Über die wechselbeziehungen zwischen leber und gehirn

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(Aus der Abteilung ffir pathol. Physiol. [Leiter: Prof. D. Alpern] und der Abteilung fiir Histologie [E. M. Chajet] des Ukrainischen psychoneurologischen Instituts in Charkow [Prof. A. J. Heymanowitsch].) Uber die Wechselbeziehungen zwischen Leber und Gehirn. (Experimentell-morphologische Beobachtung.) Von Dr. B. I. Rapoport. (Eingegangen am 2. Miirz 1930.) Die modernen Ergebnisse der Klinik lassen einen Zusammenhang zwischen Leber und bestimmten Abteilen des Zentralnervensystems vermuten. Die grSl3te Aufmerksamkeit beansprucht in dieser Hinsicht jene Gruppe von Erkrankungen, die Holl 1921 unter dem Namen hepato-lentikulare Degeneration zu vereinen suchte. Er reehnet 3 Krankheiten dazu, die seit einem halben Jahrhundert erfomeht werden und von zahlreichen Autoren besehrieben worden sind. Jedesmal wenn eine dieser drei Erkrankungen: Pseudosklerose, Wilsonsche Krankheit und Torsionsspasmus zur Autopsie ftihrte, wurde neben einem beiderseitigen Entartungs- prozeB im Striatum und Pallidum auch das Vorhandensein cirrhotischer Alterationen der Leber nachgewiesen. Besondere Aufmerksamkeit fordert die Frage danach, inwieweit die Erkrankung der Leber und des Zentralnervensystems zusammen- h~ngen und was die erste Etappe in der Pathogenese dieses Leidens dars~llt. Sind einige, wie Wilson, Oppenheiqn, Schilder u. a. dazu geneigt, das prim~re Moment in der Lebererkrankung zu sehen, so betrachten andere, wie beispielsweise Boncheim, die Lebersch~digung als eine Erseheinung von sekund~rer Art. Bielschowslcy end- lich hat darauf hingewiesen, daI3 der N. lenticularis gesch~digt sein kann beim vollst~ndigen Ausbleiben yon Leberalterationen. In der Nervenklinik sind die stiirmisehen Hirnph~nomene bekannt, die bei der akuten gelben Leberatrophie in Erscheinung treten, wobei die histologisehen Ver~nderungen im Gehirn in einem dfffusen, parenehymatSsen DegenerationsprozeB mit st~rkster L~sion des Rinden- parenehyms bestehen. Wir kennen die Klinik der Myelosen, da die Krankheit bisweilen von der Leber ausgeht, wi~hrend aueh das peripherische Nervensystem nieht teilnahmslos gegen das Leberleiden bleibt. Im Schrifttum treffen wir den Ausdruck ,,hepatopolyneuritisehes Syndrom". Endlich wird yon Lapinsky eine Anzahl funktioneller StSrungen bei Neurasthenikern auf mangelnde Leberfunktion zuriickgeftihrt. Somit kSnnen offenbar verschiedene Sph~ren des Nervensystems so oder anders in funktioneller Verbindung mit Lebererkrankungen stehen. Indem wir zur experimentellen Analyse der mSglichen Untersuchungs- verfahren in dieser Frage schreiten, mfissen wir die MSglichkeit yon zwei

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Page 1: Über die Wechselbeziehungen zwischen Leber und Gehirn

(Aus der Abteilung ffir pathol. Physiol. [Leiter: Prof. D. Alpern] und der Abteilung fiir Histologie [E. M. Chajet] des Ukrainischen psychoneurologischen Instituts in

Charkow [Prof. A. J. Heymanowitsch].)

Uber die Wechselbeziehungen zwischen Leber und Gehirn.

(Experimentell-morphologische Beobachtung.) Von

Dr. B. I. Rapoport.

(Eingegangen am 2. Miirz 1930.)

Die modernen Ergebnisse der Kl in ik lassen einen Z usa mme nha ng zwischen Leber und be s t immten Abte i l en des Zen t r a lne rvensys t ems vermuten .

Die grSl3te Aufmerksamkeit beansprucht in dieser Hinsicht jene Gruppe von Erkrankungen, die Holl 1921 unter dem Namen hepato-lentikulare Degeneration zu vereinen suchte. Er reehnet 3 Krankheiten dazu, die seit einem halben Jahrhundert erfomeht werden und von zahlreichen Autoren besehrieben worden sind. Jedesmal wenn eine dieser drei Erkrankungen: Pseudosklerose, Wilsonsche Krankheit und Torsionsspasmus zur Autopsie ftihrte, wurde neben einem beiderseitigen Entartungs- prozeB im Striatum und Pallidum auch das Vorhandensein cirrhotischer Alterationen der Leber nachgewiesen. Besondere Aufmerksamkeit fordert die Frage danach, inwieweit die Erkrankung der Leber und des Zentralnervensystems zusammen- h~ngen und was die erste Etappe in der Pathogenese dieses Leidens dars~llt. Sind einige, wie Wilson, Oppenheiqn, Schilder u. a. dazu geneigt, das prim~re Moment in der Lebererkrankung zu sehen, so betrachten andere, wie beispielsweise Boncheim, die Lebersch~digung als eine Erseheinung von sekund~rer Art. Bielschowslcy end- lich hat darauf hingewiesen, daI3 der N. lenticularis gesch~digt sein kann beim vollst~ndigen Ausbleiben yon Leberalterationen. In der Nervenklinik sind die stiirmisehen Hirnph~nomene bekannt, die bei der akuten gelben Leberatrophie in Erscheinung treten, wobei die histologisehen Ver~nderungen im Gehirn in einem dfffusen, parenehymatSsen DegenerationsprozeB mit st~rkster L~sion des Rinden- parenehyms bestehen. Wir kennen die Klinik der Myelosen, da die Krankheit bisweilen von der Leber ausgeht, wi~hrend aueh das peripherische Nervensystem nieht teilnahmslos gegen das Leberleiden bleibt. Im Schrifttum treffen wir den Ausdruck ,,hepatopolyneuritisehes Syndrom". Endlich wird yon Lapinsky eine Anzahl funktioneller StSrungen bei Neurasthenikern auf mangelnde Leberfunktion zuriickgeftihrt. Somit kSnnen offenbar verschiedene Sph~ren des Nervensystems so oder anders in funktioneller Verbindung mit Lebererkrankungen stehen.

