ttip - folgen für entwicklungsländer
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7232019 TTIP - Folgen fuumlr Entwicklungslaumlnder
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Globale Dialogbuumlhne
Transatlantische Partnerschaft (TTIP) ndash
Die Folgen fuumlr die Entwicklungslaumlnder
22 Oktober 2015
Muumlnchen Max-Planck-Institut
Dokumentation
Veranstalter
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als 10000 Mitgliedern in 120 Laumlndern in bdquoChaptersldquo (Sek-tionen) auf regionaler und lokaler Ebene organisiert SIDhat bei den Vereinten Nationen einen Beraterstatus DasSID Chapter MuumlnchenBayern (wwwsid-munich-chapterorg) wurde 1990 im Max-Planck-Institut Muumlnchen demVeranstaltungsort gegruumlndet bdquoDer Gruumlndungsvater ist der heute uumlber 90 Jahre alte Professor Dr Klaus Gottsteinldquofreute sich Salau diesenhoumlchstpersoumlnlich im Publi-kum begruumlszligen zu koumlnnen
Fuumlr die inhaltliche Ge-staltung der Tagung war die
SID mit ihrem Kooperati-onspartner der Hochschulefuumlr Angewandtes Manage-ment (FHAM) verantwort-lich bdquoDas Bundesministe-rium fuumlr wirtschaftliche Zu-sammenarbeit und Ent-wicklung BMZ hat mit vie-len inhaltlichen Anregun-gen enorm zum Zustande-kommen dieser Veranstaltung beigetragen und uumlber die Ge-sellschaft fuumlr Internationale Zusammenarbeit GIZ die Ver-anstaltung auch finanziell unterstuumltztldquo bedankte sich Salau
vor dem ersten Redner Dr Bernhard Felmberg vom BMZ
Dialogbuumlhne TTIP Muumlnchen 2015 Dokumentation
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Den 24 Oktober 2015 hatten die Vereinten Nationen alsTag bdquoder Information uumlber Entwicklungsfragenldquo ausgeru-fen Dies hatten die Organisatoren zum Anlass genommenzwei Tage zuvor (am 22 Oktober) zu einer bdquoGlobalen Dia-logbuumlhneldquo einzuladen und die Verhandlungen zwischen denUSA und der EU uumlber bdquoTransatlantic Trade and InvestmentPartnershipldquo (kurz TTIP) zur Diskussion zu stellen unduumlber das emotionsgeladeneThema aufzuklaumlren
Dr F Kayode Salaustellte die Organisatorenvor den Verein bdquoGesell-
schaft fuumlr InternationaleEntwicklung eVldquo (Societyfor International Develop-ment SID) Muumlnchen unddie Hochschule fuumlr Ange-wandtes Management inErding bdquoDie SID ist die aumll-teste internationale poli-tisch unabhaumlngige und pri-vate Vereinigung von Per-sonen die sich den Aufgaben und Zielen der globalen Ko-operation verpflichtet fuumlhltldquo so Salau Vorsitzender desSID Chapters Muumlnchen
SID wurde 1957 in den USA gegruumlndet und ist mit mehr
Gruszligwort Dr Bernhard Felmberg
bdquoWir wollen dass ausfreiem Handel fairer Handel wirdldquo
Der ebenso freundlichen wie hartnaumlckigen Anfrage nacheinem Referenten aus dem BMZ die von Dr Salau an DrBernhard Felmberg herangetragen wurde sei diese Koope-ration mit SID zu verdanken schickte der Ministerialdiri-
gent seinem Gruszligwort voraus Auf das hoch emotionali-sierte Thema habe ihn sogar der Flughafen Tegel auf demWeg nach Muumlnchen eingestimmt Werbeplakate begleitetenihn bis ins Flugzeug Werbung zeige immer bdquowas so dranistldquo Und da habe TTIP eine sehr hohe Praumlsenz Erst wenigeTage zuvor hatte in Berlin eine Demonstration von fast200000 Leuten ndash bdquodas vertraumlgt Berlin immer gut und ent-spanntldquo ndash stattgefunden bdquoSoviel Leute auf die Straszlige zu
bringen heiszligt auch dass man an einer Stelle den Nerv der Bevoumllkerung trifftldquo
Die Muumlnchner Veranstaltung greife zwei fundamentaleThemen auf die Transatlantische Handels- und Investiti-onspartnerschaft TTIP und die Belange von Entwicklungs-
laumlndern Letzteres sei Grundlage dass er als Vertreter desBMZ dazu Stellung nehmen duumlrfe
bdquoDie Verknuumlpfung beider Themen fuumlhrt uns in die Kom- plexitaumlt der globalisierten Welt Wir alle sind uns einig Die
Dr F Kayode Salau Vorsitzender des SID Chapters Muumlnchen
Prof Dr Klaus Gottstein (r) Gruumln-der des SID Chapters Muumlnchen
lokale Politik muss sich auch an den globalen Anforderun-gen ausrichten Wir muumlssen Entwicklungslaumlnder als Partner in unseren Handel integrieren ihre nachhaltige Entwick-lung unterstuumltzenldquo so Felmberg
Vor diesem Hintergrundhaben die Vereinten Natio-nen im September die
Nachhaltigen Entwick-lungsziele beschlossen ndash
den bdquoWeltzukunftsvertragldquowie es Bundesentwick-lungsminister Dr GerdMuumlller beschreibe DieWeltgemeinschaft (Indus-trie- und Entwicklungslaumln-der) verpflichtet sich damitzu nachhaltigen Konsum-und Produktionsmustern
Deutschland stuumltze diese Nachhaltigen Entwicklungsziele durch vielfaumlltige Maszlignah-men Das Thema bdquoNachhaltigkeit in globalen Lieferkettenldquosei ein Schwerpunkt in der deutschen G7-Praumlsidentschaft
Das BMZ habe eine ganze Reihe von Projekten zu diesemThema angestoszligen bdquoParadebeispiele sind das Textilbuumlnd-nis und das Forum Nachhaltiger Kakaoldquo Textilien undKakao sollten aus nachhaltigen Quellen stammen hohe So-
Transatlantische Partnerschaft (TTIP) ndashDie Folgen fuumlr die Entwicklungslaumlnder Dialogbuumlhne Muumlnchen 22 Oktober 2015
Dr Bernhard Felmberg Ministerial-dirigent im BMZ
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Verhandlungen seien transparenter geworden es gaumlbe be-reits sehr viel Texte zum Nachlesen bdquoAuch Investorenkla-gen sollen transparent und durch oumlffentlich bestellte Richter entschieden werden DasRecht der Vertragsstaaten auf
politische Gestaltung sollausdruumlcklich festgeschrieben
werdenldquo nannte Felmbergnur drei von mehreren Punk-ten
Die Debatte zu TTIP solleman auch als Anstoszlig nehmenfuumlr die Frage welche Folgensich fuumlr Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder ergeben ndash undderen Belange bei den Verhandlungen staumlrker in den Vor-dergrund ruumlcken
bdquoDie Frage nach den Implikationen unserer Wirtschafts- politik auf Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder ist natuumlrlichnicht neu Aber vor dem Hintergrund der aktuellen Fluumlcht-lingsstroumlme erfaumlhrt sie eine neue Qualitaumltldquo schlug Felm-
berg den Bogen zu einem anderen aktuellen Thema VieleMenschen fluumlchten vor Not und Verzweiflung aus ihrer Heimat Die Probleme wuumlrden uns in die Pflicht nehmenum bdquoFluchtursachen zu bekaumlmpfen und den Menschen vor Ort ein wuumlrdevolles Leben zu ermoumlglichenldquo TTIP spieleals ein Abkommen mit globaler Reichweite eine wichtigeRolle dafuumlr bdquoDarum ist es unsere Verpflichtung darauf zuachten dass TTIP so ausgestaltet wird dass Entwicklungs-laumlnder vom Handel staumlrker profitieren Chancen realisiertund die Risiken minimiert werdenldquo betonte Felmberg
Welche positiven Effekte hat TTIP fuumlr Entwicklungs- undSchwellenlaumlnder ndash und welche negativen Konsequenzenmuumlsse man also fragen Entwicklungs- und Schwellenlaumln-der sitzen bekanntlich nicht am Verhandlungstisch bdquoWiekoumlnnen wir gemeinsam mit unseren Partnern daran arbei-ten dass sie die Potenziale von TTIP nutzen koumlnnenldquolenkte er den Blick auf die Perspektive des BMZ
Um die Chancen und Risiken von TTIP fuumlr Entwick-lungslaumlnder einschaumltzen zu koumlnnen hatte das BMZ beimifo-Institut eine Studie in Auftrag gegeben ndash uumlber die an-schlieszligend einer der Autoren Prof Gabriel Felbermayr re-ferierte Die Studie wurde im Januar 2015 praumlsentiert ndash undhabe der Diskussion bdquonoch einmal einen Spin verliehenldquo
Felmberg skizzierte vorab einige der Ergebnisse der StudieEntscheidend fuumlr die Effekte von TTIP werde seine Ausge-staltung sein die man heute noch nicht kenne Derzeitkoumlnne man nur auf die Verhandlungen einwirken ndash bdquound
zial- und Umweltstandards sollten sich in der gesamtenLieferkette finden bdquoWir wollen dass aus freiem Handelfairer Handel wirdldquo sagte Felmberg TTIP spiele dafuumlr einewesentliche Rolle
TTIP sei ein Abkommen von globaler Reichweite Es be-treffe ein Drittel des Welthandels und fast die Haumllfte der
weltweiten Wertschoumlpfung TTIP ist bdquodas erste tiefgehendeFreihandelsabkommen zweier zentraler Global Player der Europaumlischen Union (EU) und der USAldquo Aus diesemGrunde wuumlrden auch viele Menschen die Verhandlungenaufmerksam und kritisch verfolgen Mehr Transparenz vor allem fuumlr Parlamentarier werde gefordert bdquoAuch die Bun-desregierung setzt sich hierfuumlr einldquo so Felmberg Vor allemSorgen um ein bdquoAbsinken von Verbraucherstandards Son-derrechte fuumlr Investoren und Einbuszligen beim Datenschutzldquowuumlrden fuumlr eine kritische Debatte sorgen die Felmberg alsbdquogut und wichtigldquo bezeichnete bdquoDas Engagement der Zi-vilgesellschaft hat Wirkung gezeigtldquo resuumlmierte er Die
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Gut besucht war die Dialogbuumlhne zum Thema bdquoTTIP ndash Folgen fuumlr dieEntwicklungslaumlnderldquo
Dr Kayode Salau (l) SID und Dr Bernhard Felmberg BMZ
Umdenken zuhause ndash Umwelt- und Sozial-standards vor Ort fordern und foumlrdern
Uumlber das Textilbuumlndnis und das Forum Nachhaltiger Kakao foumlrdere das BMZ die Umsetzung von Umwelt- undSozialstandards vor Ort Nach der Reise mit Bundes-kanzlerin Merkel nach Indien vor kurzem waren Bundes-entwicklungsminister Dr Gerd Muumlller und Ministerialdiri-gent Dr Bernhard Felmberg noch in Bangladesch Ver-schiedene Projekte hatten sie dort besucht bdquoEs ist nochHandlungsfaumlhigkeit und -moumlglichkeit angezeigt Da istnoch Luft nach obenldquo so Felmberg Aber man habe auchgesehen dass das Handeln Europas und Deutschlandsdes BMZ und auch der GIZ deutlich zu spuumlren sei Spe-ziell ein Hersteller wurde besucht der viele in Deutsch-land bekannte Marken mit Textilprodukten beliefere vomMassenhaumlndler bis zur hochwertigen Marke Fuumlr die Ar-beit werde dort das doppelte des Mindestlohnes bezahlt
Auch die oumlkologischen Standards seien so dass man inhohem Maszlige damit zufrieden sein koumlnne Aus Spitzemuumlsse dort Breite werden andere muumlssten sich diesemBeispiel anschlieszligen ndash dann sei man auf gutem Wegeund werde es schaffen in diesen Laumlndern Asiens eineProduktion zu generieren die das Wort bdquomenschenwuumlr-digldquo verdiene bdquoDazu ist auch ein Umdenken in unseremeigenen Land notwendig was das Produktverhalten an-
gehtldquo Letztendlich entscheide nicht das Gewissen zu-hause was man gerne tun wuumlrde ndash sondern bdquoder Wegzur Kasse im Ladenldquo appellierte Felmberg an jeden ein-zelnen
bdquoTTIP ist ein
Baustein fuumlr ein
faires globalesHandelssystemldquo
Dr Bernhard Felmberg
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der EU mit Entwicklungslaumlndern Um Sozial- und Um-weltstandards international staumlrker zu verankern muumlssenwir bei TTIP mit gutem Beispiel vorangehenldquo
Das multilaterale Handelssystem der WTO habe fuumlr dieBundesregierung Prioritaumlt Deren Prinzip bdquoein Land eineStimmeldquo biete Entwicklungslaumlndern die Moumlglichkeit ihreAnliegen geltend zu machen Wenn TTIP die legitimen In-
teressen von Entwicklungs- und Schwellenlaumlndern ange-messen beruumlcksichtige koumlnne es auch ein Schritt in Rich-tung Multilateralismus sein ndash moumlglicherweise bdquoein Schrittauf dem Weg zu einem globalen Abkommen in dem sichregionale Abkommen vereinigen In jedem Fall aber einBaustein fuumlr ein faires globales Handelssystemldquo
Dr Bernhard Felmberg fasste sein Plaumldoyer fuumlr das Ab-kommen zusammen bdquoMit TTIP koumlnnen und werden wir Einfluss auf internationale Standards gewinnen und auchnehmen Die Globalisierung braucht verbindliche arbeits-rechtliche soziale und oumlkologische Mindeststandards Ichdenke wir sollten die Chance nutzen Wir sollten das Heftdes Handelns in die Hand nehmen statt Gestaltungsmoumlg-lichkeiten aus der Hand zu geben Handeln ist besser als
behandelt zu werdenldquo
Felmberg zitierte den fruumlheren Bundespraumlsidenten HorstKoumlhler bdquoFuumlr die Entwicklungslaumlnder waumlre ein verbesserter Zugang zu den Maumlrkten der Industriestaaten die beste Hilfezur Selbsthilfeldquo (Anm bdquoBerliner Redeldquo 2007 ) Die amwenigsten entwickelten Staaten der Welt haumltten schon heutevollstaumlndigen Zugang zum EU-Markt ndash fuumlr alle Produkteauszliger Waffen bdquoDamit unsere Partnerlaumlnder den Zugang tat-saumlchlich nutzen koumlnnen leisten wir handelsbezogene Ent-
wicklungszusammenarbeit durch gezielte Projekte und fi-nanzielle Unterstuumltzung vor Ort Auf regionaler Ebene beraumltDeutschland regionale Organisationen bei der Vertiefungihres Integrationsprozesses zum Beispiel die westafrikani-sche Wirtschaftsgemeinschaft ECOWASldquo erlaumluterte Felm-
berg die Arbeit des BMZ
das sollten wir auch tunldquo so der Vertreter des BMZ bdquoTTIPkann sowohl positive als auch negative Auswirkungen auf Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder haben Dabei ist dieWirtschaftsstruktur des Landes wichtig So koumlnnen zumBeispiel Zulieferer von Vorprodukten in die EU von einemstaumlrkeren transatlantischen Handel profitieren Demgegen-uumlber erleiden moumlglicherweise diejenigen Laumlnder Wettbe-werbsnachteile deren Produkte in Konkurrenz zur EU oder den USA stehenldquo fuumlhrte Felmberg aus Denn der Inhalt vonTTIP sei ja gerade transatlantische Waren zu verbessertenKonditionen anbieten zu koumlnnen
Fuumlr eine entwicklungsfreundliche Ausgestaltung des Ab-kommens engagiere sich die Bundesregierung damit auchEntwicklungs- und Schwellenlaumlnder von TTIP profitierenkoumlnnten Dazu bringe das BMZ beim federfuumlhrenden Bun-deswirtschaftsministerium entwicklungspolitische Aspekteein bdquoWir setzen uns fuumlr Nachhaltigkeit in globalen Liefer-ketten einldquo so Felmberg fuumlr das BMZ Unternehmen wuumlr-den dazu angehalten auf faire Arbeitsbedingungen der Men-
schen vor Ort zu achten bdquoWir legen Wert auf ein umfassen-des Monitoring in dem die wirtschaftlichen sozialen undoumlkologischen Wirkungen von TTIP uumlberwacht werdenldquonannte Felmberg einen zweiten wichtigen Punkt fuumlr dasBMZ Gleiches gelte fuumlr die Wahrung von Menschenrech-ten bdquoSo koumlnnen wir darauf hinwirken dass wirtschaftlicheErfolge nicht zu Lasten nachhaltiger Entwicklung gehenldquoAuch bei den Ursprungsregeln des Abkommens muumlssten dieBelange von Entwicklungs- und Schwellenlaumlndern beruumlck-sichtigt werden bdquoAll die genannten Anliegen bringen wir als BMZ bei den Diskussionen auf nationaler und auf EU-Ebene an Dadurch konnten wir das Thema entwicklungs-
politische Nachhaltigkeit bereits entschieden vorantreibenldquo
sagte FelmbergDer Einsatz des BMZ in Sachen Nachhaltigkeit habe
einen uumlber TTIP hinausgehenden Grund bdquoTeile des Ab-kommens werden Vorbildcharakter haben fuumlr Abkommen
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Das Max-Planck-Institut in Muumlnchen war raumlumlicher Gastgeber
bdquoDas multilaterale
Handelssystem der
WTO hat fuumlr die
Bundesregierung
PrioritaumltldquoDr Bernhard Felmberg
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noch nicht einmal den Herrn Gorbatschowldquo Schon 1985sei festgelegt worden woruumlber man dann verhandelnwollte Heute seien sich zumindest alle einig dass maneinen bdquomultilateralen Durchbruchldquo eine echte Globalisie-rungsgestaltung fuumlr Alle erreichen wolle Dennoch gaumlbe esinzwischen Widerstaumlnde Schuldzuweisungen uumlber die insStocken geratenen Verhandlungen bringen nichts glaubt
Felbermayr bdquoAber auch in vielen anderen Weltregionen passiert einigesldquo blickte der Wirtschaftsprofessor uumlber den
Tellerrand Er nannte das transpazifische Abkommen zwi-schen den USA Japan und zehn anderen Pazifik-Anrainer-staaten Politisch sei dieses abgeschlossen bdquoder Ratifizie-rungsprozess wird noch muumlhseligldquo Auch in Suumldostasienwerde verhandelt beispielsweise das RCEP ein regiona-les Abkommen zwischen Indien China und anderen Staa-ten in Suumldamerika oder in Afrika Multi- und bilaterale Ab-kommen stehen sich nicht im Wege hielt Felbermayr un-
terschiedliche Verhandlungsdimensionen fuumlr legitim Schondas zehnjaumlhrige Verhandeln des Uruguay-Abkommenshabe zu weiteren regionalen Abkommen gefuumlhrt Fuumlr dieBlockierer seien indessen die Kosten des Blockierens ge-stiegen ndash und der Wunsch des Einlenkens schlieszliglich staumlr-ker geworden Unterschiedliche Abkommen wuumlrden alsoin einem komplementaumlren Verhaumlltnis zueinander stehen
Wie sein Vorredner verwies Felbermayr auf die Groumlszligedes Abkommens das 30 des Welthandels und 45 der globalen Wertschoumlpfung betreffe 30 der Drittlaumlnder wuumlr-den mehr als 50 ihres Exportumsatzes mit der EU undden USA erzielen Dennoch muumlsse klar sein dass TTIP einAbkommen sei bdquodas die Handelsbarrieren zwischen der EU und den USA absenken wirdldquo Aber schon ArtikelXXIV des GATT-Abkommens lege fest dass deshalb dieBarrieren gegenuumlber Dritten nicht steigen duumlrften Effekteauf Drittstaaten duumlrften immer nur indirekte Effekte sein
Solche indirekten Effekte seien nicht so leicht zu fassenmeinte Felbermayr ndash und deshalb sei wohl das ifo-Institutvom BMZ mit der Studie beauftragt worden Man braucheModelle um gegenlaumlufige Mechanismen zu berechnenbdquoZunaumlchst einmal wollen wir sie benennenldquo erklaumlrte Fel-
bermayrZunaumlchst sei da der negative Effekt der bdquoHandelsumlen-
kungldquo Abkommen die nur zwei Bloumlcke mit ihren jeweili-
gen Laumlndern umfassten seien bdquoinhaumlrent diskriminatorischldquoWenn die Barrieren zwischen den Partnern abgesenkt wer-den muumlsse man nichts tun um aktiv Barrieren nach auszligenzu beeinflussen Felbermayr nannte ein Beispiel Werde ein
Keynote Prof Gabriel Felbermayr PhD
bdquoDer Kuchen wird groumlszligerldquo
bdquoIst Globalisierung eine Chance fuumlr die armen Laumlnderldquofragte Prof Gabriel Felbermayr eingangs zu seiner Key-note Die Antwort koumlnne kein pauschales bdquoJaldquo sein bdquoAber die Chance ist daldquo sagte Felbermayr Der Zugang zu inter-
nationalen Maumlrkten sei eine notwendige aber keine hinrei-chende Bedingung fuumlr Entwicklung Es gaumlbe kein Beispielfuumlr ein Land das sich von der Globalisierung abgekapselthabe und eine groszligartige Entwicklung ndash Zuwachs an Wohl-stand Absinken der Kindersterblichkeit und Ruumlckgang vonAnalphabetismus und extremer Armut ndash erlebt habe
Die Rechtssysteme vor Ort die Sozialgesetzgebung Um-weltgesetze die Durchsetzung von Eigentumsrechten der Schutz von Minderheiten und einiges mehr seien wichtigeFaktoren in den jeweiligen Laumlndern um Globalisierung alsChance nutzen zu koumlnnen Die bdquoPartizipation am Welthan-del hat Hunderte von Millionen Menschen aus der Armut
befreitldquo hielt Felbermayr fest auch wenn der kausale Zu-sammenhang nicht immer gleich klar sei Die Teilhabe anWertschoumlpfungsketten helfe auch den Menschen in Ban-gladesch und vielen anderen Laumlndern aus der Armut
Immer wieder tauche der Vorwurf auf dass bdquodie Oumlkono-menldquo meinten die Maumlrkte wuumlrden sich von selbst regulie-ren bdquoWelthandel braucht Regeln ndash Maumlrkte regulieren sichnicht selbstldquo postulierte Felbermayr bdquoRegeln spielen eineganz wichtige Rolleldquo warf er einen Blick auf verschiedeneHandelsabkommen nicht nur Zoumllle oder der MarktzutrittZu diesen Regeln gehoumlre auch der Schutz geistigen Eigen-tums der Datenschutz wettbewerbsrechtliche RegelnSchutz von Auslandsinvestitionen sowie Regeln zu Um-
welt Arbeitsrecht oder Menschenrechten Bisherige Ab-kommen seien in der Regel nicht so umfassend gewesenwie solche uumlber die heute verhandelt werde ob TTIP oder andere
TTIP treibe zwar inBerlin die Massen auf die Straszlige (wie Felm-
berg zuvor ausgefuumlhrthatte) und sei in vielenGesellschaftsschichtenein wichtiges ThemaDabei werde aber haumlu-
fig vergessen dassTTIP bdquoein Baustein istauf einer sehr viel laumln-geren Reiseldquo TTIP seiein Baustein zu einer modernen Welthandelsordnung soFelbermayr Erst wenn die Texte des Abkommens nach demEnde der Verhandlungen auf dem Tische laumlgen koumlnne man
beurteilen ob TTIP tatsaumlchlich dieser Baustein sei oder dasGegenteil schraumlnkte er ein
Die aktuellen Regeln des Welthandels seien jedoch be-reits 20 oder 30 Jahre alt Als das Uruguay-Abkommen daszur Gruumlndung der WTO (World Trade Organisation) fuumlhrte
verhandelt worden sei (1986 bis 1994) bdquogab es im Kreml
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5 Regional Comprehensive Economic Partnership General Agreement on Tariffs and Trade
Prof Gabriel Felbermayr vom ifo-Institut
bdquoWelthandel
braucht Regeln ndash
Maumlrkte regulie-
ren sich nicht
selbstldquoProf Gabriel Felbermayr
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bisheriger Zoll etwa zwischen Rumaumlnien und den USA fuumlr Schuhe von bisher 30 auf Null Prozent abgesenkt dann be-deute dies einen Marktvorteil Fuumlr andere Lieferanten etwaKambodscha werde dies zu einem Verlust von Marktan-teilen fuumlhren Das sei das Problem und daher gebe es aucheine groszlige Diskussion Ausschlagegebend sei hier die Houmlheder Zoumllle Bei niedrigen Zoumlllen wuumlrde sich die Marktsitua-
tion nicht wesentlich aumlndern so Felbermayr Wenn manaber Bereiche betrachte wo weder die USA noch die EUeigene Produktionen haben bdquodenken Sie an tropischeFruumlchte oder an Gummildquo dann koumlnne es da diese Handels-umlenkungseffekte nicht geben
Ein anderer Effekt sei der bdquoEinkommenseffektldquo bdquoDer ist positivldquo so Felbermayr bdquoWir machen ja TTIP mit demWunsch in Europa und den USA die Prosperitaumlt ndash houmlhereEinkommen ndash zu sichernldquo Viele bezweifelten das und essei keine trivialeUumlbung das auch mitZahlen zu untermau-ern solange man
nicht wisse was spauml-ter im Text stehenwerde Es gaumlbe bdquona-tuumlrlich Unsicherhei-ten das will ich gar nicht bezweifelnldquo
Aus anderen bilateralen regionalen und globalen Ab-kommen wisse man jedoch dass in diesen Laumlndern houmlhereEinkommen daraus resultiert hatten Felbermayr fuumlhrte alsBeispiel den Beitritt Oumlsterreichs zur EU vor 20 Jahren an
Natuumlrlich habe das in Oumlsterreich den Wohlstand erhoumlht Houml-here Einkommen wuumlrden sich auch darin ausdruumlcken dass
dann auch mehr Geld fuumlr Guumlter aus den Drittstaaten ausge-geben werde Ob Konsumguumlter wie tropische Fruumlchte oder Vorprodukte etwa fuumlr die Automobilproduktion RohstoffeDienstleistungen ausEntwicklungslaumlndernoder im Tourismus ndash das sei einerlei bdquoHier ist die Einkommens-
prosperitaumlt hochldquoWenn die Einkommensteigen werde uumlberpro-
portional in diesen Be-reichen mehr Geld aus-gegeben Mit Nach-druck muumlsse man da-rauf hinweisen dass vom Produktivitaumltswachstum in einer Region auch andere Regionen profitieren koumlnnten so Fel-
bermayr Dass Wachstum in einem Land zum Nachteileines anderen Landes erfolge ndash bdquodiese Idee ist hundert Malwiderlegtldquo Felbermayr fasste zusammen bdquoGlobalisierungist kein Nullsummenspiel Der Kuchen wird groumlszligerldquo
Der Oumlkonom stellte nun Handelsumlenkungseffekte denEinkommenseffekten gegenuumlber Dazu muumlsse man logischeZusammenhaumlnge beachten bdquoEntweder ist TTIP ineffektivdann wird es keine Einkommenseffekte bringen Wenn es
die Wirtschaftsverhaumlltnisse nicht aumlndert wird es auch keineHandelsumlenkungseffekte bringen Dann ist es einfach eingescheitertes Abkommen weder gut noch schlecht Oder aber TTIP ist effektiv und schafft tatsaumlchlich Produktivi-
taumltssteigerungen dann sind potentiell substantielle Einkom-menseffekte in der EU und den USA zu erwarten dann sindauch starke Handelsumlenkungseffekte zu erwartenldquo An-dere Kombinationen seien nicht logisch
Felbermayr wandte sich quantitativen Abschaumltzungen zuBei fruumlheren Studien zum Thema habe man viel weniger uumlber TTIP gewusst als heute die Verhandlungen hatten
noch nicht einmal begonnen und die Kernbereiche warennoch nicht absehbar Damals 2013 habe eine ifo-Studiegesagt dass bdquonegative Drittstaateneffekte sehr wahrschein-lich sein koumlnntenldquo Das habe auch dazu beigetragen die oumlf-fentliche Aufmerksamkeit auf ein Problem zu lenken DieEU-Kommission hatte eine Studie bei einem englischenThink tank in Auftrag gegeben (CEPR 2013) die zum Er-gebnis kam bdquoTTIP waumlre fuumlr die Entwicklungslaumlnder eineBonanzaldquo Der groszlige Gewinner aus dieser Studie waumlren
nicht die EU oder die USA sondern Indo-nesien Da tue er sich schwer das zu erklauml-ren so Felbermayr Beide Studien wuumlrdenextreme Annahmen machen Die ifo-Stu-
die habe eine sehr langfristige Perspektiveeingenommen Spezialisierungseffekteseien darin nicht modelliert Die andereStudie wuumlrde von einer starken multilate-ralen Wirkung ausgehen Ein Absenken der Handelskosten zwischen den USA und der
EU wuumlrde automatisch zu einem Absenken der Handels-kosten mit anderen Laumlndern fuumlhren einem sog bdquoSpill-overldquo Wenn man dies so betrachte kaumlme man tatsaumlchlichzu einer Bonanza
Betrachte man die bisherige Entwicklung der EU somuumlsse man feststellen dass nicht alle Standards die in der
EU eingefuumlhrt wurden von Drittlaumlndern eingehalten wer-den konnten und diese so nicht mehr in die EU liefernkonnten Wenn man meint TTIP koumlnnte gemeinsame Stan-
dards bringen dann waumlre es moumlglich dass diese fuumlr Dritt-laumlnder zu hoch sind Andererseits wolle man keine niedri-gen Standards im transatlantischen Handel vereinbarenbdquonur damit Drittlaumlnder nicht diskriminiert werdenldquo DieRealitaumlt werde die Komplexitaumlt einholen glaubt Felber-mayr Die Widerstaumlnde auf beiden Seiten des TTIP-Ver-handlungstisches seien groszlig bdquoGemeinsame Standards sindwenig wahrscheinlichldquo Eher werde es zur gegenseitigenAnerkennung von Standards kommen bdquoDa kommt es dannwieder auf das beruumlhmte Kleingedruckte anldquo Was sei mit
Produkten die zwar nach einem dieser Standards gefertigtwerden aber aus einem Drittland kommen bdquoDas wissenwir nichtldquo Hier koumlnne man nur hoffen und Forderungenaufstellen
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bdquoFuumlr die Welt insgesamt
ist TTIP kein Nullsummen-
spiel Die Welt insgesamt
wird reicherldquoProf Gabriel Felbermayr
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Auch die Wertschoumlpfungsketten seien ein wichtiges Ele-ment in der Diskussion Die Struktur der Importe der EUaus Entwicklungslaumlndern korreliere nur schwach mit der Struktur der Importe aus den USA Daher sollte man keineallzu groszligen Verdraumlngungseffekte feststellen koumlnnen Man-che Drittlaumlnder seien schon heute stark in die Wertschoumlp-
fungsketten der EU oder USA integriert weil sie bilateraleAbkommen haben (Mexiko durch NAFTA die Tuumlrkeidurch die europaumlische Zollunion) Die Firma Leoni produ-ziere beispielsweise Kabelbaumlume fuumlr die deutsche Automo-
bilindustrie in Marokko Sollte die deutsche Autoindustrievielleicht durch TTIP (bdquonach dem VW-Skandalldquo) weiter wachsen dann wuumlrden die Kabelbaumproduzenten mitge-zogen erlaumluterte Felbermayr Handelsumlenkungseffektedie sicher stattfinden wuumlrden wuumlrden in vielen Laumlndernwohl nicht dominant sein bdquoDas Bild das man erhaltenwird wird ein gemischtes seinldquo
Neuere Studien wuumlrden diese Zweideutigkeit staumlrker ab- bilden die Felbermayr gerade herausgearbeitet hattebdquoManche Entwicklungslaumlnder verlieren manche gewin-nenldquo so die lapidare Zusammenfassung Uumlber die Groumlszligen-ordnung ein Prozent ein halbes oder zwei Prozent dakoumlnne man streiten Man muumlsse die Entwicklung dieser Laumlnder auch unter dem Aspekt bdquobusiness as usualldquo (ohne
TTIP) betrachten zum Vergleich dann mit TTIP TTIP seiim Vergleich zu vielen Abkommen die mit Entwicklungs-laumlndern schon bestehen wuumlrden wirtschaftlich eher unbe-deutend fuumlr diese Wenn der asiatische Raum das RCEP-Abkommen verhandele bdquodann ist das ungleich wichtiger als TTIPldquo betonte Felbermayr Gleiches gelte fuumlr andereregionale Abkommen wie auch solche die China und dieUSA im pazifischen Raum betreffen
Felbermayr zeigte mit einer Weltkarte welche Laumlnder von TTIP langfristig profitieren wuumlrden und welche nichtDie Laumlnder der Nordhalbkugel waren da gruumln gefaumlrbt fuumlr steigende Pro-Kopf-Einkommen die USA mit einem Zu-wachs von 27 die EU mit 21 dazu auch viele Laumlnder
in Afrika Mittelost und Asien Etliche wuumlrden gar keineVeraumlnderung erfahren und einige ein geringeres Realein-kommen verzeichnen muumlssen Der Durchschnitt der Nicht-TTIP-Laumlnder war mit - 003 angegeben bdquoDiese Land-karte sieht anders aus als die die wir vor drei Jahren pro-duziert habenldquo ging Felbermayr auf die veraumlnderten Er-gebnisse neuer und alter Studien ein bdquoFuumlr die Welt insge-samt ist TTIP kein Nullsummenspiel Die Welt insgesamtwird reicher Insgesamt wird der Kuchen mehrldquo fasste Fel-
bermayr die prognostizierten Ergebnisse fuumlr die Welt zu-sammen
Prof Gabriel Felbermayr hatte die weltweiten Effekte von TTIP in einer Simulation durchgerechnet Waumlhrend langfristig die TTIP-Laumlnder (EU und USA)mit einem Zuwachs zwischen zwei und drei Prozent rechnen koumlnnen mittelt sich der Nachteil fuumlr Nicht-TTIP-Laumlnder etwa auf plusminus Null
Prof Gabriel Felbermayr
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Felbermayr verglich die voraussichtlichen Wachstums-raten einiger Laumlnder in Form einer groben Abschaumltzung Sowachsen etwa Kambodscha China oder Indien um jaumlhrlichfuumlnf bis 75 Prozent Akkumuliert auf zehn Jahre wuumlrdesich dies auf Zuwachswerte von 60 bis 100 Prozent sum-mieren Der Einfluss dort von TTIP nach zehn Jahren (so-lange wuumlrde ein Abkommen brauchen um Auswirkungen
zu zeigen) betrage zwischen -01 und -05 Prozent DasRCEP-Abkommen werde hingegen zu einem Wachstums- plus nach zehn Jahren von 15 bis fuumlnf Prozent fuumlhrenbdquoEine existentielle Bedrohung fuumlr Entwicklungslaumlnder ausTTIP abzuleiten ist einfach Unfugldquo folgerte Felbermayr aus diesen Zahlen bdquoTTIP muss man als Baustein sehenDas ist nicht das einzige was in der Welt passiertldquo
Fuumlr Deutschland insbesondere die Automobil-Industriesei dieser Einigungsprozess im asiatischen Raum gar nichtgut warf Felbermayr einen Blick aus der hiesigen Warteauf RCEP
10 Punkte auf dem Weg zu einem
fairen WelthandelssystemUm TTIP zu einem Baustein fuumlr ein faires Welthandels-
system zu machen stellte Felbermayr zehn Forderungenauf Die ersten vier fasste er unter dem Motto bdquoHandelsum-lenkungseffekte minimierenldquo zusammen1 TTIP muss so gestaltet werden dass Handelsumlen-
kungseffekte minimiert werden Dafuumlr muumlssten Ur-sprungsregeln groszligzuumlgig ausgestaltet werden Dies be-treffe die Frage wann ein Gut ein europaumlisches Gut seiund zollfrei in die USA exportiert werden koumlnne Solltezu viel Vorleistung darin stecken koumlnnte es sonst nichtals bdquoeuropaumlisches Gutldquo anerkannt werden bdquoDie Frage ist
Wo setzt man da die Grenzen anldquo Vor allem die deutscheEntwicklungspolitik muumlsse hier dahinter her sein DasFreiverkehrsprinzip koumlnne eine Loumlsung sein Nur wo sichAuszligenzoumllle der USA und der EU hinreichend unterschei-den wuumlrden sei eine Ursprungsregel sinnvoll
2 Die gegenseitige Anerkennung von Standards muumlsste auf Drittstaaten ausgedehnt werden Denn sonst habe einProdukt das in Marokko nach amerikanischen Standardshergestellt werde keine Chance bdquoMan muss weg vomHerkunftslandprinzip hin zu einem produktbezogenenStandardprinzipldquo Auch da koumlnne Deutschland massiv
profitieren Denn dann braumluchte man globale Zertifizie-rungsstellen ndash ein Bereich in dem Deutschland dank sei-ner Ingenieure oder dem in vielen Laumlndern der Welt ak-tiven TUumlV schon lange aktiv ist
3 bdquoDie dritte Forderung waumlre Transparenz TransparenzTransparenzldquo Auch bdquodie Auszligenseiterldquo muumlssten wissenwas geplant werde und muumlssten ihre Stimme ndash ob nunals Verhandlungspartner oder nicht ndash erheben koumlnnen
4 Die Doha-Runde muumlsse man schlieszliglich thematisch ver-schlanken und abschlieszligen
Die naumlchsten beiden Forderungen uumlberschrieb Felbermayr mit bdquoHandelschaffungseffekte maximierenldquo5 Man solle versuchen die Entwicklungslaumlnder staumlrker in
die deutschen und europaumlischen Wertschoumlpfungsketteneinzubinden Darin koumlnne man das BMZ und andere Or-ganisationen nur bestaumlrken bdquoDas bedeutet haumlufig aberdass vor Ort Reformen stattfinden muumlssenldquo Hindernis
Nummer eins sei immer dass vor Ort die Infrastruktur fehle und meist nur Kuumlstenregionen integriert werdenkoumlnnten Da muumlsse man uumlber Infrastrukturfinanzierungsprechen
6 Nord-Suumld-Handelsabkommen der EU (und ihrer Laumlnder)wuumlrden dazu fuumlhren dass vor allem arme Drittstaatenstaumlrker in die Wertschoumlpfungsketten kaumlmen
Den dritten Bereich stellteFelbermayr schlieszliglichunter den Begriff bdquoFair-nessldquoFairness sei fuumlr Oumlkonomenein riesen Problem bdquoWir wissen nicht was das istldquoging Felbermayr von wis-senschaftlicher Seite auf diefehlende Definition einHier komme es oft auf diePerspektive an
7 TTIP duumlrfe keine bdquoWirt-schafts-NATOldquo sein
8 Perspektiven fuumlr die Oumlff-nung von TTIP fuumlr Drittstaaten muumlssen glaubwuumlrdig ver-ankert werden bdquoDas bedeutet nicht dass man Drittstaa-ten heute mit an den Verhandlungstisch lassen mussldquoVerschiedene Laumlnder haumltten bereits ihr Interesse an einemBeitritt angemeldet
9Suumld-Suumld-Freihandelsabkommen muumlssten unterstuumltzt wer-den insbesondere in Afrika Mit Know-how koumlnne mansich dort engagieren
10 bdquoDie WTO muss sich noch staumlrker als bisher als sbquoCoachrsquo
und Anwalt kleiner und armer Laumlnder stark machenldquo DasMandat dafuumlr habe die WTO Von den 160 Mitgliedslaumln-dern seien rund 100 Entwicklungslaumlnder blickte Felber-mayr auf die dortige Gewichtung bdquoDas Gewicht ist daSie muumlssen nur ihre Stimme erheben ndash und ich denkedas koumlnnen sie auchldquo schloss Prof Bernhard Felbermayr seine Ausfuumlhrungen
Gabriel Felbermayr stellte zehnForderungen zu TTIP auf
Bronzene Waumlchter am Veranstaltungsort Prof Dr Werner Heisenbergund Prof Dr Max Planck die Namensgeber des Instituts wo die Dialog-buumlhne des SID stattfand
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Dialogbuumlhne TTIP Muumlnchen 2015 Dokumentation
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PodiumsdiskussionPro und Contra TTIP
Seit Jahren bewege TTIP die Men-schen die Resonanz in Medien undPolitik sei sehr groszlig leitete PierreRafih von der Hochschule fuumlr Ange-wandtes Management Erding einemder beiden Veranstalter der Dialog-
buumlhne die Podiumsdiskussion ein Beiderart komplexen Themen sei es wich-tig sich zu informieren und von Ex-
perten beraten zu lassen nicht nur auf Meinungen zu setzen Vier Expertensollten daher das Thema auf dem Po-dium von verschiedenen Seiten be-leuchten Rafih stellte sie vorbull Joachim Menze Leiter der Vertretung der Europaumli-
schen Kommission in Muumlnchenbull Morgan Githinji Senior Expert in Multilateral Trade
der ACP ndash African Caribbean Pacific Group of StatesBrussels Office
bull Frank Dollendorf Leiter Bereich Auszligenwirtschaft der Industrie- und Handelskammer (IHK) fuumlr Muumlnchenund Oberbayern
bull Juumlrgen Maier Geschaumlftsfuumlhrer des Forums Umwelt undEntwicklung Berlin
Angeglichene Standards senken die Kostenauch in Drittstaaten
Die Kommission gehe davon aus dass TTIP auf Ent-wicklungslaumlnder wenig Auswirkungen habe ndash und wenn
dann positive brachte Joachim Menze (Leiter der Vertre-tung der Europaumlischen Kommission in Muumlnchen) die Bruumls-seler Perspektive auf einen Nenner Der Handel zwischender EU und den USA stehenicht wirklich in Konkur-renz zu den Produkten ausdieser Staatengruppe DieErleichterung des transat-lantischen Handels wuumlrdenicht dazu fuumlhren dass der Handel mit anderen Staatenerschwert wird bdquoGanz imGegenteil Wir gehen
davon aus dass angegli-chene Standards zwischender EU und den USA auchfuumlr Produzenten in Dritt-staaten zu Kostensenkungen fuumlhren da eben nicht mehr un-terschiedliche Standards bedient werden muumlssenldquo
25 der Arbeitsplaumltze in Bayern sind vominternationalen Handel abhaumlngig
Die IHK Muumlnchen und Oberbayern ist mit rund 400000Mitgliedern die groumlszligte IHK Deutschlands ndash was schlichtdem sehr gut prosperierenden Standort geschuldet sei Das
internationale Geschaumlft boome so Frank Dollendorf (Leiter Bereich Auszligenwirtschaft der Industrie und Handelskammer IHK fuumlr Muumlnchen und Oberbayern) Das Bruttoinlandspro-dukt des Freistaates betrage 522 Milliarden Euro (im Jahr
2014) ndash bdquo50 Prozent davon werden im Ausland generiertldquoso Dollendorf 22 Prozent houmlhere Loumlhne als im internatio-nalen Vergleich wuumlrden in dieser Region bezahlt 25 Pro-zent der Arbeitsplaumltze seien vom internationalen Handel ab-
haumlngig Es werde nicht uumlberraschen dass er als Vertreter einer IHK daher grundsaumltzlich fuumlr den Freihandel eintrete
Wichtig seien in diesem Zusammenhang die Themen Nachhaltigkeit und die Ver-antwortung des Unterneh-mers und der WirtschaftSchon das IHK-Grundge-setz von 1956 schreibe festdass die IHK bdquofuumlr die Wah-rung von Anstand und Sittedes ehrbaren Kaufmanns
beizuwirkenldquo hat Der alt-
hergebrachte Begriff desbdquoehrbaren Kaufmannsldquo seiaktueller denn je so Dol-lendorf Die Verantwor-tung die ein ehrbarer Kauf-mann an den Tag legen sollte hat mit Nachhaltigkeit zutun Das Nachhaltigkeitsthema sei daher innerhalb vonTTIP ein wichtiger Aspekt Bei den momentanen Diskus-sionen der Verhandlungspartner in Miami sei es daher wichtig dieses Thema aufzugreifen
Standards werden zu Handelsbarrierenfuumlr Entwicklungslaumlnder ndash bdquoGive us a chanceldquo
Morgan Githinji Vertreter der Laumlndergruppe ACP (Afri-can Caribbean Pacific Group of States) in Bruumlssel be-dankte sich fuumlr die Einladung zu diesem Dialog 79 Laumlnder gehoumlrten zu der ACP-Gruppe den Laumlndern Afrikas der Ka-ribik und der Pazifik-Gruppe ndash allesamt Laumlnder die mitEntwicklungsherausforderungen konfrontiert sind Vielesind unterentwickelte Laumlnder kleine Insel- und Binnenstaa-ten
ACP habe sich mit TTIP befasst und dabei drei Bereichedefiniert die wichtig fuumlr diese Laumlndergruppe sind
Zum einen sei da die Handelsumlenkung Dies betreffevor allem bestimmte Produktbereiche mit besonders hohen
Zoumlllen wie beispielsweise in der Automobilbranche Sokoumlnnten etwa in Suumldafrika produzierte Autos nicht mehr wie bisher in die USA exportiert werden wenn Autoher-steller in Europa aufgrund TTIP guumlnstigere Zoumllle und Kon-
Auf dem Podium diskutierten (von links) Juumlrgen Maier Frank Dollendorf Moderator Pierre RafihMorgan Githinji und Joachim Menze
Frank Dollendorf
Joachim Menze
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Dialogbuumlhne TTIP Muumlnchen 2015 Dokumentation
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ditionen fuumlr ihre Exporte in die USA bekommen wuumlrdenFuumlr Suumldafrika wuumlrde dieser Markt dann wegfallen ndash eineHandelsverlagerung zugunsten Europas befuumlrchtet Git-hinji
Zum zweiten gehe es um die Harmonisierung von Pro-duktstandards zwischen den TTIP-Vertragspartnern DieACP-Vertreter wuumlrden befuumlrchten dass diese Standards all-
maumlhlich in die WTO integriert werden ndash was schlieszliglich zueiner groszligen Handelsbar-riere fuumlr Entwicklungslaumln-der fuumlhren werde Um dieseStandards zu erfuumlllen seienenorme Investitionen in denACP-Staaten zur Verbesse-rung von Fachwissen undProduktqualitaumlt noumltig Au-szligerdem muumlssten Institutio-nen geschaffen werden diedie betroffenen Hersteller
bei der Erfuumlllung der Stan-
dards unterstuumltzen Durchdiese Maszlignahmen wuumlrdenzusaumltzliche Kosten entstehen ndash ein klarer Nachteil fuumlr dieExporte dieser Staaten
Zum dritten wuumlrden sich die Verhandlungen auf das mul-tilaterale Handelssystem auswirken Aus Sicht der ACP-Staaten sei die WTO ein formelles international anerkann-tes Forum fuumlr globale Handelsverhandlungen Auch wenn
bilaterale und regionale Verhandlungen heute gang undgaumlbe seien sei anzumerken dass dies dazu tendierenwuumlrde die geltenden Regelungen innerhalb der WTO zuunterminieren bdquoDas koumlnnte zu Problemen fuumlr viele kleinere
Laumlnder fuumlhren wie ich sie repraumlsentiereldquo so Githinji Daswirke sich auch auf die kommende Mi-nister-Tagung der WTO die fuumlr denDezember geplantist aus Bis heutesei noch nicht ein-mal eine Agendaaufgestellt Ergeb-nisse seien nicht ab-zusehen Weiter be-
fuumlrchtete Githinji dass die bdquoDoha Development Agendaldquo(DDA) ein Schluumlsselthema der WTO in Gefahr gerateweil in den Augen der Hauptakteure des globalen Handelsdie WTO keine Ergebnisse in ihrem Sinne liefere bdquoFuumlr unsschwache Laumlnder ist die WTO gut weil wir darin eineStimme habenldquo betonte Githinji bdquoDort koumlnnen wir unsereBeduumlrfnisse zum Ausdruck bringenldquo Die Hauptakteurehaumltten bereits angedeutet dass auf die DDA gleich ganzverzichtet werden koumlnne wenn auf der Minister-Tagung imDezember in Nairobi keine Einigkeit erzielt werde
Die bdquoAgenda 2063ldquo die in Afrika initiiert wurde sei eineder Antworten auf diese Situation erlaumluterte Ginthinji Wei-ter sei ein bdquoFree Trade Agreementldquo (FTA) geschaffen um
mit den groumlszligeren Wirtschaftsakteuren auf Augenhoumlhe ver-handeln zu koumlnnen bdquoWenn wir uns richtig organisierenkoumlnnen glauben wir dass wir mit unseren Ressourcen inder Lage sind eine verhandlungsfaumlhige Macht darzustel-
lenldquo bezog sich Githinji auf Afrika Wenn die Technologienentwickelt wuumlrden koumlnnten diese Laumlnder ihre Ressourcenauch selber nutzen
Die ACP-Staaten appellierten an die EU und die USAdie Interessen von Entwicklungslaumlndern bei den aktuellenVerhandlungen im Rahmen von TTIP zu beruumlcksichtigenbdquoDas Abkommen darf keineswegs zur Beeintraumlchtigung der
Entwicklungsprozesse unserer Laumlnder fuumlhrenldquo Afrika sollenicht auf eine Rolle als Exporteur von Rohstoffen be-schraumlnkt werden betonte Githinji Ansonsten waumlre eine In-dustrialisierung in diesen Entwicklungslaumlndern nicht moumlg-lich ihre Teilnahme an der globalen Wertschoumlpfungskettewuumlrde sehr schwierig werden bdquoGive us a chanceldquo appel-lierte Githinji
Wollen wir eigentlich immer mehrLiberalisierung Deregulierung Globalisierung
Es sei schoumln wenn nun nach so viel TTIP-Werbung auchein Kritiker zu Wort kommen duumlrfe ergriff Juumlrgen MaierGeschaumlftsfuumlhrer des Forums Umwelt und Entwicklung in
Berlin das Wort Er gehoumlre zu denen die die groszlige De-monstration kuumlrzlich veranstaltet hatten
bdquoVielleicht sind die Entwicklungslaumlnder die Ursachedass es TTIP uumlberhaupt gibtldquo stellte Maier die Vorge-
schichte erst einmal voranUrspruumlnglich sei das wasdie Europaumlische Kommis-sion und die USA in der WTO seit 15 Jahren durch-setzen wollten fuumlr dieWTO gedacht gewesen
Nach einigen Jahren in
denen man das nicht habedurchsetzen koumlnnen habeman in Europa mit der bdquoGlobal-Europe-Strategie2005ldquo offiziell beschlossenbdquojetzt setzen wir auf den Bi-
lateralismus auf den Regionalismus und lassen die WTO jetzt links liegenldquo so Maier Mit der Weigerung der USAdie Doha-Runde uumlber das Jahresende hinaus zu verlaumlngernsei die WTO als Verhandlungsforum nun stillgelegt
Was bedeutet TTIP fuumlr die Entwicklungslaumlnder Hier seier bdquouumlberraschenderweiseldquo der gleichen Meinung wie ProfFelbermayr bdquoNix genaues weiszlig man nichtldquo Erst wenn dasAbkommen fertig sein sollte (bdquowenn es jemals fertig seinsollte was ich nichtglaubeldquo) dann werde mandie Auswirkungen uumlberbli-cken bdquoDie Auswirkungenwerden uumlberwiegend nichtsehr groszlig seinldquo so MaierbdquoEs wird ein paar Gewin-ner und es wird ein paar Verlierer gebenldquo
Aber es sei natuumlrlich ein Baustein beim Versuch den Ent-wicklungslaumlndern eine Politik aufzuzwingen die diesenicht wollten Das werde immer damit verkauft dass man
in Wirklichkeit besser wuumlsste was gut fuumlr sie sei ndash dasnenne man eine bdquomoderne Handelsordnung ndash Man kochtsie weichldquo In den vergangenen 15 Jahren (Anm seit Be-
ginn der Doha-Runde) habe man eine ganze Reihe von sol-
Juumlrgen Maier
Morgan Githinji
bdquoWas wir brau-
chen ist eine neue
HandelspolitikldquoJuumlrgen Maier
bdquoFuumlr uns schwache
Laumlnder ist die WTO
gut weil wir darin
eine Stimme habenldquo
Morgan Githinji
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chen bilateralen Verhandlungsrunden mit Entwicklungslaumln-dern erlebt Nur mit Laumlndern die nicht gerade durch De-mokratie glaumlnzten seien solche Abkommen erfolgreich ver-handelt worden etwa mit Vietnam oder Singapur In demo-kratischen Laumlndern gaumlbe es groszlige Widerstaumlnde gerade inWestafrika wo viele Laumlnder demokra-tisiert wurden bdquoDa versucht die EU
geradezu mit Erpressungstaktik dieRatifikation dieser Abkommen zu er-zwingenldquo so Maier bdquoDas nennt dasBMZ dann fairen Handel In Wirklich-keit ist es nichts anderes als genau ihr alter Handelldquo regte sich der Berliner auf Der Landwirtschaftsminister setzenoch einen obendrauf und mache sei-nen bdquoMilchexportgipfelldquo wo er seineMilchprobleme durch Export loumlsenwolle bdquoUnd wo geht ein Drittel desdeutschen Milchpulvers heute schonhin Nach Afrikaldquo Es solle offenbar
noch mehr werden ndash bdquofairer Handel ndash agrave la Bundesregierungldquo schimpfte Maier
bdquoWas wir brauchen ist eine neue Handelspolitik Das hatnichts mit TTIP zu tunldquo forderte Maier bdquoEine Handelspo-litik die von den Praumlmissen der Vergangenheit Abstandnimmt und die vor allen Dingen eine demokratische Be-standsaufnahme in Europa voraussetzt Wollen wir eigent-lich immer mehr Liberalisierung Deregulierung Globali-sierung ndash wollen wir das in Europa uumlberhaupt Woher weiszligdie Kommission was die Buumlrger wollenldquo Umfragen sag-ten mittlerweile dass nur noch ein Drittel der BevoumllkerungTTIP haben wolle bdquoAuf welcher Basis geht eine Kommis-
sion dann her und verhandelt geheimldquoAuch die Verhandlungsmandate seien ohne Parlaments-
beteiligung beschlossen worden bdquoDiese Handelspolitik hatkeine demokratische Legitimationldquo Sie finde in der WTOkeine internationale Mehrheit siefinde innenpolitisch keine Mehrhei-ten mehr bdquound deswegen muss eseinen Full Stop geben Es muss einen
Neustart der europaumlischen Handels- politik geben mit anderen Praumlmissenwo es nicht darum geht immer nochmehr multinationalen Konzernenmehr Marktanteile zu ermoumlglichensondern wir brauchen eine gesell-schaftlich legitimierte neue Handels-
politikldquo Auch Praumlmissen wie die Re-gionalisierung von Handelsstroumlmeneine Neuorientierung der Landwirt-schaft weg von der Industrialisierung hin zu einer neuen
baumluerlichen Landwirtschaft wo oumlkologische Haumlndler Vor-reiter sein sollten und nicht als Handelshemmnisse betrach-tet wuumlrden bdquoWir brauchen ein Investitionsrecht wo nichtInvestoren Sonderrechte bekommen sondern wo Rechteund Pflichten gleichmaumlszligig verteilt werden bdquoso wie das fuumlr sie und mich auch istldquo Wenn er als Staatsbuumlrger klagen
wolle muumlsse er sich ans Verwaltungsgericht wenden bdquoDaskann ich Firmen auch zumutenldquo
Zu diesem Neustart werde es auch kommen bdquoweil dieseAbkommen allen voran TTIP keine Mehrheiten finden
werdenldquo In irgendeinem der 29 Parlamente werde es zuerstscheitern ndash bdquodanach wird ein Neustart moumlglich seinldquo DieRegierungen und die Kommission haumltten es in der Handdiesen Neustart rechtzeitig zu starten bdquoohne groszligen Flur-schadenldquo oder bdquoob sie dieses Abkommen gegen die Wand
fahren wollenldquo Leider sei letzteres offensichtlich die Stra-tegie von mehreren Regierungen
Neues Positionspapier der EU veroumlffentlichtAuf diese Statements folgten engagierte Erwiderungen
und auch Fragen aus dem Publikum Zunaumlchst widersprachKommissionsvertreter Joachim Menze den Vorwuumlrfen Mai-ers Das Verhandlungsmandat der Kommission sei oumlffent-lich und stehe auch im Internet so Menze Das Mandatbdquostammt von den demokratisch gewaumlhlten Regierungen der Mitgliedsstaaten ndash und zwar einstimmigldquo Zwischen den
28 Mitgliedsstaaten gaumlbe es da keinen Dissens Zuletztseien auch bestimmte Vorbehalte gegen die Form der In-vestitions-Schiedsgerichte formuliert worden Auch auf-grund der oumlffentlichen Debatte habe die Handelskommis-
sarin Malmstroumlm imSeptember auch einneues Positionspa-
pier veroumlffentlichtdas gerade in Miamiverhandelt werdeDemzufolge solle eseine Handelsge-richtsbarkeit mit Be-rufsrichtern gebenbdquodie grundsaumltzlich inihrem Herkunftsstaatdie Befaumlhigung zumRichteramt haben
muumlssenldquo Bisher sei man hier in den Schiedsgerichten vonzwar registrierten Personen aber uumlberwiegend fruumlheren An-waumllten mit handelsrechtlicher Erfahrung ausgegangen Da-ruumlberhinaus duumlrften diese Schiedsrichter nicht von denStreitparteien ausgesucht werden sondern sollten vorher
bestimmt werden Das Schiedsgericht solle nur zusammen-treten wenn es erforderlich sei Menze sprach von Rich-
tern die in unserem Sinne demokratisch legitimiert seienAuch solle es eine zweite Instanz geben eine bdquoRechts-
uumlberpruumlfungsinstanzldquo die genauso organisiert sein solleEs solle bdquosehr viel klarer definiert werden was eigentlich
Engagierte Podiumsdiskussion
bdquoAllein aus rechtstechnischen
Gruumlnden brauchen wir zum
Schutz fuumlr unsere europaumli-
schen Investitionen in den
USA dieses Verfahren derHandelsgerichtsbarkeitldquo
Joachim Menze
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vor diesem Gericht verhandelt werden kannldquo Es sei oft kol- portiert worden dass es sich um Sonderrechte fuumlr Investo-ren handeln solle bdquoDas ist uumlberhaupt nicht der Fallldquo wi-dersprach Menze bdquoEs geht darum dass Investoren die pro
bono im Glauben an die Stabilitaumlt einer Rechtsordnung zumTeil sehr groszlige Investitionen getaumltigt haben geschuumltzt wer-den vor missbraumluchlicher entschaumldigungsloser Enteignung
und gegen Rechtsverweigerung also Willkuumlrldquo Menze hattedamit vor allem US-Investoren im Blick die in irgendei-nem europaumlischen Land investieren und das dortige Rechts-system nicht beurteilen koumlnnen
Menze glaube dass die nun vorgeschlagene Schiedsge-richtsbarkeit fuumlr Investoren erhebliche Vorteile insbeson-dere fuumlr die neuen Mitgliedsstaaten der EU oder die imSuumlden bringen wuumlrden Umgekehrt gaumlbe es in den USAnicht die Funktion der Ratifizierung durch die einzelnenStaaten wohl aber nachher die Bindung an die Schiedsge-richtsbarkeit wenn etwa ein Bundesstaat spaumlter anderwei-tige Regelungen erlasse bdquoAllein aus rechtstechnischen
Gruumlnden brauchen wir zum Schutz fuumlr unsere europaumlischenInvestitionen in den USA dieses Verfahren der Handelsge-richtsbarkeitldquo begruumlndete Menze Er fuumlhrte fruumlhere groszligeInvestitionen (Raffinerien) aus Spanien in Venezuela alsBeispiel an die nach einem Regierungs- und Politikwech-sel entschaumldigungslos enteignet worden seien Solche Ri-siken duumlrfe man Investoren nicht zumuten
Investitionsschutzabkommen ist interessantEin viel versprechender Vorschlag in den TTIP-Verhand-
lungen sei nach Morgan Githinji die Idee eines Internatio-nalen Investitionsschutzabkommens (International Invest-ment Code IIC) Bisherige Schiedsgerichtsverfahren haumlttenin den meisten Faumlllen zum Nachteil der Staaten gefuumlhrt indenen Investitionen getaumltigt wurden Wenn Handelsschlich-ter zu entscheiden haumltten wuumlrden oft die Regierungen der Entwicklungslaumlnder auf der Strecke bleiben
Githinji findet das IIC sogar fuumlr einige Entwicklungslaumln-der attraktiv bezweifelt allerdings ob dieses realisiertwerde Die Erfahrung zeige Die USA ziere sich wenn sichUS-Buumlrger einer anderen nationalen oder gar internationa-len Jurisdiktion unterwerfen sollen Um seine Einschaumltzungzu untermauern zitierte Githinji das International CriminalCode (ICC) (Anm von 2002) und das Kyoto-Protokoll
(Anm von 1997 ) Beide internationalen Vereinbarungenwurden nicht von den USA ratifiziert
Was ist eigentlich die AlternativeFrank Dollendorf nahm seine eigene Vergangenheit zum
Anlass auf das Jahr 2006 zuruumlck zu blicken Damals sei er aus dem Westen in das bdquowunderbare Bayernldquo gekommen
das bdquoGespenst der Globalisierungldquo sei herumgegangen DieExportleistung Bayerns habe damals 140 Milliarden Euro betragen ndash 2014 seien es bereits 170 Milliarden Euro ge-wesen Die Diskussionen um die Globalisierung seien nicht
wirklich abgeflaut Aber das weltweite Han-deln habe zum Wirtschaftswachstum beige-tragen Wohlstand und auch Arbeitsplaumltzeseien gesichert worden Insbesondere Bayern
befinde sich auf einer sehr hohen Komfort-Ebene Da argumentiere es sich leicht gegenAbkommen die weiteres Wachstum zumZiel haumltten Vor einiger Zeit haumltte ihm einTTIP-Gegner nach einer Diskussion prog-
nostiziert dass er mit den Pro-Argumentennicht durchkomme ndash bdquoweil es uns zu gutgehtldquo
Mit Blick auf die Anfang Oktober abge-schlossenen Verhandlungen zum pazifischen AbkommenTPP verwies Dollendorf darauf dass diese zwoumllf Laumlnder wohl kaum diktatorischem Einfluss unterworfen seienbdquoMan sieht dass die Welt sich veraumlndertldquo
Vor allem dieAussage Felber-mayrs dass manRegeln brauche um
miteinander zuwirtschaften fandDollendorf beson-ders gut Viele neueAspekte ndash auf dieauch Felbermayrszehn Forderungenabzielten seien in TTIP enthalten bdquoEs gab noch nie ein ei-genes Kapitel fuumlr kleine und mittelstaumlndische Unterneh-menldquo so Dollendorf Genau das sei das Hauptklientel der IHK Diesen Unternehmen wolle die IHK auch eine Platt-form fuumlr ihre Erwartungen Befuumlrchtungen und Sorgengeben Dies versuche die IHK im Rahmen einer bdquoTTIP-Ro-adshowldquo durch Bayern aufzufangen Maszliggeblich daran be-teiligt sei Michael Gottschlich vom bayerischen Wirt-schaftsministerium ndash der auch im Publikum saszlig (su)
bdquoWas ist eigentlich die Alternativeldquo fragte DollendorfTTIP sei kein Abkommen zwischen Deutschland und denUSA sondern den Laumlndern der Europaumlischen Union undden USA Es gebe fast 50 Freihandelsabkommen die durchdie EU derzeit betrieben wuumlrden ndash keines davon habe sovielAufmerksamkeit erhalten wie TTIP Den Wunsch sich ein-zubringen bezeichnete Dollendorf als bdquowunderbare Ent-wicklungldquo Immer mehr in den Vordergrund trete auch dasThema bdquopublic valueldquo ndash bdquowas hat die Gesellschaft davonldquo
Auch die Veranstaltung hier diene dazu offene Fragen zuklaumlren Steine aus dem Weg zu raumlumen und mit dem Themavoranzukommen
Kontraumlre Standpunkte wurde auf der Podiumsdiskussion angesprochen
bdquoEs gab noch nie
ein eigenes Kapitel
fuumlr kleine und mit-telstaumlndische Unter-
nehmenldquoFrank Dollendorf
TPP = Trans-Pacific Partnership zwischen zwoumllf Laumlndern Diese Laumlnder sind die USA Australien Brunei Chile Japan Kanada Malaysia Me-xiko Neuseeland Peru Singapur und Vietnam
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Eine Wirtschaftsverfassung fuumlr multinationaleKonzerne
bdquoIn dieser Diskussion werden viele Nebelkerzen gewor-fenldquo erzuumlrnte sich Juumlrgen Maier bdquoGegen Handel als sol-chen hat ja niemand wasldquo sagte er Der Handel zwischenden USA und der EU boome bdquodie intensivste Handelsbe-ziehung der Weltldquo auch die Investitionsstroumlme wuumlrden grouml-
szliger es gaumlbe keine signifikanten Probleme Auf eine parla-mentarische Anfrage im Bundestag und im Europaparla-ment wo etwa Investoren aus Amerika in Europa und um-gekehrt vor Gericht nicht Recht bekommen haumltten haumlttenweder die Kommission noch der Bundeswirtschaftsminister Beispiele nennen koumlnnen
bdquoEs geht um die Einfuumlhrung eines Schiedsgerichtsverfah-rens wo Investoren Sonderrechte bekommen NormaleMenschen haben diese Sonderrechte nichtldquo so Maier bdquoDasist der Punkt um den es geht Lassen Sie sich da keine Maumlr-chen erzaumlhlenldquo Er ver-langte eine balancierteAuslegung zwischen
Rechten und Pflichten85 Entwicklungslaumlnder haumltten vorgeschlageneinen neuen Vertrag uumlber Rechte und Pflichten vonInvestoren und multina-tionalen Konzernen aus-zuhandeln ndash aber dieschaumlrfsten Kritiker seiendie EU und die USA soMaier bdquoEs geht darumdass wir eine globale Wirtschaftsverfassung haben die
heutzutage nicht mehr stimmt die zu sehr einseitig fuumlr mul-tinationale Konzerne ausgerichtet ist ndash und das stoumlszligt immer wieder auf oumlffentliche Kritik ndash darum geht esldquo
Maier verdeutlichte seine Meinung am Beispiel der Landwirtschaft In Deutschland und der EU seien immer mehr Menschen der Meinung der Weg in die Agrarindus-trie fuumlhre in die Irre Man muumlsse zuruumlck zu einer regionali-sierten zu einer baumluerlichen Landwirtschaft ndash bdquound dieagrarindustrielle Massentierhaltung Massenmilchproduk-tion Glyphosat-verseuchte Pestizide insbesondere in Suumld-amerika oder genmanipuliertes Soja wollen die Menscheneinfach nichtldquo Da passe auch ein solches Freihandelsab-kommen nicht wo man Milchmaumlrkte globalisiere wo manSchweinefleischmaumlrkte globalisieren moumlchte etc bdquoDas
passt nicht mehr in die heutige Zeitldquo Die Menschen woll-ten Freihandelsabkommen die regionalisierte Produktevoran treiben bdquoIst das denn illegitim so etwas zu wollenldquofragte Maier bdquoNein das ist im besten Sinne konservativldquoantwortete er sich selbst
Bisher treibe man in Europa noch sozialvertraumlglichenHandel ndash das duumlrfe man nicht uumlber Bord werfen so Maier weiter Niemand duumlrfe solche Abkommen dekretierenweder Kommissionen noch Umweltverbaumlnde bdquoWir brau-chen eine breite Diskussion was sind unsere Werte waswollen wirldquo Das sei keine Marotte verwoumlhnter weicher
