenschaftlichen Arbeitens. Betroffene Protokolle werden als nicht bestanden gewertet und der Fachbereich behält sich in solchen Fällen Konsequenzen für die Unterzeichner dieser Protokolle vor.

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Deckblatt – Protokoll

Kurswoche ............................................................. Thema ............................................................. Gruppen-Nr. ............................... Wochentag ............................... Betreuer .......................................................... Eigenständigkeitserklärung Hiermit bestätigen die Unterzeichner, dass die Ergebnisse im Protokoll (wenn nicht anders angegeben) selbst erhoben wurden und dass die Protokolltexte keine Plagiate enthalten. Name: Unterschrift:

1. ........................................ ...............................................

2. ........................................ ...............................................

3. ........................................ ...............................................

4. ........................................ ...............................................

5. ........................................ ...............................................

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Woche 1 Chromatographie AG Hippler

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1. Allgemeine Bemerkungen

Chromatographische Verfahren dienen in erster Linie zur Trennung von Substanzgemischen.

Dies beginnt bei einfachen kleineren Substanzen wie Aminosäuren, Nucleotiden und Zuckern

und endet bei den entsprechenden Makromolekülen. Verwendet wird der Begriff

Chromatographie seit einer Beschreibung von Tswett im Jahre 1903, dem eine Trennung von

Blattpigmenten an einem festen Adsorptionsmaterial gelang.

Einer der bedeutendsten Anwendungsbereiche in der Biochemie ist die Isolierung von

Proteinen aus einem Substanzgemisch. Proteine, als Makromoleküle, zeichnen sich durch eine

Reihe unterschiedlicher Eigenschaften wie Ladung, hydrophobes bzw. hydrophiles Verhalten,

Größe, biologische Funktion usw. aus, die sich aus der Primärsequenz ergeben und damit

spezifisch für das jeweilige Protein sind.

Allgemein gilt für chromatographische Verfahren, daß die Trennung der Substanzgemische

immer aufgrund der Wechselwirkungen der entsprechenden Substanz mit einer mobilen

(zumeist flüssigen) Phase und einer stationären (zumeist festen) Phase erfolgt. Je nach

verwendetem Chromatographiematerial unterscheidet man grundsätzlich folgende

chromatographische Verfahren:

Verteilungschromatographie

Affinitätschromatographie

Größenausschlusschromatographie

Ionenaustauschchromatographie

Gaschromatographie (auch eine Verteilungschromatographie, jedoch oft gesondert aufgeführt)

2. Verteilungschromatographie

Bei diesem Verfahren wird das unterschiedliche Lösungsverhalten bzw. der

hydrophile/hydrophobe Charakter der einzelnen Komponenten eines Stoffgemisches in einem

Zweiphasensystem genutzt. In der Regel unterscheiden sich beide Phasen durch ihre

unterschiedliche Polarität. Als mobile Phase dient hier häufig ein unpolares Laufmittel wie

Chloroform, als stationäre Phase dient zumeist das polare Lösungsmittel Wasser, das an

Kieselgel oder Cellulose „immobilisiert“ ist. Diese können in einer dünnen Schicht auf Glas

oder Aluminium aufgetragen (Dünnschichtchromatographie (DC)) oder aber in ein Rohr

eingefüllt werden (Säulenchromatographie). An diesem polaren Material der stationären

Phase haftet ein dünner Wasserfilm, der dann die eigentliche stationäre Phase darstellt.

Zwischen diesen beiden Phasen (unpolares Laufmittel / polare Hydrathülle) stellt sich ein

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Woche 1 Chromatographie AG Hippler

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Verteilungsgleichgewicht in Abhängigkeit vom polaren bzw. unpolaren Charakter der

Substanz ein. Je unpolarer eine Substanz ist, desto stärker liegt dieses Gleichgewicht auf der

Seite des unpolaren Laufmittels. Der Trenneffekt im Falle einer DC, bei der die beschichtete

Platte senkrecht in das Laufmittel gestellt wird, beruht nun darauf, daß die mobile Phase sich

gleichmäßig durch Kapillarkräfte von unten nach oben bewegt und eine in diesem unpolaren

Laufmittel gut lösliche (unpolare) Substanz mit dem Laufmittel besser und damit schneller

mitwandert als eine schlecht lösliche (polare). Die relative Wanderungsgeschwindigkeit einer

Substanz läßt sich durch ihren sogenannten Rf-Wert charakterisieren.

Wanderungstrecke Substanz

Rf = -------------------------------------------

Wanderungsstrecke Laufmittel

Dieser ist u.a. abhängig von der Wahl des Laufmittels, der verwendeten stationären Phase und

der Temperatur. Rf-Werte verschiedener Läufe sind daher nur bedingt vergleichbar. Aus

diesem Grund läßt man - wenn immer möglich - gleichzeitig bekannte Vergleichssubstanzen

mitlaufen

Das bisher beschriebene Verfahren trennt nur in eine Laufrichtung. Durch Drehen der

Chromatographieplatte um 90° kann aber eine bereits vorgetrennte Probe nochmals in eine

andere Laufrichtung getrennt werden. Der Vorteil liegt hier in der Möglichkeit, zwei

verschiedene Laufmittel wählen zu können, um Substanzen aus komplexen Gemischen

anhand zweier unterschiedlicher Parameter zu trennen. Diese Variante wird auch als

zweidimensionale DC bezeichnet. Eine weitere Variante besteht in der Umkehrung der

Polaritäten der mobilen und der stationären Phase. Dieses Verfahren wird als reversed phase

(rp)-Chromatographie bezeichnet.

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Woche 1 Chromatographie AG Hippler

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3. Affinitätschromatographie

Diese Technik beruht auf der Nutzung spezifischer

Wechselwirkungen zwischen Molekülen, die sich auch in

ihrer biologischen Funktion widerspiegeln.

Solche spezifischen Wechselwirkungen bilden z.B. die

Grundlage für die Bildung von Antigen/Antikörper-,

Hormon/Rezeptor-, und Enzym/Substrat-Komplexen

Die Idee des Verfahrens ist, daß einer der Partner solcher

Komplexe kovalent an eine stationäre Matrix gebunden wird,

und dieser dann in der Lage ist, aus einer mobilen Phase (z.B.

einer in einer Puffersubstanz gelösten Probenmischung)

seinen entsprechenden Partner extrem spezifisch zu binden

und damit aus dem Substanzgemisch zu entfernen. Durch die

anschließende Elution kann so der zuvor gebundene Partner

hochrein gewonnen werden.

Als Grundlage für die Komplexbildung der beiden Partner dienen nicht-kovalente

Wechselwirkungen wie H-Brücken, hydrophobe Wechselwirkungen, van der Waals-Kräfte

usw. Die Bildung dieser Komplexe ist eine Gleichgewichtsreaktion, wodurch eine reversible

Bindung und Elution möglich wird. Als Matrix können verschiedene Zuckerpolymere

(Cellulose, Agarose, Dextran), Polysterolderivate oder Polyamidgele verwendet werden.

Voraussetzung ist, dass ...

ausreichend funktionelle Gruppen vorhanden sind, an die der „Komplexpartner“ immobilisiert

werden kann;

chemische Stabilität unter den verwendeten Bedingungen zur Ligandenbindung, Elution und

Regeneration gewährleistet ist;

das verwendete Material eine möglichst geringe Eigenadsorption von Makromolekülen besitzt;

gute Fließeigenschaften bei gleichzeitig hoher Porosität gewahrt bleiben.

Abb. 1: Prinzip der Affinitäts-

chromatographie

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Woche 1 Chromatographie AG Hippler

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Um Wechselwirkungen mit der Matrix (hydrophobe

Wechselwirkungen, sterische Behinderungen der oft sehr

großen Komplexe wie z.B. Antigen/Antikörper) zu

minimieren oder die spezifische Bindung an den Liganden

(kovalent gebundener Komplexpartner) überhaupt erst zu

ermöglichen, werden oft sogenannte Spacermoleküle (z.B.

Hexamethylendiamin NH2-(CH2)6-NH2) eingebaut.

Nach der Probenauftragung soll die zu reinigende Substanz (z.B. ein Protein) an den Liganden

binden. Diese Bindung erfolgt aufgrund eines sich einstellenden Gleichgewichtes. Diese

(reversible) Bindung beruht in jedem Fall auf der Einstellung eines Gleichgewichtes. Bei der

Probenauftragung müssen deshalb die Bedingungen (z.B. pH-Wert, Salzkonzentration,

Temperatur) so gewählt werden, daß dieses Gleichgewicht möglichst weit auf der Seite des

Komplexes liegt. Nur dann gelingt es, die zu reinigende Substanz innerhalb einer scharfen

Bande auf der Säule zu fokussieren. Zur Elution kann man sich grundsätzlich zweier

verschiedener Verfahren bedienen:

Waschen mit einer Substanz, deren Affinität zum immobilisierten Komplexpartner größer ist, als

die Affinität der zu isolierenden Substanz;

Erniedrigung der Affinität der zu isolierenden Substanz zum immobilisierten Komplexpartner

durch Änderung der Bindungsbedingungen (wie pH-Wert, Temperatur oder Ionenstärke).

Die Bedingungen sowohl für die Bindung als auch für die Elution sind so zu wählen, daß der

Komplex zwar gelöst, aber die zu isolierende Substanz (z.B. ein Protein) dabei nicht

denaturiert bzw. anderweitig geschädigt wird.

4. Größenausschlusschromatographie

Dieses auch Gelfiltration oder Gelpermeation genannte Verfahren trennt Substanzen aufgrund

ihrer unterschiedlichen Größe. Der genaue Mechanismus ist bis heute nicht im Detail

verstanden, jedoch gibt es eine sehr gute Modellvorstellung über den Trennvorgang.

Abb. 2: Spacer ermöglichen die Bindung

eines größeren Proteinkomplexes

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Woche 1 Chromatographie AG Hippler

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Eine Gelfiltrationssäule besteht aus einem schwammartigen Gel mit Poren mit definiertem

Größenbereich. Moleküle, die so groß sind, dass sie nicht in diese Poren diffundieren können,

werden auf kürzestem Weg und deshalb

sehr schnell eluiert. Moleküle, die so klein

sind, das sie gut in die Poren des

Materials diffundieren können, legen bei

der Elution eine sehr lange Strecke zurück

und eluieren entsprechend spät.

Mittelgroße Moleküle, die in einige, aber

nicht alle Poren diffundieren können,

eluieren demzufolge zwischen den ganz

großen und den ganz kleinen Molekülen.

Die Trennschärfe einer solchen Säule

nimmt mit ihrer Länge zu.

Der Einsatzbereich eines solchen Gels hängt zudem von der molekularen Ausschluss- und

Einschlussgrenze ab. Diese Werte hängen von der Größenverteilung der Poren im Gelmaterial

(der Matrix) ab. Die größten Poren definieren die Ausschlussgrenze, alle Moleküle, die zu

groß sind, um selbst in diese Poren zu diffundieren, eluieren gemeinsam früh von der Säule

(„Vorlauf“). Die kleinsten Poren definieren entsprechend die Einschlussgrenze, alle

Moleküle, die so klein sind, daß sie selbst in diese Poren diffundieren können, eluieren

ebenfalls gemeinsam spät von der Säule. Nur Moleküle, deren Größen zwischen Ausschluss-

und Einschlussgrenze der Matrix liegen, können mit diesem Säulenmaterial gemäß ihrer

Größe getrennt werden. In der Praxis charakterisiert man eine solche Säule durch drei

verschiedene Volumina:

1. das Gesamtvolumen der Säule Vt

2. das Volumen welches das Gel einnimmt Vx

3. das Volumen der umgebenden Lösung V0

V0 wird auch als Ausschlussvolumen bezeichnet

und nimmt in der Regel ca. 35 % des

Gesamtvolumens ein. Das Ausschlussvolumen ist die Menge an Eluat, die über die Säule

fließen muß, um Moleküle jenseits der molekularen Ausschlussgrenze zu eluieren. Ein

Abb. 3 : Trennung von kleinen und großen Molekülen mit der

Gelfiltrations-Chromatographie.

Die Moleküle sind schematisch als kleine und große schwarze

Kreise wiedergegeben.

Abb. 4: Charakeristische Größen einer Gelfiltrationssäule

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Woche 1 Chromatographie AG Hippler

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entsprechender Zusammenhang besteht zwischen dem Gesamtvolumen und er

Einschlussgrenze.

Das Elutionsvolumen (Ve) einer Substanz ist die Menge an Eluat, die zwischen dem Aufgeben

der Substanz und ihrem Austreten über die Säule fließt. Praktisch wird Ve als das Volumen

bestimmt, bei dem die halbmaximale Peakhöhe (ermittelt über Brechungsindex, biologische

Aktivität usw.) erreicht ist.

Mit den angegebenen Größen kann dann auf drei verschiedene Arten der Rückhaltegrad einer

Substanz beschrieben werden.

das relative Elutionsvolumen (REV)

Ve

REV = ---------

V0

die Retentions-Konstante (reziproker Wert von REV)

V0

R = --------

Ve

der Verteilungskoeffizient Kd oder Kav

Ve - V0

Kav = -----------

Vx

Am häufigsten verwendet wird der Verteilungskoeffizient.

Abb. 5 : Abhängigkeit der Kav-Werte

verschiedener Proteine von deren

Molekulargewichten exemplarisch

für ein bestimmtes Gelmaterial

(Sephadex G 200)

Ausschlusgrenze:

Ve = V0 Kav = 0

Einschlusgrenze:

Ve = Vt Kav = 1

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Woche 1 Chromatographie AG Hippler

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5. lonenaustausch- Chromatographie

Die Ionenaustausch-Chromatographie ist eine besondere, sehr weit verbreitete Form der

Affinitätschromatographie, bei der relativ unspezifische ionische Wechselwirkungen

zwischen den zu trennenden Substanzen und einer (positiv oder negativ) geladenen Matrix

ausgenutzt werden. Mit dieser Art der Chromatographie können somit nur geladene

Substanzen getrennt werden. Bei der Ionenaustausch-Chromatographie befinden sich an einer

polymeren Matrix geladene funktionelle Gruppen. An diese

geladenen Gruppen sind reversibel Gegenionen gebunden.

Man unterscheidet grundsätzlich zwischen Kationen- und

Anionenaustauschern. Beim Kationenaustauscher sind die

funktionellen Gruppen der Matrix negativ geladen und

binden daher (positiv geladene) Kationen, beim

Anionenaustauscher sind die Ladungsverhältnisse genau

entgegengesetzt. Solche funktionellen Gruppen können im

Falle eines Kationenaustauschers Carboxyl-Gruppen (z.B.

CM-Sephadex), im Falle eines Anionenaustauschers

Aminogruppen (z.B. DEAE-Cellulose) sein. Die Matrix

solcher Austauscher besteht wie im Falle der Affinitäts-Chromatographie aus Zuckern

(Sepharose, Cellulose usw.), Polystyrolen oder Polyamiden.

Nach Probenauftrag verdrängen nun die zu trennenden geladenen Moleküle (Ionen) der Probe

die reversibel angelagerten

Gegenionen der funktionellen

Gruppen und binden so an die Matrix.

Dieser „Ionenaustausch“ findet

natürlich nur statt, wenn die zu

trennende Substanz fester an die

funktionelle Gruppe der Matrix bindet

als das Gegenion. Auch hier handelt

es sich um eine

Gleichgewichtsreaktion. Die

Bedingungen beim Probenauftrag

müssen also so gewählt werden, daß

das Gleichgewicht weit auf der Seite

der „Bindung“ liegt.

Abb. 6: Typische funktionelle Gruppen

an Anionenaustauschern (oben) und

Kationenaustauschern (unten)

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Bei der anschließenden Elution macht man sich zunutze, daß die Bindungsstärke nicht nur

von der funktionellen Gruppe der Matrix und dem gebundenen Molekül abhängig ist, sondern

auch durch die Umgebungsbedingungen beeinflusst werden kann. So ist die Bindungsstärke

u.a. abhängig von der Ionenstärke der mobilen Phase.

Die lonenstärke einer Lösung ist wie folgt definiert:

25,0 ii zc ci ist dabei die molare Konzentration und zi die Ladung der Substanz i.

Dadurch ist es möglich, mit einem aufsteigenden Konzentrationsgradienten eines Ions die

gebundene Substanz wieder zu eluieren, da bei genügend hohen lonenstärken das

Gleichgewicht der Bindungsreaktion auf die Seite der Dissoziation verlagert wird: das zur

Elution benutzte Ion konkurriert mit der zu trennenden Substanz um die funktionellen

Gruppen der Matrix. Die Bindungsstärke einer Substanz zu den funktionellen Gruppen einer

Matrix ist unter gegebenen Bedingungen eine charakteristische Stoffkonstante. Demzufolge

kann mit einem Gradienten des Elutions-Ions eine Trennung eines Substanzgemisches

erfolgen, da jedes gebundene Molekül im Idealfall bei einer spezifischen lonenstärke im

Eluenten von der Säule gelöst wird.

Obige Betrachtungen gelten nicht nur für kleine

Moleküle mit einer positiven oder negativen Ladung,

sondern auch für große Moleküle mit vielen

Ladungen. Proteine z.B. können an ihren

Seitengruppen sowohl positive als auch negative

Ladungen tragen, sie zeichnen sich aber immer durch

eine eindeutige Nettoladung aus. Im Falle der

Proteine ist diese Nettoladung vom pH-Wert des

Lösungspuffers abhängig. Oberhalb des

Isoelektrischen Punktes (pI oder IEP) liegt ein

Protein mit negativer Nettoladung vor, darunter mit positiver Nettoladung. Am

Isoelektrischen Punkt gleichen sich die positiven und negativen Ladungen aus, die

Nettoladung ist null.

Abb. 8: Einfluss des pH-Wertes auf die Nettoladung

eines Proteins

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Woche 1 Chromatographie AG Hippler

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Dies rührt von der unterschiedlichen Ionisierbarkeit der einzelnen Aminosäuren eines Proteins

her, die je nach dem pH-Wert der Umgebung neutral, positiv oder negativ geladen sein

können. Die Ladung der auf der Oberfläche des Proteins exponierten Aminosäuren addieren

sich zur effektiven Nettoladung des Proteins. Wählt man einen geeigneten pH-Wertlassen sich

also Proteine sowohl an einen Kationen-, als auch an einen Anionenaustauscher binden.

Eine weitere Anwendung findet dieses Phänomen bei der Trennung von Proteinen mit

signifikant unterschiedlichen Isoelektrischen Punkten, so lässt sich ein pH-Wert finden, bei

dem das eine Protein eine negative Nettoladung, das andere aber eine positive Nettoladung

besitzt. Unter diesen Bedingungen bindet das negativ geladene Protein an einen

Anionenaustauscher, das positiv geladene Protein dagegen nicht mehr. Ebenso läßt sich über

eine Veränderung des pH-Wertes ein an den Ionenaustauscher gebundenes Protein wieder

eluieren.

6. Gaschromatographie

Die Gaschromatographie oder Gas/Flüssigkeits-Chromatographie ist eine extrem

leistungsfähige Art der Verteilungschromatographie. Ihre Nachteile bestehen darin, dass sich

ihr Einsatzgebiet auf Substanzen mit relativ hohem Dampfdruck beschränkt, d.h. auf

Substanzen die leicht verdampfbar sind, und dass sie nur im analytischen, nicht im

präparativen Maßstab durchführbar ist.

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Das Prinzip beruht auf der Verteilung eines Stoffes zwischen einer stationären Flüssigkeit und

einer mobilen Gasphase. Hierfür wird als stationäre Phase eine schwer verdampfbare

Flüssigkeit an die Innenwand einer mehrere Meter langen Kapillare adsorbiert. Diese

Kapillare wird von einem inerten Gas durchströmt, welches die mobile Phase darstellt.

Gebräuchlich sind hierfür N2, He oder H2. Das zu trennende Substanzgemisch wird im

Injektor so stark erhitzt, dass es verdampft, und dann mit dem inerten Gas durch die Kapillare

geleitet. Es stellt sich, analog zur DC, ein Verteilungsgleichgewicht zwischen stationärer

flüssiger und mobiler gasförmiger Phase ein, dessen Resultat eine unterschiedliche

Wanderungsgeschwindigkeit der verschiedenen Substanzen in der Kapillare ist. Als

Detektoren dienen unter anderem Flammenionisationsdetektoren (FID) oder

Massenspektrometer (MS) am Ausgang der Kapillare.

7. Bemerkungen zum HPLC oder FPLC Verfahren

Bei diesen Verfahren handelt es sich nicht um eigene, spezielle Chromatographiearten,

sondern lediglich um apparativ optimierte Formen der oben beschriebenen

Chromatographiemethoden.

Die Trennschärfe beispielsweise bei einer Gelfiltration nimmt mit der Feinheit des Materials

und der Säulenlänge zu. Gleichzeitig hiermit sinken bei herkömmlicher Anwendung aber

auch die Durchflussraten, so dass der erforderliche Zeitaufwand so groß wird, dass eine

Trennung bei der entsprechend großen Trennschärfe praktisch nicht mehr möglich ist. Bei

einer HPLC (= high pressure liquid chromatography)-Anlage wird nun die Durchflussrate

mittels hoher Drücke aufrecht erhalten. Dies ermöglicht eine Trennung in einem relativ

kurzen Zeitraum bei gleichzeitig hoher Trennschärfe. Prinzipiell aber ist an einer

HPLC-Anlage jedes Säulenchromatographie-Verfahren anwendbar. Jedoch stellen die hohen

Drücke extreme Anforderungen an das Material.

Bei einer FPLC (= fast protein liquid chromatography) sind die Verhältnisse sehr ähnlich.

Auch hier wird mittels Pumpen die Durchflussrate konstant gehalten, jedoch werden bei

weitem nicht so hohe Drücke aufgebaut. Die FPLC wird daher auch oft MPLC oder

Mitteldruck-Chromatographie genannt. Typischerweise dient die FPLC der Aufreinigung von

Proteinen in wässrigen Eluenten, die HPLC eher der Auftrennung niedermolekularer

Substanzen, meist in organischen Lösungsmitteln.

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Versuchsdurchführung

Das Prinzip der Ionenaustauschchromatographie soll am Beispiel des Hämoglobins gezeigt

werden. Hämoglobin ist das Sauerstoff-übertragende Protein im Blutkreislauf. Es besteht aus

vier Untereinheiten, die jeweils ein kovalent gebundenes Eisenprotoporphyrin (= Hämgruppe)

tragen. Hierdurch erscheint es bräunlich gefärbt und ist daher schon mit bloßem Auge gut zu

erkennen.

Zunächst sollen die äußeren Bedingungen – die günstigsten pH-Werte für Bindung bzw.

Elution des Proteins und die Bindungskapazität der Säule - bestimmt und optimiert werden,

um einen erfolgreichen Ansatz zur Reinigung des Hämoglobins aus einem Gemisch zu finden.

Diese Vorversuche finden in Eppendorfreaktionsgefäßen im sogenannten batch-Verfahren

statt. Die gewonnenen Erkenntnisse sollen dann genutzt werden, um das Hämoglobin über

Säulen mit Kationenaustauscher-Material aus einem Proteingemisch zu isolieren. Das

verwendete Proteingemisch enthält Hämoglobin und das rötlich gefärbte Cytochrom c (ein

Protein der Atmungskette, welches ebenfalls eine Hämgruppe trägt) in gleichen

Konzentrationen.

Benötigte Geräte:

„Speckbrettrotor“, Tischzentrifuge, Eppendorfgefäße mit Säulenmaterial, Eppendorfpipetten (200-1000µl, 20-

200µl), Photometer, Küvetten, pH-Meter, gepackte Säulen mit Carboxymethylcellulose-Sephadex

(Kationenaustauscher-Material), Reagenzgläser, Pasteurpipetten, Gummisauger

Benötigte Chemikalien:

100 ml 20 mM Tris-Puffer (Tris-(hydroxymethyl)-aminomethan)

100 ml 20 mM Maleinsäure-Puffer (cis-Butendisäure)

Säulenmaterial Carboxymethylcellulose-Sephadex vorgequollen

Hämoglobin-Lösung (5 mg/ml)

Hämoglobin/Cytochrom c-Gemisch (je 5 mg/ml)

Kaliumchlorid (Molekulargewicht 74,55 g/mol)

10 µl Ascorbinsäure (100 mM)

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Vorversuch 1: Bestimmung der geeigneten pH-Werte für Bindung und Elution

Um zu untersuchen, bei welchem pH-Wert das Hämoglobin am Säulenmaterial bindet, soll

zunächst eine pH-Reihe mit den pH-Werten 5 bis 9 hergestellt werden. Ein Puffer, der aus

den beiden Komponenten Tris und Maleinsäure hergestellt wird, hat einen Pufferbereich von

etwa pH 5 bis pH 9. Es wird der Tris-Puffer vorgelegt und mit dem Maleinsäure-Puffer

titriert, bis er einen der gewünschten pH-Werte erreicht hat. Auf diese Weise werden alle

benötigten Puffer hergestellt. Von jedem pH-Wert werden ca. 40 ml in einem 50 ml Falcon-

Tube abgefüllt.

Fünf Eppendorfgefäßen mit Säulenmaterial (Volumen = 25 µl) werden mit je 1 ml Puffer

eines bestimmten pH-Wertes versehen und 5 Minuten lang am Speckbrettrotor äquilibriert.

Dann werden die Eppendorfgefäße kurz zentrifugiert (1 min, 13.000 rpm), damit sich das

Säulenmaterial am Boden absetzt. Der Puffer wird abpipettiert (Aber Vorsicht! Das

Säulenmaterial nicht mit abpipettieren!), durch frischen ersetzt und die Äquilibrierung ein

zweites Mal durchgeführt.

Die Gefäße werden nach erneuter Abnahme des Überstandes mit jeweils 10 µl der reinen

Hämoglobin-Lösung beschickt und mit dem entsprechenden Puffer auf 1 ml aufgefüllt und

wieder gut durchmischt. Die Einstellung des Bindungsgleichgewichtes erfolgt 5 Minuten

lang am Speckbrettrotor. Nach dem Abzentrifugieren des Säulenmaterials wird der Überstand

abgenommen, in Küvetten pipettiert und photometrisch bei 410 nm die Extinktion gemessen.

Aus den Ergebnissen wird bestimmt, welche pH-Werte für die vollständige reversible

Bindung des Hämoglobins an das Säulenmaterial und dessen anschließender Elution am

besten geeignet sind.

Vorversuch 2: Ermittlung der Bindungskapazität der Säule

Um bei einer Aufreinigung eine Überladung der Säule zu vermeiden, sollte, falls möglich,

auch die Aufnahmekapazität der Säule überprüft werden. Es werden, wie oben beschrieben,

erneut sieben Eppendorfgefäße mit Säulenmaterial zweimal äquilibriert. Hierbei wird der

Puffer mit dem geeignetsten pH-Wert für die Bindung verwendet.

Der Puffer wird abpipettiert, die 25 µl Säulenmaterial mit je 5 / 10 / 25 / 50 / 75 / 100 µl der

Hämoglobin-Lösung versetzt und auf 1 ml mit dem geeigneten Puffer aufgefüllt. Dann wird 5

Minuten lang am Speckbrettrotor inkubiert. Nach erneuter Zentrifugation wird der Überstand

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in Küvetten pipettiert und photometrisch bei 410 nm der relative Hämoglobin-Gehalt

bestimmt.

Aus der Menge des verwendeten Säulenmaterials und der ermittelten Bindungskapazität soll

berechnet werden, wieviel Probe auf die vorgefertigten Säulen (Volumen: 1 ml) theoretisch

aufgetragen werden könnte, ohne sie zu überladen.

Säulenchromatographie: Isolierung des Hämoglobins aus einem Proteingemisch

Tipp: zur Beschleunigung der Flussrate kann mit einem Gummisauger ein leichter Druck auf

die Säule ausgeübt werden; vgl. FPLC-Verfahren.

Überstehende Flüssigkeit wird so weit abgelassen, dass die Säule gerade nicht trockenfällt.

Anschließend wird die Säule mit einem Säulenvolumen (= 1 ml) des Puffers mit dem zuvor

ermittelten optimalen pH-Wert für die Hämoglobinbindung äquilibriert. Ist der Puffer

durchgelaufen, werden 200 µl des Proteingemisches aufgetragen und einsinken gelassen.

Proteine mit einem pI kleiner als der aktuelle pH-Wert werden mit einem halben

Säulenvolumen Puffer (0,5 ml) eluiert und als Vorlauf verworfen.

Im zweiten Schritt wird das Hämoglobin eluiert. Dazu werden einige Milliliter desjenigen

Puffers auf die Säule gegeben, dessen pH-Wert als optimal für die Elution des Hämoglobins

bestimmt wurde (s. oben). Der Durchlauf kann so lange verworfen werden, bis die farbige

Bande das Ende der Säule erreicht, ab dann muss das Eluat aufgefangen werden.

Proteine mit einem pI größer als der Elutionspuffer verbleiben weiterhin auf der Säule. Diese

können durch Puffer mit noch höheren pH-Werten (Empfindlichkeit des Säulenmaterials

beachten!) oder hohen Ionenstärken eluiert werden. Hier soll letztere Methode angewandt

werden. Dazu werden 5 ml des für die Elution des Hämoglobin verwendeten Puffers auf

1,34 M an KCl eingestellt (Wieviel KCl muss abgewogen werden?) und das verbliebene

Protein mit einige Milliliter des salzhaltigen Puffers von der Säule verdrängt. Das Eluat wird

aufgefangen.

Von beiden Fraktionen wird jeweils ein Spektrum (=300-600 nm) am Photometer

aufgenommen und mit Referenzspektren verglichen. Nachdem die Spektren aufgenommen

wurden, wird zu dem Eluat der letzen Fraktion 10 µl einer 100 mM Ascorbinsäure-Lösung in

die Küvette pipettiert, durchmischt und für 2 min bei Raumtemperatur inkubiert.

Anschließend wird abermals ein Spektrum (=300-600 nm) am Photometer aufgenommen

und mit dem zuvor aufgenommenen Spektrum verglichen.

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Literatur

Cooper T G. Biochemische Arbeitsmethoden, 1. Aufl., de Gruyter Berlin New York 1980

Kleber H.-P.; Schlee D.; Schöpp W.: Biochemisches Praktikum, 5. Aufl., Gustav Fischer Verlag Jena Stuttgart Lübeck Ulm

1997

Stryer L., Biochemie, Spektrum Verlag 1996

Fragen zur Vorbereitung:

1. Folgende drei Substanzgemische sind chromatographisch aufzureinigen:

a) Eine aus Pflanzen extrahierte Mischung aus niedermolekularen Phenolen, von denen der Blattfarbstoff -

Carotin abgetrennt werden soll.

b) Ein Gemisch zweier Strukturproteine der pflanzlichen Zellwand: einem Glycin-reichen Protein (GRP;

MW=15,2 kDa; pI=5,78) und einem Prolin-reichen Protein (PRP; MW=60,3 kDa, pI=5,81), wobei beide

Proteine voneinander getrennt werden sollen.

c) Ein Gemisch von zwei Isoformen der Phenylalanin-Ammonium-Lyase (PAL): PAL I (MW=332 kDa,

pI=4,57) und PAL II (MW=329 kDa, pI=8,24), wobei wiederum beide Proteine in möglichst reiner Form

gewonnen werden sollen.

Ihnen stehen folgende Chromatographiemedien zur Verfügung:

I. Eine Gelfiltrationssäule mit einer Ausschlußgrenze von 50 kDa und einer Einschlußgrenze von 8 kDa;

II. Eine Gelfiltrationssäule mit einer Ausschlußgrenze von 300 kDa und einer Einschlußgrenze von 70

kDa;

III. Eine Kieselgel-DC-Platte, wahlweise mit 50% Ethanol oder einem Chloroform/Toluol-Gemisch (1:1)

als Laufmittel;

IV. Eine mit Protonen abgesättigte Kationenaustauschersäule, wobei als Auftragungspuffer ein

Puffersystem mit einem pH-Wert von 6,0 genutzt werden soll.

V. Eine mit OH- abgesättigte Anionenaustauschersäule, wobei als Auftragungspuffer ein Puffersystem mit

einem pH-Wert von 3,0 bis 4,0 genutzt werden kann.

VI. Eine abgesättigte Concanavalin A - Säule (ConA ist ein Lectin, d.h. es ist in der Lage, spezifisch

Zuckerreste zu binden), wobei als Auftragungspuffer ein Puffersystem mit einem pH-Wert von 7,0

genutzt werden soll.

Welches Chromatographiesystem bietet sich für welches Problem an? Begründen Sie (kurz!) Ihre

Entscheidungen! Warum sind einige der aufgeführten Systeme hier gar nicht anwendbar?

2. Eine eluierte Fraktion enthält nahezu reines Cytochrom c. Sie messen nach zehnfacher Verdünnung bei 550

nm eine Extinktion von 0,185. Wie groß ist die Konzentration von Cytochrom c in der Fraktion? Wählen

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Sie zur Darstellung des Ergebnis eine sinnvolle Einheit! (Schichtdicke der Küvette = 1 cm; 550nm = 29,5 l

mol-1 cm

-1)

3. Erläutern Sie kurz das Prinzip der Affinitätschromatographie. Welche natürlichen Prozesse werden

nachgeahmt bzw. ausgenutzt? Welche Kräfte binden die zu isolierenden Moleküle an die immobilisierten

Komplexpartner?

4. Informieren Sie sich über die Substanzen Hämoglobin, Cytochrom c und Ascorbinsäure (Funktionale

Gruppen, sonstige Eigenschaften).