I n d e m wir zur exper imente l len Ana lyse der mSglichen Untersuchungs- ver fahren in dieser F r a g e schreiten, mfissen wir die MSglichkeit yon zwei

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474 B . I . Rapoport:

denkbaren Verbindungen von Leber und Gehirn annehmen; dieseiben erscheinen wie folgt: Gehirn-Leber. Eine solche Verbindung mii~te als spezifisch gelten und sie wiire so zu verstehen, dal~ sich ein gewisser Grad von dynamischer StSrung der Leberfunktion in der funktionellen Ti~tigkeit bestimmter Gehirngebiete abspiegelt, und zwar vor allem in derjenigen der subcorticalen Gebiete; dabei mii] te man yon den physio- logisehen Daten fiber den Zusammenhang der Leber mit den subeorti- ealen Ganglien ausgehen, die bekanntlich alle Hauptprozesse des Stoff- wechsels im tierischen Organismus regeln, wie den Kohlenhydrat-, Fett-, Eiwei~-, Wasser- und Salzumsatz (Pathologie des fieberhaften Prozesses, Pathologie der Verfettung und der StSrungen des Wasserhaushaltes von zentralem Ursprung).

Wenn wir den neuesten physikalisch-chemischen Vorstellungen gem~I~ dem peripherischen Milieu eine wiehtige Rolle bei der FunktionsiiuBerung der korrelativen Apparate (Hormone, Visceralnervensystem ) anerkennen, so kSnnen wir selbstverst~ndlich annehmen, da6 der pathologisehe Zustand der Exekutivorgane auch den funktionellen und dann den anatomischen Status der entspreehenden regelnden Hirngebiete beein- flussen dfirfte; dies w~re besonders in bezug auf die Leber zu denken, denn sie ist ihrer Funktion naeh sehr wiehtig und StSrungen der Leber ziehen Disharmonie der Wechselbeziehungen von Peripherie und vege- tativen Zentren nach sich.

Mit einem Wort k5nnte in dem Ringsystem: Zentrum-Leitungsbahnen- Leber die St6rung auch yon einem peripherischen Organ ausgehen, anstatt yon dem Zentrum, wie gewShnlieh angenommen wird. Die Einwirkung der Leber auf das Gehirn h~tte man sich zwiefach vorzu- stellen: als ascendierende Degeneration und auf humoralem Wege zustandekommend. Daher kann die Art der pathologisehen Gehirn- stSrungen die als primum movens an den pathologisehen Zustand der Leber gebunden sind, eine Vorstellung yon dem elektiven Charakter der Einwirkung liefern, die yon der Leber auf das Gehirn ausgeiibt wird und somit kSnnte der Mechanismus ihrer Verbindung beleuchtet werden. Widrigenfalls aber, beim Vorhandensein diffuser und un- bestimmter Reaktionen des Hirngewebes auf die Leberpathologie, kann die Rede blol] von Intoxikationseinwirkungen auf das Gehirn sein, die dureh StSrungen der Lebeffunktion (im Sinne der vielgestaltigen Prozesse des interstitiellen Stoffwechsels) zustandekommen.

Die experimentellen Arbeiten yon Kirschbaum (aus dem Laboratorium yon Jacoby) ersch6pfen am meisten die Frage fiber den Zusammenhang yon Leber und Zentralnervensystem.

Dieser Autor rief Leberst6rungen hervor, indem er Hunden in zahlreiehen Ver- suehen die Art. hep~bica und die Art. hepaticae und den Duetus eholedoehus dureh Anlegung einer Eekschen Fistel unterband, toils bediente er sich dabei des Guanidins und des Phosphors. Er fand dabei in allen F~llen aul3er Leberl~sionen auch diffuse, parenchymat6s-degenerative Ver~nderungen im Zentralnervensystem,

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t)ber die Weehselbeziehungen zwisehen Leber und Gehirn. 475

wobei das Rindenparenchym am st~rksten in Mitleidenschaft gezogen war, eine proliferative Gliareaktion vorlag und der Gefi~13apparat keine bedeutenden L~sionen aufzuweisen hatte, die Haupterscheinungen aber yon perivascul~rer Art waren.

Willemi rief einen Ausfall der Leberfunktion bei Meerschweinehen und Kaninchen hervor, tells indem er eine Kauterisation der Leber vornahm, tells durch Unter- bindung der Art. hepatica.