Bayern Diese Diskussion werde auf der ganzen Welt ge-fuumlhrt bdquoDiese Handelspolitik wie sie die Kommission unsmit undemokratischen Methoden uumlberziehen will hat keineChanceldquo schloss Maier seinen Diskussionsbeitrag ab
Dass es keine Probleme gibt ndash das ist voumlllig falschbdquoWir erfinden hier nichts Neues Deutschland ist der Er-
finder dieser Investitionsschutzabkommenldquo schaltete sichMichael Gottschlich Referatsleiter im bayerischen Wirt-schaftsministerium (StMWi) aus dem Publikum in die Dis-kussion ein Es gaumlbe viele Laumlnder wo man so ein Instru-ment brauche damit Investoren auf Rechtsstaatlichkeit ver-
trauen koumlnnten Schon seit den 1950er Jahren habeDeutschland solche Abkommen geschlossen um hiesigeInvestoren zu schuumltzen fuumlhrte Gottschlich aus Im 21 Jahr-hundert muumlsse man das ganze System einmal anpassen In-vestoren seien vor indirekter Enteignung zu schuumltzen Auchdie Transparenz der TTIP-Verhandlungen sei verbessertworden bdquoVieles was kritisiert worden ist hat man aufge-griffenldquo so Gottschlich bdquoWir brauchen dieses Instrumentin vielen vielen Laumlndernldquo fuhr er fort Zwischen Deutsch-land und den USA brauche man das Abkommen nicht un-
bedingt ndash aber es gaumlbe einige EU-Staaten da sei das Rechtssystem nichtganz so ausgepraumlgt wie in Deutsch-
land Viele Laumlnder haumltten Investitions-schutzabkommen wuumlrden diese aber auch gerne auf einen aktuellen Stand
bringen bdquoWenn wir ein solches Ab-kommen haben wollen muss es einambitioniertes Instrument seinldquo ver-langte Gottschlich Die Kritikpunktean den alten Abkommen seien jetztaufgegriffen und von der EU-Kom-mission in den Verhandlungen vorge-schlagen worden Zusammen mit
jedem Handelsabkommen solle man ein Investitionsschutz-
abkommen treffen damit man nicht nur die Laumlnder diskri-miniere denen man vielleicht nicht so vertraue
bdquoDass es keine Probleme gibt ndash das ist voumlllig falschldquowarnte Gottschlich davor TTIP aus deutscher Sicht alsnicht notwendig zu bezeichnen bdquoEs gibt viele viele kleine
und mittelstaumlndische Unter-nehmen die koumlnnen keinenHandel mit den USA trei-
benldquo betonte der ExperteViele Probleme wuumlrden imregulatorischen Bereich lie-gen bdquoUnterschiedlicheStandards doppelte Zertifi-zierungsverfahren ndash dastreibt die Kosten fuumlr einkleines mittelstaumlndischesUnternehmen in die HoumlheldquoFuumlr einen groszligen Automo-
bilhersteller sei das keinProblem bedeuteten fuumlr ein kleines Unternehmen aber schnell 20 bis 25 Prozent Mehrkosten bdquoDas ist eine abso-lute Marktzugangshuumlrdeldquo TTIP bringe gerade kleinen undmittelstaumlndischen Unternehmen besondere Vorteile nichtnur den Groszligunternehmen sondern gerade dem Mittel-stand 99 Prozent aller Unternehmen in Deutschland sind
kleine und mittelstaumlndische Unternehmen gewichtete Gott-schlich Nur zu sagen es ging uns doch gut wir braumluchtendas nicht waumlre voumlllig falsch betonte Gottschlich noch ein-mal bdquoWir wollen einfach das abbauen was sich unsinniger
Michael Gottschlich StMWVI
bdquoUnterschiedliche Stan-
dards doppelte Zerti1047297zie-rungsverfahren ndash das treibt
die Kosten fuumlr ein kleines
mittelstaumlndisches Unter-
nehmen in die HoumlheldquoMichael Gottschlich
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Weise in den vergangenen Jahrzehnten aufgebaut hatldquo ver-einfachte Gottschlich das Vorhaben Diese Buumlrokratie dieman nicht brauche abzubauen bringe etwas fuumlr den Wohl-stand die Arbeitsplaumltze und die Menschen in BayernDeutschland und der EU
Uumlbermittlungsprobleme zu Lasten der Bevoumllkerung
Moderator Pierre Rafih draumlngte trotz aller Wichtigkeitdes Themas doch mehr am Titel der Veranstaltung ndash bdquoFol-gen fuumlr Entwicklungslaumlnderldquo zu bleiben bdquoMich wuumlrde vielmehr interessieren wie sinddie Auswirkungen auf dieIndividuenldquo fragte ein Teil-nehmer aus dem PublikumIn Afrika werde es in ein
paar Jahren eine Verdoppe-lung der Bevoumllkerunggeben Wirtschaft seiimmer eine Chance fuumlr Ent-wicklung Besonders in
landwirtschaftlichen Berei-chen verlasse man sich auf afrikanische Exporte Wassei dort zu erwarten wurdeGithinji gefragt
Von den 79 Laumlndern wuumlrden nicht alle zu den Gewinner zaumlhlen erwiderte der ACP-Vertreter Aber wie wuumlrde es beiden aumlrmeren Laumlndern aumlrmeren Bevoumllkerungen aussehendifferenzierte er die Frage Es sei nicht selten der Fall dass
politisches Handeln in den Entwicklungslaumlndern ohne dieEinbindung der bdquoStakeholderldquo erfolge ndash darin liege ein gro-szliges Problem so Githinji Technokraten fuumlhrten die interna-
tionalen Verhandlungen ohne jegliche Konsultation DieUnterhaumlndler wuumlrden nicht uumlber die Kapazitaumlt verfuumlgen dieBeduumlrfnisse und Wuumlnsche ihrer Bevoumllkerung sowie die In-teressen ihrer Laumlnder klar zu vermitteln bdquoWir hatten beivielen Verhandlungen mit Partnern uumlber wirtschaftliche Ko-operation versucht dieses Uumlbermittlungsproblem anzuge-hen indem wir sicherstellten dass all die Nutznieszliger miteinbezogen warenldquo berichtete Githinji Was sich aus sol-chen Verhandlungen ergibt haumlnge von den Machtverhaumllt-nissen zwischen den Parteien ab und von der Moumlglichkeitdiese Macht auszuspielen um das Verhandlungsresultat zu
beeinflussen bdquoIn manchen Faumlllen haben wir die Erfahrunggemacht dass die Gegenpartei den Verhandlungsverlauf und damit auch das zu erzielende Resultat von vornehereinfestlegtldquo so der ACP-Repraumlsentant So sei fuumlr die meistenEntwicklungslaumlnder diese Situation nicht einfach und letzt-lich sei die Bevoumllkerung Leidtragender der beschlossenenVereinbarungen Manche suchten dann auf dem Weg der Migration nach besseren Lebenschancen bdquoDies wird fort-dauern solange wir keine Wirtschaftsentwicklung vorwei-sen koumlnnenldquo Deswegen sei es wichtig Politik-Kohaumlrenzzu gewaumlhrleisten sodass jede Maszlignahme und Entschei-dung die in der EU oder den USA und anderen Industrie-laumlndern getroffen werde nicht negativ auf die Laumlnder desSuumldens und ihre Bevoumllkerung wirke
Verhandlungspartner auf AugenhoumlheDie USA haumltten in den vergangenen Jahren viele Abkom-
men mit Laumlndern getroffen wo man eindeutig von einem
politischen Machtgefaumllle sprechen koumlnne ging JoachimMenze auf die Entwicklungslaumlnder ein Eine einfache Ver-handlungsposition und starke Durchsetzungsfaumlhigkeit sei-tens der USA sei da zu beobachten gewesen Nun seien dieUSA zum ersten Mal in der Situation dass sie es mit einemgleichwertigen Verhandlungspartner auf Augenhoumlhe zu tunhaumltten so Menze Beide Seiten wuumlrden diesmal sehr starke
Interessen einbringen bdquoDas Ergebnis wird ganz sicher alssog Goldstandard in die weiteren Verhandlungen einge-henldquo glaubt der Vertreter der EU-Kommission Wenn manin ein paar Jahren bei-spielsweise mit Bolivienverhandle koumlnne mannichts schlechteres anbie-ten als den USA erlaumlu-terte Menze Das wuumlrdeim internationalen Ver-kehr sonst als Herabwuumlr-digung betrachtet werdenbdquoFuumlr die kleineren nicht
so wirtschaftsstarkenStaaten wird dieses Ab-kommen eine groszlige Be-deutung habenldquo
Abkommen kopieren ist keine Politik fuumlrdas 21 Jahrhundert
bdquoWie koumlnnen sie den Entwicklungslaumlndern helfen dasssie partizipieren koumlnnenldquo kam eine weitere Frage aus demPublikum Wie koumlnne Technologie in diese Laumlnder gebrachtwerden obwohl die Leute dort sehr wenig davon verste-hen Juumlrgen Maier bezeichnete das als einfach bdquoDie Ent-
wicklungslaumlnder koumlnnen in der WTO auf Augenhoumlhe ver-handeln und zu Ergebnissen kommenldquo Da kaumlme man auchzu Ergebnissen die alle Interessen gleichmaumlszligig widerspie-gelten Die Version die die Kommission vorschlage dassarme Laumlnder das Abkommen kopieren koumlnnten sei keinePolitik die im 21 Jahrhundert zukunftsfaumlhig waumlre Mankomme deshalb nicht weiter weil man nicht bereit sei mitRegierungen aus Afrika auf Augenhoumlhe zu verhandeln soMaier weiter
Infrastruktur-Projekte foumlrdernZusammen mit dem Bundeswirtschaftsministerium und
dem BMZ organisiere die IHK Muumlnchen auch Manager-Fortbildungen um Unternehmer aus Bayern und Entwick-lungslaumlndern zusammenzubringen berichtete DollendorfEntwicklungszusammenarbeit sei ein ganz wichtigesThema bdquoEs gibt in Bayern den so genannten EZ-Scout fuumlr Bildungszusammenarbeitldquo so Dollendorf Diese Personhabe nichts anderes zu tun als mit bayerischen Unterneh-men zu uumlberlegen wie man in Schwellenlaumlndern Projektevorantreiben koumlnnte Es gehe darum ganz gezielt loumlsungs-orientierte Maszlignahmen zu ergreifen Am 3 November soDollendorf werde das Afrika-Infrastuktur-Forum bdquoBe myguestldquo (Anm wwwafrikavereinde) durchgefuumlhrt dasgenau den von Prof Felbermayr schon angesprochenen
Mangel in der Infrastruktur vieler Entwicklungslaumlnder fo-kussiere Repraumlsentanten aus neun afrikanischen Laumlndernwuumlrden dort zugegen sein um ihre Infrastruktur-Projektevorzustellen und um Investoren zu werben
bdquoDas Ergebnis
wird ganz sicher
als Goldstandard
in die weiteren
Verhandlungen
eingehenldquoJoachim Menze
Pierrre Rafih moderierte die Podi-umsdiskusison
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Dialogbuumlhne TTIP Muumlnchen 2015 Dokumentation
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Handel ist wichtig aber Freihandel schadetden Entwicklungslaumlndern
bdquoWas ist Entwicklungldquo fragte ein Teilnehmer afrikani-scher Herkunft aus dem Publikum Entwickelte Laumlnder wuumlrde sich aus seiner Sicht durch zwei Aspekte auszeich-nen einen hohen technologischen Stand ndash und dass vieleWirtschaftszweige fuumlreinander produzieren wuumlrden bdquoDiese
interne Verbundenheit ist wesentlichldquo Handel sei wichtigaber Freihandel schade den Entwicklungslaumlndern Auchentwickelte Laumlnder haumltten sich nicht mit Freihandel entwi-ckelt bdquosondern gerade in einem gelenkten Handelldquo DieHandelsstroumlme seien so gelenkt worden dass ihre eigenenWirtschaften nach vorne gebracht wurden Das werde ein-fach voumlllig vergessen
Zwischen Reich und Arm gibt es heute keinewirklichen technologischen Barrieren mehr
Prof Felbermayr fuumlhlte sich angesprochen und antwor-tete direkt darauf bdquoWenn sie das aus der historischen Per-spektive betrachten dann ist das vielleicht auch richtigldquo
Heute lebe man aber in einer Welt wo es keine wirklichentechnologischen Barrieren mehr zwischen Reich und Armgaumlbe Sehr viele Studien wuumlrden bestaumltigen dass institutio-nelle Probleme in den Laumlndern vor Ort der Grund seienwarum diese nicht am Handel teilnehmen wuumlrden Er haltees sogar fuumlr gefaumlhrlich wenn man sage bdquodas ist die boumlseHandelspolitik des Westensldquo Damit wuumlrde man Versaumlum-nisse entschuldigen die vor Ort stattfinden dass Panzer ge-kauft statt Straszligen gebaut werden Das sei aber in vielenarmen Laumlndern bdquoein Stuumlck weit Realitaumltldquo Schon seit demGATT-Abkommen 1947 sei ein zollfreier Marktzugang fuumlr arme Laumlnder geregelt Das habe leider nicht dazu gefuumlhrt
dass es in diesen Laumlndern eine Industrialisierung gegebenhabe Die Frage sei natuumlrlich zu stellen warum dies nichtzu einer Entwicklung gefuumlhrt habe
Ein Stuumlck vorwaumlrts gekommenAbschlieszligend bedankte sich Pierre Rafih noch einmal bei
allen Referenten und Diskussionsteilnehmern sowie demPublikum fuumlr das Interesse Man habe zu diesem sehr kom-
plexen Thema sicher keine endguumlltigen Antworten gebenkoumlnnen bdquoAber ich hoffe dass wir ein paar neue Fragenhaben dass wir ein Stuumlck weit auf dem Weg gekommensind und weiter offen bleiben und nicht mit einer gefestig-ten Meinung nach Hause gehen ndash das ist nicht die Art der Wissenschaft Wir wollen immer weiter forschen und unsselbst fragen was wir tun sollen Ich bin uumlberzeugt dass
jeder von heute Abend etwas mitnehmen wirdldquo
Vernetzt - verlinkt
www
SID Chapter Muumlnchensid-munich-chapterorg
Dokumentation des hier beschriebenen Dialogbuumlhne TTIPsid-munich-chapterorgpresse
Hochschule fuumlr Angewandtes Management Erding beiMuumlnchenfhamde
BMZ bmzde
ifo-Institut Muumlnchencesifo-groupde
Vertretung der Europaumlischen Kommission in Muumlncheneceuropaeudeutschlandcommissionofficesmunichindex_dehtm
ACPacpint
IHK MuumlnchenO berbayernmuenchenihkde
Forum Umwelt und Entwicklung Berlinforumuede
Mit freundlicher Unterstuumltzung vonImpressum
ViSdP Gesellschaft fuumlr Internationale Entwicklung (SID) Muumlnchen eVDr F Kayode Salau Peter-Rosegger-Straszlige 29 86415 Meringinfosid-munich-chapterorgRedaktion Dr F Kayode SalauDr Volker Goumlbner (Pressebuumlro Schreib-WUT Neusaumlszlig)
Alle Aussagen auch zu rechtlichen Aspekten geben die Aumluszligerungender jeweiligen Redner(innen) bei der Veranstaltung am 22 Oktober 2015wieder und sind weder sachlich noch juristisch gepruumlft
Internationales Buffet Nach reichlich geistiger Nahrung fuumlr den Kopf kam auch
der Bauch zu seinem Recht Fatima von Kaehne (SchlossBlumenthal bei Aichach) hatte ein ebenso umfangreicheswie leckeres internationales Buffett aufgebaut ZahlreicheGespraumlche in kleinen Kreisen rundeten den Abend ab
Internationales Buffet ndash aus allen Handelszonen der Welt von der Ananas bis zur Zucchini
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als 10000 Mitgliedern in 120 Laumlndern in bdquoChaptersldquo (Sek-tionen) auf regionaler und lokaler Ebene organisiert SIDhat bei den Vereinten Nationen einen Beraterstatus DasSID Chapter MuumlnchenBayern (wwwsid-munich-chapterorg) wurde 1990 im Max-Planck-Institut Muumlnchen demVeranstaltungsort gegruumlndet bdquoDer Gruumlndungsvater ist der heute uumlber 90 Jahre alte Professor Dr Klaus Gottsteinldquofreute sich Salau diesenhoumlchstpersoumlnlich im Publi-kum begruumlszligen zu koumlnnen
Fuumlr die inhaltliche Ge-staltung der Tagung war die
SID mit ihrem Kooperati-onspartner der Hochschulefuumlr Angewandtes Manage-ment (FHAM) verantwort-lich bdquoDas Bundesministe-rium fuumlr wirtschaftliche Zu-sammenarbeit und Ent-wicklung BMZ hat mit vie-len inhaltlichen Anregun-gen enorm zum Zustande-kommen dieser Veranstaltung beigetragen und uumlber die Ge-sellschaft fuumlr Internationale Zusammenarbeit GIZ die Ver-anstaltung auch finanziell unterstuumltztldquo bedankte sich Salau
vor dem ersten Redner Dr Bernhard Felmberg vom BMZ
Dialogbuumlhne TTIP Muumlnchen 2015 Dokumentation
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Den 24 Oktober 2015 hatten die Vereinten Nationen alsTag bdquoder Information uumlber Entwicklungsfragenldquo ausgeru-fen Dies hatten die Organisatoren zum Anlass genommenzwei Tage zuvor (am 22 Oktober) zu einer bdquoGlobalen Dia-logbuumlhneldquo einzuladen und die Verhandlungen zwischen denUSA und der EU uumlber bdquoTransatlantic Trade and InvestmentPartnershipldquo (kurz TTIP) zur Diskussion zu stellen unduumlber das emotionsgeladeneThema aufzuklaumlren
Dr F Kayode Salaustellte die Organisatorenvor den Verein bdquoGesell-
schaft fuumlr InternationaleEntwicklung eVldquo (Societyfor International Develop-ment SID) Muumlnchen unddie Hochschule fuumlr Ange-wandtes Management inErding bdquoDie SID ist die aumll-teste internationale poli-tisch unabhaumlngige und pri-vate Vereinigung von Per-sonen die sich den Aufgaben und Zielen der globalen Ko-operation verpflichtet fuumlhltldquo so Salau Vorsitzender desSID Chapters Muumlnchen
SID wurde 1957 in den USA gegruumlndet und ist mit mehr
Gruszligwort Dr Bernhard Felmberg
bdquoWir wollen dass ausfreiem Handel fairer Handel wirdldquo
Der ebenso freundlichen wie hartnaumlckigen Anfrage nacheinem Referenten aus dem BMZ die von Dr Salau an DrBernhard Felmberg herangetragen wurde sei diese Koope-ration mit SID zu verdanken schickte der Ministerialdiri-
gent seinem Gruszligwort voraus Auf das hoch emotionali-sierte Thema habe ihn sogar der Flughafen Tegel auf demWeg nach Muumlnchen eingestimmt Werbeplakate begleitetenihn bis ins Flugzeug Werbung zeige immer bdquowas so dranistldquo Und da habe TTIP eine sehr hohe Praumlsenz Erst wenigeTage zuvor hatte in Berlin eine Demonstration von fast200000 Leuten ndash bdquodas vertraumlgt Berlin immer gut und ent-spanntldquo ndash stattgefunden bdquoSoviel Leute auf die Straszlige zu
bringen heiszligt auch dass man an einer Stelle den Nerv der Bevoumllkerung trifftldquo
Die Muumlnchner Veranstaltung greife zwei fundamentaleThemen auf die Transatlantische Handels- und Investiti-onspartnerschaft TTIP und die Belange von Entwicklungs-
laumlndern Letzteres sei Grundlage dass er als Vertreter desBMZ dazu Stellung nehmen duumlrfe
bdquoDie Verknuumlpfung beider Themen fuumlhrt uns in die Kom- plexitaumlt der globalisierten Welt Wir alle sind uns einig Die
Dr F Kayode Salau Vorsitzender des SID Chapters Muumlnchen
Prof Dr Klaus Gottstein (r) Gruumln-der des SID Chapters Muumlnchen
lokale Politik muss sich auch an den globalen Anforderun-gen ausrichten Wir muumlssen Entwicklungslaumlnder als Partner in unseren Handel integrieren ihre nachhaltige Entwick-lung unterstuumltzenldquo so Felmberg
Vor diesem Hintergrundhaben die Vereinten Natio-nen im September die
Nachhaltigen Entwick-lungsziele beschlossen ndash
den bdquoWeltzukunftsvertragldquowie es Bundesentwick-lungsminister Dr GerdMuumlller beschreibe DieWeltgemeinschaft (Indus-trie- und Entwicklungslaumln-der) verpflichtet sich damitzu nachhaltigen Konsum-und Produktionsmustern
Deutschland stuumltze diese Nachhaltigen Entwicklungsziele durch vielfaumlltige Maszlignah-men Das Thema bdquoNachhaltigkeit in globalen Lieferkettenldquosei ein Schwerpunkt in der deutschen G7-Praumlsidentschaft
Das BMZ habe eine ganze Reihe von Projekten zu diesemThema angestoszligen bdquoParadebeispiele sind das Textilbuumlnd-nis und das Forum Nachhaltiger Kakaoldquo Textilien undKakao sollten aus nachhaltigen Quellen stammen hohe So-
Transatlantische Partnerschaft (TTIP) ndashDie Folgen fuumlr die Entwicklungslaumlnder Dialogbuumlhne Muumlnchen 22 Oktober 2015
Dr Bernhard Felmberg Ministerial-dirigent im BMZ
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Verhandlungen seien transparenter geworden es gaumlbe be-reits sehr viel Texte zum Nachlesen bdquoAuch Investorenkla-gen sollen transparent und durch oumlffentlich bestellte Richter entschieden werden DasRecht der Vertragsstaaten auf
politische Gestaltung sollausdruumlcklich festgeschrieben
werdenldquo nannte Felmbergnur drei von mehreren Punk-ten
Die Debatte zu TTIP solleman auch als Anstoszlig nehmenfuumlr die Frage welche Folgensich fuumlr Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder ergeben ndash undderen Belange bei den Verhandlungen staumlrker in den Vor-dergrund ruumlcken
bdquoDie Frage nach den Implikationen unserer Wirtschafts- politik auf Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder ist natuumlrlichnicht neu Aber vor dem Hintergrund der aktuellen Fluumlcht-lingsstroumlme erfaumlhrt sie eine neue Qualitaumltldquo schlug Felm-
berg den Bogen zu einem anderen aktuellen Thema VieleMenschen fluumlchten vor Not und Verzweiflung aus ihrer Heimat Die Probleme wuumlrden uns in die Pflicht nehmenum bdquoFluchtursachen zu bekaumlmpfen und den Menschen vor Ort ein wuumlrdevolles Leben zu ermoumlglichenldquo TTIP spieleals ein Abkommen mit globaler Reichweite eine wichtigeRolle dafuumlr bdquoDarum ist es unsere Verpflichtung darauf zuachten dass TTIP so ausgestaltet wird dass Entwicklungs-laumlnder vom Handel staumlrker profitieren Chancen realisiertund die Risiken minimiert werdenldquo betonte Felmberg
Welche positiven Effekte hat TTIP fuumlr Entwicklungs- undSchwellenlaumlnder ndash und welche negativen Konsequenzenmuumlsse man also fragen Entwicklungs- und Schwellenlaumln-der sitzen bekanntlich nicht am Verhandlungstisch bdquoWiekoumlnnen wir gemeinsam mit unseren Partnern daran arbei-ten dass sie die Potenziale von TTIP nutzen koumlnnenldquolenkte er den Blick auf die Perspektive des BMZ
Um die Chancen und Risiken von TTIP fuumlr Entwick-lungslaumlnder einschaumltzen zu koumlnnen hatte das BMZ beimifo-Institut eine Studie in Auftrag gegeben ndash uumlber die an-schlieszligend einer der Autoren Prof Gabriel Felbermayr re-ferierte Die Studie wurde im Januar 2015 praumlsentiert ndash undhabe der Diskussion bdquonoch einmal einen Spin verliehenldquo
Felmberg skizzierte vorab einige der Ergebnisse der StudieEntscheidend fuumlr die Effekte von TTIP werde seine Ausge-staltung sein die man heute noch nicht kenne Derzeitkoumlnne man nur auf die Verhandlungen einwirken ndash bdquound
zial- und Umweltstandards sollten sich in der gesamtenLieferkette finden bdquoWir wollen dass aus freiem Handelfairer Handel wirdldquo sagte Felmberg TTIP spiele dafuumlr einewesentliche Rolle
TTIP sei ein Abkommen von globaler Reichweite Es be-treffe ein Drittel des Welthandels und fast die Haumllfte der
weltweiten Wertschoumlpfung TTIP ist bdquodas erste tiefgehendeFreihandelsabkommen zweier zentraler Global Player der Europaumlischen Union (EU) und der USAldquo Aus diesemGrunde wuumlrden auch viele Menschen die Verhandlungenaufmerksam und kritisch verfolgen Mehr Transparenz vor allem fuumlr Parlamentarier werde gefordert bdquoAuch die Bun-desregierung setzt sich hierfuumlr einldquo so Felmberg Vor allemSorgen um ein bdquoAbsinken von Verbraucherstandards Son-derrechte fuumlr Investoren und Einbuszligen beim Datenschutzldquowuumlrden fuumlr eine kritische Debatte sorgen die Felmberg alsbdquogut und wichtigldquo bezeichnete bdquoDas Engagement der Zi-vilgesellschaft hat Wirkung gezeigtldquo resuumlmierte er Die
Dialogbuumlhne TTIP Muumlnchen 2015 Dokumentation
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Gut besucht war die Dialogbuumlhne zum Thema bdquoTTIP ndash Folgen fuumlr dieEntwicklungslaumlnderldquo
Dr Kayode Salau (l) SID und Dr Bernhard Felmberg BMZ
Umdenken zuhause ndash Umwelt- und Sozial-standards vor Ort fordern und foumlrdern
Uumlber das Textilbuumlndnis und das Forum Nachhaltiger Kakao foumlrdere das BMZ die Umsetzung von Umwelt- undSozialstandards vor Ort Nach der Reise mit Bundes-kanzlerin Merkel nach Indien vor kurzem waren Bundes-entwicklungsminister Dr Gerd Muumlller und Ministerialdiri-gent Dr Bernhard Felmberg noch in Bangladesch Ver-schiedene Projekte hatten sie dort besucht bdquoEs ist nochHandlungsfaumlhigkeit und -moumlglichkeit angezeigt Da istnoch Luft nach obenldquo so Felmberg Aber man habe auchgesehen dass das Handeln Europas und Deutschlandsdes BMZ und auch der GIZ deutlich zu spuumlren sei Spe-ziell ein Hersteller wurde besucht der viele in Deutsch-land bekannte Marken mit Textilprodukten beliefere vomMassenhaumlndler bis zur hochwertigen Marke Fuumlr die Ar-beit werde dort das doppelte des Mindestlohnes bezahlt
Auch die oumlkologischen Standards seien so dass man inhohem Maszlige damit zufrieden sein koumlnne Aus Spitzemuumlsse dort Breite werden andere muumlssten sich diesemBeispiel anschlieszligen ndash dann sei man auf gutem Wegeund werde es schaffen in diesen Laumlndern Asiens eineProduktion zu generieren die das Wort bdquomenschenwuumlr-digldquo verdiene bdquoDazu ist auch ein Umdenken in unseremeigenen Land notwendig was das Produktverhalten an-
gehtldquo Letztendlich entscheide nicht das Gewissen zu-hause was man gerne tun wuumlrde ndash sondern bdquoder Wegzur Kasse im Ladenldquo appellierte Felmberg an jeden ein-zelnen
bdquoTTIP ist ein
Baustein fuumlr ein
faires globalesHandelssystemldquo
Dr Bernhard Felmberg
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der EU mit Entwicklungslaumlndern Um Sozial- und Um-weltstandards international staumlrker zu verankern muumlssenwir bei TTIP mit gutem Beispiel vorangehenldquo
Das multilaterale Handelssystem der WTO habe fuumlr dieBundesregierung Prioritaumlt Deren Prinzip bdquoein Land eineStimmeldquo biete Entwicklungslaumlndern die Moumlglichkeit ihreAnliegen geltend zu machen Wenn TTIP die legitimen In-
teressen von Entwicklungs- und Schwellenlaumlndern ange-messen beruumlcksichtige koumlnne es auch ein Schritt in Rich-tung Multilateralismus sein ndash moumlglicherweise bdquoein Schrittauf dem Weg zu einem globalen Abkommen in dem sichregionale Abkommen vereinigen In jedem Fall aber einBaustein fuumlr ein faires globales Handelssystemldquo
Dr Bernhard Felmberg fasste sein Plaumldoyer fuumlr das Ab-kommen zusammen bdquoMit TTIP koumlnnen und werden wir Einfluss auf internationale Standards gewinnen und auchnehmen Die Globalisierung braucht verbindliche arbeits-rechtliche soziale und oumlkologische Mindeststandards Ichdenke wir sollten die Chance nutzen Wir sollten das Heftdes Handelns in die Hand nehmen statt Gestaltungsmoumlg-lichkeiten aus der Hand zu geben Handeln ist besser als
behandelt zu werdenldquo
Felmberg zitierte den fruumlheren Bundespraumlsidenten HorstKoumlhler bdquoFuumlr die Entwicklungslaumlnder waumlre ein verbesserter Zugang zu den Maumlrkten der Industriestaaten die beste Hilfezur Selbsthilfeldquo (Anm bdquoBerliner Redeldquo 2007 ) Die amwenigsten entwickelten Staaten der Welt haumltten schon heutevollstaumlndigen Zugang zum EU-Markt ndash fuumlr alle Produkteauszliger Waffen bdquoDamit unsere Partnerlaumlnder den Zugang tat-saumlchlich nutzen koumlnnen leisten wir handelsbezogene Ent-
wicklungszusammenarbeit durch gezielte Projekte und fi-nanzielle Unterstuumltzung vor Ort Auf regionaler Ebene beraumltDeutschland regionale Organisationen bei der Vertiefungihres Integrationsprozesses zum Beispiel die westafrikani-sche Wirtschaftsgemeinschaft ECOWASldquo erlaumluterte Felm-
berg die Arbeit des BMZ
das sollten wir auch tunldquo so der Vertreter des BMZ bdquoTTIPkann sowohl positive als auch negative Auswirkungen auf Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder haben Dabei ist dieWirtschaftsstruktur des Landes wichtig So koumlnnen zumBeispiel Zulieferer von Vorprodukten in die EU von einemstaumlrkeren transatlantischen Handel profitieren Demgegen-uumlber erleiden moumlglicherweise diejenigen Laumlnder Wettbe-werbsnachteile deren Produkte in Konkurrenz zur EU oder den USA stehenldquo fuumlhrte Felmberg aus Denn der Inhalt vonTTIP sei ja gerade transatlantische Waren zu verbessertenKonditionen anbieten zu koumlnnen
Fuumlr eine entwicklungsfreundliche Ausgestaltung des Ab-kommens engagiere sich die Bundesregierung damit auchEntwicklungs- und Schwellenlaumlnder von TTIP profitierenkoumlnnten Dazu bringe das BMZ beim federfuumlhrenden Bun-deswirtschaftsministerium entwicklungspolitische Aspekteein bdquoWir setzen uns fuumlr Nachhaltigkeit in globalen Liefer-ketten einldquo so Felmberg fuumlr das BMZ Unternehmen wuumlr-den dazu angehalten auf faire Arbeitsbedingungen der Men-
schen vor Ort zu achten bdquoWir legen Wert auf ein umfassen-des Monitoring in dem die wirtschaftlichen sozialen undoumlkologischen Wirkungen von TTIP uumlberwacht werdenldquonannte Felmberg einen zweiten wichtigen Punkt fuumlr dasBMZ Gleiches gelte fuumlr die Wahrung von Menschenrech-ten bdquoSo koumlnnen wir darauf hinwirken dass wirtschaftlicheErfolge nicht zu Lasten nachhaltiger Entwicklung gehenldquoAuch bei den Ursprungsregeln des Abkommens muumlssten dieBelange von Entwicklungs- und Schwellenlaumlndern beruumlck-sichtigt werden bdquoAll die genannten Anliegen bringen wir als BMZ bei den Diskussionen auf nationaler und auf EU-Ebene an Dadurch konnten wir das Thema entwicklungs-
politische Nachhaltigkeit bereits entschieden vorantreibenldquo
sagte FelmbergDer Einsatz des BMZ in Sachen Nachhaltigkeit habe
einen uumlber TTIP hinausgehenden Grund bdquoTeile des Ab-kommens werden Vorbildcharakter haben fuumlr Abkommen
Dialogbuumlhne TTIP Muumlnchen 2015 Dokumentation
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Das Max-Planck-Institut in Muumlnchen war raumlumlicher Gastgeber
bdquoDas multilaterale
Handelssystem der
WTO hat fuumlr die
Bundesregierung
PrioritaumltldquoDr Bernhard Felmberg
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noch nicht einmal den Herrn Gorbatschowldquo Schon 1985sei festgelegt worden woruumlber man dann verhandelnwollte Heute seien sich zumindest alle einig dass maneinen bdquomultilateralen Durchbruchldquo eine echte Globalisie-rungsgestaltung fuumlr Alle erreichen wolle Dennoch gaumlbe esinzwischen Widerstaumlnde Schuldzuweisungen uumlber die insStocken geratenen Verhandlungen bringen nichts glaubt
Felbermayr bdquoAber auch in vielen anderen Weltregionen passiert einigesldquo blickte der Wirtschaftsprofessor uumlber den
Tellerrand Er nannte das transpazifische Abkommen zwi-schen den USA Japan und zehn anderen Pazifik-Anrainer-staaten Politisch sei dieses abgeschlossen bdquoder Ratifizie-rungsprozess wird noch muumlhseligldquo Auch in Suumldostasienwerde verhandelt beispielsweise das RCEP ein regiona-les Abkommen zwischen Indien China und anderen Staa-ten in Suumldamerika oder in Afrika Multi- und bilaterale Ab-kommen stehen sich nicht im Wege hielt Felbermayr un-
terschiedliche Verhandlungsdimensionen fuumlr legitim Schondas zehnjaumlhrige Verhandeln des Uruguay-Abkommenshabe zu weiteren regionalen Abkommen gefuumlhrt Fuumlr dieBlockierer seien indessen die Kosten des Blockierens ge-stiegen ndash und der Wunsch des Einlenkens schlieszliglich staumlr-ker geworden Unterschiedliche Abkommen wuumlrden alsoin einem komplementaumlren Verhaumlltnis zueinander stehen
Wie sein Vorredner verwies Felbermayr auf die Groumlszligedes Abkommens das 30 des Welthandels und 45 der globalen Wertschoumlpfung betreffe 30 der Drittlaumlnder wuumlr-den mehr als 50 ihres Exportumsatzes mit der EU undden USA erzielen Dennoch muumlsse klar sein dass TTIP einAbkommen sei bdquodas die Handelsbarrieren zwischen der EU und den USA absenken wirdldquo Aber schon ArtikelXXIV des GATT-Abkommens lege fest dass deshalb dieBarrieren gegenuumlber Dritten nicht steigen duumlrften Effekteauf Drittstaaten duumlrften immer nur indirekte Effekte sein
Solche indirekten Effekte seien nicht so leicht zu fassenmeinte Felbermayr ndash und deshalb sei wohl das ifo-Institutvom BMZ mit der Studie beauftragt worden Man braucheModelle um gegenlaumlufige Mechanismen zu berechnenbdquoZunaumlchst einmal wollen wir sie benennenldquo erklaumlrte Fel-
bermayrZunaumlchst sei da der negative Effekt der bdquoHandelsumlen-
kungldquo Abkommen die nur zwei Bloumlcke mit ihren jeweili-
gen Laumlndern umfassten seien bdquoinhaumlrent diskriminatorischldquoWenn die Barrieren zwischen den Partnern abgesenkt wer-den muumlsse man nichts tun um aktiv Barrieren nach auszligenzu beeinflussen Felbermayr nannte ein Beispiel Werde ein
Keynote Prof Gabriel Felbermayr PhD
bdquoDer Kuchen wird groumlszligerldquo
bdquoIst Globalisierung eine Chance fuumlr die armen Laumlnderldquofragte Prof Gabriel Felbermayr eingangs zu seiner Key-note Die Antwort koumlnne kein pauschales bdquoJaldquo sein bdquoAber die Chance ist daldquo sagte Felbermayr Der Zugang zu inter-
nationalen Maumlrkten sei eine notwendige aber keine hinrei-chende Bedingung fuumlr Entwicklung Es gaumlbe kein Beispielfuumlr ein Land das sich von der Globalisierung abgekapselthabe und eine groszligartige Entwicklung ndash Zuwachs an Wohl-stand Absinken der Kindersterblichkeit und Ruumlckgang vonAnalphabetismus und extremer Armut ndash erlebt habe
Die Rechtssysteme vor Ort die Sozialgesetzgebung Um-weltgesetze die Durchsetzung von Eigentumsrechten der Schutz von Minderheiten und einiges mehr seien wichtigeFaktoren in den jeweiligen Laumlndern um Globalisierung alsChance nutzen zu koumlnnen Die bdquoPartizipation am Welthan-del hat Hunderte von Millionen Menschen aus der Armut
befreitldquo hielt Felbermayr fest auch wenn der kausale Zu-sammenhang nicht immer gleich klar sei Die Teilhabe anWertschoumlpfungsketten helfe auch den Menschen in Ban-gladesch und vielen anderen Laumlndern aus der Armut
Immer wieder tauche der Vorwurf auf dass bdquodie Oumlkono-menldquo meinten die Maumlrkte wuumlrden sich von selbst regulie-ren bdquoWelthandel braucht Regeln ndash Maumlrkte regulieren sichnicht selbstldquo postulierte Felbermayr bdquoRegeln spielen eineganz wichtige Rolleldquo warf er einen Blick auf verschiedeneHandelsabkommen nicht nur Zoumllle oder der MarktzutrittZu diesen Regeln gehoumlre auch der Schutz geistigen Eigen-tums der Datenschutz wettbewerbsrechtliche RegelnSchutz von Auslandsinvestitionen sowie Regeln zu Um-
welt Arbeitsrecht oder Menschenrechten Bisherige Ab-kommen seien in der Regel nicht so umfassend gewesenwie solche uumlber die heute verhandelt werde ob TTIP oder andere
TTIP treibe zwar inBerlin die Massen auf die Straszlige (wie Felm-
berg zuvor ausgefuumlhrthatte) und sei in vielenGesellschaftsschichtenein wichtiges ThemaDabei werde aber haumlu-
fig vergessen dassTTIP bdquoein Baustein istauf einer sehr viel laumln-geren Reiseldquo TTIP seiein Baustein zu einer modernen Welthandelsordnung soFelbermayr Erst wenn die Texte des Abkommens nach demEnde der Verhandlungen auf dem Tische laumlgen koumlnne man
beurteilen ob TTIP tatsaumlchlich dieser Baustein sei oder dasGegenteil schraumlnkte er ein
Die aktuellen Regeln des Welthandels seien jedoch be-reits 20 oder 30 Jahre alt Als das Uruguay-Abkommen daszur Gruumlndung der WTO (World Trade Organisation) fuumlhrte
verhandelt worden sei (1986 bis 1994) bdquogab es im Kreml
Dialogbuumlhne TTIP Muumlnchen 2015 Dokumentation
5 Regional Comprehensive Economic Partnership General Agreement on Tariffs and Trade
Prof Gabriel Felbermayr vom ifo-Institut
bdquoWelthandel
braucht Regeln ndash
Maumlrkte regulie-
ren sich nicht
selbstldquoProf Gabriel Felbermayr
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bisheriger Zoll etwa zwischen Rumaumlnien und den USA fuumlr Schuhe von bisher 30 auf Null Prozent abgesenkt dann be-deute dies einen Marktvorteil Fuumlr andere Lieferanten etwaKambodscha werde dies zu einem Verlust von Marktan-teilen fuumlhren Das sei das Problem und daher gebe es aucheine groszlige Diskussion Ausschlagegebend sei hier die Houmlheder Zoumllle Bei niedrigen Zoumlllen wuumlrde sich die Marktsitua-
tion nicht wesentlich aumlndern so Felbermayr Wenn manaber Bereiche betrachte wo weder die USA noch die EUeigene Produktionen haben bdquodenken Sie an tropischeFruumlchte oder an Gummildquo dann koumlnne es da diese Handels-umlenkungseffekte nicht geben
Ein anderer Effekt sei der bdquoEinkommenseffektldquo bdquoDer ist positivldquo so Felbermayr bdquoWir machen ja TTIP mit demWunsch in Europa und den USA die Prosperitaumlt ndash houmlhereEinkommen ndash zu sichernldquo Viele bezweifelten das und essei keine trivialeUumlbung das auch mitZahlen zu untermau-ern solange man
nicht wisse was spauml-ter im Text stehenwerde Es gaumlbe bdquona-tuumlrlich Unsicherhei-ten das will ich gar nicht bezweifelnldquo
Aus anderen bilateralen regionalen und globalen Ab-kommen wisse man jedoch dass in diesen Laumlndern houmlhereEinkommen daraus resultiert hatten Felbermayr fuumlhrte alsBeispiel den Beitritt Oumlsterreichs zur EU vor 20 Jahren an
Natuumlrlich habe das in Oumlsterreich den Wohlstand erhoumlht Houml-here Einkommen wuumlrden sich auch darin ausdruumlcken dass
dann auch mehr Geld fuumlr Guumlter aus den Drittstaaten ausge-geben werde Ob Konsumguumlter wie tropische Fruumlchte oder Vorprodukte etwa fuumlr die Automobilproduktion RohstoffeDienstleistungen ausEntwicklungslaumlndernoder im Tourismus ndash das sei einerlei bdquoHier ist die Einkommens-
prosperitaumlt hochldquoWenn die Einkommensteigen werde uumlberpro-
portional in diesen Be-reichen mehr Geld aus-gegeben Mit Nach-druck muumlsse man da-rauf hinweisen dass vom Produktivitaumltswachstum in einer Region auch andere Regionen profitieren koumlnnten so Fel-
bermayr Dass Wachstum in einem Land zum Nachteileines anderen Landes erfolge ndash bdquodiese Idee ist hundert Malwiderlegtldquo Felbermayr fasste zusammen bdquoGlobalisierungist kein Nullsummenspiel Der Kuchen wird groumlszligerldquo
Der Oumlkonom stellte nun Handelsumlenkungseffekte denEinkommenseffekten gegenuumlber Dazu muumlsse man logischeZusammenhaumlnge beachten bdquoEntweder ist TTIP ineffektivdann wird es keine Einkommenseffekte bringen Wenn es
die Wirtschaftsverhaumlltnisse nicht aumlndert wird es auch keineHandelsumlenkungseffekte bringen Dann ist es einfach eingescheitertes Abkommen weder gut noch schlecht Oder aber TTIP ist effektiv und schafft tatsaumlchlich Produktivi-
taumltssteigerungen dann sind potentiell substantielle Einkom-menseffekte in der EU und den USA zu erwarten dann sindauch starke Handelsumlenkungseffekte zu erwartenldquo An-dere Kombinationen seien nicht logisch
Felbermayr wandte sich quantitativen Abschaumltzungen zuBei fruumlheren Studien zum Thema habe man viel weniger uumlber TTIP gewusst als heute die Verhandlungen hatten
noch nicht einmal begonnen und die Kernbereiche warennoch nicht absehbar Damals 2013 habe eine ifo-Studiegesagt dass bdquonegative Drittstaateneffekte sehr wahrschein-lich sein koumlnntenldquo Das habe auch dazu beigetragen die oumlf-fentliche Aufmerksamkeit auf ein Problem zu lenken DieEU-Kommission hatte eine Studie bei einem englischenThink tank in Auftrag gegeben (CEPR 2013) die zum Er-gebnis kam bdquoTTIP waumlre fuumlr die Entwicklungslaumlnder eineBonanzaldquo Der groszlige Gewinner aus dieser Studie waumlren
nicht die EU oder die USA sondern Indo-nesien Da tue er sich schwer das zu erklauml-ren so Felbermayr Beide Studien wuumlrdenextreme Annahmen machen Die ifo-Stu-
die habe eine sehr langfristige Perspektiveeingenommen Spezialisierungseffekteseien darin nicht modelliert Die andereStudie wuumlrde von einer starken multilate-ralen Wirkung ausgehen Ein Absenken der Handelskosten zwischen den USA und der
EU wuumlrde automatisch zu einem Absenken der Handels-kosten mit anderen Laumlndern fuumlhren einem sog bdquoSpill-overldquo Wenn man dies so betrachte kaumlme man tatsaumlchlichzu einer Bonanza
Betrachte man die bisherige Entwicklung der EU somuumlsse man feststellen dass nicht alle Standards die in der
EU eingefuumlhrt wurden von Drittlaumlndern eingehalten wer-den konnten und diese so nicht mehr in die EU liefernkonnten Wenn man meint TTIP koumlnnte gemeinsame Stan-
dards bringen dann waumlre es moumlglich dass diese fuumlr Dritt-laumlnder zu hoch sind Andererseits wolle man keine niedri-gen Standards im transatlantischen Handel vereinbarenbdquonur damit Drittlaumlnder nicht diskriminiert werdenldquo DieRealitaumlt werde die Komplexitaumlt einholen glaubt Felber-mayr Die Widerstaumlnde auf beiden Seiten des TTIP-Ver-handlungstisches seien groszlig bdquoGemeinsame Standards sindwenig wahrscheinlichldquo Eher werde es zur gegenseitigenAnerkennung von Standards kommen bdquoDa kommt es dannwieder auf das beruumlhmte Kleingedruckte anldquo Was sei mit
Produkten die zwar nach einem dieser Standards gefertigtwerden aber aus einem Drittland kommen bdquoDas wissenwir nichtldquo Hier koumlnne man nur hoffen und Forderungenaufstellen
Dialogbuumlhne TTIP Muumlnchen 2015 Dokumentation
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bdquoFuumlr die Welt insgesamt
ist TTIP kein Nullsummen-
spiel Die Welt insgesamt
wird reicherldquoProf Gabriel Felbermayr
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Dialogbuumlhne TTIP Muumlnchen 2015 Dokumentation
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Auch die Wertschoumlpfungsketten seien ein wichtiges Ele-ment in der Diskussion Die Struktur der Importe der EUaus Entwicklungslaumlndern korreliere nur schwach mit der Struktur der Importe aus den USA Daher sollte man keineallzu groszligen Verdraumlngungseffekte feststellen koumlnnen Man-che Drittlaumlnder seien schon heute stark in die Wertschoumlp-
fungsketten der EU oder USA integriert weil sie bilateraleAbkommen haben (Mexiko durch NAFTA die Tuumlrkeidurch die europaumlische Zollunion) Die Firma Leoni produ-ziere beispielsweise Kabelbaumlume fuumlr die deutsche Automo-
bilindustrie in Marokko Sollte die deutsche Autoindustrievielleicht durch TTIP (bdquonach dem VW-Skandalldquo) weiter wachsen dann wuumlrden die Kabelbaumproduzenten mitge-zogen erlaumluterte Felbermayr Handelsumlenkungseffektedie sicher stattfinden wuumlrden wuumlrden in vielen Laumlndernwohl nicht dominant sein bdquoDas Bild das man erhaltenwird wird ein gemischtes seinldquo
Neuere Studien wuumlrden diese Zweideutigkeit staumlrker ab- bilden die Felbermayr gerade herausgearbeitet hattebdquoManche Entwicklungslaumlnder verlieren manche gewin-nenldquo so die lapidare Zusammenfassung Uumlber die Groumlszligen-ordnung ein Prozent ein halbes oder zwei Prozent dakoumlnne man streiten Man muumlsse die Entwicklung dieser Laumlnder auch unter dem Aspekt bdquobusiness as usualldquo (ohne
TTIP) betrachten zum Vergleich dann mit TTIP TTIP seiim Vergleich zu vielen Abkommen die mit Entwicklungs-laumlndern schon bestehen wuumlrden wirtschaftlich eher unbe-deutend fuumlr diese Wenn der asiatische Raum das RCEP-Abkommen verhandele bdquodann ist das ungleich wichtiger als TTIPldquo betonte Felbermayr Gleiches gelte fuumlr andereregionale Abkommen wie auch solche die China und dieUSA im pazifischen Raum betreffen
Felbermayr zeigte mit einer Weltkarte welche Laumlnder von TTIP langfristig profitieren wuumlrden und welche nichtDie Laumlnder der Nordhalbkugel waren da gruumln gefaumlrbt fuumlr steigende Pro-Kopf-Einkommen die USA mit einem Zu-wachs von 27 die EU mit 21 dazu auch viele Laumlnder
in Afrika Mittelost und Asien Etliche wuumlrden gar keineVeraumlnderung erfahren und einige ein geringeres Realein-kommen verzeichnen muumlssen Der Durchschnitt der Nicht-TTIP-Laumlnder war mit - 003 angegeben bdquoDiese Land-karte sieht anders aus als die die wir vor drei Jahren pro-duziert habenldquo ging Felbermayr auf die veraumlnderten Er-gebnisse neuer und alter Studien ein bdquoFuumlr die Welt insge-samt ist TTIP kein Nullsummenspiel Die Welt insgesamtwird reicher Insgesamt wird der Kuchen mehrldquo fasste Fel-
bermayr die prognostizierten Ergebnisse fuumlr die Welt zu-sammen
Prof Gabriel Felbermayr hatte die weltweiten Effekte von TTIP in einer Simulation durchgerechnet Waumlhrend langfristig die TTIP-Laumlnder (EU und USA)mit einem Zuwachs zwischen zwei und drei Prozent rechnen koumlnnen mittelt sich der Nachteil fuumlr Nicht-TTIP-Laumlnder etwa auf plusminus Null
Prof Gabriel Felbermayr
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Felbermayr verglich die voraussichtlichen Wachstums-raten einiger Laumlnder in Form einer groben Abschaumltzung Sowachsen etwa Kambodscha China oder Indien um jaumlhrlichfuumlnf bis 75 Prozent Akkumuliert auf zehn Jahre wuumlrdesich dies auf Zuwachswerte von 60 bis 100 Prozent sum-mieren Der Einfluss dort von TTIP nach zehn Jahren (so-lange wuumlrde ein Abkommen brauchen um Auswirkungen
zu zeigen) betrage zwischen -01 und -05 Prozent DasRCEP-Abkommen werde hingegen zu einem Wachstums- plus nach zehn Jahren von 15 bis fuumlnf Prozent fuumlhrenbdquoEine existentielle Bedrohung fuumlr Entwicklungslaumlnder ausTTIP abzuleiten ist einfach Unfugldquo folgerte Felbermayr aus diesen Zahlen bdquoTTIP muss man als Baustein sehenDas ist nicht das einzige was in der Welt passiertldquo
Fuumlr Deutschland insbesondere die Automobil-Industriesei dieser Einigungsprozess im asiatischen Raum gar nichtgut warf Felbermayr einen Blick aus der hiesigen Warteauf RCEP
10 Punkte auf dem Weg zu einem
fairen WelthandelssystemUm TTIP zu einem Baustein fuumlr ein faires Welthandels-
system zu machen stellte Felbermayr zehn Forderungenauf Die ersten vier fasste er unter dem Motto bdquoHandelsum-lenkungseffekte minimierenldquo zusammen1 TTIP muss so gestaltet werden dass Handelsumlen-
kungseffekte minimiert werden Dafuumlr muumlssten Ur-sprungsregeln groszligzuumlgig ausgestaltet werden Dies be-treffe die Frage wann ein Gut ein europaumlisches Gut seiund zollfrei in die USA exportiert werden koumlnne Solltezu viel Vorleistung darin stecken koumlnnte es sonst nichtals bdquoeuropaumlisches Gutldquo anerkannt werden bdquoDie Frage ist
Wo setzt man da die Grenzen anldquo Vor allem die deutscheEntwicklungspolitik muumlsse hier dahinter her sein DasFreiverkehrsprinzip koumlnne eine Loumlsung sein Nur wo sichAuszligenzoumllle der USA und der EU hinreichend unterschei-den wuumlrden sei eine Ursprungsregel sinnvoll
2 Die gegenseitige Anerkennung von Standards muumlsste auf Drittstaaten ausgedehnt werden Denn sonst habe einProdukt das in Marokko nach amerikanischen Standardshergestellt werde keine Chance bdquoMan muss weg vomHerkunftslandprinzip hin zu einem produktbezogenenStandardprinzipldquo Auch da koumlnne Deutschland massiv
profitieren Denn dann braumluchte man globale Zertifizie-rungsstellen ndash ein Bereich in dem Deutschland dank sei-ner Ingenieure oder dem in vielen Laumlndern der Welt ak-tiven TUumlV schon lange aktiv ist
3 bdquoDie dritte Forderung waumlre Transparenz TransparenzTransparenzldquo Auch bdquodie Auszligenseiterldquo muumlssten wissenwas geplant werde und muumlssten ihre Stimme ndash ob nunals Verhandlungspartner oder nicht ndash erheben koumlnnen
4 Die Doha-Runde muumlsse man schlieszliglich thematisch ver-schlanken und abschlieszligen
Die naumlchsten beiden Forderungen uumlberschrieb Felbermayr mit bdquoHandelschaffungseffekte maximierenldquo5 Man solle versuchen die Entwicklungslaumlnder staumlrker in
die deutschen und europaumlischen Wertschoumlpfungsketteneinzubinden Darin koumlnne man das BMZ und andere Or-ganisationen nur bestaumlrken bdquoDas bedeutet haumlufig aberdass vor Ort Reformen stattfinden muumlssenldquo Hindernis
Nummer eins sei immer dass vor Ort die Infrastruktur fehle und meist nur Kuumlstenregionen integriert werdenkoumlnnten Da muumlsse man uumlber Infrastrukturfinanzierungsprechen
6 Nord-Suumld-Handelsabkommen der EU (und ihrer Laumlnder)wuumlrden dazu fuumlhren dass vor allem arme Drittstaatenstaumlrker in die Wertschoumlpfungsketten kaumlmen
Den dritten Bereich stellteFelbermayr schlieszliglichunter den Begriff bdquoFair-nessldquoFairness sei fuumlr Oumlkonomenein riesen Problem bdquoWir wissen nicht was das istldquoging Felbermayr von wis-senschaftlicher Seite auf diefehlende Definition einHier komme es oft auf diePerspektive an
7 TTIP duumlrfe keine bdquoWirt-schafts-NATOldquo sein
8 Perspektiven fuumlr die Oumlff-nung von TTIP fuumlr Drittstaaten muumlssen glaubwuumlrdig ver-ankert werden bdquoDas bedeutet nicht dass man Drittstaa-ten heute mit an den Verhandlungstisch lassen mussldquoVerschiedene Laumlnder haumltten bereits ihr Interesse an einemBeitritt angemeldet
9Suumld-Suumld-Freihandelsabkommen muumlssten unterstuumltzt wer-den insbesondere in Afrika Mit Know-how koumlnne mansich dort engagieren
10 bdquoDie WTO muss sich noch staumlrker als bisher als sbquoCoachrsquo
und Anwalt kleiner und armer Laumlnder stark machenldquo DasMandat dafuumlr habe die WTO Von den 160 Mitgliedslaumln-dern seien rund 100 Entwicklungslaumlnder blickte Felber-mayr auf die dortige Gewichtung bdquoDas Gewicht ist daSie muumlssen nur ihre Stimme erheben ndash und ich denkedas koumlnnen sie auchldquo schloss Prof Bernhard Felbermayr seine Ausfuumlhrungen
Gabriel Felbermayr stellte zehnForderungen zu TTIP auf
Bronzene Waumlchter am Veranstaltungsort Prof Dr Werner Heisenbergund Prof Dr Max Planck die Namensgeber des Instituts wo die Dialog-buumlhne des SID stattfand
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PodiumsdiskussionPro und Contra TTIP
Seit Jahren bewege TTIP die Men-schen die Resonanz in Medien undPolitik sei sehr groszlig leitete PierreRafih von der Hochschule fuumlr Ange-wandtes Management Erding einemder beiden Veranstalter der Dialog-
buumlhne die Podiumsdiskussion ein Beiderart komplexen Themen sei es wich-tig sich zu informieren und von Ex-
perten beraten zu lassen nicht nur auf Meinungen zu setzen Vier Expertensollten daher das Thema auf dem Po-dium von verschiedenen Seiten be-leuchten Rafih stellte sie vorbull Joachim Menze Leiter der Vertretung der Europaumli-
schen Kommission in Muumlnchenbull Morgan Githinji Senior Expert in Multilateral Trade
der ACP ndash African Caribbean Pacific Group of StatesBrussels Office
bull Frank Dollendorf Leiter Bereich Auszligenwirtschaft der Industrie- und Handelskammer (IHK) fuumlr Muumlnchenund Oberbayern
bull Juumlrgen Maier Geschaumlftsfuumlhrer des Forums Umwelt undEntwicklung Berlin
Angeglichene Standards senken die Kostenauch in Drittstaaten
Die Kommission gehe davon aus dass TTIP auf Ent-wicklungslaumlnder wenig Auswirkungen habe ndash und wenn
dann positive brachte Joachim Menze (Leiter der Vertre-tung der Europaumlischen Kommission in Muumlnchen) die Bruumls-seler Perspektive auf einen Nenner Der Handel zwischender EU und den USA stehenicht wirklich in Konkur-renz zu den Produkten ausdieser Staatengruppe DieErleichterung des transat-lantischen Handels wuumlrdenicht dazu fuumlhren dass der Handel mit anderen Staatenerschwert wird bdquoGanz imGegenteil Wir gehen
davon aus dass angegli-chene Standards zwischender EU und den USA auchfuumlr Produzenten in Dritt-staaten zu Kostensenkungen fuumlhren da eben nicht mehr un-terschiedliche Standards bedient werden muumlssenldquo
25 der Arbeitsplaumltze in Bayern sind vominternationalen Handel abhaumlngig
Die IHK Muumlnchen und Oberbayern ist mit rund 400000Mitgliedern die groumlszligte IHK Deutschlands ndash was schlichtdem sehr gut prosperierenden Standort geschuldet sei Das
internationale Geschaumlft boome so Frank Dollendorf (Leiter Bereich Auszligenwirtschaft der Industrie und Handelskammer IHK fuumlr Muumlnchen und Oberbayern) Das Bruttoinlandspro-dukt des Freistaates betrage 522 Milliarden Euro (im Jahr
2014) ndash bdquo50 Prozent davon werden im Ausland generiertldquoso Dollendorf 22 Prozent houmlhere Loumlhne als im internatio-nalen Vergleich wuumlrden in dieser Region bezahlt 25 Pro-zent der Arbeitsplaumltze seien vom internationalen Handel ab-
haumlngig Es werde nicht uumlberraschen dass er als Vertreter einer IHK daher grundsaumltzlich fuumlr den Freihandel eintrete
Wichtig seien in diesem Zusammenhang die Themen Nachhaltigkeit und die Ver-antwortung des Unterneh-mers und der WirtschaftSchon das IHK-Grundge-setz von 1956 schreibe festdass die IHK bdquofuumlr die Wah-rung von Anstand und Sittedes ehrbaren Kaufmanns
beizuwirkenldquo hat Der alt-
hergebrachte Begriff desbdquoehrbaren Kaufmannsldquo seiaktueller denn je so Dol-lendorf Die Verantwor-tung die ein ehrbarer Kauf-mann an den Tag legen sollte hat mit Nachhaltigkeit zutun Das Nachhaltigkeitsthema sei daher innerhalb vonTTIP ein wichtiger Aspekt Bei den momentanen Diskus-sionen der Verhandlungspartner in Miami sei es daher wichtig dieses Thema aufzugreifen
Standards werden zu Handelsbarrierenfuumlr Entwicklungslaumlnder ndash bdquoGive us a chanceldquo
Morgan Githinji Vertreter der Laumlndergruppe ACP (Afri-can Caribbean Pacific Group of States) in Bruumlssel be-dankte sich fuumlr die Einladung zu diesem Dialog 79 Laumlnder gehoumlrten zu der ACP-Gruppe den Laumlndern Afrikas der Ka-ribik und der Pazifik-Gruppe ndash allesamt Laumlnder die mitEntwicklungsherausforderungen konfrontiert sind Vielesind unterentwickelte Laumlnder kleine Insel- und Binnenstaa-ten
ACP habe sich mit TTIP befasst und dabei drei Bereichedefiniert die wichtig fuumlr diese Laumlndergruppe sind
Zum einen sei da die Handelsumlenkung Dies betreffevor allem bestimmte Produktbereiche mit besonders hohen
Zoumlllen wie beispielsweise in der Automobilbranche Sokoumlnnten etwa in Suumldafrika produzierte Autos nicht mehr wie bisher in die USA exportiert werden wenn Autoher-steller in Europa aufgrund TTIP guumlnstigere Zoumllle und Kon-
Auf dem Podium diskutierten (von links) Juumlrgen Maier Frank Dollendorf Moderator Pierre RafihMorgan Githinji und Joachim Menze
Frank Dollendorf
Joachim Menze
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ditionen fuumlr ihre Exporte in die USA bekommen wuumlrdenFuumlr Suumldafrika wuumlrde dieser Markt dann wegfallen ndash eineHandelsverlagerung zugunsten Europas befuumlrchtet Git-hinji
Zum zweiten gehe es um die Harmonisierung von Pro-duktstandards zwischen den TTIP-Vertragspartnern DieACP-Vertreter wuumlrden befuumlrchten dass diese Standards all-
maumlhlich in die WTO integriert werden ndash was schlieszliglich zueiner groszligen Handelsbar-riere fuumlr Entwicklungslaumln-der fuumlhren werde Um dieseStandards zu erfuumlllen seienenorme Investitionen in denACP-Staaten zur Verbesse-rung von Fachwissen undProduktqualitaumlt noumltig Au-szligerdem muumlssten Institutio-nen geschaffen werden diedie betroffenen Hersteller
bei der Erfuumlllung der Stan-
dards unterstuumltzen Durchdiese Maszlignahmen wuumlrdenzusaumltzliche Kosten entstehen ndash ein klarer Nachteil fuumlr dieExporte dieser Staaten
Zum dritten wuumlrden sich die Verhandlungen auf das mul-tilaterale Handelssystem auswirken Aus Sicht der ACP-Staaten sei die WTO ein formelles international anerkann-tes Forum fuumlr globale Handelsverhandlungen Auch wenn
bilaterale und regionale Verhandlungen heute gang undgaumlbe seien sei anzumerken dass dies dazu tendierenwuumlrde die geltenden Regelungen innerhalb der WTO zuunterminieren bdquoDas koumlnnte zu Problemen fuumlr viele kleinere
Laumlnder fuumlhren wie ich sie repraumlsentiereldquo so Githinji Daswirke sich auch auf die kommende Mi-nister-Tagung der WTO die fuumlr denDezember geplantist aus Bis heutesei noch nicht ein-mal eine Agendaaufgestellt Ergeb-nisse seien nicht ab-zusehen Weiter be-
fuumlrchtete Githinji dass die bdquoDoha Development Agendaldquo(DDA) ein Schluumlsselthema der WTO in Gefahr gerateweil in den Augen der Hauptakteure des globalen Handelsdie WTO keine Ergebnisse in ihrem Sinne liefere bdquoFuumlr unsschwache Laumlnder ist die WTO gut weil wir darin eineStimme habenldquo betonte Githinji bdquoDort koumlnnen wir unsereBeduumlrfnisse zum Ausdruck bringenldquo Die Hauptakteurehaumltten bereits angedeutet dass auf die DDA gleich ganzverzichtet werden koumlnne wenn auf der Minister-Tagung imDezember in Nairobi keine Einigkeit erzielt werde
Die bdquoAgenda 2063ldquo die in Afrika initiiert wurde sei eineder Antworten auf diese Situation erlaumluterte Ginthinji Wei-ter sei ein bdquoFree Trade Agreementldquo (FTA) geschaffen um
mit den groumlszligeren Wirtschaftsakteuren auf Augenhoumlhe ver-handeln zu koumlnnen bdquoWenn wir uns richtig organisierenkoumlnnen glauben wir dass wir mit unseren Ressourcen inder Lage sind eine verhandlungsfaumlhige Macht darzustel-
lenldquo bezog sich Githinji auf Afrika Wenn die Technologienentwickelt wuumlrden koumlnnten diese Laumlnder ihre Ressourcenauch selber nutzen
Die ACP-Staaten appellierten an die EU und die USAdie Interessen von Entwicklungslaumlndern bei den aktuellenVerhandlungen im Rahmen von TTIP zu beruumlcksichtigenbdquoDas Abkommen darf keineswegs zur Beeintraumlchtigung der
Entwicklungsprozesse unserer Laumlnder fuumlhrenldquo Afrika sollenicht auf eine Rolle als Exporteur von Rohstoffen be-schraumlnkt werden betonte Githinji Ansonsten waumlre eine In-dustrialisierung in diesen Entwicklungslaumlndern nicht moumlg-lich ihre Teilnahme an der globalen Wertschoumlpfungskettewuumlrde sehr schwierig werden bdquoGive us a chanceldquo appel-lierte Githinji
Wollen wir eigentlich immer mehrLiberalisierung Deregulierung Globalisierung
Es sei schoumln wenn nun nach so viel TTIP-Werbung auchein Kritiker zu Wort kommen duumlrfe ergriff Juumlrgen MaierGeschaumlftsfuumlhrer des Forums Umwelt und Entwicklung in
Berlin das Wort Er gehoumlre zu denen die die groszlige De-monstration kuumlrzlich veranstaltet hatten
bdquoVielleicht sind die Entwicklungslaumlnder die Ursachedass es TTIP uumlberhaupt gibtldquo stellte Maier die Vorge-
schichte erst einmal voranUrspruumlnglich sei das wasdie Europaumlische Kommis-sion und die USA in der WTO seit 15 Jahren durch-setzen wollten fuumlr dieWTO gedacht gewesen
Nach einigen Jahren in
denen man das nicht habedurchsetzen koumlnnen habeman in Europa mit der bdquoGlobal-Europe-Strategie2005ldquo offiziell beschlossenbdquojetzt setzen wir auf den Bi-
lateralismus auf den Regionalismus und lassen die WTO jetzt links liegenldquo so Maier Mit der Weigerung der USAdie Doha-Runde uumlber das Jahresende hinaus zu verlaumlngernsei die WTO als Verhandlungsforum nun stillgelegt
Was bedeutet TTIP fuumlr die Entwicklungslaumlnder Hier seier bdquouumlberraschenderweiseldquo der gleichen Meinung wie ProfFelbermayr bdquoNix genaues weiszlig man nichtldquo Erst wenn dasAbkommen fertig sein sollte (bdquowenn es jemals fertig seinsollte was ich nichtglaubeldquo) dann werde mandie Auswirkungen uumlberbli-cken bdquoDie Auswirkungenwerden uumlberwiegend nichtsehr groszlig seinldquo so MaierbdquoEs wird ein paar Gewin-ner und es wird ein paar Verlierer gebenldquo
Aber es sei natuumlrlich ein Baustein beim Versuch den Ent-wicklungslaumlndern eine Politik aufzuzwingen die diesenicht wollten Das werde immer damit verkauft dass man
in Wirklichkeit besser wuumlsste was gut fuumlr sie sei ndash dasnenne man eine bdquomoderne Handelsordnung ndash Man kochtsie weichldquo In den vergangenen 15 Jahren (Anm seit Be-
ginn der Doha-Runde) habe man eine ganze Reihe von sol-
Juumlrgen Maier
Morgan Githinji
bdquoWas wir brau-
chen ist eine neue
HandelspolitikldquoJuumlrgen Maier
bdquoFuumlr uns schwache
Laumlnder ist die WTO
gut weil wir darin
eine Stimme habenldquo
Morgan Githinji
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Dialogbuumlhne TTIP Muumlnchen 2015 Dokumentation
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chen bilateralen Verhandlungsrunden mit Entwicklungslaumln-dern erlebt Nur mit Laumlndern die nicht gerade durch De-mokratie glaumlnzten seien solche Abkommen erfolgreich ver-handelt worden etwa mit Vietnam oder Singapur In demo-kratischen Laumlndern gaumlbe es groszlige Widerstaumlnde gerade inWestafrika wo viele Laumlnder demokra-tisiert wurden bdquoDa versucht die EU