5. Fertigen Sie ein Ablaufdiagramm für die Versuche an.

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Woche 2 Muskel AG Weber

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Mechanismen der Muskelkontraktion

Themen, die zur Vorbereitung gehören:

-Muskeltypen

-Aufbau des Skelettmuskels, molekularer Mechanismus der Muskelkontraktion,

Bedeutung von ATP und Ca2+

-Steuerung der Muskelkontraktion

Literatur:

Silverthorn: „Physiologie“, Pearson Studium

Kapitel 12: „Muskulatur“

Campbell et al.: „Biologie“, Spektrum Verlag, 2009

Kapitel 49: „Sensorik und Motorik“

Hickman et al.: „Zoologie“, Pearson Studium, 2008

Kapitel 29: „Halt, Schutz, Bewegung“

Allgemeines

Die Fähigkeit zur Bewegung ist ein Kennzeichen der Tiere und ermöglicht ihnen nicht nur

Nahrung zu erlangen, sondern auch Gefahren abzuwehren und Partner zu finden. Um sich

fortzubewegen, müssen die Tiere - unabhängig von der Art der Bewegung - ausreichend Kraft

gegen die Umwelt ausüben, um Reibungskräfte und Schwerkraft zu überwinden. Diese Kraft

wird durch energieverbrauchende zelluläre Prozesse erzeugt (-> Bioenergetik). Den

unterschiedlichen Arten der Bewegung liegen Mechanismen zugrunde, die allen Tieren

gemeinsam sind. Auf der zellulären Ebene beruht jegliche Bewegung auf kontraktilen

Systemen und molekularen Motoren. Eine Muskelkontraktion alleine führt jedoch nicht

unmittelbar zu einer Bewegung des Tieres: alle Bewegungsarten basieren entscheidend

darauf, dass Muskeln gegen ein festes (Hydro,- Exo- oder Endo-) Skelett arbeiten können. Da

Muskeln sich nur kontrahieren können, müssen sie in antagonistisch wirkenden Paaren am

Skelett ansetzen um einzelne Körperteile hin- und her bewegen zu können.

Der Skelettmuskel der Wirbeltiere ist an Knochen verankert und ermöglicht, diese zu

bewegen. Er besteht aus langen Muskelfaserbündeln ( 0,1 – 1 mm), die sich meist über die

gesamte Länge des Muskels erstrecken. Ein Bündel besteht aus mehreren Muskelfasern ( 10

– 90 µm). Die Muskelfaser ist eine einzelne, mehrkernige Zelle, die aus der Fusion mehrerer

embryonaler Zellen gebildet wird. Jede Muskelfaser besteht aus rund 1000 longitudinal

angeordneten Myofibrillen. Jede Myofibrille ist durch Z-Scheiben in ca. 2,5 µm lange

‚Fächer’ (Sarkomere) unterteilt. Die Sarkomere sind die kontraktilen Einheiten des Muskels.

Sie bestehen aus zwei Arten von Myofilamenten: Dünne Filamente bestehen aus je zwei

Actinsträngen und Tropomyosin-Strängen. Dicke Filamente werden aus zahlreichen Myosin

Molekülen gebildet. Eine Muskelkontraktion erfolgt dann, wenn die Filamente aneinander

vorbeigleiten und dabei die Sarkomere verkürzen.

Das Myosinmolekül besitzt einen zweigeteilten Kopf, der die ATPase-Aktivität enthält. Er ist

gelenkartig mit einem Halsstück verbunden (Kopf + Hals = schweres Meromyosin), an das

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Woche 2 Muskel AG Weber

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sich, wiederum gelenkartig verbunden, das Schwanzstück anschließt (= leichtes

Meromyosin). Ein Myosinfilament besteht aus ca. 150-360 solcher Moleküle, die bündelartig

zusammengefasst sind. Die gelenkartige Beweglichkeit des Kopf-Hals-Stückes ermöglicht die

reversible Bindung des Myosins mit dem Aktin (der Aktin-Myosin-Komplex). Aktin ist ein

globuläres Protein (G-Aktin), von dem jeweils ~400 eine perlschnurartige Kette bilden (F-

Aktin). Jeweils zwei miteinander verdrillte Aktin-Ketten bilden ein Aktinfilament. Das

ebenfalls fadenförmige Tropomyosin windet sich um das Aktinfilament, wobei ca. alle 40 nm

ein Troponinmolekül angeheftet ist. Während der Kontraktion legt sich der Tropomyosin-

Faden in die Rinne zwischen zwei Aktin-F-Ketten und gibt deren Bindungsstellen für das

Myosin frei. Als molekularer Schalter wirkt dabei das Ca2+

-sensitive Troponin.

Der Kontraktionsmechanismus des Wirbeltiermuskels ist heute bis in seine molekularen

Details bekannt. Der erste Schritt bei der Aktivierung eines Muskels ist die Depolarisation der

Muskelzelle. Aus dem Sarkoplasmatischen Retikulum wird Ca2+

ins Cytosol freigesetzt. Die

Ca2+

Konzentration in der Muskelzelle erhöht dabei sich innerhalb von 20 ms um das ca.

500fache. Ca2+

verbindet sich mit Troponin, wodurch Tropomyosin seine hemmende

Wirkung auf die Aktin-Myosin-Verbindung verliert. Die energieliefernde Reaktion läuft am

Kopf des Myosinmoleküls ab, welcher ATP binden und in ADP + Pi hydrolisieren kann. Ein

Teil der Hydrolisierungsenergie überträgt sich auf das Myosin, wodurch dieses in eine

energiereiche Konformation überführt wird. Der angeregte Myosinkopf gleicht nun einem

gespannten Hebel und bindet an eine spezifische Bindungsstelle am Actin und bildet so eine

Querbrücke zwischen Actin und Myosin (Actomyosin-Komplex). Jetzt wird die gespeicherte

Energie freigesetzt und der Myosinkopf geht wieder in die energieärmere Konformation über,

wodurch sich der Winkel ändert, unter dem der Kopf an den Schwanz gebunden ist. Durch

dieses Umklappen wird eine Kraft auf das Actinfilament ausgeübt und dieses wird in

Richtung des Sarkomer-Zentrums gezogen. Die Bindung zwischen Myosin und Actin wird

wieder gelöst, wenn ein Molekül ATP am Myosinkopf bindet (‚Weichmacherwirkung des

ATP’) und der Zyklus kann von neuem beginnen: der freie Kopf kann das neue ATP spalten,

die energiereiche, gespannte Konformation einnehmen und an die Bindungsstelle eines

anderen Actinmoleküls andocken. Jeder der ca. 350 – 400 Köpfe eines dicken Filaments kann

5 Querbrücken pro Sekunde bilden und lösen, so dass die Filamente kontinuierlich aneinander

vorbeigezogen werden.

Ein einzelner Gleitzyklus führt ‚nur’ zu einer Muskelverkürzung um ca. 1 %. Für eine

normale Muskelverkürzung (max. 30 %) ist deshalb ein oft wiederholter Ablauf des Zyklus

notwendig: Bindung der Köpfe – Abknicken und Gleiten – Lösung der Bindung – Bindung an

einer nachfolgenden Stelle des Filaments.

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Versuch

Viele elementare Schritte des molekularen Kontraktionsmechanismus können an isolierten

Myofibrillen ("Fibrillenmodell") demonstriert werden. Für diesen Versuch benutzen wir

handelsübliches Hackfleisch (somit kann dieser Versuch ggf. auch gut in der Schule

durchgeführt werden). Sie sollen am Fibrillenmodell zeigen, dass die Muskelkontraktion von

Calciumionen (Ca2+) und ATP abhängt und dass dabei ATP gespalten wird (ATPase-

Aktivität). Die ATP-Spaltung soll quantifiziert werden. Im einzelnen werden die Fibrillen

folgenden Bedingungen unterworfen:

-Zugabe von ATP

-Zugabe von Ca2+

-Zugabe von EGTA (2-Aminoethyl-Glycoläther-N,N,N',N'-Tetraessigsäure), eines

Chelatbildners, der Ca2+

komplexiert („wegfängt“). Kontraktionen sind an einer deutlichen

Volumenabnahme, schnelleren Sedimentation der Fibrillen und/oder eines sich

zusammenziehenden Gelzylinders aus den Fibrillen erkennbar. Das Ausmaß der ATP-

Spaltung wird über das freigesetzte anorganische Phosphat bestimmt.

Material

5 g Rinderhackfleisch; 1.2 mol/l Trichloressigsäure (TCA); 0.2 mol/l ATP in Puffer* (*

Puffer = 40 mmol/l Imidazol, 80 mmol/l KCl, 5 mmol/l MgCl2, pH 7.2), 0.002 mol/l CaCl2

in Puffer*; 0.4 mol/l EGTA in Puffer*

Phosphattest:

Lösung 1: Ammoniumvanadat-Salpetersäure

Lösung 2: Ammoniummolybdat-Schwefelsäure

Lösung 3: Phosphatstandard (200 µmol/l)

Durchführung

1. Herstellen der Fibrillensuspension

Das Hackfleisch wird mit ca. 45 ml eiskaltem Puffer versetzt und mit dem Ultra-Turrax

homogenisiert (3 x 20 sec), um die Myofibrillen freizusetzen. Das Homogenat wird durch

Perlongaze filtriert und anschließend in einem gewogenen Zentrifugenbecher (Falcontube)

bei 3000UpM für 10 min zentrifugiert. Der Überstand (lösliche Proteine u.a.) wird verworfen,

das Myofibrillen-Sediment wird zum Auswaschen löslicher Proteine mit 45 ml eiskaltem

Puffer versetzt und mit dem Ultra-Turrax sehr kurz resuspendiert. Nach erneuter

Zentrifugation (wie oben) wird das Myofibrillen-Sediment im 20-fachen Volumen seines

Gewichts in Puffer aufgenommen und sehr kurz resuspendiert.

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2. Versuchsansätze

In den Ansätzen 1 - 4 werden jeweils 2 ml verdünnte Fibrillensuspension (FS), im Ansatz 5

werden 2 ml Puffer anstelle von Fibrillensuspension und 100 µl der angegebenen Zusätze

zusammen pipettiert (in Reagenzgläsern!!).

Dann wird mit Puffer auf ein Endvolumen von 2.2 ml aufgefüllt.

Vor dem Ansetzen der Versuche müssen Sie sich ein Pipettierschema überlegen, denn die

Kontraktion startet mit der Zugabe von ATP!

Ansatz 1: FS + CaCl2

Ansatz 2: FS + ATP

Ansatz 3: FS + CaCl2 + ATP

Ansatz 4: FS + EGTA + ATP

Ansatz 5: Puffer + ATP

Sie sollen die Vorgänge ca. 15 min lang beobachten und sich alle Veränderungen notieren.

3. Photometrische Phosphatbestimmung:

Zur Bestimmung der in den jeweiligen Versuchen freigesetzten Phosphatmenge werden die

Fibrillen wieder resuspendiert. 100 µl der Suspension werden entnommen und in einem 1,5-

ml-Reaktionsgefäß mit 1 ml TCA (Trichloressigsäure, 1,2 mol/l) versetzt. Die dadurch

ausgefällten Proteine werden abzentrifugiert (1 min, Eppendorf-Zentrifuge). Zur

Phosphatbestimmung werden Doppelbestimmungen gemacht: In 2-ml-Reaktionsgefäßen

werden für die Reagenzienleerwerte je 400 µl TCA vorgelegt, für die Standards je 400 µl

einer 200 µmol/l Phosphat-Lösung, für die Testansätze 1-5 je 400 µl der jeweiligen

Überstände nach TCA-Fällung.

Zu allen Proben werden jeweils 400 µl Lösung 1 und 400 µl Lösung 2 gegeben und gut

gemischt.

Nach 10 min photometrische Bestimmung der Extinktion bei 405 nm.

Das Photometer wird vom Betreuer in Betrieb genommen und demonstriert.

Protokoll

Das Protokoll soll enthalten (neben den üblichen Abschnitten):

- Pipettierschema für die verschiedenen Fibrillenansätze

- Eine Tabelle zum Kontraktionsverhalten in den verschiedenen Fibrillenansätzen

- Die Messdaten der Phosphatbestimmung

- Die Berechnung der umgesetzten ATP-Mengen

- Prozent der umgesetzten ATP-Mengen bezogen auf den Fibrillenansatz mit dem höchsten

Umsatz

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Ansatz E405nm Ø E

ΔE

c PO43-

in TCA

[ µmol/l ]

FS-Verd.

f1/FS

c PO43-

in Ans. 2-5

[ µmol/l ]

%-Vergleich

Ans. 2-4

Leerwert = 0

Standard (200 µmol/l)

1 (FS+Ca2+

) E1

2 (FS+ ATP) E2

3 (FS+Ca2+

+ATP) E3

4 (FS+EGTA+ATP) E4

5 (Puffer + ATP) E5

Ansatz

(c ATP-Lsg: 0,2 mol/l)

ATP-Verd.

f2/ATP

eingesetzte ATP-Konz.

je Ans. [ µmol/l ]

Rest-ATP-Konz. je Ans=100%

(cATP/Ans - c5) [ µmol/l ]

PO43-

- Konz. c in Ans. 2-5

[ µmol/l ]

% Umsatz

an ATP

2 (FS+ ATP)

3 (FS+Ca2+

+ATP)

4 (FS+EGTA+ATP)

5 (Puffer + ATP)

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Woche 3: Enzymatische Metabolitbestimmung AG Paul / Zeis

33

Photometrische Metabolitbestimmung am Beispiel des anaeroben Glykolyse-Endpro-

duktes Laktat

Biologischer Hintergrund

L-Laktat, das Anion der Milchsäure, fällt in vielen tierischen Organismen als Stoffwechsel-

produkt an, wenn die Versorgung der Gewebe mit Sauerstoff nicht gewährleistet ist. Der

Bedarf an energiereichen Phosphatverbindungen (ATP) kann dann nicht mehr über die

oxidative Phosphorylierung gedeckt werden, da ohne Sauerstoff als Endakzeptor der

Elektronentransport der Atmungskette zum Erliegen kommt. Nur anaerobe Stoffwechselwege

(Anaerobiose) wie die Glykolyse stehen unter diesen Bedingungen zur Verfügung. Die hier

“entstehenden” Elektronenpaare (NADH + H+) werden dabei nicht mehr auf Sauerstoff,

sondern auf organische Substanzen (Metabolite) übertragen, zum Beispiel auf Pyruvat, das

Endprodukt der Glykolyse, das dadurch zu Laktat reduziert wird, während NADH zu NAD

oxidiert wird. Damit wird verhindert, dass sich der Pool an aufnahmebereiten Reduktions-

äquivalenten erschöpft.

Man unterscheidet zwischen funktionsbedingter und biotopbedingter Anaerobiose. Im ersten

Fall übersteigt der Sauerstoffbedarf des aktiven Gewebes die Sauerstoffversorgung, zum

Beispiel bei exzessiver Muskeltätigkeit. So kann es bei hoher körperlicher Leistung zu einem

Mangel an energiereichen Phosphatverbindungen auch bei Anwesenheit von O2 kommen, der

nur durch zusätzliche Energiegewinnung über Anaerobiose (neben der sauerstofflimitierten

oxidativen Phosphorylierung) gedeckt werden kann. Funktionsbedingte Anaerobiose kann nur

über kurze Zeit aufrechterhalten werden (z.B. Fluchtreaktion, Endphase einer Beutejagd o.ä.).

Bei der biotopbedingten Anaerobiose verhindert dagegen Sauerstoffmangel in der Umgebung

einen aeroben Stoffwechsel. Lebensräume mit wechselndem Sauerstoffgehalt sind z.B.

Habitate im Küstenbereich, in stehenden Gewässern oder im Boden. In diesem Fall können

anaerobe Stoffwechselwege auch über längere Zeit eine Versorgung der Gewebe mit

energiereichen Phosphatverbindungen aufrechterhalten.

Funktionsbedingte Anaerobiose unterscheidet sich von der biotopbedingten Anaerobiose also

hinsichtlich der Dynamik, aber auch hinsichtlich der Beteiligung von systemischen und

metabolischen Leistungen (z.B. Ventilations- und Perfusionsanpassung, “metabolic

depression”, spezifische anaerobe Stoffwechselwege). So können neben der „Milchsäure-

gärung“ weitere Stoffwechselwege an der anaeroben Energieversorgung beteiligt sein und zu

anderen Stoffwechselprodukten führen (Ethanol, Opine etc.) In vielen Fällen ist aber eine

erhöhte Laktatkonzentration im Gewebe bzw. den Körperflüssigkeiten Indikator für einen

anaeroben Stoffwechsel.

Methodischer Hintergrund

Voraussetzung für die enzymatische Bestimmung einer Metabolitkonzentration in einer Probe

ist eine spezifische Reaktion, die photometrisch verfolgt werden kann. Die Umsetzung des

Metaboliten als Substrat einer Enzymreaktion führt zur Änderung der optischen

Eigenschaften der Lösung, d.h. die Lichtabsorption durch die Probe wird verändert.

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Woche 3: Enzymatische Metabolitbestimmung AG Paul / Zeis

34

Die optischen Eigenschaften einer Lösung bei einer bestimmten Wellenlänge beschreibt das

Lambert-Beer´sche Gesetz:

I -2,303 ·c·d - = e I0

Durch Umformung ergibt sich:

Io E = log = ·c·d.

I Der Logarithmus von I0/I wird als Extinktion E bezeichnet.

Gleichbedeutend wird auch der Begriff “Absorption” verwendet oder von der “optischen

Dichte” der Lösung gesprochen. Die lineare Abhängigkeit der Extinktion von der

Konzentration des Chromophors ist nur in verdünnten Lösungen gegeben.

Im Falle des Laktattests kann die Bildung von Pyruvat und NADH (Chromophor, s.u.) durch

die Laktatdehydrogenase (LDH) – also die Umkehr der Laktatbildungsreaktion im

Stoffwechsel - zur enzymatischen Laktatbestimmung herangezogen werden, da die

Extinktionsänderung proportional zur Konzentration des Laktats erfolgt.

LDH

Laktat + NAD+ ----------- Pyruvat + NADH + H

+

In einem geeigneten Puffersystem wird das Laktat der Probe durch Zugabe von NAD und

LDH zu Pyruvat umgesetzt, wobei NADH in äquimolaren Mengen entsteht. Das

Absorptionspektrum der beiden Nukleotide unterscheidet sich im Wellenlängenbereich von

340 nm: hier absorbiert NAD nicht, während NADH ein Extinktionsmaximum aufweist ( ε =

6,3 L * mmol-1

* cm-1

). Anhand der optischen Dichte bei 340 nm kann also die enzymatisch

umgesetzte Metabolitmenge quantifiziert werden. Die Umsetzung von NAD/NADH in einer

Redoxreaktion stellt ein allgemeines Prinzip enzymatischer Analyse dar, das durch geeignete

Wahl eines Enzymsystems nahezu beliebige Metabolite quantitativ erfassen kann.

I = Intensität des durchtretenden Lichts

I0 = Intensität des eingestrahlten Lichts

c = Konzentration des Chromophors

= molarer Extinktionskoeffizient des

Chromophors

d = Weglänge des Lichts durch die Probe

COO-

|

HO–C–H Laktat | CH3

COO-

|

C=O Pyruvat | CH3

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Woche 3: Enzymatische Metabolitbestimmung AG Paul / Zeis

35

Zunächst kann mit einer Standardlösung bekannter Laktatkonzentration die Funktion des

enzymatischen Testsystems und die lineare Konzentrationsabhängigkeit der Reaktion

überprüft und eine Eichgerade erstellt werden. Die Extinktionsänderung nach Zugabe

unterschiedlicher Laktatmengen wird dazu um einen Leerwert korrigiert, der die

Extinktionsänderung berücksichtigt, die bereits ohne Zugabe der Probe (zum Beispiel durch

die Absorption des Enzyms o.ä.) erfolgt. Dann kann mit Hilfe der Eichgeraden die

Konzentration der Probe unbekannter (zu bestimmender) Laktatkonzentration anhand der

erfolgten Extinktionsänderung berechnet werden.

Material:

- 20 Krabben (Carcinus maenas)

- Fangnetz

- Eppendorfpipetten

- 1 ml-Spritzen und Kanülen (0,4 mm)

- Eppendorfzentrifuge

- Heizblock

- Glycin-Hydrazin-Puffer pH 9,0 (0,9 mol/l Glycin; 0,75 mol/l Hydrazin. Vorsicht: Giftig)

- NAD+-Lösung 40 mmol/l *

- Laktat-Standard 5 mmol/l *

- LDH-Lösung 2,5 mg/ml *

Die mit * gekennzeichneten Lösungen sind auf Eis aufzubewahren.

Durchführung:

In diesem Kurs soll die Laktatkonzentration in der Hämolymphe ruhender und zur Aktivität

veranlasster Tiere bestimmt und miteinander verglichen werden. Dazu wird Strandkrabben

(Carcinus maenas) ohne und nach lokomotorischer Aktivität (funktionsbedingte Anaerobiose)

eine Hämolymphprobe entnommen. Die Entnahme erfolgt mit einer Spritze aus einem

Absorptionsspektren von

NADH (offene Kreise) und

NAD+ (gefüllte Kreise).

Der Extinktionsunterschied

bei 340 nm ermöglicht die

Konzentrationsbestimmung

im enzymatischen Test.

(Karlson, P: Kurzes

Lehrbuch der Biochemie,

Thieme-Verlag, Stuttgart)

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Woche 3: Enzymatische Metabolitbestimmung AG Paul / Zeis

36

Gelenkhäutchen am Ansatz der Coxa (Demonstration durch die Betreuer). Den Tieren wird

Hämolymphe entnommen (Kontrollwert), danach werden sie mit Hilfe eines Stabes zu

maximaler Aktivität veranlasst. Nach der Aktivität wird dem Tier erneut Hämolymphe

entnommen und der Laktatgehalt bestimmt. Von den einzelnen Kursgruppen wird der Effekt

von unterschiedlicher Aktivitätsdauer nach folgendem Schema untersucht:

Die Hämolymphproben werden 10 min hitzedenaturiert, 10 min bei 13000 rpm zentrifugiert

und der Überstand mit Hilfe des enzymatischen Tests (siehe unten) analysiert.

Laktat-Test: Durchführung:

Photometrische Messung bei 340 nm.

Der Nullabgleich des Photometers erfolgt mit einer puffergefüllten Küvette, danach

Einstellungen des Photometers nicht mehr verändern.

Die Extinktion von Leerwerten, Standardlösungen und Proben wird vor der enzymatischen

Reaktion bestimmt, dann erfolgt der Start der Enzymreaktion durch Zugabe von LDH und

nach Ablauf einer einstündigen Inkubation bei Raumtemperatur die Bestimmung der

Extinktion nach abgeschlossener enzymatischer Umsetzung.

Vermeiden Sie die Berührung der Spitzen von Rührspateln und Pipettenspitzen mit den

Fingern, um Kontaminationen mit probenfremdem Laktat zu verhindern.

1. Leerwert

Bestimmung der Extinktionsänderung, die ohne umgesetztes Substrat allein durch die Zugabe

des Enzyms (LDH) erfolgt (Nullwert der Eichgeraden). In zwei Eppendorfgefäße

(Doppelbestimmung) wird in der angegebenen Reihenfolge pipettiert:

Puffer: 860 µl

NAD+: 20 µl

H2O: 100 µl

G

Gruppe

Aktives Tier:

Hämolymphentnahme nach

1 / 2 1 min

3 / 4 2 min

5 / 6 3 min

7 / 8 4 min

9 / 10 6 min

11 / 12 8 min

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Woche 3: Enzymatische Metabolitbestimmung AG Paul / Zeis

37

Durchmischen Sie die Substanzen (Vortex), bringen Sie die Lösung in eine Halbmikro-

Küvette und stellen Sie diese in den Strahlengang. Notieren Sie die Extinktion. Pipettieren Sie

die Lösung in das Eppendorfgefäß zurück. Fügen Sie 20 µl LDH zu und mischen Sie die

Lösung gut durch (Vortex). Lassen Sie die Reaktion 1h ablaufen und pipettieren Sie die

Lösung in die Küvette. Bestimmen Sie den Endwert der Extinktion im Photometer. Der

Mittelwert der Extinktionsänderung beider Leerproben wird als Leerwert von allen E –

Werten abgezogen.

2. Standards

Bestimmung der Extinktionsänderung, die durch bekannte Substratmengen hervorgerufen

wird. Führen Sie die oben beschriebene Messung mit dem Standard (Laktatlösung bekannter

Konzentration) durch. Pipettieren Sie dazu jeweils zweimal (Doppelbestimmung) in

Eppendorfgefäße:

Standard I II III

Puffer: 860 µl 860 µl 860 µl

NAD+: 20 µl 20 µl 20 µl

Standard (5 mmol/l Laktat) 10 µl 20 µl 30 µl

Wasser 90 µl 80 µl 70 µl

Durchmischen Sie die Substanzen und bestimmen Sie jeweils in einer Küvette die Extinktion.

Nach dem Umfüllen in ein Eppendorfgefäß 20 µl LDH zufügen und gut durchmischen.

Lassen Sie die Reaktion jeweils 1h ablaufen und notieren Sie die Endwerte der Extinktion.

3. Proben

Bestimmung der Extinktionsänderung durch eine Lösung mit unbekannter (zu messender)

Substratkonzentration. Für die Messung der Probe pipettieren Sie in parallelen Ansätzen

jeweils zweimal (Doppelbestimmung) in Eppendorfgefäße:

Puffer: 860 µl 860 µl

NAD+: 20 µl 20 µl

Probe 10 µl 20 µl

Wasser 90 µl 80 µl

Durchmischen Sie die Substanzen, pipettieren Sie sie in eine Küvette und bringen Sie diese in

den Strahlengang. Notieren Sie die Extinktion. Nach dem Umfüllen in das Eppendorfgefäß

20 µl LDH zufügen und mischen. Lassen Sie die Reaktion 1h ablaufen und notieren Sie die

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Woche 3: Enzymatische Metabolitbestimmung AG Paul / Zeis

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Endwerte. Falls Sie eine sehr niedrige oder sehr hohe Extinktion erhalten, verändern Sie die

Probemenge. Messen Sie die Extinktionsänderung der Proben I (Ruhe) und II (Aktivität).

Erstellung der Eichgeraden:

Ermitteln Sie für die gemessenen Standardlösungen die Veränderung in der Extinktion (E)

durch die Enzymreaktion, indem Sie den Anfangswert vom Endwert abziehen. Von dem so

erhaltenen Wert für E ziehen Sie den E-Wert für den Leerwert ab. Die resultierenden

Werte tragen Sie nach Bestimmung des Mittelwertes gegen die Konzentration auf. Der Leer-

wert ist Teil der Geraden (Nullpunkt).

Die E-Werte für die Proben werden genauso ermittelt (Leerwert abziehen!). Nun können Sie

aus der mit Hilfe der Standardmessungen selbst erstellten Eichgeraden die Laktatkonzentra-

tion in den Proben berechnen. Geben Sie den Mittelwert der Laktatkonzentration in der

Hämolymphe der Tiere jeweils für die Messungen in Ruhe (I) und nach Aktivität (II) an.

Mögliche Fehlerquellen:

- Probe ist nicht genug durchgemischt --> Küvette mit Parafilm verschließen, schütteln

- Luftblasen in der Küvette --> mit dem Finger vorsichtig gegen die Küvette klopfen oder mit

Rührspatel Luftblasen entfernen

Auswertung:

Vergleichen Sie die Laktatkonzentrationen in der Hämolymphe von Ruhetieren und aktiven

Tieren. Notieren Sie die Messwerte aller Gruppen. Welchen Einfluss hat die Dauer der

Aktivität auf die Laktatkonzentration? Fertigen Sie ein Diagramm an, in dem Sie die

Abhängigkeit der Laktatkonzentration in der Hämolymphe von der Aktivitätsdauer darstellen.

Protokoll:

1. Einleitung: Ziel des Versuchs

2. Ergebnisse:

- Tabelle der Original-Messwerte (eigene Gruppe)

- Eichgerade (Diagramm und Geradenfunktion, eigene Gruppe)

- Berechnete Laktatkonzentrationen der Hämolymphproben (eigene Gruppe)

- Tabelle der Ergebnisse aller Gruppen

- Grafische Darstellung des Zeitverlaufs (Abhängigkeit von CLaktat von der Aktivitätsdauer)

- Beschreibung der Ergebnisse in Textform

3. Diskussion

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Woche 3: Enzymatische Metabolitbestimmung AG Paul / Zeis

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Fragen zum Verständnis:

- Welche Stoffwechselwege führen bei ausreichender Sauerstoffversorgung zur Bildung

von ATP, welche unter Sauerstoffmangel?

- Was versteht man unter funktioneller Anaerobiose, was unter biotopbedingter Anaero-

biose?

- Welche Reaktion katalysiert die Laktatdehydrogenase in der Zelle?

- Was ist die Extinktion einer Lösung und von welchen Faktoren wird sie bestimmt?

- Die Malatdehydrogenase (MDH) katalysiert folgende Reaktion:

MDH

Malat + NAD+ ---------- Oxalacetat + NADH + H

+

Welche Komponenten muss ein enzymatisches Testsystem enthalten, mit dessen Hilfe die

Oxalacetatkonzentration einer Probe bestimmt werden kann? Welche Änderung der

Extinktion erwarten Sie bei einer Probe mit einem Oxalacetatgehalt, von 0,1 mmol/l (in

der Küvette). (Zu-/Abnahme, Zahlenwert der Extinktionsänderung)?

Literatur:

Bergmeyer, Hans Ulrich: Grundlagen der enzymatischen Analyse. Verlag Chemie Weinheim.

Karlson, Peter: Kurzes Lehrbuch der Biochemie. Thieme Verlag, Stuttgart.

Lottspeich, F., Zorbas, H: Bioanalytik. Spektrum Verlag Heidelberg, Berlin.

Paul, Rüdger: Physiologie der Tiere. Systeme und Stoffwechsel. Thieme Verlag, Stuttgart.

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Woche 3: Enzymatische Metabolitbestimmung AG Paul / Zeis

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Proben-

Volumen

(µl)

Ver-

dünnung Ev

Extinktion

vorher

En

Extinktion

nachher

E

En – Ev

Ekorr

E - Leerwert

Ēkorr

Mittelwert

Y

CLK

(mmol/l)

Laktatkonzen-

tration in der

Küvette

CLaktat

(mmol/l)

Laktatkonzen-

tration in der

Hämolymphe

Leerwert 1 0 *

Lo

Leerwert 2 0 *

Standard I 1 10 L1

Standard I 2 10

Standard II 1 20 L2

Standard II 2 20

Standard III 1 30 L3

Standard III 2 30

Probe I 1 10

Probe I 2 10

Probe I 3 20

Probe I 4 20

Probe II 1 10

Probe II 2 10

Probe II 3 20

Probe II 4 20

* Leerwert: Mittelwert aus beiden Extinktionsdifferenzen ohne Probe : ___________________________

Probe I: Ruhe Probe II: Aktivität L0 bis L3: berechnet aus Zugabe der Standardlösung, X-Werte der Standardgerade

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Woche 4: Protein-Elektrophorese Klämbt / Lammel

Grundlagen

Wenn geladene Teilchen bzw. Moleküle in ein elektrisches Feld gebracht werden, wird auf

die Moleküle, entsprechend ihrer Nettoladung (q) und der verwendeten Feldstärke (Ev), eine

beschleunigende Kraft (Fe) ausgewirkt (Fe = q * E), die zu einer Wanderung der Moleküle

führt. Die in einer Elektrophorese verwendete Feldstärke ergibt sich aus der angelegten

Spannung (U) und der Distanz der Elektroden (l) (Ev = U/l). Die Wanderungsrichtung des

Moleküls ist abhängig von seiner Ladung (positiv oder negativ). Die Gesamtladung ist das

Produkt der Ladungszahl (z) und der Elementarladung (e) (q = z *e). Die erzeugte Bewegung

des Moleküls wird durch die Viskosität des Mediums bzw. die Porengröße der verwendeten

Matrix gebremst. Die Reibungseigenschaften des Mediums / der Matrix werden durch den

Reibungskoeffizienten (fc) beschrieben. Die wirkende Reibungskraft (Ffr) ist das Produkt des

Reibungskoeffizienten und der Wanderungsgeschwindigkeit des Moleküls (v) (Ffr = fc* v).

Das Verhältnis der bewegenden Kraft (Fe) und der bremsenden Kraft (Ffr) bewirkt eine

konstante Bewegung des Moleküls im elektrischen Feld (v = q * E/ fc.).

Die Bewegung von kleinen kugelförmigen Körpern in einer Flüssigkeit wird durch das

Stoke´sche Gesetz beschrieben: W = 6rv

Wobei W der Reibungswiderstand, v die Bewegungsgeschwindigkeit der Kugel, Viskosität

der Flüssigkeit und r der Radius der Kugel ist.

Die Mobilität ( von Molekülen kann beschrieben werden durch die Gleichung:

= z * e / 6r

Aus dieser Gleichung wird ersichtlich, dass die Mobilität eines Moleküls, das sich in einem

elektrischen Feld durch ein Medium oder eine Gelmatrix bewegt, abhängt von seiner Ladung

und Form. Die oben gezeigte Formel beschreibt die Mobilität eines kugelförmigen Körpers,

da Proteine aber nicht dieser idealisierten Form entsprechen, gilt diese Formel für Proteine

nur mit Korrekturfaktoren. Die Trennung von Molekülen durch Elektrophorese ist damit

abhängig von den unterschiedlichen Ladungs- und Reibungseigenschaften der Moleküle. Das

bedeutet, dass Moleküle, die sich in diesen Eigenschaften stark unterscheiden, gut

voneinander getrennt werden können und solche mit ähnlichen Eigenschaften schlechter zu

trennen sind. Die Länge der Laufstrecke während der Elektrophorese ist bei Auftrennung von

Proteinen ebenfalls ein Faktor, da Moleküle mit ähnlichen Mobilitätseigenschaften erst bei

langen Laufdistanzen deutlich voneinander getrennt werden können.

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Meist werden feste Substanzen als Matrices für die elektrophoretische Auftrennung genutzt.

Es können z.B. Papier, Zellulose-Acetat, Stärke, Agarose oder Polyacrylamid in Verbindung

mit verschiedenen Elektrophoresepuffern verwendet werden. Bei der Verwendung von

Gelmatrices für die elektrophoretische Auftrennung kommt zu den oben beschriebenen

Mobilitätsparametern (Ladung und Reibungseigenschaften) die Größe der zu trennenden

Moleküle verstärkt als Trennkriterium hinzu. Bei der Auftrennung in festen Medien ist die

Porengröße der verwendeten Matrix für den Laufwiderstand der zu trennenden Moleküle

maßgeblich. Große Moleküle werden unter diesen Bedingungen stärker gebremst als kleine

Moleküle, so dass ein Molekularsiebeffekt bei der Auftrennung in Gelen hinzukommt.