Bei allen Tieren lieBen sieh schwere, diffuse Ver~nderungen yon parenehymatSs- degenerativem Charakter an der ganzen Rinde und den Stammganglien nachweisen; dennoch Melt dieser Autor die subcorticalen Ganglien fiir am st~rksten gesch~digt. Mahaim fief mittels Injektion von 500/0 Alkohol in die Leberg~nge bei Hunden schwere prim~re und ehronische Leberver~nderungen hervor und auch starke degene- rative L~sionen des Groflhimparenchyms, wobei der Schwerpunkt auf dem Caudatus und Thalamus lag. Der Autor beweist durch Untersuehung eines Kontrollhundes, der in der Nahrung die gleichen Mengen Alkohol empfing und keine merklichen pathologischen Erscheinungen an der GroBhirnrinde aufzuweisen hatte, dab die erw~hnten Alterationen nicht auf die Alkoholwirkung bezogen werden diirfen. Ronca Vittoria entfernte FrSschen die Leber, land eine leichte Chromolyse, Vakuoli- sierung und Atrophie der Kerne der grol3en Ganglienzellen im GroBhirn dabei.

Lewi und Pinlcussen sahen in der Rinde und den Stammganglien sehwere degenerative Ver~nderungen und in der Leber Alterationen nach Vergiftung mit den Salzen schwerer Metalle und Injektionen yon hamolytisehem Serum. Fuchs und Pollak konnten nach Vergiftung von Tieren mit Gyanidin und Einschaltung einer Eckschen Fistel das Bild einer Encephalitis erkermen.

Die angefiihrten Daten zeigen, dab vorliegende Frage noch keine vollst~ndige experimentelle LSsung erfahren h~t. Wir hielten es fiir mSglich, durch Zustandebringen einer subakuten und chronischen Leber- pathologie einerseits und dureh sorgf~Itiges Variieren der operativen Eingriffe, namentlich an der Leber, andererseits, bestimmtere und schi~rfer ausgepr~gte Alterationen zu bewirken, die es gestattet h~tten, das Wesen jener Gehirnalterationen niiher zu charakterisieren, die durch StSrung der Leberfunktion gesetzt werden und dadureh die Frage danach zu beantworten, ob es tiberhaupt einen spezifischen Zusammenhang zwisehen den beiden genannten Systemen gibt. AuBer unserer Unter- suchung wurde in demselben Laboratorium das Studium der Eigensehaften der sog. h/~mato-encephalitischen Barriere unter den n~mliehen patho- logisehen Verhfi, ltnissen unternommen, um das Wesen der Weehsel- beziehungen von Leber und Gehirn noeh besser zu beleuchten. Daher beaehten wir besonders die Analyse der Elemente der sog. hitmato-ence- phalitischen Barriere.

Wir nahmen auf Anregung von tIerrn Prof. Dr. D. Alpern unsere Untersuehungen an Hunden vor, bei denen wir in der 1. Versuchs- reihe eine Desympathisation der Leber, in der 2. Devagation der Leber und in der 3. Unterbindung der Art. hepaticae mit Eckscher Fistel und Phosphorvergiftung ausfiihrten, eine 4. Gruppe yon Hunden diente als Kontrolle. Die Hauptaufgabe war bei unserer Versuchs- anordnung die, sorgfi~ltig eine operative Beeinflussung auszuiiben und die Hunde mSgliehst lange am Leben zu erhalten, um ihr Gehirn in den Verh~ltnissen eines chronisehen Experimentes priifen zu kSnnen.

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476 B . I . Rapoport:

1. Die Desympathisation der Leber wurde folgenderma~en ausgeffihrt : unter allgemeiner Narkose wurden per Laparotomiam die sympathischen Fasern des Ligamentum hepato-gastricus exzidiert und auch diejenigen des Ligamentum hepato-duodenalis. Au~erdem wurde eine Blol31egung der Art. hepaticae vorgenommen.

2. Devagation der Leber. Unter allgemeiner Narkose wurde durch schrs dem Rippenbogen entlang links gefiihrten Schnitt die Kardia des Magens freigelegt. Unter dem Zwerchfell und an der l~bergangsstelle der SpeiserShre in den Magen wurden die Nn. vagi der hinteren und vorderen Magenfl~che durchtrennt, aueh die vagalen Fasern des Magens durchschnitten, die an der Curvatura ventriculi minor gelegen sind. Nach der Desympathisation und Devagation lebten die Hundc 4---5 Wochen.

3. Durchtrennung der Art. hepatica. Unter allgemeiner Narkose wurde per Laparotomiam die Art. hepatica zwischen zwei Ligaturen durchschnitten. SehluB der Wunde. Diese Operation iiberlebten die Hunde selten um mehr als 2--3 Tage.

4. Eclcsche Fistel. Unter Allgemeinnarkose wurde per Laparotomiam eine Fistel zwischen der Vena portae und Vena cava inferior auferlegt und darauf eine Ligatur der Venae portae ausgefiihrt. Die Hunde mit Eckscher Fistel iiberlebten 10--21 Tage, wenn sie Milchdigt erhielten.

5. Die Phosphorvergiftungen wurden folgenderma]en ausgefiihrt: den Hunden fiihrte man tgglich intramuskuls eine l~ LSsung yon Oleum phosphoricum ein (1--2 ccm im Laufe von 4--5 Tagen). Ge- w5hnlieh t ra t am 5. Tage das Bild einer starken Intoxikation ein, wghrend der das Tier einging.