geradezu mit Erpressungstaktik dieRatifikation dieser Abkommen zu er-zwingenldquo so Maier bdquoDas nennt dasBMZ dann fairen Handel In Wirklich-keit ist es nichts anderes als genau ihr alter Handelldquo regte sich der Berliner auf Der Landwirtschaftsminister setzenoch einen obendrauf und mache sei-nen bdquoMilchexportgipfelldquo wo er seineMilchprobleme durch Export loumlsenwolle bdquoUnd wo geht ein Drittel desdeutschen Milchpulvers heute schonhin Nach Afrikaldquo Es solle offenbar
noch mehr werden ndash bdquofairer Handel ndash agrave la Bundesregierungldquo schimpfte Maier
bdquoWas wir brauchen ist eine neue Handelspolitik Das hatnichts mit TTIP zu tunldquo forderte Maier bdquoEine Handelspo-litik die von den Praumlmissen der Vergangenheit Abstandnimmt und die vor allen Dingen eine demokratische Be-standsaufnahme in Europa voraussetzt Wollen wir eigent-lich immer mehr Liberalisierung Deregulierung Globali-sierung ndash wollen wir das in Europa uumlberhaupt Woher weiszligdie Kommission was die Buumlrger wollenldquo Umfragen sag-ten mittlerweile dass nur noch ein Drittel der BevoumllkerungTTIP haben wolle bdquoAuf welcher Basis geht eine Kommis-
sion dann her und verhandelt geheimldquoAuch die Verhandlungsmandate seien ohne Parlaments-
beteiligung beschlossen worden bdquoDiese Handelspolitik hatkeine demokratische Legitimationldquo Sie finde in der WTOkeine internationale Mehrheit siefinde innenpolitisch keine Mehrhei-ten mehr bdquound deswegen muss eseinen Full Stop geben Es muss einen
Neustart der europaumlischen Handels- politik geben mit anderen Praumlmissenwo es nicht darum geht immer nochmehr multinationalen Konzernenmehr Marktanteile zu ermoumlglichensondern wir brauchen eine gesell-schaftlich legitimierte neue Handels-
politikldquo Auch Praumlmissen wie die Re-gionalisierung von Handelsstroumlmeneine Neuorientierung der Landwirt-schaft weg von der Industrialisierung hin zu einer neuen
baumluerlichen Landwirtschaft wo oumlkologische Haumlndler Vor-reiter sein sollten und nicht als Handelshemmnisse betrach-tet wuumlrden bdquoWir brauchen ein Investitionsrecht wo nichtInvestoren Sonderrechte bekommen sondern wo Rechteund Pflichten gleichmaumlszligig verteilt werden bdquoso wie das fuumlr sie und mich auch istldquo Wenn er als Staatsbuumlrger klagen
wolle muumlsse er sich ans Verwaltungsgericht wenden bdquoDaskann ich Firmen auch zumutenldquo
Zu diesem Neustart werde es auch kommen bdquoweil dieseAbkommen allen voran TTIP keine Mehrheiten finden
werdenldquo In irgendeinem der 29 Parlamente werde es zuerstscheitern ndash bdquodanach wird ein Neustart moumlglich seinldquo DieRegierungen und die Kommission haumltten es in der Handdiesen Neustart rechtzeitig zu starten bdquoohne groszligen Flur-schadenldquo oder bdquoob sie dieses Abkommen gegen die Wand
fahren wollenldquo Leider sei letzteres offensichtlich die Stra-tegie von mehreren Regierungen
Neues Positionspapier der EU veroumlffentlichtAuf diese Statements folgten engagierte Erwiderungen
und auch Fragen aus dem Publikum Zunaumlchst widersprachKommissionsvertreter Joachim Menze den Vorwuumlrfen Mai-ers Das Verhandlungsmandat der Kommission sei oumlffent-lich und stehe auch im Internet so Menze Das Mandatbdquostammt von den demokratisch gewaumlhlten Regierungen der Mitgliedsstaaten ndash und zwar einstimmigldquo Zwischen den
28 Mitgliedsstaaten gaumlbe es da keinen Dissens Zuletztseien auch bestimmte Vorbehalte gegen die Form der In-vestitions-Schiedsgerichte formuliert worden Auch auf-grund der oumlffentlichen Debatte habe die Handelskommis-
sarin Malmstroumlm imSeptember auch einneues Positionspa-
pier veroumlffentlichtdas gerade in Miamiverhandelt werdeDemzufolge solle eseine Handelsge-richtsbarkeit mit Be-rufsrichtern gebenbdquodie grundsaumltzlich inihrem Herkunftsstaatdie Befaumlhigung zumRichteramt haben
muumlssenldquo Bisher sei man hier in den Schiedsgerichten vonzwar registrierten Personen aber uumlberwiegend fruumlheren An-waumllten mit handelsrechtlicher Erfahrung ausgegangen Da-ruumlberhinaus duumlrften diese Schiedsrichter nicht von denStreitparteien ausgesucht werden sondern sollten vorher
bestimmt werden Das Schiedsgericht solle nur zusammen-treten wenn es erforderlich sei Menze sprach von Rich-
tern die in unserem Sinne demokratisch legitimiert seienAuch solle es eine zweite Instanz geben eine bdquoRechts-
uumlberpruumlfungsinstanzldquo die genauso organisiert sein solleEs solle bdquosehr viel klarer definiert werden was eigentlich
Engagierte Podiumsdiskussion
bdquoAllein aus rechtstechnischen
Gruumlnden brauchen wir zum
Schutz fuumlr unsere europaumli-
schen Investitionen in den
USA dieses Verfahren derHandelsgerichtsbarkeitldquo
Joachim Menze
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vor diesem Gericht verhandelt werden kannldquo Es sei oft kol- portiert worden dass es sich um Sonderrechte fuumlr Investo-ren handeln solle bdquoDas ist uumlberhaupt nicht der Fallldquo wi-dersprach Menze bdquoEs geht darum dass Investoren die pro
bono im Glauben an die Stabilitaumlt einer Rechtsordnung zumTeil sehr groszlige Investitionen getaumltigt haben geschuumltzt wer-den vor missbraumluchlicher entschaumldigungsloser Enteignung
und gegen Rechtsverweigerung also Willkuumlrldquo Menze hattedamit vor allem US-Investoren im Blick die in irgendei-nem europaumlischen Land investieren und das dortige Rechts-system nicht beurteilen koumlnnen
Menze glaube dass die nun vorgeschlagene Schiedsge-richtsbarkeit fuumlr Investoren erhebliche Vorteile insbeson-dere fuumlr die neuen Mitgliedsstaaten der EU oder die imSuumlden bringen wuumlrden Umgekehrt gaumlbe es in den USAnicht die Funktion der Ratifizierung durch die einzelnenStaaten wohl aber nachher die Bindung an die Schiedsge-richtsbarkeit wenn etwa ein Bundesstaat spaumlter anderwei-tige Regelungen erlasse bdquoAllein aus rechtstechnischen
Gruumlnden brauchen wir zum Schutz fuumlr unsere europaumlischenInvestitionen in den USA dieses Verfahren der Handelsge-richtsbarkeitldquo begruumlndete Menze Er fuumlhrte fruumlhere groszligeInvestitionen (Raffinerien) aus Spanien in Venezuela alsBeispiel an die nach einem Regierungs- und Politikwech-sel entschaumldigungslos enteignet worden seien Solche Ri-siken duumlrfe man Investoren nicht zumuten
Investitionsschutzabkommen ist interessantEin viel versprechender Vorschlag in den TTIP-Verhand-
lungen sei nach Morgan Githinji die Idee eines Internatio-nalen Investitionsschutzabkommens (International Invest-ment Code IIC) Bisherige Schiedsgerichtsverfahren haumlttenin den meisten Faumlllen zum Nachteil der Staaten gefuumlhrt indenen Investitionen getaumltigt wurden Wenn Handelsschlich-ter zu entscheiden haumltten wuumlrden oft die Regierungen der Entwicklungslaumlnder auf der Strecke bleiben
Githinji findet das IIC sogar fuumlr einige Entwicklungslaumln-der attraktiv bezweifelt allerdings ob dieses realisiertwerde Die Erfahrung zeige Die USA ziere sich wenn sichUS-Buumlrger einer anderen nationalen oder gar internationa-len Jurisdiktion unterwerfen sollen Um seine Einschaumltzungzu untermauern zitierte Githinji das International CriminalCode (ICC) (Anm von 2002) und das Kyoto-Protokoll
(Anm von 1997 ) Beide internationalen Vereinbarungenwurden nicht von den USA ratifiziert
Was ist eigentlich die AlternativeFrank Dollendorf nahm seine eigene Vergangenheit zum
Anlass auf das Jahr 2006 zuruumlck zu blicken Damals sei er aus dem Westen in das bdquowunderbare Bayernldquo gekommen
das bdquoGespenst der Globalisierungldquo sei herumgegangen DieExportleistung Bayerns habe damals 140 Milliarden Euro betragen ndash 2014 seien es bereits 170 Milliarden Euro ge-wesen Die Diskussionen um die Globalisierung seien nicht
wirklich abgeflaut Aber das weltweite Han-deln habe zum Wirtschaftswachstum beige-tragen Wohlstand und auch Arbeitsplaumltzeseien gesichert worden Insbesondere Bayern
befinde sich auf einer sehr hohen Komfort-Ebene Da argumentiere es sich leicht gegenAbkommen die weiteres Wachstum zumZiel haumltten Vor einiger Zeit haumltte ihm einTTIP-Gegner nach einer Diskussion prog-
nostiziert dass er mit den Pro-Argumentennicht durchkomme ndash bdquoweil es uns zu gutgehtldquo
Mit Blick auf die Anfang Oktober abge-schlossenen Verhandlungen zum pazifischen AbkommenTPP verwies Dollendorf darauf dass diese zwoumllf Laumlnder wohl kaum diktatorischem Einfluss unterworfen seienbdquoMan sieht dass die Welt sich veraumlndertldquo
Vor allem dieAussage Felber-mayrs dass manRegeln brauche um
miteinander zuwirtschaften fandDollendorf beson-ders gut Viele neueAspekte ndash auf dieauch Felbermayrszehn Forderungenabzielten seien in TTIP enthalten bdquoEs gab noch nie ein ei-genes Kapitel fuumlr kleine und mittelstaumlndische Unterneh-menldquo so Dollendorf Genau das sei das Hauptklientel der IHK Diesen Unternehmen wolle die IHK auch eine Platt-form fuumlr ihre Erwartungen Befuumlrchtungen und Sorgengeben Dies versuche die IHK im Rahmen einer bdquoTTIP-Ro-adshowldquo durch Bayern aufzufangen Maszliggeblich daran be-teiligt sei Michael Gottschlich vom bayerischen Wirt-schaftsministerium ndash der auch im Publikum saszlig (su)
bdquoWas ist eigentlich die Alternativeldquo fragte DollendorfTTIP sei kein Abkommen zwischen Deutschland und denUSA sondern den Laumlndern der Europaumlischen Union undden USA Es gebe fast 50 Freihandelsabkommen die durchdie EU derzeit betrieben wuumlrden ndash keines davon habe sovielAufmerksamkeit erhalten wie TTIP Den Wunsch sich ein-zubringen bezeichnete Dollendorf als bdquowunderbare Ent-wicklungldquo Immer mehr in den Vordergrund trete auch dasThema bdquopublic valueldquo ndash bdquowas hat die Gesellschaft davonldquo
Auch die Veranstaltung hier diene dazu offene Fragen zuklaumlren Steine aus dem Weg zu raumlumen und mit dem Themavoranzukommen
Kontraumlre Standpunkte wurde auf der Podiumsdiskussion angesprochen
bdquoEs gab noch nie
ein eigenes Kapitel
fuumlr kleine und mit-telstaumlndische Unter-
nehmenldquoFrank Dollendorf
TPP = Trans-Pacific Partnership zwischen zwoumllf Laumlndern Diese Laumlnder sind die USA Australien Brunei Chile Japan Kanada Malaysia Me-xiko Neuseeland Peru Singapur und Vietnam
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Eine Wirtschaftsverfassung fuumlr multinationaleKonzerne
bdquoIn dieser Diskussion werden viele Nebelkerzen gewor-fenldquo erzuumlrnte sich Juumlrgen Maier bdquoGegen Handel als sol-chen hat ja niemand wasldquo sagte er Der Handel zwischenden USA und der EU boome bdquodie intensivste Handelsbe-ziehung der Weltldquo auch die Investitionsstroumlme wuumlrden grouml-
szliger es gaumlbe keine signifikanten Probleme Auf eine parla-mentarische Anfrage im Bundestag und im Europaparla-ment wo etwa Investoren aus Amerika in Europa und um-gekehrt vor Gericht nicht Recht bekommen haumltten haumlttenweder die Kommission noch der Bundeswirtschaftsminister Beispiele nennen koumlnnen
bdquoEs geht um die Einfuumlhrung eines Schiedsgerichtsverfah-rens wo Investoren Sonderrechte bekommen NormaleMenschen haben diese Sonderrechte nichtldquo so Maier bdquoDasist der Punkt um den es geht Lassen Sie sich da keine Maumlr-chen erzaumlhlenldquo Er ver-langte eine balancierteAuslegung zwischen
Rechten und Pflichten85 Entwicklungslaumlnder haumltten vorgeschlageneinen neuen Vertrag uumlber Rechte und Pflichten vonInvestoren und multina-tionalen Konzernen aus-zuhandeln ndash aber dieschaumlrfsten Kritiker seiendie EU und die USA soMaier bdquoEs geht darumdass wir eine globale Wirtschaftsverfassung haben die
heutzutage nicht mehr stimmt die zu sehr einseitig fuumlr mul-tinationale Konzerne ausgerichtet ist ndash und das stoumlszligt immer wieder auf oumlffentliche Kritik ndash darum geht esldquo
Maier verdeutlichte seine Meinung am Beispiel der Landwirtschaft In Deutschland und der EU seien immer mehr Menschen der Meinung der Weg in die Agrarindus-trie fuumlhre in die Irre Man muumlsse zuruumlck zu einer regionali-sierten zu einer baumluerlichen Landwirtschaft ndash bdquound dieagrarindustrielle Massentierhaltung Massenmilchproduk-tion Glyphosat-verseuchte Pestizide insbesondere in Suumld-amerika oder genmanipuliertes Soja wollen die Menscheneinfach nichtldquo Da passe auch ein solches Freihandelsab-kommen nicht wo man Milchmaumlrkte globalisiere wo manSchweinefleischmaumlrkte globalisieren moumlchte etc bdquoDas
passt nicht mehr in die heutige Zeitldquo Die Menschen woll-ten Freihandelsabkommen die regionalisierte Produktevoran treiben bdquoIst das denn illegitim so etwas zu wollenldquofragte Maier bdquoNein das ist im besten Sinne konservativldquoantwortete er sich selbst
Bisher treibe man in Europa noch sozialvertraumlglichenHandel ndash das duumlrfe man nicht uumlber Bord werfen so Maier weiter Niemand duumlrfe solche Abkommen dekretierenweder Kommissionen noch Umweltverbaumlnde bdquoWir brau-chen eine breite Diskussion was sind unsere Werte waswollen wirldquo Das sei keine Marotte verwoumlhnter weicher
Bayern Diese Diskussion werde auf der ganzen Welt ge-fuumlhrt bdquoDiese Handelspolitik wie sie die Kommission unsmit undemokratischen Methoden uumlberziehen will hat keineChanceldquo schloss Maier seinen Diskussionsbeitrag ab
Dass es keine Probleme gibt ndash das ist voumlllig falschbdquoWir erfinden hier nichts Neues Deutschland ist der Er-
finder dieser Investitionsschutzabkommenldquo schaltete sichMichael Gottschlich Referatsleiter im bayerischen Wirt-schaftsministerium (StMWi) aus dem Publikum in die Dis-kussion ein Es gaumlbe viele Laumlnder wo man so ein Instru-ment brauche damit Investoren auf Rechtsstaatlichkeit ver-
trauen koumlnnten Schon seit den 1950er Jahren habeDeutschland solche Abkommen geschlossen um hiesigeInvestoren zu schuumltzen fuumlhrte Gottschlich aus Im 21 Jahr-hundert muumlsse man das ganze System einmal anpassen In-vestoren seien vor indirekter Enteignung zu schuumltzen Auchdie Transparenz der TTIP-Verhandlungen sei verbessertworden bdquoVieles was kritisiert worden ist hat man aufge-griffenldquo so Gottschlich bdquoWir brauchen dieses Instrumentin vielen vielen Laumlndernldquo fuhr er fort Zwischen Deutsch-land und den USA brauche man das Abkommen nicht un-
bedingt ndash aber es gaumlbe einige EU-Staaten da sei das Rechtssystem nichtganz so ausgepraumlgt wie in Deutsch-
land Viele Laumlnder haumltten Investitions-schutzabkommen wuumlrden diese aber auch gerne auf einen aktuellen Stand
bringen bdquoWenn wir ein solches Ab-kommen haben wollen muss es einambitioniertes Instrument seinldquo ver-langte Gottschlich Die Kritikpunktean den alten Abkommen seien jetztaufgegriffen und von der EU-Kom-mission in den Verhandlungen vorge-schlagen worden Zusammen mit
jedem Handelsabkommen solle man ein Investitionsschutz-
abkommen treffen damit man nicht nur die Laumlnder diskri-miniere denen man vielleicht nicht so vertraue
bdquoDass es keine Probleme gibt ndash das ist voumlllig falschldquowarnte Gottschlich davor TTIP aus deutscher Sicht alsnicht notwendig zu bezeichnen bdquoEs gibt viele viele kleine
und mittelstaumlndische Unter-nehmen die koumlnnen keinenHandel mit den USA trei-
benldquo betonte der ExperteViele Probleme wuumlrden imregulatorischen Bereich lie-gen bdquoUnterschiedlicheStandards doppelte Zertifi-zierungsverfahren ndash dastreibt die Kosten fuumlr einkleines mittelstaumlndischesUnternehmen in die HoumlheldquoFuumlr einen groszligen Automo-
bilhersteller sei das keinProblem bedeuteten fuumlr ein kleines Unternehmen aber schnell 20 bis 25 Prozent Mehrkosten bdquoDas ist eine abso-lute Marktzugangshuumlrdeldquo TTIP bringe gerade kleinen undmittelstaumlndischen Unternehmen besondere Vorteile nichtnur den Groszligunternehmen sondern gerade dem Mittel-stand 99 Prozent aller Unternehmen in Deutschland sind
kleine und mittelstaumlndische Unternehmen gewichtete Gott-schlich Nur zu sagen es ging uns doch gut wir braumluchtendas nicht waumlre voumlllig falsch betonte Gottschlich noch ein-mal bdquoWir wollen einfach das abbauen was sich unsinniger
Michael Gottschlich StMWVI
bdquoUnterschiedliche Stan-
dards doppelte Zerti1047297zie-rungsverfahren ndash das treibt
die Kosten fuumlr ein kleines
mittelstaumlndisches Unter-
nehmen in die HoumlheldquoMichael Gottschlich
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Dialogbuumlhne TTIP Muumlnchen 2015 Dokumentation
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Weise in den vergangenen Jahrzehnten aufgebaut hatldquo ver-einfachte Gottschlich das Vorhaben Diese Buumlrokratie dieman nicht brauche abzubauen bringe etwas fuumlr den Wohl-stand die Arbeitsplaumltze und die Menschen in BayernDeutschland und der EU
Uumlbermittlungsprobleme zu Lasten der Bevoumllkerung
Moderator Pierre Rafih draumlngte trotz aller Wichtigkeitdes Themas doch mehr am Titel der Veranstaltung ndash bdquoFol-gen fuumlr Entwicklungslaumlnderldquo zu bleiben bdquoMich wuumlrde vielmehr interessieren wie sinddie Auswirkungen auf dieIndividuenldquo fragte ein Teil-nehmer aus dem PublikumIn Afrika werde es in ein
paar Jahren eine Verdoppe-lung der Bevoumllkerunggeben Wirtschaft seiimmer eine Chance fuumlr Ent-wicklung Besonders in
landwirtschaftlichen Berei-chen verlasse man sich auf afrikanische Exporte Wassei dort zu erwarten wurdeGithinji gefragt
Von den 79 Laumlndern wuumlrden nicht alle zu den Gewinner zaumlhlen erwiderte der ACP-Vertreter Aber wie wuumlrde es beiden aumlrmeren Laumlndern aumlrmeren Bevoumllkerungen aussehendifferenzierte er die Frage Es sei nicht selten der Fall dass
politisches Handeln in den Entwicklungslaumlndern ohne dieEinbindung der bdquoStakeholderldquo erfolge ndash darin liege ein gro-szliges Problem so Githinji Technokraten fuumlhrten die interna-
tionalen Verhandlungen ohne jegliche Konsultation DieUnterhaumlndler wuumlrden nicht uumlber die Kapazitaumlt verfuumlgen dieBeduumlrfnisse und Wuumlnsche ihrer Bevoumllkerung sowie die In-teressen ihrer Laumlnder klar zu vermitteln bdquoWir hatten beivielen Verhandlungen mit Partnern uumlber wirtschaftliche Ko-operation versucht dieses Uumlbermittlungsproblem anzuge-hen indem wir sicherstellten dass all die Nutznieszliger miteinbezogen warenldquo berichtete Githinji Was sich aus sol-chen Verhandlungen ergibt haumlnge von den Machtverhaumllt-nissen zwischen den Parteien ab und von der Moumlglichkeitdiese Macht auszuspielen um das Verhandlungsresultat zu
beeinflussen bdquoIn manchen Faumlllen haben wir die Erfahrunggemacht dass die Gegenpartei den Verhandlungsverlauf und damit auch das zu erzielende Resultat von vornehereinfestlegtldquo so der ACP-Repraumlsentant So sei fuumlr die meistenEntwicklungslaumlnder diese Situation nicht einfach und letzt-lich sei die Bevoumllkerung Leidtragender der beschlossenenVereinbarungen Manche suchten dann auf dem Weg der Migration nach besseren Lebenschancen bdquoDies wird fort-dauern solange wir keine Wirtschaftsentwicklung vorwei-sen koumlnnenldquo Deswegen sei es wichtig Politik-Kohaumlrenzzu gewaumlhrleisten sodass jede Maszlignahme und Entschei-dung die in der EU oder den USA und anderen Industrie-laumlndern getroffen werde nicht negativ auf die Laumlnder desSuumldens und ihre Bevoumllkerung wirke
Verhandlungspartner auf AugenhoumlheDie USA haumltten in den vergangenen Jahren viele Abkom-
men mit Laumlndern getroffen wo man eindeutig von einem
politischen Machtgefaumllle sprechen koumlnne ging JoachimMenze auf die Entwicklungslaumlnder ein Eine einfache Ver-handlungsposition und starke Durchsetzungsfaumlhigkeit sei-tens der USA sei da zu beobachten gewesen Nun seien dieUSA zum ersten Mal in der Situation dass sie es mit einemgleichwertigen Verhandlungspartner auf Augenhoumlhe zu tunhaumltten so Menze Beide Seiten wuumlrden diesmal sehr starke
Interessen einbringen bdquoDas Ergebnis wird ganz sicher alssog Goldstandard in die weiteren Verhandlungen einge-henldquo glaubt der Vertreter der EU-Kommission Wenn manin ein paar Jahren bei-spielsweise mit Bolivienverhandle koumlnne mannichts schlechteres anbie-ten als den USA erlaumlu-terte Menze Das wuumlrdeim internationalen Ver-kehr sonst als Herabwuumlr-digung betrachtet werdenbdquoFuumlr die kleineren nicht
so wirtschaftsstarkenStaaten wird dieses Ab-kommen eine groszlige Be-deutung habenldquo
Abkommen kopieren ist keine Politik fuumlrdas 21 Jahrhundert
bdquoWie koumlnnen sie den Entwicklungslaumlndern helfen dasssie partizipieren koumlnnenldquo kam eine weitere Frage aus demPublikum Wie koumlnne Technologie in diese Laumlnder gebrachtwerden obwohl die Leute dort sehr wenig davon verste-hen Juumlrgen Maier bezeichnete das als einfach bdquoDie Ent-
wicklungslaumlnder koumlnnen in der WTO auf Augenhoumlhe ver-handeln und zu Ergebnissen kommenldquo Da kaumlme man auchzu Ergebnissen die alle Interessen gleichmaumlszligig widerspie-gelten Die Version die die Kommission vorschlage dassarme Laumlnder das Abkommen kopieren koumlnnten sei keinePolitik die im 21 Jahrhundert zukunftsfaumlhig waumlre Mankomme deshalb nicht weiter weil man nicht bereit sei mitRegierungen aus Afrika auf Augenhoumlhe zu verhandeln soMaier weiter
Infrastruktur-Projekte foumlrdernZusammen mit dem Bundeswirtschaftsministerium und
dem BMZ organisiere die IHK Muumlnchen auch Manager-Fortbildungen um Unternehmer aus Bayern und Entwick-lungslaumlndern zusammenzubringen berichtete DollendorfEntwicklungszusammenarbeit sei ein ganz wichtigesThema bdquoEs gibt in Bayern den so genannten EZ-Scout fuumlr Bildungszusammenarbeitldquo so Dollendorf Diese Personhabe nichts anderes zu tun als mit bayerischen Unterneh-men zu uumlberlegen wie man in Schwellenlaumlndern Projektevorantreiben koumlnnte Es gehe darum ganz gezielt loumlsungs-orientierte Maszlignahmen zu ergreifen Am 3 November soDollendorf werde das Afrika-Infrastuktur-Forum bdquoBe myguestldquo (Anm wwwafrikavereinde) durchgefuumlhrt dasgenau den von Prof Felbermayr schon angesprochenen
Mangel in der Infrastruktur vieler Entwicklungslaumlnder fo-kussiere Repraumlsentanten aus neun afrikanischen Laumlndernwuumlrden dort zugegen sein um ihre Infrastruktur-Projektevorzustellen und um Investoren zu werben
bdquoDas Ergebnis
wird ganz sicher
als Goldstandard
in die weiteren
Verhandlungen
eingehenldquoJoachim Menze
Pierrre Rafih moderierte die Podi-umsdiskusison
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Dialogbuumlhne TTIP Muumlnchen 2015 Dokumentation
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Handel ist wichtig aber Freihandel schadetden Entwicklungslaumlndern
bdquoWas ist Entwicklungldquo fragte ein Teilnehmer afrikani-scher Herkunft aus dem Publikum Entwickelte Laumlnder wuumlrde sich aus seiner Sicht durch zwei Aspekte auszeich-nen einen hohen technologischen Stand ndash und dass vieleWirtschaftszweige fuumlreinander produzieren wuumlrden bdquoDiese
interne Verbundenheit ist wesentlichldquo Handel sei wichtigaber Freihandel schade den Entwicklungslaumlndern Auchentwickelte Laumlnder haumltten sich nicht mit Freihandel entwi-ckelt bdquosondern gerade in einem gelenkten Handelldquo DieHandelsstroumlme seien so gelenkt worden dass ihre eigenenWirtschaften nach vorne gebracht wurden Das werde ein-fach voumlllig vergessen
Zwischen Reich und Arm gibt es heute keinewirklichen technologischen Barrieren mehr
Prof Felbermayr fuumlhlte sich angesprochen und antwor-tete direkt darauf bdquoWenn sie das aus der historischen Per-spektive betrachten dann ist das vielleicht auch richtigldquo
Heute lebe man aber in einer Welt wo es keine wirklichentechnologischen Barrieren mehr zwischen Reich und Armgaumlbe Sehr viele Studien wuumlrden bestaumltigen dass institutio-nelle Probleme in den Laumlndern vor Ort der Grund seienwarum diese nicht am Handel teilnehmen wuumlrden Er haltees sogar fuumlr gefaumlhrlich wenn man sage bdquodas ist die boumlseHandelspolitik des Westensldquo Damit wuumlrde man Versaumlum-nisse entschuldigen die vor Ort stattfinden dass Panzer ge-kauft statt Straszligen gebaut werden Das sei aber in vielenarmen Laumlndern bdquoein Stuumlck weit Realitaumltldquo Schon seit demGATT-Abkommen 1947 sei ein zollfreier Marktzugang fuumlr arme Laumlnder geregelt Das habe leider nicht dazu gefuumlhrt
dass es in diesen Laumlndern eine Industrialisierung gegebenhabe Die Frage sei natuumlrlich zu stellen warum dies nichtzu einer Entwicklung gefuumlhrt habe
Ein Stuumlck vorwaumlrts gekommenAbschlieszligend bedankte sich Pierre Rafih noch einmal bei
allen Referenten und Diskussionsteilnehmern sowie demPublikum fuumlr das Interesse Man habe zu diesem sehr kom-
plexen Thema sicher keine endguumlltigen Antworten gebenkoumlnnen bdquoAber ich hoffe dass wir ein paar neue Fragenhaben dass wir ein Stuumlck weit auf dem Weg gekommensind und weiter offen bleiben und nicht mit einer gefestig-ten Meinung nach Hause gehen ndash das ist nicht die Art der Wissenschaft Wir wollen immer weiter forschen und unsselbst fragen was wir tun sollen Ich bin uumlberzeugt dass
jeder von heute Abend etwas mitnehmen wirdldquo
Vernetzt - verlinkt
www
SID Chapter Muumlnchensid-munich-chapterorg
Dokumentation des hier beschriebenen Dialogbuumlhne TTIPsid-munich-chapterorgpresse
Hochschule fuumlr Angewandtes Management Erding beiMuumlnchenfhamde
BMZ bmzde
ifo-Institut Muumlnchencesifo-groupde
Vertretung der Europaumlischen Kommission in Muumlncheneceuropaeudeutschlandcommissionofficesmunichindex_dehtm
ACPacpint
IHK MuumlnchenO berbayernmuenchenihkde
Forum Umwelt und Entwicklung Berlinforumuede
Mit freundlicher Unterstuumltzung vonImpressum
ViSdP Gesellschaft fuumlr Internationale Entwicklung (SID) Muumlnchen eVDr F Kayode Salau Peter-Rosegger-Straszlige 29 86415 Meringinfosid-munich-chapterorgRedaktion Dr F Kayode SalauDr Volker Goumlbner (Pressebuumlro Schreib-WUT Neusaumlszlig)
Alle Aussagen auch zu rechtlichen Aspekten geben die Aumluszligerungender jeweiligen Redner(innen) bei der Veranstaltung am 22 Oktober 2015wieder und sind weder sachlich noch juristisch gepruumlft
Internationales Buffet Nach reichlich geistiger Nahrung fuumlr den Kopf kam auch
der Bauch zu seinem Recht Fatima von Kaehne (SchlossBlumenthal bei Aichach) hatte ein ebenso umfangreicheswie leckeres internationales Buffett aufgebaut ZahlreicheGespraumlche in kleinen Kreisen rundeten den Abend ab
Internationales Buffet ndash aus allen Handelszonen der Welt von der Ananas bis zur Zucchini
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Verhandlungen seien transparenter geworden es gaumlbe be-reits sehr viel Texte zum Nachlesen bdquoAuch Investorenkla-gen sollen transparent und durch oumlffentlich bestellte Richter entschieden werden DasRecht der Vertragsstaaten auf
politische Gestaltung sollausdruumlcklich festgeschrieben
werdenldquo nannte Felmbergnur drei von mehreren Punk-ten
Die Debatte zu TTIP solleman auch als Anstoszlig nehmenfuumlr die Frage welche Folgensich fuumlr Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder ergeben ndash undderen Belange bei den Verhandlungen staumlrker in den Vor-dergrund ruumlcken
bdquoDie Frage nach den Implikationen unserer Wirtschafts- politik auf Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder ist natuumlrlichnicht neu Aber vor dem Hintergrund der aktuellen Fluumlcht-lingsstroumlme erfaumlhrt sie eine neue Qualitaumltldquo schlug Felm-
berg den Bogen zu einem anderen aktuellen Thema VieleMenschen fluumlchten vor Not und Verzweiflung aus ihrer Heimat Die Probleme wuumlrden uns in die Pflicht nehmenum bdquoFluchtursachen zu bekaumlmpfen und den Menschen vor Ort ein wuumlrdevolles Leben zu ermoumlglichenldquo TTIP spieleals ein Abkommen mit globaler Reichweite eine wichtigeRolle dafuumlr bdquoDarum ist es unsere Verpflichtung darauf zuachten dass TTIP so ausgestaltet wird dass Entwicklungs-laumlnder vom Handel staumlrker profitieren Chancen realisiertund die Risiken minimiert werdenldquo betonte Felmberg
Welche positiven Effekte hat TTIP fuumlr Entwicklungs- undSchwellenlaumlnder ndash und welche negativen Konsequenzenmuumlsse man also fragen Entwicklungs- und Schwellenlaumln-der sitzen bekanntlich nicht am Verhandlungstisch bdquoWiekoumlnnen wir gemeinsam mit unseren Partnern daran arbei-ten dass sie die Potenziale von TTIP nutzen koumlnnenldquolenkte er den Blick auf die Perspektive des BMZ
Um die Chancen und Risiken von TTIP fuumlr Entwick-lungslaumlnder einschaumltzen zu koumlnnen hatte das BMZ beimifo-Institut eine Studie in Auftrag gegeben ndash uumlber die an-schlieszligend einer der Autoren Prof Gabriel Felbermayr re-ferierte Die Studie wurde im Januar 2015 praumlsentiert ndash undhabe der Diskussion bdquonoch einmal einen Spin verliehenldquo
Felmberg skizzierte vorab einige der Ergebnisse der StudieEntscheidend fuumlr die Effekte von TTIP werde seine Ausge-staltung sein die man heute noch nicht kenne Derzeitkoumlnne man nur auf die Verhandlungen einwirken ndash bdquound
zial- und Umweltstandards sollten sich in der gesamtenLieferkette finden bdquoWir wollen dass aus freiem Handelfairer Handel wirdldquo sagte Felmberg TTIP spiele dafuumlr einewesentliche Rolle
TTIP sei ein Abkommen von globaler Reichweite Es be-treffe ein Drittel des Welthandels und fast die Haumllfte der
weltweiten Wertschoumlpfung TTIP ist bdquodas erste tiefgehendeFreihandelsabkommen zweier zentraler Global Player der Europaumlischen Union (EU) und der USAldquo Aus diesemGrunde wuumlrden auch viele Menschen die Verhandlungenaufmerksam und kritisch verfolgen Mehr Transparenz vor allem fuumlr Parlamentarier werde gefordert bdquoAuch die Bun-desregierung setzt sich hierfuumlr einldquo so Felmberg Vor allemSorgen um ein bdquoAbsinken von Verbraucherstandards Son-derrechte fuumlr Investoren und Einbuszligen beim Datenschutzldquowuumlrden fuumlr eine kritische Debatte sorgen die Felmberg alsbdquogut und wichtigldquo bezeichnete bdquoDas Engagement der Zi-vilgesellschaft hat Wirkung gezeigtldquo resuumlmierte er Die
Dialogbuumlhne TTIP Muumlnchen 2015 Dokumentation
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Gut besucht war die Dialogbuumlhne zum Thema bdquoTTIP ndash Folgen fuumlr dieEntwicklungslaumlnderldquo
Dr Kayode Salau (l) SID und Dr Bernhard Felmberg BMZ
Umdenken zuhause ndash Umwelt- und Sozial-standards vor Ort fordern und foumlrdern
Uumlber das Textilbuumlndnis und das Forum Nachhaltiger Kakao foumlrdere das BMZ die Umsetzung von Umwelt- undSozialstandards vor Ort Nach der Reise mit Bundes-kanzlerin Merkel nach Indien vor kurzem waren Bundes-entwicklungsminister Dr Gerd Muumlller und Ministerialdiri-gent Dr Bernhard Felmberg noch in Bangladesch Ver-schiedene Projekte hatten sie dort besucht bdquoEs ist nochHandlungsfaumlhigkeit und -moumlglichkeit angezeigt Da istnoch Luft nach obenldquo so Felmberg Aber man habe auchgesehen dass das Handeln Europas und Deutschlandsdes BMZ und auch der GIZ deutlich zu spuumlren sei Spe-ziell ein Hersteller wurde besucht der viele in Deutsch-land bekannte Marken mit Textilprodukten beliefere vomMassenhaumlndler bis zur hochwertigen Marke Fuumlr die Ar-beit werde dort das doppelte des Mindestlohnes bezahlt
Auch die oumlkologischen Standards seien so dass man inhohem Maszlige damit zufrieden sein koumlnne Aus Spitzemuumlsse dort Breite werden andere muumlssten sich diesemBeispiel anschlieszligen ndash dann sei man auf gutem Wegeund werde es schaffen in diesen Laumlndern Asiens eineProduktion zu generieren die das Wort bdquomenschenwuumlr-digldquo verdiene bdquoDazu ist auch ein Umdenken in unseremeigenen Land notwendig was das Produktverhalten an-
gehtldquo Letztendlich entscheide nicht das Gewissen zu-hause was man gerne tun wuumlrde ndash sondern bdquoder Wegzur Kasse im Ladenldquo appellierte Felmberg an jeden ein-zelnen
bdquoTTIP ist ein
Baustein fuumlr ein
faires globalesHandelssystemldquo
Dr Bernhard Felmberg
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der EU mit Entwicklungslaumlndern Um Sozial- und Um-weltstandards international staumlrker zu verankern muumlssenwir bei TTIP mit gutem Beispiel vorangehenldquo
Das multilaterale Handelssystem der WTO habe fuumlr dieBundesregierung Prioritaumlt Deren Prinzip bdquoein Land eineStimmeldquo biete Entwicklungslaumlndern die Moumlglichkeit ihreAnliegen geltend zu machen Wenn TTIP die legitimen In-
teressen von Entwicklungs- und Schwellenlaumlndern ange-messen beruumlcksichtige koumlnne es auch ein Schritt in Rich-tung Multilateralismus sein ndash moumlglicherweise bdquoein Schrittauf dem Weg zu einem globalen Abkommen in dem sichregionale Abkommen vereinigen In jedem Fall aber einBaustein fuumlr ein faires globales Handelssystemldquo
Dr Bernhard Felmberg fasste sein Plaumldoyer fuumlr das Ab-kommen zusammen bdquoMit TTIP koumlnnen und werden wir Einfluss auf internationale Standards gewinnen und auchnehmen Die Globalisierung braucht verbindliche arbeits-rechtliche soziale und oumlkologische Mindeststandards Ichdenke wir sollten die Chance nutzen Wir sollten das Heftdes Handelns in die Hand nehmen statt Gestaltungsmoumlg-lichkeiten aus der Hand zu geben Handeln ist besser als
behandelt zu werdenldquo
Felmberg zitierte den fruumlheren Bundespraumlsidenten HorstKoumlhler bdquoFuumlr die Entwicklungslaumlnder waumlre ein verbesserter Zugang zu den Maumlrkten der Industriestaaten die beste Hilfezur Selbsthilfeldquo (Anm bdquoBerliner Redeldquo 2007 ) Die amwenigsten entwickelten Staaten der Welt haumltten schon heutevollstaumlndigen Zugang zum EU-Markt ndash fuumlr alle Produkteauszliger Waffen bdquoDamit unsere Partnerlaumlnder den Zugang tat-saumlchlich nutzen koumlnnen leisten wir handelsbezogene Ent-
wicklungszusammenarbeit durch gezielte Projekte und fi-nanzielle Unterstuumltzung vor Ort Auf regionaler Ebene beraumltDeutschland regionale Organisationen bei der Vertiefungihres Integrationsprozesses zum Beispiel die westafrikani-sche Wirtschaftsgemeinschaft ECOWASldquo erlaumluterte Felm-
berg die Arbeit des BMZ
das sollten wir auch tunldquo so der Vertreter des BMZ bdquoTTIPkann sowohl positive als auch negative Auswirkungen auf Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder haben Dabei ist dieWirtschaftsstruktur des Landes wichtig So koumlnnen zumBeispiel Zulieferer von Vorprodukten in die EU von einemstaumlrkeren transatlantischen Handel profitieren Demgegen-uumlber erleiden moumlglicherweise diejenigen Laumlnder Wettbe-werbsnachteile deren Produkte in Konkurrenz zur EU oder den USA stehenldquo fuumlhrte Felmberg aus Denn der Inhalt vonTTIP sei ja gerade transatlantische Waren zu verbessertenKonditionen anbieten zu koumlnnen
Fuumlr eine entwicklungsfreundliche Ausgestaltung des Ab-kommens engagiere sich die Bundesregierung damit auchEntwicklungs- und Schwellenlaumlnder von TTIP profitierenkoumlnnten Dazu bringe das BMZ beim federfuumlhrenden Bun-deswirtschaftsministerium entwicklungspolitische Aspekteein bdquoWir setzen uns fuumlr Nachhaltigkeit in globalen Liefer-ketten einldquo so Felmberg fuumlr das BMZ Unternehmen wuumlr-den dazu angehalten auf faire Arbeitsbedingungen der Men-
schen vor Ort zu achten bdquoWir legen Wert auf ein umfassen-des Monitoring in dem die wirtschaftlichen sozialen undoumlkologischen Wirkungen von TTIP uumlberwacht werdenldquonannte Felmberg einen zweiten wichtigen Punkt fuumlr dasBMZ Gleiches gelte fuumlr die Wahrung von Menschenrech-ten bdquoSo koumlnnen wir darauf hinwirken dass wirtschaftlicheErfolge nicht zu Lasten nachhaltiger Entwicklung gehenldquoAuch bei den Ursprungsregeln des Abkommens muumlssten dieBelange von Entwicklungs- und Schwellenlaumlndern beruumlck-sichtigt werden bdquoAll die genannten Anliegen bringen wir als BMZ bei den Diskussionen auf nationaler und auf EU-Ebene an Dadurch konnten wir das Thema entwicklungs-
politische Nachhaltigkeit bereits entschieden vorantreibenldquo
sagte FelmbergDer Einsatz des BMZ in Sachen Nachhaltigkeit habe
einen uumlber TTIP hinausgehenden Grund bdquoTeile des Ab-kommens werden Vorbildcharakter haben fuumlr Abkommen
Dialogbuumlhne TTIP Muumlnchen 2015 Dokumentation
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Das Max-Planck-Institut in Muumlnchen war raumlumlicher Gastgeber
bdquoDas multilaterale
Handelssystem der
WTO hat fuumlr die
Bundesregierung
PrioritaumltldquoDr Bernhard Felmberg
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noch nicht einmal den Herrn Gorbatschowldquo Schon 1985sei festgelegt worden woruumlber man dann verhandelnwollte Heute seien sich zumindest alle einig dass maneinen bdquomultilateralen Durchbruchldquo eine echte Globalisie-rungsgestaltung fuumlr Alle erreichen wolle Dennoch gaumlbe esinzwischen Widerstaumlnde Schuldzuweisungen uumlber die insStocken geratenen Verhandlungen bringen nichts glaubt
Felbermayr bdquoAber auch in vielen anderen Weltregionen passiert einigesldquo blickte der Wirtschaftsprofessor uumlber den
Tellerrand Er nannte das transpazifische Abkommen zwi-schen den USA Japan und zehn anderen Pazifik-Anrainer-staaten Politisch sei dieses abgeschlossen bdquoder Ratifizie-rungsprozess wird noch muumlhseligldquo Auch in Suumldostasienwerde verhandelt beispielsweise das RCEP ein regiona-les Abkommen zwischen Indien China und anderen Staa-ten in Suumldamerika oder in Afrika Multi- und bilaterale Ab-kommen stehen sich nicht im Wege hielt Felbermayr un-
terschiedliche Verhandlungsdimensionen fuumlr legitim Schondas zehnjaumlhrige Verhandeln des Uruguay-Abkommenshabe zu weiteren regionalen Abkommen gefuumlhrt Fuumlr dieBlockierer seien indessen die Kosten des Blockierens ge-stiegen ndash und der Wunsch des Einlenkens schlieszliglich staumlr-ker geworden Unterschiedliche Abkommen wuumlrden alsoin einem komplementaumlren Verhaumlltnis zueinander stehen
Wie sein Vorredner verwies Felbermayr auf die Groumlszligedes Abkommens das 30 des Welthandels und 45 der globalen Wertschoumlpfung betreffe 30 der Drittlaumlnder wuumlr-den mehr als 50 ihres Exportumsatzes mit der EU undden USA erzielen Dennoch muumlsse klar sein dass TTIP einAbkommen sei bdquodas die Handelsbarrieren zwischen der EU und den USA absenken wirdldquo Aber schon ArtikelXXIV des GATT-Abkommens lege fest dass deshalb dieBarrieren gegenuumlber Dritten nicht steigen duumlrften Effekteauf Drittstaaten duumlrften immer nur indirekte Effekte sein
Solche indirekten Effekte seien nicht so leicht zu fassenmeinte Felbermayr ndash und deshalb sei wohl das ifo-Institutvom BMZ mit der Studie beauftragt worden Man braucheModelle um gegenlaumlufige Mechanismen zu berechnenbdquoZunaumlchst einmal wollen wir sie benennenldquo erklaumlrte Fel-
bermayrZunaumlchst sei da der negative Effekt der bdquoHandelsumlen-
kungldquo Abkommen die nur zwei Bloumlcke mit ihren jeweili-
gen Laumlndern umfassten seien bdquoinhaumlrent diskriminatorischldquoWenn die Barrieren zwischen den Partnern abgesenkt wer-den muumlsse man nichts tun um aktiv Barrieren nach auszligenzu beeinflussen Felbermayr nannte ein Beispiel Werde ein
Keynote Prof Gabriel Felbermayr PhD
bdquoDer Kuchen wird groumlszligerldquo
bdquoIst Globalisierung eine Chance fuumlr die armen Laumlnderldquofragte Prof Gabriel Felbermayr eingangs zu seiner Key-note Die Antwort koumlnne kein pauschales bdquoJaldquo sein bdquoAber die Chance ist daldquo sagte Felbermayr Der Zugang zu inter-
nationalen Maumlrkten sei eine notwendige aber keine hinrei-chende Bedingung fuumlr Entwicklung Es gaumlbe kein Beispielfuumlr ein Land das sich von der Globalisierung abgekapselthabe und eine groszligartige Entwicklung ndash Zuwachs an Wohl-stand Absinken der Kindersterblichkeit und Ruumlckgang vonAnalphabetismus und extremer Armut ndash erlebt habe
Die Rechtssysteme vor Ort die Sozialgesetzgebung Um-weltgesetze die Durchsetzung von Eigentumsrechten der Schutz von Minderheiten und einiges mehr seien wichtigeFaktoren in den jeweiligen Laumlndern um Globalisierung alsChance nutzen zu koumlnnen Die bdquoPartizipation am Welthan-del hat Hunderte von Millionen Menschen aus der Armut
befreitldquo hielt Felbermayr fest auch wenn der kausale Zu-sammenhang nicht immer gleich klar sei Die Teilhabe anWertschoumlpfungsketten helfe auch den Menschen in Ban-gladesch und vielen anderen Laumlndern aus der Armut
Immer wieder tauche der Vorwurf auf dass bdquodie Oumlkono-menldquo meinten die Maumlrkte wuumlrden sich von selbst regulie-ren bdquoWelthandel braucht Regeln ndash Maumlrkte regulieren sichnicht selbstldquo postulierte Felbermayr bdquoRegeln spielen eineganz wichtige Rolleldquo warf er einen Blick auf verschiedeneHandelsabkommen nicht nur Zoumllle oder der MarktzutrittZu diesen Regeln gehoumlre auch der Schutz geistigen Eigen-tums der Datenschutz wettbewerbsrechtliche RegelnSchutz von Auslandsinvestitionen sowie Regeln zu Um-
welt Arbeitsrecht oder Menschenrechten Bisherige Ab-kommen seien in der Regel nicht so umfassend gewesenwie solche uumlber die heute verhandelt werde ob TTIP oder andere
TTIP treibe zwar inBerlin die Massen auf die Straszlige (wie Felm-
berg zuvor ausgefuumlhrthatte) und sei in vielenGesellschaftsschichtenein wichtiges ThemaDabei werde aber haumlu-
fig vergessen dassTTIP bdquoein Baustein istauf einer sehr viel laumln-geren Reiseldquo TTIP seiein Baustein zu einer modernen Welthandelsordnung soFelbermayr Erst wenn die Texte des Abkommens nach demEnde der Verhandlungen auf dem Tische laumlgen koumlnne man
beurteilen ob TTIP tatsaumlchlich dieser Baustein sei oder dasGegenteil schraumlnkte er ein
Die aktuellen Regeln des Welthandels seien jedoch be-reits 20 oder 30 Jahre alt Als das Uruguay-Abkommen daszur Gruumlndung der WTO (World Trade Organisation) fuumlhrte
verhandelt worden sei (1986 bis 1994) bdquogab es im Kreml
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5 Regional Comprehensive Economic Partnership General Agreement on Tariffs and Trade
Prof Gabriel Felbermayr vom ifo-Institut
bdquoWelthandel
braucht Regeln ndash
Maumlrkte regulie-
ren sich nicht
selbstldquoProf Gabriel Felbermayr
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bisheriger Zoll etwa zwischen Rumaumlnien und den USA fuumlr Schuhe von bisher 30 auf Null Prozent abgesenkt dann be-deute dies einen Marktvorteil Fuumlr andere Lieferanten etwaKambodscha werde dies zu einem Verlust von Marktan-teilen fuumlhren Das sei das Problem und daher gebe es aucheine groszlige Diskussion Ausschlagegebend sei hier die Houmlheder Zoumllle Bei niedrigen Zoumlllen wuumlrde sich die Marktsitua-
tion nicht wesentlich aumlndern so Felbermayr Wenn manaber Bereiche betrachte wo weder die USA noch die EUeigene Produktionen haben bdquodenken Sie an tropischeFruumlchte oder an Gummildquo dann koumlnne es da diese Handels-umlenkungseffekte nicht geben
Ein anderer Effekt sei der bdquoEinkommenseffektldquo bdquoDer ist positivldquo so Felbermayr bdquoWir machen ja TTIP mit demWunsch in Europa und den USA die Prosperitaumlt ndash houmlhereEinkommen ndash zu sichernldquo Viele bezweifelten das und essei keine trivialeUumlbung das auch mitZahlen zu untermau-ern solange man
nicht wisse was spauml-ter im Text stehenwerde Es gaumlbe bdquona-tuumlrlich Unsicherhei-ten das will ich gar nicht bezweifelnldquo
Aus anderen bilateralen regionalen und globalen Ab-kommen wisse man jedoch dass in diesen Laumlndern houmlhereEinkommen daraus resultiert hatten Felbermayr fuumlhrte alsBeispiel den Beitritt Oumlsterreichs zur EU vor 20 Jahren an
Natuumlrlich habe das in Oumlsterreich den Wohlstand erhoumlht Houml-here Einkommen wuumlrden sich auch darin ausdruumlcken dass
dann auch mehr Geld fuumlr Guumlter aus den Drittstaaten ausge-geben werde Ob Konsumguumlter wie tropische Fruumlchte oder Vorprodukte etwa fuumlr die Automobilproduktion RohstoffeDienstleistungen ausEntwicklungslaumlndernoder im Tourismus ndash das sei einerlei bdquoHier ist die Einkommens-
prosperitaumlt hochldquoWenn die Einkommensteigen werde uumlberpro-
portional in diesen Be-reichen mehr Geld aus-gegeben Mit Nach-druck muumlsse man da-rauf hinweisen dass vom Produktivitaumltswachstum in einer Region auch andere Regionen profitieren koumlnnten so Fel-
bermayr Dass Wachstum in einem Land zum Nachteileines anderen Landes erfolge ndash bdquodiese Idee ist hundert Malwiderlegtldquo Felbermayr fasste zusammen bdquoGlobalisierungist kein Nullsummenspiel Der Kuchen wird groumlszligerldquo
Der Oumlkonom stellte nun Handelsumlenkungseffekte denEinkommenseffekten gegenuumlber Dazu muumlsse man logischeZusammenhaumlnge beachten bdquoEntweder ist TTIP ineffektivdann wird es keine Einkommenseffekte bringen Wenn es
die Wirtschaftsverhaumlltnisse nicht aumlndert wird es auch keineHandelsumlenkungseffekte bringen Dann ist es einfach eingescheitertes Abkommen weder gut noch schlecht Oder aber TTIP ist effektiv und schafft tatsaumlchlich Produktivi-
taumltssteigerungen dann sind potentiell substantielle Einkom-menseffekte in der EU und den USA zu erwarten dann sindauch starke Handelsumlenkungseffekte zu erwartenldquo An-dere Kombinationen seien nicht logisch
Felbermayr wandte sich quantitativen Abschaumltzungen zuBei fruumlheren Studien zum Thema habe man viel weniger uumlber TTIP gewusst als heute die Verhandlungen hatten
noch nicht einmal begonnen und die Kernbereiche warennoch nicht absehbar Damals 2013 habe eine ifo-Studiegesagt dass bdquonegative Drittstaateneffekte sehr wahrschein-lich sein koumlnntenldquo Das habe auch dazu beigetragen die oumlf-fentliche Aufmerksamkeit auf ein Problem zu lenken DieEU-Kommission hatte eine Studie bei einem englischenThink tank in Auftrag gegeben (CEPR 2013) die zum Er-gebnis kam bdquoTTIP waumlre fuumlr die Entwicklungslaumlnder eineBonanzaldquo Der groszlige Gewinner aus dieser Studie waumlren
nicht die EU oder die USA sondern Indo-nesien Da tue er sich schwer das zu erklauml-ren so Felbermayr Beide Studien wuumlrdenextreme Annahmen machen Die ifo-Stu-
die habe eine sehr langfristige Perspektiveeingenommen Spezialisierungseffekteseien darin nicht modelliert Die andereStudie wuumlrde von einer starken multilate-ralen Wirkung ausgehen Ein Absenken der Handelskosten zwischen den USA und der
EU wuumlrde automatisch zu einem Absenken der Handels-kosten mit anderen Laumlndern fuumlhren einem sog bdquoSpill-overldquo Wenn man dies so betrachte kaumlme man tatsaumlchlichzu einer Bonanza
Betrachte man die bisherige Entwicklung der EU somuumlsse man feststellen dass nicht alle Standards die in der
EU eingefuumlhrt wurden von Drittlaumlndern eingehalten wer-den konnten und diese so nicht mehr in die EU liefernkonnten Wenn man meint TTIP koumlnnte gemeinsame Stan-
dards bringen dann waumlre es moumlglich dass diese fuumlr Dritt-laumlnder zu hoch sind Andererseits wolle man keine niedri-gen Standards im transatlantischen Handel vereinbarenbdquonur damit Drittlaumlnder nicht diskriminiert werdenldquo DieRealitaumlt werde die Komplexitaumlt einholen glaubt Felber-mayr Die Widerstaumlnde auf beiden Seiten des TTIP-Ver-handlungstisches seien groszlig bdquoGemeinsame Standards sindwenig wahrscheinlichldquo Eher werde es zur gegenseitigenAnerkennung von Standards kommen bdquoDa kommt es dannwieder auf das beruumlhmte Kleingedruckte anldquo Was sei mit
Produkten die zwar nach einem dieser Standards gefertigtwerden aber aus einem Drittland kommen bdquoDas wissenwir nichtldquo Hier koumlnne man nur hoffen und Forderungenaufstellen
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bdquoFuumlr die Welt insgesamt
ist TTIP kein Nullsummen-
spiel Die Welt insgesamt
wird reicherldquoProf Gabriel Felbermayr
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Auch die Wertschoumlpfungsketten seien ein wichtiges Ele-ment in der Diskussion Die Struktur der Importe der EUaus Entwicklungslaumlndern korreliere nur schwach mit der Struktur der Importe aus den USA Daher sollte man keineallzu groszligen Verdraumlngungseffekte feststellen koumlnnen Man-che Drittlaumlnder seien schon heute stark in die Wertschoumlp-
fungsketten der EU oder USA integriert weil sie bilateraleAbkommen haben (Mexiko durch NAFTA die Tuumlrkeidurch die europaumlische Zollunion) Die Firma Leoni produ-ziere beispielsweise Kabelbaumlume fuumlr die deutsche Automo-
bilindustrie in Marokko Sollte die deutsche Autoindustrievielleicht durch TTIP (bdquonach dem VW-Skandalldquo) weiter wachsen dann wuumlrden die Kabelbaumproduzenten mitge-zogen erlaumluterte Felbermayr Handelsumlenkungseffektedie sicher stattfinden wuumlrden wuumlrden in vielen Laumlndernwohl nicht dominant sein bdquoDas Bild das man erhaltenwird wird ein gemischtes seinldquo
Neuere Studien wuumlrden diese Zweideutigkeit staumlrker ab- bilden die Felbermayr gerade herausgearbeitet hattebdquoManche Entwicklungslaumlnder verlieren manche gewin-nenldquo so die lapidare Zusammenfassung Uumlber die Groumlszligen-ordnung ein Prozent ein halbes oder zwei Prozent dakoumlnne man streiten Man muumlsse die Entwicklung dieser Laumlnder auch unter dem Aspekt bdquobusiness as usualldquo (ohne
TTIP) betrachten zum Vergleich dann mit TTIP TTIP seiim Vergleich zu vielen Abkommen die mit Entwicklungs-laumlndern schon bestehen wuumlrden wirtschaftlich eher unbe-deutend fuumlr diese Wenn der asiatische Raum das RCEP-Abkommen verhandele bdquodann ist das ungleich wichtiger als TTIPldquo betonte Felbermayr Gleiches gelte fuumlr andereregionale Abkommen wie auch solche die China und dieUSA im pazifischen Raum betreffen
Felbermayr zeigte mit einer Weltkarte welche Laumlnder von TTIP langfristig profitieren wuumlrden und welche nichtDie Laumlnder der Nordhalbkugel waren da gruumln gefaumlrbt fuumlr steigende Pro-Kopf-Einkommen die USA mit einem Zu-wachs von 27 die EU mit 21 dazu auch viele Laumlnder
in Afrika Mittelost und Asien Etliche wuumlrden gar keineVeraumlnderung erfahren und einige ein geringeres Realein-kommen verzeichnen muumlssen Der Durchschnitt der Nicht-TTIP-Laumlnder war mit - 003 angegeben bdquoDiese Land-karte sieht anders aus als die die wir vor drei Jahren pro-duziert habenldquo ging Felbermayr auf die veraumlnderten Er-gebnisse neuer und alter Studien ein bdquoFuumlr die Welt insge-samt ist TTIP kein Nullsummenspiel Die Welt insgesamtwird reicher Insgesamt wird der Kuchen mehrldquo fasste Fel-
bermayr die prognostizierten Ergebnisse fuumlr die Welt zu-sammen
Prof Gabriel Felbermayr hatte die weltweiten Effekte von TTIP in einer Simulation durchgerechnet Waumlhrend langfristig die TTIP-Laumlnder (EU und USA)mit einem Zuwachs zwischen zwei und drei Prozent rechnen koumlnnen mittelt sich der Nachteil fuumlr Nicht-TTIP-Laumlnder etwa auf plusminus Null
Prof Gabriel Felbermayr
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Felbermayr verglich die voraussichtlichen Wachstums-raten einiger Laumlnder in Form einer groben Abschaumltzung Sowachsen etwa Kambodscha China oder Indien um jaumlhrlichfuumlnf bis 75 Prozent Akkumuliert auf zehn Jahre wuumlrdesich dies auf Zuwachswerte von 60 bis 100 Prozent sum-mieren Der Einfluss dort von TTIP nach zehn Jahren (so-lange wuumlrde ein Abkommen brauchen um Auswirkungen
zu zeigen) betrage zwischen -01 und -05 Prozent DasRCEP-Abkommen werde hingegen zu einem Wachstums- plus nach zehn Jahren von 15 bis fuumlnf Prozent fuumlhrenbdquoEine existentielle Bedrohung fuumlr Entwicklungslaumlnder ausTTIP abzuleiten ist einfach Unfugldquo folgerte Felbermayr aus diesen Zahlen bdquoTTIP muss man als Baustein sehenDas ist nicht das einzige was in der Welt passiertldquo
Fuumlr Deutschland insbesondere die Automobil-Industriesei dieser Einigungsprozess im asiatischen Raum gar nichtgut warf Felbermayr einen Blick aus der hiesigen Warteauf RCEP
10 Punkte auf dem Weg zu einem
fairen WelthandelssystemUm TTIP zu einem Baustein fuumlr ein faires Welthandels-
system zu machen stellte Felbermayr zehn Forderungenauf Die ersten vier fasste er unter dem Motto bdquoHandelsum-lenkungseffekte minimierenldquo zusammen1 TTIP muss so gestaltet werden dass Handelsumlen-
kungseffekte minimiert werden Dafuumlr muumlssten Ur-sprungsregeln groszligzuumlgig ausgestaltet werden Dies be-treffe die Frage wann ein Gut ein europaumlisches Gut seiund zollfrei in die USA exportiert werden koumlnne Solltezu viel Vorleistung darin stecken koumlnnte es sonst nichtals bdquoeuropaumlisches Gutldquo anerkannt werden bdquoDie Frage ist
Wo setzt man da die Grenzen anldquo Vor allem die deutscheEntwicklungspolitik muumlsse hier dahinter her sein DasFreiverkehrsprinzip koumlnne eine Loumlsung sein Nur wo sichAuszligenzoumllle der USA und der EU hinreichend unterschei-den wuumlrden sei eine Ursprungsregel sinnvoll
2 Die gegenseitige Anerkennung von Standards muumlsste auf Drittstaaten ausgedehnt werden Denn sonst habe einProdukt das in Marokko nach amerikanischen Standardshergestellt werde keine Chance bdquoMan muss weg vomHerkunftslandprinzip hin zu einem produktbezogenenStandardprinzipldquo Auch da koumlnne Deutschland massiv
profitieren Denn dann braumluchte man globale Zertifizie-rungsstellen ndash ein Bereich in dem Deutschland dank sei-ner Ingenieure oder dem in vielen Laumlndern der Welt ak-tiven TUumlV schon lange aktiv ist
3 bdquoDie dritte Forderung waumlre Transparenz TransparenzTransparenzldquo Auch bdquodie Auszligenseiterldquo muumlssten wissenwas geplant werde und muumlssten ihre Stimme ndash ob nunals Verhandlungspartner oder nicht ndash erheben koumlnnen
4 Die Doha-Runde muumlsse man schlieszliglich thematisch ver-schlanken und abschlieszligen
Die naumlchsten beiden Forderungen uumlberschrieb Felbermayr mit bdquoHandelschaffungseffekte maximierenldquo5 Man solle versuchen die Entwicklungslaumlnder staumlrker in
die deutschen und europaumlischen Wertschoumlpfungsketteneinzubinden Darin koumlnne man das BMZ und andere Or-ganisationen nur bestaumlrken bdquoDas bedeutet haumlufig aberdass vor Ort Reformen stattfinden muumlssenldquo Hindernis
Nummer eins sei immer dass vor Ort die Infrastruktur fehle und meist nur Kuumlstenregionen integriert werdenkoumlnnten Da muumlsse man uumlber Infrastrukturfinanzierungsprechen
6 Nord-Suumld-Handelsabkommen der EU (und ihrer Laumlnder)wuumlrden dazu fuumlhren dass vor allem arme Drittstaatenstaumlrker in die Wertschoumlpfungsketten kaumlmen
Den dritten Bereich stellteFelbermayr schlieszliglichunter den Begriff bdquoFair-nessldquoFairness sei fuumlr Oumlkonomenein riesen Problem bdquoWir wissen nicht was das istldquoging Felbermayr von wis-senschaftlicher Seite auf diefehlende Definition einHier komme es oft auf diePerspektive an
7 TTIP duumlrfe keine bdquoWirt-schafts-NATOldquo sein
8 Perspektiven fuumlr die Oumlff-nung von TTIP fuumlr Drittstaaten muumlssen glaubwuumlrdig ver-ankert werden bdquoDas bedeutet nicht dass man Drittstaa-ten heute mit an den Verhandlungstisch lassen mussldquoVerschiedene Laumlnder haumltten bereits ihr Interesse an einemBeitritt angemeldet
9Suumld-Suumld-Freihandelsabkommen muumlssten unterstuumltzt wer-den insbesondere in Afrika Mit Know-how koumlnne mansich dort engagieren
10 bdquoDie WTO muss sich noch staumlrker als bisher als sbquoCoachrsquo
und Anwalt kleiner und armer Laumlnder stark machenldquo DasMandat dafuumlr habe die WTO Von den 160 Mitgliedslaumln-dern seien rund 100 Entwicklungslaumlnder blickte Felber-mayr auf die dortige Gewichtung bdquoDas Gewicht ist daSie muumlssen nur ihre Stimme erheben ndash und ich denkedas koumlnnen sie auchldquo schloss Prof Bernhard Felbermayr seine Ausfuumlhrungen
Gabriel Felbermayr stellte zehnForderungen zu TTIP auf
Bronzene Waumlchter am Veranstaltungsort Prof Dr Werner Heisenbergund Prof Dr Max Planck die Namensgeber des Instituts wo die Dialog-buumlhne des SID stattfand
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PodiumsdiskussionPro und Contra TTIP
Seit Jahren bewege TTIP die Men-schen die Resonanz in Medien undPolitik sei sehr groszlig leitete PierreRafih von der Hochschule fuumlr Ange-wandtes Management Erding einemder beiden Veranstalter der Dialog-
buumlhne die Podiumsdiskussion ein Beiderart komplexen Themen sei es wich-tig sich zu informieren und von Ex-
perten beraten zu lassen nicht nur auf Meinungen zu setzen Vier Expertensollten daher das Thema auf dem Po-dium von verschiedenen Seiten be-leuchten Rafih stellte sie vorbull Joachim Menze Leiter der Vertretung der Europaumli-
schen Kommission in Muumlnchenbull Morgan Githinji Senior Expert in Multilateral Trade
der ACP ndash African Caribbean Pacific Group of StatesBrussels Office
bull Frank Dollendorf Leiter Bereich Auszligenwirtschaft der Industrie- und Handelskammer (IHK) fuumlr Muumlnchenund Oberbayern
bull Juumlrgen Maier Geschaumlftsfuumlhrer des Forums Umwelt undEntwicklung Berlin
Angeglichene Standards senken die Kostenauch in Drittstaaten
Die Kommission gehe davon aus dass TTIP auf Ent-wicklungslaumlnder wenig Auswirkungen habe ndash und wenn
dann positive brachte Joachim Menze (Leiter der Vertre-tung der Europaumlischen Kommission in Muumlnchen) die Bruumls-seler Perspektive auf einen Nenner Der Handel zwischender EU und den USA stehenicht wirklich in Konkur-renz zu den Produkten ausdieser Staatengruppe DieErleichterung des transat-lantischen Handels wuumlrdenicht dazu fuumlhren dass der Handel mit anderen Staatenerschwert wird bdquoGanz imGegenteil Wir gehen
davon aus dass angegli-chene Standards zwischender EU und den USA auchfuumlr Produzenten in Dritt-staaten zu Kostensenkungen fuumlhren da eben nicht mehr un-terschiedliche Standards bedient werden muumlssenldquo
25 der Arbeitsplaumltze in Bayern sind vominternationalen Handel abhaumlngig
Die IHK Muumlnchen und Oberbayern ist mit rund 400000Mitgliedern die groumlszligte IHK Deutschlands ndash was schlichtdem sehr gut prosperierenden Standort geschuldet sei Das
internationale Geschaumlft boome so Frank Dollendorf (Leiter Bereich Auszligenwirtschaft der Industrie und Handelskammer IHK fuumlr Muumlnchen und Oberbayern) Das Bruttoinlandspro-dukt des Freistaates betrage 522 Milliarden Euro (im Jahr
2014) ndash bdquo50 Prozent davon werden im Ausland generiertldquoso Dollendorf 22 Prozent houmlhere Loumlhne als im internatio-nalen Vergleich wuumlrden in dieser Region bezahlt 25 Pro-zent der Arbeitsplaumltze seien vom internationalen Handel ab-
haumlngig Es werde nicht uumlberraschen dass er als Vertreter einer IHK daher grundsaumltzlich fuumlr den Freihandel eintrete
