Über das versehiedene ergebnis reziproker kreuzung yon hiihnerrassen und über dessen bedeutung...

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Referate. 17 3 anseheinend noch ganz auf dem Standpunkt der yon Darwin (Entstehung der Arten~ 1. Kapitel) angefiihrten Zfichter~ welche fiber die tierisehe Organisation wie fiber ein Stfick Lehm sprechen, das sie in alle mSgliche Formen kneten kSnnen, und die Zuchtwahl als den Zauberstab bezeichnen, der es dem Land- wirt ermSglicht, dem lebenden Tiere jene Form und jene Eigenschaften zu verleihen, die ibm belieben. Auch der Korrelation wird eine grofie Rolle zugeschrieben (idealer Rosenkamm und runde KSrperform, einzelne sehwarze Federn als Versicherung gegen ,erbliehes Gelb"), abet die Korrelationen; sollen innerhalb eines Stammes durch Auswahl der Individuen, welche sie ausnahmsweise nicht zeigen, beseitigt (so die Korrelation zwischen Gelbbeinigkeit und Gelb im Gefieder) und insbesondere sollen auch die Korrelationen zwischen prim~ren und sekundiiren Geschleehtscharakteren durch Zuchtwahl gebrochen werden k~innen (dimorphe Zeichnung bei gestreiften Plymouths). Offenbar kommt bei der nieht ganz fibereinstimmenden Beurteilung und Behandlung der verschiedenen Rasseneigenschaften durch die Zfiehter die s..tillschweigende und unbewut~te Anerkennung einer Gegens~tzlichkeit im Ubertragungsmodus zum Ausdruek~ welche neuerdings in steigendem Marie das Interesse der Erblichkeitsforscher auf sieh gezogen hat und theoretisch namentlich durch Erweiterung der Polymeriehypothese zu be- seitigen versucht wurde, derselben @egens~tzlichkeit, die ich durch die Unterscheidung yon einfach und komplexverursachten~ von autonomen und korrelativ gebundenen Merkmalen entwicklungsge~chiehtlich zu formulieren unternommen habe. In dieser Hinsicht werden aber die Erfahrungen der Geflfigelziichter, wenn einmal die engere Ftihlung zwischen ihnen und der Erblichkeitsforschung hergestellt ist, wertvolle Ausgangspunkte ffir breit angelegte Vererbungs- versuche liefern kSnnen undes ist zu hoffen~ daft in den wissenschaftlichen Instituten, welchen Mittel und Krafte zur Verffigung stehen, mSglichst bald an diese Aufgabe herangetreten wird. V. Haecker. v. Tsehermak~ A. 0ber das versehiedene Ergebnis reziproker Kreuzung yon Hiihnerrassen und fiber dessen Bedeutung fiir die 3~ererbungs. lehre. (Theorie der Anlagenschwitchung oder Genasthenie.) Biol. Centralbl. Bd. 37, 5Tr. 51 S. 217--277. Der Verf. entwickelt in dieser Arbeit die Theorie der Anlagenschw~chung oder Genasthenie. Er versteht darunter eine ,,ganz charakteristische Schw~chung oder Valenzminderung bestimmter Faktoren oder Gene in ge- wissen Kreuzungsf~llen"~ die ,Idee einer sekund~ren hybridogenen Zygoten- genasthenie". Die Faktoren sind in der Veranlagungsweise durchaus gleich- wertig. Sind sie in der neuen Zygote ,,dichogametisch" (neues Wort ffir homozygotisch), dann tritt eine normale Befruchtungsverschmelzung und die normale Entwicklung der Anlagen beim neuen Tiere ein, w~hrend sie im ,haplogametischen" Zustande (~ heterozygotisch) unter Umst~nden so ab- gesc.h.wi~cht werden kSnnen, daft sie im Fl-Individuum nicht oder nur wenig zur AuBerung gelangen, aber auch in den folgenden Generationen sich nur abgeschwi~cht i~ufiern kSnnen. Die Ungleichwertigkeit tritt erst in der Heterozygotie ein, und zwar ist die Valenzminderung abh~tngig von der Natur der einzelnen Faktoren, aber auch yon dem Gesehlecht oder Sexual- milieu, der Gamete, die den betreffenden Faktor in die Zygote einbringt und so ihrerseits den valenzmindernden Einflut~ der Fremdkreuzung beeinflufit.