Solche Tiere wurden sofort, spS, testens 3 Stunden nach dem Tode, seziert. Ihr Gehirn wurde in einer 10~ FormalinlSsung fixier~, auBer einigen Stiickchen, die speziell zur Untersuchung der Glia vermittels Impregnation dienten. Es wurden folgende F~rbungsverfahren an- gewendet: Nissl, van Gieson, Unna-Pappenheim, Alzheimer I I , Ramon Cajal, Rio-Hortega und die Lipoidfs nach Herxheimer. Zur Unter- suchung nahmen wir Stiickchen aus verschiedenen Teilen des Gehirns: der Rinde, den subcorticalen Ganglien, dem Thalamus opticus, dem Hypothalamusgebiet, der Briicke, der Medulla oblongata und dem Kleinhirn.

Als Beispiel sei von jeder Untersuchung je ein Protokoll angefiihrt * Hund 4. Gewicht 10 kg. Desympathisation der Leber. Mikroskopisch: Stauungserscheinungen in der Leber. Einengung der Leber-

ggnge. Normaler Fettgehalt. Verdickung der Pin mater ohne Produktion yon Zetlelementen.

Hirnrinde: Grol3e Anzahl homogener, bla]gefgrbter, gequollener Ganglien- zellen, deren Form ver~ndert ist; Tigroidschwund bis zum vollst~ndigen Fehlen

�9 Ich spreche meinen besten Dank dem Neurohistologen des Instituts Dr. E. Cha- jet fiir die stgndige Hilfe bei der Arbeit aus.

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l~ber die Wechselbeziehungen zwisehen Leber und Gehirn. 477

desselben. In einzeinen Zellen wabige Struktur. Es kommen kernlose Zellen vor. Viele Zellen haben exzentrisch gelegene Kerne. Hie und da Zellschatten. Im all- gemeinen der Charakter einer Hydrose. Diese Zellalterationen beziehen sich haupt- s~chlich auf die mittleren und tells auf die tiefsten Rindenschichten, wo fibrigens auch viele gar nicht ver~nderte Ganglienzellen vorhanden sind. In den peripheri- schen Hirnrindenschichten pr~valieren deutlich geschrumpfte, dunkel gef~rbte Ganglienzellen, in denen der Kern manchmal noch erhalten aber kleiner geworder~ ist. Auf dem Hintergrund solcher pyknotisch-alterierter Ganglienzellen kommen hydropisch ver~nderte, blasse ZeUen yon wabiger Struktur vor, die manchmal den Kern verloren haben. Selten trifft man Zellschatten. An einer ganzen Reihe yon Ganglienzellen kann man deutlich den fJbergang der Zelle yon einem hydropischen in den pyknotischen Zustand erkennen, wobei der ~bergang stets aus dem Zontrum beginnt. M~Bige Neuronophagie. In der grauen Substanz Zerfall der protoplasmati- schen Glia. Es gibt Stellen, wo man deutlich sieht, wie die protoplasmatischen Ausl~ufer anfangen, eine fibrill~re Struktur anzunehmen. M~l~ige Produktion yon faseriger Glia.

Hinsichtlich der Abschnitte der Rinde ist zu bemerken, dab die Intensit~t der Alterationen in gleicher Weise im Stirn- und im Occipitallappen ausgepr~gt ist. In der motorischen Zone gibt es zahlenm~l~ig etwas weniger alterierte Zellen.

Im Striatum und PaUidum sind die Ganglienzellen 5dematSs, haben ihre Struk- tur abet verhiiltnismaflig gut behalten. Vollsti~ndiges Ausbleiben pyknotisch alterierter Zellen. M~I3ig ausgepr~gte Neuronophagie. Im Innern einiger Zellen sind Gliakerne aufgetreten. M~Bige Gliose. Stellenweiser Zerfall der Ausl~ufer der Protoplasmaglia.

Thalamus opticus. Geringffigiges 0dem des Gewebes. Die Ganglienzellen sind 5dematSs, blaI3 gef~rbt, hie und da feinwabig vakuolisiert. Es kommen Zellen mit geschwundenem Kern und Nucleolus vor. Lebhafte Neuronophagie. M~Bige Gliose. Stellenweise Zerfall der Ausl~ufer der Protoplasmaglia.

Ira iibrigen Tell des Hirnstammes und im Tuber cinereum kommen neben ganz normalen Ganglienzellen auch gequollene vor, ohne Tigroid, ab und zu kern- lose Ganglienzellen. Stellenweise kommen geschrumpfte dunkelgef~rbte Zellen vor. M~ltige Neuronophagie. Keine ausgepr~gte Gliose.

Cerebellum. In einzelnen Bezirken ist verstreut der Ausfall yon Purkinjezellen nachweisbar. Dort, wo die Zellen erhalten sind, weisen sic eine blasse Fiirbung und exzentrisehe Lagerung des Kernes auf, stellenweise kommen formlose Zellen vor. Pyknotisch ver~nderte Zellen haben wir hier iiberhaupt nicht getroffen.

Der N. dentatus zeigt verschwommene, blal3 gef~rbte Ganglienzellen. Einzeine Zellen sind dunkel, ihr Umfang herabgesetzt und sie zeigen Neigung zum l~bergang in pyknotischen Zustand.

Seitens der Gehirngef~l~e nehmen die pathologischen Alterationen in der Haupt- saehe in Erweiterung der perivaseul~ren Hohlraume ihren Ausdruck, aueh sind die Gef~13wandungen an einigen Stellen verdickt und gequollen. In der Gef~fllich- tung befinden sich Formelemente in grol]er Anzahl. Erythrocyten, Leukocyten sind vorhanden, eine geringe Beimischung yon Lymphocyten ebenfalls, ohne jeg- liche Extravasate in der Umgebung der Gefiil]e.