Wichtig seien in diesem Zusammenhang die Themen Nachhaltigkeit und die Ver-antwortung des Unterneh-mers und der WirtschaftSchon das IHK-Grundge-setz von 1956 schreibe festdass die IHK bdquofuumlr die Wah-rung von Anstand und Sittedes ehrbaren Kaufmanns
beizuwirkenldquo hat Der alt-
hergebrachte Begriff desbdquoehrbaren Kaufmannsldquo seiaktueller denn je so Dol-lendorf Die Verantwor-tung die ein ehrbarer Kauf-mann an den Tag legen sollte hat mit Nachhaltigkeit zutun Das Nachhaltigkeitsthema sei daher innerhalb vonTTIP ein wichtiger Aspekt Bei den momentanen Diskus-sionen der Verhandlungspartner in Miami sei es daher wichtig dieses Thema aufzugreifen
Standards werden zu Handelsbarrierenfuumlr Entwicklungslaumlnder ndash bdquoGive us a chanceldquo
Morgan Githinji Vertreter der Laumlndergruppe ACP (Afri-can Caribbean Pacific Group of States) in Bruumlssel be-dankte sich fuumlr die Einladung zu diesem Dialog 79 Laumlnder gehoumlrten zu der ACP-Gruppe den Laumlndern Afrikas der Ka-ribik und der Pazifik-Gruppe ndash allesamt Laumlnder die mitEntwicklungsherausforderungen konfrontiert sind Vielesind unterentwickelte Laumlnder kleine Insel- und Binnenstaa-ten
ACP habe sich mit TTIP befasst und dabei drei Bereichedefiniert die wichtig fuumlr diese Laumlndergruppe sind
Zum einen sei da die Handelsumlenkung Dies betreffevor allem bestimmte Produktbereiche mit besonders hohen
Zoumlllen wie beispielsweise in der Automobilbranche Sokoumlnnten etwa in Suumldafrika produzierte Autos nicht mehr wie bisher in die USA exportiert werden wenn Autoher-steller in Europa aufgrund TTIP guumlnstigere Zoumllle und Kon-
Auf dem Podium diskutierten (von links) Juumlrgen Maier Frank Dollendorf Moderator Pierre RafihMorgan Githinji und Joachim Menze
Frank Dollendorf
Joachim Menze
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ditionen fuumlr ihre Exporte in die USA bekommen wuumlrdenFuumlr Suumldafrika wuumlrde dieser Markt dann wegfallen ndash eineHandelsverlagerung zugunsten Europas befuumlrchtet Git-hinji
Zum zweiten gehe es um die Harmonisierung von Pro-duktstandards zwischen den TTIP-Vertragspartnern DieACP-Vertreter wuumlrden befuumlrchten dass diese Standards all-
maumlhlich in die WTO integriert werden ndash was schlieszliglich zueiner groszligen Handelsbar-riere fuumlr Entwicklungslaumln-der fuumlhren werde Um dieseStandards zu erfuumlllen seienenorme Investitionen in denACP-Staaten zur Verbesse-rung von Fachwissen undProduktqualitaumlt noumltig Au-szligerdem muumlssten Institutio-nen geschaffen werden diedie betroffenen Hersteller
bei der Erfuumlllung der Stan-
dards unterstuumltzen Durchdiese Maszlignahmen wuumlrdenzusaumltzliche Kosten entstehen ndash ein klarer Nachteil fuumlr dieExporte dieser Staaten
Zum dritten wuumlrden sich die Verhandlungen auf das mul-tilaterale Handelssystem auswirken Aus Sicht der ACP-Staaten sei die WTO ein formelles international anerkann-tes Forum fuumlr globale Handelsverhandlungen Auch wenn
bilaterale und regionale Verhandlungen heute gang undgaumlbe seien sei anzumerken dass dies dazu tendierenwuumlrde die geltenden Regelungen innerhalb der WTO zuunterminieren bdquoDas koumlnnte zu Problemen fuumlr viele kleinere
Laumlnder fuumlhren wie ich sie repraumlsentiereldquo so Githinji Daswirke sich auch auf die kommende Mi-nister-Tagung der WTO die fuumlr denDezember geplantist aus Bis heutesei noch nicht ein-mal eine Agendaaufgestellt Ergeb-nisse seien nicht ab-zusehen Weiter be-
fuumlrchtete Githinji dass die bdquoDoha Development Agendaldquo(DDA) ein Schluumlsselthema der WTO in Gefahr gerateweil in den Augen der Hauptakteure des globalen Handelsdie WTO keine Ergebnisse in ihrem Sinne liefere bdquoFuumlr unsschwache Laumlnder ist die WTO gut weil wir darin eineStimme habenldquo betonte Githinji bdquoDort koumlnnen wir unsereBeduumlrfnisse zum Ausdruck bringenldquo Die Hauptakteurehaumltten bereits angedeutet dass auf die DDA gleich ganzverzichtet werden koumlnne wenn auf der Minister-Tagung imDezember in Nairobi keine Einigkeit erzielt werde
Die bdquoAgenda 2063ldquo die in Afrika initiiert wurde sei eineder Antworten auf diese Situation erlaumluterte Ginthinji Wei-ter sei ein bdquoFree Trade Agreementldquo (FTA) geschaffen um
mit den groumlszligeren Wirtschaftsakteuren auf Augenhoumlhe ver-handeln zu koumlnnen bdquoWenn wir uns richtig organisierenkoumlnnen glauben wir dass wir mit unseren Ressourcen inder Lage sind eine verhandlungsfaumlhige Macht darzustel-
lenldquo bezog sich Githinji auf Afrika Wenn die Technologienentwickelt wuumlrden koumlnnten diese Laumlnder ihre Ressourcenauch selber nutzen
Die ACP-Staaten appellierten an die EU und die USAdie Interessen von Entwicklungslaumlndern bei den aktuellenVerhandlungen im Rahmen von TTIP zu beruumlcksichtigenbdquoDas Abkommen darf keineswegs zur Beeintraumlchtigung der
Entwicklungsprozesse unserer Laumlnder fuumlhrenldquo Afrika sollenicht auf eine Rolle als Exporteur von Rohstoffen be-schraumlnkt werden betonte Githinji Ansonsten waumlre eine In-dustrialisierung in diesen Entwicklungslaumlndern nicht moumlg-lich ihre Teilnahme an der globalen Wertschoumlpfungskettewuumlrde sehr schwierig werden bdquoGive us a chanceldquo appel-lierte Githinji
Wollen wir eigentlich immer mehrLiberalisierung Deregulierung Globalisierung
Es sei schoumln wenn nun nach so viel TTIP-Werbung auchein Kritiker zu Wort kommen duumlrfe ergriff Juumlrgen MaierGeschaumlftsfuumlhrer des Forums Umwelt und Entwicklung in
Berlin das Wort Er gehoumlre zu denen die die groszlige De-monstration kuumlrzlich veranstaltet hatten
bdquoVielleicht sind die Entwicklungslaumlnder die Ursachedass es TTIP uumlberhaupt gibtldquo stellte Maier die Vorge-
schichte erst einmal voranUrspruumlnglich sei das wasdie Europaumlische Kommis-sion und die USA in der WTO seit 15 Jahren durch-setzen wollten fuumlr dieWTO gedacht gewesen
Nach einigen Jahren in
denen man das nicht habedurchsetzen koumlnnen habeman in Europa mit der bdquoGlobal-Europe-Strategie2005ldquo offiziell beschlossenbdquojetzt setzen wir auf den Bi-
lateralismus auf den Regionalismus und lassen die WTO jetzt links liegenldquo so Maier Mit der Weigerung der USAdie Doha-Runde uumlber das Jahresende hinaus zu verlaumlngernsei die WTO als Verhandlungsforum nun stillgelegt
Was bedeutet TTIP fuumlr die Entwicklungslaumlnder Hier seier bdquouumlberraschenderweiseldquo der gleichen Meinung wie ProfFelbermayr bdquoNix genaues weiszlig man nichtldquo Erst wenn dasAbkommen fertig sein sollte (bdquowenn es jemals fertig seinsollte was ich nichtglaubeldquo) dann werde mandie Auswirkungen uumlberbli-cken bdquoDie Auswirkungenwerden uumlberwiegend nichtsehr groszlig seinldquo so MaierbdquoEs wird ein paar Gewin-ner und es wird ein paar Verlierer gebenldquo
Aber es sei natuumlrlich ein Baustein beim Versuch den Ent-wicklungslaumlndern eine Politik aufzuzwingen die diesenicht wollten Das werde immer damit verkauft dass man
in Wirklichkeit besser wuumlsste was gut fuumlr sie sei ndash dasnenne man eine bdquomoderne Handelsordnung ndash Man kochtsie weichldquo In den vergangenen 15 Jahren (Anm seit Be-
ginn der Doha-Runde) habe man eine ganze Reihe von sol-
Juumlrgen Maier
Morgan Githinji
bdquoWas wir brau-
chen ist eine neue
HandelspolitikldquoJuumlrgen Maier
bdquoFuumlr uns schwache
Laumlnder ist die WTO
gut weil wir darin
eine Stimme habenldquo
Morgan Githinji
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chen bilateralen Verhandlungsrunden mit Entwicklungslaumln-dern erlebt Nur mit Laumlndern die nicht gerade durch De-mokratie glaumlnzten seien solche Abkommen erfolgreich ver-handelt worden etwa mit Vietnam oder Singapur In demo-kratischen Laumlndern gaumlbe es groszlige Widerstaumlnde gerade inWestafrika wo viele Laumlnder demokra-tisiert wurden bdquoDa versucht die EU
geradezu mit Erpressungstaktik dieRatifikation dieser Abkommen zu er-zwingenldquo so Maier bdquoDas nennt dasBMZ dann fairen Handel In Wirklich-keit ist es nichts anderes als genau ihr alter Handelldquo regte sich der Berliner auf Der Landwirtschaftsminister setzenoch einen obendrauf und mache sei-nen bdquoMilchexportgipfelldquo wo er seineMilchprobleme durch Export loumlsenwolle bdquoUnd wo geht ein Drittel desdeutschen Milchpulvers heute schonhin Nach Afrikaldquo Es solle offenbar
noch mehr werden ndash bdquofairer Handel ndash agrave la Bundesregierungldquo schimpfte Maier
bdquoWas wir brauchen ist eine neue Handelspolitik Das hatnichts mit TTIP zu tunldquo forderte Maier bdquoEine Handelspo-litik die von den Praumlmissen der Vergangenheit Abstandnimmt und die vor allen Dingen eine demokratische Be-standsaufnahme in Europa voraussetzt Wollen wir eigent-lich immer mehr Liberalisierung Deregulierung Globali-sierung ndash wollen wir das in Europa uumlberhaupt Woher weiszligdie Kommission was die Buumlrger wollenldquo Umfragen sag-ten mittlerweile dass nur noch ein Drittel der BevoumllkerungTTIP haben wolle bdquoAuf welcher Basis geht eine Kommis-
sion dann her und verhandelt geheimldquoAuch die Verhandlungsmandate seien ohne Parlaments-
beteiligung beschlossen worden bdquoDiese Handelspolitik hatkeine demokratische Legitimationldquo Sie finde in der WTOkeine internationale Mehrheit siefinde innenpolitisch keine Mehrhei-ten mehr bdquound deswegen muss eseinen Full Stop geben Es muss einen
Neustart der europaumlischen Handels- politik geben mit anderen Praumlmissenwo es nicht darum geht immer nochmehr multinationalen Konzernenmehr Marktanteile zu ermoumlglichensondern wir brauchen eine gesell-schaftlich legitimierte neue Handels-
politikldquo Auch Praumlmissen wie die Re-gionalisierung von Handelsstroumlmeneine Neuorientierung der Landwirt-schaft weg von der Industrialisierung hin zu einer neuen
baumluerlichen Landwirtschaft wo oumlkologische Haumlndler Vor-reiter sein sollten und nicht als Handelshemmnisse betrach-tet wuumlrden bdquoWir brauchen ein Investitionsrecht wo nichtInvestoren Sonderrechte bekommen sondern wo Rechteund Pflichten gleichmaumlszligig verteilt werden bdquoso wie das fuumlr sie und mich auch istldquo Wenn er als Staatsbuumlrger klagen
wolle muumlsse er sich ans Verwaltungsgericht wenden bdquoDaskann ich Firmen auch zumutenldquo
Zu diesem Neustart werde es auch kommen bdquoweil dieseAbkommen allen voran TTIP keine Mehrheiten finden
werdenldquo In irgendeinem der 29 Parlamente werde es zuerstscheitern ndash bdquodanach wird ein Neustart moumlglich seinldquo DieRegierungen und die Kommission haumltten es in der Handdiesen Neustart rechtzeitig zu starten bdquoohne groszligen Flur-schadenldquo oder bdquoob sie dieses Abkommen gegen die Wand
fahren wollenldquo Leider sei letzteres offensichtlich die Stra-tegie von mehreren Regierungen
Neues Positionspapier der EU veroumlffentlichtAuf diese Statements folgten engagierte Erwiderungen
und auch Fragen aus dem Publikum Zunaumlchst widersprachKommissionsvertreter Joachim Menze den Vorwuumlrfen Mai-ers Das Verhandlungsmandat der Kommission sei oumlffent-lich und stehe auch im Internet so Menze Das Mandatbdquostammt von den demokratisch gewaumlhlten Regierungen der Mitgliedsstaaten ndash und zwar einstimmigldquo Zwischen den
28 Mitgliedsstaaten gaumlbe es da keinen Dissens Zuletztseien auch bestimmte Vorbehalte gegen die Form der In-vestitions-Schiedsgerichte formuliert worden Auch auf-grund der oumlffentlichen Debatte habe die Handelskommis-
sarin Malmstroumlm imSeptember auch einneues Positionspa-
pier veroumlffentlichtdas gerade in Miamiverhandelt werdeDemzufolge solle eseine Handelsge-richtsbarkeit mit Be-rufsrichtern gebenbdquodie grundsaumltzlich inihrem Herkunftsstaatdie Befaumlhigung zumRichteramt haben
muumlssenldquo Bisher sei man hier in den Schiedsgerichten vonzwar registrierten Personen aber uumlberwiegend fruumlheren An-waumllten mit handelsrechtlicher Erfahrung ausgegangen Da-ruumlberhinaus duumlrften diese Schiedsrichter nicht von denStreitparteien ausgesucht werden sondern sollten vorher
bestimmt werden Das Schiedsgericht solle nur zusammen-treten wenn es erforderlich sei Menze sprach von Rich-
tern die in unserem Sinne demokratisch legitimiert seienAuch solle es eine zweite Instanz geben eine bdquoRechts-
uumlberpruumlfungsinstanzldquo die genauso organisiert sein solleEs solle bdquosehr viel klarer definiert werden was eigentlich
Engagierte Podiumsdiskussion
bdquoAllein aus rechtstechnischen
Gruumlnden brauchen wir zum
Schutz fuumlr unsere europaumli-
schen Investitionen in den
USA dieses Verfahren derHandelsgerichtsbarkeitldquo
Joachim Menze
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vor diesem Gericht verhandelt werden kannldquo Es sei oft kol- portiert worden dass es sich um Sonderrechte fuumlr Investo-ren handeln solle bdquoDas ist uumlberhaupt nicht der Fallldquo wi-dersprach Menze bdquoEs geht darum dass Investoren die pro
bono im Glauben an die Stabilitaumlt einer Rechtsordnung zumTeil sehr groszlige Investitionen getaumltigt haben geschuumltzt wer-den vor missbraumluchlicher entschaumldigungsloser Enteignung
und gegen Rechtsverweigerung also Willkuumlrldquo Menze hattedamit vor allem US-Investoren im Blick die in irgendei-nem europaumlischen Land investieren und das dortige Rechts-system nicht beurteilen koumlnnen
Menze glaube dass die nun vorgeschlagene Schiedsge-richtsbarkeit fuumlr Investoren erhebliche Vorteile insbeson-dere fuumlr die neuen Mitgliedsstaaten der EU oder die imSuumlden bringen wuumlrden Umgekehrt gaumlbe es in den USAnicht die Funktion der Ratifizierung durch die einzelnenStaaten wohl aber nachher die Bindung an die Schiedsge-richtsbarkeit wenn etwa ein Bundesstaat spaumlter anderwei-tige Regelungen erlasse bdquoAllein aus rechtstechnischen
Gruumlnden brauchen wir zum Schutz fuumlr unsere europaumlischenInvestitionen in den USA dieses Verfahren der Handelsge-richtsbarkeitldquo begruumlndete Menze Er fuumlhrte fruumlhere groszligeInvestitionen (Raffinerien) aus Spanien in Venezuela alsBeispiel an die nach einem Regierungs- und Politikwech-sel entschaumldigungslos enteignet worden seien Solche Ri-siken duumlrfe man Investoren nicht zumuten
Investitionsschutzabkommen ist interessantEin viel versprechender Vorschlag in den TTIP-Verhand-
lungen sei nach Morgan Githinji die Idee eines Internatio-nalen Investitionsschutzabkommens (International Invest-ment Code IIC) Bisherige Schiedsgerichtsverfahren haumlttenin den meisten Faumlllen zum Nachteil der Staaten gefuumlhrt indenen Investitionen getaumltigt wurden Wenn Handelsschlich-ter zu entscheiden haumltten wuumlrden oft die Regierungen der Entwicklungslaumlnder auf der Strecke bleiben
Githinji findet das IIC sogar fuumlr einige Entwicklungslaumln-der attraktiv bezweifelt allerdings ob dieses realisiertwerde Die Erfahrung zeige Die USA ziere sich wenn sichUS-Buumlrger einer anderen nationalen oder gar internationa-len Jurisdiktion unterwerfen sollen Um seine Einschaumltzungzu untermauern zitierte Githinji das International CriminalCode (ICC) (Anm von 2002) und das Kyoto-Protokoll
(Anm von 1997 ) Beide internationalen Vereinbarungenwurden nicht von den USA ratifiziert
Was ist eigentlich die AlternativeFrank Dollendorf nahm seine eigene Vergangenheit zum
Anlass auf das Jahr 2006 zuruumlck zu blicken Damals sei er aus dem Westen in das bdquowunderbare Bayernldquo gekommen
das bdquoGespenst der Globalisierungldquo sei herumgegangen DieExportleistung Bayerns habe damals 140 Milliarden Euro betragen ndash 2014 seien es bereits 170 Milliarden Euro ge-wesen Die Diskussionen um die Globalisierung seien nicht
wirklich abgeflaut Aber das weltweite Han-deln habe zum Wirtschaftswachstum beige-tragen Wohlstand und auch Arbeitsplaumltzeseien gesichert worden Insbesondere Bayern
befinde sich auf einer sehr hohen Komfort-Ebene Da argumentiere es sich leicht gegenAbkommen die weiteres Wachstum zumZiel haumltten Vor einiger Zeit haumltte ihm einTTIP-Gegner nach einer Diskussion prog-
nostiziert dass er mit den Pro-Argumentennicht durchkomme ndash bdquoweil es uns zu gutgehtldquo
Mit Blick auf die Anfang Oktober abge-schlossenen Verhandlungen zum pazifischen AbkommenTPP verwies Dollendorf darauf dass diese zwoumllf Laumlnder wohl kaum diktatorischem Einfluss unterworfen seienbdquoMan sieht dass die Welt sich veraumlndertldquo
Vor allem dieAussage Felber-mayrs dass manRegeln brauche um
miteinander zuwirtschaften fandDollendorf beson-ders gut Viele neueAspekte ndash auf dieauch Felbermayrszehn Forderungenabzielten seien in TTIP enthalten bdquoEs gab noch nie ein ei-genes Kapitel fuumlr kleine und mittelstaumlndische Unterneh-menldquo so Dollendorf Genau das sei das Hauptklientel der IHK Diesen Unternehmen wolle die IHK auch eine Platt-form fuumlr ihre Erwartungen Befuumlrchtungen und Sorgengeben Dies versuche die IHK im Rahmen einer bdquoTTIP-Ro-adshowldquo durch Bayern aufzufangen Maszliggeblich daran be-teiligt sei Michael Gottschlich vom bayerischen Wirt-schaftsministerium ndash der auch im Publikum saszlig (su)
bdquoWas ist eigentlich die Alternativeldquo fragte DollendorfTTIP sei kein Abkommen zwischen Deutschland und denUSA sondern den Laumlndern der Europaumlischen Union undden USA Es gebe fast 50 Freihandelsabkommen die durchdie EU derzeit betrieben wuumlrden ndash keines davon habe sovielAufmerksamkeit erhalten wie TTIP Den Wunsch sich ein-zubringen bezeichnete Dollendorf als bdquowunderbare Ent-wicklungldquo Immer mehr in den Vordergrund trete auch dasThema bdquopublic valueldquo ndash bdquowas hat die Gesellschaft davonldquo
Auch die Veranstaltung hier diene dazu offene Fragen zuklaumlren Steine aus dem Weg zu raumlumen und mit dem Themavoranzukommen
Kontraumlre Standpunkte wurde auf der Podiumsdiskussion angesprochen
bdquoEs gab noch nie
ein eigenes Kapitel
fuumlr kleine und mit-telstaumlndische Unter-
nehmenldquoFrank Dollendorf
TPP = Trans-Pacific Partnership zwischen zwoumllf Laumlndern Diese Laumlnder sind die USA Australien Brunei Chile Japan Kanada Malaysia Me-xiko Neuseeland Peru Singapur und Vietnam
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Eine Wirtschaftsverfassung fuumlr multinationaleKonzerne
bdquoIn dieser Diskussion werden viele Nebelkerzen gewor-fenldquo erzuumlrnte sich Juumlrgen Maier bdquoGegen Handel als sol-chen hat ja niemand wasldquo sagte er Der Handel zwischenden USA und der EU boome bdquodie intensivste Handelsbe-ziehung der Weltldquo auch die Investitionsstroumlme wuumlrden grouml-
szliger es gaumlbe keine signifikanten Probleme Auf eine parla-mentarische Anfrage im Bundestag und im Europaparla-ment wo etwa Investoren aus Amerika in Europa und um-gekehrt vor Gericht nicht Recht bekommen haumltten haumlttenweder die Kommission noch der Bundeswirtschaftsminister Beispiele nennen koumlnnen
bdquoEs geht um die Einfuumlhrung eines Schiedsgerichtsverfah-rens wo Investoren Sonderrechte bekommen NormaleMenschen haben diese Sonderrechte nichtldquo so Maier bdquoDasist der Punkt um den es geht Lassen Sie sich da keine Maumlr-chen erzaumlhlenldquo Er ver-langte eine balancierteAuslegung zwischen
Rechten und Pflichten85 Entwicklungslaumlnder haumltten vorgeschlageneinen neuen Vertrag uumlber Rechte und Pflichten vonInvestoren und multina-tionalen Konzernen aus-zuhandeln ndash aber dieschaumlrfsten Kritiker seiendie EU und die USA soMaier bdquoEs geht darumdass wir eine globale Wirtschaftsverfassung haben die
heutzutage nicht mehr stimmt die zu sehr einseitig fuumlr mul-tinationale Konzerne ausgerichtet ist ndash und das stoumlszligt immer wieder auf oumlffentliche Kritik ndash darum geht esldquo
Maier verdeutlichte seine Meinung am Beispiel der Landwirtschaft In Deutschland und der EU seien immer mehr Menschen der Meinung der Weg in die Agrarindus-trie fuumlhre in die Irre Man muumlsse zuruumlck zu einer regionali-sierten zu einer baumluerlichen Landwirtschaft ndash bdquound dieagrarindustrielle Massentierhaltung Massenmilchproduk-tion Glyphosat-verseuchte Pestizide insbesondere in Suumld-amerika oder genmanipuliertes Soja wollen die Menscheneinfach nichtldquo Da passe auch ein solches Freihandelsab-kommen nicht wo man Milchmaumlrkte globalisiere wo manSchweinefleischmaumlrkte globalisieren moumlchte etc bdquoDas
passt nicht mehr in die heutige Zeitldquo Die Menschen woll-ten Freihandelsabkommen die regionalisierte Produktevoran treiben bdquoIst das denn illegitim so etwas zu wollenldquofragte Maier bdquoNein das ist im besten Sinne konservativldquoantwortete er sich selbst
Bisher treibe man in Europa noch sozialvertraumlglichenHandel ndash das duumlrfe man nicht uumlber Bord werfen so Maier weiter Niemand duumlrfe solche Abkommen dekretierenweder Kommissionen noch Umweltverbaumlnde bdquoWir brau-chen eine breite Diskussion was sind unsere Werte waswollen wirldquo Das sei keine Marotte verwoumlhnter weicher
Bayern Diese Diskussion werde auf der ganzen Welt ge-fuumlhrt bdquoDiese Handelspolitik wie sie die Kommission unsmit undemokratischen Methoden uumlberziehen will hat keineChanceldquo schloss Maier seinen Diskussionsbeitrag ab
Dass es keine Probleme gibt ndash das ist voumlllig falschbdquoWir erfinden hier nichts Neues Deutschland ist der Er-
finder dieser Investitionsschutzabkommenldquo schaltete sichMichael Gottschlich Referatsleiter im bayerischen Wirt-schaftsministerium (StMWi) aus dem Publikum in die Dis-kussion ein Es gaumlbe viele Laumlnder wo man so ein Instru-ment brauche damit Investoren auf Rechtsstaatlichkeit ver-
trauen koumlnnten Schon seit den 1950er Jahren habeDeutschland solche Abkommen geschlossen um hiesigeInvestoren zu schuumltzen fuumlhrte Gottschlich aus Im 21 Jahr-hundert muumlsse man das ganze System einmal anpassen In-vestoren seien vor indirekter Enteignung zu schuumltzen Auchdie Transparenz der TTIP-Verhandlungen sei verbessertworden bdquoVieles was kritisiert worden ist hat man aufge-griffenldquo so Gottschlich bdquoWir brauchen dieses Instrumentin vielen vielen Laumlndernldquo fuhr er fort Zwischen Deutsch-land und den USA brauche man das Abkommen nicht un-
bedingt ndash aber es gaumlbe einige EU-Staaten da sei das Rechtssystem nichtganz so ausgepraumlgt wie in Deutsch-
land Viele Laumlnder haumltten Investitions-schutzabkommen wuumlrden diese aber auch gerne auf einen aktuellen Stand
bringen bdquoWenn wir ein solches Ab-kommen haben wollen muss es einambitioniertes Instrument seinldquo ver-langte Gottschlich Die Kritikpunktean den alten Abkommen seien jetztaufgegriffen und von der EU-Kom-mission in den Verhandlungen vorge-schlagen worden Zusammen mit
jedem Handelsabkommen solle man ein Investitionsschutz-
abkommen treffen damit man nicht nur die Laumlnder diskri-miniere denen man vielleicht nicht so vertraue
bdquoDass es keine Probleme gibt ndash das ist voumlllig falschldquowarnte Gottschlich davor TTIP aus deutscher Sicht alsnicht notwendig zu bezeichnen bdquoEs gibt viele viele kleine
und mittelstaumlndische Unter-nehmen die koumlnnen keinenHandel mit den USA trei-
benldquo betonte der ExperteViele Probleme wuumlrden imregulatorischen Bereich lie-gen bdquoUnterschiedlicheStandards doppelte Zertifi-zierungsverfahren ndash dastreibt die Kosten fuumlr einkleines mittelstaumlndischesUnternehmen in die HoumlheldquoFuumlr einen groszligen Automo-
bilhersteller sei das keinProblem bedeuteten fuumlr ein kleines Unternehmen aber schnell 20 bis 25 Prozent Mehrkosten bdquoDas ist eine abso-lute Marktzugangshuumlrdeldquo TTIP bringe gerade kleinen undmittelstaumlndischen Unternehmen besondere Vorteile nichtnur den Groszligunternehmen sondern gerade dem Mittel-stand 99 Prozent aller Unternehmen in Deutschland sind
kleine und mittelstaumlndische Unternehmen gewichtete Gott-schlich Nur zu sagen es ging uns doch gut wir braumluchtendas nicht waumlre voumlllig falsch betonte Gottschlich noch ein-mal bdquoWir wollen einfach das abbauen was sich unsinniger
Michael Gottschlich StMWVI
bdquoUnterschiedliche Stan-
dards doppelte Zerti1047297zie-rungsverfahren ndash das treibt
die Kosten fuumlr ein kleines
mittelstaumlndisches Unter-
nehmen in die HoumlheldquoMichael Gottschlich
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Weise in den vergangenen Jahrzehnten aufgebaut hatldquo ver-einfachte Gottschlich das Vorhaben Diese Buumlrokratie dieman nicht brauche abzubauen bringe etwas fuumlr den Wohl-stand die Arbeitsplaumltze und die Menschen in BayernDeutschland und der EU
Uumlbermittlungsprobleme zu Lasten der Bevoumllkerung
Moderator Pierre Rafih draumlngte trotz aller Wichtigkeitdes Themas doch mehr am Titel der Veranstaltung ndash bdquoFol-gen fuumlr Entwicklungslaumlnderldquo zu bleiben bdquoMich wuumlrde vielmehr interessieren wie sinddie Auswirkungen auf dieIndividuenldquo fragte ein Teil-nehmer aus dem PublikumIn Afrika werde es in ein
paar Jahren eine Verdoppe-lung der Bevoumllkerunggeben Wirtschaft seiimmer eine Chance fuumlr Ent-wicklung Besonders in
landwirtschaftlichen Berei-chen verlasse man sich auf afrikanische Exporte Wassei dort zu erwarten wurdeGithinji gefragt
Von den 79 Laumlndern wuumlrden nicht alle zu den Gewinner zaumlhlen erwiderte der ACP-Vertreter Aber wie wuumlrde es beiden aumlrmeren Laumlndern aumlrmeren Bevoumllkerungen aussehendifferenzierte er die Frage Es sei nicht selten der Fall dass
politisches Handeln in den Entwicklungslaumlndern ohne dieEinbindung der bdquoStakeholderldquo erfolge ndash darin liege ein gro-szliges Problem so Githinji Technokraten fuumlhrten die interna-
tionalen Verhandlungen ohne jegliche Konsultation DieUnterhaumlndler wuumlrden nicht uumlber die Kapazitaumlt verfuumlgen dieBeduumlrfnisse und Wuumlnsche ihrer Bevoumllkerung sowie die In-teressen ihrer Laumlnder klar zu vermitteln bdquoWir hatten beivielen Verhandlungen mit Partnern uumlber wirtschaftliche Ko-operation versucht dieses Uumlbermittlungsproblem anzuge-hen indem wir sicherstellten dass all die Nutznieszliger miteinbezogen warenldquo berichtete Githinji Was sich aus sol-chen Verhandlungen ergibt haumlnge von den Machtverhaumllt-nissen zwischen den Parteien ab und von der Moumlglichkeitdiese Macht auszuspielen um das Verhandlungsresultat zu
beeinflussen bdquoIn manchen Faumlllen haben wir die Erfahrunggemacht dass die Gegenpartei den Verhandlungsverlauf und damit auch das zu erzielende Resultat von vornehereinfestlegtldquo so der ACP-Repraumlsentant So sei fuumlr die meistenEntwicklungslaumlnder diese Situation nicht einfach und letzt-lich sei die Bevoumllkerung Leidtragender der beschlossenenVereinbarungen Manche suchten dann auf dem Weg der Migration nach besseren Lebenschancen bdquoDies wird fort-dauern solange wir keine Wirtschaftsentwicklung vorwei-sen koumlnnenldquo Deswegen sei es wichtig Politik-Kohaumlrenzzu gewaumlhrleisten sodass jede Maszlignahme und Entschei-dung die in der EU oder den USA und anderen Industrie-laumlndern getroffen werde nicht negativ auf die Laumlnder desSuumldens und ihre Bevoumllkerung wirke
Verhandlungspartner auf AugenhoumlheDie USA haumltten in den vergangenen Jahren viele Abkom-
men mit Laumlndern getroffen wo man eindeutig von einem
politischen Machtgefaumllle sprechen koumlnne ging JoachimMenze auf die Entwicklungslaumlnder ein Eine einfache Ver-handlungsposition und starke Durchsetzungsfaumlhigkeit sei-tens der USA sei da zu beobachten gewesen Nun seien dieUSA zum ersten Mal in der Situation dass sie es mit einemgleichwertigen Verhandlungspartner auf Augenhoumlhe zu tunhaumltten so Menze Beide Seiten wuumlrden diesmal sehr starke
Interessen einbringen bdquoDas Ergebnis wird ganz sicher alssog Goldstandard in die weiteren Verhandlungen einge-henldquo glaubt der Vertreter der EU-Kommission Wenn manin ein paar Jahren bei-spielsweise mit Bolivienverhandle koumlnne mannichts schlechteres anbie-ten als den USA erlaumlu-terte Menze Das wuumlrdeim internationalen Ver-kehr sonst als Herabwuumlr-digung betrachtet werdenbdquoFuumlr die kleineren nicht
so wirtschaftsstarkenStaaten wird dieses Ab-kommen eine groszlige Be-deutung habenldquo
Abkommen kopieren ist keine Politik fuumlrdas 21 Jahrhundert
bdquoWie koumlnnen sie den Entwicklungslaumlndern helfen dasssie partizipieren koumlnnenldquo kam eine weitere Frage aus demPublikum Wie koumlnne Technologie in diese Laumlnder gebrachtwerden obwohl die Leute dort sehr wenig davon verste-hen Juumlrgen Maier bezeichnete das als einfach bdquoDie Ent-
wicklungslaumlnder koumlnnen in der WTO auf Augenhoumlhe ver-handeln und zu Ergebnissen kommenldquo Da kaumlme man auchzu Ergebnissen die alle Interessen gleichmaumlszligig widerspie-gelten Die Version die die Kommission vorschlage dassarme Laumlnder das Abkommen kopieren koumlnnten sei keinePolitik die im 21 Jahrhundert zukunftsfaumlhig waumlre Mankomme deshalb nicht weiter weil man nicht bereit sei mitRegierungen aus Afrika auf Augenhoumlhe zu verhandeln soMaier weiter
Infrastruktur-Projekte foumlrdernZusammen mit dem Bundeswirtschaftsministerium und
dem BMZ organisiere die IHK Muumlnchen auch Manager-Fortbildungen um Unternehmer aus Bayern und Entwick-lungslaumlndern zusammenzubringen berichtete DollendorfEntwicklungszusammenarbeit sei ein ganz wichtigesThema bdquoEs gibt in Bayern den so genannten EZ-Scout fuumlr Bildungszusammenarbeitldquo so Dollendorf Diese Personhabe nichts anderes zu tun als mit bayerischen Unterneh-men zu uumlberlegen wie man in Schwellenlaumlndern Projektevorantreiben koumlnnte Es gehe darum ganz gezielt loumlsungs-orientierte Maszlignahmen zu ergreifen Am 3 November soDollendorf werde das Afrika-Infrastuktur-Forum bdquoBe myguestldquo (Anm wwwafrikavereinde) durchgefuumlhrt dasgenau den von Prof Felbermayr schon angesprochenen
Mangel in der Infrastruktur vieler Entwicklungslaumlnder fo-kussiere Repraumlsentanten aus neun afrikanischen Laumlndernwuumlrden dort zugegen sein um ihre Infrastruktur-Projektevorzustellen und um Investoren zu werben
bdquoDas Ergebnis
wird ganz sicher
als Goldstandard
in die weiteren
Verhandlungen
eingehenldquoJoachim Menze
Pierrre Rafih moderierte die Podi-umsdiskusison
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Handel ist wichtig aber Freihandel schadetden Entwicklungslaumlndern
bdquoWas ist Entwicklungldquo fragte ein Teilnehmer afrikani-scher Herkunft aus dem Publikum Entwickelte Laumlnder wuumlrde sich aus seiner Sicht durch zwei Aspekte auszeich-nen einen hohen technologischen Stand ndash und dass vieleWirtschaftszweige fuumlreinander produzieren wuumlrden bdquoDiese
interne Verbundenheit ist wesentlichldquo Handel sei wichtigaber Freihandel schade den Entwicklungslaumlndern Auchentwickelte Laumlnder haumltten sich nicht mit Freihandel entwi-ckelt bdquosondern gerade in einem gelenkten Handelldquo DieHandelsstroumlme seien so gelenkt worden dass ihre eigenenWirtschaften nach vorne gebracht wurden Das werde ein-fach voumlllig vergessen
Zwischen Reich und Arm gibt es heute keinewirklichen technologischen Barrieren mehr
Prof Felbermayr fuumlhlte sich angesprochen und antwor-tete direkt darauf bdquoWenn sie das aus der historischen Per-spektive betrachten dann ist das vielleicht auch richtigldquo
Heute lebe man aber in einer Welt wo es keine wirklichentechnologischen Barrieren mehr zwischen Reich und Armgaumlbe Sehr viele Studien wuumlrden bestaumltigen dass institutio-nelle Probleme in den Laumlndern vor Ort der Grund seienwarum diese nicht am Handel teilnehmen wuumlrden Er haltees sogar fuumlr gefaumlhrlich wenn man sage bdquodas ist die boumlseHandelspolitik des Westensldquo Damit wuumlrde man Versaumlum-nisse entschuldigen die vor Ort stattfinden dass Panzer ge-kauft statt Straszligen gebaut werden Das sei aber in vielenarmen Laumlndern bdquoein Stuumlck weit Realitaumltldquo Schon seit demGATT-Abkommen 1947 sei ein zollfreier Marktzugang fuumlr arme Laumlnder geregelt Das habe leider nicht dazu gefuumlhrt
dass es in diesen Laumlndern eine Industrialisierung gegebenhabe Die Frage sei natuumlrlich zu stellen warum dies nichtzu einer Entwicklung gefuumlhrt habe
Ein Stuumlck vorwaumlrts gekommenAbschlieszligend bedankte sich Pierre Rafih noch einmal bei
allen Referenten und Diskussionsteilnehmern sowie demPublikum fuumlr das Interesse Man habe zu diesem sehr kom-
plexen Thema sicher keine endguumlltigen Antworten gebenkoumlnnen bdquoAber ich hoffe dass wir ein paar neue Fragenhaben dass wir ein Stuumlck weit auf dem Weg gekommensind und weiter offen bleiben und nicht mit einer gefestig-ten Meinung nach Hause gehen ndash das ist nicht die Art der Wissenschaft Wir wollen immer weiter forschen und unsselbst fragen was wir tun sollen Ich bin uumlberzeugt dass
jeder von heute Abend etwas mitnehmen wirdldquo
Vernetzt - verlinkt
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SID Chapter Muumlnchensid-munich-chapterorg
Dokumentation des hier beschriebenen Dialogbuumlhne TTIPsid-munich-chapterorgpresse
Hochschule fuumlr Angewandtes Management Erding beiMuumlnchenfhamde
BMZ bmzde
ifo-Institut Muumlnchencesifo-groupde
Vertretung der Europaumlischen Kommission in Muumlncheneceuropaeudeutschlandcommissionofficesmunichindex_dehtm
ACPacpint
IHK MuumlnchenO berbayernmuenchenihkde
Forum Umwelt und Entwicklung Berlinforumuede
Mit freundlicher Unterstuumltzung vonImpressum
ViSdP Gesellschaft fuumlr Internationale Entwicklung (SID) Muumlnchen eVDr F Kayode Salau Peter-Rosegger-Straszlige 29 86415 Meringinfosid-munich-chapterorgRedaktion Dr F Kayode SalauDr Volker Goumlbner (Pressebuumlro Schreib-WUT Neusaumlszlig)
Alle Aussagen auch zu rechtlichen Aspekten geben die Aumluszligerungender jeweiligen Redner(innen) bei der Veranstaltung am 22 Oktober 2015wieder und sind weder sachlich noch juristisch gepruumlft
Internationales Buffet Nach reichlich geistiger Nahrung fuumlr den Kopf kam auch
der Bauch zu seinem Recht Fatima von Kaehne (SchlossBlumenthal bei Aichach) hatte ein ebenso umfangreicheswie leckeres internationales Buffett aufgebaut ZahlreicheGespraumlche in kleinen Kreisen rundeten den Abend ab
Internationales Buffet ndash aus allen Handelszonen der Welt von der Ananas bis zur Zucchini
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der EU mit Entwicklungslaumlndern Um Sozial- und Um-weltstandards international staumlrker zu verankern muumlssenwir bei TTIP mit gutem Beispiel vorangehenldquo
Das multilaterale Handelssystem der WTO habe fuumlr dieBundesregierung Prioritaumlt Deren Prinzip bdquoein Land eineStimmeldquo biete Entwicklungslaumlndern die Moumlglichkeit ihreAnliegen geltend zu machen Wenn TTIP die legitimen In-
teressen von Entwicklungs- und Schwellenlaumlndern ange-messen beruumlcksichtige koumlnne es auch ein Schritt in Rich-tung Multilateralismus sein ndash moumlglicherweise bdquoein Schrittauf dem Weg zu einem globalen Abkommen in dem sichregionale Abkommen vereinigen In jedem Fall aber einBaustein fuumlr ein faires globales Handelssystemldquo
Dr Bernhard Felmberg fasste sein Plaumldoyer fuumlr das Ab-kommen zusammen bdquoMit TTIP koumlnnen und werden wir Einfluss auf internationale Standards gewinnen und auchnehmen Die Globalisierung braucht verbindliche arbeits-rechtliche soziale und oumlkologische Mindeststandards Ichdenke wir sollten die Chance nutzen Wir sollten das Heftdes Handelns in die Hand nehmen statt Gestaltungsmoumlg-lichkeiten aus der Hand zu geben Handeln ist besser als
behandelt zu werdenldquo
Felmberg zitierte den fruumlheren Bundespraumlsidenten HorstKoumlhler bdquoFuumlr die Entwicklungslaumlnder waumlre ein verbesserter Zugang zu den Maumlrkten der Industriestaaten die beste Hilfezur Selbsthilfeldquo (Anm bdquoBerliner Redeldquo 2007 ) Die amwenigsten entwickelten Staaten der Welt haumltten schon heutevollstaumlndigen Zugang zum EU-Markt ndash fuumlr alle Produkteauszliger Waffen bdquoDamit unsere Partnerlaumlnder den Zugang tat-saumlchlich nutzen koumlnnen leisten wir handelsbezogene Ent-
wicklungszusammenarbeit durch gezielte Projekte und fi-nanzielle Unterstuumltzung vor Ort Auf regionaler Ebene beraumltDeutschland regionale Organisationen bei der Vertiefungihres Integrationsprozesses zum Beispiel die westafrikani-sche Wirtschaftsgemeinschaft ECOWASldquo erlaumluterte Felm-
berg die Arbeit des BMZ
das sollten wir auch tunldquo so der Vertreter des BMZ bdquoTTIPkann sowohl positive als auch negative Auswirkungen auf Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder haben Dabei ist dieWirtschaftsstruktur des Landes wichtig So koumlnnen zumBeispiel Zulieferer von Vorprodukten in die EU von einemstaumlrkeren transatlantischen Handel profitieren Demgegen-uumlber erleiden moumlglicherweise diejenigen Laumlnder Wettbe-werbsnachteile deren Produkte in Konkurrenz zur EU oder den USA stehenldquo fuumlhrte Felmberg aus Denn der Inhalt vonTTIP sei ja gerade transatlantische Waren zu verbessertenKonditionen anbieten zu koumlnnen
Fuumlr eine entwicklungsfreundliche Ausgestaltung des Ab-kommens engagiere sich die Bundesregierung damit auchEntwicklungs- und Schwellenlaumlnder von TTIP profitierenkoumlnnten Dazu bringe das BMZ beim federfuumlhrenden Bun-deswirtschaftsministerium entwicklungspolitische Aspekteein bdquoWir setzen uns fuumlr Nachhaltigkeit in globalen Liefer-ketten einldquo so Felmberg fuumlr das BMZ Unternehmen wuumlr-den dazu angehalten auf faire Arbeitsbedingungen der Men-
schen vor Ort zu achten bdquoWir legen Wert auf ein umfassen-des Monitoring in dem die wirtschaftlichen sozialen undoumlkologischen Wirkungen von TTIP uumlberwacht werdenldquonannte Felmberg einen zweiten wichtigen Punkt fuumlr dasBMZ Gleiches gelte fuumlr die Wahrung von Menschenrech-ten bdquoSo koumlnnen wir darauf hinwirken dass wirtschaftlicheErfolge nicht zu Lasten nachhaltiger Entwicklung gehenldquoAuch bei den Ursprungsregeln des Abkommens muumlssten dieBelange von Entwicklungs- und Schwellenlaumlndern beruumlck-sichtigt werden bdquoAll die genannten Anliegen bringen wir als BMZ bei den Diskussionen auf nationaler und auf EU-Ebene an Dadurch konnten wir das Thema entwicklungs-
politische Nachhaltigkeit bereits entschieden vorantreibenldquo
sagte FelmbergDer Einsatz des BMZ in Sachen Nachhaltigkeit habe
einen uumlber TTIP hinausgehenden Grund bdquoTeile des Ab-kommens werden Vorbildcharakter haben fuumlr Abkommen
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Das Max-Planck-Institut in Muumlnchen war raumlumlicher Gastgeber
bdquoDas multilaterale
Handelssystem der
WTO hat fuumlr die
Bundesregierung
PrioritaumltldquoDr Bernhard Felmberg
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noch nicht einmal den Herrn Gorbatschowldquo Schon 1985sei festgelegt worden woruumlber man dann verhandelnwollte Heute seien sich zumindest alle einig dass maneinen bdquomultilateralen Durchbruchldquo eine echte Globalisie-rungsgestaltung fuumlr Alle erreichen wolle Dennoch gaumlbe esinzwischen Widerstaumlnde Schuldzuweisungen uumlber die insStocken geratenen Verhandlungen bringen nichts glaubt
Felbermayr bdquoAber auch in vielen anderen Weltregionen passiert einigesldquo blickte der Wirtschaftsprofessor uumlber den
Tellerrand Er nannte das transpazifische Abkommen zwi-schen den USA Japan und zehn anderen Pazifik-Anrainer-staaten Politisch sei dieses abgeschlossen bdquoder Ratifizie-rungsprozess wird noch muumlhseligldquo Auch in Suumldostasienwerde verhandelt beispielsweise das RCEP ein regiona-les Abkommen zwischen Indien China und anderen Staa-ten in Suumldamerika oder in Afrika Multi- und bilaterale Ab-kommen stehen sich nicht im Wege hielt Felbermayr un-
terschiedliche Verhandlungsdimensionen fuumlr legitim Schondas zehnjaumlhrige Verhandeln des Uruguay-Abkommenshabe zu weiteren regionalen Abkommen gefuumlhrt Fuumlr dieBlockierer seien indessen die Kosten des Blockierens ge-stiegen ndash und der Wunsch des Einlenkens schlieszliglich staumlr-ker geworden Unterschiedliche Abkommen wuumlrden alsoin einem komplementaumlren Verhaumlltnis zueinander stehen
Wie sein Vorredner verwies Felbermayr auf die Groumlszligedes Abkommens das 30 des Welthandels und 45 der globalen Wertschoumlpfung betreffe 30 der Drittlaumlnder wuumlr-den mehr als 50 ihres Exportumsatzes mit der EU undden USA erzielen Dennoch muumlsse klar sein dass TTIP einAbkommen sei bdquodas die Handelsbarrieren zwischen der EU und den USA absenken wirdldquo Aber schon ArtikelXXIV des GATT-Abkommens lege fest dass deshalb dieBarrieren gegenuumlber Dritten nicht steigen duumlrften Effekteauf Drittstaaten duumlrften immer nur indirekte Effekte sein
Solche indirekten Effekte seien nicht so leicht zu fassenmeinte Felbermayr ndash und deshalb sei wohl das ifo-Institutvom BMZ mit der Studie beauftragt worden Man braucheModelle um gegenlaumlufige Mechanismen zu berechnenbdquoZunaumlchst einmal wollen wir sie benennenldquo erklaumlrte Fel-
bermayrZunaumlchst sei da der negative Effekt der bdquoHandelsumlen-
kungldquo Abkommen die nur zwei Bloumlcke mit ihren jeweili-
gen Laumlndern umfassten seien bdquoinhaumlrent diskriminatorischldquoWenn die Barrieren zwischen den Partnern abgesenkt wer-den muumlsse man nichts tun um aktiv Barrieren nach auszligenzu beeinflussen Felbermayr nannte ein Beispiel Werde ein
Keynote Prof Gabriel Felbermayr PhD
bdquoDer Kuchen wird groumlszligerldquo
bdquoIst Globalisierung eine Chance fuumlr die armen Laumlnderldquofragte Prof Gabriel Felbermayr eingangs zu seiner Key-note Die Antwort koumlnne kein pauschales bdquoJaldquo sein bdquoAber die Chance ist daldquo sagte Felbermayr Der Zugang zu inter-
nationalen Maumlrkten sei eine notwendige aber keine hinrei-chende Bedingung fuumlr Entwicklung Es gaumlbe kein Beispielfuumlr ein Land das sich von der Globalisierung abgekapselthabe und eine groszligartige Entwicklung ndash Zuwachs an Wohl-stand Absinken der Kindersterblichkeit und Ruumlckgang vonAnalphabetismus und extremer Armut ndash erlebt habe
Die Rechtssysteme vor Ort die Sozialgesetzgebung Um-weltgesetze die Durchsetzung von Eigentumsrechten der Schutz von Minderheiten und einiges mehr seien wichtigeFaktoren in den jeweiligen Laumlndern um Globalisierung alsChance nutzen zu koumlnnen Die bdquoPartizipation am Welthan-del hat Hunderte von Millionen Menschen aus der Armut
befreitldquo hielt Felbermayr fest auch wenn der kausale Zu-sammenhang nicht immer gleich klar sei Die Teilhabe anWertschoumlpfungsketten helfe auch den Menschen in Ban-gladesch und vielen anderen Laumlndern aus der Armut
Immer wieder tauche der Vorwurf auf dass bdquodie Oumlkono-menldquo meinten die Maumlrkte wuumlrden sich von selbst regulie-ren bdquoWelthandel braucht Regeln ndash Maumlrkte regulieren sichnicht selbstldquo postulierte Felbermayr bdquoRegeln spielen eineganz wichtige Rolleldquo warf er einen Blick auf verschiedeneHandelsabkommen nicht nur Zoumllle oder der MarktzutrittZu diesen Regeln gehoumlre auch der Schutz geistigen Eigen-tums der Datenschutz wettbewerbsrechtliche RegelnSchutz von Auslandsinvestitionen sowie Regeln zu Um-
welt Arbeitsrecht oder Menschenrechten Bisherige Ab-kommen seien in der Regel nicht so umfassend gewesenwie solche uumlber die heute verhandelt werde ob TTIP oder andere
TTIP treibe zwar inBerlin die Massen auf die Straszlige (wie Felm-
berg zuvor ausgefuumlhrthatte) und sei in vielenGesellschaftsschichtenein wichtiges ThemaDabei werde aber haumlu-
fig vergessen dassTTIP bdquoein Baustein istauf einer sehr viel laumln-geren Reiseldquo TTIP seiein Baustein zu einer modernen Welthandelsordnung soFelbermayr Erst wenn die Texte des Abkommens nach demEnde der Verhandlungen auf dem Tische laumlgen koumlnne man
beurteilen ob TTIP tatsaumlchlich dieser Baustein sei oder dasGegenteil schraumlnkte er ein
Die aktuellen Regeln des Welthandels seien jedoch be-reits 20 oder 30 Jahre alt Als das Uruguay-Abkommen daszur Gruumlndung der WTO (World Trade Organisation) fuumlhrte
verhandelt worden sei (1986 bis 1994) bdquogab es im Kreml
Dialogbuumlhne TTIP Muumlnchen 2015 Dokumentation
5 Regional Comprehensive Economic Partnership General Agreement on Tariffs and Trade
Prof Gabriel Felbermayr vom ifo-Institut
bdquoWelthandel
braucht Regeln ndash
Maumlrkte regulie-
ren sich nicht
selbstldquoProf Gabriel Felbermayr
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bisheriger Zoll etwa zwischen Rumaumlnien und den USA fuumlr Schuhe von bisher 30 auf Null Prozent abgesenkt dann be-deute dies einen Marktvorteil Fuumlr andere Lieferanten etwaKambodscha werde dies zu einem Verlust von Marktan-teilen fuumlhren Das sei das Problem und daher gebe es aucheine groszlige Diskussion Ausschlagegebend sei hier die Houmlheder Zoumllle Bei niedrigen Zoumlllen wuumlrde sich die Marktsitua-
tion nicht wesentlich aumlndern so Felbermayr Wenn manaber Bereiche betrachte wo weder die USA noch die EUeigene Produktionen haben bdquodenken Sie an tropischeFruumlchte oder an Gummildquo dann koumlnne es da diese Handels-umlenkungseffekte nicht geben
Ein anderer Effekt sei der bdquoEinkommenseffektldquo bdquoDer ist positivldquo so Felbermayr bdquoWir machen ja TTIP mit demWunsch in Europa und den USA die Prosperitaumlt ndash houmlhereEinkommen ndash zu sichernldquo Viele bezweifelten das und essei keine trivialeUumlbung das auch mitZahlen zu untermau-ern solange man
nicht wisse was spauml-ter im Text stehenwerde Es gaumlbe bdquona-tuumlrlich Unsicherhei-ten das will ich gar nicht bezweifelnldquo
Aus anderen bilateralen regionalen und globalen Ab-kommen wisse man jedoch dass in diesen Laumlndern houmlhereEinkommen daraus resultiert hatten Felbermayr fuumlhrte alsBeispiel den Beitritt Oumlsterreichs zur EU vor 20 Jahren an
Natuumlrlich habe das in Oumlsterreich den Wohlstand erhoumlht Houml-here Einkommen wuumlrden sich auch darin ausdruumlcken dass
dann auch mehr Geld fuumlr Guumlter aus den Drittstaaten ausge-geben werde Ob Konsumguumlter wie tropische Fruumlchte oder Vorprodukte etwa fuumlr die Automobilproduktion RohstoffeDienstleistungen ausEntwicklungslaumlndernoder im Tourismus ndash das sei einerlei bdquoHier ist die Einkommens-
prosperitaumlt hochldquoWenn die Einkommensteigen werde uumlberpro-
portional in diesen Be-reichen mehr Geld aus-gegeben Mit Nach-druck muumlsse man da-rauf hinweisen dass vom Produktivitaumltswachstum in einer Region auch andere Regionen profitieren koumlnnten so Fel-
bermayr Dass Wachstum in einem Land zum Nachteileines anderen Landes erfolge ndash bdquodiese Idee ist hundert Malwiderlegtldquo Felbermayr fasste zusammen bdquoGlobalisierungist kein Nullsummenspiel Der Kuchen wird groumlszligerldquo
Der Oumlkonom stellte nun Handelsumlenkungseffekte denEinkommenseffekten gegenuumlber Dazu muumlsse man logischeZusammenhaumlnge beachten bdquoEntweder ist TTIP ineffektivdann wird es keine Einkommenseffekte bringen Wenn es
die Wirtschaftsverhaumlltnisse nicht aumlndert wird es auch keineHandelsumlenkungseffekte bringen Dann ist es einfach eingescheitertes Abkommen weder gut noch schlecht Oder aber TTIP ist effektiv und schafft tatsaumlchlich Produktivi-
taumltssteigerungen dann sind potentiell substantielle Einkom-menseffekte in der EU und den USA zu erwarten dann sindauch starke Handelsumlenkungseffekte zu erwartenldquo An-dere Kombinationen seien nicht logisch
Felbermayr wandte sich quantitativen Abschaumltzungen zuBei fruumlheren Studien zum Thema habe man viel weniger uumlber TTIP gewusst als heute die Verhandlungen hatten
noch nicht einmal begonnen und die Kernbereiche warennoch nicht absehbar Damals 2013 habe eine ifo-Studiegesagt dass bdquonegative Drittstaateneffekte sehr wahrschein-lich sein koumlnntenldquo Das habe auch dazu beigetragen die oumlf-fentliche Aufmerksamkeit auf ein Problem zu lenken DieEU-Kommission hatte eine Studie bei einem englischenThink tank in Auftrag gegeben (CEPR 2013) die zum Er-gebnis kam bdquoTTIP waumlre fuumlr die Entwicklungslaumlnder eineBonanzaldquo Der groszlige Gewinner aus dieser Studie waumlren
nicht die EU oder die USA sondern Indo-nesien Da tue er sich schwer das zu erklauml-ren so Felbermayr Beide Studien wuumlrdenextreme Annahmen machen Die ifo-Stu-
die habe eine sehr langfristige Perspektiveeingenommen Spezialisierungseffekteseien darin nicht modelliert Die andereStudie wuumlrde von einer starken multilate-ralen Wirkung ausgehen Ein Absenken der Handelskosten zwischen den USA und der
EU wuumlrde automatisch zu einem Absenken der Handels-kosten mit anderen Laumlndern fuumlhren einem sog bdquoSpill-overldquo Wenn man dies so betrachte kaumlme man tatsaumlchlichzu einer Bonanza
Betrachte man die bisherige Entwicklung der EU somuumlsse man feststellen dass nicht alle Standards die in der
EU eingefuumlhrt wurden von Drittlaumlndern eingehalten wer-den konnten und diese so nicht mehr in die EU liefernkonnten Wenn man meint TTIP koumlnnte gemeinsame Stan-
dards bringen dann waumlre es moumlglich dass diese fuumlr Dritt-laumlnder zu hoch sind Andererseits wolle man keine niedri-gen Standards im transatlantischen Handel vereinbarenbdquonur damit Drittlaumlnder nicht diskriminiert werdenldquo DieRealitaumlt werde die Komplexitaumlt einholen glaubt Felber-mayr Die Widerstaumlnde auf beiden Seiten des TTIP-Ver-handlungstisches seien groszlig bdquoGemeinsame Standards sindwenig wahrscheinlichldquo Eher werde es zur gegenseitigenAnerkennung von Standards kommen bdquoDa kommt es dannwieder auf das beruumlhmte Kleingedruckte anldquo Was sei mit
Produkten die zwar nach einem dieser Standards gefertigtwerden aber aus einem Drittland kommen bdquoDas wissenwir nichtldquo Hier koumlnne man nur hoffen und Forderungenaufstellen
Dialogbuumlhne TTIP Muumlnchen 2015 Dokumentation
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bdquoFuumlr die Welt insgesamt
ist TTIP kein Nullsummen-
spiel Die Welt insgesamt
wird reicherldquoProf Gabriel Felbermayr
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Dialogbuumlhne TTIP Muumlnchen 2015 Dokumentation
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Auch die Wertschoumlpfungsketten seien ein wichtiges Ele-ment in der Diskussion Die Struktur der Importe der EUaus Entwicklungslaumlndern korreliere nur schwach mit der Struktur der Importe aus den USA Daher sollte man keineallzu groszligen Verdraumlngungseffekte feststellen koumlnnen Man-che Drittlaumlnder seien schon heute stark in die Wertschoumlp-
fungsketten der EU oder USA integriert weil sie bilateraleAbkommen haben (Mexiko durch NAFTA die Tuumlrkeidurch die europaumlische Zollunion) Die Firma Leoni produ-ziere beispielsweise Kabelbaumlume fuumlr die deutsche Automo-
bilindustrie in Marokko Sollte die deutsche Autoindustrievielleicht durch TTIP (bdquonach dem VW-Skandalldquo) weiter wachsen dann wuumlrden die Kabelbaumproduzenten mitge-zogen erlaumluterte Felbermayr Handelsumlenkungseffektedie sicher stattfinden wuumlrden wuumlrden in vielen Laumlndernwohl nicht dominant sein bdquoDas Bild das man erhaltenwird wird ein gemischtes seinldquo
Neuere Studien wuumlrden diese Zweideutigkeit staumlrker ab- bilden die Felbermayr gerade herausgearbeitet hattebdquoManche Entwicklungslaumlnder verlieren manche gewin-nenldquo so die lapidare Zusammenfassung Uumlber die Groumlszligen-ordnung ein Prozent ein halbes oder zwei Prozent dakoumlnne man streiten Man muumlsse die Entwicklung dieser Laumlnder auch unter dem Aspekt bdquobusiness as usualldquo (ohne
TTIP) betrachten zum Vergleich dann mit TTIP TTIP seiim Vergleich zu vielen Abkommen die mit Entwicklungs-laumlndern schon bestehen wuumlrden wirtschaftlich eher unbe-deutend fuumlr diese Wenn der asiatische Raum das RCEP-Abkommen verhandele bdquodann ist das ungleich wichtiger als TTIPldquo betonte Felbermayr Gleiches gelte fuumlr andereregionale Abkommen wie auch solche die China und dieUSA im pazifischen Raum betreffen
Felbermayr zeigte mit einer Weltkarte welche Laumlnder von TTIP langfristig profitieren wuumlrden und welche nichtDie Laumlnder der Nordhalbkugel waren da gruumln gefaumlrbt fuumlr steigende Pro-Kopf-Einkommen die USA mit einem Zu-wachs von 27 die EU mit 21 dazu auch viele Laumlnder
in Afrika Mittelost und Asien Etliche wuumlrden gar keineVeraumlnderung erfahren und einige ein geringeres Realein-kommen verzeichnen muumlssen Der Durchschnitt der Nicht-TTIP-Laumlnder war mit - 003 angegeben bdquoDiese Land-karte sieht anders aus als die die wir vor drei Jahren pro-duziert habenldquo ging Felbermayr auf die veraumlnderten Er-gebnisse neuer und alter Studien ein bdquoFuumlr die Welt insge-samt ist TTIP kein Nullsummenspiel Die Welt insgesamtwird reicher Insgesamt wird der Kuchen mehrldquo fasste Fel-
bermayr die prognostizierten Ergebnisse fuumlr die Welt zu-sammen
Prof Gabriel Felbermayr hatte die weltweiten Effekte von TTIP in einer Simulation durchgerechnet Waumlhrend langfristig die TTIP-Laumlnder (EU und USA)mit einem Zuwachs zwischen zwei und drei Prozent rechnen koumlnnen mittelt sich der Nachteil fuumlr Nicht-TTIP-Laumlnder etwa auf plusminus Null
Prof Gabriel Felbermayr
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Felbermayr verglich die voraussichtlichen Wachstums-raten einiger Laumlnder in Form einer groben Abschaumltzung Sowachsen etwa Kambodscha China oder Indien um jaumlhrlichfuumlnf bis 75 Prozent Akkumuliert auf zehn Jahre wuumlrdesich dies auf Zuwachswerte von 60 bis 100 Prozent sum-mieren Der Einfluss dort von TTIP nach zehn Jahren (so-lange wuumlrde ein Abkommen brauchen um Auswirkungen
zu zeigen) betrage zwischen -01 und -05 Prozent DasRCEP-Abkommen werde hingegen zu einem Wachstums- plus nach zehn Jahren von 15 bis fuumlnf Prozent fuumlhrenbdquoEine existentielle Bedrohung fuumlr Entwicklungslaumlnder ausTTIP abzuleiten ist einfach Unfugldquo folgerte Felbermayr aus diesen Zahlen bdquoTTIP muss man als Baustein sehenDas ist nicht das einzige was in der Welt passiertldquo
Fuumlr Deutschland insbesondere die Automobil-Industriesei dieser Einigungsprozess im asiatischen Raum gar nichtgut warf Felbermayr einen Blick aus der hiesigen Warteauf RCEP
10 Punkte auf dem Weg zu einem
fairen WelthandelssystemUm TTIP zu einem Baustein fuumlr ein faires Welthandels-
system zu machen stellte Felbermayr zehn Forderungenauf Die ersten vier fasste er unter dem Motto bdquoHandelsum-lenkungseffekte minimierenldquo zusammen1 TTIP muss so gestaltet werden dass Handelsumlen-
kungseffekte minimiert werden Dafuumlr muumlssten Ur-sprungsregeln groszligzuumlgig ausgestaltet werden Dies be-treffe die Frage wann ein Gut ein europaumlisches Gut seiund zollfrei in die USA exportiert werden koumlnne Solltezu viel Vorleistung darin stecken koumlnnte es sonst nichtals bdquoeuropaumlisches Gutldquo anerkannt werden bdquoDie Frage ist
Wo setzt man da die Grenzen anldquo Vor allem die deutscheEntwicklungspolitik muumlsse hier dahinter her sein DasFreiverkehrsprinzip koumlnne eine Loumlsung sein Nur wo sichAuszligenzoumllle der USA und der EU hinreichend unterschei-den wuumlrden sei eine Ursprungsregel sinnvoll
2 Die gegenseitige Anerkennung von Standards muumlsste auf Drittstaaten ausgedehnt werden Denn sonst habe einProdukt das in Marokko nach amerikanischen Standardshergestellt werde keine Chance bdquoMan muss weg vomHerkunftslandprinzip hin zu einem produktbezogenenStandardprinzipldquo Auch da koumlnne Deutschland massiv
profitieren Denn dann braumluchte man globale Zertifizie-rungsstellen ndash ein Bereich in dem Deutschland dank sei-ner Ingenieure oder dem in vielen Laumlndern der Welt ak-tiven TUumlV schon lange aktiv ist
3 bdquoDie dritte Forderung waumlre Transparenz TransparenzTransparenzldquo Auch bdquodie Auszligenseiterldquo muumlssten wissenwas geplant werde und muumlssten ihre Stimme ndash ob nunals Verhandlungspartner oder nicht ndash erheben koumlnnen
4 Die Doha-Runde muumlsse man schlieszliglich thematisch ver-schlanken und abschlieszligen
Die naumlchsten beiden Forderungen uumlberschrieb Felbermayr mit bdquoHandelschaffungseffekte maximierenldquo5 Man solle versuchen die Entwicklungslaumlnder staumlrker in
die deutschen und europaumlischen Wertschoumlpfungsketteneinzubinden Darin koumlnne man das BMZ und andere Or-ganisationen nur bestaumlrken bdquoDas bedeutet haumlufig aberdass vor Ort Reformen stattfinden muumlssenldquo Hindernis
Nummer eins sei immer dass vor Ort die Infrastruktur fehle und meist nur Kuumlstenregionen integriert werdenkoumlnnten Da muumlsse man uumlber Infrastrukturfinanzierungsprechen
6 Nord-Suumld-Handelsabkommen der EU (und ihrer Laumlnder)wuumlrden dazu fuumlhren dass vor allem arme Drittstaatenstaumlrker in die Wertschoumlpfungsketten kaumlmen
Den dritten Bereich stellteFelbermayr schlieszliglichunter den Begriff bdquoFair-nessldquoFairness sei fuumlr Oumlkonomenein riesen Problem bdquoWir wissen nicht was das istldquoging Felbermayr von wis-senschaftlicher Seite auf diefehlende Definition einHier komme es oft auf diePerspektive an
7 TTIP duumlrfe keine bdquoWirt-schafts-NATOldquo sein
8 Perspektiven fuumlr die Oumlff-nung von TTIP fuumlr Drittstaaten muumlssen glaubwuumlrdig ver-ankert werden bdquoDas bedeutet nicht dass man Drittstaa-ten heute mit an den Verhandlungstisch lassen mussldquoVerschiedene Laumlnder haumltten bereits ihr Interesse an einemBeitritt angemeldet
9Suumld-Suumld-Freihandelsabkommen muumlssten unterstuumltzt wer-den insbesondere in Afrika Mit Know-how koumlnne mansich dort engagieren
10 bdquoDie WTO muss sich noch staumlrker als bisher als sbquoCoachrsquo
und Anwalt kleiner und armer Laumlnder stark machenldquo DasMandat dafuumlr habe die WTO Von den 160 Mitgliedslaumln-dern seien rund 100 Entwicklungslaumlnder blickte Felber-mayr auf die dortige Gewichtung bdquoDas Gewicht ist daSie muumlssen nur ihre Stimme erheben ndash und ich denkedas koumlnnen sie auchldquo schloss Prof Bernhard Felbermayr seine Ausfuumlhrungen
Gabriel Felbermayr stellte zehnForderungen zu TTIP auf
Bronzene Waumlchter am Veranstaltungsort Prof Dr Werner Heisenbergund Prof Dr Max Planck die Namensgeber des Instituts wo die Dialog-buumlhne des SID stattfand
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PodiumsdiskussionPro und Contra TTIP
Seit Jahren bewege TTIP die Men-schen die Resonanz in Medien undPolitik sei sehr groszlig leitete PierreRafih von der Hochschule fuumlr Ange-wandtes Management Erding einemder beiden Veranstalter der Dialog-