Von den festen Elektrophoresemedien sind Agarose und Polyacrylamid die am weitest

verbreiteten. Agarose ist ein Polysaccharid, das sich nach Aufkochen beim Abkühlen zu

Fasern zusammenlagert und Gele mit relativ großen Porengrößen bildet. Agarosegele werden

verwendet bei der Auftrennung von Nukleinsäuren, können aber auch zur Auftrennung von

großen Proteinen, Proteinkomplexen oder Nukleinsäure/Proteinkomplexen genutzt werden.

Für die Auftrennung von Proteingemischen ist Polyacrylamid das meist verwendete

Gelmedium. Gele aus Polyacrylamid werden durch radikalische Polymerisation erzeugt. Die

Porengröße der polymerisierten Acrylamidgele ist durch das leicht zu variierende Verhältnis

der verwendeten Reagenzien gut zu beeinflussen, was die Generierung von Gelen mit

geeigneten Trenneigenschaften für Moleküle unterschiedlicher Größe erlaubt.

Polyacrylamidgele können über weite pH-Bereiche eingesetzt werden, sind transparent und

chemisch weitgehend inert. Das ermöglicht die Anfärbung von Proteinbanden im Gel.

Die von uns im Praktikum verwendeten Polyacrylamidgele sind flache Gele, die sich

zwischen zwei Glasplatten befinden. Zum Anfertigen eines Polyacrylamidgels wird eine

Mischung aus Acrylamid, N,N´-Methylenbisacrylamid, N, N, N´, N´– Tetramethyl-

ethylendiamin (TEMED) und Ammoniumperoxodisulfat (APS) in wässriger Pufferlösung

gemischt und zwischen die abgedichteten Glasplatten gegossen. Durch die Mischung der

Komponenten wird die Polymerisationsreaktion gestartet. Bei der radikalischen

Polymerisation dient Ammoniumperoxodisulfat als Radikalstarter und TEMED katalysiert die

Entstehung freier Radikale aus Ammoniumperoxodisulfat. Aus den Monomeren des

Acrylamid werden lineare Polymere gebildet, die durch das eingesetzte N, N´-

Methylenbisacrylamid quer vernetzt werden. Die Porengröße der so erzeugten Gele hängt ab

von dem Verhältnis von Acrylamid und N,N´-Methylenbisacrylamid (C-Wert ) und von der

Menge dieses Gemisches, das zur Reaktionsmischung zugegeben wird (T-Wert). Der T-Wert

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beschreibt die Menge der insgesamt eingesetzten Monomere (Acrylamid und N,N´-

Methylenbisacrylamid) in Gewichtsprozent pro Volumen (% w/v) und errechnet sich aus

folgender Formel: T = Acrylamid (g) + N,N´-Methylenbisacrylamid (g)* 100 / 100 ml. Der

C-Wert gibt das Verhältnis von N,N´-Methylenbisacrylamid zu Acrylamid im Gemisch in

Gewichtsprozent (% w/w) an und wird berechnet mit der Formel: C = N,N´-

Methylenbisacrylamid (g) *100 / Acrylamid (g) + N,N´-Methylenbisacrylamid (g). Bei

konstantem C-Wert und steigendem T-Wert sinkt die Porengröße. Bei hohen und niedrigen C-

Werten nimmt die Porengröße zu und ein Minimum liegt bei C = 5%. Die

Acrylamidkonzentration, und damit die erzeugte Porengröße des Gels, beeinflusst den

Trennbereich der Proteine. Wir verwenden hier ein Monomergemisch aus 30% Acrylamid

und 0,8% N,N´-Methylenbisacrylamid. Um eine optimale Auftrennung der Proteine

verschiedener Größen zu erreichen, sollte die geeignete Konzentration Acrylamid verwendet

werden. Die Acrylamidkonzentration für die Auftrennung von Proteinen verschiedener

Größenbereiche ist in der Tabelle aufgeführt.

Proteingröße (kDa) % finale Acrylamid Konzentration

40-205 5%

25-205 7,5%

15-205 10%

15-66 12,5%

15-45 15%

Elektrophoresen können unterteilt werden in kontinuierliche und diskontinuierliche

Elektrophoresen. In kontinuierlichen Gelelektrophoresen werden dieselben Puffer mit

konstantem pH-Wert im Gel, den Elektrodenkammern und Proben verwendet, wenn auch bei

speziellen Applikationen in unterschiedlichen Konzentrationen. Im Gegensatz dazu können

bei diskontinuierlichen Elektrophoresen unterschiedliche Pufferkonzentrationen, pH-Werte

und Porengrößen innerhalb des Gels und der Elektrodenkammern verwendet werden.

Bei der hier verwendeten diskontinuierlichen Gelelektrophorese (Laemmli 1970) wird im

unteren Bereich der Glasplatten zunächst das Trenngel gegossen. Im Trenngel wird die

Pufferkonzentration von 0,375mol/L Tris-Cl (pH 8,8), 0,1% SDS eingesetzt. Über dem

Trenngel wird später ein Sammelgel gegossen mit einer Pufferkonzentration von 0,125mol/L

Tris-Cl (pH 6.8), 0,1% SDS. Der verwendete Elektrodenpuffer ist zusammengesetzt aus

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25mM Tris (pH 8,3), 0,192M Glycin, 0,1% SDS. Es werden hier also unterschiedliche

Pufferkonzentrationen und pH-Werte in Trenn- und Sammel-Gel verwendet.

Zusätzlich zu den diskontinuierlichen pH-Werten wird im Sammelgel eine höhere Porengröße

verwendet. Die Proben werden dann in Geltaschen auf das Sammelgel aufgetragen. Durch

den niedrigen pH-Wert im Sammelgel und die Verwendung von Glycin (Folge-Ionen) im

Elektrodenpuffer und Cl--Ionen (Leit-Ionen) im Trenn-/Sammelgel-Puffer wird ein

Sammeleffekt der Proteine in der Probe erzeugt. Die Proteine sammeln sich zu einer schmalen

Bande zwischen Leit- und Folge-Ionen an. Beim Übergang der Proteine vom Sammelgel ins

Trenngel erhöht sich der Laufwiderstand aufgrund der geringeren Porengröße im Trenn-Gel

und der pH-Wert ist im Trenngel höher als im Sammelgel. Die Glycin-Ionen überholen wegen

ihrer geringeren Molekülgröße und des veränderten pH-Wertes die Proteine, die sich zu einer

schmalen Bande an der Grenze zum Trenngel sammeln. Dann erfolgt die Auftrennung der

Proteine in einem homogenen Puffer im Trenngel.

Proteine sind aus Aminosäuren zusammengesetzt, die sich bezüglich ihrer

Ladungseigenschaften in den Seitenresten zum Teil stark unterscheiden. Da die

elektrophoretische Mobilität von Proteinen auch von der Ladung abhängt, spielt neben der

Molekülgröße ebenfalls die Aminosäuresequenz eine Rolle. Ist eine Proteinauftrennung

unabhängig ihrer Eigenladung erwünscht, z.B. zur Molekulargewichtsbestimmung, wird eine

Polyacrylamid-Gelelektrophorese in Anwesenheit von SDS (engl. Sodium-Dodecylsulfate

Na+[CH3-(CH2)10-CH2OSO3

-]), eines anionischen Detergens, durchgeführt. SDS bindet an

hydrophobe Regionen des Proteins und entfaltet es. Multimere Proteine dissoziieren nach

Erhitzen in SDS haltiger Lösung (< 95°C) in ihre Untereinheiten. Disulfidbrücken werden

durch Zugabe reduzierender Substanzen, wie -Mercaptoethanol (HO-CH2-CH2-SH) oder

Dithiothreitol (DTT, HS-CH2-CHOH-CHOH-CH2-SH) gelöst. Mit der Bindung von 1,4g SDS

/ g Protein werden negative Ladungen eingeführt, deren Summe proportional zur

Proteinmasse ist. Die Beweglichkeit der Proteine durch die Trenngelmatrix ist unter diesen

Bedingungen über weite Bereiche linear zu den Logarithmen ihrer Molekulargewichte.

Dadurch ist es möglich, das relative Molekulargewicht eines Proteins durch Vergleich mit der

elektrophoretischen Mobilität von Proteinen bekannten Molekulargewichts (Größenmarker)

zu ermitteln. Für die Bestimmung des Molekulargewichts von Proteinen wird eine

Gelelektrophorese durchgeführt, bei der auf einem Gel die Probe des Proteins und ein

Größenmarker in unterschiedlichen Spuren nebeneinander aufgetrennt werden. Nach

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Ausmessen der Wanderungsstrecken der einzelnen Größenmarkerbanden nach der

Elektrophorese kann eine Eichgerade erstellt werden.

Anfertigen von Acrylamidgelen für die SDS-PAGE

Die Gele für den Kurs werden gestellt. Der Aufbau für das Gießen der Gele wird im Kurs

demonstriert. Da die Reaktionsmischung für die Polymerisation der Acrylamidgele zunächst

flüssig ist, muss vor dem Befüllen der Apparatur sichergestellt werden, dass diese dicht ist.

Dies kann getestet werden, indem man Flüssigkeit zwischen die Glasplatten gibt und

beobachtet, ob der Flüssigkeitsspiegel absinkt. Bei der Anfertigung der Gele ist darauf zu

achten, dass Acrylamid in flüssiger Form giftig ist! Alle Arbeiten werden mit Sorgfalt,

unter Verwendung geeigneter Schutzausrüstung, unter einem Abzug durchgeführt. Die Reste

der Reaktionsmischung werden vor der Entsorgung polymerisiert. Alle kontaminierten

Abfälle werden in die dafür vorgesehenen Sonderabfallbehälter gegeben.

Verwendete Lösungen zur Anfertigung eines Acrylamid-Gels

Acrylamid Stammlösung: 30% (w/v) Acrylamid

0,8% (w/v) N,N´-Methylenbisacrylamid

SDS 10% (w/v)

Ammoniumperoxodisulfat: 10% (w/v)

TEMED pro analysis 99%

Sammelgelpuffer: 0,5M Tris-Cl pH 6,8

Trenngelpuffer: 1,5M Tris-Cl pH 8,8

Elektrodenpuffer: 0,025M Tris, 0,192M Glycin, 0,1% SDS pH 8.3

Zusammensetzung der Reaktionsmischung für das Trenngel

Die Reaktionsmischung für zwei Gele einer Konzentration von 10% wird besteht aus:

Trenngelpuffer 7,5ml

ddH2O 12ml

SDS 10% 0,3ml

Acrylamid-Stammlösung 10ml

TEMED 10l

APS 10% 150l

Das Trenngel wird bis zu einer Höhe von etwa 6 cm zwischen die vorbereiteten Platten

gefüllt, vorsichtig mit Isopropanol überschichtet und die Polymerisation wird abgewartet.

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Zusammensetzung der Reaktionsmischung für das Sammelgel

Die Reaktionsmischung für zwei Sammelgele (4%) wird zusammengesetzt aus:

Sammelgelpuffer 2,5ml

ddH2O 6ml

SDS 10% 0,1ml

Acrylamid-Stammlösung 1,3ml

TEMED 5l

APS 10% 50l

Vor der Zugabe der Sammelgellösung muss das Isopropanol entfernt werden, mit dem das

Trenngel überschichtet wurde. Nachdem die Sammelgellösung zugegeben wurde, wird der

Probenkamm in die Sammelgellösung zwischen die Glasplatten gesteckt. Wenn das

Sammelgel ausgehärtet ist, wird der Probenkamm entfernt und das Gel wird mit Spacern und

Glasplatten in die Elektrophoresekammer überführt. Die Position der Probentaschen und die

Grenze von Sammel- und Trenn-Gel werden markiert. Vor dem Beladen der Geltaschen mit

den Proben wird der Elektrodenpuffer in die Laufapparatur gefüllt. Bevor die Proben

eingefüllt werden, bitte darauf achten, dass das Gel luftblasenfrei an beiden Enden mit dem

Elektrodenpuffer in Kontakt steht. Nachdem die Proben in die Probentaschen eingebracht

worden sind kann, die Elektrophorese gestartet werden.

Proteinproben für die SDS-Page

Bei der elektrophoretischen Auftrennung von komplexen Proteingemischen, wie sie durch

einen Aufschluß von Zellen oder von Gesamtorganismen entstehen, bilden sich eine Vielzahl

von Banden, die die große Menge unterschiedlicher Proteine widerspiegeln, die von Zellen

oder Organismen produziert werden. Eine große Zahl von Proteinen ist in allen Zellen

vorhanden, da sie für den Stoffwechsel oder die Zellstruktur aller Zellen essentiell sind.

Dennoch unterscheidet sich der Satz von Proteinen innerhalb der Zellen eines Organismus

oder verschiedener Entwicklungsstadien, da verschiedene Zelltypen unterschiedliche

Funktionen besitzen und daher Proteine synthetisieren, die für die zu erfüllende Funktion

benötigt werden. Die Darstellung der differentiell exprimierten Proteine erfordert entweder

hochauflösende Trennsysteme (2D-Elektrophorese) und/oder eine vorherige Fraktionierung.

Unter günstigen Bedingungen kann ein unterschiedlicher Proteinbestand jedoch auch in

Gesamtextrakten dargestellt werden. Als Beispiel einer nachweisbaren differentiellen

Proteinexpression dienen für das Praktikum Dotterproteine von Drosophila melanogaster.

Dotterproteine werden von den Muttertieren in die Oocyten eingelagert und als Nahrungs-

lieferant für die Entwicklung der Embryonen genutzt. Die Hauptkomponente des Dotters wird

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von drei Polypeptiden gestellt, die als Vitellogenin 1-3 bezeichnet werden. Die Gene, die

diese Proteine kodieren und als YP (1-3) (engl. Dotter = yolk) bezeichnet werden, liegen auf

dem X-Chromosom. Die Vitellogenine werden nach posttranslationalen Modifikationen in der

Oocyte eingelagert.

Proben für die SDS -PAGE

Es werden Eppendorfmikroreaktionsgefäße gestellt, in denen sich jeweils Proteinextrakte

adulter Weibchen, adulter Männchen und Embryonen in Probenpuffer befinden. Die Proben

wurden für 5 Minuten in einem Wasserbad (>95°C) erhitzt, auf Eis abgekühlt und für 5

Minuten mit 13.000 rpm in einer Tischzentrifuge zentrifugiert. Von den Proben werden je

10l für den Gellauf in die Probentaschen des Gels überführt. Es werden weitere vorbereitete

Proben mit Proteinen verschiedenen Molekulargewichts für die Elektrophorese gestellt.

Lösungen

2xProbenpuffer 0,125M Tris-Cl (pH 6,8)

4%SDS

20% Glycerol (v/v)

0,2M DTT

0,02% Bromphenol Blau (w/v)

Verwendeter Proteinmarker

Roti-Mark-Standard (Firma Carl Roth)

Protein MW

(kDa)

Konz.

(mg/ml)

Myosin, Rind 212 0,2

ß-Galaktosidase, E.coli 118 0,2

Serumalbumin, Rind glyc. 66 0,2

Ovalbumin, Huhn glyc. 43 0,27

Carbonanhydrase 29 0,13

Trypsin Inhibitor, Soja 20 0,2

Lysozym, Huhn 14,5 0,2

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Nachdem alle Proben und der Größenmarker in die Probentaschen des Gels pipettiert wurden,

werden die Elektroden auf die Gellaufapparatur gesteckt und in der richtigen Polung in die

Spannungsquelle gesteckt. Die Kabel der Elektroden und die Steckplätze der Spannungsquelle

sind farbig markiert. Die Kabel müssen in die Steckplätze mit derselben Farbe eingesteckt

werden. Während der Wanderung der Proben im Sammelgel wird eine Spannung von 80-90 V

angelegt. Nach Übertritt der Proben ins Trenngel wird die Spannung bis auf 120-130 V

erhöht. Die Elektrophorese dauert ca. 2 h. Wenn die Bromphenolblau-Front kurz vor dem

Ende des Trenngels steht wird die Elektrophorese beendet.

Proteinfärbung

Das Gel wird aus der Gellaufapparatur genommen. Die Glasplatten werden mit einem Spacer

vorsichtig voneinander gelöst und die obere Platte wird vorsichtig angehoben. Die

Orientierung des Gels wird markiert, indem eine Ecke abgeschnitten wird. Dann wird das Gel

vorsichtig abgehoben und in eine Schale mit Färbelösung gelegt. Das Gel wird auf einem

Taumelschüttler in etwa 20-30 ml Färbelösung inkubiert, bis die Banden deutlich sichtbar

sind (ca.10-20 Minuten). Danach wird die Färbelösung in die dafür vorgesehenen

Sammelbehälter abgegossen. Die Hintergrundfärbung des Gels kann durch Waschen mit

Entfärbelösung reduziert werden.

Färbelösung Roti®-Blue quick

Entfärbelösung 20% Ethanol

Auswertung

Fertigen Sie für Ihr Gel eine Eichgerade unter Verwendung des Proteingrößenmarkers an.

Hierzu werden die Wanderungsdistanzen der einzelnen Größenmarkerbanden auf dem Gel

nach der Elektrophorese ausgemessen (Laufrichtung beachten!!!) und anhand der bekannten

Molekulargewichte wird eine Gerade erstellt. Hierzu werden auf der Ordinate die log10 Werte

der Molekulargewichte der Größenmarkerproteine in Kilodalton (kDa) und auf der Abszisse

die Wanderungsdistanzen der jeweiligen Proteine aufgetragen. Anstelle der

Wanderungsdistanzen der Proteinbanden kann auch der Rf-Wert auf der Abszisse gegen den

Logarithmus (log10) des Molekulargewichts der Markerproteine (Ordinate) aufgetragen

werden. Der Rf-Wert ermittelt sich aus dem Quotienten der Laufstrecke der jeweiligen

Proteine / Laufstrecke der Markerfront. Um das Molekulargewicht eines Proteins zu

bestimmen, wird die Wanderungsstrecke gemessen und der Wert auf der Geraden (erstellt aus

den Laufdistanzen und bekannten Molekulargewichten der Markerproteine) eingetragen. Das

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korrespondierende (log10) Molekulargewicht kann dann in der Grafik auf der

Molekulargewichtsachse abgelesen, oder rechnerisch ermittelt werden.

Vergleichen Sie die Bandenmuster der Proben. Finden sie Unterschiede im

Proteinbandenmuster der Drosophila-Proben von Weibchen, Männchen und Embryonen?

Bestimmen Sie das Molekulargewicht des/der unterschiedlich exprimierten Proteins/e.

Vergleichen Sie die Bandenmuster der Proben, die Ihnen zur Verfügung gestellt wurden und

bestimmen Sie die Molekulargewichte der Proteinbanden. Wodurch sind

Konzentrationsunterschiede von Proteinen im Gemisch an den Bandenmustern zu erkennen?

Auftrennung von Serumproteinen auf Celluloseacetatfolie

Der hier verwendete Laufpuffer und die methanolhaltigen Lösungen sind

gesundheitsschädlich oder giftig, daher Exposition vermeiden und geeignete Schutzkleidung

und Handschuhe tragen. Diese Arbeiten werden unter einem Abzug durchgeführt.

Durchführung

Celluloseacetatstreifen werden in Laufpuffer vorinkubiert. Vor dem Auftragen der Probe

werden die Celluloseacetatstreifen auf 3MM-Papier (Whatman) für 1-2 Minuten an der Luft

getrocknet. Dann werden 5-10µl natives Serum (Ziege) mit 2µl Farblösung gemischt und in

einem Streifen quer zur Längsrichtung in der Mitte des Celluloseacetatstreifens aufgetragen.

Nach kurzem Antrocknen werden die Celluloseacetatstreifen mit der gleichen Orientierung in

die Laufkammern gelegt. Die Enden der Celluloseacetatstreifen müssen mit dem Laufpuffer

in Kontakt sein. Die Elektrophorese wird mit 200V für 60-90 Minuten durchgeführt. Zum

Färben der Proteinbanden werden die Celluloseacetatstreifen für 5 Minuten in

Amidoschwarz-Färbelösung gelegt und vorsichtig geschüttelt. Zur Entfernung der

Hintergrundfärbung werden die Celluloseacetatstreifen in Entfärbe-Lösung gelegt und leicht

geschüttelt. Die Entfärbe-Lösung wird mehrere Male gewechselt, bis die Hintergrundfärbung

verschwindet. Die Färbelösung wird wieder verwendet und die benutzte Entfärbe-Lösung

wird in Sammelbehälter für Lösemittelabfälle gegeben.

Laufpuffer 0,067M Natrium-Barbital

0,013M Barbital

pH 8,6

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Amidoschwarz-Färbelösung 10g Amidoschwarz

50ml Essigsäure

400ml Methanol

400ml ddH2O

Entfärbe-Lösung 50ml Essigsäure

600ml Methanol

200ml ddH2O

Farblösung 0,25% w/v Bromphenolblau

0,25% w/v Xylenecyanol FF

30% v/v Glycerin

In wieviele Banden wird das Serum aufgetrennt? Wie ist die Trennschärfe der Banden?

Vergleichen Sie die Ergebnisse (z.B. Zahl der Proteinbanden) mit den Laufspuren, in denen

Serum in der SDS-PAGE aufgetrennt wurde.

Auftrennung und Nachweis von Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenase

Als Beispiel für eine Proteintrennung mit Agarosegelen werden wir im Kurs Enzymlösungen

auftrennen und die Enzymaktivität der Glucose-6-Phosphat Dehydrogenase (G6PD) mit einer

Farbreaktion nachweisen. Die Auftrennung erfolgt hier in einem Agarosegel (Forbes et.al.

1991). Das Ziel dieser Auftrennung ist die Unterscheidung von Varianten der Glucose-6-

Phosphat Dehydrogenase, die sich unter nativen Bedingungen in der elektrophoretischen

Mobilität unterscheiden. Da das Anfertigen von Agarosegelen weniger aufwendig ist als von

Acrylamidgelen, kann bei ausreichend großen Mobilitätsunterschieden auch in Agarosegelen

eine Aussage über Proteinmerkmale anhand der Laufdistanzunterschiede gemacht werden.

Die (nativen) Proteinproben werden für den Versuch zur Verfügung gestellt. Die Gele werden

vorbereitet und müssen vor dem Auftragen der Probe 5 Minuten mit 100V in der

Elektrophoresekammer äquilibriert werden. Dann werden je 5µl der Proben mit 2µl

Farblösung (s. o.) in die Geltaschen pipettiert. Die Geltaschen werden auf der Seite der

Kathode platziert und die Elektrophorese wird gestartet. Nach dem Gellauf wird das Gel auf

ein mit Färbelösung (Xn!) getränktes Filterpapier gelegt und unter dem Abzug inkubiert, bis

die Farbreaktion sichtbar wird. Das Gel wird dann mehrfach in ddH2O gewaschen um die

Reaktion abzustoppen.

Laufpuffer: 1xTAE (Zusammenstzung siehe Agarosegelelektrophorese)

Gel: 0,9% Agarose in Laufpuffer

0,13mM NADP

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G6PD-Färbelösung: 4mM MgCl2

10mM Glukose-6-Phosphat

0,196mM Phenazin methosulfat (PMS)

12mM 3-(4,5-di-methylthiazol-2-yl)-2,5-diphenyltetrazolium bromid

Auswertung:

Vergleichen Sie die Laufspuren mit den verschiedenen Proben nach der Färbung. Ist ein

Unterschied zwischen den Laufweiten der jeweiligen Proben zu erkennen?

Literatur

-Bartlett R.C. Rapid Cellulose Acetat Electrophoresis. I. Serum Proteins. Clinical Chemistry

Vol.9 No3:317-324 (1963)

-Brennan M.D., Weiner A.J., Goralski T.J., Mahowald A.P., The follicle cells are a major

site of vitellogenin synthesis in Drosophila melanogaster. Dev. Biol. 89 (1982) 225-236

-Forbes J., Steytler J.G, van Heerden R. Agarose gel electrophoresis of glucose-6-phosphate-

dehydrogenase isoenzymes. Clinica Chimica Acta 199:279-282 (1991)

-Kuhn R. & Hoffstetter-Kuhn S. Capillary Electrophoresis: Principles and Practice. Springer

Verlag Berlin Heidelberg (1993)

-Laemmli U.K. Cleavage of structural proteins during assembly of the head of Bacteriophage

T4. Nature 227:680-685 (1970)

-Lottspeich F. & Zorbas H. Bioanalytik. Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg (1998)

-Rickwood D., Hames B. D. Hrsg. Gel Electrophoresis of Proteins. Practical Approach

Series, Oxford University Press Oxford (1992)

-Russell J. H. Millipore techniques in physiology and biochemistry. Electrophoretic

techniques. In Kerkut G.A. (Ed.) Experiments in physiology and biochemistry Vol. 6

Academic Press London and New York (1973)

-Stryer L. Biochemie. Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg (1990)

-Westermeier R. Electrophoresis in Practice, A Guide to Methods and Applications of DNA

and Protein Separations. Fourth, revised and enlarged Edition. Wiley-VCH Verlag

Weinheim (2005)

Fragen zur Vorbereitung

Welcher Faktor hat keinen Einfluss auf die Wanderungsgeschwindigkeit von Teilchen in

einem elektrischen Feld?

Viskosität des Mediums

Ladung des Teilchens

Form des Teilchens

Orientierung des elektrischen Feldes

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Welche beiden Komponenten bestimmen die Porengöße von Acrylamid-Gelen?

Acrylamid

TEMED

Ammoniumperoxodisulfat

N, N´-Methylenbisacrylamid

SDS

Welche Komponente ist die Quervernetzung zwischen den linearen Acrylamidpolymeren in

Acrylamid-Gelen?

Ammoniumperoxodisulfat

N, N´-Methylenbisacrylamid

TEMED

Acrylamid

SDS

Welche Komponenten werden als Radikalstarter bei der Erzeugung von Acrylamid-Gelen

verwendet?

N, N´-Methylenbisacrylamid

Acrylamid

SDS

Tris

Ammoniumperoxodisulfat

Welche Beziehung besteht zwischen der Laufdistanz von Proteinen bei einer SDS Page und

ihrem Molekulargewicht?

Warum sind SDS und DTT im Probenpuffer enthalten?

Welche Matrices werden für die verschiedenen Elektrophoresen, die im Kurs durchgeführt

werden, verwendet?

Bei welchen Elektrophoresen sind die aufgetrennten Proteine in nativem Zustand?

Was ist der Unterschied von spezifischen und unspezifischen Proteinfärbemethoden?

Was sind denaturierende Bedingungen unter denen eine Protein-Elektrophorese durchgeführt

wird?

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Woche 5 Respirometrie AG Paul/Boiani

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1. Allgemeine Bemerkungen

Respirometrische Messungen werden in der Tierphysiologie eingesetzt, um Informationen

über den physiologischen Status eines Tieres zu gewinnen. Oftmals liefern solche Messungen

auch wichtige Hinweise über die Anpassungsfähigkeit von Tieren an veränderte

Umweltbedingungen. Je nachdem, ob es sich um Luftatmer oder Wasseratmer handelt,

kommen unterschiedliche Messprinzipien und Berechnungswege zur Anwendung. In diesem

Kursabschnitt soll mit Hilfe respirometrischer Methoden die Temperaturabhängigkeit der

Stoffwechselrate eines homöothermen Luftatmers und eines poikilothermen Wasseratmers

untersucht werden.

2. Methodische Grundlagen

2.1. Messung der O2-Verbrauchsrate eines Luftatmers in einem geschlossenen

Respirometer

Prinzipiell können Gaswechselmessungen in einem geschlossenen System unter

Konstanthaltung des Drucks oder unter Konstanthaltung des Volumens durchgeführt werden.

Im Kursversuch soll der O2-Verbrauch eines Luftatmers bei konstantem Druck bestimmt

werden. Hierzu wird das in Abb. 1 dargestellte Respirometer verwendet. Nach Aufsetzen des

Kammerdeckels und Verschließen des Dreiwegehahns kommt es vorübergehend zu einem

Druckabfall in der Kammer, da der Sauerstoff veratmet und das abgegebene Kohlendioxid

durch KOH gebunden wird. Nach Erreichen einer bestimmten Druckdifferenz wird das

Kammervolumen über eine Spritze verringert und die Druckdifferenz auf Null zurückgeführt.

Das "verbrauchte" Spritzenvolumen V (ml) entspricht der Menge an verbrauchtem Sauerstoff.

Die gewonnenen Messwerte müssen nun noch auf Standardbedingungen (STPD: standard

temperature and pressure, dry air) umgerechnet werden. Nach dem allgemeinen Gasgesetz

gilt:

0 0

0

P V P V

T T

(1)

wobei P der Druck (kPa), V das verbrauchte O2-Volumen (ml) und T die absolute

Messtemperatur T (in Kelvin!) ist. P0, V0 und T0 sind feste Größen und beziehen sich auf

Standardbedingungen (siehe Tab. 1). Der Druck P muss aus der Differenz von Luftdruck PL

(mbar) und Wasserdampfdruck PW (kPa) berechnet werden (P=PL–PW; Einheiten vorher

umrechnen!). Der Wasserdampfdruck PW entspricht dem Partialdruck des Wassers, der sich

bei 100%iger Luftfeuchte einstellt. Er ist abhängig von der Versuchstemperatur und kann aus

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Woche 5 Respirometrie AG Paul/Boiani

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Tab. 3 entnommen werden. Nach Umstellung von Gl. (1) kann das verbrauchte O2-Volumen

(korrigiert auf STPD) wie folgt berechnet werden:

00

0

P V TV

P T

(2)

Die Sauerstoffverbrauchsrate

V (ml h–1

) ergibt sich nach Division durch die Messdauer t

(h):

t

VV

0 (3)

Um die O2-Verbrauchsrate verschieden großer Tiere vergleichen zu können, wird schließlich

noch eine Normierung auf Gramm Körpermasse vorgenommen. Diese so genannte

spezifische O2-Verbrauchsrate spezV

(ml h–1

g–1

) erhält man nach:

m

VV spez

(4)

Tab. 1. Parameter zur Berechnung der O2-Verbrauchsrate eines Luftatmers

Symbol Wert/Einheit Beschreibung Bemerkungen

m g Körpermasse des Tieres

P kPa Druck unter Versuchsbedingungen

P0 101.3 kPa Standarddruck unter Versuchsbedingungen

PL mbar Luftdruck 10 mbar = 1 kPa

PW kPa Wasserdampfdruck siehe Tab. 3

T K Versuchstemperatur 0 °C = 273.15 K

T0 273.15 K Standardtemperatur

V ml verbrauchtes O2-Volumen (gemessen)

V0 ml verbrauchtes O2-Volumen (korrigiert auf STPD)

V ml h–1

O2-Verbrauchsrate

spezV

ml h–1

g–1

spezifische O2-Verbrauchsrate

t h Messdauer

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Woche 5 Respirometrie AG Paul/Boiani

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Abb. 1. Schematische Darstellung eines geschlossenen Respirometers zur Bestimmung des

O2-Verbrauchs von Luftatmern. Am Boden des Gefäßes befindet sich eine Glasschale mit

einem CO2-Absorbens (KOH-Lösung). Das Tier wird auf den perforierten Zwischenboden

gesetzt, um einen Kontakt mit der ätzenden KOH-Lösung zu vermeiden. Zur Konstanthaltung

der Temperatur wird das Messgefäß in einem temperierbaren Wasserbad versenkt.

2.2. Messung der O2-Verbrauchsrate eines Wasseratmers in einem geschlossenen

Respirometer

Die Sauerstoffverbrauchsrate eines Wasseratmers kann in einem geschlossenen Respirometer

mittels einer Sauerstoffelektrode gemessen werden. Das Messprinzip beruht auf der

Reduktion von Sauerstoff an der (negativ geladenen) Platin-Kathode:

2 2 2 2O 2H O 2e H O 2OH .

Aus dem gebildeten H2O2 entstehen nach Aufnahme von zwei weiteren Elektronen zwei OH–-

Ionen. An der Referenz-Silber-Anode wird gleichzeitig Silber unter Abgabe eines Elektrons

zu Ag+ oxidiert. Die Reduktion von Sauerstoff führt zu einem Stromfluss, welcher der

Sauerstoffkonzentration in der Respirometerkammer proportional ist.

Vor jeder Messung ist die Sauerstoffelektrode mit gut belüftetem Wasser (100 %

Luftsättigung) und O2-freiem Wasser (0 % Luftsättigung) zu kalibrieren. Nach Einsetzen des

Tieres in belüftetem Wasser kommt es aufgrund der Atmungsaktivität zu einem Abfall des

O2-Gehalts in der Respirometerkammer. Es wird die Zeitdauer t (h) bis zum Erreichen einer

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Woche 5 Respirometrie AG Paul/Boiani

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bestimmten Luftsättigungsdifferenz S (%) gemessen. Aus diesen beiden Größen kann die

Sauerstoffverbrauchsrate des Tieres

M (nmol h–1

) wie folgt berechnet werden:

t

SMM

%100 (5)

Die Größe M (nmol) stellt die in belüftetem Wasser (100% Luftsättigung) gelöste

Sauerstoffmenge dar. Sie wird aus dem Flüssigkeitsvolumen V (l), dem

Löslichkeitskoeffizienten von O2 in Wasser (µmol l–1

kPa–1

) und dem O2-Partialdruck PO2

(kPa) errechnet:

2OαM V P . (6)

Der O2-Partialdruck ergibt sich aus der Differenz von Luftdruck PL (mBar) und

Wasserdampfdruck PW (P=PL–PW; Einheiten vorher umrechnen!), wobei der Faktor 0.209

den fraktionellen Anteil von O2 in der Luft widerspiegelt:

WLO 209.02

PPP . (7)

Tab. 2. Parameter zur Berechnung des O2-Verbrauchs eines Wasseratmers

Symbol Einheit Beschreibung Bemerkungen

M nmol Sauerstoffmenge

M nmol h–1

O2-Verbrauchsrate

2OP kPa Sauerstoffpartialdruck

PL mbar Luftdruck 10 mbar = 1 kPa

PW kPa Wasserdampfdruck siehe Tab. 3

V l Flüssigkeitsvolumen siehe Versuchsanleitung

µmol l–1

kPa–1

Löslichkeitskoeffizient von O2 in Wasser siehe Tab. 3

S % Luftsättigungsdifferenz

t h Messdauer

3. Untersuchungen zur Temperaturabhängigkeit der Stoffwechselrate eines

homöothermen Luftatmers und eines poikilothermen Wasseratmers

Die Temperatur beeinflusst eine Vielzahl von physiologischen Prozessen. Eine Erhöhung der

Temperatur führt dabei meist zu einer Beschleunigung dieser Vorgänge. So steigt zum

Beispiel die Stoffwechselrate eines Tieres bei einer Erhöhung der Körpertemperatur um

10 °C in der Regel um das 2–3-fache. Veränderungen der Umgebungstemperatur können

jedoch unterschiedliche Auswirkungen auf Körpertemperatur und Stoffwechselrate haben. Bei

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Woche 5 Respirometrie AG Paul/Boiani

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poikilothermen Tieren passt sich die Körpertemperatur mehr oder weniger der

Umgebungstemperatur an. Steigende Umgebungstemperaturen führen somit auch zu einer

Zunahme der Stoffwechselrate. Im Gegensatz dazu sind homöotherme Tiere (Vögel und

Säuger) befähigt, ihre Körpertemperatur innerhalb eines bestimmten Bereiches der

Umgebungstemperatur konstant zu halten (Thermoregulation). Die Stoffwechselrate von

homöothermen Tieren zeigt dabei eine ganz andere Abhängigkeit von der

Umgebungstemperatur. Innerhalb einer so genannten thermisch neutralen Zone, einem wenige

Grad breiten Bereich der Umgebungstemperatur, ist ihre Stoffwechselrate minimal. Oberhalb

und unterhalb der thermisch neutralen Zone nimmt die Stoffwechselintensität zu, da

Wärmeabgabemechanismen (Schwitzen, Hecheln) bzw. Wärmeproduktionsmechanismen

(Muskelzittern, zitterfreie Thermogenese) aktiviert werden. Die Stoffwechselrate eines Tieres

kann indirekt durch Messung des Sauerstoffverbrauchs (Respirometrie) bestimmt werden.