In quantitativer Hinsicht erscheint die Gefi~l]reaktion im Rindengebiet und im Corpus s~riatum verh~ltnism~l]ig intensiver als in den fibrigen Absehnitten des Gehirns. M~l]ige Injizierung der Capillare maeht sieh durehweg in allen Teilen des Gehirns bemerkbar.

Plexus chorioideus. Verdickung und QueUung der Gefi~flwandungen, die Endo- thelien sind nicht scharf umrissen. In den Gef~flwandungen sind in geringer Anzahl dunkel gef~rbte Adventitialkerne nachweisbar. Selten einmal sieht man lipoide Einschltisse in den Ganglienzellen und Gefaflwandungen.

Ependym. Erscheinungen einer gelinden Ependymreizung, Zellen blab f~rbbar. z. f. d. g. Neut. u. Psych. 126. 31

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478 B . I . I~apoport:

:FaBt man die Ergebnisse der histologischen Untersuchung des Hundes 4 zusammen, so mull man sagen, dab parenchymatSs-degenera t ive Ver~nderungen in den Ganglienzellen der Gehirnrinde zu beobachten sind. Etwas weniger seharf ausgepriigte Alterat ion der Ganglienzellen liegt im Thalamus opticus vor ; g e m ~ i g t e Gliose. Die Ar t der Ver- gnderungen der GefgBe ist charakterist isch und besteht in der Haup t - sache in einer Erweiterung der perivascul~ren R~ume. Reakt ion und Quellung der Gefi~l~zellen der iibrigen Elemente der hs tisehen Barriere, des Plexus ehorioideus, des Ependyms.

Bei den iibrigen, yon uns untersuchten Hunden, die desympathis ier t wurden, blieben die Erseheinungen im allgemeinen den gesehilderten analog.

Hund 6. Gewicht 8 kg. Leberdevagation. Mikroskopischer Be/und. Leber. Normaler Fettgehalt. Stauungserscheinungen.

Keinerlei Alterationen seitens der Pin mater. Hirnrinde. Gemischtes Bild von pyknotiseh und hydropiseh ver~nderten Gan-

glienzellen, die jedoch ihre Struktur behalten haben. In den 6demat6sen Zellen ersehei- hen die Keme besonders gequollen, stellenweise ist die gequollene KernhtiUe sicht- bar. Pyknotisch alterierte Zellen pri~valieren in den peripherischen Sehichten der Rinde. Es kommen Zellen vor, in denen derUbergang zu dem layknotischen Zustand deutlich nachweisbar ist, wobei der Proze] stets aus dem Zellzentrum ausgeht. Die st~rksten Vergnderungen der Ganglienzellen treten in der motorischen Zone auf; am schwgchsten treten sie im Gebiet des Occipitallappens auf. Sehr gem~l]igte Neuronophagie. M~Bige Produktion yon faseriger Gila.

Striatum, Pallidum. Die Ganglienzellen stehen ihrer Form und F~rbbarkeit nach den normalen nahe. Das einzige, was hier hervorzuheben w~re, ist das manch- mal wenig ausgeprggte Tigroid und ein gewisser 6demat6ser Zustand der Zelle. In einzelnen ZeUen ist eine kaum angedeutete Neigung zu pyknotisehem Zustande bemerkbar. MaBige Neuronophagie. Mgl~ige Gliose mit Neigung zu Bildung yon faseriger Glia.

Thalamus opticus. Die Zellen haben verhgltnismg~ig gut ihren Bau beibehalten, hie und da shad etwas verdiekte Ausl~ufer von Ganglienzellen erkennbar. In einzelnen Zellen ist leiehte wabige Vakuolisation nachweisbar. M~l~ige Neuronophagie. M~ige Gliose. In den Arealen der weil]en Substanz ist faserige Glia in ziemlieh grol]er Menge vorhanden.

In dem iibrigen Teil des Hirnstammes, dem Tuber cinereum, kommt neben alterierten Gangfienzellen eine ziemlich betr~chtliche Anzahl hydropisch-zarter Ganglienzellen vor. Mgl3ige Neuronophagie; m~fiige Gtiose.

Cerebellum. Die Purkinjezellen sind meist dunkel gefiirbt. Es kommen kernlose Zellen vor. Daneben in recht grol~er Menge blab gefgrbte, etwas 6demat6se Gan- glienzellen. In einigen Zellen fehlt das Tigroid.

Nucleus dentatus. Vereinzelte GanglienzeUen sind yon st~bchenartiger Form, in ihrem Umfange etwas verringert, blal3 gefgrbt. Keinerlei deutlich ausgepr~gte Alterationen seitens des Gefg[~apparates des Gehirns und der iibrigen Elemente, der h~mato-encephalitisehen Barriere. Ab und zu lipoide Einsehliisse in den Gan- glienzellen trod in den Gef~l~wandungen.

Zusammen/assung. I m Gehirn gemischtes Bild hydropisch und pyknot isch alterierten Ganglienzellen, wobei dieser Zustand welt weniger s tark ausgeprggt ist als bei den desympathisier ten Hunden. Nur ein

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~ber die Weehselbeziehungen zwischen Leber und Gehim. 479

st/~rkeres 0 d e m der Kerne ist hervorzuheben. I n diesem Falle fehlt pathologische Alterat ion des Gef/~l~apparates und der iibrigen Elemente der h/~mato-encephalitischen Barriere beinahe vol lkommem Der paren- chymatSs-degenerat ive Charakter ist auch hier, wie in den anderen F/~llen, im Gebiete der Hirnrinde st/~rker ausgepr/~gt. Ebenfalls wie bei den desympathisier ten Hunden merkliche L/~sion der Purkinjezellen.