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Referate. 17 3

anseheinend noch ganz auf dem Standpunkt der yon D a r w i n (Entstehung der Arten~ 1. Kapitel) angefiihrten Zfichter~ welche fiber die tierisehe Organisation wie fiber ein Stfick Lehm sprechen, das sie in alle mSgliche Formen kneten kSnnen, und die Zuchtwahl als den Zauberstab bezeichnen, der es dem Land- wirt ermSglicht, dem lebenden Tiere jene Form und jene Eigenschaften zu verleihen, die ibm belieben.

Auch der K o r r e l a t i o n wird eine grofie Rolle zugeschrieben (idealer Rosenkamm und runde KSrperform, einzelne sehwarze Federn als Versicherung gegen ,erbliehes Gelb"), abet die Korrelationen; sollen innerhalb eines Stammes durch Auswahl der Individuen, welche sie ausnahmsweise nicht zeigen, beseitigt (so die Korrelation zwischen Gelbbeinigkeit und Gelb im Gefieder) und insbesondere sollen auch die Korrelationen zwischen prim~ren und sekundiiren Geschleehtscharakteren durch Zuchtwahl gebrochen werden k~innen (dimorphe Zeichnung bei gestreiften Plymouths).

Offenbar kommt bei der nieht ganz fibereinstimmenden Beurteilung und Behandlung der verschiedenen Rasseneigenschaften durch die Zfiehter die s..tillschweigende und unbewut~te Anerkennung einer Gegens~tzlichkeit im Ubertragungsmodus zum Ausdruek~ welche neuerdings in steigendem Marie das Interesse der Erblichkeitsforscher auf sieh gezogen hat und theoretisch namentlich durch Erweiterung der Polymeriehypothese zu be- seitigen versucht wurde, derselben @egens~tzlichkeit, die ich durch die Unterscheidung yon einfach und komplexverursachten~ von autonomen und

kor re la t iv gebundenen Merkmalen entwicklungsge~chiehtlich zu formulieren unternommen habe.

In dieser Hinsicht werden aber die Erfahrungen der Geflfigelziichter, wenn einmal die engere Ftihlung zwischen ihnen und der Erblichkeitsforschung hergestellt ist, wertvolle Ausgangspunkte ffir breit angelegte Vererbungs- versuche liefern kSnnen u n d e s ist zu hoffen~ daft in den wissenschaftlichen Instituten, welchen Mittel und Krafte zur Verffigung stehen, mSglichst bald an diese Aufgabe herangetreten wird. V. H a e c k e r .

v. Tsehermak~ A. 0 b e r das versehiedene Ergebnis rez iproker Kreuzung yon Hi ihnerrassen und fiber dessen Bedeutung fiir die 3~ererbungs. lehre. (Theorie der Anlagenschwitchung oder Genasthenie.) Biol. Centralbl. Bd. 37, 5Tr. 51 S. 217--277.

Der Verf. entwickelt in dieser Arbeit die Theorie der Anlagenschw~chung oder Genasthenie. Er versteht darunter eine ,,ganz charakteristische Schw~chung oder Valenzminderung bestimmter Faktoren oder Gene in ge- wissen Kreuzungsf~llen"~ die ,Idee einer sekund~ren hybridogenen Zygoten- genasthenie". Die Faktoren sind in der Veranlagungsweise durchaus gleich- wertig. Sind sie in der neuen Zygote ,,dichogametisch" (neues Wort ffir homozygotisch), dann tri t t eine normale Befruchtungsverschmelzung und die normale Entwicklung der Anlagen beim neuen Tiere ein, w~hrend sie im ,haplogametischen" Zustande ( ~ heterozygotisch) unter Umst~nden so ab- gesc.h.wi~cht werden kSnnen, daft sie im Fl-Individuum nicht oder nur wenig zur AuBerung gelangen, aber auch in den folgenden Generationen sich nur abgeschwi~cht i~ufiern kSnnen. Die Ungleichwertigkeit tri t t erst in der Heterozygotie ein, und zwar ist die Valenzminderung abh~tngig von der Natur der einzelnen Faktoren, aber auch yon dem Gesehlecht oder Sexual- milieu, der Gamete, die den betreffenden Faktor in die Zygote einbringt und so ihrerseits den valenzmindernden Einflut~ der Fremdkreuzung beeinflufit.