Versuch I: Bestimmen Sie die spezifische Sauerstoffverbrauchsrate spezV

(ml h–1

g–1

) einer

Maus bei Umgebungstemperaturen von 5 °C, Raumtemperatur und 30 °C.

Tiere & Material:

Maus (Mus musculus), Respirometergefäß mit Drucksensor und Computer, 20 %-ige KOH-

Lösung, temperierte Wasserbecken (5 °C, Raumtemperatur, 30 °C)

Durchführung und Auswertung:

Zunächst muss eine Eichung des Drucksensors für jede Messtemperatur durchgeführt werden.

Dazu wird das Gefäß (siehe Abb. 1) verschlossen und der Dreiwegehahn so eingestellt, dass

eine Verbindung zwischen Kammer und Spritze, nicht aber zur Außenluft besteht. Dann wird

stufenweise der Unterdruck erhöht, indem der Stempel der Spritze in Schritten von 2 ml

aufgezogen wird. Die erhaltenen Messwerte werden notiert und es wird eine Eichgerade

erstellt.

Zur Messung des Sauerstoffverbrauchs das Respirometergefäß mit KOH-getränktem

Filterpapier (CO2-Absorbens) befüllen und Trennboden einsetzen, damit das Tier nicht mit

KOH (stark ätzend!) in Verbindung kommt. Anschließend kann das Tier in die Messkammer

eingesetzt und der Deckel der Respirometerkammer halb verschlossen werden. Stempel der

Injektionsspritze auf die 10 ml-Marke bringen. Der Dreiwegehahn ist so einzustellen, dass

eine Verbindung zur Außenluft erhalten bleibt. Messkammer 10 min temperieren. Nach dieser

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Woche 5 Respirometrie AG Paul/Boiani

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Vorbereitungsphase den Dreiwegehahn so verstellen, dass die Verbindung zur Außenluft

unterbrochen wird, jedoch die Verbindung zwischen Injektionsspritze und Messkammer

erhalten bleibt. Stoppuhr starten! Das Tier verbraucht Sauerstoff und gibt Kohlendioxid ab,

welches durch KOH absorbiert wird. Infolgedessen entsteht im Respirometergefäß ein

Unterdruck, der ein Maß für die Menge des veratmeten Sauerstoffs ist. Der in der

Messkammer sich ausbildende Unterdruck wird mit Hilfe des Druckmessgerätes überwacht.

Im Versuch wird die Zeitdauer gemessen, die für das Erreichen eines Unterdruckes benötigt

wird, der einem Gasvolumen von 5 ml entspricht. Ist dieser Wert erreicht, wird über die

Spritze das Volumen verkleinert (”komprimiert”), bis der Unterdruck beseitigt ist. Für jede

Umgebungstemperatur sind Messzeit und verbrauchtes Spritzenvolumen zu protokollieren

(mindestens 3 Messungen). Das Körpergewicht des Tieres wird am Ende des Versuches

bestimmt. Aus den Messdaten wird die spezifische Sauerstoffverbrauchsrate spezV

(ml h–1

g–1

)

für jede Umgebungstemperatur berechnet und in einem Diagramm dargestellt. Aus den Daten

aller Gruppen werden für jede Versuchstemperatur mittlere Verbrauchsraten berechnet und es

wird mit Hilfe des F-Tests und t-Tests geprüft, ob sich die mittleren Verbrauchsraten bei den

verschiedenen Temperaturen statistisch unterscheiden.

Versuch II: Bestimmen Sie die Sauerstoffverbrauchsrate

M (nmol h–1

) beim großen

Wasserfloh bei 15 °C und 25 °C.

Tiere & Material:

Wasserfloh (Daphnia magna; Crustacea), Respirometergefäß mit O2-Elektrode und

Registriergerät (Schreiber), Rührfisch, Magnetrührer, Thermostat, belüftetes Medium,

Natriumdithionit (Na2S2O4), Plastikpipetten, Kammervolumen auf 1.5 ml einstellen

Durchführung und Auswertung:

Die O2-Elektrode ist bei jeder Messtemperatur mit temperiertem, belüftetem Wasser (100%

Luftsättigung) und mit Wasser unter Zusatz von einigen Kristallen Natriumdithionit (0%

Luftsättigung) zu kalibrieren. Natriumdithionit entfernt den Sauerstoff im Wasser wie folgt:

2 2 4 2 2 4 3Na S O O H O NaHSO NaHSO .

Die Kalibration ist auf dem Schreiberpapier zu notieren. Nach mehrmaligem Spülen wird die

Kammer mit belüftetem Wasser befüllt, der Wasserfloh eingesetzt und die Kammer so

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Woche 5 Respirometrie AG Paul/Boiani

61

verschlossen, dass keine Luftblasen vorhanden sind. Die Abnahme im O2-Gehalt wird durch

den Schreiber aufgezeichnet. Bei ca. 70 % Luftsättigung wird die Tiermessung beendet. Falls

eine Abnahme auf 70 % nicht innerhalb von 30 min möglich ist, wird nach Absprache mit

dem Kursleiter die Messung nach 30 min beendet. Nach Entnahme des Tieres und Auffüllen

des Kammermediums wird die Kammer erneut verschlossen und eine Leerwertmessung

durchgeführt, um später den Eigenverbrauch der O2-Elektrode und der Bakterien zu ermitteln.

Aus dem zeitlichen Abfall des Sauerstoffgehaltes in der Kammer lassen sich anhand der

Gleichungen 5–7 die O2-Verbrauchsraten für die Tier- und die Leerwertmessung berechnen.

Die O2-Verbrauchsrate des Tieres

M (nmol h–1

) erhält man, indem man den Wert aus der

Leerwertmessung von dem der Tiermessung subtrahiert. Aus den Daten aller Gruppen des

Kurses werden für die beiden Versuchstemperaturen die mittleren Verbrauchsraten berechnet.

Prüfen Sie mit Hilfe des F-Tests und t-Tests, ob sich die mittleren Verbrauchsraten bei den

beiden Versuchstemperaturen statistisch unterscheiden.

4. Literatur

Bauer, H. C., Hofer, R., Knapp, W. und Moser, H. (1974). Zoologische Experimente.

München: Deutscher Taschenbuchverlag.

Eckert, R. (2000). Tierphysiologie. Stuttgart: Thieme.

Eckert, M. und Hertel, W. (1993). Praktikum der Tierphysiologie. Jena, Stuttgart: Gustav

Fischer Verlag.

Emmerich, H. (1980). Stoffwechselphysiologisches Praktikum. Stuttgart, New York: Georg

Thieme Verlag.

Nachtigall, W. (1972). Zoophysiologischer Grundkurs. Arbeitsbücher Biologie, Taschentext

4. Weinheim/Bergstr.: Verlag Chemie.

5. Fragen und Aufgaben zur theoretischen Vorbereitung

Was besagt die allgemeine Gasgleichung?

Was versteht man unter dem Partialdruck eines Gases?

Was versteht man unter dem Löslichkeits- o. Absorptionskoeffizienten eines Gases?

Erklären Sie die physiologischen Begriffe homöotherm, poikilotherm, heterotherm,

endotherm, ektotherm!

Was versteht man unter zitterfreier Thermogenese?

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Woche 5 Respirometrie AG Paul/Boiani

62

6. Anhang

Tab 3. Wasserdampfdruck (Pw) und Löslichkeit () von Sauerstoff in Süß- und Meerwasser in

Abhängigkeit von der Temperatur

T (°C) Pw (kPa) (µmol l–1 kPa–1) T (°C) Pw (kPa) (µmol l–1 kPa–1)

Süßwasser Meerwasser Süßwasser Meerwasser 0.5 0.633 21.4 16.7 20.5 2.411 13.6 11.0

1.0 0.657 21.1 16.5 21.0 2.487 13.4 11.0

1.5 0.681 20.8 16.3 21.5 2.564 13.4 10.9 2.0 0.705 20.5 16.1 22.0 2.644 13.2 10.8

2.5 0.731 20.3 15.9 22.5 2.725 13.1 10.7

3.0 0.758 20.0 15.8 23.0 2.809 13.0 10.6 3.5 0.785 19.7 15.5 23.5 2.895 12.9 10.5

4.0 0.813 19.4 15.4 24.0 2.984 12.8 10.4

4.5 0.842 19.2 15.2 24.5 3.074 12.7 10.4

5.0 0.872 19.0 15.0 25.0 3.167 12.5 10.3

5.5 0.903 18.8 14.9 25.5 3.263 12.5 10.2 6.0 0.935 18.5 14.7 26.0 3.361 12.4 10.1

6.5 0.968 18.3 14.6 26.5 3.462 12.2 10.1

7.0 1.002 18.1 14.3 27.0 3.565 12.2 10.0 7.5 1.036 17.9 14.2 27.5 3.671 12.1 9.9

8.0 1.072 17.6 14.0 28.0 3.780 12.0 9.8

8.5 1.110 17.4 13.9 28.5 3.891 11.9 9.8 9.0 1.148 17.3 13.7 29.0 4.006 11.8 9.7

9.5 1.187 17.0 13.7 29.5 4.123 11.7 9.6

10.0 1.228 16.8 13.5 30.0 4.243 11.6 9.5 10.5 1.269 16.7 13.4 30.5 4.366 11.6 9.5

11.0 1.312 16.4 13.2 31.0 4.492 11.5 9.4

11.5 1.357 16.3 13.1 31.5 4.622 11.3 9.3 12.0 1.402 16.1 13.0 32.0 4.755 11.3 9.2

12.5 1.449 15.9 12.8 32.5 4.891 11.2 9.2

13.0 1.497 15.8 12.7 33.0 5.030 11.1 9.2 13.5 1.547 15.6 12.6 33.5 5.173 11.0 9.1

14.0 1.598 15.5 12.5 34.0 5.319 11.0 9.0

14.5 1.651 15.2 12.3 34.5 5.469 10.9 8.9 15.0 1.705 15.1 12.2 35.0 5.623 10.8 8.9

15.5 1.761 14.9 12.1 35.5 5.780 10.7 8.9

16.0 1.818 14.8 12.0 36.0 5.941 10.7 8.8 16.5 1.877 14.6 11.9 36.5 6.106 10.7 8.7

17.0 1.937 14.5 11.8 37.0 6.275 10.6 8.6

17.5 2.000 14.4 11.6 37.5 6.448 10.5 8.6 18.0 2.064 14.3 11.6 38.0 6.625 10.4 8.6

18.5 2.129 14.1 11.5 38.5 6.806 10.4 8.5

19.0 2.197 14.0 11.3 39.0 6.992 10.3 8.4 19.5 2.267 13.8 11.3 39.5 7.181 10.2 8.4

20.0 2.338 13.7 11.2 40.0 7.376 10.2 8.3

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Woche 6 Pflanzenpigmente AG Kudla/Böhmer

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Identifizierung und Charakterisierung von Genen der Pigmentsynthese in

Brassica rapa

Lernzeile: Am Ende dieses Kurstages sollten Sie Folgendes gelernt haben:

Vergleich von anthocyaninlosen, gelbgrünen Mutanten (anl/ ygr ) mit Wildtyppflanzen

(ANL/YGR)

Messung von Anthocyan und Chlorophyllkonzentrationen in Blättern

Messung von Transkriptionsfaktoraktivität mittels der Tabak-1-Hybrid Methode

Einleitung:

Die Rolle der Chlorophylle und anderer Tetrapyrrole

Jährlich werden durch Chlorophylle, der mengen-

mäßig größten Gruppe der Tetrapyrrole,

schätzungsweise 1025

J an Sonnenenergie absorbiert

und für die Bereitstellung von chemischer Energie

(ATP) und Reduktionsäquivalenten (NADPH)

nutzbar gemacht. Dazu steht eine Chlorophyll-

menge von ca. 2,4 x 108 t zur Verfügung. Die

jährlich biosynthetisierte Gesamtmenge wird auf

1,2 x 1010

t geschätzt. Chlorophylle sind cyclische

Tetrapyrrole, d. h., vier Pyrrolringe sind über sog.

Methinbrücken miteinander zu einem Makrocyclus

verknüpft, in dessen Zentrum sich ein Magnesium-

Atom als Zentralatom befindet (Abbildung 1).

Das Pyrrol als Grundbaustein des Makrocyclus

stellt einen fünfgliedrigen Ring aus vier C-und

einem N-Atom dar, der in den einzelnen

Tetrapyrrolen unterschiedlich substituiert ist. Die

Häme, eine weitere wichtige Gruppe von

Tetrapyrrolen, besitzen als Zentralatom Eisen.

Beispiele für diese Gruppe sind der rote Blutfarbstoff Hämoglobin und das Myoglobin, die

Cytochrome der Atmungs- und der photosynthetischen Elektronentransportkette, sowie die

prosthetische Gruppe der Katalase und Peroxidase. Sirohäm ist als Co-faktor in den Enzymen Nitrit-

Reduktase und Sulfitreduktase enthalten. Das in methanogenen Bakterien vorkommende Tetrapyrrol

F430 enthält Nickel als Zentralatom. Cobalt ist in das Corrin-Gerüst des Vitamins B12 eingebaut.

Neben den cyclischen Tetrapyrrolen gibt es auch offenkettige Tetrapyrrole, z .B. die Phycobiline

Phycoerythrin und Phycocyanin in den Rotalgen, Cryptophyceen und den Cyanobakterien. Auch der

Chromophor des Phytochroms ist ein offenkettiges Tetrapyrrol, ebenso wie die Gallenfarbstoffe

(Biline). Die Funktion der Chlorophylle und Phycobiline besteht in der Absorption von Licht und der

Weitergabe der Energie an die Reaktionszentren.

Abbildung 1 Strukturen von ß-Carotin, Lutein und Chlo-

rophyll a + b (nach Heldt Pflanzenbiochemie,

Spektrum, Akademischer Verlag, Heidelberg)

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Woche 6 Pflanzenpigmente AG Kudla/Böhmer

64

Chlorophyll Anregung und Absorptionsspektrum

Lichtquanten werden von Chloro-

phyll a und b in den „Antennen“ der

Photosysteme absorbiert. Es ent-

stehen elektronisch angeregte Zu-

stände, Chl*. Dabei sind zwei

Anregungszustände möglich: Der

energiereichere Anregungszustand

(„2. Anregungszustand“) wird durch

Absorption eines energiereichen

blauen Lichtquants erreicht. Er ent-

spricht der blauen Absorptions-

bande der Chlorophylle (s. Energie-

schema rechts). Dieser Zustand ist

jedoch sehr unstabil und zerfällt

innerhalb von 10-12

s in einen

energieärmeren Anregungszustand,

dessen Energiegehalt dem eines roten Lichtquants entspricht. Die Energiedifferenz zwischen den

beiden Anregungszuständen wird durch Molekülvibrationen als thermische Energie abgegeben. Der

niedrigere Anregungszustand („1. Anregungszustand“) wird durch Absorption von roten Lichtquanten

erreicht (rote Absorptionsbande der Chlorophylle) und ist etwas stabiler (Lebensdauer 10-9

s).

Nur die Energie des „stabileren“ 1. Anregungszustandes kann photosynthetisch verwertet werden. Die

zusätzliche Energie des blauen Lichtquants geht verloren. Aufgrund der engen exitonischen Kopplung

der Chlorophylle „springen“ die 1. Anregungszustände innerhalb der Antenne von Chlorophyll zu

Chlorophyll, werden schließlich zum Reaktionszentrum des jeweiligen Photosystems transferiert und

lösen dort die Freisetzung eines Elektrons aus. Erst in den Reaktionszentren von PS II und PS I findet

somit Ladungstrennung und damit die Abgabe eines Elektrons statt. Chlorophyll a und b bilden

zusammen mit den Carotinoiden den sog. Lichtsammelkomplex (engl.: Light Harvesting Complex

(LHC)). Innerhalb dieses Komplexes wird die Energie strahlungslos und ohne Elektronenübertragung

durch sog. Förstertransfer oder Excitonenwanderung weitergegeben, ebenso wie in der Core-Antenne,

die aus Chlorophyll a und Carotinoiden besteht. Nur in den Reaktionszentren von PS II, P680, und PS I,

P700, findet die Primärreaktion der Photosynthese statt, die wie folgt formuliert werden kann :

Chl a (P680) + hv Chl a* Chl a+ + e

-

Der gleiche Prozess findet am P700 des PS I statt. Das Chl a+-Radikal des P680 wird durch die

Elektronen, die der wasserspaltende Mangan-Komplex liefert, wieder reduziert, also regeneriert.

Vereinfacht formuliert:

2 H20 4 H+ + O2 ↑ + 4 e

-

P700 wird von den Elektronen regeneriert, die über die Elektronentransportkette von PS II kommen.

Die Elektronen, die P700 abgibt, reduzieren letztendlich dann NADP+ zu NADPH2.

Chlorophyll Fluoreszenz

Ein durch Licht angeregtes Pigment kann entweder unter Wärmeabgabe oder durch Abstrahlung eines

Lichtquants in den Grundzustand zurückkehren. Deaktivierung durch Lichtabstrahlung bezeichnet

man als Fluoreszenz. Aufgrund der besonderen Molekülstruktur des Chlorophylls („starres“

ringförmiges Tetrapyrrol) werden durch den 1. Anregungszustand wenig „thermische“ Vorgänge im

Abbildung 2 Energieschema Chlorophyllanregung

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Woche 6 Pflanzenpigmente AG Kudla/Böhmer

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Molekül (z.B. Molekülvibration) ausgelöst. Daher kann ein Teil der von Chlorophyllen absorbierten

Lichtenergie wieder in Form von Fluoreszenz abgestrahlt werden. Da dennoch stets etwas Energie

durch intramolekulare Vorgänge verloren geht, ist der Energiegehalt des emittierten Lichtquants

geringfügig, aber nicht wesentlich niedriger als der ursprüngliche Energiegehalt des

Anregungszustands. Aus diesem Grund ist die Chlorophyll Fluoreszenz immer dunkelrot, während der

Energiegehalt des 1. Anregungszustand dem eines hellroten Lichtquants entspricht (s. Energieschema

oben).

Wenngleich nur ein relativ geringer Teil der eingestrahlten Lichtenergie wieder als Fluoreszenz

abgestrahlt wird, so ist die Fluoreszenz an isolierten Chlorophyllen doch sehr gut sichtbar. In den

Chloroplasten selbst, z.B. im Blattgewebe ist die Chlorophyll Fluoreszenz wesentlich schwächer. Nur

1–3 % der eingestrahlten Lichtenergie wird wieder als Fluoreszenz emittiert. Physiologisch ist die

Chlorophyll Fluoreszenz damit bedeutungslos. Jedoch hat sie erhebliche Bedeutung in der Forschung

und dem optischen „monitoring“ der Pflanzendecke in Biotopen. Das hängt damit zusammen, dass die

„Fluoreszenzausbeute“ von photosynthetischem Gewebe einen zwar komplexen, inzwischen aber gut

verstandenen Zusammenhang mit der photosynthetischen Leistung aufweist. So lässt sich z.B. eine

Schwächung der Photosyntheseleistung durch Stress gut sichtbar machen.

Struktur und Funktionen der Carotinoide

Die Carotinoide stellen eine wichtige und große Untergruppe der Isoprenoide dar. Dieser Oberbegriff

leitet sich vom Grundbaustein aller Isoprenoide, dem Isopren, ab. Die in der Biosynthese aktiven

Formen des Isoprens sind die C5-Körper lsopentenylpyrophosphat (IPP) und sein Isomer, Dimethyl-

allyl-PP (Prenyl-PP). Zwei IPP werden zum Monoterpen Geranyl-PP zusammengelagert, weitere

Addition von IPP führt der Reihe nach zum Farnesyl-PP und dann zum Geranylgeranyl-PP, dem

Ausgangsprodukt für den Phytolrest des Chlorophylls a und b. Zwei Geranylgeranyl-PP schließlich

bilden das Tetraterpen (4 Terpene aus 8 lsoprenen, C40) Phytoen, das über verschiedene

Zwischenstufen zu α-und ß-Carotin umgewandelt wird. Diese Verbindungen bestehen nur aus

Kohlenstoff und Wasserstoff und bilden die Gruppe der Carotine (Abbildung 1). Werden

Sauerstoffgruppen, z.B. Alhohol-, Ether-, Aldehyd-, Keto-, Carboxyl-und auch Epoxy-Gruppen, in die

Carotine eingeführt, gelangt man zu den Xanthophyllen. Durch die Elektronegativität der Sauerstoff

-

Carotin. Wichtige Xanthophylle sind Lutein, Violaxanthin und Zeaxanthin (Abbildung 1). Carotine

und Xanthophylle bilden zusammen die Obergruppe der Carotinoide.

Carotinoide fluoreszieren nicht, obgleich sie sichtbares Licht sehr gut absorbieren. Das hängt damit

zusammen, dass in langgestreckten Carotinoiden (40 C-Atome, 20 konjugierte Doppel-bindungen)

durch Lichtabsorption Molekülvibrationen ausgelöst werden, durch welche die Anregungsenergie

teilweise thermisch deaktiviert wird. Daher sind Carotinoide als photosynthetische Antennenpigmente

("akzessorische Pigmente") weit weniger geeignet als Chlorophylle. Funktionell erfüllen die

Carotinoide dennoch mehrere wichtige Aufgaben. So sind sie, wie bereits erwähnt, zu einem gewissen

Umfang an der Lichtabsorption der Photosynthese beteiligt und schließen dabei zu einem Teil die sog.

"Grünlücke" der Chlorophyllabsorption. Eine weitere wichtige Funktion der Carotinoide ist ihre

Beteiligung am strukturellen Aufbau vor allem von Photosystem II. Ohne Carotinoide gibt es kein

funktionsfähiges PS II. Eine dritte und wohl wichtigste Funktion ist der Schutz der Chlorophylle vor

Photooxidation. Durch Licht angeregtes Chlorophyll kann Sauerstoff in die sehr aggressive Form des

sog. Singlett-Sauerstoffs überführen, der dann das Chlorophyll irreversibel oxidiert. Carotinoide haben

die Fähigkeit, Singlett-Sauerstoff zu quenchen, d.h. seine Energie zu übernehmen, ohne dabei selbst

zerstört zu werden. Auch können sie Chlorophylle, die ihre Energie nicht sofort übertragen können,

de-excitieren (abregen) und damit die Bildung von Singlett-Sauerstoff von vorn herein verhindern.

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Woche 6 Pflanzenpigmente AG Kudla/Böhmer

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Schließlich fungieren die Carotinoide auch noch als gelbe und orangefarbene bis braune Blüten-und

Fruchtfarbstoffe.

Struktur und Funktion der Anthocyane

Anthocyanidine und Anthocyane sind für die Rot-Violettfärbung von Pflanzenorganen (Blätter,

Blüten, Sprosse) verantwortlich. Im Gegensatz zu den Chlorophyllen und Carotinoiden sind sie

wasserlöslich und liegen daher in den Vakuolen vor.

Absorptionsspektroskopie

Spektroskopische Methoden wie z . B. die heute anzuwendende Absorptionsspektroskopie sind zur

Identifizierung und Quantifizierung von (unbekannten) Substanzen heute nicht mehr wegzudenken.

Sie beruht auf dem Prinzip der Messung der Lichtabsorption beim Durchtritt eines Lichtstrahles durch

eine Probe bei einer oder mehreren Wellenlängen. Verschiedene Substanzen zeigen bei

unterschiedlichen Wellenlängen unterschiedliche Absorptionen von Licht. Die auf diese Weise

gewonnenen Absorptionsspektren sind oft charakteristisch für die jeweiligen Reinsubstanzen. Misst

man die Absorption einer Lösung in der eine reine Substanz in einem in diesem Bereich nicht

absorbierenden Lösungsmittel gelöst ist, so findet man innerhalb eines gewissen

Konzentrationsbereiches einen quasilinearen Zusammenhang zwischen der Absorption und der

Konzentration einer Lösung. Dieser Zusammenhang wird durch das Lambert-Beer'sche Gesetz

beschrieben:

E = ε∙c∙d

Dabei ist E = Extinktion, ε = molarer Extinktionskoeffizient, c =Konzentration in Mol∙L-1

und d =

Schichtdicke der Lösung in cm. Extinktion bezeichnet den dekadischen Logarithmus der in eine Probe

eingestrahlten Lichtintensität I0 im Verhältnis zu der nach der Probe gemessenen Intensität I:

Durch das Lambert-Beer’sche Gesetz wird

also eine e-Funktion linearisiert. Deshalb

darf bei dessen Anwendung nur der

untere, quasi-lineare Bereich der Funktion

benutzt werden (es gilt also nur für

geringe Konzentrationen, für quantitative

Bestimmungen sollte E ≤ 0,8 sein!).

Pigmentkonzentrationen können mit Hilfe

eines Spektrophotometers und dem Beer-

Lambertschen Gesetzes unter Zuhilfe-

nahme des Extinktionskoeffizienten für

Chlorophyll berechnet werden. Um die

Konzentrationen von Chlorophyll, Caro-

tinoiden und Anthocyanen zu messen, sind

verschiedene Berechnungen beschrieben

worden, die mehr oder weniger akkurat arbeiten [1-4]. Sims und Gamon nutzten dabei zur Extraktion

der Chlorophylle eine Mischung aus Aceton und Tris Puffer (80:20 Vol; pH=7.8) und veröffentlichten

Gleichungen, welche den Einfluss von Anthocyanen berücksichtigen:

Abbildung 3 Extinktionskoeffizienten für Chlorophyll, Carotinoide

und Anthocyane in Abhängigkeit von der Wellenlänge.

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Abbildung 4 Tabak-1-Hybrid A Schematische Darstellung des

verwendeten Promotor-Reportergen Konstrukt. B Detektion

der Luciferaseaktivität mittels eines Imagers (bildlich).

Messungen in Aceton/Tris-Puffer:

Chlorophyll a (µmol ml-1) = 0.01373 A663 - 0.000897 A537 - 0.003046 A647

Chlorophyll b (µmol ml-1) = 0.02405 A647 - 0.004305 A537 - 0.005507 A663

Carotinoide (µmol ml-1) = (A470 - (17.1 x (Chl a + Chl b) - 9.479 x anthocyanin))/119.26

Messungen in saurem Methanol:

Anthocyane (µmol ml-1) = 0.033333 A529 – 0.007599 A650

Tabak-1-Hybrid

Die Methode des Tabak-1-Hybrid basiert auf

der Untersuchung von Protein-DNA-Inter-

aktionen, ähnlich dem Hefe-1-Hybrid

welcher die Bindung eines Transkriptionsf-

aktors an eine DNA-Sequenz nachweist. Der

Vorteil des Tabak-1-Hybrid besteht neben

der Nutzung eines pflanzlichen Organismus

in der Bestimmung der Transkriptionsfaktor-

aktivität.

Dafür wird die zu untersuchende Promotor-

sequenz vor ein Reportergen (hier Luci-

ferase) fusioniert und mit Hilfe der Agro-

bakterium-vermittelten Transformation in

Tabak exprimiert (Abbildung 4 A). Die

Promotoraktivität kann über die Luciferase-

expression ermittelt werden. Dafür werden

die transformierten Tabakblätter mit

Luciferin infiltriert und die Menge an

Chemilumineszenz gemessen. Die zu analy-

sierenden Transkriptionsfaktoren werden co-

exprimiert um die Änderung der Reporter-

genaktivität im Vergleich zu ermitteln

(Abbildung 4 B). Dadurch wird die Aktivität

des Transkriptionsfaktors (aktivierend/ repri-

mierend) auf den zu untersuchenden

Promoter bestimmt.

Brassica rapa

Ziel dieses Versuchstages ist zweierlei. Zum einen werden Sie Brassica rapa als schnell wachsenden

Modellorganismus nutzen um dessen Pigmentzusammensetzungen zu studieren und in verschiedenen

Genotypen zu quantifizieren. Zum anderen lernen Sie die Methode des Tabak-1-Hybrid als Methode

zur Messung von Transkriptionsfaktoraktivitäten kennen. Wildtyp Brassica rapa Pflanzen haben

violette Stiele und grüne Blätter. Die Violettfärbung ergibt sich aus der Produktion von Anthocyanen.

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Woche 6 Pflanzenpigmente AG Kudla/Böhmer

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Versuch: Nach einer chemischen Mutagenese mit Ethylmethansulfonat (EMS) wurde eine Mutante identifiziert,

die grüne Stiele (anl) und gelbgrüne Blätter (ygr) besitzt. Folgende Fragestellungen ergeben sich aus

dem Phänotypen dieser Mutante:

1. Hat diese Mutante (anl) geringere Konzentrationen von Anthocyanen als Wildtyppflanzen (ANL)?

2. Hat diese gelbgrüne (ygr) Mutante geringere Konzentrationen an Chlorophyll als Wildtyppflanzen

(YGR)?

3. Hat die gelbgrüne Mutante (ygr) höhere Konzentrationen von Carotenoiden als Wildtyppflanzen

(YGR)?

4. Haben die Nachkommen (F1) von Kreuzungen von Wildtyppflanzen (ANL/YGR) mit dieser

Mutante (anl/ygr) eine mittlere Konzentration der zu untersuchenden Pigmente?

5. Wie wird die Expression des YGR Gens durch die Transkriptionsfaktoren YGI1, YGI2 und YGI3

reguliert?

Messung von Carotenoid und Chlorophyll-Konzentrationen

Wir verwenden 10 Tage alte Brassica rapa Pflanzen zur Analyse der Pigmentzusammensetzung. Mit

einem Korkbohrer der Gösse #5 werden 2 Blattscheiben aus den Blättern der Brassica rapa Pflanzen

entnommen. Bestimmen sie den Durchmesser der Blattscheiben (Lineal) und berechnen sie die

Blattfläche! Geben sie jeweils 1 Blattscheibe in ein 1,5 mL Reaktionsgefäß zusammen mit 400 µL

Aceton/Tris Puffer (80:20 Vol; pH=7.8) und mörsern sie diese mit Hilfe des Pistills. Transferieren Sie

die Suspension in ein 10 mL Reaktionsgefäß (Falcon). Waschen sie das 1,5 mL Reaktionsgefäß und

das Pistill mit 1 mL Aceton/Tris und geben sie die Suspension ebenfalls in das 15 mL Reaktionsgefäß.

Füllen sie anschließend die Suspension im Reaktionsgefäß auf 6 mL mit Aceton/Tris Puffer (80:20

Vol; pH=7.8) auf.

Messen Sie nun die Absorption des Überstandes bei den Wellenlängen 470, 537, 647, und 663 nm

(notieren sie die Messwerte in Tabelle 1). Messen Sie auch die Überstände in den Reaktionsgefäßen

ihrer Tischnachbarn bis sie 5 Messwerte pro Genotyp vorliegen haben.

Messung der Antocyankonzentrationen

Weil die Gleichungen für die Berechnung der Anthocyan-Konzentrationen die oben beschrieben

wurden, nicht besonders akkurat sind, werden wir eine modifizierte Methode verwenden. Entnehmen

sie wiederum mit Hilfe eines Korkbohrers der Gösse #5 2 Blattscheiben aus den Blättern der Brassica

rapa Pflanzen. Bestimmen sie den Durchmesser der Blattscheiben (Lineal) und berechnen sie die

Blattfläche. Geben sie die Blattscheiben in ein 1,5 mL Reaktionsgefäß, diesmal zusammen mit 400µl

saurem Methanol (Methanol/HCl/Wasser; 90:1:1), und mörsern sie diese mit Hilfe des Pistills.

Transferieren Sie die Suspension in ein 15 mL Reaktionsgefäß (Falcon). Waschen sie das 1,5 mL

Reaktionsgefäß und das Pistill mit 1 mL saurem Methanol und geben sie die Suspension ebenfalls in

das Reaktionsgefäß. Füllen sie anschließend die Suspension im Reaktionsgefäß auf 6 mL mit saurem

Methanol auf. Messen Sie nun die Absorption des Überstandes bei den Wellenlängen 529 und 650 nm.

Berechnen sie dann die Gesamtchlorophyll-, Chlorophyll A-, Chlorophyll B- und Carotinoid-

Konzentrationen (Tabellen 2-5).

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Woche 6 Pflanzenpigmente AG Kudla/Böhmer

69

Messung der transkriptionellen Regulation von YGR durch YGI1, YGI2 und YGI3

Nicotiana benthamiana Pflanzen wurden bereits mittels Agrobakterium-Infiltration transformiert.