Hund 7. Gewicht 9 kg. Durchtrennung der Art. he~gaticae. Mikroskopischer Be/und. Leber. Blutergiisse rings um die Gef/~l~e, Komprimierung

der Leberelemente. Nekrotisehe Herde. In den Hiillen Erscheinungen einer starken Stase, groBe Vaseularisation, geringe

Anzahl lang ausgezogener fibroblastiseher Elemente. Hirnrinde. Gewisser Grad yon 0dem des Gewebes. Die Umrisse der Ganglien-

zeUen sind nndeutlich, etwas versehwommen. In den Zellen feinwabige Vakuoli- sierung, die jedoch keinen hydropischen Charakter aufweist, h/~rter und troeken ist. In einigen Zellen sind kleine wabige Hohlrgume vorhanden, die yon dem ttinter- grund eines mehr oder minder wohlerhaltenen Tigroids absteehen. Bisweilen kommt in einzelnen Zellen eine starker ausgepragte Wabenbildung vor, bei gelblieher F~rbung, was die Anwesenheit yon Lypofusein in den Zellen vermuten 1/~l~t. Die Kerne sind stellenweise gar nieht alteriert. Daneben kommen in geringer Anzahl kernlose Zellen vor. Ab und zn erseheinen die Kerne vergr613ert, gequollen, peripher gelagert. Zahlreiche feineZellreste, von Gliakernenumgeben. Sehrlebhafte2qeurono- phagie, tt6ehst intensive Gliose.

Im Gebiete des Striatums und Pallidums sind die Zellen relativ weniger verandert, jedoeh haben aueh hier viele Zellen eine feinwabige Struktur. Der Charakter dieses wabigen Baues ist demjenigen in der Rinde analog. Geringfiigige Vergnderungen seitens der Kerne, die bisweilen peripher gelagert sind. Lebhafte Neuronophagie. Lebhafte Gliose. Das Wesen der Zellalterationen des i2brigen Teiles des Hirnstammes, des Tuber einereum, des Kleinhirns ist das n/~mliehe, aber zahlreiche Zellen sind ganz unberiihrt.

Im Gef~Bapparat sind ziemlieh betr/~ehtliche pathologische Alterationen in diversen Teilen des Gehirns naehweisbar. An den groBen GefaBen hebt sieh die Wandung an einigen Stellen vom Gewebe ab und ist maneherorts nekrotiseh. Die perivascularen Raume sind kolbenfSrmig aufgetrieben. Die Wandung ist gequollen, blab gef~rbt, undeutlieh hie und da verdiinnt. In einzelnen Bezirken sind Leukocyten in der GefalMichtung vorhanden. In der Gefal~wandung selbst ist eine gewisse Anzahl von Formelementen, davon die einen klein, briiehig, py- knotisch, die anderen ausgestreekt sind Fibroblasten). Mal~ige Injizierung der Capil- laren. In den feinen Capillaren sind stellenweise Lymphocyten vorhanden.

Plexus chorioideus. Erscheinungen einer ziemlich betraehthchen Atrerien- und Venenhyperamie. Stellenweise Desquamation der Endothelien. Die GefaB- wandungen sind bisweilen verdiinnt.

Ependym. Ziemlich bedeutende Proliferation der Endothelelemente, die aus langliehen in abgerundete, triibe verwandelt sind.

Zusammen/assung. I n vorliegendem Falle ist auch ein parenchymat6s- degenerativer Charakter der Alterat ion der Ganglienzellen vorhanden, wobei auch das Rindenparenchym einigermaBen in Mitleidenschaft gezogen ist; der Charakter der L~sionen ist hier aber ein etwas anderer.

Die Vakuolisierung der Zelle ist nicht yon so deutlich hydropischer Art, wie es in den vorher erw~hnten F~llen gewesen war. Hier sind die Gef/~l~ver/inderungen ziemlich stark, in quant i ta t iver Hinsicht ist kein Tell des Gehirns besonders s tark betroffen.

31 a

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480 B . I . Rapoport:

Hund 8. Gewicht 12 kg. Ecksche Fistel. Mikroskopischer Be/und. Leber. Hyperiimie. Blutergul3 mit ausgelaugten Ery-

throcyten. Die Leberzellen sind komprimiert, stark veriindert, die Zellkerne stellen- weise vergrSi3ert, es kommen auch zwei davon in einer Zelle vor. Ver6dung der Gallen- wege. Epithelwucherung im Lumen.

Gehirn. Keinerlei schwere Alterationen der weichen Hirnhiiute. Gehirnrinde. Der Bau der Ganglienzellen ist nicht scharf genug sichtbar. Die Zellen sind ver- schwommen und 5dematSs. Feinzellige Wabenbildung ist betr~chtrich ausgepr~gt, stellenweise bis zum vSlligen Schwund des Zellparenchyms an der Peripherie. Merkricrie Alteration der Kernhiille. An einigen Orten haben die Kerne eine peri- phere Lage. Die Kerne sind einigermal3en vergr513ert, gequollen. V61riges Ausbleiben yon pyknotisch-ver~nderten Zellen. MiiBige Neuronophagie. Starke Griavermerirung. Pyknose der Gliazellen.