buumlhne die Podiumsdiskussion ein Beiderart komplexen Themen sei es wich-tig sich zu informieren und von Ex-
perten beraten zu lassen nicht nur auf Meinungen zu setzen Vier Expertensollten daher das Thema auf dem Po-dium von verschiedenen Seiten be-leuchten Rafih stellte sie vorbull Joachim Menze Leiter der Vertretung der Europaumli-
schen Kommission in Muumlnchenbull Morgan Githinji Senior Expert in Multilateral Trade
der ACP ndash African Caribbean Pacific Group of StatesBrussels Office
bull Frank Dollendorf Leiter Bereich Auszligenwirtschaft der Industrie- und Handelskammer (IHK) fuumlr Muumlnchenund Oberbayern
bull Juumlrgen Maier Geschaumlftsfuumlhrer des Forums Umwelt undEntwicklung Berlin
Angeglichene Standards senken die Kostenauch in Drittstaaten
Die Kommission gehe davon aus dass TTIP auf Ent-wicklungslaumlnder wenig Auswirkungen habe ndash und wenn
dann positive brachte Joachim Menze (Leiter der Vertre-tung der Europaumlischen Kommission in Muumlnchen) die Bruumls-seler Perspektive auf einen Nenner Der Handel zwischender EU und den USA stehenicht wirklich in Konkur-renz zu den Produkten ausdieser Staatengruppe DieErleichterung des transat-lantischen Handels wuumlrdenicht dazu fuumlhren dass der Handel mit anderen Staatenerschwert wird bdquoGanz imGegenteil Wir gehen
davon aus dass angegli-chene Standards zwischender EU und den USA auchfuumlr Produzenten in Dritt-staaten zu Kostensenkungen fuumlhren da eben nicht mehr un-terschiedliche Standards bedient werden muumlssenldquo
25 der Arbeitsplaumltze in Bayern sind vominternationalen Handel abhaumlngig
Die IHK Muumlnchen und Oberbayern ist mit rund 400000Mitgliedern die groumlszligte IHK Deutschlands ndash was schlichtdem sehr gut prosperierenden Standort geschuldet sei Das
internationale Geschaumlft boome so Frank Dollendorf (Leiter Bereich Auszligenwirtschaft der Industrie und Handelskammer IHK fuumlr Muumlnchen und Oberbayern) Das Bruttoinlandspro-dukt des Freistaates betrage 522 Milliarden Euro (im Jahr
2014) ndash bdquo50 Prozent davon werden im Ausland generiertldquoso Dollendorf 22 Prozent houmlhere Loumlhne als im internatio-nalen Vergleich wuumlrden in dieser Region bezahlt 25 Pro-zent der Arbeitsplaumltze seien vom internationalen Handel ab-
haumlngig Es werde nicht uumlberraschen dass er als Vertreter einer IHK daher grundsaumltzlich fuumlr den Freihandel eintrete
Wichtig seien in diesem Zusammenhang die Themen Nachhaltigkeit und die Ver-antwortung des Unterneh-mers und der WirtschaftSchon das IHK-Grundge-setz von 1956 schreibe festdass die IHK bdquofuumlr die Wah-rung von Anstand und Sittedes ehrbaren Kaufmanns
beizuwirkenldquo hat Der alt-
hergebrachte Begriff desbdquoehrbaren Kaufmannsldquo seiaktueller denn je so Dol-lendorf Die Verantwor-tung die ein ehrbarer Kauf-mann an den Tag legen sollte hat mit Nachhaltigkeit zutun Das Nachhaltigkeitsthema sei daher innerhalb vonTTIP ein wichtiger Aspekt Bei den momentanen Diskus-sionen der Verhandlungspartner in Miami sei es daher wichtig dieses Thema aufzugreifen
Standards werden zu Handelsbarrierenfuumlr Entwicklungslaumlnder ndash bdquoGive us a chanceldquo
Morgan Githinji Vertreter der Laumlndergruppe ACP (Afri-can Caribbean Pacific Group of States) in Bruumlssel be-dankte sich fuumlr die Einladung zu diesem Dialog 79 Laumlnder gehoumlrten zu der ACP-Gruppe den Laumlndern Afrikas der Ka-ribik und der Pazifik-Gruppe ndash allesamt Laumlnder die mitEntwicklungsherausforderungen konfrontiert sind Vielesind unterentwickelte Laumlnder kleine Insel- und Binnenstaa-ten
ACP habe sich mit TTIP befasst und dabei drei Bereichedefiniert die wichtig fuumlr diese Laumlndergruppe sind
Zum einen sei da die Handelsumlenkung Dies betreffevor allem bestimmte Produktbereiche mit besonders hohen
Zoumlllen wie beispielsweise in der Automobilbranche Sokoumlnnten etwa in Suumldafrika produzierte Autos nicht mehr wie bisher in die USA exportiert werden wenn Autoher-steller in Europa aufgrund TTIP guumlnstigere Zoumllle und Kon-
Auf dem Podium diskutierten (von links) Juumlrgen Maier Frank Dollendorf Moderator Pierre RafihMorgan Githinji und Joachim Menze
Frank Dollendorf
Joachim Menze
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Dialogbuumlhne TTIP Muumlnchen 2015 Dokumentation
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ditionen fuumlr ihre Exporte in die USA bekommen wuumlrdenFuumlr Suumldafrika wuumlrde dieser Markt dann wegfallen ndash eineHandelsverlagerung zugunsten Europas befuumlrchtet Git-hinji
Zum zweiten gehe es um die Harmonisierung von Pro-duktstandards zwischen den TTIP-Vertragspartnern DieACP-Vertreter wuumlrden befuumlrchten dass diese Standards all-
maumlhlich in die WTO integriert werden ndash was schlieszliglich zueiner groszligen Handelsbar-riere fuumlr Entwicklungslaumln-der fuumlhren werde Um dieseStandards zu erfuumlllen seienenorme Investitionen in denACP-Staaten zur Verbesse-rung von Fachwissen undProduktqualitaumlt noumltig Au-szligerdem muumlssten Institutio-nen geschaffen werden diedie betroffenen Hersteller
bei der Erfuumlllung der Stan-
dards unterstuumltzen Durchdiese Maszlignahmen wuumlrdenzusaumltzliche Kosten entstehen ndash ein klarer Nachteil fuumlr dieExporte dieser Staaten
Zum dritten wuumlrden sich die Verhandlungen auf das mul-tilaterale Handelssystem auswirken Aus Sicht der ACP-Staaten sei die WTO ein formelles international anerkann-tes Forum fuumlr globale Handelsverhandlungen Auch wenn
bilaterale und regionale Verhandlungen heute gang undgaumlbe seien sei anzumerken dass dies dazu tendierenwuumlrde die geltenden Regelungen innerhalb der WTO zuunterminieren bdquoDas koumlnnte zu Problemen fuumlr viele kleinere
Laumlnder fuumlhren wie ich sie repraumlsentiereldquo so Githinji Daswirke sich auch auf die kommende Mi-nister-Tagung der WTO die fuumlr denDezember geplantist aus Bis heutesei noch nicht ein-mal eine Agendaaufgestellt Ergeb-nisse seien nicht ab-zusehen Weiter be-
fuumlrchtete Githinji dass die bdquoDoha Development Agendaldquo(DDA) ein Schluumlsselthema der WTO in Gefahr gerateweil in den Augen der Hauptakteure des globalen Handelsdie WTO keine Ergebnisse in ihrem Sinne liefere bdquoFuumlr unsschwache Laumlnder ist die WTO gut weil wir darin eineStimme habenldquo betonte Githinji bdquoDort koumlnnen wir unsereBeduumlrfnisse zum Ausdruck bringenldquo Die Hauptakteurehaumltten bereits angedeutet dass auf die DDA gleich ganzverzichtet werden koumlnne wenn auf der Minister-Tagung imDezember in Nairobi keine Einigkeit erzielt werde
Die bdquoAgenda 2063ldquo die in Afrika initiiert wurde sei eineder Antworten auf diese Situation erlaumluterte Ginthinji Wei-ter sei ein bdquoFree Trade Agreementldquo (FTA) geschaffen um
mit den groumlszligeren Wirtschaftsakteuren auf Augenhoumlhe ver-handeln zu koumlnnen bdquoWenn wir uns richtig organisierenkoumlnnen glauben wir dass wir mit unseren Ressourcen inder Lage sind eine verhandlungsfaumlhige Macht darzustel-
lenldquo bezog sich Githinji auf Afrika Wenn die Technologienentwickelt wuumlrden koumlnnten diese Laumlnder ihre Ressourcenauch selber nutzen
Die ACP-Staaten appellierten an die EU und die USAdie Interessen von Entwicklungslaumlndern bei den aktuellenVerhandlungen im Rahmen von TTIP zu beruumlcksichtigenbdquoDas Abkommen darf keineswegs zur Beeintraumlchtigung der
Entwicklungsprozesse unserer Laumlnder fuumlhrenldquo Afrika sollenicht auf eine Rolle als Exporteur von Rohstoffen be-schraumlnkt werden betonte Githinji Ansonsten waumlre eine In-dustrialisierung in diesen Entwicklungslaumlndern nicht moumlg-lich ihre Teilnahme an der globalen Wertschoumlpfungskettewuumlrde sehr schwierig werden bdquoGive us a chanceldquo appel-lierte Githinji
Wollen wir eigentlich immer mehrLiberalisierung Deregulierung Globalisierung
Es sei schoumln wenn nun nach so viel TTIP-Werbung auchein Kritiker zu Wort kommen duumlrfe ergriff Juumlrgen MaierGeschaumlftsfuumlhrer des Forums Umwelt und Entwicklung in
Berlin das Wort Er gehoumlre zu denen die die groszlige De-monstration kuumlrzlich veranstaltet hatten
bdquoVielleicht sind die Entwicklungslaumlnder die Ursachedass es TTIP uumlberhaupt gibtldquo stellte Maier die Vorge-
schichte erst einmal voranUrspruumlnglich sei das wasdie Europaumlische Kommis-sion und die USA in der WTO seit 15 Jahren durch-setzen wollten fuumlr dieWTO gedacht gewesen
Nach einigen Jahren in
denen man das nicht habedurchsetzen koumlnnen habeman in Europa mit der bdquoGlobal-Europe-Strategie2005ldquo offiziell beschlossenbdquojetzt setzen wir auf den Bi-
lateralismus auf den Regionalismus und lassen die WTO jetzt links liegenldquo so Maier Mit der Weigerung der USAdie Doha-Runde uumlber das Jahresende hinaus zu verlaumlngernsei die WTO als Verhandlungsforum nun stillgelegt
Was bedeutet TTIP fuumlr die Entwicklungslaumlnder Hier seier bdquouumlberraschenderweiseldquo der gleichen Meinung wie ProfFelbermayr bdquoNix genaues weiszlig man nichtldquo Erst wenn dasAbkommen fertig sein sollte (bdquowenn es jemals fertig seinsollte was ich nichtglaubeldquo) dann werde mandie Auswirkungen uumlberbli-cken bdquoDie Auswirkungenwerden uumlberwiegend nichtsehr groszlig seinldquo so MaierbdquoEs wird ein paar Gewin-ner und es wird ein paar Verlierer gebenldquo
Aber es sei natuumlrlich ein Baustein beim Versuch den Ent-wicklungslaumlndern eine Politik aufzuzwingen die diesenicht wollten Das werde immer damit verkauft dass man
in Wirklichkeit besser wuumlsste was gut fuumlr sie sei ndash dasnenne man eine bdquomoderne Handelsordnung ndash Man kochtsie weichldquo In den vergangenen 15 Jahren (Anm seit Be-
ginn der Doha-Runde) habe man eine ganze Reihe von sol-
Juumlrgen Maier
Morgan Githinji
bdquoWas wir brau-
chen ist eine neue
HandelspolitikldquoJuumlrgen Maier
bdquoFuumlr uns schwache
Laumlnder ist die WTO
gut weil wir darin
eine Stimme habenldquo
Morgan Githinji
7232019 TTIP - Folgen fuumlr Entwicklungslaumlnder
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Dialogbuumlhne TTIP Muumlnchen 2015 Dokumentation
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chen bilateralen Verhandlungsrunden mit Entwicklungslaumln-dern erlebt Nur mit Laumlndern die nicht gerade durch De-mokratie glaumlnzten seien solche Abkommen erfolgreich ver-handelt worden etwa mit Vietnam oder Singapur In demo-kratischen Laumlndern gaumlbe es groszlige Widerstaumlnde gerade inWestafrika wo viele Laumlnder demokra-tisiert wurden bdquoDa versucht die EU
geradezu mit Erpressungstaktik dieRatifikation dieser Abkommen zu er-zwingenldquo so Maier bdquoDas nennt dasBMZ dann fairen Handel In Wirklich-keit ist es nichts anderes als genau ihr alter Handelldquo regte sich der Berliner auf Der Landwirtschaftsminister setzenoch einen obendrauf und mache sei-nen bdquoMilchexportgipfelldquo wo er seineMilchprobleme durch Export loumlsenwolle bdquoUnd wo geht ein Drittel desdeutschen Milchpulvers heute schonhin Nach Afrikaldquo Es solle offenbar
noch mehr werden ndash bdquofairer Handel ndash agrave la Bundesregierungldquo schimpfte Maier
bdquoWas wir brauchen ist eine neue Handelspolitik Das hatnichts mit TTIP zu tunldquo forderte Maier bdquoEine Handelspo-litik die von den Praumlmissen der Vergangenheit Abstandnimmt und die vor allen Dingen eine demokratische Be-standsaufnahme in Europa voraussetzt Wollen wir eigent-lich immer mehr Liberalisierung Deregulierung Globali-sierung ndash wollen wir das in Europa uumlberhaupt Woher weiszligdie Kommission was die Buumlrger wollenldquo Umfragen sag-ten mittlerweile dass nur noch ein Drittel der BevoumllkerungTTIP haben wolle bdquoAuf welcher Basis geht eine Kommis-
sion dann her und verhandelt geheimldquoAuch die Verhandlungsmandate seien ohne Parlaments-
beteiligung beschlossen worden bdquoDiese Handelspolitik hatkeine demokratische Legitimationldquo Sie finde in der WTOkeine internationale Mehrheit siefinde innenpolitisch keine Mehrhei-ten mehr bdquound deswegen muss eseinen Full Stop geben Es muss einen
Neustart der europaumlischen Handels- politik geben mit anderen Praumlmissenwo es nicht darum geht immer nochmehr multinationalen Konzernenmehr Marktanteile zu ermoumlglichensondern wir brauchen eine gesell-schaftlich legitimierte neue Handels-
politikldquo Auch Praumlmissen wie die Re-gionalisierung von Handelsstroumlmeneine Neuorientierung der Landwirt-schaft weg von der Industrialisierung hin zu einer neuen
baumluerlichen Landwirtschaft wo oumlkologische Haumlndler Vor-reiter sein sollten und nicht als Handelshemmnisse betrach-tet wuumlrden bdquoWir brauchen ein Investitionsrecht wo nichtInvestoren Sonderrechte bekommen sondern wo Rechteund Pflichten gleichmaumlszligig verteilt werden bdquoso wie das fuumlr sie und mich auch istldquo Wenn er als Staatsbuumlrger klagen
wolle muumlsse er sich ans Verwaltungsgericht wenden bdquoDaskann ich Firmen auch zumutenldquo
Zu diesem Neustart werde es auch kommen bdquoweil dieseAbkommen allen voran TTIP keine Mehrheiten finden
werdenldquo In irgendeinem der 29 Parlamente werde es zuerstscheitern ndash bdquodanach wird ein Neustart moumlglich seinldquo DieRegierungen und die Kommission haumltten es in der Handdiesen Neustart rechtzeitig zu starten bdquoohne groszligen Flur-schadenldquo oder bdquoob sie dieses Abkommen gegen die Wand
fahren wollenldquo Leider sei letzteres offensichtlich die Stra-tegie von mehreren Regierungen
Neues Positionspapier der EU veroumlffentlichtAuf diese Statements folgten engagierte Erwiderungen
und auch Fragen aus dem Publikum Zunaumlchst widersprachKommissionsvertreter Joachim Menze den Vorwuumlrfen Mai-ers Das Verhandlungsmandat der Kommission sei oumlffent-lich und stehe auch im Internet so Menze Das Mandatbdquostammt von den demokratisch gewaumlhlten Regierungen der Mitgliedsstaaten ndash und zwar einstimmigldquo Zwischen den
28 Mitgliedsstaaten gaumlbe es da keinen Dissens Zuletztseien auch bestimmte Vorbehalte gegen die Form der In-vestitions-Schiedsgerichte formuliert worden Auch auf-grund der oumlffentlichen Debatte habe die Handelskommis-
sarin Malmstroumlm imSeptember auch einneues Positionspa-
pier veroumlffentlichtdas gerade in Miamiverhandelt werdeDemzufolge solle eseine Handelsge-richtsbarkeit mit Be-rufsrichtern gebenbdquodie grundsaumltzlich inihrem Herkunftsstaatdie Befaumlhigung zumRichteramt haben
muumlssenldquo Bisher sei man hier in den Schiedsgerichten vonzwar registrierten Personen aber uumlberwiegend fruumlheren An-waumllten mit handelsrechtlicher Erfahrung ausgegangen Da-ruumlberhinaus duumlrften diese Schiedsrichter nicht von denStreitparteien ausgesucht werden sondern sollten vorher
bestimmt werden Das Schiedsgericht solle nur zusammen-treten wenn es erforderlich sei Menze sprach von Rich-
tern die in unserem Sinne demokratisch legitimiert seienAuch solle es eine zweite Instanz geben eine bdquoRechts-
uumlberpruumlfungsinstanzldquo die genauso organisiert sein solleEs solle bdquosehr viel klarer definiert werden was eigentlich
Engagierte Podiumsdiskussion
bdquoAllein aus rechtstechnischen
Gruumlnden brauchen wir zum
Schutz fuumlr unsere europaumli-
schen Investitionen in den
USA dieses Verfahren derHandelsgerichtsbarkeitldquo
Joachim Menze
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vor diesem Gericht verhandelt werden kannldquo Es sei oft kol- portiert worden dass es sich um Sonderrechte fuumlr Investo-ren handeln solle bdquoDas ist uumlberhaupt nicht der Fallldquo wi-dersprach Menze bdquoEs geht darum dass Investoren die pro
bono im Glauben an die Stabilitaumlt einer Rechtsordnung zumTeil sehr groszlige Investitionen getaumltigt haben geschuumltzt wer-den vor missbraumluchlicher entschaumldigungsloser Enteignung
und gegen Rechtsverweigerung also Willkuumlrldquo Menze hattedamit vor allem US-Investoren im Blick die in irgendei-nem europaumlischen Land investieren und das dortige Rechts-system nicht beurteilen koumlnnen
Menze glaube dass die nun vorgeschlagene Schiedsge-richtsbarkeit fuumlr Investoren erhebliche Vorteile insbeson-dere fuumlr die neuen Mitgliedsstaaten der EU oder die imSuumlden bringen wuumlrden Umgekehrt gaumlbe es in den USAnicht die Funktion der Ratifizierung durch die einzelnenStaaten wohl aber nachher die Bindung an die Schiedsge-richtsbarkeit wenn etwa ein Bundesstaat spaumlter anderwei-tige Regelungen erlasse bdquoAllein aus rechtstechnischen
Gruumlnden brauchen wir zum Schutz fuumlr unsere europaumlischenInvestitionen in den USA dieses Verfahren der Handelsge-richtsbarkeitldquo begruumlndete Menze Er fuumlhrte fruumlhere groszligeInvestitionen (Raffinerien) aus Spanien in Venezuela alsBeispiel an die nach einem Regierungs- und Politikwech-sel entschaumldigungslos enteignet worden seien Solche Ri-siken duumlrfe man Investoren nicht zumuten
Investitionsschutzabkommen ist interessantEin viel versprechender Vorschlag in den TTIP-Verhand-
lungen sei nach Morgan Githinji die Idee eines Internatio-nalen Investitionsschutzabkommens (International Invest-ment Code IIC) Bisherige Schiedsgerichtsverfahren haumlttenin den meisten Faumlllen zum Nachteil der Staaten gefuumlhrt indenen Investitionen getaumltigt wurden Wenn Handelsschlich-ter zu entscheiden haumltten wuumlrden oft die Regierungen der Entwicklungslaumlnder auf der Strecke bleiben
Githinji findet das IIC sogar fuumlr einige Entwicklungslaumln-der attraktiv bezweifelt allerdings ob dieses realisiertwerde Die Erfahrung zeige Die USA ziere sich wenn sichUS-Buumlrger einer anderen nationalen oder gar internationa-len Jurisdiktion unterwerfen sollen Um seine Einschaumltzungzu untermauern zitierte Githinji das International CriminalCode (ICC) (Anm von 2002) und das Kyoto-Protokoll
(Anm von 1997 ) Beide internationalen Vereinbarungenwurden nicht von den USA ratifiziert
Was ist eigentlich die AlternativeFrank Dollendorf nahm seine eigene Vergangenheit zum
Anlass auf das Jahr 2006 zuruumlck zu blicken Damals sei er aus dem Westen in das bdquowunderbare Bayernldquo gekommen
das bdquoGespenst der Globalisierungldquo sei herumgegangen DieExportleistung Bayerns habe damals 140 Milliarden Euro betragen ndash 2014 seien es bereits 170 Milliarden Euro ge-wesen Die Diskussionen um die Globalisierung seien nicht
wirklich abgeflaut Aber das weltweite Han-deln habe zum Wirtschaftswachstum beige-tragen Wohlstand und auch Arbeitsplaumltzeseien gesichert worden Insbesondere Bayern
befinde sich auf einer sehr hohen Komfort-Ebene Da argumentiere es sich leicht gegenAbkommen die weiteres Wachstum zumZiel haumltten Vor einiger Zeit haumltte ihm einTTIP-Gegner nach einer Diskussion prog-
nostiziert dass er mit den Pro-Argumentennicht durchkomme ndash bdquoweil es uns zu gutgehtldquo
Mit Blick auf die Anfang Oktober abge-schlossenen Verhandlungen zum pazifischen AbkommenTPP verwies Dollendorf darauf dass diese zwoumllf Laumlnder wohl kaum diktatorischem Einfluss unterworfen seienbdquoMan sieht dass die Welt sich veraumlndertldquo
Vor allem dieAussage Felber-mayrs dass manRegeln brauche um
miteinander zuwirtschaften fandDollendorf beson-ders gut Viele neueAspekte ndash auf dieauch Felbermayrszehn Forderungenabzielten seien in TTIP enthalten bdquoEs gab noch nie ein ei-genes Kapitel fuumlr kleine und mittelstaumlndische Unterneh-menldquo so Dollendorf Genau das sei das Hauptklientel der IHK Diesen Unternehmen wolle die IHK auch eine Platt-form fuumlr ihre Erwartungen Befuumlrchtungen und Sorgengeben Dies versuche die IHK im Rahmen einer bdquoTTIP-Ro-adshowldquo durch Bayern aufzufangen Maszliggeblich daran be-teiligt sei Michael Gottschlich vom bayerischen Wirt-schaftsministerium ndash der auch im Publikum saszlig (su)
bdquoWas ist eigentlich die Alternativeldquo fragte DollendorfTTIP sei kein Abkommen zwischen Deutschland und denUSA sondern den Laumlndern der Europaumlischen Union undden USA Es gebe fast 50 Freihandelsabkommen die durchdie EU derzeit betrieben wuumlrden ndash keines davon habe sovielAufmerksamkeit erhalten wie TTIP Den Wunsch sich ein-zubringen bezeichnete Dollendorf als bdquowunderbare Ent-wicklungldquo Immer mehr in den Vordergrund trete auch dasThema bdquopublic valueldquo ndash bdquowas hat die Gesellschaft davonldquo
Auch die Veranstaltung hier diene dazu offene Fragen zuklaumlren Steine aus dem Weg zu raumlumen und mit dem Themavoranzukommen
Kontraumlre Standpunkte wurde auf der Podiumsdiskussion angesprochen
bdquoEs gab noch nie
ein eigenes Kapitel
fuumlr kleine und mit-telstaumlndische Unter-
nehmenldquoFrank Dollendorf
TPP = Trans-Pacific Partnership zwischen zwoumllf Laumlndern Diese Laumlnder sind die USA Australien Brunei Chile Japan Kanada Malaysia Me-xiko Neuseeland Peru Singapur und Vietnam
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Eine Wirtschaftsverfassung fuumlr multinationaleKonzerne
bdquoIn dieser Diskussion werden viele Nebelkerzen gewor-fenldquo erzuumlrnte sich Juumlrgen Maier bdquoGegen Handel als sol-chen hat ja niemand wasldquo sagte er Der Handel zwischenden USA und der EU boome bdquodie intensivste Handelsbe-ziehung der Weltldquo auch die Investitionsstroumlme wuumlrden grouml-
szliger es gaumlbe keine signifikanten Probleme Auf eine parla-mentarische Anfrage im Bundestag und im Europaparla-ment wo etwa Investoren aus Amerika in Europa und um-gekehrt vor Gericht nicht Recht bekommen haumltten haumlttenweder die Kommission noch der Bundeswirtschaftsminister Beispiele nennen koumlnnen
bdquoEs geht um die Einfuumlhrung eines Schiedsgerichtsverfah-rens wo Investoren Sonderrechte bekommen NormaleMenschen haben diese Sonderrechte nichtldquo so Maier bdquoDasist der Punkt um den es geht Lassen Sie sich da keine Maumlr-chen erzaumlhlenldquo Er ver-langte eine balancierteAuslegung zwischen
Rechten und Pflichten85 Entwicklungslaumlnder haumltten vorgeschlageneinen neuen Vertrag uumlber Rechte und Pflichten vonInvestoren und multina-tionalen Konzernen aus-zuhandeln ndash aber dieschaumlrfsten Kritiker seiendie EU und die USA soMaier bdquoEs geht darumdass wir eine globale Wirtschaftsverfassung haben die
heutzutage nicht mehr stimmt die zu sehr einseitig fuumlr mul-tinationale Konzerne ausgerichtet ist ndash und das stoumlszligt immer wieder auf oumlffentliche Kritik ndash darum geht esldquo
Maier verdeutlichte seine Meinung am Beispiel der Landwirtschaft In Deutschland und der EU seien immer mehr Menschen der Meinung der Weg in die Agrarindus-trie fuumlhre in die Irre Man muumlsse zuruumlck zu einer regionali-sierten zu einer baumluerlichen Landwirtschaft ndash bdquound dieagrarindustrielle Massentierhaltung Massenmilchproduk-tion Glyphosat-verseuchte Pestizide insbesondere in Suumld-amerika oder genmanipuliertes Soja wollen die Menscheneinfach nichtldquo Da passe auch ein solches Freihandelsab-kommen nicht wo man Milchmaumlrkte globalisiere wo manSchweinefleischmaumlrkte globalisieren moumlchte etc bdquoDas
passt nicht mehr in die heutige Zeitldquo Die Menschen woll-ten Freihandelsabkommen die regionalisierte Produktevoran treiben bdquoIst das denn illegitim so etwas zu wollenldquofragte Maier bdquoNein das ist im besten Sinne konservativldquoantwortete er sich selbst
Bisher treibe man in Europa noch sozialvertraumlglichenHandel ndash das duumlrfe man nicht uumlber Bord werfen so Maier weiter Niemand duumlrfe solche Abkommen dekretierenweder Kommissionen noch Umweltverbaumlnde bdquoWir brau-chen eine breite Diskussion was sind unsere Werte waswollen wirldquo Das sei keine Marotte verwoumlhnter weicher
Bayern Diese Diskussion werde auf der ganzen Welt ge-fuumlhrt bdquoDiese Handelspolitik wie sie die Kommission unsmit undemokratischen Methoden uumlberziehen will hat keineChanceldquo schloss Maier seinen Diskussionsbeitrag ab
Dass es keine Probleme gibt ndash das ist voumlllig falschbdquoWir erfinden hier nichts Neues Deutschland ist der Er-
finder dieser Investitionsschutzabkommenldquo schaltete sichMichael Gottschlich Referatsleiter im bayerischen Wirt-schaftsministerium (StMWi) aus dem Publikum in die Dis-kussion ein Es gaumlbe viele Laumlnder wo man so ein Instru-ment brauche damit Investoren auf Rechtsstaatlichkeit ver-
trauen koumlnnten Schon seit den 1950er Jahren habeDeutschland solche Abkommen geschlossen um hiesigeInvestoren zu schuumltzen fuumlhrte Gottschlich aus Im 21 Jahr-hundert muumlsse man das ganze System einmal anpassen In-vestoren seien vor indirekter Enteignung zu schuumltzen Auchdie Transparenz der TTIP-Verhandlungen sei verbessertworden bdquoVieles was kritisiert worden ist hat man aufge-griffenldquo so Gottschlich bdquoWir brauchen dieses Instrumentin vielen vielen Laumlndernldquo fuhr er fort Zwischen Deutsch-land und den USA brauche man das Abkommen nicht un-
bedingt ndash aber es gaumlbe einige EU-Staaten da sei das Rechtssystem nichtganz so ausgepraumlgt wie in Deutsch-
land Viele Laumlnder haumltten Investitions-schutzabkommen wuumlrden diese aber auch gerne auf einen aktuellen Stand
bringen bdquoWenn wir ein solches Ab-kommen haben wollen muss es einambitioniertes Instrument seinldquo ver-langte Gottschlich Die Kritikpunktean den alten Abkommen seien jetztaufgegriffen und von der EU-Kom-mission in den Verhandlungen vorge-schlagen worden Zusammen mit
jedem Handelsabkommen solle man ein Investitionsschutz-
abkommen treffen damit man nicht nur die Laumlnder diskri-miniere denen man vielleicht nicht so vertraue
bdquoDass es keine Probleme gibt ndash das ist voumlllig falschldquowarnte Gottschlich davor TTIP aus deutscher Sicht alsnicht notwendig zu bezeichnen bdquoEs gibt viele viele kleine
und mittelstaumlndische Unter-nehmen die koumlnnen keinenHandel mit den USA trei-
benldquo betonte der ExperteViele Probleme wuumlrden imregulatorischen Bereich lie-gen bdquoUnterschiedlicheStandards doppelte Zertifi-zierungsverfahren ndash dastreibt die Kosten fuumlr einkleines mittelstaumlndischesUnternehmen in die HoumlheldquoFuumlr einen groszligen Automo-
bilhersteller sei das keinProblem bedeuteten fuumlr ein kleines Unternehmen aber schnell 20 bis 25 Prozent Mehrkosten bdquoDas ist eine abso-lute Marktzugangshuumlrdeldquo TTIP bringe gerade kleinen undmittelstaumlndischen Unternehmen besondere Vorteile nichtnur den Groszligunternehmen sondern gerade dem Mittel-stand 99 Prozent aller Unternehmen in Deutschland sind
kleine und mittelstaumlndische Unternehmen gewichtete Gott-schlich Nur zu sagen es ging uns doch gut wir braumluchtendas nicht waumlre voumlllig falsch betonte Gottschlich noch ein-mal bdquoWir wollen einfach das abbauen was sich unsinniger
Michael Gottschlich StMWVI
bdquoUnterschiedliche Stan-
dards doppelte Zerti1047297zie-rungsverfahren ndash das treibt
die Kosten fuumlr ein kleines
mittelstaumlndisches Unter-
nehmen in die HoumlheldquoMichael Gottschlich
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Weise in den vergangenen Jahrzehnten aufgebaut hatldquo ver-einfachte Gottschlich das Vorhaben Diese Buumlrokratie dieman nicht brauche abzubauen bringe etwas fuumlr den Wohl-stand die Arbeitsplaumltze und die Menschen in BayernDeutschland und der EU
Uumlbermittlungsprobleme zu Lasten der Bevoumllkerung
Moderator Pierre Rafih draumlngte trotz aller Wichtigkeitdes Themas doch mehr am Titel der Veranstaltung ndash bdquoFol-gen fuumlr Entwicklungslaumlnderldquo zu bleiben bdquoMich wuumlrde vielmehr interessieren wie sinddie Auswirkungen auf dieIndividuenldquo fragte ein Teil-nehmer aus dem PublikumIn Afrika werde es in ein
paar Jahren eine Verdoppe-lung der Bevoumllkerunggeben Wirtschaft seiimmer eine Chance fuumlr Ent-wicklung Besonders in
landwirtschaftlichen Berei-chen verlasse man sich auf afrikanische Exporte Wassei dort zu erwarten wurdeGithinji gefragt
Von den 79 Laumlndern wuumlrden nicht alle zu den Gewinner zaumlhlen erwiderte der ACP-Vertreter Aber wie wuumlrde es beiden aumlrmeren Laumlndern aumlrmeren Bevoumllkerungen aussehendifferenzierte er die Frage Es sei nicht selten der Fall dass
politisches Handeln in den Entwicklungslaumlndern ohne dieEinbindung der bdquoStakeholderldquo erfolge ndash darin liege ein gro-szliges Problem so Githinji Technokraten fuumlhrten die interna-
tionalen Verhandlungen ohne jegliche Konsultation DieUnterhaumlndler wuumlrden nicht uumlber die Kapazitaumlt verfuumlgen dieBeduumlrfnisse und Wuumlnsche ihrer Bevoumllkerung sowie die In-teressen ihrer Laumlnder klar zu vermitteln bdquoWir hatten beivielen Verhandlungen mit Partnern uumlber wirtschaftliche Ko-operation versucht dieses Uumlbermittlungsproblem anzuge-hen indem wir sicherstellten dass all die Nutznieszliger miteinbezogen warenldquo berichtete Githinji Was sich aus sol-chen Verhandlungen ergibt haumlnge von den Machtverhaumllt-nissen zwischen den Parteien ab und von der Moumlglichkeitdiese Macht auszuspielen um das Verhandlungsresultat zu
beeinflussen bdquoIn manchen Faumlllen haben wir die Erfahrunggemacht dass die Gegenpartei den Verhandlungsverlauf und damit auch das zu erzielende Resultat von vornehereinfestlegtldquo so der ACP-Repraumlsentant So sei fuumlr die meistenEntwicklungslaumlnder diese Situation nicht einfach und letzt-lich sei die Bevoumllkerung Leidtragender der beschlossenenVereinbarungen Manche suchten dann auf dem Weg der Migration nach besseren Lebenschancen bdquoDies wird fort-dauern solange wir keine Wirtschaftsentwicklung vorwei-sen koumlnnenldquo Deswegen sei es wichtig Politik-Kohaumlrenzzu gewaumlhrleisten sodass jede Maszlignahme und Entschei-dung die in der EU oder den USA und anderen Industrie-laumlndern getroffen werde nicht negativ auf die Laumlnder desSuumldens und ihre Bevoumllkerung wirke
Verhandlungspartner auf AugenhoumlheDie USA haumltten in den vergangenen Jahren viele Abkom-
men mit Laumlndern getroffen wo man eindeutig von einem
politischen Machtgefaumllle sprechen koumlnne ging JoachimMenze auf die Entwicklungslaumlnder ein Eine einfache Ver-handlungsposition und starke Durchsetzungsfaumlhigkeit sei-tens der USA sei da zu beobachten gewesen Nun seien dieUSA zum ersten Mal in der Situation dass sie es mit einemgleichwertigen Verhandlungspartner auf Augenhoumlhe zu tunhaumltten so Menze Beide Seiten wuumlrden diesmal sehr starke
Interessen einbringen bdquoDas Ergebnis wird ganz sicher alssog Goldstandard in die weiteren Verhandlungen einge-henldquo glaubt der Vertreter der EU-Kommission Wenn manin ein paar Jahren bei-spielsweise mit Bolivienverhandle koumlnne mannichts schlechteres anbie-ten als den USA erlaumlu-terte Menze Das wuumlrdeim internationalen Ver-kehr sonst als Herabwuumlr-digung betrachtet werdenbdquoFuumlr die kleineren nicht
so wirtschaftsstarkenStaaten wird dieses Ab-kommen eine groszlige Be-deutung habenldquo
Abkommen kopieren ist keine Politik fuumlrdas 21 Jahrhundert
bdquoWie koumlnnen sie den Entwicklungslaumlndern helfen dasssie partizipieren koumlnnenldquo kam eine weitere Frage aus demPublikum Wie koumlnne Technologie in diese Laumlnder gebrachtwerden obwohl die Leute dort sehr wenig davon verste-hen Juumlrgen Maier bezeichnete das als einfach bdquoDie Ent-
wicklungslaumlnder koumlnnen in der WTO auf Augenhoumlhe ver-handeln und zu Ergebnissen kommenldquo Da kaumlme man auchzu Ergebnissen die alle Interessen gleichmaumlszligig widerspie-gelten Die Version die die Kommission vorschlage dassarme Laumlnder das Abkommen kopieren koumlnnten sei keinePolitik die im 21 Jahrhundert zukunftsfaumlhig waumlre Mankomme deshalb nicht weiter weil man nicht bereit sei mitRegierungen aus Afrika auf Augenhoumlhe zu verhandeln soMaier weiter
Infrastruktur-Projekte foumlrdernZusammen mit dem Bundeswirtschaftsministerium und
dem BMZ organisiere die IHK Muumlnchen auch Manager-Fortbildungen um Unternehmer aus Bayern und Entwick-lungslaumlndern zusammenzubringen berichtete DollendorfEntwicklungszusammenarbeit sei ein ganz wichtigesThema bdquoEs gibt in Bayern den so genannten EZ-Scout fuumlr Bildungszusammenarbeitldquo so Dollendorf Diese Personhabe nichts anderes zu tun als mit bayerischen Unterneh-men zu uumlberlegen wie man in Schwellenlaumlndern Projektevorantreiben koumlnnte Es gehe darum ganz gezielt loumlsungs-orientierte Maszlignahmen zu ergreifen Am 3 November soDollendorf werde das Afrika-Infrastuktur-Forum bdquoBe myguestldquo (Anm wwwafrikavereinde) durchgefuumlhrt dasgenau den von Prof Felbermayr schon angesprochenen
Mangel in der Infrastruktur vieler Entwicklungslaumlnder fo-kussiere Repraumlsentanten aus neun afrikanischen Laumlndernwuumlrden dort zugegen sein um ihre Infrastruktur-Projektevorzustellen und um Investoren zu werben
bdquoDas Ergebnis
wird ganz sicher
als Goldstandard
in die weiteren
Verhandlungen
eingehenldquoJoachim Menze
Pierrre Rafih moderierte die Podi-umsdiskusison
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Handel ist wichtig aber Freihandel schadetden Entwicklungslaumlndern
bdquoWas ist Entwicklungldquo fragte ein Teilnehmer afrikani-scher Herkunft aus dem Publikum Entwickelte Laumlnder wuumlrde sich aus seiner Sicht durch zwei Aspekte auszeich-nen einen hohen technologischen Stand ndash und dass vieleWirtschaftszweige fuumlreinander produzieren wuumlrden bdquoDiese
interne Verbundenheit ist wesentlichldquo Handel sei wichtigaber Freihandel schade den Entwicklungslaumlndern Auchentwickelte Laumlnder haumltten sich nicht mit Freihandel entwi-ckelt bdquosondern gerade in einem gelenkten Handelldquo DieHandelsstroumlme seien so gelenkt worden dass ihre eigenenWirtschaften nach vorne gebracht wurden Das werde ein-fach voumlllig vergessen
Zwischen Reich und Arm gibt es heute keinewirklichen technologischen Barrieren mehr
Prof Felbermayr fuumlhlte sich angesprochen und antwor-tete direkt darauf bdquoWenn sie das aus der historischen Per-spektive betrachten dann ist das vielleicht auch richtigldquo
Heute lebe man aber in einer Welt wo es keine wirklichentechnologischen Barrieren mehr zwischen Reich und Armgaumlbe Sehr viele Studien wuumlrden bestaumltigen dass institutio-nelle Probleme in den Laumlndern vor Ort der Grund seienwarum diese nicht am Handel teilnehmen wuumlrden Er haltees sogar fuumlr gefaumlhrlich wenn man sage bdquodas ist die boumlseHandelspolitik des Westensldquo Damit wuumlrde man Versaumlum-nisse entschuldigen die vor Ort stattfinden dass Panzer ge-kauft statt Straszligen gebaut werden Das sei aber in vielenarmen Laumlndern bdquoein Stuumlck weit Realitaumltldquo Schon seit demGATT-Abkommen 1947 sei ein zollfreier Marktzugang fuumlr arme Laumlnder geregelt Das habe leider nicht dazu gefuumlhrt
dass es in diesen Laumlndern eine Industrialisierung gegebenhabe Die Frage sei natuumlrlich zu stellen warum dies nichtzu einer Entwicklung gefuumlhrt habe
Ein Stuumlck vorwaumlrts gekommenAbschlieszligend bedankte sich Pierre Rafih noch einmal bei
allen Referenten und Diskussionsteilnehmern sowie demPublikum fuumlr das Interesse Man habe zu diesem sehr kom-
plexen Thema sicher keine endguumlltigen Antworten gebenkoumlnnen bdquoAber ich hoffe dass wir ein paar neue Fragenhaben dass wir ein Stuumlck weit auf dem Weg gekommensind und weiter offen bleiben und nicht mit einer gefestig-ten Meinung nach Hause gehen ndash das ist nicht die Art der Wissenschaft Wir wollen immer weiter forschen und unsselbst fragen was wir tun sollen Ich bin uumlberzeugt dass
jeder von heute Abend etwas mitnehmen wirdldquo
Vernetzt - verlinkt
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SID Chapter Muumlnchensid-munich-chapterorg
Dokumentation des hier beschriebenen Dialogbuumlhne TTIPsid-munich-chapterorgpresse
Hochschule fuumlr Angewandtes Management Erding beiMuumlnchenfhamde
BMZ bmzde
ifo-Institut Muumlnchencesifo-groupde
Vertretung der Europaumlischen Kommission in Muumlncheneceuropaeudeutschlandcommissionofficesmunichindex_dehtm
ACPacpint
IHK MuumlnchenO berbayernmuenchenihkde
Forum Umwelt und Entwicklung Berlinforumuede
Mit freundlicher Unterstuumltzung vonImpressum
ViSdP Gesellschaft fuumlr Internationale Entwicklung (SID) Muumlnchen eVDr F Kayode Salau Peter-Rosegger-Straszlige 29 86415 Meringinfosid-munich-chapterorgRedaktion Dr F Kayode SalauDr Volker Goumlbner (Pressebuumlro Schreib-WUT Neusaumlszlig)
Alle Aussagen auch zu rechtlichen Aspekten geben die Aumluszligerungender jeweiligen Redner(innen) bei der Veranstaltung am 22 Oktober 2015wieder und sind weder sachlich noch juristisch gepruumlft
Internationales Buffet Nach reichlich geistiger Nahrung fuumlr den Kopf kam auch
der Bauch zu seinem Recht Fatima von Kaehne (SchlossBlumenthal bei Aichach) hatte ein ebenso umfangreicheswie leckeres internationales Buffett aufgebaut ZahlreicheGespraumlche in kleinen Kreisen rundeten den Abend ab
Internationales Buffet ndash aus allen Handelszonen der Welt von der Ananas bis zur Zucchini
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noch nicht einmal den Herrn Gorbatschowldquo Schon 1985sei festgelegt worden woruumlber man dann verhandelnwollte Heute seien sich zumindest alle einig dass maneinen bdquomultilateralen Durchbruchldquo eine echte Globalisie-rungsgestaltung fuumlr Alle erreichen wolle Dennoch gaumlbe esinzwischen Widerstaumlnde Schuldzuweisungen uumlber die insStocken geratenen Verhandlungen bringen nichts glaubt
Felbermayr bdquoAber auch in vielen anderen Weltregionen passiert einigesldquo blickte der Wirtschaftsprofessor uumlber den
Tellerrand Er nannte das transpazifische Abkommen zwi-schen den USA Japan und zehn anderen Pazifik-Anrainer-staaten Politisch sei dieses abgeschlossen bdquoder Ratifizie-rungsprozess wird noch muumlhseligldquo Auch in Suumldostasienwerde verhandelt beispielsweise das RCEP ein regiona-les Abkommen zwischen Indien China und anderen Staa-ten in Suumldamerika oder in Afrika Multi- und bilaterale Ab-kommen stehen sich nicht im Wege hielt Felbermayr un-
terschiedliche Verhandlungsdimensionen fuumlr legitim Schondas zehnjaumlhrige Verhandeln des Uruguay-Abkommenshabe zu weiteren regionalen Abkommen gefuumlhrt Fuumlr dieBlockierer seien indessen die Kosten des Blockierens ge-stiegen ndash und der Wunsch des Einlenkens schlieszliglich staumlr-ker geworden Unterschiedliche Abkommen wuumlrden alsoin einem komplementaumlren Verhaumlltnis zueinander stehen
Wie sein Vorredner verwies Felbermayr auf die Groumlszligedes Abkommens das 30 des Welthandels und 45 der globalen Wertschoumlpfung betreffe 30 der Drittlaumlnder wuumlr-den mehr als 50 ihres Exportumsatzes mit der EU undden USA erzielen Dennoch muumlsse klar sein dass TTIP einAbkommen sei bdquodas die Handelsbarrieren zwischen der EU und den USA absenken wirdldquo Aber schon ArtikelXXIV des GATT-Abkommens lege fest dass deshalb dieBarrieren gegenuumlber Dritten nicht steigen duumlrften Effekteauf Drittstaaten duumlrften immer nur indirekte Effekte sein
Solche indirekten Effekte seien nicht so leicht zu fassenmeinte Felbermayr ndash und deshalb sei wohl das ifo-Institutvom BMZ mit der Studie beauftragt worden Man braucheModelle um gegenlaumlufige Mechanismen zu berechnenbdquoZunaumlchst einmal wollen wir sie benennenldquo erklaumlrte Fel-
bermayrZunaumlchst sei da der negative Effekt der bdquoHandelsumlen-
kungldquo Abkommen die nur zwei Bloumlcke mit ihren jeweili-
gen Laumlndern umfassten seien bdquoinhaumlrent diskriminatorischldquoWenn die Barrieren zwischen den Partnern abgesenkt wer-den muumlsse man nichts tun um aktiv Barrieren nach auszligenzu beeinflussen Felbermayr nannte ein Beispiel Werde ein
Keynote Prof Gabriel Felbermayr PhD
bdquoDer Kuchen wird groumlszligerldquo
bdquoIst Globalisierung eine Chance fuumlr die armen Laumlnderldquofragte Prof Gabriel Felbermayr eingangs zu seiner Key-note Die Antwort koumlnne kein pauschales bdquoJaldquo sein bdquoAber die Chance ist daldquo sagte Felbermayr Der Zugang zu inter-
nationalen Maumlrkten sei eine notwendige aber keine hinrei-chende Bedingung fuumlr Entwicklung Es gaumlbe kein Beispielfuumlr ein Land das sich von der Globalisierung abgekapselthabe und eine groszligartige Entwicklung ndash Zuwachs an Wohl-stand Absinken der Kindersterblichkeit und Ruumlckgang vonAnalphabetismus und extremer Armut ndash erlebt habe
Die Rechtssysteme vor Ort die Sozialgesetzgebung Um-weltgesetze die Durchsetzung von Eigentumsrechten der Schutz von Minderheiten und einiges mehr seien wichtigeFaktoren in den jeweiligen Laumlndern um Globalisierung alsChance nutzen zu koumlnnen Die bdquoPartizipation am Welthan-del hat Hunderte von Millionen Menschen aus der Armut
befreitldquo hielt Felbermayr fest auch wenn der kausale Zu-sammenhang nicht immer gleich klar sei Die Teilhabe anWertschoumlpfungsketten helfe auch den Menschen in Ban-gladesch und vielen anderen Laumlndern aus der Armut
Immer wieder tauche der Vorwurf auf dass bdquodie Oumlkono-menldquo meinten die Maumlrkte wuumlrden sich von selbst regulie-ren bdquoWelthandel braucht Regeln ndash Maumlrkte regulieren sichnicht selbstldquo postulierte Felbermayr bdquoRegeln spielen eineganz wichtige Rolleldquo warf er einen Blick auf verschiedeneHandelsabkommen nicht nur Zoumllle oder der MarktzutrittZu diesen Regeln gehoumlre auch der Schutz geistigen Eigen-tums der Datenschutz wettbewerbsrechtliche RegelnSchutz von Auslandsinvestitionen sowie Regeln zu Um-
welt Arbeitsrecht oder Menschenrechten Bisherige Ab-kommen seien in der Regel nicht so umfassend gewesenwie solche uumlber die heute verhandelt werde ob TTIP oder andere
TTIP treibe zwar inBerlin die Massen auf die Straszlige (wie Felm-
berg zuvor ausgefuumlhrthatte) und sei in vielenGesellschaftsschichtenein wichtiges ThemaDabei werde aber haumlu-
fig vergessen dassTTIP bdquoein Baustein istauf einer sehr viel laumln-geren Reiseldquo TTIP seiein Baustein zu einer modernen Welthandelsordnung soFelbermayr Erst wenn die Texte des Abkommens nach demEnde der Verhandlungen auf dem Tische laumlgen koumlnne man
beurteilen ob TTIP tatsaumlchlich dieser Baustein sei oder dasGegenteil schraumlnkte er ein
Die aktuellen Regeln des Welthandels seien jedoch be-reits 20 oder 30 Jahre alt Als das Uruguay-Abkommen daszur Gruumlndung der WTO (World Trade Organisation) fuumlhrte
verhandelt worden sei (1986 bis 1994) bdquogab es im Kreml
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5 Regional Comprehensive Economic Partnership General Agreement on Tariffs and Trade
Prof Gabriel Felbermayr vom ifo-Institut
bdquoWelthandel
braucht Regeln ndash
Maumlrkte regulie-
ren sich nicht
selbstldquoProf Gabriel Felbermayr
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bisheriger Zoll etwa zwischen Rumaumlnien und den USA fuumlr Schuhe von bisher 30 auf Null Prozent abgesenkt dann be-deute dies einen Marktvorteil Fuumlr andere Lieferanten etwaKambodscha werde dies zu einem Verlust von Marktan-teilen fuumlhren Das sei das Problem und daher gebe es aucheine groszlige Diskussion Ausschlagegebend sei hier die Houmlheder Zoumllle Bei niedrigen Zoumlllen wuumlrde sich die Marktsitua-
tion nicht wesentlich aumlndern so Felbermayr Wenn manaber Bereiche betrachte wo weder die USA noch die EUeigene Produktionen haben bdquodenken Sie an tropischeFruumlchte oder an Gummildquo dann koumlnne es da diese Handels-umlenkungseffekte nicht geben
Ein anderer Effekt sei der bdquoEinkommenseffektldquo bdquoDer ist positivldquo so Felbermayr bdquoWir machen ja TTIP mit demWunsch in Europa und den USA die Prosperitaumlt ndash houmlhereEinkommen ndash zu sichernldquo Viele bezweifelten das und essei keine trivialeUumlbung das auch mitZahlen zu untermau-ern solange man
nicht wisse was spauml-ter im Text stehenwerde Es gaumlbe bdquona-tuumlrlich Unsicherhei-ten das will ich gar nicht bezweifelnldquo
Aus anderen bilateralen regionalen und globalen Ab-kommen wisse man jedoch dass in diesen Laumlndern houmlhereEinkommen daraus resultiert hatten Felbermayr fuumlhrte alsBeispiel den Beitritt Oumlsterreichs zur EU vor 20 Jahren an
Natuumlrlich habe das in Oumlsterreich den Wohlstand erhoumlht Houml-here Einkommen wuumlrden sich auch darin ausdruumlcken dass
dann auch mehr Geld fuumlr Guumlter aus den Drittstaaten ausge-geben werde Ob Konsumguumlter wie tropische Fruumlchte oder Vorprodukte etwa fuumlr die Automobilproduktion RohstoffeDienstleistungen ausEntwicklungslaumlndernoder im Tourismus ndash das sei einerlei bdquoHier ist die Einkommens-
prosperitaumlt hochldquoWenn die Einkommensteigen werde uumlberpro-
portional in diesen Be-reichen mehr Geld aus-gegeben Mit Nach-druck muumlsse man da-rauf hinweisen dass vom Produktivitaumltswachstum in einer Region auch andere Regionen profitieren koumlnnten so Fel-
bermayr Dass Wachstum in einem Land zum Nachteileines anderen Landes erfolge ndash bdquodiese Idee ist hundert Malwiderlegtldquo Felbermayr fasste zusammen bdquoGlobalisierungist kein Nullsummenspiel Der Kuchen wird groumlszligerldquo
Der Oumlkonom stellte nun Handelsumlenkungseffekte denEinkommenseffekten gegenuumlber Dazu muumlsse man logischeZusammenhaumlnge beachten bdquoEntweder ist TTIP ineffektivdann wird es keine Einkommenseffekte bringen Wenn es
die Wirtschaftsverhaumlltnisse nicht aumlndert wird es auch keineHandelsumlenkungseffekte bringen Dann ist es einfach eingescheitertes Abkommen weder gut noch schlecht Oder aber TTIP ist effektiv und schafft tatsaumlchlich Produktivi-
taumltssteigerungen dann sind potentiell substantielle Einkom-menseffekte in der EU und den USA zu erwarten dann sindauch starke Handelsumlenkungseffekte zu erwartenldquo An-dere Kombinationen seien nicht logisch
Felbermayr wandte sich quantitativen Abschaumltzungen zuBei fruumlheren Studien zum Thema habe man viel weniger uumlber TTIP gewusst als heute die Verhandlungen hatten
noch nicht einmal begonnen und die Kernbereiche warennoch nicht absehbar Damals 2013 habe eine ifo-Studiegesagt dass bdquonegative Drittstaateneffekte sehr wahrschein-lich sein koumlnntenldquo Das habe auch dazu beigetragen die oumlf-fentliche Aufmerksamkeit auf ein Problem zu lenken DieEU-Kommission hatte eine Studie bei einem englischenThink tank in Auftrag gegeben (CEPR 2013) die zum Er-gebnis kam bdquoTTIP waumlre fuumlr die Entwicklungslaumlnder eineBonanzaldquo Der groszlige Gewinner aus dieser Studie waumlren
nicht die EU oder die USA sondern Indo-nesien Da tue er sich schwer das zu erklauml-ren so Felbermayr Beide Studien wuumlrdenextreme Annahmen machen Die ifo-Stu-
die habe eine sehr langfristige Perspektiveeingenommen Spezialisierungseffekteseien darin nicht modelliert Die andereStudie wuumlrde von einer starken multilate-ralen Wirkung ausgehen Ein Absenken der Handelskosten zwischen den USA und der
EU wuumlrde automatisch zu einem Absenken der Handels-kosten mit anderen Laumlndern fuumlhren einem sog bdquoSpill-overldquo Wenn man dies so betrachte kaumlme man tatsaumlchlichzu einer Bonanza
Betrachte man die bisherige Entwicklung der EU somuumlsse man feststellen dass nicht alle Standards die in der
EU eingefuumlhrt wurden von Drittlaumlndern eingehalten wer-den konnten und diese so nicht mehr in die EU liefernkonnten Wenn man meint TTIP koumlnnte gemeinsame Stan-
dards bringen dann waumlre es moumlglich dass diese fuumlr Dritt-laumlnder zu hoch sind Andererseits wolle man keine niedri-gen Standards im transatlantischen Handel vereinbarenbdquonur damit Drittlaumlnder nicht diskriminiert werdenldquo DieRealitaumlt werde die Komplexitaumlt einholen glaubt Felber-mayr Die Widerstaumlnde auf beiden Seiten des TTIP-Ver-handlungstisches seien groszlig bdquoGemeinsame Standards sindwenig wahrscheinlichldquo Eher werde es zur gegenseitigenAnerkennung von Standards kommen bdquoDa kommt es dannwieder auf das beruumlhmte Kleingedruckte anldquo Was sei mit
Produkten die zwar nach einem dieser Standards gefertigtwerden aber aus einem Drittland kommen bdquoDas wissenwir nichtldquo Hier koumlnne man nur hoffen und Forderungenaufstellen
Dialogbuumlhne TTIP Muumlnchen 2015 Dokumentation
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bdquoFuumlr die Welt insgesamt
ist TTIP kein Nullsummen-
spiel Die Welt insgesamt
wird reicherldquoProf Gabriel Felbermayr
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Auch die Wertschoumlpfungsketten seien ein wichtiges Ele-ment in der Diskussion Die Struktur der Importe der EUaus Entwicklungslaumlndern korreliere nur schwach mit der Struktur der Importe aus den USA Daher sollte man keineallzu groszligen Verdraumlngungseffekte feststellen koumlnnen Man-che Drittlaumlnder seien schon heute stark in die Wertschoumlp-
fungsketten der EU oder USA integriert weil sie bilateraleAbkommen haben (Mexiko durch NAFTA die Tuumlrkeidurch die europaumlische Zollunion) Die Firma Leoni produ-ziere beispielsweise Kabelbaumlume fuumlr die deutsche Automo-
bilindustrie in Marokko Sollte die deutsche Autoindustrievielleicht durch TTIP (bdquonach dem VW-Skandalldquo) weiter wachsen dann wuumlrden die Kabelbaumproduzenten mitge-zogen erlaumluterte Felbermayr Handelsumlenkungseffektedie sicher stattfinden wuumlrden wuumlrden in vielen Laumlndernwohl nicht dominant sein bdquoDas Bild das man erhaltenwird wird ein gemischtes seinldquo
Neuere Studien wuumlrden diese Zweideutigkeit staumlrker ab- bilden die Felbermayr gerade herausgearbeitet hattebdquoManche Entwicklungslaumlnder verlieren manche gewin-nenldquo so die lapidare Zusammenfassung Uumlber die Groumlszligen-ordnung ein Prozent ein halbes oder zwei Prozent dakoumlnne man streiten Man muumlsse die Entwicklung dieser Laumlnder auch unter dem Aspekt bdquobusiness as usualldquo (ohne
TTIP) betrachten zum Vergleich dann mit TTIP TTIP seiim Vergleich zu vielen Abkommen die mit Entwicklungs-laumlndern schon bestehen wuumlrden wirtschaftlich eher unbe-deutend fuumlr diese Wenn der asiatische Raum das RCEP-Abkommen verhandele bdquodann ist das ungleich wichtiger als TTIPldquo betonte Felbermayr Gleiches gelte fuumlr andereregionale Abkommen wie auch solche die China und dieUSA im pazifischen Raum betreffen
Felbermayr zeigte mit einer Weltkarte welche Laumlnder von TTIP langfristig profitieren wuumlrden und welche nichtDie Laumlnder der Nordhalbkugel waren da gruumln gefaumlrbt fuumlr steigende Pro-Kopf-Einkommen die USA mit einem Zu-wachs von 27 die EU mit 21 dazu auch viele Laumlnder
in Afrika Mittelost und Asien Etliche wuumlrden gar keineVeraumlnderung erfahren und einige ein geringeres Realein-kommen verzeichnen muumlssen Der Durchschnitt der Nicht-TTIP-Laumlnder war mit - 003 angegeben bdquoDiese Land-karte sieht anders aus als die die wir vor drei Jahren pro-duziert habenldquo ging Felbermayr auf die veraumlnderten Er-gebnisse neuer und alter Studien ein bdquoFuumlr die Welt insge-samt ist TTIP kein Nullsummenspiel Die Welt insgesamtwird reicher Insgesamt wird der Kuchen mehrldquo fasste Fel-
bermayr die prognostizierten Ergebnisse fuumlr die Welt zu-sammen
Prof Gabriel Felbermayr hatte die weltweiten Effekte von TTIP in einer Simulation durchgerechnet Waumlhrend langfristig die TTIP-Laumlnder (EU und USA)mit einem Zuwachs zwischen zwei und drei Prozent rechnen koumlnnen mittelt sich der Nachteil fuumlr Nicht-TTIP-Laumlnder etwa auf plusminus Null
Prof Gabriel Felbermayr
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Felbermayr verglich die voraussichtlichen Wachstums-raten einiger Laumlnder in Form einer groben Abschaumltzung Sowachsen etwa Kambodscha China oder Indien um jaumlhrlichfuumlnf bis 75 Prozent Akkumuliert auf zehn Jahre wuumlrdesich dies auf Zuwachswerte von 60 bis 100 Prozent sum-mieren Der Einfluss dort von TTIP nach zehn Jahren (so-lange wuumlrde ein Abkommen brauchen um Auswirkungen
zu zeigen) betrage zwischen -01 und -05 Prozent DasRCEP-Abkommen werde hingegen zu einem Wachstums- plus nach zehn Jahren von 15 bis fuumlnf Prozent fuumlhrenbdquoEine existentielle Bedrohung fuumlr Entwicklungslaumlnder ausTTIP abzuleiten ist einfach Unfugldquo folgerte Felbermayr aus diesen Zahlen bdquoTTIP muss man als Baustein sehenDas ist nicht das einzige was in der Welt passiertldquo
Fuumlr Deutschland insbesondere die Automobil-Industriesei dieser Einigungsprozess im asiatischen Raum gar nichtgut warf Felbermayr einen Blick aus der hiesigen Warteauf RCEP
10 Punkte auf dem Weg zu einem
fairen WelthandelssystemUm TTIP zu einem Baustein fuumlr ein faires Welthandels-
system zu machen stellte Felbermayr zehn Forderungenauf Die ersten vier fasste er unter dem Motto bdquoHandelsum-lenkungseffekte minimierenldquo zusammen1 TTIP muss so gestaltet werden dass Handelsumlen-
kungseffekte minimiert werden Dafuumlr muumlssten Ur-sprungsregeln groszligzuumlgig ausgestaltet werden Dies be-treffe die Frage wann ein Gut ein europaumlisches Gut seiund zollfrei in die USA exportiert werden koumlnne Solltezu viel Vorleistung darin stecken koumlnnte es sonst nichtals bdquoeuropaumlisches Gutldquo anerkannt werden bdquoDie Frage ist
Wo setzt man da die Grenzen anldquo Vor allem die deutscheEntwicklungspolitik muumlsse hier dahinter her sein DasFreiverkehrsprinzip koumlnne eine Loumlsung sein Nur wo sichAuszligenzoumllle der USA und der EU hinreichend unterschei-den wuumlrden sei eine Ursprungsregel sinnvoll
2 Die gegenseitige Anerkennung von Standards muumlsste auf Drittstaaten ausgedehnt werden Denn sonst habe einProdukt das in Marokko nach amerikanischen Standardshergestellt werde keine Chance bdquoMan muss weg vomHerkunftslandprinzip hin zu einem produktbezogenenStandardprinzipldquo Auch da koumlnne Deutschland massiv
profitieren Denn dann braumluchte man globale Zertifizie-rungsstellen ndash ein Bereich in dem Deutschland dank sei-ner Ingenieure oder dem in vielen Laumlndern der Welt ak-tiven TUumlV schon lange aktiv ist
3 bdquoDie dritte Forderung waumlre Transparenz TransparenzTransparenzldquo Auch bdquodie Auszligenseiterldquo muumlssten wissenwas geplant werde und muumlssten ihre Stimme ndash ob nunals Verhandlungspartner oder nicht ndash erheben koumlnnen
4 Die Doha-Runde muumlsse man schlieszliglich thematisch ver-schlanken und abschlieszligen
Die naumlchsten beiden Forderungen uumlberschrieb Felbermayr mit bdquoHandelschaffungseffekte maximierenldquo5 Man solle versuchen die Entwicklungslaumlnder staumlrker in
die deutschen und europaumlischen Wertschoumlpfungsketteneinzubinden Darin koumlnne man das BMZ und andere Or-ganisationen nur bestaumlrken bdquoDas bedeutet haumlufig aberdass vor Ort Reformen stattfinden muumlssenldquo Hindernis
Nummer eins sei immer dass vor Ort die Infrastruktur fehle und meist nur Kuumlstenregionen integriert werdenkoumlnnten Da muumlsse man uumlber Infrastrukturfinanzierungsprechen
6 Nord-Suumld-Handelsabkommen der EU (und ihrer Laumlnder)wuumlrden dazu fuumlhren dass vor allem arme Drittstaatenstaumlrker in die Wertschoumlpfungsketten kaumlmen
Den dritten Bereich stellteFelbermayr schlieszliglichunter den Begriff bdquoFair-nessldquoFairness sei fuumlr Oumlkonomenein riesen Problem bdquoWir wissen nicht was das istldquoging Felbermayr von wis-senschaftlicher Seite auf diefehlende Definition einHier komme es oft auf diePerspektive an
7 TTIP duumlrfe keine bdquoWirt-schafts-NATOldquo sein
8 Perspektiven fuumlr die Oumlff-nung von TTIP fuumlr Drittstaaten muumlssen glaubwuumlrdig ver-ankert werden bdquoDas bedeutet nicht dass man Drittstaa-ten heute mit an den Verhandlungstisch lassen mussldquoVerschiedene Laumlnder haumltten bereits ihr Interesse an einemBeitritt angemeldet
9Suumld-Suumld-Freihandelsabkommen muumlssten unterstuumltzt wer-den insbesondere in Afrika Mit Know-how koumlnne mansich dort engagieren
10 bdquoDie WTO muss sich noch staumlrker als bisher als sbquoCoachrsquo
und Anwalt kleiner und armer Laumlnder stark machenldquo DasMandat dafuumlr habe die WTO Von den 160 Mitgliedslaumln-dern seien rund 100 Entwicklungslaumlnder blickte Felber-mayr auf die dortige Gewichtung bdquoDas Gewicht ist daSie muumlssen nur ihre Stimme erheben ndash und ich denkedas koumlnnen sie auchldquo schloss Prof Bernhard Felbermayr seine Ausfuumlhrungen
Gabriel Felbermayr stellte zehnForderungen zu TTIP auf
Bronzene Waumlchter am Veranstaltungsort Prof Dr Werner Heisenbergund Prof Dr Max Planck die Namensgeber des Instituts wo die Dialog-buumlhne des SID stattfand
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PodiumsdiskussionPro und Contra TTIP
Seit Jahren bewege TTIP die Men-schen die Resonanz in Medien undPolitik sei sehr groszlig leitete PierreRafih von der Hochschule fuumlr Ange-wandtes Management Erding einemder beiden Veranstalter der Dialog-
buumlhne die Podiumsdiskussion ein Beiderart komplexen Themen sei es wich-tig sich zu informieren und von Ex-
perten beraten zu lassen nicht nur auf Meinungen zu setzen Vier Expertensollten daher das Thema auf dem Po-dium von verschiedenen Seiten be-leuchten Rafih stellte sie vorbull Joachim Menze Leiter der Vertretung der Europaumli-
schen Kommission in Muumlnchenbull Morgan Githinji Senior Expert in Multilateral Trade
der ACP ndash African Caribbean Pacific Group of StatesBrussels Office
bull Frank Dollendorf Leiter Bereich Auszligenwirtschaft der Industrie- und Handelskammer (IHK) fuumlr Muumlnchenund Oberbayern
bull Juumlrgen Maier Geschaumlftsfuumlhrer des Forums Umwelt undEntwicklung Berlin
Angeglichene Standards senken die Kostenauch in Drittstaaten
Die Kommission gehe davon aus dass TTIP auf Ent-wicklungslaumlnder wenig Auswirkungen habe ndash und wenn
dann positive brachte Joachim Menze (Leiter der Vertre-tung der Europaumlischen Kommission in Muumlnchen) die Bruumls-seler Perspektive auf einen Nenner Der Handel zwischender EU und den USA stehenicht wirklich in Konkur-renz zu den Produkten ausdieser Staatengruppe DieErleichterung des transat-lantischen Handels wuumlrdenicht dazu fuumlhren dass der Handel mit anderen Staatenerschwert wird bdquoGanz imGegenteil Wir gehen
davon aus dass angegli-chene Standards zwischender EU und den USA auchfuumlr Produzenten in Dritt-staaten zu Kostensenkungen fuumlhren da eben nicht mehr un-terschiedliche Standards bedient werden muumlssenldquo
25 der Arbeitsplaumltze in Bayern sind vominternationalen Handel abhaumlngig