Dabei wurde das Promotor-Luciferase-Konstrukt YGR allein sowie mit den Transkriptionsfaktoren

YGI1, YGI2 und YGI3 co-infiltriert. Injizieren sie mit Hilfe einer 1 mL Spritze (ohne Kanüle) etwa

1 mL einer 100 µM Luciferin Lösung in jeweils 1 Blatt der bereits transformierten Nicotiana

benthamiana Pflanzen. Achten Sie darauf, dass das gesamte Blatt mit Lösung durchtränkt ist. Nach

einer 10 minütigen Inkubation bei Raumtemperatur wird die Chemilumineszenz der vier

transformierten Blätter mit Hilfe eines Imagers aufgenommen (USB-Stick mitbringen).

Diskussion Das Protokoll sollte die gewonnen Resultate wie folgt zusammenfassen:

1. Komplett ausgefüllte Tabellen 1-5.

2. Ein Säulendiagramm mit den Messungen für Chlorophyll-, Carotinoid- und

Anthocyankonzentrationen für die drei Genotypen.

3. Eine beschriftete Abbildung, des Tabak-1-Hybrids (Chemilumineszenzbild).

Im Weiteren sollten folgende Fragen im Protokoll beantwortet werden:

1. Warum sind die anl/ygr Pflanzen gelbgrün?

2. Wie ist die Pigmentproduktion in den F1 Hybriden beeinflusst?

3. Wie wird YGR transkriptionell von YGI1, YGI2 und YGI3 reguliert?

Literatur: 1. Porra, R.J. (2002). The chequered history of the development and use of simultaneous

equations for the accurate determination of chlorophylls a and b. Photosynth Res 73, 149-156.

2. Lichtenthaler, H., and Wellburn, A. (1983). Determinations of total carotenoids and

chlorophylls a and b of leaf extracts in different solvents. Biochemical Society Transactions

11, 591 - 592.

3. Arnon, D.I. (1949). COPPER ENZYMES IN ISOLATED CHLOROPLASTS.

POLYPHENOLOXIDASE IN BETA VULGARIS. Plant Physiol. 24, 1-15.

4. Sims, D., and Gamon, J. (2002). Relationship between pigment content and spectral

reflectance across a wide range of species, leaf structures and developmental stages. Remote

Sensing of Environment 81, 337-354.

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Woche 6 Pflanzenpigmente AG Kudla/Böhmer

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Anhang

Tabelle 1 Chlorophyll Pigmentdaten für Wildtyp und Mutante

ANL/YGR F1 Hybride anl/ygr

Wellenlänge (nm) 1 2 3 4 5 1 2 3 4 5 1 2 3 4 5

470

537

647

663

Tabelle 2 Anthocyan-Daten für Wildtyppflanzen und Mutante

ANL/YGR F1 Hybride anl/ygr

Wellenlänge (nm) 1 2 3 4 5 1 2 3 4 5 1 2 3 4 5

529

650

Tabelle 3 Anthocyan-Konzentrationen für Wildtyppflanzen und Mutante. Werte werden berechnet nach Sims und Gamon [4]. Konzentrationen in der Pflanzen werde normalisiert für das Volumen der Suspension (6mL) und die Fläche der Blattscheibe (Durchmesser=________cm; Fläche=________m

2)

ANL/YGR F1 Hybride anl/ygr

1 2 3 4 5 1 2 3 4 5 1 2 3 4 5

Anthocyanin µmol ml-1

Anthocyanin µmol m-2

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Tabelle 4 Chlorophyll und Carotinoid-Konzentrationen für Wildtyppflanzen und Mutante. Werte werden berechnet nach Sims und Gamon [4]. Konzentrationen in der Pflanzen werde normalisiert für das Volumen der Suspension (6 mL) und die Fläche der Blattscheibe (Ø=_________; Fläche=________m2)

ANL/YGR F1 Hybride anl/ygr

1 2 3 4 5 1 2 3 4 5 1 2 3 4 5

Chlorophyll a (µmol ml-1)

Chlorophyll b (µmol ml-1)

Carotinoide (µmol ml-1)

Chlorophyll a (µmol m-2)

Chlorophyll b (µmol m-2)

Carotinoide (µmol m-2)

Gesamt-Chlorophyll (µmol m-2)

Chlorophyll a/b Verhältnis

Tabelle 5 Zusammenfassung der Chlorophyll Konzentrationen in Wildtyppflanzen und Mutante

ANL/YGR F1 Hybride anl/ygr

Chlorophyll a (µmol m-2)

Chlorophyll b (µmol m-2)

Carotinoide (µmol m-2)

Gesamt-Chlorophyll (µmol m-2)

chl a/b Verhältnis

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Woche 7 Enzyme AG Kudla/Batistic

73

Versuch 1: Enzymkinetik

Substratsättigung und Michaeliskonstante der Lactat-Dehydrogenase

Versuchsziel: Mit Hilfe des Optischen Tests soll die katalytische Aktivität (Umsatz pro Zeit) eines Enzyms

quantitativ erfasst und die Abhängigkeit der Aktivität von der Substratkonzentration

(Substratsättigungskurve) bestimmt werden. Die Beziehung zwischen Substrat und Enzym

wird durch die Michaelis-Menten-Theorie beschrieben.

Theoretischer Hintergrund

Die katalytische Aktivität eines Enzyms ist die Umsatzrate bei definierter

Substratkonzentration (z.B. sättigende Konzentration) und definierter Temperatur. Die

internationale SI–Einheit für die katalytische Aktivität ist das Katal (kat). 1 kat liegt vor,

wenn 1 Mol Substrat pro sec umgesetzt wird. Die Einheit lässt sich auch auf eine bestimmte

Menge an Enzymmolekülen beziehen: 1 kat = a · mol Enzym, wobei a ein

Proportionalitätsfaktor ist, der von der Umsatzrate abhängt. Die früher übliche Enzymeinheit

U (unit) entspricht dem Umsatz von 1 mol min-1

.

Die Geschwindigkeit der enzymatischen Katalyse eines Enzyms wird im Wesentlichen

durch die Temperatur und die Konzentration des Substrates beeinflusst.

Die Umsatzrate eines Enzyms steigt exponentiell mit der Temperatur. Im Exponentialfaktor

(„Steilheit“ der Exponentialfunktion) spiegelt sich die Aktivierungsenergie der Reaktion

(Arrheniusbeziehung). In der Praxis wird die Temperaturabhängigkeit häufig durch den Q10

gekennzeichnet. Dieser gibt den Faktor an, um den die betreffende Reaktion bei einer

Temperaturerhöhung um 10oC gesteigert wird. Für viele Enzymreaktionen liegt der Q10 bei 2

bis 3.

Im Praktikum wird die Abhängigkeit der Geschwindigkeit einer Enzymreaktion von der

Substratkonzentration untersucht. Mit Blick auf die Arrheniusbeziehung muss dabei die

Reaktionstemperatur konstant gehalten werden.

Substratabhängigkeit der Enzymaktivität (Michaelis-Menten Beziehung)

Eine enzymatische Reaktion katalysiert im einfachsten Fall die Umwandlung eines Substrates

S in ein Produkt P:

Substrat (S) Produkt (P)

Zur Bestimmung der Geschwindigkeit dieser Reaktion im Experiment wird die Abnahme des

Substrates oder die Zunahme des Produktes mit der Zeit beobachtet.

Anfangsgeschwindigkeit: Man bestimmt die Reaktionsgeschwindigkeit (v) einer

enzymatischen Reaktion experimentell in einer Messküvette, die einen Messpuffer, sowie das

Enzym und sein Substrat in definierter Konzentration enthält. Die Reaktion wird entweder

durch Zugabe des Enzyms (bei anwesendem Substrat oder durch Zugabe des Substrats bei

anwesendem Enzym) gestartet. Man beobachtet, dass v nicht konstant bleibt, sondern mit

fortschreitender Substratabnahme (-cS/t) und Produktzunahme (+cP/t) beständig

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Woche 7 Enzyme AG Kudla/Batistic

74

abnimmt (s. Abb.). Neben der beginnenden Rückreaktion und der „Produkthemmung“ des

Enzyms spielt dabei vor allem die abnehmende Verfügbarkeit von S eine Rolle.

Es ist daher wichtig, im Experiment den Start der Reaktion zu erfassen und die

Anfangsgeschwindigkeit vo zu bestimmen.

Substratsättigungskurve: Die Abhängigkeit der Anfangsgeschwindigkeit vo [mol L-1

s-1

]

von der Substratkonzentration cS [mol L-1

] (bei konstanter Temperatur und

Enzymkonzentration) folgt in der Regel einer hyperbolischen Funktion. Diese

Substratsättigungskurve lässt sich in 3 Bereiche zerlegen: Bei sehr niedrigen

Substratkonzentrationen steigt vo annähernd linear mit cS, d.h., die Rate ist vollständig von der

Substratkonzentration bestimmt (Reaktion 1. Ordnung). Bei sättigender Substratkonzentration

ist die Enzymaktivität maximal (vo unabhängig von cS; Reaktion 0. Ordnung). Die beiden

Grenzbereiche werden von einem hyperbolischen Übergangsbereich verbunden.

Nach der Theorie von MICHAELIS und MENTEN folgt die Sättigungskurve der Funktion:

MS

S

Kc

cvv

max0

Daher lassen sich aus der Substratsättigungskurve wichtige kinetische Parameter einer

Enzymreaktion ableiten, vor allem vmax und KM.

Anfangsgeschwindigkeit v

0 gegen Substratkonzentration

bei konstanter Enzymkonzentration

[Substrat]

v0

Lineweaver-Burk plot:1/v

0 gegen 1/[Substrat]

1/[Substrat]

1/v0

vmax

1/2 vmax

Km

1/vmax

Km/v

max-1/KmCol 1 vs Col 2

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Woche 7 Enzyme AG Kudla/Batistic

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Maximalgeschwindigkeit vmax: Enzymgeschwindigkeit v bei sättigender Substrat-

konzentration cS;

vmax nimmt proportional mit der Enzymkonzentration zu; bei konstanter Enzymkonzentration

nimmt vmax exponentiell mit der Temperatur zu (Arrheniusbeziehung, s. oben);

Michaeliskonstante KM: Substratkonzentration bei halbmaximaler Reaktions-

geschwindigkeit (v = vmax / 2).

KM ist ein numerisches Maß für die Affinität des Enzyms zu seinem Substrat. Je niedriger der

KM Wert, desto höher ist die Affinität zum Substrat. Für verschiedene Enzyme variiert der KM

Wert zwischen etwa 10-2

und 10-6

mol/l.

Enzym-Substrat-Komplex: Zur enzymatischen Katalyse ist die Bildung eines Komplexes

zwischen freiem Enzym (E) und Substrat (S) erforderlich. Die Umsetzung des Substrates

erfolgt im Komplex, welcher dann sehr schnell in freies Enzym und Produkt zerfällt:

PEEPESSE

Michaelis-Menten-Theorie: Sie besagt, dass die Geschwindigkeit vo der gesamten

Enzymreaktion in erster Näherung von der relativen Konzentration des aktiven Komplexes ES

bestimmt ist:

vo = k[ES]

Wobei k eine Reaktionskonstante für die katalytische Zerfallsreaktion [ES] E + P ist und

sich für jedes Enzym unterscheidet. Die Enzymreaktion lässt sich in drei Teilschritte zerlegen:

1. Schritt: Die Substratbindung an das Enzym (E + S ES) ist reversibel und schnell. 2.

Schritt: Im ES – Komplex wird das Substrat in das Produkt P umgewandelt: ES EP.

Dieser Schritt ist ebenfalls sehr schnell und reversibel. 3. Schritt: Das Gleichgewicht der

Folgereaktion („katalytischer Zerfall“: EP E + P) liegt sehr weit auf der rechten Seite, d.h.,

dieser letzte Schritt ist praktisch irreversibel. Jedoch ist diese Reaktion deutlich langsamer als

die übrigen Reaktionen und begrenzt somit kinetisch die gesamte Enzymreaktion, daher

vo = k[ES].

Bei sehr niedrigen Substratkonzentrationen steigt vo linear mit [ES]. Mit steigendem cs nimmt

vo zu. Bei Substratsättigung steigt vo nicht weiter (vmax). Bei vmax liegen annähernd alle, bei

Halbsättigung (vmax / 2 = KM) die Hälfte der Enzymmoleküle als ES Komplex vor.

Die wichtigen kinetischen Größen KM und vmax lassen sich leicht aus der LINEWEAVER-

BURK-Transformation der Substratsättigungsfunktion ableiten (doppelt-reziproke

Auftragung, 1/cS gegen 1/vo). Die hyperbolische Sättigungsfunktion ergibt eine Gerade mit

der Steigung KM/vmax. Aus den Abszissen- und Ordinatenschnittpunkten dieser Funktion

können KM und vmax bestimmt werden (s. Abbildung).

Bei allosterischen Enzymen mit „kooperativer“ Substratbindung ist die Substratbindung

wesentlich komplexer. Die Sättigungsfunktion hat dann eine sigmoide Form und die

Lineweaver-Burk-Transformation ist nicht mehr linear.

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Woche 7 Enzyme AG Kudla/Batistic

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Die Lactat-Dehydrogenase (LDH) katalysiert die Reduktion von Pyruvat zu Lactat und ist

das Enzym der Milchsäuregärung. In dem Versuch wird die Abhängigkeit der Enzymaktivität

von der Substratkonzentration bestimmt. Die „Anfangsgeschwindigkeit“ vo wird bei

verschiedenen Lactatkonzentrationen anhand des optischen Tests gemessen: die Zunahme von

NADH mit der Zeit wird als Absorptionszunahme bei 340 nm gemessen. Die Ergebnisse

werden als Substratsättigungskurve aufgetragen, aus der Lineweaver-Burk-Transformation

wird die Michaeliskonstante (KM) und die maximale Aktivität (vmax) bestimmt.

Für den Versuch wird ein kommerziell erhältliches gereinigtes Enzym verwendet. Das

Gleichgewicht der LDH Reaktion liegt auf der linken Seite

(Gleichgewichtskonstante K = 2,9 · 10-12

mol/l).

L-(+)-Lactat + NAD+ Pyruvat + NADH + H

+

Um dennoch eine optimale Oxidation von Lactat zu erreichen, wird das chemische

Gleichgewicht auf die rechte Seite, also zugunsten der Produkte Pyruvat und NADH

verschoben, indem

1. die Konzentration des Co-Substrates NAD+ sehr hoch gesetzt wird,

2. das Produkt Pyruvat chemisch durch Bildung eines Hydrazons

(Komplexbildung) aus dem Gleichgewicht gezogen wird.

Die vollständige Gleichung lautet daher:

L-(+)-Lactat + NAD+ + Hydrazin Pyruvat-hydrazon + NADH + H

+

Die Gleichgewichtskonstante dieser Reaktion liegt bei ca. 7 · 10

2 mol/l. Entsprechend dem pH

Optimum der LDH wird die Messung bei pH 9.0 durchgeführt.

Experimenteller Teil

Benötigte Reagenzien:

NAD (MG 663,4 g/mol)

Glycin (zur Pufferung; MG 75,07 g/mol)

L-(+)-Lactat (Na-Salz; MG 112,1 g/mol)

Hydrazinhydrochlorid (MG 50,06 g/mol)

L-LDH (5 mg/ml; 550 units/mg) = Lactat-Dehydrogenase (Enzym)

Stammlösungen (vorhanden):

Reaktionspuffer: 0,4 M Hydrazin, 0,5 M Glyzin, pH 9.0

NAD, 30 mg/ml (berechnen Sie die Molarität, vor Kursbeginn!)

LDH, 0,01 mg/ml

L-(+)-Lactat 500 mg/ml (berechnen Sie die Molarität, vor Kursbeginn!)

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Woche 7 Enzyme AG Kudla/Batistic

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Praktische Tipps für das experimentelle Arbeiten

Mikroliterpipetten

gibt es in verschiedenen Versionen, entweder mit fest eingestellten oder mit verstellbarem

Volumen(z.B. 10-100 µl).

Pipettenspitzen:

Blau: für Volumina bis 1000 µl

Gelb: für Volumina bis 200 µl

Weiß: für Volumina bis 10 µl

Bedienung von automatischen Mikroliterpipetten

Zu den Pipetten gibt es Kunststoffspitzen

(gelb, blau und weiß), die jeweils nur auf die

entsprechenden Pipetten passen. Die Pipetten

haben meist drei Druckpunkte: der erste

Druckpunkt ist derjenige, von dem langsam

(!!!) aufgesaugt wird; beim Entleeren der

Spitze wird der Kolben langsam bis zu

diesem ersten Druckpunkt geführt; zur

vollständigen Entleerung (dies ist das

gewünschte Volumen) der Spitze wird nun

vollends bis zum zweiten Druckpunkt

durchgedrückt. Beim dritten Druckpunkt wird

zumindest bei den Modellen von Eppendorf die Spitze abgeworfen. Bei den verstellbaren

Pipetten (bei Eppendorf-Pipetten Herausziehen des Bedienungsknopfes und vorsichtiges

Drehen) wird das eingestellte Volumen in µl angezeigt.

Achtung! Pipetten nur bis zum Maximalvolumen aufdrehen. Niemals gegen einen

Widerstand weiterdrehen! Pipetten niemals ohne Pipettenspitze verwenden.

Herstellen einer Lactat–Konzentrationsreihe: Aus der Lactat-Stammlösung wird eine Verdünnungsreihe hergestellt. Pipettieren Sie in

nummerierte Röhrchen (Nr.1-9) nach dem folgenden Schema und berechnen Sie vor

Kursbeginn die Molarität.

Nr. Lactat

Stammlösung

ml

H2O

ml Errechnete

Konzentration im

Röhrchen

(mmol/l)

Errechnete

Konzentration in

der Küvette

(mmol/l)

1 0,5 --

2 0,2 0,2

3 0,2 0,3

4 0,1 0,4

5 0,1 0,9

6 0,1 1,4

7 0,1 2,4

8 0,1 4,9

9 -- 1,0

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Woche 7 Enzyme AG Kudla/Batistic

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Vorbereitung:

Photometer und angeschlossenen Messcomputer anstellen.

Programm zur Aufnahme von Enzymkinetiken starten.

Die Einweisung erfolgt vom Assistenten.

Machen Sie sich mit dem Ablauf am Messcomputer vertraut indem Sie eine Testmessung (an

Nr. 1) durchführen.

Benötigte Lösungen und Pipetten bereitstellen.

Messablauf:

Pipettieren Sie in die Messküvette (sehr genau!):

1,25 ml Reaktionspuffer (Handschuhe!)

+ 0,1 ml NAD Stammlösung

+ 50 µl Lactat aus der Konzentrationsreihe (Starten Sie mit Nr.1)

Ansatz mit einem Rührspatel gut mischen, Küvette in das Photometer stellen und den

Referenzwert aufnehmen

+ 50 µl (sehr genau) L-LDH zupipettieren

Erneut mit dem Rührspatel gut und rasch mischen!

Photometerdeckel schließen und Registrierung am Computer sofort starten.

Reinigen Sie die benutzte Küvette intensiv mit H2O um Enzymreste für die nächste Messung

komplett zu entfernen. Dieser Flüssigabfall wird gesondert gesammelt!

Wiederholen Sie diesen Ablauf für alle Lactatkonzentrationen.

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Woche 7 Enzyme AG Kudla/Batistic

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Auswertung:

Die Auswertung wird während des Praktikums mit Microsoft Excel ausgeführt.

Aus der Extinktionszunahme pro Zeit wird die Reaktionsgeschwindigkeit vo berechnet

(mol NADH, bzw. Lactat * sec-1

* mg Enzym-1

). Dies erfolgt mit Hilfe des Lambert-

Beerschen-Gesetzes (ε NADH, 340 nm = 6,3 L * mmol-1

* cm-1

). Dabei ist darauf zu achten, dass

nur die Steigung des linearen Anfangsbereichs zur Auswertung herangezogen wird

(„Anfangsgeschwindigkeit“ vo; siehe Einführung oben).

Jeder Substratkonzentration cS (mol/l) kann dann ein Wert für vo zugeordnet werden. Tragen

Sie in einem Diagramm vo gegen cS auf (Substratsättigungsfunktion; s. Abbildung). In einem

zweiten Diagramm tragen Sie 1/vo gegen 1/cS auf (Lineweaver-Burk Darstellung; s. Abb.).

In dieser Darstellung sollten die Messpunkte auf einer Geraden liegen (Lineweaver-Burk

Darstellung; s. Abb.). In dieser Darstellung sollten die Messpunkte auf einer Geraden liegen.

Aus den Schnittpunkten der extrapolierten Ausgleichsgeraden mit Ordinate und Abszisse

lassen sich die Werte für vmax (mol Lactat * sec-1

* mg Enzym-1

) und KM für Lactat (mol * L-

1) ableiten

Abbildung: Substratfunktion der Lactat Dehydrogenase

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Woche 7 Enzyme AG Kudla/Batistic

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Versuch 2: Peroxidase

Isolierung, Trennung und histochemischer Nachweis pflanzlicher

Peroxidase-Isoenzyme

Versuchsziel:

In diesem Versuchsteil sollen pflanzliche Isoenzyme am Beispiel der Peroxidasen zunächst

aus pflanzlichen Geweben isoliert, über eine native Gel-Elektrophorese aufgetrennt und

anschließend im Gel mittels einer spezifischen Färbereaktion sichtbar gemacht werden

(Versuch 2a). Ein direkter Nachweis der Peroxidasen in pflanzlichen Geweben erfolgt durch

eine weitere Färbereaktion (Versuch 2b).

Theoretischer Hintergrund

Isoenzyme sind Enzyme, die identische chemische Reaktionen katalysieren, sich aber in

weiteren Eigenschaften (z.B. Molmasse, isoelektrischer Punkt, Lokalisation im Gewebe etc.)

voneinander unterscheiden. Isoenzyme können z.B. Produkte verschiedener Gene sein,

welche sich in der Primärstruktur (Aminosäuresequenz des Proteins) unterscheiden. Neben

genetisch bedingten Isoenzymen können aber auch posttranslationale Modifikationen eines

Proteins zu mehreren Enzymvarianten führen. Da die genaue Entstehung von multiplen

Formen eines Enzyms im Einzelfall häufig nicht leicht zu klären ist, verwendet man den

Isoenzymbegriff meist „operational“, d.h. für alle funktionell ähnlichen Enzyme eines

Organismus (gleiche Nachweisreaktion).

Peroxidasen sind ubiquitär in Pflanzen, Tieren und Mikroorganismen verbreitet. Die

Mehrzahl der Peroxidasen sind eisenhaltige Porphyrin-Glycoproteine („Hämin-Enzyme“),

andere hingegen besitzen ein Cytochrome-C typisches-, ein Selen- oder Vanadium-Zentrum.

Peroxidasen benötigen als Substrat entweder H2O2 oder O2, um eine Vielzahl von

Reduktanden oxidieren zu können. Es wurden bisher bereits über 200 mögliche Substrate

identifiziert.

Peroxidasen RH2 + H2O2 2 H2O + R

Pflanzliche Peroxidasen der Klasse III (POX, EC 1.11.1.7; EC = enzyme commission) sind

Häm-haltige Glycoproteine und kommen sowohl intra-, als auch extrazellulär vor und können

aufgrund ihres isoelektrischen Punktes (3,5 - 10) als neutral, sauer oder basisch klassifiziert

werden. Höhere Pflanzen besitzen in der Regel eine Vielzahl Peroxidase-Isoenzymen, die

durch eine Multigen-Familie codiert werden. Bis zu 100 verschiedene Isoenzyme wurden z.B.

in Arabidopsis entdeckt.

Die Funktionen von Peroxidasen sind vielfältig; sie spielen eine Rolle bei der

Biosynthese/Abbau von Lignin in der Zellwand, der Verknüpfung von Zellwandproteinen,

dem „Entgiften“ von H2O2, der Produktion von antimikrobiellen Radikalen, der Wundheilung,

der Oxidation von toxischen Reduktanden, dem Auxin-Katabolismus und der Abwehr gegen

Pathogene und Insekten.

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Woche 7 Enzyme AG Kudla/Batistic

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Besonders gut sind die Funktionen der pflanzlichen Peroxidasen bei der Lignifizierung

(radikalische Polymerisation der Ligninmonomere) untersucht worden. Zellwandgebundene

Peroxidasen lassen sich daher histochemisch in großen Mengen im entstehenden Xylem in der

Nähe der Kambien nachweisen. Da eine verstärkte Lignifizierung häufig auch bei

Abwehrreaktionen und Verwundungen eine Rolle spielt, ist es nicht verwunderlich, dass

Pathogenbefall, Stress und Verletzung zur Induktion von Peroxidasen führen.

Im Unterschied zu tierischen enthalten pflanzliche Peroxidasen viele Kohlenhydrate

(max. 25% der Molekülmasse). Dies schützt sie vor destabilisierenden Einflüssen, wie z.B.

Proteolyse. Aufgrund der leichten Zugänglichkeit und hohen Stabilität werden Peroxidasen

vielfach als Hilfsenzyme in biochemischen oder immunologischen Analyseverfahren (z.B.

ELISA-Test, Western-Blots, Schwangerschaftstest etc.) eingesetzt.

Da die Elektrophorese in Versuchswoche 5 ausführlich behandelt wird, soll das Prinzip

dieser Methode an dieser Stelle nur kurz beschrieben werden: Die Elektrophorese ist ein

biochemisches Trennverfahren, das auf unterschiedlichen physikalisch-chemischen

Eigenschaften von Makromolekülen beruht. Mittels Elektrophorese lassen sich Gemische

geladener Substanzen (z.B. Proteine) trennen. Dabei hängt die Wanderungsgeschwindigkeit

der Substanzen von der Feldstärke und von Größe, Gestalt und Ladung der Teilchen ab. Bei

der Proteintrennung durch eine Polyacrylamid-Gel-Elektrophorese (PAGE) wird als

Medium ein Polyacrylamidgel verwendet.

Polyacrylamid (siehe Abbildung) ist ein Polymer, hergestellt durch die Verkettung von

Acrylamid-Einheiten und deren Quervernetzung über N,N‘-Methylenbisacrylamid.

Die Polymerisation erfolgt durch den Radikalstarter Ammoniumpersulfat. Zur Stabilisierung

der so entstehenden freien Radikale wird dem Gemisch Tetramethylendiamin

(TEMED) zugesetzt. Die Porengröße des Gels wird durch die Acrylamid- und

N,N‘-Methylenbisacrylamid-Konzentration bestimmt.

Abbildung. Herstellung von

Polyacrylamid durch

Vernetzung von Acrylamid

und

N,N’Methylenbisacrylamid.

Als Radikalstarter wird

Ammoniumpersulfat

zugesetzt. ( D. Voet & J.G.

Voet, Biochemistry, Wiley,

New York, 1995).

Die PAGE kann entweder unter nativen oder unter denaturierenden Bedingungen erfolgen.

Eine native PAGE trennt Proteine in einem gegenüber dem in-vivo-Zustand unveränderten

Zustand. Enzyme behalten ihre katalytische Aktivität, Oligomere werden (möglichst)

erhalten.

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Woche 7 Enzyme AG Kudla/Batistic

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Im Kurs wird eine Vertikalgelkammer nach Studier verwendet (siehe unten). Die Gele werden

in dieser Versuchswoche gestellt und wurden, wie in Versuchswoche 5 beschrieben,

gegossen.

Abbildung. Vertikalgelkammer nach Studier

Aktivitätsfärbungen im Gel oder im Gewebe sind neben den bereits kennengelernten

gekoppelten Enzymtests eine weitere Methode der Enzymbestimmung. Mittels dieser

sogenannten „kolorimetrischen Enzymtests“ lassen sich Enzyme oder auch Metabolite

kolorimetrisch sowohl qualitativ, als auch quantitativ nachweisen. Kolorimetrische Tests

werden in der Industrie und der Medizin routinemäßig eingesetzt z.B. zur Bestimmung des

Blutzuckerspiegels und zur Bestimmung von Pestiziden im Grundwasser.

Experimenteller Teil

Versuch 2a: Isolierung von Peroxidase Isoenzymen, Auftrennung

über native Elektrophorese und Färbung im Gel

Zum Nachweis der Peroxidase Aktivität verwendet man statt der wenig absorbierenden

natürlichen Phenole artifizielle Akzeptoren, die bei ihrer enzymatischen Umwandlung einem

starken Farbwechsel unterliegen. Im vorliegenden Test vermittelt die Peroxidase die

Oxidation des in der reduzierten Form farblosen Wasserstoffdonators 4-Chlor-1-naphthol zum

oxidierten, blauschwarz gefärbten 4-Chlor-1-naphthol.

Pflanzenmaterial: (je 200 mg) Tomate: große Blätter

Tabak: große Blätter, kleine Blätter, Wurzel

Geräte: N2-Behälter, Eiskiste, Waage, Rasierklinge, Brettchen, Stößel,

Eppendorfgefäße, vorgekühlte Eppendorftischzentrifuge, Schutzbrille, Scanner

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Woche 7 Enzyme AG Kudla/Batistic

83

Lösungen/Chemikalien:

Aufschlusspuffer 0,1 M KH2PO4/ M K2HPO4, pH 7,0

3 mM EDTA

0,5% (w/v) Polyclar AT

5 mM Dithioerythritol, DTE

natives Gel (10%ig) 4,8 ml A. bidest

3,0 ml 1,5 M Tris/HCl, pH 8,8

4,0 ml 30% Acrylamid (fertig angesetzt, giftig!!)

100 µl 10% Ammoniumpersulfat

10 µl TEMED

Elektrophoreselaufpuffer 0,19 M Glycin

0,0125 M Tris, pH 8,8

Probenpuffer 3 ml Glycerin

1 Spatelspitze Bromphenolblau

7 ml A. bidest

Inkubationspuffer 50 mM K2HPO4/KH2PO4, pH 7,3

500 mM NaCl

Färbelösung 20 ml Inkubationspuffer

5 ml MeOH

3,75 mg 4-Chlor-1-naphthol

(Handschuhe!)

H2O2-Lösung (30%ig) (ätzend!!!)

Aufarbeitung der Proben Je 200 mg frisch geerntetes Pflanzenmaterial (Waage) wurden in ein beschriftetes 1,5

ml Eppendorfgefäß gegeben und mit Hilfe in flüssigen Stickstoff gefroren

(Schutzbrille!!!)

Gefrorene Probe mit einem Stößel fein pulverisieren,

anschließend 400 µl Aufschlusspuffer dazugeben

Proben 15 min bei 14000 rpm und 4o C

zentrifugieren

die klaren Überstände mittels Pipette in 1,5 ml Eppendorfgefäße überführen

Sollten sich noch Zellbruchstücke etc. im Überstand befinden erneut zentrifugieren

(s.o.)

10 µl aus dem Überstand in ein neues Eppi überführen

Alle 4 Proben mit je 2,5 µl Probenpuffer versetzen

Proben bis zur Elektrophorese auf Eis aufbewahren

Vorbereitung und Durchführung der Elektrophorese

Markieren Sie die Taschenböden auf der Glasplatte mit einem Edding

Proben-Kamm vorsichtig nach oben aus dem Gel ziehen

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Woche 7 Enzyme AG Kudla/Batistic

84

Die Glasplatten in die Elektrophoreseapparatur einsetzen

Einmal den Deckel aufsetzen, um zu testen, dass er richtig sitzt

Vorratsbehälter (oben und unten) mit Laufpuffer befüllen; dabei darauf achten, dass sich

keine Luftblasen an der unteren Gelkante befinden

Das Gesamtvolumen der Proben mit einer Pipette in die Taschen füllen

Stromstärke von 30 Milli-Ampere pro Gel einstellen und den Lauf starten

(Laufzeit ca. 1h)

Anfärben der Peroxidase-Banden im Gel

Glasscheiben aus Elektrophorese-Apparatur entfernen und vorsichtig aufhebeln

Gel entnehmen und in einer Plastikschale in 30 ml Inkubationspuffer 5 min inkubieren

Puffer abgießen und die Färbelösung (Handschuhe!) aufs Gel gießen

100 µl 30%iges H2O2 in die Färbelösung pipettieren (Schutzbrille!) und vorsichtig

schwenken

Färbung der Banden wird nach ca. 15 min sichtbar

Auswertung:

Das Gel wird zur Auswertung eingescannt.

Reste der Färbelösung werden gesondert gesammelt!

Versuch 2b: Histologischer Nachweis von Peroxidase

Enzyme, bzw. Isoenzyme sind nicht gleichmäßig im gesamten Gewebe einer Pflanze verteilt,

sondern zeigen spezifische Muster, die unter anderem mit Hilfe von histochemischen

Nachweismethoden sichtbar gemacht werden können. Im Folgenden wird eine

Nachweismethode für in der Zellwand lokalisierte Peroxidasen beschrieben und durchgeführt.

Als Substrat wird farbloses 3,3’,5,5’-Tetramethylbenzidin (TMB) verwendet, das durch die

Reaktion der Peroxidase in ein tiefblau gefärbtes Radikalion übergeht (siehe Abb.) Die Blau-

Färbung ist über einige Stunden stabil, bleicht danach jedoch aus.

Abbildung: Bildung des blaugefärbten 3,3’,5,5’-Tetra-methylbenzidin-Radikalions aus

3,3’,5,5’-Tetramethylbenzidin (TMB) durch katalytische Wirkung der Peroxidase [nach

GALLATI & PRACHT, 1985]

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Woche 7 Enzyme AG Kudla/Batistic

85

Durchführung: TMB-Färbelösung: 50 ml 0,1 M NaAcetat, pH 4,5

5 mg Tetramethylbenzidin in 2,5 ml EtOH gelöst, ad 100 ml A.bidest

Bevor Sie die Schnitte anfertigen, bereiten Sie bitte in Petrischalen folgende Lösungen vor

(Handschuhe!):

Probe 1: 5 ml H2O

Probe 2: 5 ml TMB

Probe 3: 5 ml TMB, Schnitte in der Lösung 10 min inkubieren, danach 15 µl H2O2 zugeben

Probe 4: 2,5 ml TMB, 2,5 ml Ascorbat, Schnitte in der Lösung 10 min inkubieren, danach

15 µl H2O2 zugeben

Fertigen Sie anschließend von frischen Tomatenstängeln mit einer Rasierklinge dünne

Querschnitte an. Die Schnitte werden direkt in die vorbereiteten Lösungen gegeben, damit die

Querschnitte nicht an der Luft liegen und austrocknen.