Striatum, Pallidum, Thalamus. Die Ganglienzellen sind etwas hydropisch, stellenweise ist die Kernhfille ver-

~ndert, die Kerne sind bisweilen gequollen. /)as Tigroid ist in einigen ZeUen undeut- rich, groBe Anzahl giinzlich unveriinderter Zellen. M~Bige Neuronophagie. Miii3ige Gliose.

Im iibrigen Hirnstamm, dem Tuber einereum und dem Kleinhirn sind keine seharfen Alterationen nachweisbar.

Im Gef~Bapparat aller Gehirnabteile sind die Gef~flwandungen verdiekt und gequollen. Erweiterung der perivascul~ren R~ume und in der Wandung selbst gewisse Entwicklung adventitialer Elemente. AUe diese Alterationen sind in einem vielleicht etwas bedeutenderem Grade im Gebiete des Striatums ausgepriigt als in den iibrigen Teilen des Gehims. Maflige Injizierung der Capillaren.

Im Plexus chorioideus Hyper~mie, leichte Quellung der Gef~13wandungen, darin in geringer Anzahl adventitiale Elemente. Gequollene, blasse Endothelien. Im Ependym blaB, unschsrf umrissene Zellen.

Zusammen/assung. Hier s ind vor a l lem ziemlich bet r~cht l iche Alte- r a t ionen der Leber , im Vergleich zu den vorangegangenen Fi i l len hervor- zuheben. Auch hier ent fa l len im Gehirn die Ver~nderungen der Ganglien- zellen grSl~tenteils auf die Rinde . Der Charak te r der Gef~Bver~nderungen is t de r n/~mliche und /~ui3ert sich haupts / ichl ich in der Erwei te rung perivascul/~rer R/~ume. Der Char~kter der Al t e ra t ionen ist in den fibrigen E lemen ten der h / imato-encephal i t i schen Barr iere der gleiche wie bei den desympa th i s i e r t en Hunden .

Hund 9. Gewicht 8 kg. Phosphorvergi/tung. Mikroskopischer JBe/und. In der Leber Erscheinungen einer fettigen Infiltration.

In den weichen Hirnh~uten enorme Gefi~13bildung, hie und da mit Stase. Stellen- weise Blutergfisse, aber ohne proriferativ-exsudative Erseheinungen.

Hirnrinde. In den Ganglienzellen ist feinwabiger Bau nachweisbar; hydropisehe Erscheinungen fehlen. Ab und zu, jedoch viel seltener als bei'Hunden, denen die Art. hepatica durchtrennt worden war, kommt eine gelbriche F/~rbung (F/~rbbarkeit) des Wabenbaues vor. Erseheinungen einer lebhaften Neuronophagie. Bisweilen kann man erkennen, wie 5--6 Kerne in den Leib einer Gangrienzelle eingedrungen sind. Betr~chtriche Gliose.

Striatum, Pallidum. Ganglienzellen weisen Alterationen yon demselben Cha- rakter auf wie in der Rinde, sind aber doch welt besser erhalten. Lebhafte Neurono- phagie. Ziemrich starke Gliose.

Thalamus opticus. Die Ganglienzellen sind viel besser erhalten als in der Rinde yon Striatum und Palridum, ihrer Anzahl naeh niihem sie sich der Norm. M~i3ige Neuronophagie. M~Bige Gliose.

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Jim fibrigen Gehirnstamm, dem Cerebellum, sind die Zellen dunkel gefgrbt, weisen stellenweise einen fein wabigen Bau auf, der auch hier yon trockenem, harten Charakter ist und oft in geome~rischer Art verteilt erscheint. Die Kerne sind an einigen Stellen kleiner geworden und sind eckig. Ab und zu kommen kern- lose Zellen vor. Lebhafte Gliose. Sehr lebhafte Neuronophagie.

Der Gef~gapparat verschiedener Abteilo des Gehirns zeigt ziemlich bedeutende Alterationen ohne Bevorzugung irgendwelcher Areale, feine Capillare sind sehr stark entwickelt und injiziert, Gefgl~e ebenfalls. Rings um die GefgBe gering[figige Gewebsnekrosen. In der GefgBwandung selbst sind nirgends reaktiv-entzfindliche A]terationen bemerkbar. S$ellenweise kommen einzelne Gefggpakete vor, mit stark verdickten Wandungen und einer enormen Anzahl yon Formenelementen in der Wandung selbst, die bier nicht nekrotisiert ist.

Im Plexus chorioideus ziemlich bedeutende Hypergmie der Venen und Arterien. Stellenweise Desquamation des Endothels. Die Gefgl3wandungen sind gequollen, 6demat6s.

Ependym. Proliferation der Endothelelemente. Bei Fi~rbung nach Herxheimer kommen in grol~er Anzahl Ganglienzellen mit Lipoideinschliissen im Leibe der Gan- glienzelle in den Gefggwandungen verschiedener Gehirnbezirke vor.

Zusammen/assung. In diesem Falle liegen Alterationen vor, die yon parenchymatSs-degenerativem Charakter sind, hier tragen abet diese Ver/inderungen hauptsgchlich den Charakter einer fettigen Infil- tration der Zelle.

Hier tr i t t uns keine so starke Hydropsbildung entgegen, wie wir sie namentlich bei desympathisierten I tunden sahen. Die Capillaren sind hier stiirker ausgebildet als in den frfiheren Fallen. Ziemlich bedeutend sind die Vergnderungen des Gefgl3apparates. I n diesem Falle ist die fettige Infiltration yon Gef/~wandungen und Ganglienzellen besonders stark ausgeprggt.