Die IHK Muumlnchen und Oberbayern ist mit rund 400000Mitgliedern die groumlszligte IHK Deutschlands ndash was schlichtdem sehr gut prosperierenden Standort geschuldet sei Das
internationale Geschaumlft boome so Frank Dollendorf (Leiter Bereich Auszligenwirtschaft der Industrie und Handelskammer IHK fuumlr Muumlnchen und Oberbayern) Das Bruttoinlandspro-dukt des Freistaates betrage 522 Milliarden Euro (im Jahr
2014) ndash bdquo50 Prozent davon werden im Ausland generiertldquoso Dollendorf 22 Prozent houmlhere Loumlhne als im internatio-nalen Vergleich wuumlrden in dieser Region bezahlt 25 Pro-zent der Arbeitsplaumltze seien vom internationalen Handel ab-
haumlngig Es werde nicht uumlberraschen dass er als Vertreter einer IHK daher grundsaumltzlich fuumlr den Freihandel eintrete
Wichtig seien in diesem Zusammenhang die Themen Nachhaltigkeit und die Ver-antwortung des Unterneh-mers und der WirtschaftSchon das IHK-Grundge-setz von 1956 schreibe festdass die IHK bdquofuumlr die Wah-rung von Anstand und Sittedes ehrbaren Kaufmanns
beizuwirkenldquo hat Der alt-
hergebrachte Begriff desbdquoehrbaren Kaufmannsldquo seiaktueller denn je so Dol-lendorf Die Verantwor-tung die ein ehrbarer Kauf-mann an den Tag legen sollte hat mit Nachhaltigkeit zutun Das Nachhaltigkeitsthema sei daher innerhalb vonTTIP ein wichtiger Aspekt Bei den momentanen Diskus-sionen der Verhandlungspartner in Miami sei es daher wichtig dieses Thema aufzugreifen
Standards werden zu Handelsbarrierenfuumlr Entwicklungslaumlnder ndash bdquoGive us a chanceldquo
Morgan Githinji Vertreter der Laumlndergruppe ACP (Afri-can Caribbean Pacific Group of States) in Bruumlssel be-dankte sich fuumlr die Einladung zu diesem Dialog 79 Laumlnder gehoumlrten zu der ACP-Gruppe den Laumlndern Afrikas der Ka-ribik und der Pazifik-Gruppe ndash allesamt Laumlnder die mitEntwicklungsherausforderungen konfrontiert sind Vielesind unterentwickelte Laumlnder kleine Insel- und Binnenstaa-ten
ACP habe sich mit TTIP befasst und dabei drei Bereichedefiniert die wichtig fuumlr diese Laumlndergruppe sind
Zum einen sei da die Handelsumlenkung Dies betreffevor allem bestimmte Produktbereiche mit besonders hohen
Zoumlllen wie beispielsweise in der Automobilbranche Sokoumlnnten etwa in Suumldafrika produzierte Autos nicht mehr wie bisher in die USA exportiert werden wenn Autoher-steller in Europa aufgrund TTIP guumlnstigere Zoumllle und Kon-
Auf dem Podium diskutierten (von links) Juumlrgen Maier Frank Dollendorf Moderator Pierre RafihMorgan Githinji und Joachim Menze
Frank Dollendorf
Joachim Menze
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Dialogbuumlhne TTIP Muumlnchen 2015 Dokumentation
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ditionen fuumlr ihre Exporte in die USA bekommen wuumlrdenFuumlr Suumldafrika wuumlrde dieser Markt dann wegfallen ndash eineHandelsverlagerung zugunsten Europas befuumlrchtet Git-hinji
Zum zweiten gehe es um die Harmonisierung von Pro-duktstandards zwischen den TTIP-Vertragspartnern DieACP-Vertreter wuumlrden befuumlrchten dass diese Standards all-
maumlhlich in die WTO integriert werden ndash was schlieszliglich zueiner groszligen Handelsbar-riere fuumlr Entwicklungslaumln-der fuumlhren werde Um dieseStandards zu erfuumlllen seienenorme Investitionen in denACP-Staaten zur Verbesse-rung von Fachwissen undProduktqualitaumlt noumltig Au-szligerdem muumlssten Institutio-nen geschaffen werden diedie betroffenen Hersteller
bei der Erfuumlllung der Stan-
dards unterstuumltzen Durchdiese Maszlignahmen wuumlrdenzusaumltzliche Kosten entstehen ndash ein klarer Nachteil fuumlr dieExporte dieser Staaten
Zum dritten wuumlrden sich die Verhandlungen auf das mul-tilaterale Handelssystem auswirken Aus Sicht der ACP-Staaten sei die WTO ein formelles international anerkann-tes Forum fuumlr globale Handelsverhandlungen Auch wenn
bilaterale und regionale Verhandlungen heute gang undgaumlbe seien sei anzumerken dass dies dazu tendierenwuumlrde die geltenden Regelungen innerhalb der WTO zuunterminieren bdquoDas koumlnnte zu Problemen fuumlr viele kleinere
Laumlnder fuumlhren wie ich sie repraumlsentiereldquo so Githinji Daswirke sich auch auf die kommende Mi-nister-Tagung der WTO die fuumlr denDezember geplantist aus Bis heutesei noch nicht ein-mal eine Agendaaufgestellt Ergeb-nisse seien nicht ab-zusehen Weiter be-
fuumlrchtete Githinji dass die bdquoDoha Development Agendaldquo(DDA) ein Schluumlsselthema der WTO in Gefahr gerateweil in den Augen der Hauptakteure des globalen Handelsdie WTO keine Ergebnisse in ihrem Sinne liefere bdquoFuumlr unsschwache Laumlnder ist die WTO gut weil wir darin eineStimme habenldquo betonte Githinji bdquoDort koumlnnen wir unsereBeduumlrfnisse zum Ausdruck bringenldquo Die Hauptakteurehaumltten bereits angedeutet dass auf die DDA gleich ganzverzichtet werden koumlnne wenn auf der Minister-Tagung imDezember in Nairobi keine Einigkeit erzielt werde
Die bdquoAgenda 2063ldquo die in Afrika initiiert wurde sei eineder Antworten auf diese Situation erlaumluterte Ginthinji Wei-ter sei ein bdquoFree Trade Agreementldquo (FTA) geschaffen um
mit den groumlszligeren Wirtschaftsakteuren auf Augenhoumlhe ver-handeln zu koumlnnen bdquoWenn wir uns richtig organisierenkoumlnnen glauben wir dass wir mit unseren Ressourcen inder Lage sind eine verhandlungsfaumlhige Macht darzustel-
lenldquo bezog sich Githinji auf Afrika Wenn die Technologienentwickelt wuumlrden koumlnnten diese Laumlnder ihre Ressourcenauch selber nutzen
Die ACP-Staaten appellierten an die EU und die USAdie Interessen von Entwicklungslaumlndern bei den aktuellenVerhandlungen im Rahmen von TTIP zu beruumlcksichtigenbdquoDas Abkommen darf keineswegs zur Beeintraumlchtigung der
Entwicklungsprozesse unserer Laumlnder fuumlhrenldquo Afrika sollenicht auf eine Rolle als Exporteur von Rohstoffen be-schraumlnkt werden betonte Githinji Ansonsten waumlre eine In-dustrialisierung in diesen Entwicklungslaumlndern nicht moumlg-lich ihre Teilnahme an der globalen Wertschoumlpfungskettewuumlrde sehr schwierig werden bdquoGive us a chanceldquo appel-lierte Githinji
Wollen wir eigentlich immer mehrLiberalisierung Deregulierung Globalisierung
Es sei schoumln wenn nun nach so viel TTIP-Werbung auchein Kritiker zu Wort kommen duumlrfe ergriff Juumlrgen MaierGeschaumlftsfuumlhrer des Forums Umwelt und Entwicklung in
Berlin das Wort Er gehoumlre zu denen die die groszlige De-monstration kuumlrzlich veranstaltet hatten
bdquoVielleicht sind die Entwicklungslaumlnder die Ursachedass es TTIP uumlberhaupt gibtldquo stellte Maier die Vorge-
schichte erst einmal voranUrspruumlnglich sei das wasdie Europaumlische Kommis-sion und die USA in der WTO seit 15 Jahren durch-setzen wollten fuumlr dieWTO gedacht gewesen
Nach einigen Jahren in
denen man das nicht habedurchsetzen koumlnnen habeman in Europa mit der bdquoGlobal-Europe-Strategie2005ldquo offiziell beschlossenbdquojetzt setzen wir auf den Bi-
lateralismus auf den Regionalismus und lassen die WTO jetzt links liegenldquo so Maier Mit der Weigerung der USAdie Doha-Runde uumlber das Jahresende hinaus zu verlaumlngernsei die WTO als Verhandlungsforum nun stillgelegt
Was bedeutet TTIP fuumlr die Entwicklungslaumlnder Hier seier bdquouumlberraschenderweiseldquo der gleichen Meinung wie ProfFelbermayr bdquoNix genaues weiszlig man nichtldquo Erst wenn dasAbkommen fertig sein sollte (bdquowenn es jemals fertig seinsollte was ich nichtglaubeldquo) dann werde mandie Auswirkungen uumlberbli-cken bdquoDie Auswirkungenwerden uumlberwiegend nichtsehr groszlig seinldquo so MaierbdquoEs wird ein paar Gewin-ner und es wird ein paar Verlierer gebenldquo
Aber es sei natuumlrlich ein Baustein beim Versuch den Ent-wicklungslaumlndern eine Politik aufzuzwingen die diesenicht wollten Das werde immer damit verkauft dass man
in Wirklichkeit besser wuumlsste was gut fuumlr sie sei ndash dasnenne man eine bdquomoderne Handelsordnung ndash Man kochtsie weichldquo In den vergangenen 15 Jahren (Anm seit Be-
ginn der Doha-Runde) habe man eine ganze Reihe von sol-
Juumlrgen Maier
Morgan Githinji
bdquoWas wir brau-
chen ist eine neue
HandelspolitikldquoJuumlrgen Maier
bdquoFuumlr uns schwache
Laumlnder ist die WTO
gut weil wir darin
eine Stimme habenldquo
Morgan Githinji
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Dialogbuumlhne TTIP Muumlnchen 2015 Dokumentation
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chen bilateralen Verhandlungsrunden mit Entwicklungslaumln-dern erlebt Nur mit Laumlndern die nicht gerade durch De-mokratie glaumlnzten seien solche Abkommen erfolgreich ver-handelt worden etwa mit Vietnam oder Singapur In demo-kratischen Laumlndern gaumlbe es groszlige Widerstaumlnde gerade inWestafrika wo viele Laumlnder demokra-tisiert wurden bdquoDa versucht die EU
geradezu mit Erpressungstaktik dieRatifikation dieser Abkommen zu er-zwingenldquo so Maier bdquoDas nennt dasBMZ dann fairen Handel In Wirklich-keit ist es nichts anderes als genau ihr alter Handelldquo regte sich der Berliner auf Der Landwirtschaftsminister setzenoch einen obendrauf und mache sei-nen bdquoMilchexportgipfelldquo wo er seineMilchprobleme durch Export loumlsenwolle bdquoUnd wo geht ein Drittel desdeutschen Milchpulvers heute schonhin Nach Afrikaldquo Es solle offenbar
noch mehr werden ndash bdquofairer Handel ndash agrave la Bundesregierungldquo schimpfte Maier
bdquoWas wir brauchen ist eine neue Handelspolitik Das hatnichts mit TTIP zu tunldquo forderte Maier bdquoEine Handelspo-litik die von den Praumlmissen der Vergangenheit Abstandnimmt und die vor allen Dingen eine demokratische Be-standsaufnahme in Europa voraussetzt Wollen wir eigent-lich immer mehr Liberalisierung Deregulierung Globali-sierung ndash wollen wir das in Europa uumlberhaupt Woher weiszligdie Kommission was die Buumlrger wollenldquo Umfragen sag-ten mittlerweile dass nur noch ein Drittel der BevoumllkerungTTIP haben wolle bdquoAuf welcher Basis geht eine Kommis-
sion dann her und verhandelt geheimldquoAuch die Verhandlungsmandate seien ohne Parlaments-
beteiligung beschlossen worden bdquoDiese Handelspolitik hatkeine demokratische Legitimationldquo Sie finde in der WTOkeine internationale Mehrheit siefinde innenpolitisch keine Mehrhei-ten mehr bdquound deswegen muss eseinen Full Stop geben Es muss einen
Neustart der europaumlischen Handels- politik geben mit anderen Praumlmissenwo es nicht darum geht immer nochmehr multinationalen Konzernenmehr Marktanteile zu ermoumlglichensondern wir brauchen eine gesell-schaftlich legitimierte neue Handels-
politikldquo Auch Praumlmissen wie die Re-gionalisierung von Handelsstroumlmeneine Neuorientierung der Landwirt-schaft weg von der Industrialisierung hin zu einer neuen
baumluerlichen Landwirtschaft wo oumlkologische Haumlndler Vor-reiter sein sollten und nicht als Handelshemmnisse betrach-tet wuumlrden bdquoWir brauchen ein Investitionsrecht wo nichtInvestoren Sonderrechte bekommen sondern wo Rechteund Pflichten gleichmaumlszligig verteilt werden bdquoso wie das fuumlr sie und mich auch istldquo Wenn er als Staatsbuumlrger klagen
wolle muumlsse er sich ans Verwaltungsgericht wenden bdquoDaskann ich Firmen auch zumutenldquo
Zu diesem Neustart werde es auch kommen bdquoweil dieseAbkommen allen voran TTIP keine Mehrheiten finden
werdenldquo In irgendeinem der 29 Parlamente werde es zuerstscheitern ndash bdquodanach wird ein Neustart moumlglich seinldquo DieRegierungen und die Kommission haumltten es in der Handdiesen Neustart rechtzeitig zu starten bdquoohne groszligen Flur-schadenldquo oder bdquoob sie dieses Abkommen gegen die Wand
fahren wollenldquo Leider sei letzteres offensichtlich die Stra-tegie von mehreren Regierungen
Neues Positionspapier der EU veroumlffentlichtAuf diese Statements folgten engagierte Erwiderungen
und auch Fragen aus dem Publikum Zunaumlchst widersprachKommissionsvertreter Joachim Menze den Vorwuumlrfen Mai-ers Das Verhandlungsmandat der Kommission sei oumlffent-lich und stehe auch im Internet so Menze Das Mandatbdquostammt von den demokratisch gewaumlhlten Regierungen der Mitgliedsstaaten ndash und zwar einstimmigldquo Zwischen den
28 Mitgliedsstaaten gaumlbe es da keinen Dissens Zuletztseien auch bestimmte Vorbehalte gegen die Form der In-vestitions-Schiedsgerichte formuliert worden Auch auf-grund der oumlffentlichen Debatte habe die Handelskommis-
sarin Malmstroumlm imSeptember auch einneues Positionspa-
pier veroumlffentlichtdas gerade in Miamiverhandelt werdeDemzufolge solle eseine Handelsge-richtsbarkeit mit Be-rufsrichtern gebenbdquodie grundsaumltzlich inihrem Herkunftsstaatdie Befaumlhigung zumRichteramt haben
muumlssenldquo Bisher sei man hier in den Schiedsgerichten vonzwar registrierten Personen aber uumlberwiegend fruumlheren An-waumllten mit handelsrechtlicher Erfahrung ausgegangen Da-ruumlberhinaus duumlrften diese Schiedsrichter nicht von denStreitparteien ausgesucht werden sondern sollten vorher
bestimmt werden Das Schiedsgericht solle nur zusammen-treten wenn es erforderlich sei Menze sprach von Rich-
tern die in unserem Sinne demokratisch legitimiert seienAuch solle es eine zweite Instanz geben eine bdquoRechts-
uumlberpruumlfungsinstanzldquo die genauso organisiert sein solleEs solle bdquosehr viel klarer definiert werden was eigentlich
Engagierte Podiumsdiskussion
bdquoAllein aus rechtstechnischen
Gruumlnden brauchen wir zum
Schutz fuumlr unsere europaumli-
schen Investitionen in den
USA dieses Verfahren derHandelsgerichtsbarkeitldquo
Joachim Menze
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Dialogbuumlhne TTIP Muumlnchen 2015 Dokumentation
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vor diesem Gericht verhandelt werden kannldquo Es sei oft kol- portiert worden dass es sich um Sonderrechte fuumlr Investo-ren handeln solle bdquoDas ist uumlberhaupt nicht der Fallldquo wi-dersprach Menze bdquoEs geht darum dass Investoren die pro
bono im Glauben an die Stabilitaumlt einer Rechtsordnung zumTeil sehr groszlige Investitionen getaumltigt haben geschuumltzt wer-den vor missbraumluchlicher entschaumldigungsloser Enteignung
und gegen Rechtsverweigerung also Willkuumlrldquo Menze hattedamit vor allem US-Investoren im Blick die in irgendei-nem europaumlischen Land investieren und das dortige Rechts-system nicht beurteilen koumlnnen
Menze glaube dass die nun vorgeschlagene Schiedsge-richtsbarkeit fuumlr Investoren erhebliche Vorteile insbeson-dere fuumlr die neuen Mitgliedsstaaten der EU oder die imSuumlden bringen wuumlrden Umgekehrt gaumlbe es in den USAnicht die Funktion der Ratifizierung durch die einzelnenStaaten wohl aber nachher die Bindung an die Schiedsge-richtsbarkeit wenn etwa ein Bundesstaat spaumlter anderwei-tige Regelungen erlasse bdquoAllein aus rechtstechnischen
Gruumlnden brauchen wir zum Schutz fuumlr unsere europaumlischenInvestitionen in den USA dieses Verfahren der Handelsge-richtsbarkeitldquo begruumlndete Menze Er fuumlhrte fruumlhere groszligeInvestitionen (Raffinerien) aus Spanien in Venezuela alsBeispiel an die nach einem Regierungs- und Politikwech-sel entschaumldigungslos enteignet worden seien Solche Ri-siken duumlrfe man Investoren nicht zumuten
Investitionsschutzabkommen ist interessantEin viel versprechender Vorschlag in den TTIP-Verhand-
lungen sei nach Morgan Githinji die Idee eines Internatio-nalen Investitionsschutzabkommens (International Invest-ment Code IIC) Bisherige Schiedsgerichtsverfahren haumlttenin den meisten Faumlllen zum Nachteil der Staaten gefuumlhrt indenen Investitionen getaumltigt wurden Wenn Handelsschlich-ter zu entscheiden haumltten wuumlrden oft die Regierungen der Entwicklungslaumlnder auf der Strecke bleiben
Githinji findet das IIC sogar fuumlr einige Entwicklungslaumln-der attraktiv bezweifelt allerdings ob dieses realisiertwerde Die Erfahrung zeige Die USA ziere sich wenn sichUS-Buumlrger einer anderen nationalen oder gar internationa-len Jurisdiktion unterwerfen sollen Um seine Einschaumltzungzu untermauern zitierte Githinji das International CriminalCode (ICC) (Anm von 2002) und das Kyoto-Protokoll
(Anm von 1997 ) Beide internationalen Vereinbarungenwurden nicht von den USA ratifiziert
Was ist eigentlich die AlternativeFrank Dollendorf nahm seine eigene Vergangenheit zum
Anlass auf das Jahr 2006 zuruumlck zu blicken Damals sei er aus dem Westen in das bdquowunderbare Bayernldquo gekommen
das bdquoGespenst der Globalisierungldquo sei herumgegangen DieExportleistung Bayerns habe damals 140 Milliarden Euro betragen ndash 2014 seien es bereits 170 Milliarden Euro ge-wesen Die Diskussionen um die Globalisierung seien nicht
wirklich abgeflaut Aber das weltweite Han-deln habe zum Wirtschaftswachstum beige-tragen Wohlstand und auch Arbeitsplaumltzeseien gesichert worden Insbesondere Bayern
befinde sich auf einer sehr hohen Komfort-Ebene Da argumentiere es sich leicht gegenAbkommen die weiteres Wachstum zumZiel haumltten Vor einiger Zeit haumltte ihm einTTIP-Gegner nach einer Diskussion prog-
nostiziert dass er mit den Pro-Argumentennicht durchkomme ndash bdquoweil es uns zu gutgehtldquo
Mit Blick auf die Anfang Oktober abge-schlossenen Verhandlungen zum pazifischen AbkommenTPP verwies Dollendorf darauf dass diese zwoumllf Laumlnder wohl kaum diktatorischem Einfluss unterworfen seienbdquoMan sieht dass die Welt sich veraumlndertldquo
Vor allem dieAussage Felber-mayrs dass manRegeln brauche um
miteinander zuwirtschaften fandDollendorf beson-ders gut Viele neueAspekte ndash auf dieauch Felbermayrszehn Forderungenabzielten seien in TTIP enthalten bdquoEs gab noch nie ein ei-genes Kapitel fuumlr kleine und mittelstaumlndische Unterneh-menldquo so Dollendorf Genau das sei das Hauptklientel der IHK Diesen Unternehmen wolle die IHK auch eine Platt-form fuumlr ihre Erwartungen Befuumlrchtungen und Sorgengeben Dies versuche die IHK im Rahmen einer bdquoTTIP-Ro-adshowldquo durch Bayern aufzufangen Maszliggeblich daran be-teiligt sei Michael Gottschlich vom bayerischen Wirt-schaftsministerium ndash der auch im Publikum saszlig (su)
bdquoWas ist eigentlich die Alternativeldquo fragte DollendorfTTIP sei kein Abkommen zwischen Deutschland und denUSA sondern den Laumlndern der Europaumlischen Union undden USA Es gebe fast 50 Freihandelsabkommen die durchdie EU derzeit betrieben wuumlrden ndash keines davon habe sovielAufmerksamkeit erhalten wie TTIP Den Wunsch sich ein-zubringen bezeichnete Dollendorf als bdquowunderbare Ent-wicklungldquo Immer mehr in den Vordergrund trete auch dasThema bdquopublic valueldquo ndash bdquowas hat die Gesellschaft davonldquo
Auch die Veranstaltung hier diene dazu offene Fragen zuklaumlren Steine aus dem Weg zu raumlumen und mit dem Themavoranzukommen
Kontraumlre Standpunkte wurde auf der Podiumsdiskussion angesprochen
bdquoEs gab noch nie
ein eigenes Kapitel
fuumlr kleine und mit-telstaumlndische Unter-
nehmenldquoFrank Dollendorf
TPP = Trans-Pacific Partnership zwischen zwoumllf Laumlndern Diese Laumlnder sind die USA Australien Brunei Chile Japan Kanada Malaysia Me-xiko Neuseeland Peru Singapur und Vietnam
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Dialogbuumlhne TTIP Muumlnchen 2015 Dokumentation
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Eine Wirtschaftsverfassung fuumlr multinationaleKonzerne
bdquoIn dieser Diskussion werden viele Nebelkerzen gewor-fenldquo erzuumlrnte sich Juumlrgen Maier bdquoGegen Handel als sol-chen hat ja niemand wasldquo sagte er Der Handel zwischenden USA und der EU boome bdquodie intensivste Handelsbe-ziehung der Weltldquo auch die Investitionsstroumlme wuumlrden grouml-
szliger es gaumlbe keine signifikanten Probleme Auf eine parla-mentarische Anfrage im Bundestag und im Europaparla-ment wo etwa Investoren aus Amerika in Europa und um-gekehrt vor Gericht nicht Recht bekommen haumltten haumlttenweder die Kommission noch der Bundeswirtschaftsminister Beispiele nennen koumlnnen
bdquoEs geht um die Einfuumlhrung eines Schiedsgerichtsverfah-rens wo Investoren Sonderrechte bekommen NormaleMenschen haben diese Sonderrechte nichtldquo so Maier bdquoDasist der Punkt um den es geht Lassen Sie sich da keine Maumlr-chen erzaumlhlenldquo Er ver-langte eine balancierteAuslegung zwischen
Rechten und Pflichten85 Entwicklungslaumlnder haumltten vorgeschlageneinen neuen Vertrag uumlber Rechte und Pflichten vonInvestoren und multina-tionalen Konzernen aus-zuhandeln ndash aber dieschaumlrfsten Kritiker seiendie EU und die USA soMaier bdquoEs geht darumdass wir eine globale Wirtschaftsverfassung haben die
heutzutage nicht mehr stimmt die zu sehr einseitig fuumlr mul-tinationale Konzerne ausgerichtet ist ndash und das stoumlszligt immer wieder auf oumlffentliche Kritik ndash darum geht esldquo
Maier verdeutlichte seine Meinung am Beispiel der Landwirtschaft In Deutschland und der EU seien immer mehr Menschen der Meinung der Weg in die Agrarindus-trie fuumlhre in die Irre Man muumlsse zuruumlck zu einer regionali-sierten zu einer baumluerlichen Landwirtschaft ndash bdquound dieagrarindustrielle Massentierhaltung Massenmilchproduk-tion Glyphosat-verseuchte Pestizide insbesondere in Suumld-amerika oder genmanipuliertes Soja wollen die Menscheneinfach nichtldquo Da passe auch ein solches Freihandelsab-kommen nicht wo man Milchmaumlrkte globalisiere wo manSchweinefleischmaumlrkte globalisieren moumlchte etc bdquoDas
passt nicht mehr in die heutige Zeitldquo Die Menschen woll-ten Freihandelsabkommen die regionalisierte Produktevoran treiben bdquoIst das denn illegitim so etwas zu wollenldquofragte Maier bdquoNein das ist im besten Sinne konservativldquoantwortete er sich selbst
Bisher treibe man in Europa noch sozialvertraumlglichenHandel ndash das duumlrfe man nicht uumlber Bord werfen so Maier weiter Niemand duumlrfe solche Abkommen dekretierenweder Kommissionen noch Umweltverbaumlnde bdquoWir brau-chen eine breite Diskussion was sind unsere Werte waswollen wirldquo Das sei keine Marotte verwoumlhnter weicher
Bayern Diese Diskussion werde auf der ganzen Welt ge-fuumlhrt bdquoDiese Handelspolitik wie sie die Kommission unsmit undemokratischen Methoden uumlberziehen will hat keineChanceldquo schloss Maier seinen Diskussionsbeitrag ab
Dass es keine Probleme gibt ndash das ist voumlllig falschbdquoWir erfinden hier nichts Neues Deutschland ist der Er-
finder dieser Investitionsschutzabkommenldquo schaltete sichMichael Gottschlich Referatsleiter im bayerischen Wirt-schaftsministerium (StMWi) aus dem Publikum in die Dis-kussion ein Es gaumlbe viele Laumlnder wo man so ein Instru-ment brauche damit Investoren auf Rechtsstaatlichkeit ver-
trauen koumlnnten Schon seit den 1950er Jahren habeDeutschland solche Abkommen geschlossen um hiesigeInvestoren zu schuumltzen fuumlhrte Gottschlich aus Im 21 Jahr-hundert muumlsse man das ganze System einmal anpassen In-vestoren seien vor indirekter Enteignung zu schuumltzen Auchdie Transparenz der TTIP-Verhandlungen sei verbessertworden bdquoVieles was kritisiert worden ist hat man aufge-griffenldquo so Gottschlich bdquoWir brauchen dieses Instrumentin vielen vielen Laumlndernldquo fuhr er fort Zwischen Deutsch-land und den USA brauche man das Abkommen nicht un-
bedingt ndash aber es gaumlbe einige EU-Staaten da sei das Rechtssystem nichtganz so ausgepraumlgt wie in Deutsch-
land Viele Laumlnder haumltten Investitions-schutzabkommen wuumlrden diese aber auch gerne auf einen aktuellen Stand
bringen bdquoWenn wir ein solches Ab-kommen haben wollen muss es einambitioniertes Instrument seinldquo ver-langte Gottschlich Die Kritikpunktean den alten Abkommen seien jetztaufgegriffen und von der EU-Kom-mission in den Verhandlungen vorge-schlagen worden Zusammen mit
jedem Handelsabkommen solle man ein Investitionsschutz-
abkommen treffen damit man nicht nur die Laumlnder diskri-miniere denen man vielleicht nicht so vertraue
bdquoDass es keine Probleme gibt ndash das ist voumlllig falschldquowarnte Gottschlich davor TTIP aus deutscher Sicht alsnicht notwendig zu bezeichnen bdquoEs gibt viele viele kleine
und mittelstaumlndische Unter-nehmen die koumlnnen keinenHandel mit den USA trei-
benldquo betonte der ExperteViele Probleme wuumlrden imregulatorischen Bereich lie-gen bdquoUnterschiedlicheStandards doppelte Zertifi-zierungsverfahren ndash dastreibt die Kosten fuumlr einkleines mittelstaumlndischesUnternehmen in die HoumlheldquoFuumlr einen groszligen Automo-
bilhersteller sei das keinProblem bedeuteten fuumlr ein kleines Unternehmen aber schnell 20 bis 25 Prozent Mehrkosten bdquoDas ist eine abso-lute Marktzugangshuumlrdeldquo TTIP bringe gerade kleinen undmittelstaumlndischen Unternehmen besondere Vorteile nichtnur den Groszligunternehmen sondern gerade dem Mittel-stand 99 Prozent aller Unternehmen in Deutschland sind
kleine und mittelstaumlndische Unternehmen gewichtete Gott-schlich Nur zu sagen es ging uns doch gut wir braumluchtendas nicht waumlre voumlllig falsch betonte Gottschlich noch ein-mal bdquoWir wollen einfach das abbauen was sich unsinniger
Michael Gottschlich StMWVI
bdquoUnterschiedliche Stan-
dards doppelte Zerti1047297zie-rungsverfahren ndash das treibt
die Kosten fuumlr ein kleines
mittelstaumlndisches Unter-
nehmen in die HoumlheldquoMichael Gottschlich
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Dialogbuumlhne TTIP Muumlnchen 2015 Dokumentation
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Weise in den vergangenen Jahrzehnten aufgebaut hatldquo ver-einfachte Gottschlich das Vorhaben Diese Buumlrokratie dieman nicht brauche abzubauen bringe etwas fuumlr den Wohl-stand die Arbeitsplaumltze und die Menschen in BayernDeutschland und der EU
Uumlbermittlungsprobleme zu Lasten der Bevoumllkerung
Moderator Pierre Rafih draumlngte trotz aller Wichtigkeitdes Themas doch mehr am Titel der Veranstaltung ndash bdquoFol-gen fuumlr Entwicklungslaumlnderldquo zu bleiben bdquoMich wuumlrde vielmehr interessieren wie sinddie Auswirkungen auf dieIndividuenldquo fragte ein Teil-nehmer aus dem PublikumIn Afrika werde es in ein
paar Jahren eine Verdoppe-lung der Bevoumllkerunggeben Wirtschaft seiimmer eine Chance fuumlr Ent-wicklung Besonders in
landwirtschaftlichen Berei-chen verlasse man sich auf afrikanische Exporte Wassei dort zu erwarten wurdeGithinji gefragt
Von den 79 Laumlndern wuumlrden nicht alle zu den Gewinner zaumlhlen erwiderte der ACP-Vertreter Aber wie wuumlrde es beiden aumlrmeren Laumlndern aumlrmeren Bevoumllkerungen aussehendifferenzierte er die Frage Es sei nicht selten der Fall dass
politisches Handeln in den Entwicklungslaumlndern ohne dieEinbindung der bdquoStakeholderldquo erfolge ndash darin liege ein gro-szliges Problem so Githinji Technokraten fuumlhrten die interna-
tionalen Verhandlungen ohne jegliche Konsultation DieUnterhaumlndler wuumlrden nicht uumlber die Kapazitaumlt verfuumlgen dieBeduumlrfnisse und Wuumlnsche ihrer Bevoumllkerung sowie die In-teressen ihrer Laumlnder klar zu vermitteln bdquoWir hatten beivielen Verhandlungen mit Partnern uumlber wirtschaftliche Ko-operation versucht dieses Uumlbermittlungsproblem anzuge-hen indem wir sicherstellten dass all die Nutznieszliger miteinbezogen warenldquo berichtete Githinji Was sich aus sol-chen Verhandlungen ergibt haumlnge von den Machtverhaumllt-nissen zwischen den Parteien ab und von der Moumlglichkeitdiese Macht auszuspielen um das Verhandlungsresultat zu
beeinflussen bdquoIn manchen Faumlllen haben wir die Erfahrunggemacht dass die Gegenpartei den Verhandlungsverlauf und damit auch das zu erzielende Resultat von vornehereinfestlegtldquo so der ACP-Repraumlsentant So sei fuumlr die meistenEntwicklungslaumlnder diese Situation nicht einfach und letzt-lich sei die Bevoumllkerung Leidtragender der beschlossenenVereinbarungen Manche suchten dann auf dem Weg der Migration nach besseren Lebenschancen bdquoDies wird fort-dauern solange wir keine Wirtschaftsentwicklung vorwei-sen koumlnnenldquo Deswegen sei es wichtig Politik-Kohaumlrenzzu gewaumlhrleisten sodass jede Maszlignahme und Entschei-dung die in der EU oder den USA und anderen Industrie-laumlndern getroffen werde nicht negativ auf die Laumlnder desSuumldens und ihre Bevoumllkerung wirke
Verhandlungspartner auf AugenhoumlheDie USA haumltten in den vergangenen Jahren viele Abkom-
men mit Laumlndern getroffen wo man eindeutig von einem
politischen Machtgefaumllle sprechen koumlnne ging JoachimMenze auf die Entwicklungslaumlnder ein Eine einfache Ver-handlungsposition und starke Durchsetzungsfaumlhigkeit sei-tens der USA sei da zu beobachten gewesen Nun seien dieUSA zum ersten Mal in der Situation dass sie es mit einemgleichwertigen Verhandlungspartner auf Augenhoumlhe zu tunhaumltten so Menze Beide Seiten wuumlrden diesmal sehr starke
Interessen einbringen bdquoDas Ergebnis wird ganz sicher alssog Goldstandard in die weiteren Verhandlungen einge-henldquo glaubt der Vertreter der EU-Kommission Wenn manin ein paar Jahren bei-spielsweise mit Bolivienverhandle koumlnne mannichts schlechteres anbie-ten als den USA erlaumlu-terte Menze Das wuumlrdeim internationalen Ver-kehr sonst als Herabwuumlr-digung betrachtet werdenbdquoFuumlr die kleineren nicht
so wirtschaftsstarkenStaaten wird dieses Ab-kommen eine groszlige Be-deutung habenldquo
Abkommen kopieren ist keine Politik fuumlrdas 21 Jahrhundert
bdquoWie koumlnnen sie den Entwicklungslaumlndern helfen dasssie partizipieren koumlnnenldquo kam eine weitere Frage aus demPublikum Wie koumlnne Technologie in diese Laumlnder gebrachtwerden obwohl die Leute dort sehr wenig davon verste-hen Juumlrgen Maier bezeichnete das als einfach bdquoDie Ent-
wicklungslaumlnder koumlnnen in der WTO auf Augenhoumlhe ver-handeln und zu Ergebnissen kommenldquo Da kaumlme man auchzu Ergebnissen die alle Interessen gleichmaumlszligig widerspie-gelten Die Version die die Kommission vorschlage dassarme Laumlnder das Abkommen kopieren koumlnnten sei keinePolitik die im 21 Jahrhundert zukunftsfaumlhig waumlre Mankomme deshalb nicht weiter weil man nicht bereit sei mitRegierungen aus Afrika auf Augenhoumlhe zu verhandeln soMaier weiter
Infrastruktur-Projekte foumlrdernZusammen mit dem Bundeswirtschaftsministerium und
dem BMZ organisiere die IHK Muumlnchen auch Manager-Fortbildungen um Unternehmer aus Bayern und Entwick-lungslaumlndern zusammenzubringen berichtete DollendorfEntwicklungszusammenarbeit sei ein ganz wichtigesThema bdquoEs gibt in Bayern den so genannten EZ-Scout fuumlr Bildungszusammenarbeitldquo so Dollendorf Diese Personhabe nichts anderes zu tun als mit bayerischen Unterneh-men zu uumlberlegen wie man in Schwellenlaumlndern Projektevorantreiben koumlnnte Es gehe darum ganz gezielt loumlsungs-orientierte Maszlignahmen zu ergreifen Am 3 November soDollendorf werde das Afrika-Infrastuktur-Forum bdquoBe myguestldquo (Anm wwwafrikavereinde) durchgefuumlhrt dasgenau den von Prof Felbermayr schon angesprochenen
Mangel in der Infrastruktur vieler Entwicklungslaumlnder fo-kussiere Repraumlsentanten aus neun afrikanischen Laumlndernwuumlrden dort zugegen sein um ihre Infrastruktur-Projektevorzustellen und um Investoren zu werben
bdquoDas Ergebnis
wird ganz sicher
als Goldstandard
in die weiteren
Verhandlungen
eingehenldquoJoachim Menze
Pierrre Rafih moderierte die Podi-umsdiskusison
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Dialogbuumlhne TTIP Muumlnchen 2015 Dokumentation
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Handel ist wichtig aber Freihandel schadetden Entwicklungslaumlndern
bdquoWas ist Entwicklungldquo fragte ein Teilnehmer afrikani-scher Herkunft aus dem Publikum Entwickelte Laumlnder wuumlrde sich aus seiner Sicht durch zwei Aspekte auszeich-nen einen hohen technologischen Stand ndash und dass vieleWirtschaftszweige fuumlreinander produzieren wuumlrden bdquoDiese
interne Verbundenheit ist wesentlichldquo Handel sei wichtigaber Freihandel schade den Entwicklungslaumlndern Auchentwickelte Laumlnder haumltten sich nicht mit Freihandel entwi-ckelt bdquosondern gerade in einem gelenkten Handelldquo DieHandelsstroumlme seien so gelenkt worden dass ihre eigenenWirtschaften nach vorne gebracht wurden Das werde ein-fach voumlllig vergessen
Zwischen Reich und Arm gibt es heute keinewirklichen technologischen Barrieren mehr
Prof Felbermayr fuumlhlte sich angesprochen und antwor-tete direkt darauf bdquoWenn sie das aus der historischen Per-spektive betrachten dann ist das vielleicht auch richtigldquo
Heute lebe man aber in einer Welt wo es keine wirklichentechnologischen Barrieren mehr zwischen Reich und Armgaumlbe Sehr viele Studien wuumlrden bestaumltigen dass institutio-nelle Probleme in den Laumlndern vor Ort der Grund seienwarum diese nicht am Handel teilnehmen wuumlrden Er haltees sogar fuumlr gefaumlhrlich wenn man sage bdquodas ist die boumlseHandelspolitik des Westensldquo Damit wuumlrde man Versaumlum-nisse entschuldigen die vor Ort stattfinden dass Panzer ge-kauft statt Straszligen gebaut werden Das sei aber in vielenarmen Laumlndern bdquoein Stuumlck weit Realitaumltldquo Schon seit demGATT-Abkommen 1947 sei ein zollfreier Marktzugang fuumlr arme Laumlnder geregelt Das habe leider nicht dazu gefuumlhrt
dass es in diesen Laumlndern eine Industrialisierung gegebenhabe Die Frage sei natuumlrlich zu stellen warum dies nichtzu einer Entwicklung gefuumlhrt habe
Ein Stuumlck vorwaumlrts gekommenAbschlieszligend bedankte sich Pierre Rafih noch einmal bei
allen Referenten und Diskussionsteilnehmern sowie demPublikum fuumlr das Interesse Man habe zu diesem sehr kom-
plexen Thema sicher keine endguumlltigen Antworten gebenkoumlnnen bdquoAber ich hoffe dass wir ein paar neue Fragenhaben dass wir ein Stuumlck weit auf dem Weg gekommensind und weiter offen bleiben und nicht mit einer gefestig-ten Meinung nach Hause gehen ndash das ist nicht die Art der Wissenschaft Wir wollen immer weiter forschen und unsselbst fragen was wir tun sollen Ich bin uumlberzeugt dass
jeder von heute Abend etwas mitnehmen wirdldquo
Vernetzt - verlinkt
www
SID Chapter Muumlnchensid-munich-chapterorg
Dokumentation des hier beschriebenen Dialogbuumlhne TTIPsid-munich-chapterorgpresse
Hochschule fuumlr Angewandtes Management Erding beiMuumlnchenfhamde
BMZ bmzde
ifo-Institut Muumlnchencesifo-groupde
Vertretung der Europaumlischen Kommission in Muumlncheneceuropaeudeutschlandcommissionofficesmunichindex_dehtm
ACPacpint
IHK MuumlnchenO berbayernmuenchenihkde
Forum Umwelt und Entwicklung Berlinforumuede
Mit freundlicher Unterstuumltzung vonImpressum
ViSdP Gesellschaft fuumlr Internationale Entwicklung (SID) Muumlnchen eVDr F Kayode Salau Peter-Rosegger-Straszlige 29 86415 Meringinfosid-munich-chapterorgRedaktion Dr F Kayode SalauDr Volker Goumlbner (Pressebuumlro Schreib-WUT Neusaumlszlig)
Alle Aussagen auch zu rechtlichen Aspekten geben die Aumluszligerungender jeweiligen Redner(innen) bei der Veranstaltung am 22 Oktober 2015wieder und sind weder sachlich noch juristisch gepruumlft
Internationales Buffet Nach reichlich geistiger Nahrung fuumlr den Kopf kam auch
der Bauch zu seinem Recht Fatima von Kaehne (SchlossBlumenthal bei Aichach) hatte ein ebenso umfangreicheswie leckeres internationales Buffett aufgebaut ZahlreicheGespraumlche in kleinen Kreisen rundeten den Abend ab
Internationales Buffet ndash aus allen Handelszonen der Welt von der Ananas bis zur Zucchini
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bisheriger Zoll etwa zwischen Rumaumlnien und den USA fuumlr Schuhe von bisher 30 auf Null Prozent abgesenkt dann be-deute dies einen Marktvorteil Fuumlr andere Lieferanten etwaKambodscha werde dies zu einem Verlust von Marktan-teilen fuumlhren Das sei das Problem und daher gebe es aucheine groszlige Diskussion Ausschlagegebend sei hier die Houmlheder Zoumllle Bei niedrigen Zoumlllen wuumlrde sich die Marktsitua-
tion nicht wesentlich aumlndern so Felbermayr Wenn manaber Bereiche betrachte wo weder die USA noch die EUeigene Produktionen haben bdquodenken Sie an tropischeFruumlchte oder an Gummildquo dann koumlnne es da diese Handels-umlenkungseffekte nicht geben
Ein anderer Effekt sei der bdquoEinkommenseffektldquo bdquoDer ist positivldquo so Felbermayr bdquoWir machen ja TTIP mit demWunsch in Europa und den USA die Prosperitaumlt ndash houmlhereEinkommen ndash zu sichernldquo Viele bezweifelten das und essei keine trivialeUumlbung das auch mitZahlen zu untermau-ern solange man
nicht wisse was spauml-ter im Text stehenwerde Es gaumlbe bdquona-tuumlrlich Unsicherhei-ten das will ich gar nicht bezweifelnldquo
Aus anderen bilateralen regionalen und globalen Ab-kommen wisse man jedoch dass in diesen Laumlndern houmlhereEinkommen daraus resultiert hatten Felbermayr fuumlhrte alsBeispiel den Beitritt Oumlsterreichs zur EU vor 20 Jahren an
Natuumlrlich habe das in Oumlsterreich den Wohlstand erhoumlht Houml-here Einkommen wuumlrden sich auch darin ausdruumlcken dass
dann auch mehr Geld fuumlr Guumlter aus den Drittstaaten ausge-geben werde Ob Konsumguumlter wie tropische Fruumlchte oder Vorprodukte etwa fuumlr die Automobilproduktion RohstoffeDienstleistungen ausEntwicklungslaumlndernoder im Tourismus ndash das sei einerlei bdquoHier ist die Einkommens-
prosperitaumlt hochldquoWenn die Einkommensteigen werde uumlberpro-
portional in diesen Be-reichen mehr Geld aus-gegeben Mit Nach-druck muumlsse man da-rauf hinweisen dass vom Produktivitaumltswachstum in einer Region auch andere Regionen profitieren koumlnnten so Fel-
bermayr Dass Wachstum in einem Land zum Nachteileines anderen Landes erfolge ndash bdquodiese Idee ist hundert Malwiderlegtldquo Felbermayr fasste zusammen bdquoGlobalisierungist kein Nullsummenspiel Der Kuchen wird groumlszligerldquo
Der Oumlkonom stellte nun Handelsumlenkungseffekte denEinkommenseffekten gegenuumlber Dazu muumlsse man logischeZusammenhaumlnge beachten bdquoEntweder ist TTIP ineffektivdann wird es keine Einkommenseffekte bringen Wenn es
die Wirtschaftsverhaumlltnisse nicht aumlndert wird es auch keineHandelsumlenkungseffekte bringen Dann ist es einfach eingescheitertes Abkommen weder gut noch schlecht Oder aber TTIP ist effektiv und schafft tatsaumlchlich Produktivi-
taumltssteigerungen dann sind potentiell substantielle Einkom-menseffekte in der EU und den USA zu erwarten dann sindauch starke Handelsumlenkungseffekte zu erwartenldquo An-dere Kombinationen seien nicht logisch
Felbermayr wandte sich quantitativen Abschaumltzungen zuBei fruumlheren Studien zum Thema habe man viel weniger uumlber TTIP gewusst als heute die Verhandlungen hatten
noch nicht einmal begonnen und die Kernbereiche warennoch nicht absehbar Damals 2013 habe eine ifo-Studiegesagt dass bdquonegative Drittstaateneffekte sehr wahrschein-lich sein koumlnntenldquo Das habe auch dazu beigetragen die oumlf-fentliche Aufmerksamkeit auf ein Problem zu lenken DieEU-Kommission hatte eine Studie bei einem englischenThink tank in Auftrag gegeben (CEPR 2013) die zum Er-gebnis kam bdquoTTIP waumlre fuumlr die Entwicklungslaumlnder eineBonanzaldquo Der groszlige Gewinner aus dieser Studie waumlren
nicht die EU oder die USA sondern Indo-nesien Da tue er sich schwer das zu erklauml-ren so Felbermayr Beide Studien wuumlrdenextreme Annahmen machen Die ifo-Stu-
die habe eine sehr langfristige Perspektiveeingenommen Spezialisierungseffekteseien darin nicht modelliert Die andereStudie wuumlrde von einer starken multilate-ralen Wirkung ausgehen Ein Absenken der Handelskosten zwischen den USA und der
EU wuumlrde automatisch zu einem Absenken der Handels-kosten mit anderen Laumlndern fuumlhren einem sog bdquoSpill-overldquo Wenn man dies so betrachte kaumlme man tatsaumlchlichzu einer Bonanza
Betrachte man die bisherige Entwicklung der EU somuumlsse man feststellen dass nicht alle Standards die in der
EU eingefuumlhrt wurden von Drittlaumlndern eingehalten wer-den konnten und diese so nicht mehr in die EU liefernkonnten Wenn man meint TTIP koumlnnte gemeinsame Stan-
dards bringen dann waumlre es moumlglich dass diese fuumlr Dritt-laumlnder zu hoch sind Andererseits wolle man keine niedri-gen Standards im transatlantischen Handel vereinbarenbdquonur damit Drittlaumlnder nicht diskriminiert werdenldquo DieRealitaumlt werde die Komplexitaumlt einholen glaubt Felber-mayr Die Widerstaumlnde auf beiden Seiten des TTIP-Ver-handlungstisches seien groszlig bdquoGemeinsame Standards sindwenig wahrscheinlichldquo Eher werde es zur gegenseitigenAnerkennung von Standards kommen bdquoDa kommt es dannwieder auf das beruumlhmte Kleingedruckte anldquo Was sei mit
Produkten die zwar nach einem dieser Standards gefertigtwerden aber aus einem Drittland kommen bdquoDas wissenwir nichtldquo Hier koumlnne man nur hoffen und Forderungenaufstellen
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bdquoFuumlr die Welt insgesamt
ist TTIP kein Nullsummen-
spiel Die Welt insgesamt
wird reicherldquoProf Gabriel Felbermayr
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Dialogbuumlhne TTIP Muumlnchen 2015 Dokumentation
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Auch die Wertschoumlpfungsketten seien ein wichtiges Ele-ment in der Diskussion Die Struktur der Importe der EUaus Entwicklungslaumlndern korreliere nur schwach mit der Struktur der Importe aus den USA Daher sollte man keineallzu groszligen Verdraumlngungseffekte feststellen koumlnnen Man-che Drittlaumlnder seien schon heute stark in die Wertschoumlp-
fungsketten der EU oder USA integriert weil sie bilateraleAbkommen haben (Mexiko durch NAFTA die Tuumlrkeidurch die europaumlische Zollunion) Die Firma Leoni produ-ziere beispielsweise Kabelbaumlume fuumlr die deutsche Automo-
bilindustrie in Marokko Sollte die deutsche Autoindustrievielleicht durch TTIP (bdquonach dem VW-Skandalldquo) weiter wachsen dann wuumlrden die Kabelbaumproduzenten mitge-zogen erlaumluterte Felbermayr Handelsumlenkungseffektedie sicher stattfinden wuumlrden wuumlrden in vielen Laumlndernwohl nicht dominant sein bdquoDas Bild das man erhaltenwird wird ein gemischtes seinldquo
Neuere Studien wuumlrden diese Zweideutigkeit staumlrker ab- bilden die Felbermayr gerade herausgearbeitet hattebdquoManche Entwicklungslaumlnder verlieren manche gewin-nenldquo so die lapidare Zusammenfassung Uumlber die Groumlszligen-ordnung ein Prozent ein halbes oder zwei Prozent dakoumlnne man streiten Man muumlsse die Entwicklung dieser Laumlnder auch unter dem Aspekt bdquobusiness as usualldquo (ohne
TTIP) betrachten zum Vergleich dann mit TTIP TTIP seiim Vergleich zu vielen Abkommen die mit Entwicklungs-laumlndern schon bestehen wuumlrden wirtschaftlich eher unbe-deutend fuumlr diese Wenn der asiatische Raum das RCEP-Abkommen verhandele bdquodann ist das ungleich wichtiger als TTIPldquo betonte Felbermayr Gleiches gelte fuumlr andereregionale Abkommen wie auch solche die China und dieUSA im pazifischen Raum betreffen
Felbermayr zeigte mit einer Weltkarte welche Laumlnder von TTIP langfristig profitieren wuumlrden und welche nichtDie Laumlnder der Nordhalbkugel waren da gruumln gefaumlrbt fuumlr steigende Pro-Kopf-Einkommen die USA mit einem Zu-wachs von 27 die EU mit 21 dazu auch viele Laumlnder
in Afrika Mittelost und Asien Etliche wuumlrden gar keineVeraumlnderung erfahren und einige ein geringeres Realein-kommen verzeichnen muumlssen Der Durchschnitt der Nicht-TTIP-Laumlnder war mit - 003 angegeben bdquoDiese Land-karte sieht anders aus als die die wir vor drei Jahren pro-duziert habenldquo ging Felbermayr auf die veraumlnderten Er-gebnisse neuer und alter Studien ein bdquoFuumlr die Welt insge-samt ist TTIP kein Nullsummenspiel Die Welt insgesamtwird reicher Insgesamt wird der Kuchen mehrldquo fasste Fel-
bermayr die prognostizierten Ergebnisse fuumlr die Welt zu-sammen
Prof Gabriel Felbermayr hatte die weltweiten Effekte von TTIP in einer Simulation durchgerechnet Waumlhrend langfristig die TTIP-Laumlnder (EU und USA)mit einem Zuwachs zwischen zwei und drei Prozent rechnen koumlnnen mittelt sich der Nachteil fuumlr Nicht-TTIP-Laumlnder etwa auf plusminus Null
Prof Gabriel Felbermayr
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Felbermayr verglich die voraussichtlichen Wachstums-raten einiger Laumlnder in Form einer groben Abschaumltzung Sowachsen etwa Kambodscha China oder Indien um jaumlhrlichfuumlnf bis 75 Prozent Akkumuliert auf zehn Jahre wuumlrdesich dies auf Zuwachswerte von 60 bis 100 Prozent sum-mieren Der Einfluss dort von TTIP nach zehn Jahren (so-lange wuumlrde ein Abkommen brauchen um Auswirkungen
zu zeigen) betrage zwischen -01 und -05 Prozent DasRCEP-Abkommen werde hingegen zu einem Wachstums- plus nach zehn Jahren von 15 bis fuumlnf Prozent fuumlhrenbdquoEine existentielle Bedrohung fuumlr Entwicklungslaumlnder ausTTIP abzuleiten ist einfach Unfugldquo folgerte Felbermayr aus diesen Zahlen bdquoTTIP muss man als Baustein sehenDas ist nicht das einzige was in der Welt passiertldquo
Fuumlr Deutschland insbesondere die Automobil-Industriesei dieser Einigungsprozess im asiatischen Raum gar nichtgut warf Felbermayr einen Blick aus der hiesigen Warteauf RCEP
10 Punkte auf dem Weg zu einem
fairen WelthandelssystemUm TTIP zu einem Baustein fuumlr ein faires Welthandels-
system zu machen stellte Felbermayr zehn Forderungenauf Die ersten vier fasste er unter dem Motto bdquoHandelsum-lenkungseffekte minimierenldquo zusammen1 TTIP muss so gestaltet werden dass Handelsumlen-
kungseffekte minimiert werden Dafuumlr muumlssten Ur-sprungsregeln groszligzuumlgig ausgestaltet werden Dies be-treffe die Frage wann ein Gut ein europaumlisches Gut seiund zollfrei in die USA exportiert werden koumlnne Solltezu viel Vorleistung darin stecken koumlnnte es sonst nichtals bdquoeuropaumlisches Gutldquo anerkannt werden bdquoDie Frage ist
Wo setzt man da die Grenzen anldquo Vor allem die deutscheEntwicklungspolitik muumlsse hier dahinter her sein DasFreiverkehrsprinzip koumlnne eine Loumlsung sein Nur wo sichAuszligenzoumllle der USA und der EU hinreichend unterschei-den wuumlrden sei eine Ursprungsregel sinnvoll
2 Die gegenseitige Anerkennung von Standards muumlsste auf Drittstaaten ausgedehnt werden Denn sonst habe einProdukt das in Marokko nach amerikanischen Standardshergestellt werde keine Chance bdquoMan muss weg vomHerkunftslandprinzip hin zu einem produktbezogenenStandardprinzipldquo Auch da koumlnne Deutschland massiv
profitieren Denn dann braumluchte man globale Zertifizie-rungsstellen ndash ein Bereich in dem Deutschland dank sei-ner Ingenieure oder dem in vielen Laumlndern der Welt ak-tiven TUumlV schon lange aktiv ist
3 bdquoDie dritte Forderung waumlre Transparenz TransparenzTransparenzldquo Auch bdquodie Auszligenseiterldquo muumlssten wissenwas geplant werde und muumlssten ihre Stimme ndash ob nunals Verhandlungspartner oder nicht ndash erheben koumlnnen
4 Die Doha-Runde muumlsse man schlieszliglich thematisch ver-schlanken und abschlieszligen
Die naumlchsten beiden Forderungen uumlberschrieb Felbermayr mit bdquoHandelschaffungseffekte maximierenldquo5 Man solle versuchen die Entwicklungslaumlnder staumlrker in
die deutschen und europaumlischen Wertschoumlpfungsketteneinzubinden Darin koumlnne man das BMZ und andere Or-ganisationen nur bestaumlrken bdquoDas bedeutet haumlufig aberdass vor Ort Reformen stattfinden muumlssenldquo Hindernis
Nummer eins sei immer dass vor Ort die Infrastruktur fehle und meist nur Kuumlstenregionen integriert werdenkoumlnnten Da muumlsse man uumlber Infrastrukturfinanzierungsprechen
6 Nord-Suumld-Handelsabkommen der EU (und ihrer Laumlnder)wuumlrden dazu fuumlhren dass vor allem arme Drittstaatenstaumlrker in die Wertschoumlpfungsketten kaumlmen
Den dritten Bereich stellteFelbermayr schlieszliglichunter den Begriff bdquoFair-nessldquoFairness sei fuumlr Oumlkonomenein riesen Problem bdquoWir wissen nicht was das istldquoging Felbermayr von wis-senschaftlicher Seite auf diefehlende Definition einHier komme es oft auf diePerspektive an
7 TTIP duumlrfe keine bdquoWirt-schafts-NATOldquo sein
8 Perspektiven fuumlr die Oumlff-nung von TTIP fuumlr Drittstaaten muumlssen glaubwuumlrdig ver-ankert werden bdquoDas bedeutet nicht dass man Drittstaa-ten heute mit an den Verhandlungstisch lassen mussldquoVerschiedene Laumlnder haumltten bereits ihr Interesse an einemBeitritt angemeldet
9Suumld-Suumld-Freihandelsabkommen muumlssten unterstuumltzt wer-den insbesondere in Afrika Mit Know-how koumlnne mansich dort engagieren
10 bdquoDie WTO muss sich noch staumlrker als bisher als sbquoCoachrsquo
und Anwalt kleiner und armer Laumlnder stark machenldquo DasMandat dafuumlr habe die WTO Von den 160 Mitgliedslaumln-dern seien rund 100 Entwicklungslaumlnder blickte Felber-mayr auf die dortige Gewichtung bdquoDas Gewicht ist daSie muumlssen nur ihre Stimme erheben ndash und ich denkedas koumlnnen sie auchldquo schloss Prof Bernhard Felbermayr seine Ausfuumlhrungen
Gabriel Felbermayr stellte zehnForderungen zu TTIP auf
Bronzene Waumlchter am Veranstaltungsort Prof Dr Werner Heisenbergund Prof Dr Max Planck die Namensgeber des Instituts wo die Dialog-buumlhne des SID stattfand
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PodiumsdiskussionPro und Contra TTIP
Seit Jahren bewege TTIP die Men-schen die Resonanz in Medien undPolitik sei sehr groszlig leitete PierreRafih von der Hochschule fuumlr Ange-wandtes Management Erding einemder beiden Veranstalter der Dialog-
buumlhne die Podiumsdiskussion ein Beiderart komplexen Themen sei es wich-tig sich zu informieren und von Ex-
perten beraten zu lassen nicht nur auf Meinungen zu setzen Vier Expertensollten daher das Thema auf dem Po-dium von verschiedenen Seiten be-leuchten Rafih stellte sie vorbull Joachim Menze Leiter der Vertretung der Europaumli-
schen Kommission in Muumlnchenbull Morgan Githinji Senior Expert in Multilateral Trade
der ACP ndash African Caribbean Pacific Group of StatesBrussels Office
bull Frank Dollendorf Leiter Bereich Auszligenwirtschaft der Industrie- und Handelskammer (IHK) fuumlr Muumlnchenund Oberbayern
bull Juumlrgen Maier Geschaumlftsfuumlhrer des Forums Umwelt undEntwicklung Berlin
Angeglichene Standards senken die Kostenauch in Drittstaaten
Die Kommission gehe davon aus dass TTIP auf Ent-wicklungslaumlnder wenig Auswirkungen habe ndash und wenn
dann positive brachte Joachim Menze (Leiter der Vertre-tung der Europaumlischen Kommission in Muumlnchen) die Bruumls-seler Perspektive auf einen Nenner Der Handel zwischender EU und den USA stehenicht wirklich in Konkur-renz zu den Produkten ausdieser Staatengruppe DieErleichterung des transat-lantischen Handels wuumlrdenicht dazu fuumlhren dass der Handel mit anderen Staatenerschwert wird bdquoGanz imGegenteil Wir gehen
davon aus dass angegli-chene Standards zwischender EU und den USA auchfuumlr Produzenten in Dritt-staaten zu Kostensenkungen fuumlhren da eben nicht mehr un-terschiedliche Standards bedient werden muumlssenldquo
25 der Arbeitsplaumltze in Bayern sind vominternationalen Handel abhaumlngig
Die IHK Muumlnchen und Oberbayern ist mit rund 400000Mitgliedern die groumlszligte IHK Deutschlands ndash was schlichtdem sehr gut prosperierenden Standort geschuldet sei Das
internationale Geschaumlft boome so Frank Dollendorf (Leiter Bereich Auszligenwirtschaft der Industrie und Handelskammer IHK fuumlr Muumlnchen und Oberbayern) Das Bruttoinlandspro-dukt des Freistaates betrage 522 Milliarden Euro (im Jahr
2014) ndash bdquo50 Prozent davon werden im Ausland generiertldquoso Dollendorf 22 Prozent houmlhere Loumlhne als im internatio-nalen Vergleich wuumlrden in dieser Region bezahlt 25 Pro-zent der Arbeitsplaumltze seien vom internationalen Handel ab-
haumlngig Es werde nicht uumlberraschen dass er als Vertreter einer IHK daher grundsaumltzlich fuumlr den Freihandel eintrete
Wichtig seien in diesem Zusammenhang die Themen Nachhaltigkeit und die Ver-antwortung des Unterneh-mers und der WirtschaftSchon das IHK-Grundge-setz von 1956 schreibe festdass die IHK bdquofuumlr die Wah-rung von Anstand und Sittedes ehrbaren Kaufmanns
beizuwirkenldquo hat Der alt-
hergebrachte Begriff desbdquoehrbaren Kaufmannsldquo seiaktueller denn je so Dol-lendorf Die Verantwor-tung die ein ehrbarer Kauf-mann an den Tag legen sollte hat mit Nachhaltigkeit zutun Das Nachhaltigkeitsthema sei daher innerhalb vonTTIP ein wichtiger Aspekt Bei den momentanen Diskus-sionen der Verhandlungspartner in Miami sei es daher wichtig dieses Thema aufzugreifen
Standards werden zu Handelsbarrierenfuumlr Entwicklungslaumlnder ndash bdquoGive us a chanceldquo
Morgan Githinji Vertreter der Laumlndergruppe ACP (Afri-can Caribbean Pacific Group of States) in Bruumlssel be-dankte sich fuumlr die Einladung zu diesem Dialog 79 Laumlnder gehoumlrten zu der ACP-Gruppe den Laumlndern Afrikas der Ka-ribik und der Pazifik-Gruppe ndash allesamt Laumlnder die mitEntwicklungsherausforderungen konfrontiert sind Vielesind unterentwickelte Laumlnder kleine Insel- und Binnenstaa-ten
ACP habe sich mit TTIP befasst und dabei drei Bereichedefiniert die wichtig fuumlr diese Laumlndergruppe sind
Zum einen sei da die Handelsumlenkung Dies betreffevor allem bestimmte Produktbereiche mit besonders hohen
Zoumlllen wie beispielsweise in der Automobilbranche Sokoumlnnten etwa in Suumldafrika produzierte Autos nicht mehr wie bisher in die USA exportiert werden wenn Autoher-steller in Europa aufgrund TTIP guumlnstigere Zoumllle und Kon-
Auf dem Podium diskutierten (von links) Juumlrgen Maier Frank Dollendorf Moderator Pierre RafihMorgan Githinji und Joachim Menze
Frank Dollendorf
Joachim Menze
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ditionen fuumlr ihre Exporte in die USA bekommen wuumlrdenFuumlr Suumldafrika wuumlrde dieser Markt dann wegfallen ndash eineHandelsverlagerung zugunsten Europas befuumlrchtet Git-hinji
Zum zweiten gehe es um die Harmonisierung von Pro-duktstandards zwischen den TTIP-Vertragspartnern DieACP-Vertreter wuumlrden befuumlrchten dass diese Standards all-
maumlhlich in die WTO integriert werden ndash was schlieszliglich zueiner groszligen Handelsbar-riere fuumlr Entwicklungslaumln-der fuumlhren werde Um dieseStandards zu erfuumlllen seienenorme Investitionen in denACP-Staaten zur Verbesse-rung von Fachwissen undProduktqualitaumlt noumltig Au-szligerdem muumlssten Institutio-nen geschaffen werden diedie betroffenen Hersteller
bei der Erfuumlllung der Stan-
dards unterstuumltzen Durchdiese Maszlignahmen wuumlrdenzusaumltzliche Kosten entstehen ndash ein klarer Nachteil fuumlr dieExporte dieser Staaten
Zum dritten wuumlrden sich die Verhandlungen auf das mul-tilaterale Handelssystem auswirken Aus Sicht der ACP-Staaten sei die WTO ein formelles international anerkann-tes Forum fuumlr globale Handelsverhandlungen Auch wenn
bilaterale und regionale Verhandlungen heute gang undgaumlbe seien sei anzumerken dass dies dazu tendierenwuumlrde die geltenden Regelungen innerhalb der WTO zuunterminieren bdquoDas koumlnnte zu Problemen fuumlr viele kleinere
Laumlnder fuumlhren wie ich sie repraumlsentiereldquo so Githinji Daswirke sich auch auf die kommende Mi-nister-Tagung der WTO die fuumlr denDezember geplantist aus Bis heutesei noch nicht ein-mal eine Agendaaufgestellt Ergeb-nisse seien nicht ab-zusehen Weiter be-
fuumlrchtete Githinji dass die bdquoDoha Development Agendaldquo(DDA) ein Schluumlsselthema der WTO in Gefahr gerateweil in den Augen der Hauptakteure des globalen Handelsdie WTO keine Ergebnisse in ihrem Sinne liefere bdquoFuumlr unsschwache Laumlnder ist die WTO gut weil wir darin eineStimme habenldquo betonte Githinji bdquoDort koumlnnen wir unsereBeduumlrfnisse zum Ausdruck bringenldquo Die Hauptakteurehaumltten bereits angedeutet dass auf die DDA gleich ganzverzichtet werden koumlnne wenn auf der Minister-Tagung imDezember in Nairobi keine Einigkeit erzielt werde
Die bdquoAgenda 2063ldquo die in Afrika initiiert wurde sei eineder Antworten auf diese Situation erlaumluterte Ginthinji Wei-ter sei ein bdquoFree Trade Agreementldquo (FTA) geschaffen um
mit den groumlszligeren Wirtschaftsakteuren auf Augenhoumlhe ver-handeln zu koumlnnen bdquoWenn wir uns richtig organisierenkoumlnnen glauben wir dass wir mit unseren Ressourcen inder Lage sind eine verhandlungsfaumlhige Macht darzustel-
lenldquo bezog sich Githinji auf Afrika Wenn die Technologienentwickelt wuumlrden koumlnnten diese Laumlnder ihre Ressourcenauch selber nutzen
Die ACP-Staaten appellierten an die EU und die USAdie Interessen von Entwicklungslaumlndern bei den aktuellenVerhandlungen im Rahmen von TTIP zu beruumlcksichtigenbdquoDas Abkommen darf keineswegs zur Beeintraumlchtigung der
Entwicklungsprozesse unserer Laumlnder fuumlhrenldquo Afrika sollenicht auf eine Rolle als Exporteur von Rohstoffen be-schraumlnkt werden betonte Githinji Ansonsten waumlre eine In-dustrialisierung in diesen Entwicklungslaumlndern nicht moumlg-lich ihre Teilnahme an der globalen Wertschoumlpfungskettewuumlrde sehr schwierig werden bdquoGive us a chanceldquo appel-lierte Githinji
Wollen wir eigentlich immer mehrLiberalisierung Deregulierung Globalisierung
Es sei schoumln wenn nun nach so viel TTIP-Werbung auchein Kritiker zu Wort kommen duumlrfe ergriff Juumlrgen MaierGeschaumlftsfuumlhrer des Forums Umwelt und Entwicklung in
Berlin das Wort Er gehoumlre zu denen die die groszlige De-monstration kuumlrzlich veranstaltet hatten
bdquoVielleicht sind die Entwicklungslaumlnder die Ursachedass es TTIP uumlberhaupt gibtldquo stellte Maier die Vorge-
schichte erst einmal voranUrspruumlnglich sei das wasdie Europaumlische Kommis-sion und die USA in der WTO seit 15 Jahren durch-setzen wollten fuumlr dieWTO gedacht gewesen
Nach einigen Jahren in
denen man das nicht habedurchsetzen koumlnnen habeman in Europa mit der bdquoGlobal-Europe-Strategie2005ldquo offiziell beschlossenbdquojetzt setzen wir auf den Bi-
lateralismus auf den Regionalismus und lassen die WTO jetzt links liegenldquo so Maier Mit der Weigerung der USAdie Doha-Runde uumlber das Jahresende hinaus zu verlaumlngernsei die WTO als Verhandlungsforum nun stillgelegt