174 R eferate.

Diesen Einflui~ des Geschlechts, unter dem sich p r i n z i p i e l l g l e i c h ge- a r t e t e Anlagen vo r der Z y g o t e n b i l d u n g befanden, will Verf. nicht nur zur ErklKrung der Verschiedenheit reziproker Kreuzung bei seinen eigenen, unten zu schildernden Versuchen heranziehen, sondern nimmt ihn auch noch zur Erkli~rung yon den F~llen als mSglich in Anspruch, die man bisher als geschlechtsbeschriinkte Vererbungsform ansah. Verf. nimmt dabei an, dab ungleiche a b s o l u t e Wertigkeit im Sinne yon ~tul~erlicher Dominanz oder Pr~valenz und yon Rezessivit~t bezw. yon Epistasie und yon Hypostasie der Faktoren das prim~re sind, dab daneben in gewissen Fi~llen das ,,Sexual- milieu" jene Valenz bezw. den schliei~lichen Ausbildungsgrad sekul~diir irgendwie zu beeinflussen zermag. Uber die Nachdauer dieser Genasthenie gibt Verf. keine bestimmte Angaben. Er liii~t ein allm~hliches oder sprung- haftes ,,Wiedererstarken" nach Wiederherstellung der ,,Dichogamese" (-- Homozygotie) als mSglich erscheinen, ebenso aber auch die MSglichkeit andauernden Verschwundenbleibens, auch bei erneut eintreteuder Homozygotie, bis zur dauernden Inaktivierung~ vielleicht sogar bis zum Untergang gewisser Faktoren - - Genophthise oder Geneklipse. Solche extreme Genasthenie kann z. B. zur Erkliirung des Nichtspaltens gewisser I-Iybriden mit Metro- oder Patroklinie herangezogen werden. Das Wiedererstarken derartiger durch Genasthenie geschw~chter oder ganz verschwundener Faktoren k~me dann sogar als Quelle yon anscheinendem Atavismus und yon anscheinender Mutation in Betracht.

Referent hat damit versucht, mSglichst mit den Worten des Verf.s die aut~erordentlich weitgreifenden Theorien, die in dieser Arbeit entwickelt werden, darzulegen. Zu einer eingehenden kritischen Besprechung derselben liegt jedoch so lange kein Grund vor, so lange sich diese Erwagungen nicht auf wesentlich umfangreichere Versuche begriinden. Das in dem ersten Tell der Arbeit beigebrachte Material kann, so groii auch die auf die Versuche, die fiinf Jahre dauerten, verwandte Miihe gewesen sein mag, so weitgehende Schltisse zuniichst nicht rechtfertigen.

Verf. arbeitete mit Hiihnern, in der Hauptsache in zwei Versuchsreihen. Die z w e i t e Versuchsreihe. Kreuzung yon Plymouth Rock mit rebhuhnfarbigen Italienern kann ftir weitergehende Schltisse leider iiberhaupt nicht in Frage kommen, - - Verf. sp~icht selbst yon einer ,gewissen Zuriickhaltung im Ur- teil" - - , da sie nur vereinzelte Nachzucht in F1, iiberhaupt keine Nachzucht in F 2 und insgesamt, einschlie/~lich der Anpaarung yon je einer brauneu Island-Henne mit und ohne Schopf nut 11 Nachkommen umfat3t, yon denen nur sieben das Ktikenstadium tiberlebten.

Die e r s t e Versuchsreihe, reziproke Kreuzung von Cochinchina gelb X Minorka weii~ (mit Rosenkamm) unter spaterer Anpaarung yon Langshan und ,,grauer Landrasse ~' umfafit rund 150 Tiere, hauptsiichlieh Kammform, Befiederung und Farbe der Beine~ Farbe des Gefieders beriicksichtigend. Verf. benutzte zur Gewinnung vonF 1 je zwei Hi~hne und zwei Hennen der beiden Rassen: Er beansprucht im mehrfach scharf hervorgehobenen Gegensatz zu frtiheren Arbeiten anderer Verf, fiir diese Ausgangstiere die Bezeichnung als vSllig ,reinrassig." (Das Wort rein vielfach durch Sperrdruck hervorgehoben !) Mi t der A n n a h m e , dat~ d i e se T i e r e in den h i e r in F r a g e s t e h e n - den E i g e n s c h a f t e n h o m o z y g o t i s c h w a r e n , s t e h t und fi~llt j e d o c h die e n t w i c k e l t e T h e o r i e . Die Richtigkeit dieser Annahme erscheint aber bei ni~herem Eingehen auf die Versuche frag]ieh: Die allgemein gehaltene Angabe~ daft die Tiere ,,bei Inzucht eine tadellos konstante Nachkommen- schaft geliefert haben"~ kann ohne hi, here Darlegung der diesbeziiglichen