In allen hier angeffihrten Untersuchungen miissen Gehirnalterationen als Resultat einer primi~ren Leberpathologie in der einen Gruppe yon Versuchen yon solehen Gehirnalterationen unterschieden werden, die in anderen Experimenten als Ergebnis der Einwirkung einer gewissen Substanz auf die Leber mit daraus folgender Leberpathologie und auch dutch primgre Einwirkung der n~tmlichen Substanz auf das Gehirn zustandegekommen sind.

Allen Fitllen yon primgrer Leberpathologie sind nachstehende Gehirn- vergnderungen gemeinsam :

1. Ein parenchymat6s-degenerativer, diffuser Proze$ in allen Teilen des Gehirns mit maximaler Beteiligung des Rindenparenchyms und L/~sion des Gef/~Bapparates ohne irgendwelche Erscheinungen yon entzfindlicher Art. In der zweiten Gruppe yon Versuchen, d .h . bei Tieren, die mit Phosphor vergiftet wurden, bestand das pathologisch- anatomische Substrat ebenfalls in Lgsionen yon parenchymat6s-degene- rativem Charakter, ohne Erscheinungen einer entzfindlichen Reaktion, hierbei war jedoch die Hydropsbildung nicht so stark wie besonders bei desympathisierten Hunden und der pathologische Zustand der

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Ganglienzellen ~ul~erte sich offenbar in der Hauptsache in Erscheinungen einer fettigen Zellinfiltration.

In dieser Gruppe von Versuehen war das Capillarnetz am st/~rksten entwiekelt und der Gef/il~apparat zeigte sich ziemlich stark betroffen, die L~sion der Gefi~l~wandung hatte sogar zu h~morrhagischen Erschei- nungen und einer teilweisen Nekrose der eigentliehen Gef~tl3wandung gefiihrt.

Hieraus ist der Sehlul3 gestattet, dal~ Leberl~tsionen - - gleichwie yon weleher Art - - mit Gehirnalterationen einhergehen, die nicht yon elek- tiver, sonderrt yon diffuser Art sind. Irgendein bestimmter Zusammen- hang der Leber mit einem gewissen Gehirnbezirk liel~ sieh nieht nachweisen Die Ver~nderung der subcorticalea Zentren war bald sts bald schw~eher ausgepr~gt. Diese Variation in der Intensit~t der L~sionen riihrt von dem Grade der Lebererkrankung her. Bemerkenswert ist der Umstand, dal3 der Grad und der Charakter der Gehirnalterationen bei dem einen oder anderen pathologischen Zustand der Leber in Gefs veri~nderungen seinen maximalen Ausdruck finder. Auf Grund der Versuehe yon M. Lewandowsky (aus unserem Laboratorium) kSnnen wir einen Parallelismus zwischen dem ~bertr i t te der zu untersuchenden Substanzen. in den Liquor cerebrospinalis und dem Grade der ana- tomisehen Alterationen feststellen.

An Hand der oben gesehilderten pathologisehen Gehirnver~nderungen diirfen wir von einem Zusammenhang zwischen der Gehirnfunktion und der Leber sprechen, jedoch blol3 in dem Sinne, dal3 die Leber in den Vorgi~ngen des intermedi~,ren Stoffwechsels yon grol3er Bedeutung ist und fOr eine ganze Reihe endogen gebildeter und exogen einverleibter Stoffe im Organismus die Rolle einer Barriere iibernimmt. Deswegen mul3 der pathologische Zustand dieses Organs notwendigerweise eine Ursache der Intoxikation des Organismus dureh schitdliche Stoffe bilden, die sich als Stoffwechselprodukte ansammeln; diese Intoxikation be- einflul3t auf humoralem Wege die Gehirnfunktion, deren StSrung in Verschiedenen morphologischen Veritnderungen ihren Ausdruck findet. Deshalb miissen wir verneinend auf die Frage antworten, ob es irgend- welchen spezifischen region~ren Zusammenhang zwischen Leber und Gehirn gibt ; dazu fiihrten uns unsere Versuchsergebnisse. Kann aber die Gruppe yon Erkrankungen, die unter der Bezeiehnung ,,hepato-lenti- kulare Degeneration" zusammengefal3t wird, auf einer Pathologie der Leber begriindet sein ? Wir kSnnen eine. solche M6glichkeit nur als Resultat einer allgemeinen Intoxikation des Organismus dureh StSrung der Leberfunktion annehmen, dazu mfil~te aber vor allem erst auch das Vorhandensein und die prims Bedeutung einer solchen Intoxikation unter den jeweiligen Verh~ltnissen bewiesen werden. Nach den experi- mentellen Ergebnissen zu urteilen, die mittels versehiedenartiger Leber- lgsionen erzielt worden sind, blieb die Suche naeh einer spezifischen

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Beziehung zwischen Leber und Gehirn erfolglos. Das Fehlen eines derart igen spezifischen Zusammenhanges wird auch noch dadurch bewiesen, dab die Phosphorvergif tung, die gleichzeitig Leber und Gehirn beeinfluSt (wie i iberhaupt alle Gewebe auch), im Gehirn Ver/~nderungen verursacht , die den durch elektive Wirkung einer prim/~ren experimentellen Leber- lasion analog sind.

Literaturverzeichnis.

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