Dokumentieren Sie ihre Beobachtungen in einer schematischen Zeichnung und machen Sie

ein Foto durchs Mikroskop! Markieren Sie die blau gefärbten Bereiche!

Probe 1 (Wasserkontrolle) sollte farblos bleiben. Warum ist unter Umständen jedoch eine

leichte Schwarzbraunfärbung sichtbar? In Probe 2 wird den Peroxidasen nur der Farbstoff

TMB als Substrat zur Verfügung gestellt. Warum wird auch hier schon eine Blaufärbung

sichtbar? In Probe 3 werden der Farbstoff und H2O2 als Substrat hinzu gegeben, so dass die

Peroxidasen im Gewebe lokalisiert werden können. Diskutieren Sie ihre Beobachtung unter

Berücksichtigung der Funktion der Peroxidasen. Was beobachten Sie in Probe 4 (Ascorbat +

Farbstoff+ H2O2)?

Reste der Färbelösung werden gesondert gesammelt!

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Woche 7 Enzyme AG Kudla/Batistic

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Woche 8 Entwicklung und Bewegung AG von Schaewen

87

A. Induktion der -Amylase-Synthese durch Gibberellinsäure in Getreide-

körnern

Pflanzenhormone (Auxine, Cytokinine, Gibberelline, u.a.) haben multiple Wirksamkeit; sie

führen zu einer Veränderung der genetischen Aktivität der betroffenen Zellen. Zur Erklärung

dieses Phänomens geht man davon aus, dass es im Genom neben aktiven und inaktiven auch

potentiell aktive und inaktive Gene gibt. Diese potentiell aktiven oder inaktiven Gene können

z.. durch Hormone aktiviert oder inaktiviert werden. Dabei wirkt das Hormon nur als

Auslöser, was die multiple Wirksamkeit erklärt. Direkte Folge der Hormonwirkung muss

dann die Neusynthese oder der Synthesestop von „messenger“ (m)RNA sein, was die Neu-

synthese oder die Hemmung der Biosynthese von Proteinen zur Folge hat.

Die Wirkung eines Phytohormons lässt sich in eindrucksvoller Weise an der Samenkeimung

von Getreide demonstrieren. Die Früchte der Gräser (Karyopsen) bestehen aus dem toten,

aber stärkereichen Endosperm, das von lebenden Zellen (Aleuronschicht) umgeben ist und an

einer Seite an das Scutellum des Embryos grenzt.

Bei der Keimung wird die Stärke gespalten; aus der dabei freigesetzten Glucose gewinnt der

Embryo die zur Keimung und zum (anfänglich) heterotrophen Wachstum notwendige Energie

sowie seine Baustoffe. Die Keimung wird also erst durch Stärkespaltung möglich! Hierfür

sind besondere Enzyme: Amylasen (= Hydrolasen) notwendig, die vor der Keimung keinen

nennenswerten Abbau der Stärke verursachen. Der Samen enthält -Amylasen bereits im un-

gekeimten Zustand: Diese Exoenzyme allein können nach dem Quellen die Stärkekörner

jedoch nur bis zum Grenzdextrin hydrolysieren. Dagegen werden -Amylasen, die die

Stärkekörner vollständig auflösen können, erst nach Quellung in der Aleuronschicht neu

synthetisiert. Dies wird vom (gequollenen) Embryo ausgelöst (induziert), und zwar durch

Freisetzung des Phytohormons Gibberellinsäure (GA3).

Indol-Essigsäure (IES, ein Auxin) Gibberellinsäure (GA3, ein Gibberellin)

Die Induktion der -Amylase-Synthese in Getreidekörnern ist für Gibberellinsäure spezifisch

und kann als äußerst empfindlicher Biotest benutzt werden. Neben Amylasen wird durch die

Sekretion dieses Hormons auch die Synthese von Proteasen und Ribonukleasen induziert. Die

neu synthetisierten Enzyme werden von den Zellen der Aleuronschicht in das tote Endo-

spermgewebe sekretiert (die mRNA wird am „rauen“ ER translatiert und die Enzyme nach

Faltung über den Golgi-Apparat zur Plasmamembran transportiert), um das gespeicherte

Reservematerial zu mobilisieren (s. nächste Abb.).

CH3

O CH2

COOH HO

O

OH

NH

CH2 — COOH

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Woche 8 Entwicklung und Bewegung AG von Schaewen

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Abb. Beispiel: Stärkehydrolyse Mobilisierung von Reservematerial im Endosperm-

gewebe von Getreidekörnern nach Induktion von hydrolytischen Enzymen

(-Amylasen) durch Gibberellinsäure (GA).

Die Abbauprodukte der Reservestoffe werden als Malz bezeichnet. Da Gibberellinsäure also

(indirekt) die Malzbildung induziert, gibt man in der Brauerei heute zusätzlich dieses Hormon

den keimenden Gerstenkörnern zu, um die Malzausbeute zu erhöhen.

Der Nachweis der Induktion der -Amylase-Synthese durch das Pflanzenhormon Gibberellin-

säure in Weizenkörnern basiert auf folgenden Überlegungen:

a) Embryofreie Kornhälften können bei Quellung keine Gibberellinsäure zur Induktion der

-Amylase-Synthese freisetzen. Künstliche Zufuhr von Gibberellinsäure zu solchen Korn-

hälften sollte aber zu einer Induktion der -Amylase-Synthese führen, und zwar genau so

wie dies in embryohaltigen Körnern oder Kornhälften geschieht.

b) Es ist zu beweisen, dass -Amylasen neu synthetisiert werden. Dafür wird ein Kontroll-

ansatz zusätzlich mit einem Proteinsynthese-Inhibitor inkubiert (z.B. Actidion oder Cyclo-

heximid).

Versuchsdurchführung: (der Versuch wird in 2 Teilen durchgeführt)

Der erste Teil, d.h. die Sterilisation, Quellung und Inkubation der Weizenkörner, wird durch

die Betreuer durchgeführt. Sie erhalten für den zweiten Teil, der von Ihnen durchzuführen ist,

die vorbehandelten und eingefrorenen Kornhälften und beginnen mit der Extraktion (S.3

unten).

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Woche 8 Entwicklung und Bewegung AG von Schaewen

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1. Teil: (Durchführung durch die Betreuer)

Für je 4 Arbeitsgruppen werden je 30 Weizenkörner mit einer Rasierklinge auf einer Glas-

platte äquatorial in zwei Hälften zerteilt, so dass man eine embryohaltige und eine embryo-

freie Hälfte erhält.

Jeweils 10 embryohaltige und 30 embryofreie Kornhälften für:

Ansatz 1) 10 embryohaltige Kornhälften

2) 10 embryofreie Kornhälften

3) 10 " "

4) 10 " "

werden in beschriftete 100 ml Bechergläser gefüllt.

Jeder Ansatz wird kurz zur Oberflächensterilisation in 12% Natriumhypochlorid gebadet.

Dann wird die Natriumhypochlorid-Lösung abdekantiert und jeder Ansatz 3mal mit jeweils

ca. 50 ml Aqua bidest. gewaschen. Nach Abdekantieren der letzten Waschwasserportion wird

jeder Ansatz noch mit ca. 20 ml der entsprechenden Inkubationslösung gewaschen:

Ansatz 1) Aqua bidest.

2) Aqua bidest.

3) 10-6

M GA3-Lösung (99 ml Aqua bidest. + 1 ml 10-4

M GA3-Lösung)

4) 10-6

M GA3-Lösung (98 ml Aqua bidest. + 1 ml 10-4

M GA3-Lösung) plus 1 ml

Chx. (Cycloheximid-Lösung, 2 mg/ml)

Dann werden die Ansätze in ca. 50 ml der entsprechenden Inkubationslösung bei 4°C im

Kühlschrank über Nacht gequollen.

Am nächsten Tag wird die Quellungsflüssigkeit von den Kornhälften abdekantiert. Vier PVC-

Petrischalen werden mit 8-lagigem Zellstoff ausgelegt und mit so viel der jeweils frisch

angesetzten Inkubationslösung getränkt, dass die Flüssigkeit gerade noch in den tiefsten

Dellen des Papiers frei steht (das Papier soll also sehr nass, aber nicht überflutet sein). Die 10

Kornhälften von jedem der 4 Ansätze werden dann so in die Petrischalen eingebracht, dass die

Schnittflächen nach oben in die Luft ragen.

Die verschlossenen Petrischalen werden nun bis zum nächsten Tag bei 30°C im Brutschrank

inkubiert und anschließend bei -20°C aufbewahrt.

2. Teil: (Eigene Durchführung - Versuchstag 1)

Extraktion der Kornhälften: (Herstellen des Rohextrakts)

Gruppen 1, 5, 6 und 10 extrahieren Rohextrakt (RE) aus Ansatz 1 (embryohaltige Kornhälften

in Aqua bidest. inkubiert), Gruppen 2 und 7 extrahieren RE aus Ansatz 2 (embryofreie Korn-

hälften in Aqua bidest.), Gruppen 3 und 8 extrahieren RE aus Ansatz 3 (embryofreie Korn-

hälften in GA3-Lösung), Gruppen 4 und 9 extrahieren RE aus Ansatz 4 (embryofreie Korn-

hälften in GA3-Lösung plus Cycloheximid). ACHTUNG: Die RE müssen beim nächsten

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Woche 8 Entwicklung und Bewegung AG von Schaewen

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Versuchsschritt (Amylase-Nachweis) zwischen den Gruppen so ausgetauscht werden,

dass jeder Gruppe alle 4 verschiedenen RE zur Verfügung stehen!

Die 10 Kornhälften eines Ansatzes werden in einem Mörser mit etwas Sand und 6 ml dest.

Wasser zu einem möglichst homogenen Brei zerrieben. Das Mörsern wird mit 3 ml Wasser

begonnen und erst nach weitgehender Zerstörung der Kornstruktur (und Filtrieren, s.u.) mit

weiteren 3 ml Wasser nachgespült. Das Homogenat wird durch 4-fachen Mull filtriert (Mull

auswinden!) und unlösliche Zellbestandteile 10 min lang in der Tischzentrifuge bei max.

Geschwindigkeit abgetrennt. Der Überstand wird als jeweiliger Rohextrakt (RE) bezeichnet

und für die weiteren Untersuchungen verwendet.

Nachweis der Amylasen durch Reaktion im Stärke-Agar: (Versuchstag 1 und 2)

2 stärkehaltige Agarplatten (2% Agar, 1% lösliche Stärke, 0,1% CaCl2 in PVC-Petrischalen)

werden gestellt (bitte mit Gruppennummer und Datum beschriften!). Mit Hilfe einer blauen

Pipettenspitze werden 7 gleichmäßig angeordnete Löcher aus der Agarschicht ausgestanzt und

auf der Rückseite der Petrischale nummeriert. In jedes Loch wird nun der Rohextrakt (bitte

zwischen den Gruppen so austauschen, dass am Ende alle 4 verschiedenen Rohextrakte in

jeder Gruppe vorhanden sind) sowie authentische -Amylase bzw. -Amylase (wird gestellt)

nach dem folgenden Schema pipettiert (Löcher randvoll pipettieren, je ca. 500 µl):

in Loch 1 RE vom Ansatz 1)

2 " " " 2)

3 " " " 3)

4 " " " 4)

5 -Amylase je 1 µl käufliches Enzym (Roche) in 10 ml Wasser

6 -Amylase (= positive Kontrollen), fertig!

7 Aqua bidest. (= negative Kontrolle)

Beide Platten werden nach dem Verdeckeln im Brutschrank bei 30° C inkubiert (bitte sehr

vorsichtig transportieren!). Nun können die im Rohextrakt gelösten Amylasen in die Agar-

schicht hineindiffundieren und die darin gelöste Stärke abbauen. Nach 3 h 30 min (Ende des

Kurstages) und nach 20 Std. (am nächsten Kurstag) wird je eine Platte aus dem Brutschrank

genommen und angefärbt.

Auswertung: (Versuchstag 1 und 2)

Die Agarplatte wird mit ca. 20 ml verdünnter (1:4) Jod-Jod-Kalium (JJK)-Lösung übergossen

und ca. 1 min stehen gelassen. Dann wird die JJK-Lösung in eine Abfallflasche dekantiert, die

Agaroberfläche mit Leitungswasser abgespült und die Platte gegen helles Licht betrachtet und

das Ergebnis dokumentiert (möglichst durch Fotografieren, Digitalkamera mitbringen!). Noch

im Agar verbliebene Stärke wird durch Jod-Einlagerung (Stärkespirale) angefärbt, wobei

nicht gespaltene Stärke dunkelviolett und -Grenzdextrin (Abbauprodukt von -Amylasen)

rosa erscheint. Da Jod sich nur in Stärke bzw. das -Grenzdextrin einlagern kann, erscheinen

Bereiche mit vollständig abgebauter Stärke weiß (Hinweis auf α-Amylase-Aktivität).

Das eingelagerte Jod sublimiert relativ schnell, daher ist es wichtig, dass zeitnah fotografiert

wird oder alle Farbnuancen gleich nach dem Anfärben tabellarisch notiert werden! Dabei soll

auch auf das Ausmaß und die Farbqualität der Entfärbungszonen beurteilt werden.

Erklären Sie Ihre Ergebnisse!

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B. Dosis-Effekt-Kurve der IES-Wirkung auf das Streckungswachstum Hormone kommen in der Pflanze nur in sehr geringen Mengen vor. Für den direkten Nach-weis und vor allem für die quantitative Bestimmung der Phytohormone stehen nur äußerst aufwendige Verfahren zur Verfügung (z.B. radioaktiv markierte Hormone, Radioimmuntest). Zur quantitativen Bestimmung verwendet man aber auch den sog. „Biotest“. Dessen Prinzip besteht darin, dass man an lebenden, auf das Hormon ansprechenden Objekten eine spezi-fische Reaktion misst. Die Stärke der Reaktion wird dann mit einer Eichkurve (Reaktion auf das entsprechende Hormon bei bekannten Konzentrationen) verglichen. Ein solcher Biotest bietet noch eine weitere Untersuchungsmöglichkeit: Man kann damit prüfen, ob synthetisch hergestellte Stoffe die gleiche Reaktion hervorrufen wie das pflanzeneigene Hormon. Für einen Biotest verwendet man solche Pflanzenteile, die auf das zu untersuchende Hormon stark reagieren. Bei den Auxinen (wie z. B. Indolessigsäure) ist das klassische und auch heute noch meist verwendete Objekt die Koleoptile (Keimscheide) von Gräsern (vorwiegend Avena, Hafer) im etiolierten Zustand (d.h. im Dunkeln angezogen). In Koleoptilen wird IES in der Spitze (apikal) produziert, wandert nach unten (basipetal) und löst dadurch in Streckungs-zonen starkes Wachstum aus. Entfernt man die Spitze, wird das übrige Koleoptilgewebe wegen Mangel an eigener IES für von außen zugegebene IES sehr empfindlich. In diesem Versuch wird die Konzentrationsabhängigkeit des Streckungswachstums der Hafer-koleoptilen von exogen zugeführter IES gemessen (Dosis-Effekt-Kurve der IES Wirkung auf das Streckungswachstum). Versuchsdurchführung: In 7 Erlenmeyerkolben sollen sich je 9 ml einer 10

-3, 10

-4, 10

-5, 10

-6, 10

-7, 10

-8 und 0 molaren

IES-Lösung befinden. Dazu wird eine l0-3

molare IES-Lösung folgendermaßen hergestellt: 17,52 mg IES werden in wenigen Tropfen 1 N NaOH gelöst, und ca. 50 – 60 ml Aqua bidest. zugegeben. Die Lösung wird mit 1 N HCI auf einen pH-Wert um 5 eingestellt und dann quantitativ in einen 100 ml Messkolben überführt (d.h. 3mal mit ca. 5 ml Aqua bidest. nach-spülen). Anschließend wird mit Aqua bidest. auf 100 ml aufgefüllt. (Der Vergleichbarkeit halber und aus Gründen der Zeitersparnis wird die 10

-3M IES-Lösung gestellt).

Herstellen der lnkubationsmedien für die Koleoptilen: In einen Erlenmeyerkolben werden 9 ml Aqua bidest. pipettiert (Kontrollansatz ohne IES). Aus der 10

-3 molaren IES-Lösung werden die anderen IES-Lösungen durch Verdünnen in

10er Schritten hergestellt. Dazu werden 10 ml der 10-3

molaren Lösung in einen Erlen-meyerkolben pipettiert. Hiervon wird 1 ml in einen zweiten Erlenmeyer pipettiert und 9 ml Aqua bidest. dazugegeben. Nach gründlichem Durchmischen wird aus dieser 10

-4 molaren

IES-Lösung wieder 1 ml entnommen (usw.). Herstellen der Koleoptilsegmente: Etiolierte Haferkoleoptilen werden aus der Anzuchtschale entnommen (Koleoptile nicht drücken Schädigung!) und das Primärblatt entfernt. Mit einem Schneideapparat werden mehrere Koleoptilen gleichzeitg um 2 mm dekapitiert und 5 mm lange Stücke gewonnen. Diese Koleoptilzylinder werden sofort mithilfe einer Pinzette in die Erlenmeyer mit der IES-Lösung gegeben, d.h. je 15 Segmente pro Lösung. Die Erlenmeyer werden mit Alufolie abgedeckt und für ca. 24 Stunden dunkel gestellt. Es muss darauf geachtet werden, dass alle Koleoptilzylinder in der Lösung schwimmen und nicht am Rand des Gefäßes haften! Danach wird der Versuch vom Vortag ausgewertet: Die Längen der Koleoptilsegmente werden auf Millimeterpapier ausgemessen (auf 0,5 mm genau) und mit den Ausgangswerten verrechnet.

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Statistik:

Aufgrund der Streuung des biologischen Materials und wegen der Fehlermöglichkeiten bei den Messungen werden folgende statistische Rechnungen für die Zuwachslängen (Endlänge der Koleoptilsegmente minus Anfangslänge) durchgeführt.

a) Die Einzelwerte xi der jeweiligen IES-Konz. werden zum Mittelwert (MW) verrechnet:

n ist die Anzahl der gemessenen Werte, hier also n = 10. b) Der Mittelwert sagt jedoch nichts darüber aus, wie stark die Einzelwerte um ihn herum

streuen, z.B.

1. Messreihe: 2. Messreihe:

x1i 19 x2i 10

20 20

21 30

Σ = 60 Σ = 60

MW1 = 20 MW2 = 20

σn-1 = 1 σn-1 = 10

Beide Messreihen ergeben den gleichen Mittelwert, obwohl die erste viel weniger streut als

die zweite. Als Maß für die Streuung nimmt man die Summe der Differenzen zwischen den

einzelnen Messwerten und dem Mittelwert: Σ (xi − MW). Wegen der unterschiedlichen Vor-

zeichen kann diese Summe aber Null ergeben (siehe obiges Beispiel). Daher wird die

Differenz xi − MW vor der Summenbildung quadriert, so dass nur noch positive Werte vor-

kommen. Als Standardabweichung bezeichnet man folgenden Ausdruck:

Ein weiteres Maß für die Streuung ist der “mittlere Fehler des Mittelwertes“ (auch als

Standardabweichung des Mittelwertes σMW bezeichnet)

n

xMW i

1

)( 2

1

n

MWxS i

n

)1(

)( 2

nn

MWx

n

Sm i

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S und m kann man für die einzelnen IES-Konzentrationen mit Hilfe der Statistikfunktion von

Taschenrechnern berechnen und als ± -Wert zum Mittelwert protokollieren. Als graphisches

Maß für die Streuung wird m als senkrechter Strich nach oben (+) und nach unten (-) vom

Mittelwert aus dargestellt. Damit erhält man ein graphisches (qualitatives) Maß für die Frage

nach der Irrtumswahrscheinlichkeit: Ist der Unterschied zwischen zwei Mittelwerten auf

Grund verschiedener Versuchsbedingungen entstanden oder ist der Unterschied rein zufällig?

Eine weitere Möglichkeit die Irrtumswahrscheinlichkeit zwischen zwei Mittelwerten zu

prüfen ist der sogenannte t-Test. Dieser wurde zuerst 1908 von W.S. Gosset beschrieben, der

als Chemiker und Mathematiker in der Qualitätskontrolle der Guinness-Brauerei in Dublin

arbeitete. Gosset durfte seine Ergebnisse nicht unter seinem Namen publizieren. Er benutzte

das Pseudonym "Student". Aus diesem Grund heißt der Test auch Student-t-Test.

Auswertung: Zur Auswertung des Versuches werden die Mittelwerte der Zuwachslängen (mm) in einem Diagramm gegen die entsprechenden IES-Konzentrationen (M) aufgetragen. Für die Mittel-werte der höchsten IES-Konzentration (l0

-3 M) und der Molarität der größten Längenzunahme

werden die Werte von m berechnet und in die Graphik eingetragen. Um zu prüfen, ob der Unterschied zwischen diesen Werten real oder zufallsbedingt ist, wird der t-Test zum Vergleich der beiden Mittelwerte durchgeführt. Dazu werden die entsprechenden Werte der Standardabweichung S und des Mittelwertes MW in die obige Formel eingesetzt. Aus der beiliegenden t-Tabelle wird dann entnommen, welcher Prozentsatz α an Irrtums-wahrscheinlichkeit (Irrtum heißt zufällige Verschiedenheit) dem ermittelten t-Wert entspricht. Die Zahl der Freiheitsgrade f (1. Spalte) legt die Zeile in der Tabelle fest, in der der gefundene t-Wert aufgesucht werden muss (f = n1 + n2 -2). Aus der untersten Zeile der Tabelle kann die entsprechende Irrtumswahrscheinlichkeit α (eventuell durch Extrapolieren zwischen den an-gegebenen Werten) abgelesen werden.

)11

(2

)()(

2121

2

22

2

11

21

nnnn

MWxMWx

MWMWt

ii

)11

(2

)1()1(

2121

2

2

21

2

1

21

nnnn

nSnS

MWMW

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t - VERTEILUNG (Student-t-Test)

f:

1 1,000 2,41 6,31 12,70 31,82 63,70 318,30 637,00

2 0,816 1,60 2,29 4,30 6,97 9,92 22,33 31,60

3 0,765 1,42 2,35 3,18 4,54 5,84 10,22 12,90

4 0,741 1,34 2,13 2,78 3,75 4,60 7,17 8,61

5 0,727 1,30 2,01 2,57 3,37 4,03 5,89 6,86

6 0,718 1,27 1,94 2,45 3,14 3,71 5,21 5,96

7 0,711 1,25 1,89 2,36 3,00 3,50 4,79 5,40

8 0,706 1,24 1,86 2,31 2,90 3,36 4,50 5,04

9 0,703 1,23 1,83 2,26 2,82 3,25 4,30 4,75

10 0,700 1,22 1,81 2,23 2,76 3,17 4,14 4,59

11 0,697 1,21 1,80 2,20 2,72 3,11 4,03 4,44

12 0,695 1,21 1,78 2,18 2,68 3,05 3,93 4,32

13 0,694 1,20 1,77 2,16 2,65 3,01 3,85 4,22

14 0,692 1,20 1,76 2,14 2,62 2,98 3,79 4,14

15 0,691 1,20 1,75 2,13 2,60 2,95 3,73 4,07

16 0,690 1,19 1,75 2,12 2,58 2,92 3,69 4,01

17 0,689 1,19 1,74 2,11 2,57 2,90 3,65 3,96

18 0,688 1,19 1,73 2,10 2,55 2,88 3,61 3,92

19 0,688 1,19 1,73 2,09 2,54 2,86 3,58 3,88

20 0,687 1,18 1,73 2,09 2,53 2,85 3,55 3,85

21 0,686 1,18 1,72 2,08 2,52 2,83 3,53 3,82

22 0,686 1,18 1,72 2,07 2,21 2,82 3,51 3,79

23 0,685 1,18 1,71 2,07 2,50 2,81 3,49 3,77

24 0,685 1,18 1,71 2,06 2,49 2,80 3,47 3,74

25 0,684 1,18 1,71 2,06 2,49 2,79 3,45 3,72

26 0,684 1,18 1,71 2,06 2,48 2,78 3,44 3,71

27 0,684 1,18 1,71 2,05 2,47 2,77 3,42 3,69

28 0,683 1,17 1,70 2,05 2,47 2,76 3,41 3,67

29 0,683 1,17 1,70 2,05 2,46 2,76 3,40 3,66

30 0,683 1,17 1,70 2,04 2,46 2,75 3,39 3,65

40 0,681 1,17 1,68 2,02 2,42 2,70 3,31 3,55

60 0,679 1,16 1,67 2,00 2,39 2,66 3,23 3,46

120 0,677 1,16 1,66 1,98 2,36 2,62 3,17 3,37

121 0,674 1,15 1,64 1,96 2,33 2,58 3,09 3,29

α: 50 25 10 5 2 1 0,2 0,1

α = Irrtumswahrscheinlichkeit für zweiseitige Fragestellung (in %)

f = Freiheitsgrad der t-Verteilung, f = n1 + n2 - 2

alternativ: http://medweb.uni-muenster.de/institute/imib/lehre/skripte/biomathe/uttest.html

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Woche 8 Entwicklung und Bewegung AG von Schaewen

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C. Kinetik der gravitropen Reaktion von Koleoptilen

Pflanzen reagieren auf exogene physikalische Reize (wie z. B. Licht, Schwerkraft, mechani-

sche Reize). Im folgenden Versuch soll die Reaktion von Hafer-Koleoptilen auf den Schwer-

kraftreiz untersucht werden, was als Gravitropismus bezeichnet wird. Wenn Pflanzen mit

einer Bewegung reagieren, die sich an der Richtung des Reizes orientiert, spricht man von

"Tropismus" (bei einer ungerichteten Reaktion dagegen von "Nastie"). Viele Pflanzenorgane

orientieren ihre Wachstumsrichtung auf der Erde an der Schwerkraft: Sprosse wachsen

entgegen der Schwerkraftrichtung (negativ gravitrop), Wurzeln in Schwerkraftrichtung

(positiv gravitrop) und Seitentriebe in einem bestimmten Winkel (plagiotrop). Zu den negativ

gravitrop reagierende Organen gehören die Koleoptilen (= Keimscheiden) von Gräsern. Diese

Reaktion erscheint sinnvoll für die Funktion einer Koleoptile, da sie das Primärblatt schützt

und ans Licht bringen soll. (Warum ist das nötig? Welche weiteren Anpassungen für diese

Aufgabe besitzt die Koleoptile?).

In diesem Versuch soll die gravitrope Reaktion der Hafer-Koleoptile über 110 Minuten mit

einer Videokamera verfolgt und anschließend mit Hilfe eines Bildverarbeitungsprogramms

ausgewertet werden (Kinetik der gravitropen Reaktion).

Durchführung:

Vier gerade gewachsene Hafer-Koleoptilen werden vorsichtig geerntet und vom Primärblatt

befreit (vom Betreuer zeigen lassen). Die Koleoptilen (in ca. 1-2 cm Länge, nicht zu lang -

sonst sacken sie ab!) werden mit ihren hohlen Schäften auf eine Reihe von Nadeln gesteckt

und vorsichtig in den Agar (1,5%) gedrückt, damit die Schnittfläche nicht austrocknet.

Danach werden die Koleoptilen in eine durchsichtige, feuchte Kammer gestellt, in der sie über

mehrere Stunden wachstumsfähig bleiben.

Zur Bilderfassung werden Videokamera und Computer eingeschaltet und das „Adoculus“-

Programm mit der „Grab“-Funktion für Bild 0 aufgerufen. Durch Aufstellen der Kammer

werden die Koleoptilen zum Zeitpunkt t = 0 min von der Vertikallage in die Horizontallage

gebracht und damit einem gravitropen Reiz ausgesetzt (Reizwinkel = 90°). Optimale Schärfe

und Reflexfreiheit des Videobildes können am Objektiv und durch Ausrichten der Kammer

sichergestellt werden.

Der Anfangszustand der vier Koleoptilen wird durch die Funktion "Übernehmen" als Bild t=0

min abgespeichert (Sicherheitsmaßnahme, falls der Computer zwischendurch abstürzen

sollte). Erst mit der nächsten Funktion (Umwandlung: Farbbild Graubild) können die

Bilder zur Auswertung verwendet werden. Danach wird der „Grabber“ für Bild 2 ein-

geschaltet und nach t=30' als Farbbild (Bild 2) abgespeichert und in ein Graubild (Bild 3) um-

gewandelt. Entsprechend verfährt man zu den anderen Zeitpunkten (t=60', 90' u. event. 110').

Auswertung:

Die Auswertung erfolgt durch Addition des Anfangsbildes (t = 0') mit den späteren Bildern.

Die Überlagerung von 2 Bildern wird durch die Funktion "Addieren" erreicht und das Abspei-

chern von 2 überlagerten Bildern erfolgt in den Bildern 10, 11, 12, und 13. Das entsprechende

Bild wird auf den Bildschirm gebracht und über die Funktion "Messen" wird durch Ein-

zeichnen von 2 Geraden mit der Maus, über die Tangens-Funktion der Krümmungswinkel für

jede Koleoptile erfasst.

Der Beginn der Linien 1 und 2 soll an der Agarosegrenze beginnen, damit die zu

unterschiedlichen Zeiten gemessenen Winkel vergleichbar sind! Von hier aus wird die erste

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Woche 8 Entwicklung und Bewegung AG von Schaewen

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Linie durch die Spitze der Koleoptile t = 0' gelegt und darüber hinaus verlängert. Die zweite

Gerade beginnt am gleichen Punkt wie die erste und geht durch die Spitze der zu messenden

Koleoptile (z.B. t = 90').

Die Koordinaten der beiden Strecken werden festgehalten, wobei Richtung und Reihenfolge

der beiden Strecken beachtet werden müssen (die Länge der Strecken ist dagegen belanglos).

Die „Adoculus“-Koordinaten für jede Koleoptile werden folgendermaßen festgehalten. Dabei

sollte der Ursprungspunkt (betr. X-Werte!) für alle Geraden möglichst gleich sein (Kursor!):

Koleoptile #1 X 1 Y 1 X 2 Y 2

Strecke t = 0’

Strecke t = 30’

Strecke t = 60’

Strecke t = 90’

Strecke t = 110’ Wer es schafft!

Aus den Absolutwerten der Koordinatenangaben von 2 Strecken ergibt sich der Krümmungs-

winkel in Grad dann nach folgender Formel:

|Y1| - |Y2| |Y1| - |Y2|

°Krümmung = arc tan minus arc tan

|X1| - |X2| (Strecke t = X’) |X1| - |X2| (Strecke t = 0’)

DARSTELLUNG - Kinetik der gravitropen Reaktion: Für alle 4 Koleoptilen werden die

Krümmungswinkel zunächst getrennt aufgeführt (bitte Tabelle erstellen!) und die ermittelten

Werte gegen die Zeit graphisch für jede Koleoptile zunächst EINZELN dargestellt. Des

Weiteren bitte einen EXTRA Graphen aus den Mittelwerten pro Zeitpunkt ± Standard-

abweichung erstellen und ebenfalls eintragen (Funktion in Excel unter: Fehlerindikator Y).

Gerade t = 0 min(Anfangsbild)

Gerade t = x min(Bild nach versch. Zeiten)

Krümmungs-

winkel

[X1/Y1] =

Ursprungs-

punkt

[X2/Y2] x min

[X2/Y2] 0 min

Agar

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Woche 09 Molekularbiologie I AG Kudla/Weinl

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Plasmidisolierung, Restriktion & Transformation

Theorie

Der heutige Versuchstag des Praktikums beschäftigen sich mit den grundlegenden Methoden

der Molekulargenetik, die heute in praktisch allen Bereichen der Biologie eingesetzt werden.

Heute werden Sie Plasmid-DNA aus Bakterien isolieren, reinigen und zur Kontrolle einen

Restriktionsverdau durchführen. Sie werden kompetente Bakterien mit dem gereinigten

Plasmid transformieren und werden den Transformationserfolg auf selektiven Medien

überprüfen.

Plasmide

Plasmide sind extra-chromosomale, in der Regel ringförmige (zirkuläre) doppelsträngige

DNA-Moleküle, die in vielen Mikroorganismen häufig auch natürlich vorkommen. Sie

besitzen Größen zwischen 2 und 200kb und dienen vielfältigen biologischen Funktionen.

Die in der Molekulargenetik verwendeten Plasmide (auch als Vektoren bezeichnet, da sie zur

Übertragung zu klonierender Gene in Bakterien dienen) stammen nur von einer kleinen Zahl

bakterieller Plasmide ab, die über gezielte DNA-Rekombination für die verschiedenen

Anwendungen optimiert wurden. Alle diese Plasmide (i.d.R. 2 – 15kb) tragen ein Gen für eine

Antibiotika-Resistenz, damit Plasmid-haltige, transgene Bakterien im Gegensatz zu Plasmid-

losen Wildtyp-Bakterien auf Antibiotika-haltigem Selektionsmedium wachsen können.

Daneben enthalten alle Plasmide einen Replikationsursprung (ORI: „origin of replication“),

der sie zu autonomer Replikation im Bakterium befähigt. Der ORI entscheidet über die

Kopienzahl des Plasmids pro Bakterienzelle (und damit über die Plasmidausbeute pro

Milliliter Kulturmedium): man unterscheidet low-copy-Plasmide (<20 Kopien je Zelle) und

high-copy-Plasmide (>20 Kopien je Zelle). Viele moderne Labor-Plasmide enthalten den

ColE1-Origin, der zu einer Kopienzahl von mehreren hundert Plasmiden pro Bakterienzelle

führt. Zur Aufnahme zu klonierender Gene tragen die Laborplasmide meist einen Polylinker

(multiple cloning site, mcs) – eine kurze synthetische DNA-Sequenz, die aneinandergereiht

Erkennungssequenzen zahlreicher gängiger und seltener Restriktionsenzyme enthält. Der

Polylinker wird häufig auf beiden Seiten flankiert von unterschiedlichen Promotoren (z.B. den

Promotoren T3 und T7, die von den RNA-Polymerasen des T3- bzw. T7-Phagen spezifisch

erkannt werden), so dass das klonierte Gen unabhängig von seiner Orientierung transkribiert

werden kann. Gängige Plasmide sind pBR322 (15-20 Kopien), pUC (500-700 Kopien),

pBluescript (300-500 Kopien) und pGEM (300-400 Kopien).