Was bedeutet TTIP fuumlr die Entwicklungslaumlnder Hier seier bdquouumlberraschenderweiseldquo der gleichen Meinung wie ProfFelbermayr bdquoNix genaues weiszlig man nichtldquo Erst wenn dasAbkommen fertig sein sollte (bdquowenn es jemals fertig seinsollte was ich nichtglaubeldquo) dann werde mandie Auswirkungen uumlberbli-cken bdquoDie Auswirkungenwerden uumlberwiegend nichtsehr groszlig seinldquo so MaierbdquoEs wird ein paar Gewin-ner und es wird ein paar Verlierer gebenldquo
Aber es sei natuumlrlich ein Baustein beim Versuch den Ent-wicklungslaumlndern eine Politik aufzuzwingen die diesenicht wollten Das werde immer damit verkauft dass man
in Wirklichkeit besser wuumlsste was gut fuumlr sie sei ndash dasnenne man eine bdquomoderne Handelsordnung ndash Man kochtsie weichldquo In den vergangenen 15 Jahren (Anm seit Be-
ginn der Doha-Runde) habe man eine ganze Reihe von sol-
Juumlrgen Maier
Morgan Githinji
bdquoWas wir brau-
chen ist eine neue
HandelspolitikldquoJuumlrgen Maier
bdquoFuumlr uns schwache
Laumlnder ist die WTO
gut weil wir darin
eine Stimme habenldquo
Morgan Githinji
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chen bilateralen Verhandlungsrunden mit Entwicklungslaumln-dern erlebt Nur mit Laumlndern die nicht gerade durch De-mokratie glaumlnzten seien solche Abkommen erfolgreich ver-handelt worden etwa mit Vietnam oder Singapur In demo-kratischen Laumlndern gaumlbe es groszlige Widerstaumlnde gerade inWestafrika wo viele Laumlnder demokra-tisiert wurden bdquoDa versucht die EU
geradezu mit Erpressungstaktik dieRatifikation dieser Abkommen zu er-zwingenldquo so Maier bdquoDas nennt dasBMZ dann fairen Handel In Wirklich-keit ist es nichts anderes als genau ihr alter Handelldquo regte sich der Berliner auf Der Landwirtschaftsminister setzenoch einen obendrauf und mache sei-nen bdquoMilchexportgipfelldquo wo er seineMilchprobleme durch Export loumlsenwolle bdquoUnd wo geht ein Drittel desdeutschen Milchpulvers heute schonhin Nach Afrikaldquo Es solle offenbar
noch mehr werden ndash bdquofairer Handel ndash agrave la Bundesregierungldquo schimpfte Maier
bdquoWas wir brauchen ist eine neue Handelspolitik Das hatnichts mit TTIP zu tunldquo forderte Maier bdquoEine Handelspo-litik die von den Praumlmissen der Vergangenheit Abstandnimmt und die vor allen Dingen eine demokratische Be-standsaufnahme in Europa voraussetzt Wollen wir eigent-lich immer mehr Liberalisierung Deregulierung Globali-sierung ndash wollen wir das in Europa uumlberhaupt Woher weiszligdie Kommission was die Buumlrger wollenldquo Umfragen sag-ten mittlerweile dass nur noch ein Drittel der BevoumllkerungTTIP haben wolle bdquoAuf welcher Basis geht eine Kommis-
sion dann her und verhandelt geheimldquoAuch die Verhandlungsmandate seien ohne Parlaments-
beteiligung beschlossen worden bdquoDiese Handelspolitik hatkeine demokratische Legitimationldquo Sie finde in der WTOkeine internationale Mehrheit siefinde innenpolitisch keine Mehrhei-ten mehr bdquound deswegen muss eseinen Full Stop geben Es muss einen
Neustart der europaumlischen Handels- politik geben mit anderen Praumlmissenwo es nicht darum geht immer nochmehr multinationalen Konzernenmehr Marktanteile zu ermoumlglichensondern wir brauchen eine gesell-schaftlich legitimierte neue Handels-
politikldquo Auch Praumlmissen wie die Re-gionalisierung von Handelsstroumlmeneine Neuorientierung der Landwirt-schaft weg von der Industrialisierung hin zu einer neuen
baumluerlichen Landwirtschaft wo oumlkologische Haumlndler Vor-reiter sein sollten und nicht als Handelshemmnisse betrach-tet wuumlrden bdquoWir brauchen ein Investitionsrecht wo nichtInvestoren Sonderrechte bekommen sondern wo Rechteund Pflichten gleichmaumlszligig verteilt werden bdquoso wie das fuumlr sie und mich auch istldquo Wenn er als Staatsbuumlrger klagen
wolle muumlsse er sich ans Verwaltungsgericht wenden bdquoDaskann ich Firmen auch zumutenldquo
Zu diesem Neustart werde es auch kommen bdquoweil dieseAbkommen allen voran TTIP keine Mehrheiten finden
werdenldquo In irgendeinem der 29 Parlamente werde es zuerstscheitern ndash bdquodanach wird ein Neustart moumlglich seinldquo DieRegierungen und die Kommission haumltten es in der Handdiesen Neustart rechtzeitig zu starten bdquoohne groszligen Flur-schadenldquo oder bdquoob sie dieses Abkommen gegen die Wand
fahren wollenldquo Leider sei letzteres offensichtlich die Stra-tegie von mehreren Regierungen
Neues Positionspapier der EU veroumlffentlichtAuf diese Statements folgten engagierte Erwiderungen
und auch Fragen aus dem Publikum Zunaumlchst widersprachKommissionsvertreter Joachim Menze den Vorwuumlrfen Mai-ers Das Verhandlungsmandat der Kommission sei oumlffent-lich und stehe auch im Internet so Menze Das Mandatbdquostammt von den demokratisch gewaumlhlten Regierungen der Mitgliedsstaaten ndash und zwar einstimmigldquo Zwischen den
28 Mitgliedsstaaten gaumlbe es da keinen Dissens Zuletztseien auch bestimmte Vorbehalte gegen die Form der In-vestitions-Schiedsgerichte formuliert worden Auch auf-grund der oumlffentlichen Debatte habe die Handelskommis-
sarin Malmstroumlm imSeptember auch einneues Positionspa-
pier veroumlffentlichtdas gerade in Miamiverhandelt werdeDemzufolge solle eseine Handelsge-richtsbarkeit mit Be-rufsrichtern gebenbdquodie grundsaumltzlich inihrem Herkunftsstaatdie Befaumlhigung zumRichteramt haben
muumlssenldquo Bisher sei man hier in den Schiedsgerichten vonzwar registrierten Personen aber uumlberwiegend fruumlheren An-waumllten mit handelsrechtlicher Erfahrung ausgegangen Da-ruumlberhinaus duumlrften diese Schiedsrichter nicht von denStreitparteien ausgesucht werden sondern sollten vorher
bestimmt werden Das Schiedsgericht solle nur zusammen-treten wenn es erforderlich sei Menze sprach von Rich-
tern die in unserem Sinne demokratisch legitimiert seienAuch solle es eine zweite Instanz geben eine bdquoRechts-
uumlberpruumlfungsinstanzldquo die genauso organisiert sein solleEs solle bdquosehr viel klarer definiert werden was eigentlich
Engagierte Podiumsdiskussion
bdquoAllein aus rechtstechnischen
Gruumlnden brauchen wir zum
Schutz fuumlr unsere europaumli-
schen Investitionen in den
USA dieses Verfahren derHandelsgerichtsbarkeitldquo
Joachim Menze
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vor diesem Gericht verhandelt werden kannldquo Es sei oft kol- portiert worden dass es sich um Sonderrechte fuumlr Investo-ren handeln solle bdquoDas ist uumlberhaupt nicht der Fallldquo wi-dersprach Menze bdquoEs geht darum dass Investoren die pro
bono im Glauben an die Stabilitaumlt einer Rechtsordnung zumTeil sehr groszlige Investitionen getaumltigt haben geschuumltzt wer-den vor missbraumluchlicher entschaumldigungsloser Enteignung
und gegen Rechtsverweigerung also Willkuumlrldquo Menze hattedamit vor allem US-Investoren im Blick die in irgendei-nem europaumlischen Land investieren und das dortige Rechts-system nicht beurteilen koumlnnen
Menze glaube dass die nun vorgeschlagene Schiedsge-richtsbarkeit fuumlr Investoren erhebliche Vorteile insbeson-dere fuumlr die neuen Mitgliedsstaaten der EU oder die imSuumlden bringen wuumlrden Umgekehrt gaumlbe es in den USAnicht die Funktion der Ratifizierung durch die einzelnenStaaten wohl aber nachher die Bindung an die Schiedsge-richtsbarkeit wenn etwa ein Bundesstaat spaumlter anderwei-tige Regelungen erlasse bdquoAllein aus rechtstechnischen
Gruumlnden brauchen wir zum Schutz fuumlr unsere europaumlischenInvestitionen in den USA dieses Verfahren der Handelsge-richtsbarkeitldquo begruumlndete Menze Er fuumlhrte fruumlhere groszligeInvestitionen (Raffinerien) aus Spanien in Venezuela alsBeispiel an die nach einem Regierungs- und Politikwech-sel entschaumldigungslos enteignet worden seien Solche Ri-siken duumlrfe man Investoren nicht zumuten
Investitionsschutzabkommen ist interessantEin viel versprechender Vorschlag in den TTIP-Verhand-
lungen sei nach Morgan Githinji die Idee eines Internatio-nalen Investitionsschutzabkommens (International Invest-ment Code IIC) Bisherige Schiedsgerichtsverfahren haumlttenin den meisten Faumlllen zum Nachteil der Staaten gefuumlhrt indenen Investitionen getaumltigt wurden Wenn Handelsschlich-ter zu entscheiden haumltten wuumlrden oft die Regierungen der Entwicklungslaumlnder auf der Strecke bleiben
Githinji findet das IIC sogar fuumlr einige Entwicklungslaumln-der attraktiv bezweifelt allerdings ob dieses realisiertwerde Die Erfahrung zeige Die USA ziere sich wenn sichUS-Buumlrger einer anderen nationalen oder gar internationa-len Jurisdiktion unterwerfen sollen Um seine Einschaumltzungzu untermauern zitierte Githinji das International CriminalCode (ICC) (Anm von 2002) und das Kyoto-Protokoll
(Anm von 1997 ) Beide internationalen Vereinbarungenwurden nicht von den USA ratifiziert
Was ist eigentlich die AlternativeFrank Dollendorf nahm seine eigene Vergangenheit zum
Anlass auf das Jahr 2006 zuruumlck zu blicken Damals sei er aus dem Westen in das bdquowunderbare Bayernldquo gekommen
das bdquoGespenst der Globalisierungldquo sei herumgegangen DieExportleistung Bayerns habe damals 140 Milliarden Euro betragen ndash 2014 seien es bereits 170 Milliarden Euro ge-wesen Die Diskussionen um die Globalisierung seien nicht
wirklich abgeflaut Aber das weltweite Han-deln habe zum Wirtschaftswachstum beige-tragen Wohlstand und auch Arbeitsplaumltzeseien gesichert worden Insbesondere Bayern
befinde sich auf einer sehr hohen Komfort-Ebene Da argumentiere es sich leicht gegenAbkommen die weiteres Wachstum zumZiel haumltten Vor einiger Zeit haumltte ihm einTTIP-Gegner nach einer Diskussion prog-
nostiziert dass er mit den Pro-Argumentennicht durchkomme ndash bdquoweil es uns zu gutgehtldquo
Mit Blick auf die Anfang Oktober abge-schlossenen Verhandlungen zum pazifischen AbkommenTPP verwies Dollendorf darauf dass diese zwoumllf Laumlnder wohl kaum diktatorischem Einfluss unterworfen seienbdquoMan sieht dass die Welt sich veraumlndertldquo
Vor allem dieAussage Felber-mayrs dass manRegeln brauche um
miteinander zuwirtschaften fandDollendorf beson-ders gut Viele neueAspekte ndash auf dieauch Felbermayrszehn Forderungenabzielten seien in TTIP enthalten bdquoEs gab noch nie ein ei-genes Kapitel fuumlr kleine und mittelstaumlndische Unterneh-menldquo so Dollendorf Genau das sei das Hauptklientel der IHK Diesen Unternehmen wolle die IHK auch eine Platt-form fuumlr ihre Erwartungen Befuumlrchtungen und Sorgengeben Dies versuche die IHK im Rahmen einer bdquoTTIP-Ro-adshowldquo durch Bayern aufzufangen Maszliggeblich daran be-teiligt sei Michael Gottschlich vom bayerischen Wirt-schaftsministerium ndash der auch im Publikum saszlig (su)
bdquoWas ist eigentlich die Alternativeldquo fragte DollendorfTTIP sei kein Abkommen zwischen Deutschland und denUSA sondern den Laumlndern der Europaumlischen Union undden USA Es gebe fast 50 Freihandelsabkommen die durchdie EU derzeit betrieben wuumlrden ndash keines davon habe sovielAufmerksamkeit erhalten wie TTIP Den Wunsch sich ein-zubringen bezeichnete Dollendorf als bdquowunderbare Ent-wicklungldquo Immer mehr in den Vordergrund trete auch dasThema bdquopublic valueldquo ndash bdquowas hat die Gesellschaft davonldquo
Auch die Veranstaltung hier diene dazu offene Fragen zuklaumlren Steine aus dem Weg zu raumlumen und mit dem Themavoranzukommen
Kontraumlre Standpunkte wurde auf der Podiumsdiskussion angesprochen
bdquoEs gab noch nie
ein eigenes Kapitel
fuumlr kleine und mit-telstaumlndische Unter-
nehmenldquoFrank Dollendorf
TPP = Trans-Pacific Partnership zwischen zwoumllf Laumlndern Diese Laumlnder sind die USA Australien Brunei Chile Japan Kanada Malaysia Me-xiko Neuseeland Peru Singapur und Vietnam
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Eine Wirtschaftsverfassung fuumlr multinationaleKonzerne
bdquoIn dieser Diskussion werden viele Nebelkerzen gewor-fenldquo erzuumlrnte sich Juumlrgen Maier bdquoGegen Handel als sol-chen hat ja niemand wasldquo sagte er Der Handel zwischenden USA und der EU boome bdquodie intensivste Handelsbe-ziehung der Weltldquo auch die Investitionsstroumlme wuumlrden grouml-
szliger es gaumlbe keine signifikanten Probleme Auf eine parla-mentarische Anfrage im Bundestag und im Europaparla-ment wo etwa Investoren aus Amerika in Europa und um-gekehrt vor Gericht nicht Recht bekommen haumltten haumlttenweder die Kommission noch der Bundeswirtschaftsminister Beispiele nennen koumlnnen
bdquoEs geht um die Einfuumlhrung eines Schiedsgerichtsverfah-rens wo Investoren Sonderrechte bekommen NormaleMenschen haben diese Sonderrechte nichtldquo so Maier bdquoDasist der Punkt um den es geht Lassen Sie sich da keine Maumlr-chen erzaumlhlenldquo Er ver-langte eine balancierteAuslegung zwischen
Rechten und Pflichten85 Entwicklungslaumlnder haumltten vorgeschlageneinen neuen Vertrag uumlber Rechte und Pflichten vonInvestoren und multina-tionalen Konzernen aus-zuhandeln ndash aber dieschaumlrfsten Kritiker seiendie EU und die USA soMaier bdquoEs geht darumdass wir eine globale Wirtschaftsverfassung haben die
heutzutage nicht mehr stimmt die zu sehr einseitig fuumlr mul-tinationale Konzerne ausgerichtet ist ndash und das stoumlszligt immer wieder auf oumlffentliche Kritik ndash darum geht esldquo
Maier verdeutlichte seine Meinung am Beispiel der Landwirtschaft In Deutschland und der EU seien immer mehr Menschen der Meinung der Weg in die Agrarindus-trie fuumlhre in die Irre Man muumlsse zuruumlck zu einer regionali-sierten zu einer baumluerlichen Landwirtschaft ndash bdquound dieagrarindustrielle Massentierhaltung Massenmilchproduk-tion Glyphosat-verseuchte Pestizide insbesondere in Suumld-amerika oder genmanipuliertes Soja wollen die Menscheneinfach nichtldquo Da passe auch ein solches Freihandelsab-kommen nicht wo man Milchmaumlrkte globalisiere wo manSchweinefleischmaumlrkte globalisieren moumlchte etc bdquoDas
passt nicht mehr in die heutige Zeitldquo Die Menschen woll-ten Freihandelsabkommen die regionalisierte Produktevoran treiben bdquoIst das denn illegitim so etwas zu wollenldquofragte Maier bdquoNein das ist im besten Sinne konservativldquoantwortete er sich selbst
Bisher treibe man in Europa noch sozialvertraumlglichenHandel ndash das duumlrfe man nicht uumlber Bord werfen so Maier weiter Niemand duumlrfe solche Abkommen dekretierenweder Kommissionen noch Umweltverbaumlnde bdquoWir brau-chen eine breite Diskussion was sind unsere Werte waswollen wirldquo Das sei keine Marotte verwoumlhnter weicher
Bayern Diese Diskussion werde auf der ganzen Welt ge-fuumlhrt bdquoDiese Handelspolitik wie sie die Kommission unsmit undemokratischen Methoden uumlberziehen will hat keineChanceldquo schloss Maier seinen Diskussionsbeitrag ab
Dass es keine Probleme gibt ndash das ist voumlllig falschbdquoWir erfinden hier nichts Neues Deutschland ist der Er-
finder dieser Investitionsschutzabkommenldquo schaltete sichMichael Gottschlich Referatsleiter im bayerischen Wirt-schaftsministerium (StMWi) aus dem Publikum in die Dis-kussion ein Es gaumlbe viele Laumlnder wo man so ein Instru-ment brauche damit Investoren auf Rechtsstaatlichkeit ver-
trauen koumlnnten Schon seit den 1950er Jahren habeDeutschland solche Abkommen geschlossen um hiesigeInvestoren zu schuumltzen fuumlhrte Gottschlich aus Im 21 Jahr-hundert muumlsse man das ganze System einmal anpassen In-vestoren seien vor indirekter Enteignung zu schuumltzen Auchdie Transparenz der TTIP-Verhandlungen sei verbessertworden bdquoVieles was kritisiert worden ist hat man aufge-griffenldquo so Gottschlich bdquoWir brauchen dieses Instrumentin vielen vielen Laumlndernldquo fuhr er fort Zwischen Deutsch-land und den USA brauche man das Abkommen nicht un-
bedingt ndash aber es gaumlbe einige EU-Staaten da sei das Rechtssystem nichtganz so ausgepraumlgt wie in Deutsch-
land Viele Laumlnder haumltten Investitions-schutzabkommen wuumlrden diese aber auch gerne auf einen aktuellen Stand
bringen bdquoWenn wir ein solches Ab-kommen haben wollen muss es einambitioniertes Instrument seinldquo ver-langte Gottschlich Die Kritikpunktean den alten Abkommen seien jetztaufgegriffen und von der EU-Kom-mission in den Verhandlungen vorge-schlagen worden Zusammen mit
jedem Handelsabkommen solle man ein Investitionsschutz-
abkommen treffen damit man nicht nur die Laumlnder diskri-miniere denen man vielleicht nicht so vertraue
bdquoDass es keine Probleme gibt ndash das ist voumlllig falschldquowarnte Gottschlich davor TTIP aus deutscher Sicht alsnicht notwendig zu bezeichnen bdquoEs gibt viele viele kleine
und mittelstaumlndische Unter-nehmen die koumlnnen keinenHandel mit den USA trei-
benldquo betonte der ExperteViele Probleme wuumlrden imregulatorischen Bereich lie-gen bdquoUnterschiedlicheStandards doppelte Zertifi-zierungsverfahren ndash dastreibt die Kosten fuumlr einkleines mittelstaumlndischesUnternehmen in die HoumlheldquoFuumlr einen groszligen Automo-
bilhersteller sei das keinProblem bedeuteten fuumlr ein kleines Unternehmen aber schnell 20 bis 25 Prozent Mehrkosten bdquoDas ist eine abso-lute Marktzugangshuumlrdeldquo TTIP bringe gerade kleinen undmittelstaumlndischen Unternehmen besondere Vorteile nichtnur den Groszligunternehmen sondern gerade dem Mittel-stand 99 Prozent aller Unternehmen in Deutschland sind
kleine und mittelstaumlndische Unternehmen gewichtete Gott-schlich Nur zu sagen es ging uns doch gut wir braumluchtendas nicht waumlre voumlllig falsch betonte Gottschlich noch ein-mal bdquoWir wollen einfach das abbauen was sich unsinniger
Michael Gottschlich StMWVI
bdquoUnterschiedliche Stan-
dards doppelte Zerti1047297zie-rungsverfahren ndash das treibt
die Kosten fuumlr ein kleines
mittelstaumlndisches Unter-
nehmen in die HoumlheldquoMichael Gottschlich
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Weise in den vergangenen Jahrzehnten aufgebaut hatldquo ver-einfachte Gottschlich das Vorhaben Diese Buumlrokratie dieman nicht brauche abzubauen bringe etwas fuumlr den Wohl-stand die Arbeitsplaumltze und die Menschen in BayernDeutschland und der EU
Uumlbermittlungsprobleme zu Lasten der Bevoumllkerung
Moderator Pierre Rafih draumlngte trotz aller Wichtigkeitdes Themas doch mehr am Titel der Veranstaltung ndash bdquoFol-gen fuumlr Entwicklungslaumlnderldquo zu bleiben bdquoMich wuumlrde vielmehr interessieren wie sinddie Auswirkungen auf dieIndividuenldquo fragte ein Teil-nehmer aus dem PublikumIn Afrika werde es in ein
paar Jahren eine Verdoppe-lung der Bevoumllkerunggeben Wirtschaft seiimmer eine Chance fuumlr Ent-wicklung Besonders in
landwirtschaftlichen Berei-chen verlasse man sich auf afrikanische Exporte Wassei dort zu erwarten wurdeGithinji gefragt
Von den 79 Laumlndern wuumlrden nicht alle zu den Gewinner zaumlhlen erwiderte der ACP-Vertreter Aber wie wuumlrde es beiden aumlrmeren Laumlndern aumlrmeren Bevoumllkerungen aussehendifferenzierte er die Frage Es sei nicht selten der Fall dass
politisches Handeln in den Entwicklungslaumlndern ohne dieEinbindung der bdquoStakeholderldquo erfolge ndash darin liege ein gro-szliges Problem so Githinji Technokraten fuumlhrten die interna-
tionalen Verhandlungen ohne jegliche Konsultation DieUnterhaumlndler wuumlrden nicht uumlber die Kapazitaumlt verfuumlgen dieBeduumlrfnisse und Wuumlnsche ihrer Bevoumllkerung sowie die In-teressen ihrer Laumlnder klar zu vermitteln bdquoWir hatten beivielen Verhandlungen mit Partnern uumlber wirtschaftliche Ko-operation versucht dieses Uumlbermittlungsproblem anzuge-hen indem wir sicherstellten dass all die Nutznieszliger miteinbezogen warenldquo berichtete Githinji Was sich aus sol-chen Verhandlungen ergibt haumlnge von den Machtverhaumllt-nissen zwischen den Parteien ab und von der Moumlglichkeitdiese Macht auszuspielen um das Verhandlungsresultat zu
beeinflussen bdquoIn manchen Faumlllen haben wir die Erfahrunggemacht dass die Gegenpartei den Verhandlungsverlauf und damit auch das zu erzielende Resultat von vornehereinfestlegtldquo so der ACP-Repraumlsentant So sei fuumlr die meistenEntwicklungslaumlnder diese Situation nicht einfach und letzt-lich sei die Bevoumllkerung Leidtragender der beschlossenenVereinbarungen Manche suchten dann auf dem Weg der Migration nach besseren Lebenschancen bdquoDies wird fort-dauern solange wir keine Wirtschaftsentwicklung vorwei-sen koumlnnenldquo Deswegen sei es wichtig Politik-Kohaumlrenzzu gewaumlhrleisten sodass jede Maszlignahme und Entschei-dung die in der EU oder den USA und anderen Industrie-laumlndern getroffen werde nicht negativ auf die Laumlnder desSuumldens und ihre Bevoumllkerung wirke
Verhandlungspartner auf AugenhoumlheDie USA haumltten in den vergangenen Jahren viele Abkom-
men mit Laumlndern getroffen wo man eindeutig von einem
politischen Machtgefaumllle sprechen koumlnne ging JoachimMenze auf die Entwicklungslaumlnder ein Eine einfache Ver-handlungsposition und starke Durchsetzungsfaumlhigkeit sei-tens der USA sei da zu beobachten gewesen Nun seien dieUSA zum ersten Mal in der Situation dass sie es mit einemgleichwertigen Verhandlungspartner auf Augenhoumlhe zu tunhaumltten so Menze Beide Seiten wuumlrden diesmal sehr starke
Interessen einbringen bdquoDas Ergebnis wird ganz sicher alssog Goldstandard in die weiteren Verhandlungen einge-henldquo glaubt der Vertreter der EU-Kommission Wenn manin ein paar Jahren bei-spielsweise mit Bolivienverhandle koumlnne mannichts schlechteres anbie-ten als den USA erlaumlu-terte Menze Das wuumlrdeim internationalen Ver-kehr sonst als Herabwuumlr-digung betrachtet werdenbdquoFuumlr die kleineren nicht
so wirtschaftsstarkenStaaten wird dieses Ab-kommen eine groszlige Be-deutung habenldquo
Abkommen kopieren ist keine Politik fuumlrdas 21 Jahrhundert
bdquoWie koumlnnen sie den Entwicklungslaumlndern helfen dasssie partizipieren koumlnnenldquo kam eine weitere Frage aus demPublikum Wie koumlnne Technologie in diese Laumlnder gebrachtwerden obwohl die Leute dort sehr wenig davon verste-hen Juumlrgen Maier bezeichnete das als einfach bdquoDie Ent-
wicklungslaumlnder koumlnnen in der WTO auf Augenhoumlhe ver-handeln und zu Ergebnissen kommenldquo Da kaumlme man auchzu Ergebnissen die alle Interessen gleichmaumlszligig widerspie-gelten Die Version die die Kommission vorschlage dassarme Laumlnder das Abkommen kopieren koumlnnten sei keinePolitik die im 21 Jahrhundert zukunftsfaumlhig waumlre Mankomme deshalb nicht weiter weil man nicht bereit sei mitRegierungen aus Afrika auf Augenhoumlhe zu verhandeln soMaier weiter
Infrastruktur-Projekte foumlrdernZusammen mit dem Bundeswirtschaftsministerium und
dem BMZ organisiere die IHK Muumlnchen auch Manager-Fortbildungen um Unternehmer aus Bayern und Entwick-lungslaumlndern zusammenzubringen berichtete DollendorfEntwicklungszusammenarbeit sei ein ganz wichtigesThema bdquoEs gibt in Bayern den so genannten EZ-Scout fuumlr Bildungszusammenarbeitldquo so Dollendorf Diese Personhabe nichts anderes zu tun als mit bayerischen Unterneh-men zu uumlberlegen wie man in Schwellenlaumlndern Projektevorantreiben koumlnnte Es gehe darum ganz gezielt loumlsungs-orientierte Maszlignahmen zu ergreifen Am 3 November soDollendorf werde das Afrika-Infrastuktur-Forum bdquoBe myguestldquo (Anm wwwafrikavereinde) durchgefuumlhrt dasgenau den von Prof Felbermayr schon angesprochenen
Mangel in der Infrastruktur vieler Entwicklungslaumlnder fo-kussiere Repraumlsentanten aus neun afrikanischen Laumlndernwuumlrden dort zugegen sein um ihre Infrastruktur-Projektevorzustellen und um Investoren zu werben
bdquoDas Ergebnis
wird ganz sicher
als Goldstandard
in die weiteren
Verhandlungen
eingehenldquoJoachim Menze
Pierrre Rafih moderierte die Podi-umsdiskusison
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Handel ist wichtig aber Freihandel schadetden Entwicklungslaumlndern
bdquoWas ist Entwicklungldquo fragte ein Teilnehmer afrikani-scher Herkunft aus dem Publikum Entwickelte Laumlnder wuumlrde sich aus seiner Sicht durch zwei Aspekte auszeich-nen einen hohen technologischen Stand ndash und dass vieleWirtschaftszweige fuumlreinander produzieren wuumlrden bdquoDiese
interne Verbundenheit ist wesentlichldquo Handel sei wichtigaber Freihandel schade den Entwicklungslaumlndern Auchentwickelte Laumlnder haumltten sich nicht mit Freihandel entwi-ckelt bdquosondern gerade in einem gelenkten Handelldquo DieHandelsstroumlme seien so gelenkt worden dass ihre eigenenWirtschaften nach vorne gebracht wurden Das werde ein-fach voumlllig vergessen
Zwischen Reich und Arm gibt es heute keinewirklichen technologischen Barrieren mehr
Prof Felbermayr fuumlhlte sich angesprochen und antwor-tete direkt darauf bdquoWenn sie das aus der historischen Per-spektive betrachten dann ist das vielleicht auch richtigldquo
Heute lebe man aber in einer Welt wo es keine wirklichentechnologischen Barrieren mehr zwischen Reich und Armgaumlbe Sehr viele Studien wuumlrden bestaumltigen dass institutio-nelle Probleme in den Laumlndern vor Ort der Grund seienwarum diese nicht am Handel teilnehmen wuumlrden Er haltees sogar fuumlr gefaumlhrlich wenn man sage bdquodas ist die boumlseHandelspolitik des Westensldquo Damit wuumlrde man Versaumlum-nisse entschuldigen die vor Ort stattfinden dass Panzer ge-kauft statt Straszligen gebaut werden Das sei aber in vielenarmen Laumlndern bdquoein Stuumlck weit Realitaumltldquo Schon seit demGATT-Abkommen 1947 sei ein zollfreier Marktzugang fuumlr arme Laumlnder geregelt Das habe leider nicht dazu gefuumlhrt
dass es in diesen Laumlndern eine Industrialisierung gegebenhabe Die Frage sei natuumlrlich zu stellen warum dies nichtzu einer Entwicklung gefuumlhrt habe
Ein Stuumlck vorwaumlrts gekommenAbschlieszligend bedankte sich Pierre Rafih noch einmal bei
allen Referenten und Diskussionsteilnehmern sowie demPublikum fuumlr das Interesse Man habe zu diesem sehr kom-
plexen Thema sicher keine endguumlltigen Antworten gebenkoumlnnen bdquoAber ich hoffe dass wir ein paar neue Fragenhaben dass wir ein Stuumlck weit auf dem Weg gekommensind und weiter offen bleiben und nicht mit einer gefestig-ten Meinung nach Hause gehen ndash das ist nicht die Art der Wissenschaft Wir wollen immer weiter forschen und unsselbst fragen was wir tun sollen Ich bin uumlberzeugt dass
jeder von heute Abend etwas mitnehmen wirdldquo
Vernetzt - verlinkt
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SID Chapter Muumlnchensid-munich-chapterorg
Dokumentation des hier beschriebenen Dialogbuumlhne TTIPsid-munich-chapterorgpresse
Hochschule fuumlr Angewandtes Management Erding beiMuumlnchenfhamde
BMZ bmzde
ifo-Institut Muumlnchencesifo-groupde
Vertretung der Europaumlischen Kommission in Muumlncheneceuropaeudeutschlandcommissionofficesmunichindex_dehtm
ACPacpint
IHK MuumlnchenO berbayernmuenchenihkde
Forum Umwelt und Entwicklung Berlinforumuede
Mit freundlicher Unterstuumltzung vonImpressum
ViSdP Gesellschaft fuumlr Internationale Entwicklung (SID) Muumlnchen eVDr F Kayode Salau Peter-Rosegger-Straszlige 29 86415 Meringinfosid-munich-chapterorgRedaktion Dr F Kayode SalauDr Volker Goumlbner (Pressebuumlro Schreib-WUT Neusaumlszlig)
Alle Aussagen auch zu rechtlichen Aspekten geben die Aumluszligerungender jeweiligen Redner(innen) bei der Veranstaltung am 22 Oktober 2015wieder und sind weder sachlich noch juristisch gepruumlft
Internationales Buffet Nach reichlich geistiger Nahrung fuumlr den Kopf kam auch
der Bauch zu seinem Recht Fatima von Kaehne (SchlossBlumenthal bei Aichach) hatte ein ebenso umfangreicheswie leckeres internationales Buffett aufgebaut ZahlreicheGespraumlche in kleinen Kreisen rundeten den Abend ab
Internationales Buffet ndash aus allen Handelszonen der Welt von der Ananas bis zur Zucchini
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Auch die Wertschoumlpfungsketten seien ein wichtiges Ele-ment in der Diskussion Die Struktur der Importe der EUaus Entwicklungslaumlndern korreliere nur schwach mit der Struktur der Importe aus den USA Daher sollte man keineallzu groszligen Verdraumlngungseffekte feststellen koumlnnen Man-che Drittlaumlnder seien schon heute stark in die Wertschoumlp-
fungsketten der EU oder USA integriert weil sie bilateraleAbkommen haben (Mexiko durch NAFTA die Tuumlrkeidurch die europaumlische Zollunion) Die Firma Leoni produ-ziere beispielsweise Kabelbaumlume fuumlr die deutsche Automo-
bilindustrie in Marokko Sollte die deutsche Autoindustrievielleicht durch TTIP (bdquonach dem VW-Skandalldquo) weiter wachsen dann wuumlrden die Kabelbaumproduzenten mitge-zogen erlaumluterte Felbermayr Handelsumlenkungseffektedie sicher stattfinden wuumlrden wuumlrden in vielen Laumlndernwohl nicht dominant sein bdquoDas Bild das man erhaltenwird wird ein gemischtes seinldquo
Neuere Studien wuumlrden diese Zweideutigkeit staumlrker ab- bilden die Felbermayr gerade herausgearbeitet hattebdquoManche Entwicklungslaumlnder verlieren manche gewin-nenldquo so die lapidare Zusammenfassung Uumlber die Groumlszligen-ordnung ein Prozent ein halbes oder zwei Prozent dakoumlnne man streiten Man muumlsse die Entwicklung dieser Laumlnder auch unter dem Aspekt bdquobusiness as usualldquo (ohne
TTIP) betrachten zum Vergleich dann mit TTIP TTIP seiim Vergleich zu vielen Abkommen die mit Entwicklungs-laumlndern schon bestehen wuumlrden wirtschaftlich eher unbe-deutend fuumlr diese Wenn der asiatische Raum das RCEP-Abkommen verhandele bdquodann ist das ungleich wichtiger als TTIPldquo betonte Felbermayr Gleiches gelte fuumlr andereregionale Abkommen wie auch solche die China und dieUSA im pazifischen Raum betreffen
Felbermayr zeigte mit einer Weltkarte welche Laumlnder von TTIP langfristig profitieren wuumlrden und welche nichtDie Laumlnder der Nordhalbkugel waren da gruumln gefaumlrbt fuumlr steigende Pro-Kopf-Einkommen die USA mit einem Zu-wachs von 27 die EU mit 21 dazu auch viele Laumlnder
in Afrika Mittelost und Asien Etliche wuumlrden gar keineVeraumlnderung erfahren und einige ein geringeres Realein-kommen verzeichnen muumlssen Der Durchschnitt der Nicht-TTIP-Laumlnder war mit - 003 angegeben bdquoDiese Land-karte sieht anders aus als die die wir vor drei Jahren pro-duziert habenldquo ging Felbermayr auf die veraumlnderten Er-gebnisse neuer und alter Studien ein bdquoFuumlr die Welt insge-samt ist TTIP kein Nullsummenspiel Die Welt insgesamtwird reicher Insgesamt wird der Kuchen mehrldquo fasste Fel-
bermayr die prognostizierten Ergebnisse fuumlr die Welt zu-sammen
Prof Gabriel Felbermayr hatte die weltweiten Effekte von TTIP in einer Simulation durchgerechnet Waumlhrend langfristig die TTIP-Laumlnder (EU und USA)mit einem Zuwachs zwischen zwei und drei Prozent rechnen koumlnnen mittelt sich der Nachteil fuumlr Nicht-TTIP-Laumlnder etwa auf plusminus Null
Prof Gabriel Felbermayr
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Felbermayr verglich die voraussichtlichen Wachstums-raten einiger Laumlnder in Form einer groben Abschaumltzung Sowachsen etwa Kambodscha China oder Indien um jaumlhrlichfuumlnf bis 75 Prozent Akkumuliert auf zehn Jahre wuumlrdesich dies auf Zuwachswerte von 60 bis 100 Prozent sum-mieren Der Einfluss dort von TTIP nach zehn Jahren (so-lange wuumlrde ein Abkommen brauchen um Auswirkungen
zu zeigen) betrage zwischen -01 und -05 Prozent DasRCEP-Abkommen werde hingegen zu einem Wachstums- plus nach zehn Jahren von 15 bis fuumlnf Prozent fuumlhrenbdquoEine existentielle Bedrohung fuumlr Entwicklungslaumlnder ausTTIP abzuleiten ist einfach Unfugldquo folgerte Felbermayr aus diesen Zahlen bdquoTTIP muss man als Baustein sehenDas ist nicht das einzige was in der Welt passiertldquo
Fuumlr Deutschland insbesondere die Automobil-Industriesei dieser Einigungsprozess im asiatischen Raum gar nichtgut warf Felbermayr einen Blick aus der hiesigen Warteauf RCEP
10 Punkte auf dem Weg zu einem
fairen WelthandelssystemUm TTIP zu einem Baustein fuumlr ein faires Welthandels-
system zu machen stellte Felbermayr zehn Forderungenauf Die ersten vier fasste er unter dem Motto bdquoHandelsum-lenkungseffekte minimierenldquo zusammen1 TTIP muss so gestaltet werden dass Handelsumlen-
kungseffekte minimiert werden Dafuumlr muumlssten Ur-sprungsregeln groszligzuumlgig ausgestaltet werden Dies be-treffe die Frage wann ein Gut ein europaumlisches Gut seiund zollfrei in die USA exportiert werden koumlnne Solltezu viel Vorleistung darin stecken koumlnnte es sonst nichtals bdquoeuropaumlisches Gutldquo anerkannt werden bdquoDie Frage ist
Wo setzt man da die Grenzen anldquo Vor allem die deutscheEntwicklungspolitik muumlsse hier dahinter her sein DasFreiverkehrsprinzip koumlnne eine Loumlsung sein Nur wo sichAuszligenzoumllle der USA und der EU hinreichend unterschei-den wuumlrden sei eine Ursprungsregel sinnvoll
2 Die gegenseitige Anerkennung von Standards muumlsste auf Drittstaaten ausgedehnt werden Denn sonst habe einProdukt das in Marokko nach amerikanischen Standardshergestellt werde keine Chance bdquoMan muss weg vomHerkunftslandprinzip hin zu einem produktbezogenenStandardprinzipldquo Auch da koumlnne Deutschland massiv
profitieren Denn dann braumluchte man globale Zertifizie-rungsstellen ndash ein Bereich in dem Deutschland dank sei-ner Ingenieure oder dem in vielen Laumlndern der Welt ak-tiven TUumlV schon lange aktiv ist
3 bdquoDie dritte Forderung waumlre Transparenz TransparenzTransparenzldquo Auch bdquodie Auszligenseiterldquo muumlssten wissenwas geplant werde und muumlssten ihre Stimme ndash ob nunals Verhandlungspartner oder nicht ndash erheben koumlnnen
4 Die Doha-Runde muumlsse man schlieszliglich thematisch ver-schlanken und abschlieszligen
Die naumlchsten beiden Forderungen uumlberschrieb Felbermayr mit bdquoHandelschaffungseffekte maximierenldquo5 Man solle versuchen die Entwicklungslaumlnder staumlrker in
die deutschen und europaumlischen Wertschoumlpfungsketteneinzubinden Darin koumlnne man das BMZ und andere Or-ganisationen nur bestaumlrken bdquoDas bedeutet haumlufig aberdass vor Ort Reformen stattfinden muumlssenldquo Hindernis
Nummer eins sei immer dass vor Ort die Infrastruktur fehle und meist nur Kuumlstenregionen integriert werdenkoumlnnten Da muumlsse man uumlber Infrastrukturfinanzierungsprechen
6 Nord-Suumld-Handelsabkommen der EU (und ihrer Laumlnder)wuumlrden dazu fuumlhren dass vor allem arme Drittstaatenstaumlrker in die Wertschoumlpfungsketten kaumlmen
Den dritten Bereich stellteFelbermayr schlieszliglichunter den Begriff bdquoFair-nessldquoFairness sei fuumlr Oumlkonomenein riesen Problem bdquoWir wissen nicht was das istldquoging Felbermayr von wis-senschaftlicher Seite auf diefehlende Definition einHier komme es oft auf diePerspektive an
7 TTIP duumlrfe keine bdquoWirt-schafts-NATOldquo sein
8 Perspektiven fuumlr die Oumlff-nung von TTIP fuumlr Drittstaaten muumlssen glaubwuumlrdig ver-ankert werden bdquoDas bedeutet nicht dass man Drittstaa-ten heute mit an den Verhandlungstisch lassen mussldquoVerschiedene Laumlnder haumltten bereits ihr Interesse an einemBeitritt angemeldet
9Suumld-Suumld-Freihandelsabkommen muumlssten unterstuumltzt wer-den insbesondere in Afrika Mit Know-how koumlnne mansich dort engagieren
10 bdquoDie WTO muss sich noch staumlrker als bisher als sbquoCoachrsquo
und Anwalt kleiner und armer Laumlnder stark machenldquo DasMandat dafuumlr habe die WTO Von den 160 Mitgliedslaumln-dern seien rund 100 Entwicklungslaumlnder blickte Felber-mayr auf die dortige Gewichtung bdquoDas Gewicht ist daSie muumlssen nur ihre Stimme erheben ndash und ich denkedas koumlnnen sie auchldquo schloss Prof Bernhard Felbermayr seine Ausfuumlhrungen
Gabriel Felbermayr stellte zehnForderungen zu TTIP auf
Bronzene Waumlchter am Veranstaltungsort Prof Dr Werner Heisenbergund Prof Dr Max Planck die Namensgeber des Instituts wo die Dialog-buumlhne des SID stattfand
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PodiumsdiskussionPro und Contra TTIP
Seit Jahren bewege TTIP die Men-schen die Resonanz in Medien undPolitik sei sehr groszlig leitete PierreRafih von der Hochschule fuumlr Ange-wandtes Management Erding einemder beiden Veranstalter der Dialog-
buumlhne die Podiumsdiskussion ein Beiderart komplexen Themen sei es wich-tig sich zu informieren und von Ex-
perten beraten zu lassen nicht nur auf Meinungen zu setzen Vier Expertensollten daher das Thema auf dem Po-dium von verschiedenen Seiten be-leuchten Rafih stellte sie vorbull Joachim Menze Leiter der Vertretung der Europaumli-
schen Kommission in Muumlnchenbull Morgan Githinji Senior Expert in Multilateral Trade
der ACP ndash African Caribbean Pacific Group of StatesBrussels Office
bull Frank Dollendorf Leiter Bereich Auszligenwirtschaft der Industrie- und Handelskammer (IHK) fuumlr Muumlnchenund Oberbayern
bull Juumlrgen Maier Geschaumlftsfuumlhrer des Forums Umwelt undEntwicklung Berlin
Angeglichene Standards senken die Kostenauch in Drittstaaten
Die Kommission gehe davon aus dass TTIP auf Ent-wicklungslaumlnder wenig Auswirkungen habe ndash und wenn
dann positive brachte Joachim Menze (Leiter der Vertre-tung der Europaumlischen Kommission in Muumlnchen) die Bruumls-seler Perspektive auf einen Nenner Der Handel zwischender EU und den USA stehenicht wirklich in Konkur-renz zu den Produkten ausdieser Staatengruppe DieErleichterung des transat-lantischen Handels wuumlrdenicht dazu fuumlhren dass der Handel mit anderen Staatenerschwert wird bdquoGanz imGegenteil Wir gehen
davon aus dass angegli-chene Standards zwischender EU und den USA auchfuumlr Produzenten in Dritt-staaten zu Kostensenkungen fuumlhren da eben nicht mehr un-terschiedliche Standards bedient werden muumlssenldquo
25 der Arbeitsplaumltze in Bayern sind vominternationalen Handel abhaumlngig
Die IHK Muumlnchen und Oberbayern ist mit rund 400000Mitgliedern die groumlszligte IHK Deutschlands ndash was schlichtdem sehr gut prosperierenden Standort geschuldet sei Das
internationale Geschaumlft boome so Frank Dollendorf (Leiter Bereich Auszligenwirtschaft der Industrie und Handelskammer IHK fuumlr Muumlnchen und Oberbayern) Das Bruttoinlandspro-dukt des Freistaates betrage 522 Milliarden Euro (im Jahr
2014) ndash bdquo50 Prozent davon werden im Ausland generiertldquoso Dollendorf 22 Prozent houmlhere Loumlhne als im internatio-nalen Vergleich wuumlrden in dieser Region bezahlt 25 Pro-zent der Arbeitsplaumltze seien vom internationalen Handel ab-
haumlngig Es werde nicht uumlberraschen dass er als Vertreter einer IHK daher grundsaumltzlich fuumlr den Freihandel eintrete
Wichtig seien in diesem Zusammenhang die Themen Nachhaltigkeit und die Ver-antwortung des Unterneh-mers und der WirtschaftSchon das IHK-Grundge-setz von 1956 schreibe festdass die IHK bdquofuumlr die Wah-rung von Anstand und Sittedes ehrbaren Kaufmanns
beizuwirkenldquo hat Der alt-
hergebrachte Begriff desbdquoehrbaren Kaufmannsldquo seiaktueller denn je so Dol-lendorf Die Verantwor-tung die ein ehrbarer Kauf-mann an den Tag legen sollte hat mit Nachhaltigkeit zutun Das Nachhaltigkeitsthema sei daher innerhalb vonTTIP ein wichtiger Aspekt Bei den momentanen Diskus-sionen der Verhandlungspartner in Miami sei es daher wichtig dieses Thema aufzugreifen
Standards werden zu Handelsbarrierenfuumlr Entwicklungslaumlnder ndash bdquoGive us a chanceldquo
Morgan Githinji Vertreter der Laumlndergruppe ACP (Afri-can Caribbean Pacific Group of States) in Bruumlssel be-dankte sich fuumlr die Einladung zu diesem Dialog 79 Laumlnder gehoumlrten zu der ACP-Gruppe den Laumlndern Afrikas der Ka-ribik und der Pazifik-Gruppe ndash allesamt Laumlnder die mitEntwicklungsherausforderungen konfrontiert sind Vielesind unterentwickelte Laumlnder kleine Insel- und Binnenstaa-ten
ACP habe sich mit TTIP befasst und dabei drei Bereichedefiniert die wichtig fuumlr diese Laumlndergruppe sind
Zum einen sei da die Handelsumlenkung Dies betreffevor allem bestimmte Produktbereiche mit besonders hohen
Zoumlllen wie beispielsweise in der Automobilbranche Sokoumlnnten etwa in Suumldafrika produzierte Autos nicht mehr wie bisher in die USA exportiert werden wenn Autoher-steller in Europa aufgrund TTIP guumlnstigere Zoumllle und Kon-
Auf dem Podium diskutierten (von links) Juumlrgen Maier Frank Dollendorf Moderator Pierre RafihMorgan Githinji und Joachim Menze
Frank Dollendorf
Joachim Menze
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ditionen fuumlr ihre Exporte in die USA bekommen wuumlrdenFuumlr Suumldafrika wuumlrde dieser Markt dann wegfallen ndash eineHandelsverlagerung zugunsten Europas befuumlrchtet Git-hinji
Zum zweiten gehe es um die Harmonisierung von Pro-duktstandards zwischen den TTIP-Vertragspartnern DieACP-Vertreter wuumlrden befuumlrchten dass diese Standards all-
maumlhlich in die WTO integriert werden ndash was schlieszliglich zueiner groszligen Handelsbar-riere fuumlr Entwicklungslaumln-der fuumlhren werde Um dieseStandards zu erfuumlllen seienenorme Investitionen in denACP-Staaten zur Verbesse-rung von Fachwissen undProduktqualitaumlt noumltig Au-szligerdem muumlssten Institutio-nen geschaffen werden diedie betroffenen Hersteller
bei der Erfuumlllung der Stan-
dards unterstuumltzen Durchdiese Maszlignahmen wuumlrdenzusaumltzliche Kosten entstehen ndash ein klarer Nachteil fuumlr dieExporte dieser Staaten
Zum dritten wuumlrden sich die Verhandlungen auf das mul-tilaterale Handelssystem auswirken Aus Sicht der ACP-Staaten sei die WTO ein formelles international anerkann-tes Forum fuumlr globale Handelsverhandlungen Auch wenn
bilaterale und regionale Verhandlungen heute gang undgaumlbe seien sei anzumerken dass dies dazu tendierenwuumlrde die geltenden Regelungen innerhalb der WTO zuunterminieren bdquoDas koumlnnte zu Problemen fuumlr viele kleinere
Laumlnder fuumlhren wie ich sie repraumlsentiereldquo so Githinji Daswirke sich auch auf die kommende Mi-nister-Tagung der WTO die fuumlr denDezember geplantist aus Bis heutesei noch nicht ein-mal eine Agendaaufgestellt Ergeb-nisse seien nicht ab-zusehen Weiter be-
fuumlrchtete Githinji dass die bdquoDoha Development Agendaldquo(DDA) ein Schluumlsselthema der WTO in Gefahr gerateweil in den Augen der Hauptakteure des globalen Handelsdie WTO keine Ergebnisse in ihrem Sinne liefere bdquoFuumlr unsschwache Laumlnder ist die WTO gut weil wir darin eineStimme habenldquo betonte Githinji bdquoDort koumlnnen wir unsereBeduumlrfnisse zum Ausdruck bringenldquo Die Hauptakteurehaumltten bereits angedeutet dass auf die DDA gleich ganzverzichtet werden koumlnne wenn auf der Minister-Tagung imDezember in Nairobi keine Einigkeit erzielt werde
Die bdquoAgenda 2063ldquo die in Afrika initiiert wurde sei eineder Antworten auf diese Situation erlaumluterte Ginthinji Wei-ter sei ein bdquoFree Trade Agreementldquo (FTA) geschaffen um
mit den groumlszligeren Wirtschaftsakteuren auf Augenhoumlhe ver-handeln zu koumlnnen bdquoWenn wir uns richtig organisierenkoumlnnen glauben wir dass wir mit unseren Ressourcen inder Lage sind eine verhandlungsfaumlhige Macht darzustel-
lenldquo bezog sich Githinji auf Afrika Wenn die Technologienentwickelt wuumlrden koumlnnten diese Laumlnder ihre Ressourcenauch selber nutzen
Die ACP-Staaten appellierten an die EU und die USAdie Interessen von Entwicklungslaumlndern bei den aktuellenVerhandlungen im Rahmen von TTIP zu beruumlcksichtigenbdquoDas Abkommen darf keineswegs zur Beeintraumlchtigung der
Entwicklungsprozesse unserer Laumlnder fuumlhrenldquo Afrika sollenicht auf eine Rolle als Exporteur von Rohstoffen be-schraumlnkt werden betonte Githinji Ansonsten waumlre eine In-dustrialisierung in diesen Entwicklungslaumlndern nicht moumlg-lich ihre Teilnahme an der globalen Wertschoumlpfungskettewuumlrde sehr schwierig werden bdquoGive us a chanceldquo appel-lierte Githinji
Wollen wir eigentlich immer mehrLiberalisierung Deregulierung Globalisierung
Es sei schoumln wenn nun nach so viel TTIP-Werbung auchein Kritiker zu Wort kommen duumlrfe ergriff Juumlrgen MaierGeschaumlftsfuumlhrer des Forums Umwelt und Entwicklung in
Berlin das Wort Er gehoumlre zu denen die die groszlige De-monstration kuumlrzlich veranstaltet hatten
bdquoVielleicht sind die Entwicklungslaumlnder die Ursachedass es TTIP uumlberhaupt gibtldquo stellte Maier die Vorge-
schichte erst einmal voranUrspruumlnglich sei das wasdie Europaumlische Kommis-sion und die USA in der WTO seit 15 Jahren durch-setzen wollten fuumlr dieWTO gedacht gewesen
Nach einigen Jahren in
denen man das nicht habedurchsetzen koumlnnen habeman in Europa mit der bdquoGlobal-Europe-Strategie2005ldquo offiziell beschlossenbdquojetzt setzen wir auf den Bi-
lateralismus auf den Regionalismus und lassen die WTO jetzt links liegenldquo so Maier Mit der Weigerung der USAdie Doha-Runde uumlber das Jahresende hinaus zu verlaumlngernsei die WTO als Verhandlungsforum nun stillgelegt
Was bedeutet TTIP fuumlr die Entwicklungslaumlnder Hier seier bdquouumlberraschenderweiseldquo der gleichen Meinung wie ProfFelbermayr bdquoNix genaues weiszlig man nichtldquo Erst wenn dasAbkommen fertig sein sollte (bdquowenn es jemals fertig seinsollte was ich nichtglaubeldquo) dann werde mandie Auswirkungen uumlberbli-cken bdquoDie Auswirkungenwerden uumlberwiegend nichtsehr groszlig seinldquo so MaierbdquoEs wird ein paar Gewin-ner und es wird ein paar Verlierer gebenldquo
Aber es sei natuumlrlich ein Baustein beim Versuch den Ent-wicklungslaumlndern eine Politik aufzuzwingen die diesenicht wollten Das werde immer damit verkauft dass man
in Wirklichkeit besser wuumlsste was gut fuumlr sie sei ndash dasnenne man eine bdquomoderne Handelsordnung ndash Man kochtsie weichldquo In den vergangenen 15 Jahren (Anm seit Be-
ginn der Doha-Runde) habe man eine ganze Reihe von sol-
Juumlrgen Maier
Morgan Githinji
bdquoWas wir brau-
chen ist eine neue
HandelspolitikldquoJuumlrgen Maier
bdquoFuumlr uns schwache
Laumlnder ist die WTO
gut weil wir darin
eine Stimme habenldquo
Morgan Githinji
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Dialogbuumlhne TTIP Muumlnchen 2015 Dokumentation
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chen bilateralen Verhandlungsrunden mit Entwicklungslaumln-dern erlebt Nur mit Laumlndern die nicht gerade durch De-mokratie glaumlnzten seien solche Abkommen erfolgreich ver-handelt worden etwa mit Vietnam oder Singapur In demo-kratischen Laumlndern gaumlbe es groszlige Widerstaumlnde gerade inWestafrika wo viele Laumlnder demokra-tisiert wurden bdquoDa versucht die EU
geradezu mit Erpressungstaktik dieRatifikation dieser Abkommen zu er-zwingenldquo so Maier bdquoDas nennt dasBMZ dann fairen Handel In Wirklich-keit ist es nichts anderes als genau ihr alter Handelldquo regte sich der Berliner auf Der Landwirtschaftsminister setzenoch einen obendrauf und mache sei-nen bdquoMilchexportgipfelldquo wo er seineMilchprobleme durch Export loumlsenwolle bdquoUnd wo geht ein Drittel desdeutschen Milchpulvers heute schonhin Nach Afrikaldquo Es solle offenbar
noch mehr werden ndash bdquofairer Handel ndash agrave la Bundesregierungldquo schimpfte Maier
bdquoWas wir brauchen ist eine neue Handelspolitik Das hatnichts mit TTIP zu tunldquo forderte Maier bdquoEine Handelspo-litik die von den Praumlmissen der Vergangenheit Abstandnimmt und die vor allen Dingen eine demokratische Be-standsaufnahme in Europa voraussetzt Wollen wir eigent-lich immer mehr Liberalisierung Deregulierung Globali-sierung ndash wollen wir das in Europa uumlberhaupt Woher weiszligdie Kommission was die Buumlrger wollenldquo Umfragen sag-ten mittlerweile dass nur noch ein Drittel der BevoumllkerungTTIP haben wolle bdquoAuf welcher Basis geht eine Kommis-
sion dann her und verhandelt geheimldquoAuch die Verhandlungsmandate seien ohne Parlaments-
beteiligung beschlossen worden bdquoDiese Handelspolitik hatkeine demokratische Legitimationldquo Sie finde in der WTOkeine internationale Mehrheit siefinde innenpolitisch keine Mehrhei-ten mehr bdquound deswegen muss eseinen Full Stop geben Es muss einen
Neustart der europaumlischen Handels- politik geben mit anderen Praumlmissenwo es nicht darum geht immer nochmehr multinationalen Konzernenmehr Marktanteile zu ermoumlglichensondern wir brauchen eine gesell-schaftlich legitimierte neue Handels-
politikldquo Auch Praumlmissen wie die Re-gionalisierung von Handelsstroumlmeneine Neuorientierung der Landwirt-schaft weg von der Industrialisierung hin zu einer neuen
baumluerlichen Landwirtschaft wo oumlkologische Haumlndler Vor-reiter sein sollten und nicht als Handelshemmnisse betrach-tet wuumlrden bdquoWir brauchen ein Investitionsrecht wo nichtInvestoren Sonderrechte bekommen sondern wo Rechteund Pflichten gleichmaumlszligig verteilt werden bdquoso wie das fuumlr sie und mich auch istldquo Wenn er als Staatsbuumlrger klagen
wolle muumlsse er sich ans Verwaltungsgericht wenden bdquoDaskann ich Firmen auch zumutenldquo
Zu diesem Neustart werde es auch kommen bdquoweil dieseAbkommen allen voran TTIP keine Mehrheiten finden
werdenldquo In irgendeinem der 29 Parlamente werde es zuerstscheitern ndash bdquodanach wird ein Neustart moumlglich seinldquo DieRegierungen und die Kommission haumltten es in der Handdiesen Neustart rechtzeitig zu starten bdquoohne groszligen Flur-schadenldquo oder bdquoob sie dieses Abkommen gegen die Wand
fahren wollenldquo Leider sei letzteres offensichtlich die Stra-tegie von mehreren Regierungen
Neues Positionspapier der EU veroumlffentlichtAuf diese Statements folgten engagierte Erwiderungen
und auch Fragen aus dem Publikum Zunaumlchst widersprachKommissionsvertreter Joachim Menze den Vorwuumlrfen Mai-ers Das Verhandlungsmandat der Kommission sei oumlffent-lich und stehe auch im Internet so Menze Das Mandatbdquostammt von den demokratisch gewaumlhlten Regierungen der Mitgliedsstaaten ndash und zwar einstimmigldquo Zwischen den
28 Mitgliedsstaaten gaumlbe es da keinen Dissens Zuletztseien auch bestimmte Vorbehalte gegen die Form der In-vestitions-Schiedsgerichte formuliert worden Auch auf-grund der oumlffentlichen Debatte habe die Handelskommis-
sarin Malmstroumlm imSeptember auch einneues Positionspa-
pier veroumlffentlichtdas gerade in Miamiverhandelt werdeDemzufolge solle eseine Handelsge-richtsbarkeit mit Be-rufsrichtern gebenbdquodie grundsaumltzlich inihrem Herkunftsstaatdie Befaumlhigung zumRichteramt haben
muumlssenldquo Bisher sei man hier in den Schiedsgerichten vonzwar registrierten Personen aber uumlberwiegend fruumlheren An-waumllten mit handelsrechtlicher Erfahrung ausgegangen Da-ruumlberhinaus duumlrften diese Schiedsrichter nicht von denStreitparteien ausgesucht werden sondern sollten vorher
bestimmt werden Das Schiedsgericht solle nur zusammen-treten wenn es erforderlich sei Menze sprach von Rich-
tern die in unserem Sinne demokratisch legitimiert seienAuch solle es eine zweite Instanz geben eine bdquoRechts-
uumlberpruumlfungsinstanzldquo die genauso organisiert sein solleEs solle bdquosehr viel klarer definiert werden was eigentlich
Engagierte Podiumsdiskussion
bdquoAllein aus rechtstechnischen
Gruumlnden brauchen wir zum
Schutz fuumlr unsere europaumli-
schen Investitionen in den
USA dieses Verfahren derHandelsgerichtsbarkeitldquo
Joachim Menze
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Dialogbuumlhne TTIP Muumlnchen 2015 Dokumentation
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vor diesem Gericht verhandelt werden kannldquo Es sei oft kol- portiert worden dass es sich um Sonderrechte fuumlr Investo-ren handeln solle bdquoDas ist uumlberhaupt nicht der Fallldquo wi-dersprach Menze bdquoEs geht darum dass Investoren die pro
bono im Glauben an die Stabilitaumlt einer Rechtsordnung zumTeil sehr groszlige Investitionen getaumltigt haben geschuumltzt wer-den vor missbraumluchlicher entschaumldigungsloser Enteignung
und gegen Rechtsverweigerung also Willkuumlrldquo Menze hattedamit vor allem US-Investoren im Blick die in irgendei-nem europaumlischen Land investieren und das dortige Rechts-system nicht beurteilen koumlnnen
Menze glaube dass die nun vorgeschlagene Schiedsge-richtsbarkeit fuumlr Investoren erhebliche Vorteile insbeson-dere fuumlr die neuen Mitgliedsstaaten der EU oder die imSuumlden bringen wuumlrden Umgekehrt gaumlbe es in den USAnicht die Funktion der Ratifizierung durch die einzelnenStaaten wohl aber nachher die Bindung an die Schiedsge-richtsbarkeit wenn etwa ein Bundesstaat spaumlter anderwei-tige Regelungen erlasse bdquoAllein aus rechtstechnischen
Gruumlnden brauchen wir zum Schutz fuumlr unsere europaumlischenInvestitionen in den USA dieses Verfahren der Handelsge-richtsbarkeitldquo begruumlndete Menze Er fuumlhrte fruumlhere groszligeInvestitionen (Raffinerien) aus Spanien in Venezuela alsBeispiel an die nach einem Regierungs- und Politikwech-sel entschaumldigungslos enteignet worden seien Solche Ri-siken duumlrfe man Investoren nicht zumuten
Investitionsschutzabkommen ist interessantEin viel versprechender Vorschlag in den TTIP-Verhand-
lungen sei nach Morgan Githinji die Idee eines Internatio-nalen Investitionsschutzabkommens (International Invest-ment Code IIC) Bisherige Schiedsgerichtsverfahren haumlttenin den meisten Faumlllen zum Nachteil der Staaten gefuumlhrt indenen Investitionen getaumltigt wurden Wenn Handelsschlich-ter zu entscheiden haumltten wuumlrden oft die Regierungen der Entwicklungslaumlnder auf der Strecke bleiben
Githinji findet das IIC sogar fuumlr einige Entwicklungslaumln-der attraktiv bezweifelt allerdings ob dieses realisiertwerde Die Erfahrung zeige Die USA ziere sich wenn sichUS-Buumlrger einer anderen nationalen oder gar internationa-len Jurisdiktion unterwerfen sollen Um seine Einschaumltzungzu untermauern zitierte Githinji das International CriminalCode (ICC) (Anm von 2002) und das Kyoto-Protokoll
(Anm von 1997 ) Beide internationalen Vereinbarungenwurden nicht von den USA ratifiziert
Was ist eigentlich die AlternativeFrank Dollendorf nahm seine eigene Vergangenheit zum
Anlass auf das Jahr 2006 zuruumlck zu blicken Damals sei er aus dem Westen in das bdquowunderbare Bayernldquo gekommen
das bdquoGespenst der Globalisierungldquo sei herumgegangen DieExportleistung Bayerns habe damals 140 Milliarden Euro betragen ndash 2014 seien es bereits 170 Milliarden Euro ge-wesen Die Diskussionen um die Globalisierung seien nicht
wirklich abgeflaut Aber das weltweite Han-deln habe zum Wirtschaftswachstum beige-tragen Wohlstand und auch Arbeitsplaumltzeseien gesichert worden Insbesondere Bayern
befinde sich auf einer sehr hohen Komfort-Ebene Da argumentiere es sich leicht gegenAbkommen die weiteres Wachstum zumZiel haumltten Vor einiger Zeit haumltte ihm einTTIP-Gegner nach einer Diskussion prog-
nostiziert dass er mit den Pro-Argumentennicht durchkomme ndash bdquoweil es uns zu gutgehtldquo
Mit Blick auf die Anfang Oktober abge-schlossenen Verhandlungen zum pazifischen AbkommenTPP verwies Dollendorf darauf dass diese zwoumllf Laumlnder wohl kaum diktatorischem Einfluss unterworfen seienbdquoMan sieht dass die Welt sich veraumlndertldquo
Vor allem dieAussage Felber-mayrs dass manRegeln brauche um
miteinander zuwirtschaften fandDollendorf beson-ders gut Viele neueAspekte ndash auf dieauch Felbermayrszehn Forderungenabzielten seien in TTIP enthalten bdquoEs gab noch nie ein ei-genes Kapitel fuumlr kleine und mittelstaumlndische Unterneh-menldquo so Dollendorf Genau das sei das Hauptklientel der IHK Diesen Unternehmen wolle die IHK auch eine Platt-form fuumlr ihre Erwartungen Befuumlrchtungen und Sorgengeben Dies versuche die IHK im Rahmen einer bdquoTTIP-Ro-adshowldquo durch Bayern aufzufangen Maszliggeblich daran be-teiligt sei Michael Gottschlich vom bayerischen Wirt-schaftsministerium ndash der auch im Publikum saszlig (su)
bdquoWas ist eigentlich die Alternativeldquo fragte DollendorfTTIP sei kein Abkommen zwischen Deutschland und denUSA sondern den Laumlndern der Europaumlischen Union undden USA Es gebe fast 50 Freihandelsabkommen die durchdie EU derzeit betrieben wuumlrden ndash keines davon habe sovielAufmerksamkeit erhalten wie TTIP Den Wunsch sich ein-zubringen bezeichnete Dollendorf als bdquowunderbare Ent-wicklungldquo Immer mehr in den Vordergrund trete auch dasThema bdquopublic valueldquo ndash bdquowas hat die Gesellschaft davonldquo
Auch die Veranstaltung hier diene dazu offene Fragen zuklaumlren Steine aus dem Weg zu raumlumen und mit dem Themavoranzukommen
Kontraumlre Standpunkte wurde auf der Podiumsdiskussion angesprochen
bdquoEs gab noch nie
ein eigenes Kapitel
fuumlr kleine und mit-telstaumlndische Unter-
nehmenldquoFrank Dollendorf
TPP = Trans-Pacific Partnership zwischen zwoumllf Laumlndern Diese Laumlnder sind die USA Australien Brunei Chile Japan Kanada Malaysia Me-xiko Neuseeland Peru Singapur und Vietnam
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Eine Wirtschaftsverfassung fuumlr multinationaleKonzerne
bdquoIn dieser Diskussion werden viele Nebelkerzen gewor-fenldquo erzuumlrnte sich Juumlrgen Maier bdquoGegen Handel als sol-chen hat ja niemand wasldquo sagte er Der Handel zwischenden USA und der EU boome bdquodie intensivste Handelsbe-ziehung der Weltldquo auch die Investitionsstroumlme wuumlrden grouml-
szliger es gaumlbe keine signifikanten Probleme Auf eine parla-mentarische Anfrage im Bundestag und im Europaparla-ment wo etwa Investoren aus Amerika in Europa und um-gekehrt vor Gericht nicht Recht bekommen haumltten haumlttenweder die Kommission noch der Bundeswirtschaftsminister Beispiele nennen koumlnnen
bdquoEs geht um die Einfuumlhrung eines Schiedsgerichtsverfah-rens wo Investoren Sonderrechte bekommen NormaleMenschen haben diese Sonderrechte nichtldquo so Maier bdquoDasist der Punkt um den es geht Lassen Sie sich da keine Maumlr-chen erzaumlhlenldquo Er ver-langte eine balancierteAuslegung zwischen
Rechten und Pflichten85 Entwicklungslaumlnder haumltten vorgeschlageneinen neuen Vertrag uumlber Rechte und Pflichten vonInvestoren und multina-tionalen Konzernen aus-zuhandeln ndash aber dieschaumlrfsten Kritiker seiendie EU und die USA soMaier bdquoEs geht darumdass wir eine globale Wirtschaftsverfassung haben die