Referate. 175

Versuche Bedenken in dieser Hinsieht nicht beseitigen (Verf. l~f~t sogar S. 266 diesen Einwand als mSglich zu!); die Angabe, daft sich ,,bei Kreuzung kein Grund daftir ergeben hat, sie fiir inkonstant anzusehen", beruht zweifel- los auf einem Irrtum, denn die verwandte Minorkahenne mit breitem Kamm ergab, mit einem Hahn mit einfachem Kamme gekreuzt, zwei Nachkommen mit einfachem Kamm (mehr welden nicht nachgewiesen, was jede Kl~rung dieses ausschlaggebenden Punktes verhindert), ein Ergebnis, das auf Grund yon allgemein bekannten Versuchen Init hunderten yon Tieren doch unbedingt den Verdacht der Heterozygotie fiir breiten Kamm bei diesem Tiere er- wecken mu~. So bleibt zun~ehst fiir die Verschiedenheit der Ergebnisse reziproker Kreuzungen dieser beiden Rassen in F 1.die MSglichkeit ungleicher genetischer Ausgangsformen unbedingt often. Ahnliche Bedenken lassen sich betreffs der anderen hauptsiiehlich zum Aufbau der Theorie heran- gezogenen Eigenschaften auch aussprechen. Was dann die F1-Generation aus der reziproken Kreuzung betrifft, Cochinchina 9- X Minorka ~ , so ent- spricht deren Ergebnis durchaus unseren bisherigen Kenntnissen, nur ein ,Ausnahmefall" unter 14 Tieren (FlI2) fAllt in a l l e n beschriebenen Eigen- schaften aus dem Rahmen der anderen Tiere heraus: Referent kann zu diesem ,Ausnahmefall" nattirlich keine Erkli~rung geben, es mut3 jedoeh ge- sagt werden, dab bisher alle diese ,,AusnahmefAlle", wie sie vereinzel~ noch in den meisten Versuchen aufgetreten sind, yon den betreffenden Verfassern in scharfer Selbstkritik zunachst sehr vorsichtig behandelt werden, dab keiner jedoch, wie hier geschehen, derartige Tiere, besonders wenn sie, wie hier, als Kfiken eingingen, als ,,speziellen Beweisgrund" ftir weitreichende Theorien in Anspruch genommen hat!

Unter diesen Umst~nden bietet ein weiteres 'Eingehen auf die F 2- und F3-Generation im einzetnen kein besonderes Interesse. Es sollen hier nur noch kurz einige Punkte erwAhnt werden, in denen der Verf. yon den bisher geltenden Ansichten abweicht: Verf. nimmt einen b i f a k t o r i e l l e n Unter- schied ftir Kammform ( R o s e n k a m m - einfacher Kamm), fiir Befiederung der Schafte (Vo l lbe f i ede r t - nieht befiedert), ftir Beinfarbe ( O r a n g e - grau) an. Einen t r i f a k t o r i e l l e n Untersehied ftir V o l l p i g m e n t i e r u n g - Nicht- pigmentierung. Neben dieser letzteren Gegeniiberstellung stellt er bei den- selben Tieren noeh einmal gegeniiber: Braungelbton mit Spur schwarz - - Reinweit~ton, ebenfalls trifaktoriell. W a l t h e r , Giet~en.

Tjebbes~ K. Sur les rapports g~n~tiques entre ~haumalea picta et Thau- malea obscura Schlege.l.. D'apr~s les ~tudes exp6rimentales de M. le Dr. J. H. Kruimel. (Uber die genetischen Beziehungen zwischen Thaumalea pieta nnd Thaumalea obseura Sehlegel. Nach den experi- mentel len ¥e r suehen des H e r r n Dr. J. H. Kruimel.) Archives neer- landaises des Sciences exactes et naturelles. Serie I I I B , Tome III, p. 316--323, 1917.

Die yon seinem verstorbenen Freunde K r u i m e l in dessen experimen- tellen Versuchen erhaltenen Ergebnisse sind vom Verf. zum Teil in dieser Mitteilung verarbeitet worden; zum weitaus gr5t3ten Teile werden die Ver- suche vom Verf. weitergeftihrt und dariiber beabsiehtigt er spater zu berichten. Diese ersten Versuchsergebnisse beziehen sich nur auf die genetischen Be- ziehungen zwischen den beiden im Titel genannten Arten, welche sich zu- sammen als ein Linneon im Sinne L o t s y s , das Linneon ,,@oldfasan", be- trachten lassen. Dieses Linneon wird gebildet von einer grof~en Zahl