E. coli

Escherichia coli ist ein meist harmloses, Gram-negatives Darmbakterium. Praktisch alle im

Labor verwendeten E.-coli-Stämme gehen auf den Sicherheitsstamm K-12 zurück. Von K-12

abgeleitete Stämme, die sich gut für die Klonierung von Plasmiden eignen, sind z.B. DH1,

DH5 und XL1-Blue. Besonders häufig verwendet wird der Stamm XL1-Blue, der zwar etwas

langsamer wächst, aber den Vorteil hat, rekombinationsdefizient (recA-) zu sein, so dass

unerwünschte Rekombinationen der DNA, die sonst vorkommen könnten, nicht auftreten.

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Woche 09 Molekularbiologie I AG Kudla/Weinl

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E. coli ist ein sehr genügsames Bakterium, das in einem flüssigen oder auf einem festen

Minimalmedium aus Glukose (C- und Energiequelle) und einigen Salzen (u.a. N-Quelle)

wachsen kann. Um ein schnelleres Wachstum zu erreichen, verwendet man jedoch meist ein

komplexeres Medium, z.B. LB (Luria-Bertani, mit Hefeextrakt, Bactotrypton und NaCl) oder

TB (terrific broth). Transgene Bakterien enthalten in der Regel ein Plasmid, das neben dem zu

klonierenden Gen als Marker ein Gen für eine Antibiotika-Resistenz trägt. In diesem Fall

werden die Bakterien in oder auf einem Antibiotika-haltigen Medium angezogen, so dass nur

transgene Bakterien, nicht aber Bakterien des Wildtyps wachsen können. Viele Antibiotika,

z.B. das häufig verwendete Ampicillin, sind temperaturempfindlich, so dass sie dem Medium

erst nach dem Autoklavieren und Abkühlen zugesetzt werden dürfen.

Um ein gutes und gleichmäßiges Wachstum zu erzielen, werden die Bakterien, ausgehend von

einer einzelnen Kolonie auf einer Agarplatte, zunächst in einer Vorkultur in flüssigem

Medium über Nacht vermehrt (ÜN-Kultur), bevor die eigentliche Hauptkultur in der

gewünschten Menge an Flüssigmedium aus dieser Vorkultur angeimpft wird. Je nach

Plasmidbedarf und dementsprechendem Volumen der Kultur unterscheidet man zwischen

Mini-Präp(aration) (2-10 ml), Midi-Präp (25-100 ml) und Maxi-Präp (>100 ml).

Plasmid-Isolierung und Reinigung

Für viele molekulargenetische Arbeiten ist die Qualität der eingesetzten DNA (oder RNA)

von entscheidender Wichtigkeit. Konzentration auf sorgfältiges und sauberes Arbeiten bei der

Isolierung und Reinigung der Nukleinsäuren ist daher nicht nur besonders wichtig, sondern

erspart häufig auch viel Frustration bei den folgenden Arbeitsschritten. Insbesondere ist auf

die Vermeidung von Kontaminationen durch DNAsen (bzw. RNAsen) zu achten.

Der erste Schritt der Plasmidisolierung ist das Aufbrechen der Bakterienzellen. Dies geschieht

meist über eine alkalische Lyse. Für die alkalische Lyse, die auch den meisten kommerziell

erhältlichen Kits zur Plasmidisolation zugrunde liegt, werden die Bakterien pelletiert und

nach Entfernen des Mediums in EDTA-haltigem Puffer resuspendiert. Das EDTA

komplexiert die zweiwertigen Kationen (Ca2+

, Mg2+

, andere Schwermetalle) aus der

bakteriellen Zellwand und destabilisiert diese. Daneben enthält der Puffer RNAsen, um

unerwünschte RNA Moleküle abzubauen. Die anschließende Inkubation in SDS (Natrium-

Dodecylsulfat) und NaOH denaturiert die Zellmembran und macht die DNA des Bakteriums

zugänglich. NaOH denaturiert die in der Bakterienzelle vorhandene DNA und Proteine. Eine

vollständige Lyse und Denaturierung ist entscheidend für die Quantität und die Qualität der

isolierten Plasmid-DNA. Anschließend wird die alkalische Lyse durch den Zusatz von saurem

Kaliumacetat-Puffer gestoppt. Hierbei bilden sich Komplexe aus unlöslichem Kalium-

Dodecylsulfat und den denaturierten Proteinen aus den Bakterienzellen. Die chromosomale

DNA bleibt mit den Proteinkomplexen assoziiert und ist schwerer als die Plasmid-DNA und

kann zusammen mit den Zelltrümmern (Debris) abzentrifugiert werden. Die kleineren

Plasmide renaturieren unter den neutralen Bedingungen und bleiben im Überstand.

Die Plasmide können aus den Überstand der alkalischen Lyse durch Zugabe von eiskaltem

Ethanol oder Isopropanol gefällt und anschließend abzentrifugiert werden. DNA ist in der

Gegenwart monovalenter Kationen in Ethanol unlöslich. Zunächst wird der Plasmid-haltigen

Lösung Natriumacetat, anschließend 100%iger Ethanol (2,5 – 3 faches Volumen) zugesetzt.

Die Fällung erfolgt dann meist bei 4°C, um die Ausbeute zu verbessern. Anschließend wird

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die präzipitierte DNA durch Zentrifugation aus der Lösung abgetrennt. Je nach

Verwendungszweck müssen die Plasmide jedoch noch weiter aufgereinigt bzw. entsalzt

werden. Der letzte Schritt der Plasmidisolierung ist daher die Reinigung der DNA durch

Waschen mit 70%igem Ethanol. Das noch mitgefällte Salz löst sich im Wasseranteil der

Waschlösung und wird nach Zentrifugation verworfen. Die Waschschritte werden in der

Regel 1 – 2 Mal wiederholt und das verbleibende DNA-Pellet vorsichtig getrocknet und

anschließend in Wasser oder Puffer aufgenommen und bei -20°C gelagert.

Quantität und Qualität der erhaltenen Plasmid-DNA können photometrisch bestimmt werden.

Die aromatischen Ringe der Basen in den Nukleinsäuren absorbieren UV-Licht bei 260nm:

eine Lösung von 50µg/ml doppelsträngiger DNA (dsDNA) ergibt (bei einer Schichtdicke von

1cm) eine optische Dichte (OD) von 1 (einzelsträngige ssDNA: 40µg/ml, ssRNA: 33µg/ml).

Zur Überprüfung der Reinheit der Plasmid-DNA misst man meist noch die Absorption bei

280nm (Absorptionsmaximum der aromatischen Aminosäuren in Proteinen): reine DNA hat

einen OD260/OD280-Wert von 1,8 (reine RNA einen von 2,0). Verunreinigungen der

Nukleinsäuren mit Proteinen führen zu signifikant niedrigeren Werten.

Restriktionsenzyme

Restriktionsenzyme sind Endonukleasen, die bestimmte Basensequenzen in einer

doppelsträngigen DNA erkennen und beide Stränge in einer spezifischen Weise öffnen, indem

sie Phopshodiesterbindungen des Zucker/Phosphat-Rückgrats der DNA hydrolysieren.

Restriktionsenzyme sind ursprünglich Teil der bakteriellen Abwehr: sie dienen der

Vernichtung von aufgenommener Fremd-DNA (z.B. eingedrungener Phagen-DNA). Eigene

DNA wird bei der Synthese durch spezifische Modifikationen (Methylierung von Adenin

oder Cytosin) an den betreffenden Restriktionsschnittstellen vor dem Abbau durch die

eigenen Restriktionsenzyme geschützt.

In der Molekulargenetik werden Restriktionsenzyme heute aus zahlreichen Bakterien

verwendet (z.B. EcoRI aus Escherichia coli; BamHI aus Bacillus amyloliquefaciens), die sich

in der jeweiligen spezifischen Erkennungssequenz unterscheiden (dabei werden nur so

genannte Typ-II-Restriktionsenzyme eingesetzt, die im Gegensatz zu Typ-I- und Typ-III-

Restriktionsenzymen keine eigene Methylierungsaktivität aufweisen und die innerhalb (oder

selten in der unmittelbaren Nachbarschaft) ihrer Erkennungssequenz schneiden). Die

gängigsten Restriktionsenzyme erkennen meist eine palindromische Nukleotidsequenz aus 4 –

8 Basen.

Von großer Bedeutung für die Molekulargenetik ist die Tatsache, dass einige

Restriktionsenzyme einen glatten Schnitt durch beide Stränge der DNA setzen und somit

Fragmente mit stumpfen Enden (blunt ends) liefern, während andere Restriktionsenzyme

einen versetzten Schnitt durch den Doppelstrang führen, so dass Fragmente mit überstehenden

5'- oder 3'-Enden (sticky ends) entstehen. Diese überstehenden Enden sind besonders

vorteilhaft, da mit ihrer Hilfe die Ligation von DNA-Fragmenten wesentlich erleichtert wird.

Wird z.B. ein Gen mit Hilfe eines bestimmten Restriktionsenzyms aus dem Genom

ausgeschnitten (dafür müssen auf der DNA in nicht zu großer Entfernung vor (upstream) und

hinter (downstream) dem Gen die entsprechenden Erkennungssequenzen liegen, während im

Gen diese Erkennungssequenz nicht vorkommen darf), so kann dieses Restriktionsfragment

dann relativ leicht in einen Vektor eingebracht werden, der mit dem gleichen

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Restriktionsenzym geschnitten wurde (dafür muss der Vektor die entsprechende

Erkennungssequenz im Polylinker enthalten, jedoch an keiner anderen Stelle). Beide DNA-

Moleküle, das Restriktionsfragment, welches das Gen enthält und der linearisierte Vektor

weisen jetzt die gleichen und aufgrund des palindromischen Charakters der

Erkennungssequenz komplementäre überstehende Enden auf. Diese können hybridisieren und

somit ein wiederum zirkuläres Plasmid aus der ursprünglichen Vektorsequenz und dem zu

klonierenden Gen bilden. Der so bereits stabilisierte Ring wird dann abschließend durch die

Aktivität einer Ligase, die die verbleibenden, versetzten Einzelstrangbrüche durch Knüpfen

von Phosphodiesterbindungen verbindet, fertig gestellt (rekombinante DNA). Die Ligation

zweier Fragmente mit glatten Enden ist weit schwieriger, da es keine stabilisierenden

Hybridisierungsmöglichkeiten zwischen den beiden zu verbindenden DNA-Molekülen gibt.

Um diesen Effekt zu kompensieren, werden Ligationen von Fragmenten mit glatten Enden bei

einer Temperatur von 15°C durchgeführt. Hierbei ist die thermische Bewegungsenergie der

Enden wesentlich geringer und die Effizienz der Ligation wird deutlich erhöht.

Die Klonierung unter zu Hilfenahme nur eines Restriktionsenzyms hat aber auch bei

überhängenden Enden den Nachteil, dass das zu klonierende Gen in zwei verschiedenen

Orientierungen in den Vektor ligiert werden kann. Dieses Problem kann durch den Einsatz

von zwei verschiedenen Restriktionsenzymen umgangen werden, die unterschiedliche

überstehende Enden erzeugen (in diesem Fall muss das eine Restriktionsenzym vor dem Gen,

das andere hinter dem Gen schneiden, und die Erkennungssequenzen für beide

Restriktionsenzyme müssen im Polylinker vorhanden sein). Problematisch kann bei diesem

Vorgehen die Tatsache sein, dass verschiedene Restriktionsenzyme unterschiedliche

Bedingungen für die optimale Aktivität benötigen: z.B. Puffersubstanz (meist Tris), Salze

(meist MgCl2, NaCl oder KCl), pH-Wert (meist pH 7,5-8), Temperatur (meist 37°C). Die

Aktivität der Restriktionsenzyme unter den jeweiligen Bedingungen wird in Einheiten (Units)

angegeben: 1 Unit spaltet 1 µg DNA (als Standard wird DNA des Bakteriophagen Lambda

verwendet) in 1 Stunde vollständig.

Agarose-Gelelektrophorese

Um verschiedenen, bei einem Restriktionsverdau entstehenden, DNA-Fragmente voneinander

trennen zu können nutzt man die chemischen Eigenschaften der DNA aus: alle DNA-

Moleküle tragen aufgrund ihres Zucker/Phosphat-Rückgrats zahlreiche negative Ladungen,

wobei die Ladungsdichte aller DNA-Moleküle ist gleich. Demzufolge ist die

elektrophoretische Mobilität, also die Wanderungsgeschwindigkeit in einem elektrischen

Feld, für alle DNA-Moleküle in freier Lösung gleich groß. Findet die Elektrophorese dagegen

in einer festen Matrix statt, so werden die DNA-Moleküle je nach ihrer Größe unterschiedlich

stark zurückgehalten: kleine DNA-Fragmente wandern schneller durch die Matrix als große

DNA-Fragmente. Entscheidend ist, dass zwei gleich große DNA-Fragmente, unabhängig von

ihrer Nukleotidsequenz, aufgrund ihrer gleichen Ladungsdichte gleich schnell wandern (Kraft

= Masse x Beschleunigung). Natürlich hängt die Wanderungsgeschwindigkeit aller DNA-

Fragmente neben der Konzentration der Matrix und damit der Porengröße zusätzlich von der

angelegten Spannung, der Art des Laufpuffers (i.d.R. Tris/Acetat, TAE) und gegebenenfalls

der Anwesenheit weiterer Substanzen (z.B. Ethidiumbromid, Salz) ab.

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Woche 09 Molekularbiologie I AG Kudla/Weinl

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Je nach Größe der zu trennenden DNA-Fragmente wählt man als Matrix Agarose (relativ

große Poren, daher für relativ große DNA-Fragmente geeignet) oder Polyacrylamid (relativ

kleine Poren, daher besonders für relativ kleine DNA-Fragmente geeignet).

Polyacrylamidgele eignen sich nur für die Trennung von DNA-Fragmenten mit Größen

zwischen etwa 5 und 1.000 Basenpaaren. Die Trennschärfe solcher Gele ist bei

entsprechender Gellänge allerdings enorm, so dass Fragmente, deren Länge sich nur um ein

Basenpaar unterscheidet, aufgetrennt werden können. Agarose-Konzentrationen von 0,5 bis

2,0% (Gewichtsprozent, weight/volume, w/v) ergeben Gele, die für die Auftrennung von

linearen DNA-Fragmenten mit Längen von 60 kb bis hinunter zu etwa 100 bp geeignet sind.

Während lineare DNA-Fragmente im Agarose-Gel nur aufgrund ihrer Größe getrennt werden,

ist die Situation für zirkuläre Plasmide komplizierter. Zirkuläre Plasmide weisen in der Regel

verschiedene Konformationen auf: sie liegen sowohl als offenes zirkuläres Molekül vor,

weisen aber auch verschiedene Grade der Überdrehung (Superhelix, super coil) auf. Die

kompakte superhelikale Form eines zirkulären Plasmids wandert schneller als das gleich

große linearisierte Plasmid. Die sperrige offene Form des zirkulären Plasmids (ohne

Superhelix) dagegen wandert hingegen deutliche langsamer als die beiden anderen Formen.

Ist ein Restriktionsverdau unvollständig, so sind die verschiedenen Konformationen des

Plasmids im Agarosegel nachweis- und unterscheidbar. Diese Tatsache kann man nutzen, um

mittels Gelelektrophorese den Erfolg einer Linearisierung zu überprüfen. Superhelikale

Konformationen von Plasmiden sind für Restiktionsenzyme auf Grund der Spiralisierung nur

schwer zugänglich und werden deshalb schlechter geschnitten und sind oft im Gel noch

sichtbar.

Zur Beladung eines Agarosegels werden die DNA-Proben in einem Ladepuffer, der aus einem

TE-Puffer, Glycerin und Bromphenolblau besteht aufgenommen. Durch das Glycerin wird die

Dichte des Puffer-DNA-Gemischs soweit erhöht, dass die Lösung sicherer in die

Probentasche des Gels geladen werden kann. Bromphenolblau dient als farbigen Marker, der

etwa gleich schnell wie ein 300bp großes DNA-Fragment wandert und so der Fortschritt der

Elektrophorese visuell nachverfolgt werden kann und der Gellauf rechtzeitig beendet werden

kann. Parallel mit den aufzutrennenden Proben wird immer einen Längenstandard (Marker)

auf das Gel aufgetragen, der Fragmente mit genau definierten Größen enthält. Relativ zu

diesem Marker lässt sich dann die Größe der getrennten DNA-Fragmente leicht bestimmen.

Gebräuchliche Marker sind die 100bp-Leiter, die 1kb-Leiter, die Banden in 100bp- bzw.

1000bp-Schritten enthalten.

Nach Abschluss der Gelelektrophorese müssen die DNA-Fragmente zur Längenauswertung

sichtbar gemacht werden. Dies gelingt mit Ethidiumbromid (3,8-Diamino-5-ethyl-6-phenyl-

phenanthridiniumbromid), das aufgrund seiner planaren Struktur in die DNA-Helix

interkalieren, sich also zwischen die Basen der DNA schieben kann. Der interkalierte

Farbstoff fluoresziert in Verbindung mit der DNA bei einer Wellenlänge von 590nm, wenn er

mit UV-Licht (254 – 366nm) angeregt wird. Beim Umgang mit Ethidiumbromid ist deshalb

Vorsicht geboten: zum einen ist Ethidiumbromid aufgrund seiner interkalierenden

Eigenschaften ein potentielles Mutagen, zum anderen kann das zur Detektion verwendete

UV-Licht bei ungeschützten Augen schnell eine äußerst schmerzhafte Bindehautentzündung

(Schneeblindheit) verursachen.

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Ethidiumbromid wird meist bereits in das Agarose-Gel einpolymerisiert, kann das Gel nach

der Elektrophorese in einem Ethidiumbromidbad gefärbt werden. Mit Ethidiumbromid lassen

sich auf dem UV-Leuchttisch (Transilluminator) etwa 10 – 20ng dsDNA in einer Bande

nachweisen.

Transformation von Bakterien

Als Transformation bezeichnet die Veränderung des Genotyps einer Zelle durch die

Aufnahme fremder, nackter DNA aus der Umgebung. Transduktion bezeichnet die

Übertragung der DNA (oder RNA) eines Phagen oder Virus in eine prokaryontische oder

eukaryontische Zelle (also eine Form der Infektion); Konjugation ist die direkte Übertragung

der Kopie eines Teils der DNA einer Bakterienzelle in eine andere. Viele Bakterien besitzen

einen solchen spezifischen Aufnahmemechanismus für DNA aus der Umgebung, wobei sie

ihr Restriktionsenzym-basiertes „Immunsystem“ vor artfremder DNA schützt.

Das im Labor vielfach eingesetzte Bakterium E. coli verfügt jedoch natürlicherweise nicht

über einen solchen Mechanismus, so dass diese Bakterien zunächst für die Transformation mit

fremder DNA vorbereitent, d.h. kompetent gemacht werden müssen. Dies geschieht in einem

empirisch optimierten Prozess, der die Inkubation der Bakterien in einer Ca2+

-Lösung,

wiederholte Inkubation auf Eis und Zentrifugationsschritte beinhaltet. Kompetente E.-coli-

Zellen können dann bei -80°C tiefgefroren werden und behalten ihre Kompetenz auch nach

dem Auftauen für eine gewisse Zeit bei. Die eigentliche Transformation der Bakterien kann

dann nach verschiedenen Verfahren erfolgen, besonders einfach ist die Calciumchlorid-

Methode, besonders effizient die Elektroporation. Bei der Calciumchlorid-Methode wird die

DNA mit CaCl2 auf der Oberfläche der kompetenten Bakterienzellen präzipitiert. Von hier

gelangt die DNA entweder direkt durch die Membran, deren Integrität durch die

Calciumchloridkristalle gestört wird, oder durch Endocytose ins Innere der Zelle. Bei der

Elektroporation werden die kompetenten Bakterienzellen in einer DNA-Lösung in ein

elektrisches Feld gebracht und kurzen Pulsen hoher Feldstärke ausgesetzt. Dabei werden

kurzzeitig Poren in der Zellmembran erzeugt zu werden, durch die Makromoleküle und selbst

ganze Plasmide in die Zelle gelangen können. Nach der Transformation, also der Aufnahme

der Plasmid-DNA, benötigen die jetzt transgenen Zellen zunächst eine Erholungsphase in

flüssigen Kulturmedium, bevor sie in Antibiotika-haltige Selektionsmedien umgesetzt werden

können. In dieser Erholungszeit kommt es zur Expression des auf dem Plasmid befindlichen

Antibiotika-Resistenzgens, welches die transgenen Zellen (und nur diese) in die Lage versetzt,

auf dem Antibiotika-haltigen Selektionsmedium zu wachsen.

Für die Selektion von E.coli wird oft das Antibiotika Ampicillin eingesetzt. Ampicillin gehört

zur Klasse der β-Lactam-Antibiotika und hemmt in den Bakterien das Enzym Alanin-

Transpeptidase dass bei der Zellteilung und der damit verbundenen Zellwandneusynthese

beteiligt ist. Weitere wichtige Antibiotika in der Molekularbiologie sind Kanamycin und

Tetracyclin welche die bakterielle Proteinbiosynthese durch Blockierung der ribosomalen 30S

Untereinheit hemmen.

Blau/Weiß-Selektion von Transformanden

Antibiotika-haltige Medien erlauben zwar die Selektion der wenigen transformierten,

Plasmid-haltigen Zellen aus der Vielzahl der untransformierten Wildtyp-Bakterien. Sie

erlauben allerdings nicht die Unterscheidung von transformierte Bakterien, die das Plasmid

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mit dem zu klonierenden Gen (Insert) enthalten, von solchen transformierten Bakterien, die

lediglich das Plasmid ohne Insert tragen (bei der Ligation kann sich, wenn mit nur einem

Restriktionsenzym gearbeitet wurde, das linearisierte Plasmid auch wieder zum Ring

schließen, ohne dass das zu klonierende Gen eingebaut wurde). Diese Unterscheidung wird

durch die Verwendung des Plasmids pBluescript (pKS) oder verwandter Vektoren ermöglicht.

Solche Vektoren, die eine so genannte Blau/Weiß-Selektion erlauben, enthalten neben dem

Antibiotika-Resistenzgen noch den 5‘-Teil des lacZ-Markergens (α-Fragment), das für das N-

terminale Fragment der β-Galaktosidase codiert. Der C-terminale Bereich des lacZ-Gens (ω-

Fragment) wird hingegen im Genom der verwendeten E.coli Zellen kodiert. Beide lacZ-

Genfragmente stehen unter der Kontrolle eines induzierbaren Promotors, der nur in

Gegenwart der Induktormolekülen Lactose oder IPTG (Isopropylthiogalaktosid, einem

Lactose-Analogon), aktiviert wird. Im Gegensatz zu Lactose kann IPTG jedoch von den

Bakterien nicht abgebaut werden und aktiviert die Genexpression der lacZ-Gen-Fragmente

dauerhaft. Hat das Bakterium nun bei der Transformation ein Plasmid das für das α-Fragment

kodiert aufgenommen so werden auf IPTG-haltigem Medium beide lacZ-Gen-Fragmente

aktiviert, und die beiden Proteinuntereinheiten α und ω der β-Galaktosidase werden gebildet

und rekonstituieren zu einem funktionellen Protein. Enthält das Medium darüber hinaus das

farblose, aber chromogene X-Gal (Substrat 5-Bromo-4-chloro-3-indolyl-β-D-Galaktosid), so

wird die chromophore Gruppe von der β-Galaktosidase vom Rest abgespalten und bildet unter

Sauerstoffeinwirkung einen chromophores Dimer: Kolonien eines entsprechenden E.-coli-

Klons färben sich blau.

In pBluescript Plasmiden ist die „multiple cloning site“ kurz hinter dem Startcodon ATG des

lacZ-Gen-Fragments eingefügt worden so dass dennoch eine funktionsfähiges β-

Galaktosidase-Fragment gebildet werden kann (der Polylinker ist so konstruiert, dass er das

Leseraster des Gens nicht verschiebt; es werden nur einige zusätzliche, in der ursprünglichen

β-Galaktosidase nicht vorhandene Aminosäuren eingebaut, die aber die Tertiätstruktur des

Proteins und damit die Aktivität des Enzyms nicht wesentlich beeinflussen). Trägt der Vektor

jedoch ein Insert, ist also ein DNA-Fragment in den Poylinker ligiert worden, so unterbricht

dieses Insert in den meisten Fällen das lacZ-Gen und es wird keine aktive β-Galaktosidase

mehr gebildet (z.B. durch Verschieben des Leserasters, durch Einfügen eines Stoppcodons

oder durch Veränderung der Tertiärstruktur des gebildeten Fusionsproteins). E.-coli-Klone

mit Insert-haltigem Plasmid erscheinen daher auf der IPTG/X-Gal-Platte weiß. Das lacZ-Gen

ist eigentlich Teil des Laktose-Operons von E. coli. Für das Blau/Weiß-Screening dürfen

daher nur E.-coli-Stämme verwendet werden, die kein endogenes Laktose-Operon mehr

tragen.

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Woche 09 Molekularbiologie I AG Kudla/Weinl

104

Praxis

Versuchsübersicht

Als biologisches Ausgangsmaterial werden drei Ihnen unbekannte bakterielle „Über-Nacht“-

Kulturen (ÜN) bereitgestellt. Ihre Aufgabe ist die Isolation der Plasmide aus den zur

Verfügung gestellten Kulturen und anhand der Ergebnisse des Restriktionsverdaus und der

Transformation von E.coli Zellen die enthaltenen Konstrukte zu identifizieren. Folgende

Konstrukte gilt es zu bestimmen:

1. pBluescript (3000bp) + cDNA Gen 1 (600bp)

2. pBluescript (3000bp) + cDNA Gen 2 (1200bp)

3. pBluescript (3000bp)

Jede Gruppe wählt zwei der drei unbekannten Proben zu Analyse aus. Zur vollständigen

Auswertung werden dann auch die Ergebnisse der Nachbargruppe herangezogen.

Durchführung:

Die Bakterien werden geerntet und die Plasmid-DNA nach der Methode von Birnboim und

Doly im kleinen Maßstab („Mini-Präp“) isoliert. Ein Teil der DNA wird im Anschluss mittels

Restriktions-Endonukleasen gespalten und anschließend mit nicht gespaltener Plasmid-DNA

in einem Agarosegel verglichen. Die gewonnenen Plasmide werden durch chemische

Transformation wieder in Bakterien eingebracht. Für die anschließende Selektion und

Klassifizierung durch Blau/Weiß-Selektion wird ein Teil der transformierten Bakterien auf

antibiotikahaltigem IPTG/X-Gal-Agar ausplattiert. Alle Reaktionsgefäße klar und eindeutig

beschriften und die einzelnen Experimente nachvollziehen zu können

1. Plasmid-Isolierung aus Bakterien (nach Birnboim und Doly)

2ml-Reaktionsgefäße vorbereiten und mit Kulturnummer und Gruppe beschriften

2ml einer ÜN-Kultur in jeweils ein vorbereitetes Reaktionsgefäß überführen und

1 Minute bei maximaler Drehzahl in der Tischzentrifuge zentrifugieren um die

Bakterien zu pelletieren

Den Überstand durch Abkippen in den Autoklavierbeutel verwerfen, verbleibendes

Medium mit einem Zellstoff aufnehmen.

Das Pellet durch vortexen in 200µl BIBDO1 vollständig resuspendieren und 5

Minuten bei Raumtemperatur inkubieren

400µl BIBDO2 zugeben und vorsichtig mischen bis die Lösung klar wird und kurz auf

Eis inkubieren

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Woche 09 Molekularbiologie I AG Kudla/Weinl

105

300µl BIBDO3 zugeben, mischen bis ein weißer Niederschlag entsteht und kurz auf

Eis inkubieren.

Lösung 5 Minuten bei 4°C und maximaler Drehzahl zentrifugieren

In der Zwischenzeit neue 2ml-Reaktionsgefäß vorbereiten und beschriften

Vorsichtig 500µl des Überstandes abnehmen und in die vorbereiteten Reaktionsgefäße

überführen und sofort 2,5 Volumen eiskalten 100%igen Ethanol zugeben und gut

mischen

Lösung bei maximaler Drehzahl für 15 Minuten bei 4°C zentrifugieren

Überstand abkippen und 1ml 70%igen Ethanol zugeben, 5 Minuten bei 4°C

zentrifugieren

Überstand abkippen und 1ml 70%igen Ethanol zugeben, 5 Minuten zentrifugieren bei

4°C zentrifugieren

Jetzt Überstand vorsichtig abkippen und verbleibenden Ethanol durch kurzes

Zentrifugieren sammeln und vorsichtig mit einer 200µl-Pipette abnehmen

Pellet bei 37°C offen im Heizblock trocknen und dann in 50µl Wasser aufnehmen

2. Restriktionsverdau

Mittels Restriktionsendonukleasen kann DNA an spezifischen Erkennungssequenzen gezielt

geschnitten werden. Die in Versuchsteil 1 isolierten Plasmide werden nun mit jeweils einem

oder zwei Restriktionsenzymen verdaut, um mögliche Inserts aus dem Plasmid

herauszuschneiden.

1,5ml-Reaktionsgefäße beschriften und Wasser und Reaktionspuffer vorlegen. Hierbei

Volumen für Einzel- und Doppelverdau beachten.

Plasmide aus Versuch 1 zugeben und Ansatz auf Eis vorkühlen

Enzyme nach Anweisungen des Betreuers zugeben

Ansätze für ca. 1h bei 37°C inkubieren

Einzelverdau Doppelverdau

Wasser 12,5µl 12µl

10x-Puffer 2µl 2µl

Plasmid-Lösung 5µl 5µl

Enzym 1 0,5µl 0,5µl

Enzym 2 -- 0,5µl

Gesamtvolumen 20µl 20µl

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Woche 09 Molekularbiologie I AG Kudla/Weinl

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3. Gelelektrophorese

3.1 Herstellung des Agarosegels

Für die spätere Auftrennung der Restriktionsprodukte muss ein Agarosegel gegossen werden.

1% (w/v) Agarose in 50ml TAE-Puffer geben und in der Mikrowelle aufkochen bis

die Agarose vollständig gelöst ist.

Agarose anschließend auf einem Rührer abkühlen lassen.

Gelkammer, Kämme und Schlitten vorbereiten

In die handwarme Lösung 0,1µl Ethidiumbromid pro ml Gel pipettieren, kurz Rühren

und das Gel in den Gelschlitten gießen.

Gel circa 30 Minuten aushärten lassen.

3.2 Gel vorbereiten und Auftragen der Proben

Nach dem Aushärten des Gels: Kämme ziehen und in Laufrichtung in die Kammer

einsetzten

Kammer bis zur Fülllinien mit 1x TAE-Puffer füllen

Die Plasmide müssen zum Auftragen auf das Gel mit DNA-Ladepuffer versetzt werden, um

sie durch die dann höhere Dichte in die Taschen des Gels laden zu können:

Verdaute Plasmide mit 2µl Ladepufferversetzen, kurz mischen und abzentrifugieren

20µl der jeweiligen Plasmide in jede Tasche laden

Je Kamm 3µl kB-Marker laden

Gellauf für ca. 1 Stunde bei 80 – 100V. Dabei ist auf die richtige Polung der

Elektroden zu achten.

Nach Abschluss des Laufs wird das Gel in der Gel-Dokumentationsanlage unter UV-

Licht betrachtet und dokumentiert.

Bitte einen USB-Stick zum Transfer der Bilder mitbringen

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Woche 09 Molekularbiologie I AG Kudla/Weinl

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4. Transformation von Bakterien

Zur Transformation werden chemisch kompetente E. coli Zellen eingesetzt die mit CaCl-

Methode hergestellt wurden. Um eine hohe Transformationsrate zu erreichen, müssen die

Zellen immer auf Eis gehalten werden, da sie bei höheren Temperaturen ihre Kompetenz

schnell verlieren.

Vorgehen:

Chemisch kompetenten Zellen langsam auf Eis auftauen lassen.

Eppis für die Transformationsansätze vorbereiten und vorkühlen.

100µl Zellen vorlegen und mit je 5µl der vorher isolierten Plasmide mischen.

30 min auf Eis inkubieren.

Ansätze im Wasserbad für 1min bei 42°C inkubieren.

1ml antibiotikumfreies LB-Medium zugeben.

Zellen für 30 – 60 min bei 37°C im Schüttler inkubieren.

5. Selektion der Bakterien

Um Transformanden mit inserthaltigen Vektoren von solchen ohne Insert unterscheiden zu

können, bedient man sich der Blau/weiß-Selektion. Die Agar-Platten, auf denen die Bakterien

ausplattiert werden, enthalten deshalb neben Ampicillin noch X-Gal als Laktose-Analogon

und IPTG als Induktor des β-Galaktosidase-Gens.

Vorgehen:

Selektionsplatten auf dem Boden beschriften

Bunsenbrenner anmachen und Drigalsky-Spatel kurz abflammen.

200µl Transformationsansatz auf die Platten pipettieren

Ansatz mit dem Spatel gleichmäßig verteilen und so lange weiter verteilen, bis die

Platte trocken ist.

Platten bei 37°C im Wärmeschrank über Nacht kopfüber inkubieren.

Platten am nächsten Tag dokumentieren und auswerten.

Hierfür eine Kamera oder Handy mitbringen, um die Platten fotografieren zu

können

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Woche 09 Molekularbiologie I AG Kudla/Weinl

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Karte und MCS des verwendeten pBluescript-Vektors

Fragen im Protokoll zu beantworten:

1. Erläutern Sie die Funktion der schematisch dargestellten Elemente des oben abgebildeten

Klonierungsvektors pBluescript.

2. Beantworten Sie folgenden Fragen und verwenden Sie hierfür nach Möglichkeit

Abbildungen:

Was ist die ursprüngliche Funktion des lacZ Genes?

Wie ist das lacZ Gene im Genom von E. coli organisiert?

Welche Struktur hat die β-Galaktosidase?

Welche Funktion haben Galaktosidasen im Menschen?

Bitte geben Sie auf dem Protokoll eine Mail-Adresse an, unter der wir Sie

erreichen können, um Ihnen die Bewertung mitteilen zu können. Die

Rückgabe der Protokolle erfolgt nach Absprache mit dem Betreuer.

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Aufbau der Nukleinsäuren

Die Desoxyribonukleinsäure (DNA) ist ein aus 4 Nukleotiden zusammengesetztes

Makromolekül. In der Abfolge der Nukleotide (Sequenz) wird die Erbinformation kodiert.

Die Nukleotide bestehen aus drei Komponenten, den stickstoffhaltigen heterozyklischen

Basen (Adenin, Guanin, Cytosin und Thymin), die N-glykosidisch mit einem Zucker, der 2-

Desoxyribose, verbunden sind, der am 5´-C-Atom mit Phosphorsäure verestert ist. Über diese

Esterbindung wird die Verbindung zum nächsten Nukleotid hergestellt. Die chemischen und

physikalischen Eigenschaften der DNA werden neben der Sequenz durch diese Komponenten

bestimmt. Das Gerüst der DNA besteht aus einem Polyester, in dem jeweils ein Zuckerrest

mit einem Phosophorsäurerest abwechselt. Der Phosophorsäurerest ist hierbei jeweils mit der

5´-OH-Gruppe des einen Zuckers und der 3´-OH-Gruppe des anderen Zuckers verestert. Die

beiden Stränge der DNA-Doppelhelix haben inverse Orientierung, d.h., dass die 5´-Enden der

Stränge auf verschiedenen Seiten der Doppelhelix zu finden sind. Für die Bildung der

Doppelhelix sind die Basen von entscheidender Bedeutung, da sie durch die Ausbildung von

Wasserstoffbrückenbindungen eine spezifische”Paarung” mit der Base des Gegenstranges (A-

T, G-C) eingehen. Die RNA unterscheidet sich im Wesentlichen von der

DNA durch die Verwendung von Ribose anstelle der Desoxyribose und der Base Uracil, die

statt Thymin verwendet wird. RNA kann in verschiedene Klassen unterteilt werden. Die

messenger RNA (mRNA) wird von der DNA durch RNA-Polymerasen (RNA-Polymerase II

bei Eukaryoten) abgelesen und dient als Matrize zur Synthese der Proteine. Die Transfer RNA

(tRNA) ist bei der Translation der Proteine als Vehikel für die Aminosäuren beteiligt und die

ribosomalen RNAs (rRNA) bilden in Komplexen mit Proteinen die Ribosomen, die Ort der

Proteinsynthese sind. In der tRNA werden seltene Nukleotide gefunden, die von den oben

beschriebenen abweichen. Ferner sind kurze RNA-Moleküle, microRNA´s (miRNA)

beschrieben, denen eine Funktion bei der Regulation von Genexpression zugeschrieben wird.

RNA wird in Viren als Molekül der Vererbung (Retroviren) verwendet. RNA kann durch die

Ausbildung von komplexen räumlichen Strukturen katalytische Funktionen erhalten

(Ribozyme).

In Eukaryoten ist die DNA das Molekül, in der die Erbinformation festgelegt ist. Sie befindet

sich als Doppelhelix im Zellkern und bildet assoziiert mit Proteinen die Chromosomen. Man

spricht dann von Chromatin. Neben dem Chromatin im Zellkern sind in Eukaryoten noch

DNA-Moleküle in den Organellen (Mitochondrien und Chloroplasten) zu finden.

Die DNA im Zellkern wird als genomische DNA bezeichnet und trägt neben den für Proteine

kodierenden Sequenzen weitere Sequenzen, die z.B. für die Regulation der Genexpression

(Promotoren, Enhancer, Silencer), Genorganisation (Introns, nicht translatierte Sequenzen der

RNA), Replikation oder Chromosomenorganisation (Telomer, Zentromer) notwendig sind.

Zusätzlich findet man z.T. zahlreiche repetitive DNA-Sequenzen, für die bisher keine

Funktion bekannt ist.

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Woche 10 Molekularbiologie II AG Klämbt/Lammel

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Isolierung von Nukleinsäuren

Für die Isolierung der Nukleinsäuren ist es nötig, die Zellen aufzuschließen (lysieren). Dies

geschieht in vielen Protokollen durch die mechanische Zerkleinerung der Gewebe in

detergenshaltigen Lysispuffern (Welche Eigenschaft kennzeichnet einen Puffer?). Wenn

DNA aus Zellsuspensionen, wie etwa Blut, isoliert werden soll, kann auf eine mechanische

Zerkleinerung verzichtet werden. Die mechanische Zerkleinerung von Geweben kann in

Anwesenheit eines Lysispuffers, mit einem Pistill in Eppendorfgefäßen, in einem

Glashomogenisator (Dounce), mit einem elektrischen Homogenisator (Labormixer) oder in

Abwesenheit des Lysispuffers in einem Mörser unter flüssigem Stickstoff mit einem Pistell

erfolgen. Die Zerkleinerung des Gewebes dient zur Vergrößerung der Angriffsfläche für den

verwendeten Lysispuffer, dessen Zusatz erst den quantitativen Zellaufschluss bewirkt. Die

Verwendung von Ultraschallhomogenisatoren ermöglicht einen Aufschluss der Zellen auch

ohne detergenshaltige Lysispuffer. Dies wird dann durchgeführt, wenn die Anwesenheit von

Detergenzien die Isolierung von Molekülen oder deren Zustand negativ beeinflussen. Als

Detergenzien in Lysispuffern werden häufig SDS (Natriumlaurylsulfat, engl. Sodium

Dodecylsulfate CH3(CH2)10CH2OSO3Na) oder N-Laurylsarkosin genutzt. In manchen

Protokollen werden zusätzlich chaotrophe Substanzen wie Guanidinhydrochlorid (H2N-

(C=NH)-N2H)HCl) oder Guanidinthiocyanat (H2N-(C=NH)-N2H)HSCN) zugesetzt. Diese

Substanzen unterstützen die Lyse und wirken denaturierend auf Proteine, ihre Anwesenheit

unterdrückt folglich die Wirkung von degradierenden Enzymen. Bei dem Aufschluss von

Zellen, die mit einer Zellwand versehen sind, werden oft Enzyme zugesetzt, wie Lysozym für

E.coli, Zymolase oder Lytikase bei Hefe, die die Zellwand abbauen und damit den

Zellaufschluss unterstützen. Nach erfolgreichem Zellaufschluss werden die Zelltrümmer und

andere nicht lösliche Bestandteile im Gemisch durch Zentrifugation, Filtration oder beides

entfernt. Nach dem Aufschluss der Zellen sind in der wässrigen Phase neben der DNA

zahlreiche andere Stoffe gelöst, die von der DNA getrennt werden müssen. Das Entfernen von

Proteinen kann durch proteolytischen Verdau vollzogen werden (oft mit Proteinase K). Die

Proteine können alternativ durch eine Salzfällung, wie im Praktikumsprotokoll beschrieben,

ausgefällt werden. Proteine können auch durch Phenolextraktion entfernt werden. Phenol

wirkt denaturierend auf Proteine, die ausfallen und sich in der Interphase sammeln (Interphase

ist der Bereich zwischen der organischen (Phenol) und wässrigen Phase. Wenn DNA isoliert

werden soll, ist es wichtig, den pH-Wert des Phenols auf einen Wert von pH 7.5-8.0

einzustellen, da sich DNA bei niedrigeren pH-Werten gut in Phenol löst. Dieses

Lösungsverhalten von DNA wird verwendet, wenn RNA isoliert werden soll. Dann wird die

wässrige Lösung, die zunächst sowohl RNA als auch DNA enthält, mit saurem Phenol

(pH<5) extrahiert. Unter diesen Bedingungen löst sich DNA in der phenolischen Phase, RNA

befindet sich jedoch noch in der wässrigen Phase und kann so angereichert werden.

Für die weitere Aufreinigung der DNA stehen verschiedene Methoden zur Verfügung. Die

Dichtegradientenzentrifugation macht sich das unterschiedliche Sedimentationsverhalten von

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Woche 10 Molekularbiologie II AG Klämbt/Lammel

111

DNA und RNA zunutze, indem die Zentrifugation in einem Konzentrationsgradienten (CsCl)

erfolgt. Bei der Gradientenzentrifugation sammeln sich Moleküle in dem Bereich des

Konzentrationsgradienten, an dem der Auftrieb der Lösung und das durch die Zentrifugalkraft

erzeugte spezifische Gewicht im Gleichgewicht stehen. Da DNA eine geringere

Schwimmdichte (1,5-1,7g/ml) als RNA (1,8-2g/ml) aufweist, können die Nukleinsäuretypen

bei Verwendung geeigneter Gradientendichten voneinander getrennt werden.

Bei affinitätschromatographischen Säulenbindungsverfahren wird das Gemisch nach

Zellaufschluss auf eine Säule gegeben, die Nukleinsäuren reversibel bindet. Dieses Verfahren

verläuft nach dem Prinzip der Ionenaustauschchromatographie, die sich die negative Ladung

der Nukleinsäuren zunutze macht. Nach der Bindung der Nukleinsäuren an die Säule werden

durch die Zugabe von Waschpuffern unspezifisch bindende Proteine etc. von der Säule

gespült und die Nukleinsäuren werden dann von der Säule eluiert. Wenn mit diesem

Verfahren DNA isoliert werden soll, wird die im Gemisch vorhandene RNA enzymatisch

durch Zusatz von RNAse abgebaut.

Nach der Isolierung von DNA ist es oft nötig eine Konzentrierung von DNA vorzunehmen.

Dies geschieht durch eine Fällung der DNA und das Resuspendieren in einem kleinen

Volumen. Das Fällen von Nukleinsäuren erfolgt durch Zusatz von Salzen und Alkohol. Als

Salze werden meist 0,3M Natriumacetat (pH 5,2), 0,1M Natriumchlorid, 0,8M

Lithiumchlorid, 0,2M Ammoniumacetat oder 0,25M Kaliumacetat verwendet

(Endkonzentrationen). Die am häufigsten verwendeten Alkohole für Nukleinsäurefällungen

sind Ethanol (2,2-2,5 Volumen) und Isopropanol (0,6-1 Volumen). Die Volumenangaben

beziehen sich auf das Ausgangsvolumen der nukleinsäurehaltigen Lösung. Je nach dem Ziel

der Fällungen und den Folgereaktionen werden verschiedene Kombinationen von Salz und

Alkohol verwendet, sowie die Dauer und die Temperatur der Fällung gewählt. Bei speziellen

Anwendungen werden auch andere Salze und Alkohole verwendet.

Eine Fällung von Nukleinsäuren wird z.B. auch dann durchgeführt, wenn mehrere

enzymatische Behandlungen in Folge durchgeführt werden sollen, und die verwendeten

Enzyme unterschiedliche Reaktionspuffer benötigen. Nach der Fällung der DNA und

Auswaschen der Salze können die Puffer ausgetauscht werden.

Das hier verwendete Protokoll zur DNA-Isolierung nutzt zur Entfernung von Proteinen eine

Acetatfällung, bei der ein großer Teil der im Gemisch vorhandenen Proteine gefällt wird. Die

ausgefallenen Proteine werden durch Zentrifugation entfernt. Die DNA, die während der

gesamten Prozedur in der wässrigen Phase in Lösung ist, wird durch Zugabe von Alkoholen

und Salzen gefällt und durch Zentrifugation pelletiert. Die flüssige Phase wird entfernt und

zur Reduktion des Salzgehalts wird das Pellet mit 70%igem Ethanol überschichtet, kurz

zentrifugiert und getrocknet. Man spricht dann vom Waschen der DNA. Diese Form der

DNA–Isolierung unterscheidet nicht zwischen verschiedenen Nukleinsäuretypen, sodass in

dem Pellet nicht nur Desoxyribonukleinsäuren vorhanden sind, sondern auch

Ribonukleinsäuren. Die RNA wird durch Zusatz von RNase bei der Resuspension des Pellets

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Woche 10 Molekularbiologie II AG Klämbt/Lammel

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entfernt. Da in der Regel die Isolation hochmolekularer DNA angestrebt wird (d.h. möglichst

lange ungebrochene DNA Stränge) ist es zu vermeiden, die gelöste DNA starken Scherkräften

auszusetzen, da dies zur Zerkleinerung der DNA-Moleküle führen kann.

Isolierung genomischer DNA aus Fliegen Alle verwendeten Lösungen wurden mit deionisiertem Wasser (Millipore) einer Qualität

doppelt destillierten Wassers (ddH2O) angesetzt (wie mißt man das?). Die Lösungen wurden

durch Erhitzen für 20 min. bei 120°C und 1,5 Bar sterilisiert (autoklaviert). Die verwendeten

Pipettenspitzen und Mikroreaktionsgefäße wurden ebenfalls durch Autoklavieren sterilisiert.

Alle Zentrifugationsschritte werden, wenn nicht anders beschrieben, bei Raumtemperatur und

der angegebenen Geschwindigkeit in Umdrehungen pro Minute (rpm) durchgeführt. Vor

Beginn einer Zentrifugation muss sichergestellt sein, dass der Rotor gleichmäßig beladen ist,

sodass keine Unwucht entsteht.

Arbeits-Protokoll

- Sie erhalten ca. 40 Fliegen, die in 100µl Lysispuffer in einem 1,5ml

Mikroreaktionsgefäß (Eppi) eingefroren wurden.

- Die Fliegen werden zunächst mit einem Pistéll homogenisiert und nach Zugabe von

weiteren 700µl Lysispuffer gut durchmischt.

- Das Homogenisat wird für 30 min bei 65°C inkubiert und dabei mehrfach invertiert.

- Es werden 150µl 8M Kaliumacetat zugesetzt, gemischt und 10 min auf Eis inkubiert.

- Zentrifugation in einer Tischzentrifuge für 10 min bei 13000 rpm.

- Überführen des Überstandes mit einer Pipette in ein neues Eppi und erneute

Zentrifugation in einer Tischzentrifuge für 10 min bei 13000 rpm.

- Der Überstand mit der gelösten genomischen DNA wird mit der Pipette in ein neues

Eppi transferiert. Durch Zugabe von 50µl 3M NaCl und 700µl Isopropanol und

Mischen durch mehrmaliges Invertieren wird die DNA bei Raumtemperatur gefällt.

- Danach wird die DNA durch Zentrifugation für 10 min bei 13000 rpm pelletiert.

- Der Überstand wird verworfen, 400µl 70%iges Ethanol auf das Pellet pipettiert und

2 min bei 13000 rpm in einer Tischzentrifuge zentrifugiert.

- Abgießen des 70%igen Ethanols und Trocknen des Pellets.

- Resuspendieren des Pellets in 75µl ddH2O.

Entnehmen Sie 15µl der DNA-Präparation und geben Sie diese zu 5µl Farblösung in ein

neues Eppi. Diese Proben werden dann auf einem Agarosegel (0,8%) aufgetrennt

(Auftragsplan nicht vergessen!).

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Lösungen

Lysispuffer: 0,1M Tris pH 9,0

0,1M EDTA

1% Natriumlaurylsulfat (SDS)

3M Natriumchlorid (NaCl)

8M Kaliumacetat (KAc)

Farblösung 0,25% w/v Bromphenolblau

0,25% w/v Xylenecyanol FF 30% v/v Glycerin

Agarosegelelektrophorese

Wir verwenden für die Auftrennung im mittleren Fragmentlängenbereich 0,8%ige

Agarosegele (w/v). Dazu werden 1,2g Agarose in 150 ml 1xTAE-Puffer aufgekocht, bis die

Agarose vollständig gelöst ist (Vorsicht Siedeverzug!). Die Lösung wird auf 60°C abgekühlt,

mit 7,5µl Roti-Safe GelStain versetzt und in die mit Probenkämmen versehenen Gelträger

in den Gelgießständen gegossen. Nach Erkalten wird das Gel mit dem Gelträger in die

Gellaufkammer gebracht und mit 1xTAE-Puffer überschichtet.

Die Auftrennung wird bei ca. 12V/cm (Abstand der Elektroden) ausgeführt. Mit Hilfe der

Farbstoffe in der Farblösung kann man abschätzen, wie weit die Auftrennung während der

Elektrophorese fortgeschritten ist. Die Auswertung der Gele erfolgt unter UV-Licht

(Handschuhe, Schutzbrille tragen). Für die Auftrennung kleiner Fragmente werden 2%ige

Agarosegele verwendet.

Lösungen

50xTAE-Puffer (je l) 242g Tris Base

57,1ml Essigsäure

100ml 0,5M EDTA pH 8,0

Seakem LE-Agarose

Verwendeter DNA-Fragmentlängenstandard (Fa. Bioline)

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Polymerase chain reaction (PCR)

Diese in den 80er Jahren entwickelte Methode

ermöglicht die gezielte Vervielfältigung von

DNA-Fragmenten außerhalb eines lebenden

Organismus. Die einzige Bedingung für die

erfolgreiche Anwendung dieser Methode ist,

dass kurze Sequenzbereiche bekannt sein

müssen, die die zu vermehrende DNA (man

spricht hier auch von der zu amplifizierenden

DNA) flankieren müssen. Die PCR-Methode

hat seit Ihrer Entwicklung eine Vielzahl von

Anwendungen gefunden, die von der

Amplifikation genomischer DNA-Fragmente,

über Nachweis und Isolierung von

gewebespezifisch exprimierten Genen

(Differential Display, RT-PCR) bis zur PCR

gestützten DNA-Sequenzierung reicht. Im

folgenden Schema ist das Prinzip einer

einfachen PCR gezeigt, wie sie bei der

Amplifikation genomischer DNA verwendet

wird. Bei der PCR wird eine Folge von sich

zyklisch wiederholenden Schritten

durchgeführt, bei denen es zur Vermehrung

der DNA-Sequenz kommt, die zwischen den

Primern für die Polymerisationsreaktion liegt.

Im ersten Schritt wird die DNA-Doppelhelix

durch Erhitzen in Einzelstränge überführt

(Denaturierung). Im zweiten Schritt wird die

Temperatur gesenkt, sodass sich die Primer

spezifisch an die komplementäre Template-

DNA anlagern können (Annealing). Im dritten

Schritt wird die Temperatur auf 68-72°C

gebracht, bei der die Aktivität der verwendeten

thermostabilen DNA-Polymerase ein

Optimum hat (Extension). Bei diesem Schritt

kommt es zur enzymatischen Synthese neuer

DNA-Stränge. Durch die zyklische

Wiederholung dieser Schritte kommt es zur

Amplifikation der Ziel- DNA. Der wesentliche

Bestandteil, der diese Form der DNA-

Vervielfältigung ermöglicht, ist die

Verwendung von DNA-Polymerasen, die bei

Temperaturen, die zur DNA-Denaturierung

notwendig sind, ihre Aktivität nicht verlieren.

Neben der oft verwendeten Taq-Polymerase

(isoliert aus Thermus aquaticus) sind andere

thermisch stabile DNA-Polymerasen

kommerziell erhältlich, wie Pfu-Polymerase

(isoliert aus Pyrococcus furiosus) oder Tth-

Polymerase (isoliert aus Thermus

thermophilus), die sich bezüglich der

optimalen Temperatur, der Mg++

- bzw. K+-

Konzentrationen, des pH-Wertes und einer

„Proof-reading“ Funktion unterscheiden.

5 3

3 5

Doppelst rang

DNA

3 5

5 3

5

5

+ Primer 5 3

53+dNTP s

Durch Denat urierung

erfolgt St rangt rennung

+ Taq-Pol

5 3

3 5

Bei der Annealingt emperat ur binden die

Primer an komplement äre Sequenzen der

genomischen DNA

Bei der Polymerisat ionst emperat ur

synt het isiert die Taq-Pol von den Primern

ausgehend neue DNA-St ränge

3 5

5 3

Zu Beginn des erst en Amplif ikat ionszyklus liegen 2 Templat est ränge vor

5

5

Nach Ablauf des erst en Amplif ikat ionszyklus liegen 4 Templat est ränge vor.

Der Amplif ikat ionsgrad der DNA zwischen den Primern ist exponent iell abhänig

von der Zahl der Amplif ikat ionszyklen.

Das Prinzip der PCR

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Als Proof-reading bezeichnet man eine 3´-5´Exonukleasefunktion von DNA-

Polymerasen, die es den Polymerasen ermöglicht, falsch eingebaute Nukleotide wieder zu

entfernen. Für die erfolgreiche DNA-Vervielfältigung durch eine PCR ist das

Konzentrationsverhältnis der Reaktionskomponenten von nicht unerheblicher Bedeutung,

z.B. kann zuviel eingesetzte genomische DNA die Reaktion inhibieren. Die

Primerkonzentration und die Annealingtemperatur beeinflussen die Spezifität, mit der

die Ziel-DNA amplifiziert wird. Der Temperaturbereich, in dem das Annealing der

Primer mit hoher Spezifität stattfindet, wird durch den TM-Wert beschrieben. Der TM-

Wert von kurzen Oligonukleotiden kann näherungsweise durch die Formel (G+C)4

(A+T)2 berechnet werden. Wie zu erkennen, hängt der TM-Wert damit von der

Basenzusammensetzung des Oligonukleotids ab. Für die Primeranlagerung in der PCR-

Reaktion werden meist Temperaturen 3°-5°C unterhalb des errechneten TM-Werts

verwendet. Bei der Wahl der als Primer verwendeten Oligonukleotide sollten einige

grundsätzliche Regeln beachtet werden:

Die verwendeten Primer sollten keine zueinander komplementären Sequenzen

enthalten, um eine Anlagerung der Primer miteinander zu vermeiden.

Die Primer sollten keine Sequenzen enthalten, die eine Bildung von „hairpins“

erlaubt, also Sequenzen, die innerhalb eines Primers komplementär sind.

Der A/T zu G/C Gehalt sollte annähernd gleich sein.

Die letzte Base am 3´Ende des Primers sollte kein T sein, da diese Base die

höchste Fehlanlagerung erlaubt.

Im letzten Triplett am 3´Ende sollte jedoch ein A oder T enthalten sein, um

Fehlpaarungen mit G/C reichen Templatesequenzen zu unterdrücken.

Die optimalen Annealingtemperaturen der Primer, die in einer PCR-Reaktion

verwendet werden, sollten annähernd gleich sein.

Die Länge der Primer ist abhängig von der jeweiligen Applikation und liegt in der Regel

zwischen 12 und 50 Basen. Der pH-Wert und die K+/Mg

++-Konzentration der

Pufferlösung beeinflussen die Aktivität der thermostabilen DNA-Polymerase und damit

die Gesamtreaktion. Die verwendeten Puffer haben einen pH-Wert von ca. 8,3-8,8 bei

Raumtemperatur, der bei Extensionstemperaturen von 68-72°C z.T. um mehr als eine pH-

Einheit sinkt und in den Bereich des pH-Optimums der verwendeten Polymerase gelangt.

Es können unterschiedliche Reaktionspuffer verwendet werden, die, neben Tris als

Puffer, entweder NaCl, (NH4)2SO4 oder KCl beinhalten. Die Wahl des geeigneten Puffers

hängt ab von der Zusammensetzung der Reaktionsmischung und der zu amplifizierenden

Zielsequenz und muss im Einzelfall empirisch ermittelt werden. Ebenfalls ist die

Konzentration der einzelnen Komponenten der Reaktionsmischung nicht immer stereotyp

zu wählen, sondern wird innerhalb eines Konzentrationsbereiches empirisch ermittelt. Für

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eine Standard-PCR-Reaktion kann bei einem Endvolumen von 50µl von folgenden

Endkonzentrationen ausgegangen werden: 1xReaktionspuffer (hier 10mM KCl, 2 mM

MgSO4, 10mM (NH4)2SO4, 20mM Tris-HCl pH8.8 (25°C)), 50-100pmol jedes Primers,

200-800µM dNTP-Mix (äquimolare Mischung der 4 Nukleotid-Triphosphate), 0,1-100ng

Template-DNA, 0,5-2 U Taq-Polymerase und, wenn nicht im Reaktionspuffer enthalten,

1-2,5 mM MgCl2 (MgSO4).

Im Praktikum werden vorbereitete Stammlösungen der einzelnen Komponenten

ausgegeben, deren Konzentrationen so eingestellt sind, dass Sie mit Pipettiervolumina

von 10µl bzw. 20µl auf die gewünschte Endkonzentration gelangen. Die Stammlösungen

sind in 1x Reaktionspuffer angesetzt. Dennoch müssen die einzelnen Komponenten in der

richtigen Menge in den Reaktionsansatz gelangen. Das bedeutet, dass beim Pipettieren

der PCR-Ansätze mit Sorgfalt gearbeitet werden muss, da sich sonst die

Zusammensetzung des Reaktionsgemisches verändert.

Die PCR-Reaktion wird in einem Thermocycler durchgeführt. Die in einem 0,2ml oder

0,5ml PCR-Mikroreaktionsgefäß zusammengestellte Reaktionsmischung wird in die

dafür vorgesehenen Stellplätze des Thermocyclers gestellt und dann entsprechend des

programmierten Temperaturprofils zyklisch erhitzt bzw. abgekühlt. Das verwendete

Temperaturprofil für die PCR in der Region des –Spectrin-Gens ist:

Temperaturprofil Temp (°C) Zeit (min:sec)

Initiale Denaturierung 94 5:00

Denaturierung 94 0:30

Annealing 60 0:45

Extension 68 1:00

Wiederholung der Schritte 2-4 34x

Finale Extension 72 5:00

Kühlen 4 nach Bedarf

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Das verwendete Temperaturprofil für die PCR in der Region des hedgehog-Gens ist:

Temperaturprofil Temp (°C) Zeit (min:sec)

Initiale Denaturierung 95 5:00

Denaturierung 95 0:40

Annealing 60 0:45

Extension 68 2:00

Wiederholung der Schritte 2-4 34x

Finale Extension 72 5:00

Kühlen 4 nach Bedarf

Zusammensetzung der PCR-Reaktionsmischung:

Pipettieren Sie

10µl Template DNA

20µl Primerlösung

10µl dNTP-Mix

10µl Taq-Polymerase-Lösung

in ein 0,2ml oder 0,5ml PCR-Gefäß (Es ist dünnwandig. Warum?). Nach der

Zusammenstellung sollten sich 50µl Reaktionsmischung am Boden des PCR-Gefäßes

befinden. Beschriften Sie die Gefäße sowohl auf dem Deckel als auch auf der Seite mit

der Gruppen- und der Probennummer. Die PCR-Proben des gesamten Praktikums werden

dann gesammelt und gemeinsam in den Thermocycler gestellt. Der verwendete

Thermocycler verfügt neben einem heizbaren Probenblock über einen geheizten Deckel

(Warum?). Nach Ablauf des Programms werden 10µl des Reaktionsansatzes mit 5µl

Farblösung gemischt und auf einem Agarosegel aufgetrennt.

Amplifikation von PCR-Fragmenten und Darstellung von PLP´s

In homogenen Populationen führt die Amplifikation durch PCR zu Fragmenten, die bei

den Individuen dieselbe Länge besitzen. Bei Individuen, die in dem Bereich, der durch

die PCR vermehrt wird, unterschiedlich sind, werden auch die erzeugten DNA-

Fragmente diese Unterschiede aufweisen. In der Mehrzahl der Fälle handelt es sich dabei

um Unterschiede in der Nukleotidsequenz, die durch Sequenzierung oder in geeigneten

Fällen durch die Verwendung von Restriktionsendonukleasen aufgedeckt werden können.

In Fällen, bei denen Teile der Sequenz bei einzelnen Individuen fehlen (Deletion), kann

eine PCR dazu führen, dass unterschiedlich lange Fragmente amplifiziert werden. In

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diploiden Tieren können dann in heterozygoten Allelsituationen gleichzeitig

unterschiedliche Fragmente amplifiziert werden. Diese Längenunterschiede können dann

durch elektrophoretische Auftrennung sichtbar gemacht werden. Solche individuellen

Abweichungen, die zu der Veränderung der Länge von PCR-Fragmenten führen, werden

als PCR-Längen-Polymorphismen (PLP´s) bezeichnet. Die im Praktikum verwendeten

Primer binden spezifisch in der Region des –Spectrin-Gens von Drosophila

melanogaster. Es werden unterschiedliche Template-DNA´s für die Amplifikation

verwendet mit ansonsten identischer Zusammensetzung der PCR-Reaktionsmischung.

Jede Praktikumsgruppe wird wildtypische Template-DNA und Template-DNA von

Fliegenlinien erhalten, die heterozygot eine Mutation im –Spectrin-Gen tragen. Die

jeweils eingesetzte Template-DNA sollte im Protokoll vermerkt werden, damit eventuelle

Unterschiede nach der Gelelektrophorese interpretiert werden können. Die Auftrennung

dieser Proben erfolgt auf einem 2%igen Agarosegel.

Amplifikation von PCR-Fragmenten zur Detektion von Deletionen

Neben der simultanen Vermehrung von PCR Fragmenten verschiedener Längen, die

durch kleine Deletionen oder Insertionen verursacht werden, können auch größere

Deletionen durch PCR-Reaktionen nachgewiesen werden. Hierbei werden Primer

verwendet, die in Nachbarschaft zu den Deletionsbruchpunkten liegen. In wildtypischen

DNA-Strängen sind die Positionen der Primer zu weit voneinander entfernt, um mit den

verwendeten Temperaturprofilen ein Fragment amplifizieren zu können, oder die Primer

sind allelspezifisch. In Tieren, in denen eines der diploiden Chromosomen die Deletion

aufweist, ist durch den Verlust von DNA zwischen den Primer-Positionen die Distanz

zwischen diesen ausreichend verkürzt, sodass erfolgreich PCR-Fragmente gebildet

werden können. Damit wird das Auftreten eines Fragments nach PCR eine Indikation für

die Deletion. Bei der Verwendung allelspezifischer Primer können die Primer nur in der

Anwesenheit des speziellen Allels binden und PCR-Fragmente generieren. Nachteil

dieses Vorgehens ist, dass bei PCR-Reaktionen, die aus handwerklichen Gründen nicht

funktionieren, ebenfalls keine Bande entsteht und somit Deletionen unentdeckt bleiben.

Ferner müssen die Reaktionen kontrolliert werden, um Fehler wie oben oder

unspezifische Amplifikationen erkennen zu können. Als Beispiel für einen solchen

Nachweis werden im Kurs Deletionen im Drosophila Gen hedgehog (hh) (Allele hhAC

und hhbar

) verwendet (Lee et al. 1992).

Sie erhalten wie zuvor genomische DNA aus heterozygoten Fliegen, Primerlösung,

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dNTP-Mix und Taq-Lösung. Die Zusammensetzung der PCR-Reaktionen erfolgt in

denselben Verhältnissen wie zuvor. Nach der PCR werden je 5-10µl der PCR-Ansätze

mit Farblösung versetzt und auf einem 0,8%igen Agarosegel aufgetrennt.

Auswertung der Versuche:

Bestimmen Sie anhand der DNA-Marker-Fragmente bekannter Länge die

Fragmentlängen der isolierten genomischen DNA und der PCR-Fragmente. Warum sieht

das Bandenmuster des verwendeten DNA-Markers bei dem Gellauf auf einem 0,8%igen

Gel und einem 2%igen Gel unterschiedlich aus? Die für die PCR verwendete Template-

DNA ist nach demselben Protokoll isoliert worden, das Sie zur Isolierung genomischer

DNA verwendet haben. Warum ist die Template-DNA nach der PCR nicht mehr auf dem

Gel zu erkennen? Sind Unterschiede in den PCR –Fragmentlängen in Abhängigkeit der

eingesetzten Template-DNA erkennbar? Sehen Sie ein oder mehrere PCR-Fragmente?

Welche Erwartung haben Sie an die Ergebnisse der verschiedenen PCR-Reaktionen?

Erklären Sie die Ergebnisse.

Literatur -Beyer H.& Walter W. Lehrbuch der Organischen Chemie 21. Auflage

S. Hirzel Verlag Stuttgart (1988)

-Eggert, H., Bergemann, K. and Saumweber, H., 1998. Molecular screening for P-element insertions in a large

genomic region of Drosophila melanogaster using polymerase chain reaction mediated by the vectorette.

Genetics, 149(3):1427-1434.

- Sinden R.R., DNA Structure and Function. Academic Press San Diego (1994).

-Lee J.J., von Kessler D.P., Parks S., Beachy P.A. Secretion and Localized Transription Suggest a Role in

Positional Signaling for Products of the Segmentation Gene hedgehog. Cell (1992) Vol.71:33-50

-Lee J.K, Coyne R.S, Dubreuil R.R, Goldstein L.S, Branton D. Cell shape and interaction defects in alpha-

spectrin mutants of Drosophila melanogaster. J. Cell. Biol. Dec (1993) 123: 1797-809

-Lehrbücher der Genetik und Molekularbiologie

-Lottspeich F. & Zorbas H. Bioanalytik. Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg (1998)

-Müller H. J. PCR Polymerase-Kettenreaktion. Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg

Berlin (2001)

-Saiki et.al. Primer-directed enzymatic amplification of DNA with a thermostable

DNA polymerase. Science Jan 29 (1988) 239(4839):487-491

-Sullivan W., Ashburner M., Hawley R.S. Eds. Drosophila Protocols. Cold Spring Harbor

Laboratory Press New York (2000)

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Fragen zur Vorbereitung:

Welche Base der DNA gehört zu den Purinen?

Guanin

Cytosin

Thymin

Uracil

Welches Molekül ist kein Bestandteil der DNA?

Cytosin

Ribose

Desoxyribose

Adenin

Welche Funktion von DNA-Polymerasen wird als „Proof-reading“ Funktion bezeichnet?

3´-5´ Exonuklease

5´-3´ Polymerase

5´-3´ Exonuklease

3´-5´ Polymerase

Was passiert während des Annealings bei einer PCR-Reaktion?

Primerverlängerung

Primermodfikation

Primeranlagerung

Primerabbau

-Was ist der Unterschied zwischen Nukleosiden und Nukleotiden?

-Wie lassen sich DNA und RNA nach einer Nukleinsäureisolierung voneinander trennen?

-Warum ist die Konzentration von Mg++

-Ionen kritisch für den Verlauf einer PCR-Reaktion?

-Was beschreibt der TM-Wert von Oligonukleotiden?

-Was sollte bei der Wahl von Oligonukleotiden als Primer für die PCR beachtet werden?

-Wie kann man Proteine bei der Isolierung von DNA aus der Lösung entfernen?

Im Text befinden sich in einigen Abschnitten -in Klammern und unterstrichen- Fragen, die

ebenfalls für die Vorbereitung beantwortet werden sollen.