heutzutage nicht mehr stimmt die zu sehr einseitig fuumlr mul-tinationale Konzerne ausgerichtet ist ndash und das stoumlszligt immer wieder auf oumlffentliche Kritik ndash darum geht esldquo
Maier verdeutlichte seine Meinung am Beispiel der Landwirtschaft In Deutschland und der EU seien immer mehr Menschen der Meinung der Weg in die Agrarindus-trie fuumlhre in die Irre Man muumlsse zuruumlck zu einer regionali-sierten zu einer baumluerlichen Landwirtschaft ndash bdquound dieagrarindustrielle Massentierhaltung Massenmilchproduk-tion Glyphosat-verseuchte Pestizide insbesondere in Suumld-amerika oder genmanipuliertes Soja wollen die Menscheneinfach nichtldquo Da passe auch ein solches Freihandelsab-kommen nicht wo man Milchmaumlrkte globalisiere wo manSchweinefleischmaumlrkte globalisieren moumlchte etc bdquoDas
passt nicht mehr in die heutige Zeitldquo Die Menschen woll-ten Freihandelsabkommen die regionalisierte Produktevoran treiben bdquoIst das denn illegitim so etwas zu wollenldquofragte Maier bdquoNein das ist im besten Sinne konservativldquoantwortete er sich selbst
Bisher treibe man in Europa noch sozialvertraumlglichenHandel ndash das duumlrfe man nicht uumlber Bord werfen so Maier weiter Niemand duumlrfe solche Abkommen dekretierenweder Kommissionen noch Umweltverbaumlnde bdquoWir brau-chen eine breite Diskussion was sind unsere Werte waswollen wirldquo Das sei keine Marotte verwoumlhnter weicher
Bayern Diese Diskussion werde auf der ganzen Welt ge-fuumlhrt bdquoDiese Handelspolitik wie sie die Kommission unsmit undemokratischen Methoden uumlberziehen will hat keineChanceldquo schloss Maier seinen Diskussionsbeitrag ab
Dass es keine Probleme gibt ndash das ist voumlllig falschbdquoWir erfinden hier nichts Neues Deutschland ist der Er-
finder dieser Investitionsschutzabkommenldquo schaltete sichMichael Gottschlich Referatsleiter im bayerischen Wirt-schaftsministerium (StMWi) aus dem Publikum in die Dis-kussion ein Es gaumlbe viele Laumlnder wo man so ein Instru-ment brauche damit Investoren auf Rechtsstaatlichkeit ver-
trauen koumlnnten Schon seit den 1950er Jahren habeDeutschland solche Abkommen geschlossen um hiesigeInvestoren zu schuumltzen fuumlhrte Gottschlich aus Im 21 Jahr-hundert muumlsse man das ganze System einmal anpassen In-vestoren seien vor indirekter Enteignung zu schuumltzen Auchdie Transparenz der TTIP-Verhandlungen sei verbessertworden bdquoVieles was kritisiert worden ist hat man aufge-griffenldquo so Gottschlich bdquoWir brauchen dieses Instrumentin vielen vielen Laumlndernldquo fuhr er fort Zwischen Deutsch-land und den USA brauche man das Abkommen nicht un-
bedingt ndash aber es gaumlbe einige EU-Staaten da sei das Rechtssystem nichtganz so ausgepraumlgt wie in Deutsch-
land Viele Laumlnder haumltten Investitions-schutzabkommen wuumlrden diese aber auch gerne auf einen aktuellen Stand
bringen bdquoWenn wir ein solches Ab-kommen haben wollen muss es einambitioniertes Instrument seinldquo ver-langte Gottschlich Die Kritikpunktean den alten Abkommen seien jetztaufgegriffen und von der EU-Kom-mission in den Verhandlungen vorge-schlagen worden Zusammen mit
jedem Handelsabkommen solle man ein Investitionsschutz-
abkommen treffen damit man nicht nur die Laumlnder diskri-miniere denen man vielleicht nicht so vertraue
bdquoDass es keine Probleme gibt ndash das ist voumlllig falschldquowarnte Gottschlich davor TTIP aus deutscher Sicht alsnicht notwendig zu bezeichnen bdquoEs gibt viele viele kleine
und mittelstaumlndische Unter-nehmen die koumlnnen keinenHandel mit den USA trei-
benldquo betonte der ExperteViele Probleme wuumlrden imregulatorischen Bereich lie-gen bdquoUnterschiedlicheStandards doppelte Zertifi-zierungsverfahren ndash dastreibt die Kosten fuumlr einkleines mittelstaumlndischesUnternehmen in die HoumlheldquoFuumlr einen groszligen Automo-
bilhersteller sei das keinProblem bedeuteten fuumlr ein kleines Unternehmen aber schnell 20 bis 25 Prozent Mehrkosten bdquoDas ist eine abso-lute Marktzugangshuumlrdeldquo TTIP bringe gerade kleinen undmittelstaumlndischen Unternehmen besondere Vorteile nichtnur den Groszligunternehmen sondern gerade dem Mittel-stand 99 Prozent aller Unternehmen in Deutschland sind
kleine und mittelstaumlndische Unternehmen gewichtete Gott-schlich Nur zu sagen es ging uns doch gut wir braumluchtendas nicht waumlre voumlllig falsch betonte Gottschlich noch ein-mal bdquoWir wollen einfach das abbauen was sich unsinniger
Michael Gottschlich StMWVI
bdquoUnterschiedliche Stan-
dards doppelte Zerti1047297zie-rungsverfahren ndash das treibt
die Kosten fuumlr ein kleines
mittelstaumlndisches Unter-
nehmen in die HoumlheldquoMichael Gottschlich
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Weise in den vergangenen Jahrzehnten aufgebaut hatldquo ver-einfachte Gottschlich das Vorhaben Diese Buumlrokratie dieman nicht brauche abzubauen bringe etwas fuumlr den Wohl-stand die Arbeitsplaumltze und die Menschen in BayernDeutschland und der EU
Uumlbermittlungsprobleme zu Lasten der Bevoumllkerung
Moderator Pierre Rafih draumlngte trotz aller Wichtigkeitdes Themas doch mehr am Titel der Veranstaltung ndash bdquoFol-gen fuumlr Entwicklungslaumlnderldquo zu bleiben bdquoMich wuumlrde vielmehr interessieren wie sinddie Auswirkungen auf dieIndividuenldquo fragte ein Teil-nehmer aus dem PublikumIn Afrika werde es in ein
paar Jahren eine Verdoppe-lung der Bevoumllkerunggeben Wirtschaft seiimmer eine Chance fuumlr Ent-wicklung Besonders in
landwirtschaftlichen Berei-chen verlasse man sich auf afrikanische Exporte Wassei dort zu erwarten wurdeGithinji gefragt
Von den 79 Laumlndern wuumlrden nicht alle zu den Gewinner zaumlhlen erwiderte der ACP-Vertreter Aber wie wuumlrde es beiden aumlrmeren Laumlndern aumlrmeren Bevoumllkerungen aussehendifferenzierte er die Frage Es sei nicht selten der Fall dass
politisches Handeln in den Entwicklungslaumlndern ohne dieEinbindung der bdquoStakeholderldquo erfolge ndash darin liege ein gro-szliges Problem so Githinji Technokraten fuumlhrten die interna-
tionalen Verhandlungen ohne jegliche Konsultation DieUnterhaumlndler wuumlrden nicht uumlber die Kapazitaumlt verfuumlgen dieBeduumlrfnisse und Wuumlnsche ihrer Bevoumllkerung sowie die In-teressen ihrer Laumlnder klar zu vermitteln bdquoWir hatten beivielen Verhandlungen mit Partnern uumlber wirtschaftliche Ko-operation versucht dieses Uumlbermittlungsproblem anzuge-hen indem wir sicherstellten dass all die Nutznieszliger miteinbezogen warenldquo berichtete Githinji Was sich aus sol-chen Verhandlungen ergibt haumlnge von den Machtverhaumllt-nissen zwischen den Parteien ab und von der Moumlglichkeitdiese Macht auszuspielen um das Verhandlungsresultat zu
beeinflussen bdquoIn manchen Faumlllen haben wir die Erfahrunggemacht dass die Gegenpartei den Verhandlungsverlauf und damit auch das zu erzielende Resultat von vornehereinfestlegtldquo so der ACP-Repraumlsentant So sei fuumlr die meistenEntwicklungslaumlnder diese Situation nicht einfach und letzt-lich sei die Bevoumllkerung Leidtragender der beschlossenenVereinbarungen Manche suchten dann auf dem Weg der Migration nach besseren Lebenschancen bdquoDies wird fort-dauern solange wir keine Wirtschaftsentwicklung vorwei-sen koumlnnenldquo Deswegen sei es wichtig Politik-Kohaumlrenzzu gewaumlhrleisten sodass jede Maszlignahme und Entschei-dung die in der EU oder den USA und anderen Industrie-laumlndern getroffen werde nicht negativ auf die Laumlnder desSuumldens und ihre Bevoumllkerung wirke
Verhandlungspartner auf AugenhoumlheDie USA haumltten in den vergangenen Jahren viele Abkom-
men mit Laumlndern getroffen wo man eindeutig von einem
politischen Machtgefaumllle sprechen koumlnne ging JoachimMenze auf die Entwicklungslaumlnder ein Eine einfache Ver-handlungsposition und starke Durchsetzungsfaumlhigkeit sei-tens der USA sei da zu beobachten gewesen Nun seien dieUSA zum ersten Mal in der Situation dass sie es mit einemgleichwertigen Verhandlungspartner auf Augenhoumlhe zu tunhaumltten so Menze Beide Seiten wuumlrden diesmal sehr starke
Interessen einbringen bdquoDas Ergebnis wird ganz sicher alssog Goldstandard in die weiteren Verhandlungen einge-henldquo glaubt der Vertreter der EU-Kommission Wenn manin ein paar Jahren bei-spielsweise mit Bolivienverhandle koumlnne mannichts schlechteres anbie-ten als den USA erlaumlu-terte Menze Das wuumlrdeim internationalen Ver-kehr sonst als Herabwuumlr-digung betrachtet werdenbdquoFuumlr die kleineren nicht
so wirtschaftsstarkenStaaten wird dieses Ab-kommen eine groszlige Be-deutung habenldquo
Abkommen kopieren ist keine Politik fuumlrdas 21 Jahrhundert
bdquoWie koumlnnen sie den Entwicklungslaumlndern helfen dasssie partizipieren koumlnnenldquo kam eine weitere Frage aus demPublikum Wie koumlnne Technologie in diese Laumlnder gebrachtwerden obwohl die Leute dort sehr wenig davon verste-hen Juumlrgen Maier bezeichnete das als einfach bdquoDie Ent-
wicklungslaumlnder koumlnnen in der WTO auf Augenhoumlhe ver-handeln und zu Ergebnissen kommenldquo Da kaumlme man auchzu Ergebnissen die alle Interessen gleichmaumlszligig widerspie-gelten Die Version die die Kommission vorschlage dassarme Laumlnder das Abkommen kopieren koumlnnten sei keinePolitik die im 21 Jahrhundert zukunftsfaumlhig waumlre Mankomme deshalb nicht weiter weil man nicht bereit sei mitRegierungen aus Afrika auf Augenhoumlhe zu verhandeln soMaier weiter
Infrastruktur-Projekte foumlrdernZusammen mit dem Bundeswirtschaftsministerium und
dem BMZ organisiere die IHK Muumlnchen auch Manager-Fortbildungen um Unternehmer aus Bayern und Entwick-lungslaumlndern zusammenzubringen berichtete DollendorfEntwicklungszusammenarbeit sei ein ganz wichtigesThema bdquoEs gibt in Bayern den so genannten EZ-Scout fuumlr Bildungszusammenarbeitldquo so Dollendorf Diese Personhabe nichts anderes zu tun als mit bayerischen Unterneh-men zu uumlberlegen wie man in Schwellenlaumlndern Projektevorantreiben koumlnnte Es gehe darum ganz gezielt loumlsungs-orientierte Maszlignahmen zu ergreifen Am 3 November soDollendorf werde das Afrika-Infrastuktur-Forum bdquoBe myguestldquo (Anm wwwafrikavereinde) durchgefuumlhrt dasgenau den von Prof Felbermayr schon angesprochenen
Mangel in der Infrastruktur vieler Entwicklungslaumlnder fo-kussiere Repraumlsentanten aus neun afrikanischen Laumlndernwuumlrden dort zugegen sein um ihre Infrastruktur-Projektevorzustellen und um Investoren zu werben
bdquoDas Ergebnis
wird ganz sicher
als Goldstandard
in die weiteren
Verhandlungen
eingehenldquoJoachim Menze
Pierrre Rafih moderierte die Podi-umsdiskusison
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Handel ist wichtig aber Freihandel schadetden Entwicklungslaumlndern
bdquoWas ist Entwicklungldquo fragte ein Teilnehmer afrikani-scher Herkunft aus dem Publikum Entwickelte Laumlnder wuumlrde sich aus seiner Sicht durch zwei Aspekte auszeich-nen einen hohen technologischen Stand ndash und dass vieleWirtschaftszweige fuumlreinander produzieren wuumlrden bdquoDiese
interne Verbundenheit ist wesentlichldquo Handel sei wichtigaber Freihandel schade den Entwicklungslaumlndern Auchentwickelte Laumlnder haumltten sich nicht mit Freihandel entwi-ckelt bdquosondern gerade in einem gelenkten Handelldquo DieHandelsstroumlme seien so gelenkt worden dass ihre eigenenWirtschaften nach vorne gebracht wurden Das werde ein-fach voumlllig vergessen
Zwischen Reich und Arm gibt es heute keinewirklichen technologischen Barrieren mehr
Prof Felbermayr fuumlhlte sich angesprochen und antwor-tete direkt darauf bdquoWenn sie das aus der historischen Per-spektive betrachten dann ist das vielleicht auch richtigldquo
Heute lebe man aber in einer Welt wo es keine wirklichentechnologischen Barrieren mehr zwischen Reich und Armgaumlbe Sehr viele Studien wuumlrden bestaumltigen dass institutio-nelle Probleme in den Laumlndern vor Ort der Grund seienwarum diese nicht am Handel teilnehmen wuumlrden Er haltees sogar fuumlr gefaumlhrlich wenn man sage bdquodas ist die boumlseHandelspolitik des Westensldquo Damit wuumlrde man Versaumlum-nisse entschuldigen die vor Ort stattfinden dass Panzer ge-kauft statt Straszligen gebaut werden Das sei aber in vielenarmen Laumlndern bdquoein Stuumlck weit Realitaumltldquo Schon seit demGATT-Abkommen 1947 sei ein zollfreier Marktzugang fuumlr arme Laumlnder geregelt Das habe leider nicht dazu gefuumlhrt
dass es in diesen Laumlndern eine Industrialisierung gegebenhabe Die Frage sei natuumlrlich zu stellen warum dies nichtzu einer Entwicklung gefuumlhrt habe
Ein Stuumlck vorwaumlrts gekommenAbschlieszligend bedankte sich Pierre Rafih noch einmal bei
allen Referenten und Diskussionsteilnehmern sowie demPublikum fuumlr das Interesse Man habe zu diesem sehr kom-
plexen Thema sicher keine endguumlltigen Antworten gebenkoumlnnen bdquoAber ich hoffe dass wir ein paar neue Fragenhaben dass wir ein Stuumlck weit auf dem Weg gekommensind und weiter offen bleiben und nicht mit einer gefestig-ten Meinung nach Hause gehen ndash das ist nicht die Art der Wissenschaft Wir wollen immer weiter forschen und unsselbst fragen was wir tun sollen Ich bin uumlberzeugt dass
jeder von heute Abend etwas mitnehmen wirdldquo
Vernetzt - verlinkt
www
SID Chapter Muumlnchensid-munich-chapterorg
Dokumentation des hier beschriebenen Dialogbuumlhne TTIPsid-munich-chapterorgpresse
Hochschule fuumlr Angewandtes Management Erding beiMuumlnchenfhamde
BMZ bmzde
ifo-Institut Muumlnchencesifo-groupde
Vertretung der Europaumlischen Kommission in Muumlncheneceuropaeudeutschlandcommissionofficesmunichindex_dehtm
ACPacpint
IHK MuumlnchenO berbayernmuenchenihkde
Forum Umwelt und Entwicklung Berlinforumuede
Mit freundlicher Unterstuumltzung vonImpressum
ViSdP Gesellschaft fuumlr Internationale Entwicklung (SID) Muumlnchen eVDr F Kayode Salau Peter-Rosegger-Straszlige 29 86415 Meringinfosid-munich-chapterorgRedaktion Dr F Kayode SalauDr Volker Goumlbner (Pressebuumlro Schreib-WUT Neusaumlszlig)
Alle Aussagen auch zu rechtlichen Aspekten geben die Aumluszligerungender jeweiligen Redner(innen) bei der Veranstaltung am 22 Oktober 2015wieder und sind weder sachlich noch juristisch gepruumlft
Internationales Buffet Nach reichlich geistiger Nahrung fuumlr den Kopf kam auch
der Bauch zu seinem Recht Fatima von Kaehne (SchlossBlumenthal bei Aichach) hatte ein ebenso umfangreicheswie leckeres internationales Buffett aufgebaut ZahlreicheGespraumlche in kleinen Kreisen rundeten den Abend ab
Internationales Buffet ndash aus allen Handelszonen der Welt von der Ananas bis zur Zucchini
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Felbermayr verglich die voraussichtlichen Wachstums-raten einiger Laumlnder in Form einer groben Abschaumltzung Sowachsen etwa Kambodscha China oder Indien um jaumlhrlichfuumlnf bis 75 Prozent Akkumuliert auf zehn Jahre wuumlrdesich dies auf Zuwachswerte von 60 bis 100 Prozent sum-mieren Der Einfluss dort von TTIP nach zehn Jahren (so-lange wuumlrde ein Abkommen brauchen um Auswirkungen
zu zeigen) betrage zwischen -01 und -05 Prozent DasRCEP-Abkommen werde hingegen zu einem Wachstums- plus nach zehn Jahren von 15 bis fuumlnf Prozent fuumlhrenbdquoEine existentielle Bedrohung fuumlr Entwicklungslaumlnder ausTTIP abzuleiten ist einfach Unfugldquo folgerte Felbermayr aus diesen Zahlen bdquoTTIP muss man als Baustein sehenDas ist nicht das einzige was in der Welt passiertldquo
Fuumlr Deutschland insbesondere die Automobil-Industriesei dieser Einigungsprozess im asiatischen Raum gar nichtgut warf Felbermayr einen Blick aus der hiesigen Warteauf RCEP
10 Punkte auf dem Weg zu einem
fairen WelthandelssystemUm TTIP zu einem Baustein fuumlr ein faires Welthandels-
system zu machen stellte Felbermayr zehn Forderungenauf Die ersten vier fasste er unter dem Motto bdquoHandelsum-lenkungseffekte minimierenldquo zusammen1 TTIP muss so gestaltet werden dass Handelsumlen-
kungseffekte minimiert werden Dafuumlr muumlssten Ur-sprungsregeln groszligzuumlgig ausgestaltet werden Dies be-treffe die Frage wann ein Gut ein europaumlisches Gut seiund zollfrei in die USA exportiert werden koumlnne Solltezu viel Vorleistung darin stecken koumlnnte es sonst nichtals bdquoeuropaumlisches Gutldquo anerkannt werden bdquoDie Frage ist
Wo setzt man da die Grenzen anldquo Vor allem die deutscheEntwicklungspolitik muumlsse hier dahinter her sein DasFreiverkehrsprinzip koumlnne eine Loumlsung sein Nur wo sichAuszligenzoumllle der USA und der EU hinreichend unterschei-den wuumlrden sei eine Ursprungsregel sinnvoll
2 Die gegenseitige Anerkennung von Standards muumlsste auf Drittstaaten ausgedehnt werden Denn sonst habe einProdukt das in Marokko nach amerikanischen Standardshergestellt werde keine Chance bdquoMan muss weg vomHerkunftslandprinzip hin zu einem produktbezogenenStandardprinzipldquo Auch da koumlnne Deutschland massiv
profitieren Denn dann braumluchte man globale Zertifizie-rungsstellen ndash ein Bereich in dem Deutschland dank sei-ner Ingenieure oder dem in vielen Laumlndern der Welt ak-tiven TUumlV schon lange aktiv ist
3 bdquoDie dritte Forderung waumlre Transparenz TransparenzTransparenzldquo Auch bdquodie Auszligenseiterldquo muumlssten wissenwas geplant werde und muumlssten ihre Stimme ndash ob nunals Verhandlungspartner oder nicht ndash erheben koumlnnen
4 Die Doha-Runde muumlsse man schlieszliglich thematisch ver-schlanken und abschlieszligen
Die naumlchsten beiden Forderungen uumlberschrieb Felbermayr mit bdquoHandelschaffungseffekte maximierenldquo5 Man solle versuchen die Entwicklungslaumlnder staumlrker in
die deutschen und europaumlischen Wertschoumlpfungsketteneinzubinden Darin koumlnne man das BMZ und andere Or-ganisationen nur bestaumlrken bdquoDas bedeutet haumlufig aberdass vor Ort Reformen stattfinden muumlssenldquo Hindernis
Nummer eins sei immer dass vor Ort die Infrastruktur fehle und meist nur Kuumlstenregionen integriert werdenkoumlnnten Da muumlsse man uumlber Infrastrukturfinanzierungsprechen
6 Nord-Suumld-Handelsabkommen der EU (und ihrer Laumlnder)wuumlrden dazu fuumlhren dass vor allem arme Drittstaatenstaumlrker in die Wertschoumlpfungsketten kaumlmen
Den dritten Bereich stellteFelbermayr schlieszliglichunter den Begriff bdquoFair-nessldquoFairness sei fuumlr Oumlkonomenein riesen Problem bdquoWir wissen nicht was das istldquoging Felbermayr von wis-senschaftlicher Seite auf diefehlende Definition einHier komme es oft auf diePerspektive an
7 TTIP duumlrfe keine bdquoWirt-schafts-NATOldquo sein
8 Perspektiven fuumlr die Oumlff-nung von TTIP fuumlr Drittstaaten muumlssen glaubwuumlrdig ver-ankert werden bdquoDas bedeutet nicht dass man Drittstaa-ten heute mit an den Verhandlungstisch lassen mussldquoVerschiedene Laumlnder haumltten bereits ihr Interesse an einemBeitritt angemeldet
9Suumld-Suumld-Freihandelsabkommen muumlssten unterstuumltzt wer-den insbesondere in Afrika Mit Know-how koumlnne mansich dort engagieren
10 bdquoDie WTO muss sich noch staumlrker als bisher als sbquoCoachrsquo
und Anwalt kleiner und armer Laumlnder stark machenldquo DasMandat dafuumlr habe die WTO Von den 160 Mitgliedslaumln-dern seien rund 100 Entwicklungslaumlnder blickte Felber-mayr auf die dortige Gewichtung bdquoDas Gewicht ist daSie muumlssen nur ihre Stimme erheben ndash und ich denkedas koumlnnen sie auchldquo schloss Prof Bernhard Felbermayr seine Ausfuumlhrungen
Gabriel Felbermayr stellte zehnForderungen zu TTIP auf
Bronzene Waumlchter am Veranstaltungsort Prof Dr Werner Heisenbergund Prof Dr Max Planck die Namensgeber des Instituts wo die Dialog-buumlhne des SID stattfand
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PodiumsdiskussionPro und Contra TTIP
Seit Jahren bewege TTIP die Men-schen die Resonanz in Medien undPolitik sei sehr groszlig leitete PierreRafih von der Hochschule fuumlr Ange-wandtes Management Erding einemder beiden Veranstalter der Dialog-
buumlhne die Podiumsdiskussion ein Beiderart komplexen Themen sei es wich-tig sich zu informieren und von Ex-
perten beraten zu lassen nicht nur auf Meinungen zu setzen Vier Expertensollten daher das Thema auf dem Po-dium von verschiedenen Seiten be-leuchten Rafih stellte sie vorbull Joachim Menze Leiter der Vertretung der Europaumli-
schen Kommission in Muumlnchenbull Morgan Githinji Senior Expert in Multilateral Trade
der ACP ndash African Caribbean Pacific Group of StatesBrussels Office
bull Frank Dollendorf Leiter Bereich Auszligenwirtschaft der Industrie- und Handelskammer (IHK) fuumlr Muumlnchenund Oberbayern
bull Juumlrgen Maier Geschaumlftsfuumlhrer des Forums Umwelt undEntwicklung Berlin
Angeglichene Standards senken die Kostenauch in Drittstaaten
Die Kommission gehe davon aus dass TTIP auf Ent-wicklungslaumlnder wenig Auswirkungen habe ndash und wenn
dann positive brachte Joachim Menze (Leiter der Vertre-tung der Europaumlischen Kommission in Muumlnchen) die Bruumls-seler Perspektive auf einen Nenner Der Handel zwischender EU und den USA stehenicht wirklich in Konkur-renz zu den Produkten ausdieser Staatengruppe DieErleichterung des transat-lantischen Handels wuumlrdenicht dazu fuumlhren dass der Handel mit anderen Staatenerschwert wird bdquoGanz imGegenteil Wir gehen
davon aus dass angegli-chene Standards zwischender EU und den USA auchfuumlr Produzenten in Dritt-staaten zu Kostensenkungen fuumlhren da eben nicht mehr un-terschiedliche Standards bedient werden muumlssenldquo
25 der Arbeitsplaumltze in Bayern sind vominternationalen Handel abhaumlngig
Die IHK Muumlnchen und Oberbayern ist mit rund 400000Mitgliedern die groumlszligte IHK Deutschlands ndash was schlichtdem sehr gut prosperierenden Standort geschuldet sei Das
internationale Geschaumlft boome so Frank Dollendorf (Leiter Bereich Auszligenwirtschaft der Industrie und Handelskammer IHK fuumlr Muumlnchen und Oberbayern) Das Bruttoinlandspro-dukt des Freistaates betrage 522 Milliarden Euro (im Jahr
2014) ndash bdquo50 Prozent davon werden im Ausland generiertldquoso Dollendorf 22 Prozent houmlhere Loumlhne als im internatio-nalen Vergleich wuumlrden in dieser Region bezahlt 25 Pro-zent der Arbeitsplaumltze seien vom internationalen Handel ab-
haumlngig Es werde nicht uumlberraschen dass er als Vertreter einer IHK daher grundsaumltzlich fuumlr den Freihandel eintrete
Wichtig seien in diesem Zusammenhang die Themen Nachhaltigkeit und die Ver-antwortung des Unterneh-mers und der WirtschaftSchon das IHK-Grundge-setz von 1956 schreibe festdass die IHK bdquofuumlr die Wah-rung von Anstand und Sittedes ehrbaren Kaufmanns
beizuwirkenldquo hat Der alt-
hergebrachte Begriff desbdquoehrbaren Kaufmannsldquo seiaktueller denn je so Dol-lendorf Die Verantwor-tung die ein ehrbarer Kauf-mann an den Tag legen sollte hat mit Nachhaltigkeit zutun Das Nachhaltigkeitsthema sei daher innerhalb vonTTIP ein wichtiger Aspekt Bei den momentanen Diskus-sionen der Verhandlungspartner in Miami sei es daher wichtig dieses Thema aufzugreifen
Standards werden zu Handelsbarrierenfuumlr Entwicklungslaumlnder ndash bdquoGive us a chanceldquo
Morgan Githinji Vertreter der Laumlndergruppe ACP (Afri-can Caribbean Pacific Group of States) in Bruumlssel be-dankte sich fuumlr die Einladung zu diesem Dialog 79 Laumlnder gehoumlrten zu der ACP-Gruppe den Laumlndern Afrikas der Ka-ribik und der Pazifik-Gruppe ndash allesamt Laumlnder die mitEntwicklungsherausforderungen konfrontiert sind Vielesind unterentwickelte Laumlnder kleine Insel- und Binnenstaa-ten
ACP habe sich mit TTIP befasst und dabei drei Bereichedefiniert die wichtig fuumlr diese Laumlndergruppe sind
Zum einen sei da die Handelsumlenkung Dies betreffevor allem bestimmte Produktbereiche mit besonders hohen
Zoumlllen wie beispielsweise in der Automobilbranche Sokoumlnnten etwa in Suumldafrika produzierte Autos nicht mehr wie bisher in die USA exportiert werden wenn Autoher-steller in Europa aufgrund TTIP guumlnstigere Zoumllle und Kon-
Auf dem Podium diskutierten (von links) Juumlrgen Maier Frank Dollendorf Moderator Pierre RafihMorgan Githinji und Joachim Menze
Frank Dollendorf
Joachim Menze
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ditionen fuumlr ihre Exporte in die USA bekommen wuumlrdenFuumlr Suumldafrika wuumlrde dieser Markt dann wegfallen ndash eineHandelsverlagerung zugunsten Europas befuumlrchtet Git-hinji
Zum zweiten gehe es um die Harmonisierung von Pro-duktstandards zwischen den TTIP-Vertragspartnern DieACP-Vertreter wuumlrden befuumlrchten dass diese Standards all-
maumlhlich in die WTO integriert werden ndash was schlieszliglich zueiner groszligen Handelsbar-riere fuumlr Entwicklungslaumln-der fuumlhren werde Um dieseStandards zu erfuumlllen seienenorme Investitionen in denACP-Staaten zur Verbesse-rung von Fachwissen undProduktqualitaumlt noumltig Au-szligerdem muumlssten Institutio-nen geschaffen werden diedie betroffenen Hersteller
bei der Erfuumlllung der Stan-
dards unterstuumltzen Durchdiese Maszlignahmen wuumlrdenzusaumltzliche Kosten entstehen ndash ein klarer Nachteil fuumlr dieExporte dieser Staaten
Zum dritten wuumlrden sich die Verhandlungen auf das mul-tilaterale Handelssystem auswirken Aus Sicht der ACP-Staaten sei die WTO ein formelles international anerkann-tes Forum fuumlr globale Handelsverhandlungen Auch wenn
bilaterale und regionale Verhandlungen heute gang undgaumlbe seien sei anzumerken dass dies dazu tendierenwuumlrde die geltenden Regelungen innerhalb der WTO zuunterminieren bdquoDas koumlnnte zu Problemen fuumlr viele kleinere
Laumlnder fuumlhren wie ich sie repraumlsentiereldquo so Githinji Daswirke sich auch auf die kommende Mi-nister-Tagung der WTO die fuumlr denDezember geplantist aus Bis heutesei noch nicht ein-mal eine Agendaaufgestellt Ergeb-nisse seien nicht ab-zusehen Weiter be-
fuumlrchtete Githinji dass die bdquoDoha Development Agendaldquo(DDA) ein Schluumlsselthema der WTO in Gefahr gerateweil in den Augen der Hauptakteure des globalen Handelsdie WTO keine Ergebnisse in ihrem Sinne liefere bdquoFuumlr unsschwache Laumlnder ist die WTO gut weil wir darin eineStimme habenldquo betonte Githinji bdquoDort koumlnnen wir unsereBeduumlrfnisse zum Ausdruck bringenldquo Die Hauptakteurehaumltten bereits angedeutet dass auf die DDA gleich ganzverzichtet werden koumlnne wenn auf der Minister-Tagung imDezember in Nairobi keine Einigkeit erzielt werde
Die bdquoAgenda 2063ldquo die in Afrika initiiert wurde sei eineder Antworten auf diese Situation erlaumluterte Ginthinji Wei-ter sei ein bdquoFree Trade Agreementldquo (FTA) geschaffen um
mit den groumlszligeren Wirtschaftsakteuren auf Augenhoumlhe ver-handeln zu koumlnnen bdquoWenn wir uns richtig organisierenkoumlnnen glauben wir dass wir mit unseren Ressourcen inder Lage sind eine verhandlungsfaumlhige Macht darzustel-
lenldquo bezog sich Githinji auf Afrika Wenn die Technologienentwickelt wuumlrden koumlnnten diese Laumlnder ihre Ressourcenauch selber nutzen
Die ACP-Staaten appellierten an die EU und die USAdie Interessen von Entwicklungslaumlndern bei den aktuellenVerhandlungen im Rahmen von TTIP zu beruumlcksichtigenbdquoDas Abkommen darf keineswegs zur Beeintraumlchtigung der
Entwicklungsprozesse unserer Laumlnder fuumlhrenldquo Afrika sollenicht auf eine Rolle als Exporteur von Rohstoffen be-schraumlnkt werden betonte Githinji Ansonsten waumlre eine In-dustrialisierung in diesen Entwicklungslaumlndern nicht moumlg-lich ihre Teilnahme an der globalen Wertschoumlpfungskettewuumlrde sehr schwierig werden bdquoGive us a chanceldquo appel-lierte Githinji
Wollen wir eigentlich immer mehrLiberalisierung Deregulierung Globalisierung
Es sei schoumln wenn nun nach so viel TTIP-Werbung auchein Kritiker zu Wort kommen duumlrfe ergriff Juumlrgen MaierGeschaumlftsfuumlhrer des Forums Umwelt und Entwicklung in
Berlin das Wort Er gehoumlre zu denen die die groszlige De-monstration kuumlrzlich veranstaltet hatten
bdquoVielleicht sind die Entwicklungslaumlnder die Ursachedass es TTIP uumlberhaupt gibtldquo stellte Maier die Vorge-
schichte erst einmal voranUrspruumlnglich sei das wasdie Europaumlische Kommis-sion und die USA in der WTO seit 15 Jahren durch-setzen wollten fuumlr dieWTO gedacht gewesen
Nach einigen Jahren in
denen man das nicht habedurchsetzen koumlnnen habeman in Europa mit der bdquoGlobal-Europe-Strategie2005ldquo offiziell beschlossenbdquojetzt setzen wir auf den Bi-
lateralismus auf den Regionalismus und lassen die WTO jetzt links liegenldquo so Maier Mit der Weigerung der USAdie Doha-Runde uumlber das Jahresende hinaus zu verlaumlngernsei die WTO als Verhandlungsforum nun stillgelegt
Was bedeutet TTIP fuumlr die Entwicklungslaumlnder Hier seier bdquouumlberraschenderweiseldquo der gleichen Meinung wie ProfFelbermayr bdquoNix genaues weiszlig man nichtldquo Erst wenn dasAbkommen fertig sein sollte (bdquowenn es jemals fertig seinsollte was ich nichtglaubeldquo) dann werde mandie Auswirkungen uumlberbli-cken bdquoDie Auswirkungenwerden uumlberwiegend nichtsehr groszlig seinldquo so MaierbdquoEs wird ein paar Gewin-ner und es wird ein paar Verlierer gebenldquo
Aber es sei natuumlrlich ein Baustein beim Versuch den Ent-wicklungslaumlndern eine Politik aufzuzwingen die diesenicht wollten Das werde immer damit verkauft dass man
in Wirklichkeit besser wuumlsste was gut fuumlr sie sei ndash dasnenne man eine bdquomoderne Handelsordnung ndash Man kochtsie weichldquo In den vergangenen 15 Jahren (Anm seit Be-
ginn der Doha-Runde) habe man eine ganze Reihe von sol-
Juumlrgen Maier
Morgan Githinji
bdquoWas wir brau-
chen ist eine neue
HandelspolitikldquoJuumlrgen Maier
bdquoFuumlr uns schwache
Laumlnder ist die WTO
gut weil wir darin
eine Stimme habenldquo
Morgan Githinji
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chen bilateralen Verhandlungsrunden mit Entwicklungslaumln-dern erlebt Nur mit Laumlndern die nicht gerade durch De-mokratie glaumlnzten seien solche Abkommen erfolgreich ver-handelt worden etwa mit Vietnam oder Singapur In demo-kratischen Laumlndern gaumlbe es groszlige Widerstaumlnde gerade inWestafrika wo viele Laumlnder demokra-tisiert wurden bdquoDa versucht die EU
geradezu mit Erpressungstaktik dieRatifikation dieser Abkommen zu er-zwingenldquo so Maier bdquoDas nennt dasBMZ dann fairen Handel In Wirklich-keit ist es nichts anderes als genau ihr alter Handelldquo regte sich der Berliner auf Der Landwirtschaftsminister setzenoch einen obendrauf und mache sei-nen bdquoMilchexportgipfelldquo wo er seineMilchprobleme durch Export loumlsenwolle bdquoUnd wo geht ein Drittel desdeutschen Milchpulvers heute schonhin Nach Afrikaldquo Es solle offenbar
noch mehr werden ndash bdquofairer Handel ndash agrave la Bundesregierungldquo schimpfte Maier
bdquoWas wir brauchen ist eine neue Handelspolitik Das hatnichts mit TTIP zu tunldquo forderte Maier bdquoEine Handelspo-litik die von den Praumlmissen der Vergangenheit Abstandnimmt und die vor allen Dingen eine demokratische Be-standsaufnahme in Europa voraussetzt Wollen wir eigent-lich immer mehr Liberalisierung Deregulierung Globali-sierung ndash wollen wir das in Europa uumlberhaupt Woher weiszligdie Kommission was die Buumlrger wollenldquo Umfragen sag-ten mittlerweile dass nur noch ein Drittel der BevoumllkerungTTIP haben wolle bdquoAuf welcher Basis geht eine Kommis-
sion dann her und verhandelt geheimldquoAuch die Verhandlungsmandate seien ohne Parlaments-
beteiligung beschlossen worden bdquoDiese Handelspolitik hatkeine demokratische Legitimationldquo Sie finde in der WTOkeine internationale Mehrheit siefinde innenpolitisch keine Mehrhei-ten mehr bdquound deswegen muss eseinen Full Stop geben Es muss einen
Neustart der europaumlischen Handels- politik geben mit anderen Praumlmissenwo es nicht darum geht immer nochmehr multinationalen Konzernenmehr Marktanteile zu ermoumlglichensondern wir brauchen eine gesell-schaftlich legitimierte neue Handels-
politikldquo Auch Praumlmissen wie die Re-gionalisierung von Handelsstroumlmeneine Neuorientierung der Landwirt-schaft weg von der Industrialisierung hin zu einer neuen
baumluerlichen Landwirtschaft wo oumlkologische Haumlndler Vor-reiter sein sollten und nicht als Handelshemmnisse betrach-tet wuumlrden bdquoWir brauchen ein Investitionsrecht wo nichtInvestoren Sonderrechte bekommen sondern wo Rechteund Pflichten gleichmaumlszligig verteilt werden bdquoso wie das fuumlr sie und mich auch istldquo Wenn er als Staatsbuumlrger klagen
wolle muumlsse er sich ans Verwaltungsgericht wenden bdquoDaskann ich Firmen auch zumutenldquo
Zu diesem Neustart werde es auch kommen bdquoweil dieseAbkommen allen voran TTIP keine Mehrheiten finden
werdenldquo In irgendeinem der 29 Parlamente werde es zuerstscheitern ndash bdquodanach wird ein Neustart moumlglich seinldquo DieRegierungen und die Kommission haumltten es in der Handdiesen Neustart rechtzeitig zu starten bdquoohne groszligen Flur-schadenldquo oder bdquoob sie dieses Abkommen gegen die Wand
fahren wollenldquo Leider sei letzteres offensichtlich die Stra-tegie von mehreren Regierungen
Neues Positionspapier der EU veroumlffentlichtAuf diese Statements folgten engagierte Erwiderungen
und auch Fragen aus dem Publikum Zunaumlchst widersprachKommissionsvertreter Joachim Menze den Vorwuumlrfen Mai-ers Das Verhandlungsmandat der Kommission sei oumlffent-lich und stehe auch im Internet so Menze Das Mandatbdquostammt von den demokratisch gewaumlhlten Regierungen der Mitgliedsstaaten ndash und zwar einstimmigldquo Zwischen den
28 Mitgliedsstaaten gaumlbe es da keinen Dissens Zuletztseien auch bestimmte Vorbehalte gegen die Form der In-vestitions-Schiedsgerichte formuliert worden Auch auf-grund der oumlffentlichen Debatte habe die Handelskommis-
sarin Malmstroumlm imSeptember auch einneues Positionspa-
pier veroumlffentlichtdas gerade in Miamiverhandelt werdeDemzufolge solle eseine Handelsge-richtsbarkeit mit Be-rufsrichtern gebenbdquodie grundsaumltzlich inihrem Herkunftsstaatdie Befaumlhigung zumRichteramt haben
muumlssenldquo Bisher sei man hier in den Schiedsgerichten vonzwar registrierten Personen aber uumlberwiegend fruumlheren An-waumllten mit handelsrechtlicher Erfahrung ausgegangen Da-ruumlberhinaus duumlrften diese Schiedsrichter nicht von denStreitparteien ausgesucht werden sondern sollten vorher
bestimmt werden Das Schiedsgericht solle nur zusammen-treten wenn es erforderlich sei Menze sprach von Rich-
tern die in unserem Sinne demokratisch legitimiert seienAuch solle es eine zweite Instanz geben eine bdquoRechts-
uumlberpruumlfungsinstanzldquo die genauso organisiert sein solleEs solle bdquosehr viel klarer definiert werden was eigentlich
Engagierte Podiumsdiskussion
bdquoAllein aus rechtstechnischen
Gruumlnden brauchen wir zum
Schutz fuumlr unsere europaumli-
schen Investitionen in den
USA dieses Verfahren derHandelsgerichtsbarkeitldquo
Joachim Menze
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vor diesem Gericht verhandelt werden kannldquo Es sei oft kol- portiert worden dass es sich um Sonderrechte fuumlr Investo-ren handeln solle bdquoDas ist uumlberhaupt nicht der Fallldquo wi-dersprach Menze bdquoEs geht darum dass Investoren die pro
bono im Glauben an die Stabilitaumlt einer Rechtsordnung zumTeil sehr groszlige Investitionen getaumltigt haben geschuumltzt wer-den vor missbraumluchlicher entschaumldigungsloser Enteignung
und gegen Rechtsverweigerung also Willkuumlrldquo Menze hattedamit vor allem US-Investoren im Blick die in irgendei-nem europaumlischen Land investieren und das dortige Rechts-system nicht beurteilen koumlnnen
Menze glaube dass die nun vorgeschlagene Schiedsge-richtsbarkeit fuumlr Investoren erhebliche Vorteile insbeson-dere fuumlr die neuen Mitgliedsstaaten der EU oder die imSuumlden bringen wuumlrden Umgekehrt gaumlbe es in den USAnicht die Funktion der Ratifizierung durch die einzelnenStaaten wohl aber nachher die Bindung an die Schiedsge-richtsbarkeit wenn etwa ein Bundesstaat spaumlter anderwei-tige Regelungen erlasse bdquoAllein aus rechtstechnischen
Gruumlnden brauchen wir zum Schutz fuumlr unsere europaumlischenInvestitionen in den USA dieses Verfahren der Handelsge-richtsbarkeitldquo begruumlndete Menze Er fuumlhrte fruumlhere groszligeInvestitionen (Raffinerien) aus Spanien in Venezuela alsBeispiel an die nach einem Regierungs- und Politikwech-sel entschaumldigungslos enteignet worden seien Solche Ri-siken duumlrfe man Investoren nicht zumuten
Investitionsschutzabkommen ist interessantEin viel versprechender Vorschlag in den TTIP-Verhand-
lungen sei nach Morgan Githinji die Idee eines Internatio-nalen Investitionsschutzabkommens (International Invest-ment Code IIC) Bisherige Schiedsgerichtsverfahren haumlttenin den meisten Faumlllen zum Nachteil der Staaten gefuumlhrt indenen Investitionen getaumltigt wurden Wenn Handelsschlich-ter zu entscheiden haumltten wuumlrden oft die Regierungen der Entwicklungslaumlnder auf der Strecke bleiben
Githinji findet das IIC sogar fuumlr einige Entwicklungslaumln-der attraktiv bezweifelt allerdings ob dieses realisiertwerde Die Erfahrung zeige Die USA ziere sich wenn sichUS-Buumlrger einer anderen nationalen oder gar internationa-len Jurisdiktion unterwerfen sollen Um seine Einschaumltzungzu untermauern zitierte Githinji das International CriminalCode (ICC) (Anm von 2002) und das Kyoto-Protokoll
(Anm von 1997 ) Beide internationalen Vereinbarungenwurden nicht von den USA ratifiziert
Was ist eigentlich die AlternativeFrank Dollendorf nahm seine eigene Vergangenheit zum
Anlass auf das Jahr 2006 zuruumlck zu blicken Damals sei er aus dem Westen in das bdquowunderbare Bayernldquo gekommen
das bdquoGespenst der Globalisierungldquo sei herumgegangen DieExportleistung Bayerns habe damals 140 Milliarden Euro betragen ndash 2014 seien es bereits 170 Milliarden Euro ge-wesen Die Diskussionen um die Globalisierung seien nicht
wirklich abgeflaut Aber das weltweite Han-deln habe zum Wirtschaftswachstum beige-tragen Wohlstand und auch Arbeitsplaumltzeseien gesichert worden Insbesondere Bayern
befinde sich auf einer sehr hohen Komfort-Ebene Da argumentiere es sich leicht gegenAbkommen die weiteres Wachstum zumZiel haumltten Vor einiger Zeit haumltte ihm einTTIP-Gegner nach einer Diskussion prog-
nostiziert dass er mit den Pro-Argumentennicht durchkomme ndash bdquoweil es uns zu gutgehtldquo
Mit Blick auf die Anfang Oktober abge-schlossenen Verhandlungen zum pazifischen AbkommenTPP verwies Dollendorf darauf dass diese zwoumllf Laumlnder wohl kaum diktatorischem Einfluss unterworfen seienbdquoMan sieht dass die Welt sich veraumlndertldquo
Vor allem dieAussage Felber-mayrs dass manRegeln brauche um
miteinander zuwirtschaften fandDollendorf beson-ders gut Viele neueAspekte ndash auf dieauch Felbermayrszehn Forderungenabzielten seien in TTIP enthalten bdquoEs gab noch nie ein ei-genes Kapitel fuumlr kleine und mittelstaumlndische Unterneh-menldquo so Dollendorf Genau das sei das Hauptklientel der IHK Diesen Unternehmen wolle die IHK auch eine Platt-form fuumlr ihre Erwartungen Befuumlrchtungen und Sorgengeben Dies versuche die IHK im Rahmen einer bdquoTTIP-Ro-adshowldquo durch Bayern aufzufangen Maszliggeblich daran be-teiligt sei Michael Gottschlich vom bayerischen Wirt-schaftsministerium ndash der auch im Publikum saszlig (su)
bdquoWas ist eigentlich die Alternativeldquo fragte DollendorfTTIP sei kein Abkommen zwischen Deutschland und denUSA sondern den Laumlndern der Europaumlischen Union undden USA Es gebe fast 50 Freihandelsabkommen die durchdie EU derzeit betrieben wuumlrden ndash keines davon habe sovielAufmerksamkeit erhalten wie TTIP Den Wunsch sich ein-zubringen bezeichnete Dollendorf als bdquowunderbare Ent-wicklungldquo Immer mehr in den Vordergrund trete auch dasThema bdquopublic valueldquo ndash bdquowas hat die Gesellschaft davonldquo
Auch die Veranstaltung hier diene dazu offene Fragen zuklaumlren Steine aus dem Weg zu raumlumen und mit dem Themavoranzukommen
Kontraumlre Standpunkte wurde auf der Podiumsdiskussion angesprochen
bdquoEs gab noch nie
ein eigenes Kapitel
fuumlr kleine und mit-telstaumlndische Unter-
nehmenldquoFrank Dollendorf
TPP = Trans-Pacific Partnership zwischen zwoumllf Laumlndern Diese Laumlnder sind die USA Australien Brunei Chile Japan Kanada Malaysia Me-xiko Neuseeland Peru Singapur und Vietnam
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Eine Wirtschaftsverfassung fuumlr multinationaleKonzerne
bdquoIn dieser Diskussion werden viele Nebelkerzen gewor-fenldquo erzuumlrnte sich Juumlrgen Maier bdquoGegen Handel als sol-chen hat ja niemand wasldquo sagte er Der Handel zwischenden USA und der EU boome bdquodie intensivste Handelsbe-ziehung der Weltldquo auch die Investitionsstroumlme wuumlrden grouml-
szliger es gaumlbe keine signifikanten Probleme Auf eine parla-mentarische Anfrage im Bundestag und im Europaparla-ment wo etwa Investoren aus Amerika in Europa und um-gekehrt vor Gericht nicht Recht bekommen haumltten haumlttenweder die Kommission noch der Bundeswirtschaftsminister Beispiele nennen koumlnnen
bdquoEs geht um die Einfuumlhrung eines Schiedsgerichtsverfah-rens wo Investoren Sonderrechte bekommen NormaleMenschen haben diese Sonderrechte nichtldquo so Maier bdquoDasist der Punkt um den es geht Lassen Sie sich da keine Maumlr-chen erzaumlhlenldquo Er ver-langte eine balancierteAuslegung zwischen
Rechten und Pflichten85 Entwicklungslaumlnder haumltten vorgeschlageneinen neuen Vertrag uumlber Rechte und Pflichten vonInvestoren und multina-tionalen Konzernen aus-zuhandeln ndash aber dieschaumlrfsten Kritiker seiendie EU und die USA soMaier bdquoEs geht darumdass wir eine globale Wirtschaftsverfassung haben die
heutzutage nicht mehr stimmt die zu sehr einseitig fuumlr mul-tinationale Konzerne ausgerichtet ist ndash und das stoumlszligt immer wieder auf oumlffentliche Kritik ndash darum geht esldquo
Maier verdeutlichte seine Meinung am Beispiel der Landwirtschaft In Deutschland und der EU seien immer mehr Menschen der Meinung der Weg in die Agrarindus-trie fuumlhre in die Irre Man muumlsse zuruumlck zu einer regionali-sierten zu einer baumluerlichen Landwirtschaft ndash bdquound dieagrarindustrielle Massentierhaltung Massenmilchproduk-tion Glyphosat-verseuchte Pestizide insbesondere in Suumld-amerika oder genmanipuliertes Soja wollen die Menscheneinfach nichtldquo Da passe auch ein solches Freihandelsab-kommen nicht wo man Milchmaumlrkte globalisiere wo manSchweinefleischmaumlrkte globalisieren moumlchte etc bdquoDas
passt nicht mehr in die heutige Zeitldquo Die Menschen woll-ten Freihandelsabkommen die regionalisierte Produktevoran treiben bdquoIst das denn illegitim so etwas zu wollenldquofragte Maier bdquoNein das ist im besten Sinne konservativldquoantwortete er sich selbst
Bisher treibe man in Europa noch sozialvertraumlglichenHandel ndash das duumlrfe man nicht uumlber Bord werfen so Maier weiter Niemand duumlrfe solche Abkommen dekretierenweder Kommissionen noch Umweltverbaumlnde bdquoWir brau-chen eine breite Diskussion was sind unsere Werte waswollen wirldquo Das sei keine Marotte verwoumlhnter weicher
Bayern Diese Diskussion werde auf der ganzen Welt ge-fuumlhrt bdquoDiese Handelspolitik wie sie die Kommission unsmit undemokratischen Methoden uumlberziehen will hat keineChanceldquo schloss Maier seinen Diskussionsbeitrag ab
Dass es keine Probleme gibt ndash das ist voumlllig falschbdquoWir erfinden hier nichts Neues Deutschland ist der Er-
finder dieser Investitionsschutzabkommenldquo schaltete sichMichael Gottschlich Referatsleiter im bayerischen Wirt-schaftsministerium (StMWi) aus dem Publikum in die Dis-kussion ein Es gaumlbe viele Laumlnder wo man so ein Instru-ment brauche damit Investoren auf Rechtsstaatlichkeit ver-
trauen koumlnnten Schon seit den 1950er Jahren habeDeutschland solche Abkommen geschlossen um hiesigeInvestoren zu schuumltzen fuumlhrte Gottschlich aus Im 21 Jahr-hundert muumlsse man das ganze System einmal anpassen In-vestoren seien vor indirekter Enteignung zu schuumltzen Auchdie Transparenz der TTIP-Verhandlungen sei verbessertworden bdquoVieles was kritisiert worden ist hat man aufge-griffenldquo so Gottschlich bdquoWir brauchen dieses Instrumentin vielen vielen Laumlndernldquo fuhr er fort Zwischen Deutsch-land und den USA brauche man das Abkommen nicht un-
bedingt ndash aber es gaumlbe einige EU-Staaten da sei das Rechtssystem nichtganz so ausgepraumlgt wie in Deutsch-
land Viele Laumlnder haumltten Investitions-schutzabkommen wuumlrden diese aber auch gerne auf einen aktuellen Stand
bringen bdquoWenn wir ein solches Ab-kommen haben wollen muss es einambitioniertes Instrument seinldquo ver-langte Gottschlich Die Kritikpunktean den alten Abkommen seien jetztaufgegriffen und von der EU-Kom-mission in den Verhandlungen vorge-schlagen worden Zusammen mit
jedem Handelsabkommen solle man ein Investitionsschutz-
abkommen treffen damit man nicht nur die Laumlnder diskri-miniere denen man vielleicht nicht so vertraue
bdquoDass es keine Probleme gibt ndash das ist voumlllig falschldquowarnte Gottschlich davor TTIP aus deutscher Sicht alsnicht notwendig zu bezeichnen bdquoEs gibt viele viele kleine
und mittelstaumlndische Unter-nehmen die koumlnnen keinenHandel mit den USA trei-
benldquo betonte der ExperteViele Probleme wuumlrden imregulatorischen Bereich lie-gen bdquoUnterschiedlicheStandards doppelte Zertifi-zierungsverfahren ndash dastreibt die Kosten fuumlr einkleines mittelstaumlndischesUnternehmen in die HoumlheldquoFuumlr einen groszligen Automo-
bilhersteller sei das keinProblem bedeuteten fuumlr ein kleines Unternehmen aber schnell 20 bis 25 Prozent Mehrkosten bdquoDas ist eine abso-lute Marktzugangshuumlrdeldquo TTIP bringe gerade kleinen undmittelstaumlndischen Unternehmen besondere Vorteile nichtnur den Groszligunternehmen sondern gerade dem Mittel-stand 99 Prozent aller Unternehmen in Deutschland sind
kleine und mittelstaumlndische Unternehmen gewichtete Gott-schlich Nur zu sagen es ging uns doch gut wir braumluchtendas nicht waumlre voumlllig falsch betonte Gottschlich noch ein-mal bdquoWir wollen einfach das abbauen was sich unsinniger
Michael Gottschlich StMWVI
bdquoUnterschiedliche Stan-
dards doppelte Zerti1047297zie-rungsverfahren ndash das treibt
die Kosten fuumlr ein kleines
mittelstaumlndisches Unter-
nehmen in die HoumlheldquoMichael Gottschlich
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Weise in den vergangenen Jahrzehnten aufgebaut hatldquo ver-einfachte Gottschlich das Vorhaben Diese Buumlrokratie dieman nicht brauche abzubauen bringe etwas fuumlr den Wohl-stand die Arbeitsplaumltze und die Menschen in BayernDeutschland und der EU
Uumlbermittlungsprobleme zu Lasten der Bevoumllkerung
Moderator Pierre Rafih draumlngte trotz aller Wichtigkeitdes Themas doch mehr am Titel der Veranstaltung ndash bdquoFol-gen fuumlr Entwicklungslaumlnderldquo zu bleiben bdquoMich wuumlrde vielmehr interessieren wie sinddie Auswirkungen auf dieIndividuenldquo fragte ein Teil-nehmer aus dem PublikumIn Afrika werde es in ein
paar Jahren eine Verdoppe-lung der Bevoumllkerunggeben Wirtschaft seiimmer eine Chance fuumlr Ent-wicklung Besonders in
landwirtschaftlichen Berei-chen verlasse man sich auf afrikanische Exporte Wassei dort zu erwarten wurdeGithinji gefragt
Von den 79 Laumlndern wuumlrden nicht alle zu den Gewinner zaumlhlen erwiderte der ACP-Vertreter Aber wie wuumlrde es beiden aumlrmeren Laumlndern aumlrmeren Bevoumllkerungen aussehendifferenzierte er die Frage Es sei nicht selten der Fall dass
politisches Handeln in den Entwicklungslaumlndern ohne dieEinbindung der bdquoStakeholderldquo erfolge ndash darin liege ein gro-szliges Problem so Githinji Technokraten fuumlhrten die interna-
tionalen Verhandlungen ohne jegliche Konsultation DieUnterhaumlndler wuumlrden nicht uumlber die Kapazitaumlt verfuumlgen dieBeduumlrfnisse und Wuumlnsche ihrer Bevoumllkerung sowie die In-teressen ihrer Laumlnder klar zu vermitteln bdquoWir hatten beivielen Verhandlungen mit Partnern uumlber wirtschaftliche Ko-operation versucht dieses Uumlbermittlungsproblem anzuge-hen indem wir sicherstellten dass all die Nutznieszliger miteinbezogen warenldquo berichtete Githinji Was sich aus sol-chen Verhandlungen ergibt haumlnge von den Machtverhaumllt-nissen zwischen den Parteien ab und von der Moumlglichkeitdiese Macht auszuspielen um das Verhandlungsresultat zu
beeinflussen bdquoIn manchen Faumlllen haben wir die Erfahrunggemacht dass die Gegenpartei den Verhandlungsverlauf und damit auch das zu erzielende Resultat von vornehereinfestlegtldquo so der ACP-Repraumlsentant So sei fuumlr die meistenEntwicklungslaumlnder diese Situation nicht einfach und letzt-lich sei die Bevoumllkerung Leidtragender der beschlossenenVereinbarungen Manche suchten dann auf dem Weg der Migration nach besseren Lebenschancen bdquoDies wird fort-dauern solange wir keine Wirtschaftsentwicklung vorwei-sen koumlnnenldquo Deswegen sei es wichtig Politik-Kohaumlrenzzu gewaumlhrleisten sodass jede Maszlignahme und Entschei-dung die in der EU oder den USA und anderen Industrie-laumlndern getroffen werde nicht negativ auf die Laumlnder desSuumldens und ihre Bevoumllkerung wirke
Verhandlungspartner auf AugenhoumlheDie USA haumltten in den vergangenen Jahren viele Abkom-
men mit Laumlndern getroffen wo man eindeutig von einem
politischen Machtgefaumllle sprechen koumlnne ging JoachimMenze auf die Entwicklungslaumlnder ein Eine einfache Ver-handlungsposition und starke Durchsetzungsfaumlhigkeit sei-tens der USA sei da zu beobachten gewesen Nun seien dieUSA zum ersten Mal in der Situation dass sie es mit einemgleichwertigen Verhandlungspartner auf Augenhoumlhe zu tunhaumltten so Menze Beide Seiten wuumlrden diesmal sehr starke
Interessen einbringen bdquoDas Ergebnis wird ganz sicher alssog Goldstandard in die weiteren Verhandlungen einge-henldquo glaubt der Vertreter der EU-Kommission Wenn manin ein paar Jahren bei-spielsweise mit Bolivienverhandle koumlnne mannichts schlechteres anbie-ten als den USA erlaumlu-terte Menze Das wuumlrdeim internationalen Ver-kehr sonst als Herabwuumlr-digung betrachtet werdenbdquoFuumlr die kleineren nicht
so wirtschaftsstarkenStaaten wird dieses Ab-kommen eine groszlige Be-deutung habenldquo
Abkommen kopieren ist keine Politik fuumlrdas 21 Jahrhundert
bdquoWie koumlnnen sie den Entwicklungslaumlndern helfen dasssie partizipieren koumlnnenldquo kam eine weitere Frage aus demPublikum Wie koumlnne Technologie in diese Laumlnder gebrachtwerden obwohl die Leute dort sehr wenig davon verste-hen Juumlrgen Maier bezeichnete das als einfach bdquoDie Ent-
wicklungslaumlnder koumlnnen in der WTO auf Augenhoumlhe ver-handeln und zu Ergebnissen kommenldquo Da kaumlme man auchzu Ergebnissen die alle Interessen gleichmaumlszligig widerspie-gelten Die Version die die Kommission vorschlage dassarme Laumlnder das Abkommen kopieren koumlnnten sei keinePolitik die im 21 Jahrhundert zukunftsfaumlhig waumlre Mankomme deshalb nicht weiter weil man nicht bereit sei mitRegierungen aus Afrika auf Augenhoumlhe zu verhandeln soMaier weiter
Infrastruktur-Projekte foumlrdernZusammen mit dem Bundeswirtschaftsministerium und
dem BMZ organisiere die IHK Muumlnchen auch Manager-Fortbildungen um Unternehmer aus Bayern und Entwick-lungslaumlndern zusammenzubringen berichtete DollendorfEntwicklungszusammenarbeit sei ein ganz wichtigesThema bdquoEs gibt in Bayern den so genannten EZ-Scout fuumlr Bildungszusammenarbeitldquo so Dollendorf Diese Personhabe nichts anderes zu tun als mit bayerischen Unterneh-men zu uumlberlegen wie man in Schwellenlaumlndern Projektevorantreiben koumlnnte Es gehe darum ganz gezielt loumlsungs-orientierte Maszlignahmen zu ergreifen Am 3 November soDollendorf werde das Afrika-Infrastuktur-Forum bdquoBe myguestldquo (Anm wwwafrikavereinde) durchgefuumlhrt dasgenau den von Prof Felbermayr schon angesprochenen
Mangel in der Infrastruktur vieler Entwicklungslaumlnder fo-kussiere Repraumlsentanten aus neun afrikanischen Laumlndernwuumlrden dort zugegen sein um ihre Infrastruktur-Projektevorzustellen und um Investoren zu werben
bdquoDas Ergebnis
wird ganz sicher
als Goldstandard
in die weiteren
Verhandlungen
eingehenldquoJoachim Menze
Pierrre Rafih moderierte die Podi-umsdiskusison
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Handel ist wichtig aber Freihandel schadetden Entwicklungslaumlndern
bdquoWas ist Entwicklungldquo fragte ein Teilnehmer afrikani-scher Herkunft aus dem Publikum Entwickelte Laumlnder wuumlrde sich aus seiner Sicht durch zwei Aspekte auszeich-nen einen hohen technologischen Stand ndash und dass vieleWirtschaftszweige fuumlreinander produzieren wuumlrden bdquoDiese
interne Verbundenheit ist wesentlichldquo Handel sei wichtigaber Freihandel schade den Entwicklungslaumlndern Auchentwickelte Laumlnder haumltten sich nicht mit Freihandel entwi-ckelt bdquosondern gerade in einem gelenkten Handelldquo DieHandelsstroumlme seien so gelenkt worden dass ihre eigenenWirtschaften nach vorne gebracht wurden Das werde ein-fach voumlllig vergessen
Zwischen Reich und Arm gibt es heute keinewirklichen technologischen Barrieren mehr
Prof Felbermayr fuumlhlte sich angesprochen und antwor-tete direkt darauf bdquoWenn sie das aus der historischen Per-spektive betrachten dann ist das vielleicht auch richtigldquo
Heute lebe man aber in einer Welt wo es keine wirklichentechnologischen Barrieren mehr zwischen Reich und Armgaumlbe Sehr viele Studien wuumlrden bestaumltigen dass institutio-nelle Probleme in den Laumlndern vor Ort der Grund seienwarum diese nicht am Handel teilnehmen wuumlrden Er haltees sogar fuumlr gefaumlhrlich wenn man sage bdquodas ist die boumlseHandelspolitik des Westensldquo Damit wuumlrde man Versaumlum-nisse entschuldigen die vor Ort stattfinden dass Panzer ge-kauft statt Straszligen gebaut werden Das sei aber in vielenarmen Laumlndern bdquoein Stuumlck weit Realitaumltldquo Schon seit demGATT-Abkommen 1947 sei ein zollfreier Marktzugang fuumlr arme Laumlnder geregelt Das habe leider nicht dazu gefuumlhrt
dass es in diesen Laumlndern eine Industrialisierung gegebenhabe Die Frage sei natuumlrlich zu stellen warum dies nichtzu einer Entwicklung gefuumlhrt habe
Ein Stuumlck vorwaumlrts gekommenAbschlieszligend bedankte sich Pierre Rafih noch einmal bei
allen Referenten und Diskussionsteilnehmern sowie demPublikum fuumlr das Interesse Man habe zu diesem sehr kom-
plexen Thema sicher keine endguumlltigen Antworten gebenkoumlnnen bdquoAber ich hoffe dass wir ein paar neue Fragenhaben dass wir ein Stuumlck weit auf dem Weg gekommensind und weiter offen bleiben und nicht mit einer gefestig-ten Meinung nach Hause gehen ndash das ist nicht die Art der Wissenschaft Wir wollen immer weiter forschen und unsselbst fragen was wir tun sollen Ich bin uumlberzeugt dass
jeder von heute Abend etwas mitnehmen wirdldquo
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SID Chapter Muumlnchensid-munich-chapterorg
Dokumentation des hier beschriebenen Dialogbuumlhne TTIPsid-munich-chapterorgpresse
Hochschule fuumlr Angewandtes Management Erding beiMuumlnchenfhamde
BMZ bmzde
ifo-Institut Muumlnchencesifo-groupde
Vertretung der Europaumlischen Kommission in Muumlncheneceuropaeudeutschlandcommissionofficesmunichindex_dehtm
ACPacpint
IHK MuumlnchenO berbayernmuenchenihkde
Forum Umwelt und Entwicklung Berlinforumuede
Mit freundlicher Unterstuumltzung vonImpressum
ViSdP Gesellschaft fuumlr Internationale Entwicklung (SID) Muumlnchen eVDr F Kayode Salau Peter-Rosegger-Straszlige 29 86415 Meringinfosid-munich-chapterorgRedaktion Dr F Kayode SalauDr Volker Goumlbner (Pressebuumlro Schreib-WUT Neusaumlszlig)
Alle Aussagen auch zu rechtlichen Aspekten geben die Aumluszligerungender jeweiligen Redner(innen) bei der Veranstaltung am 22 Oktober 2015wieder und sind weder sachlich noch juristisch gepruumlft
Internationales Buffet Nach reichlich geistiger Nahrung fuumlr den Kopf kam auch
der Bauch zu seinem Recht Fatima von Kaehne (SchlossBlumenthal bei Aichach) hatte ein ebenso umfangreicheswie leckeres internationales Buffett aufgebaut ZahlreicheGespraumlche in kleinen Kreisen rundeten den Abend ab
Internationales Buffet ndash aus allen Handelszonen der Welt von der Ananas bis zur Zucchini
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PodiumsdiskussionPro und Contra TTIP
Seit Jahren bewege TTIP die Men-schen die Resonanz in Medien undPolitik sei sehr groszlig leitete PierreRafih von der Hochschule fuumlr Ange-wandtes Management Erding einemder beiden Veranstalter der Dialog-
buumlhne die Podiumsdiskussion ein Beiderart komplexen Themen sei es wich-tig sich zu informieren und von Ex-
perten beraten zu lassen nicht nur auf Meinungen zu setzen Vier Expertensollten daher das Thema auf dem Po-dium von verschiedenen Seiten be-leuchten Rafih stellte sie vorbull Joachim Menze Leiter der Vertretung der Europaumli-
schen Kommission in Muumlnchenbull Morgan Githinji Senior Expert in Multilateral Trade
der ACP ndash African Caribbean Pacific Group of StatesBrussels Office
bull Frank Dollendorf Leiter Bereich Auszligenwirtschaft der Industrie- und Handelskammer (IHK) fuumlr Muumlnchenund Oberbayern
bull Juumlrgen Maier Geschaumlftsfuumlhrer des Forums Umwelt undEntwicklung Berlin
Angeglichene Standards senken die Kostenauch in Drittstaaten
Die Kommission gehe davon aus dass TTIP auf Ent-wicklungslaumlnder wenig Auswirkungen habe ndash und wenn
dann positive brachte Joachim Menze (Leiter der Vertre-tung der Europaumlischen Kommission in Muumlnchen) die Bruumls-seler Perspektive auf einen Nenner Der Handel zwischender EU und den USA stehenicht wirklich in Konkur-renz zu den Produkten ausdieser Staatengruppe DieErleichterung des transat-lantischen Handels wuumlrdenicht dazu fuumlhren dass der Handel mit anderen Staatenerschwert wird bdquoGanz imGegenteil Wir gehen
davon aus dass angegli-chene Standards zwischender EU und den USA auchfuumlr Produzenten in Dritt-staaten zu Kostensenkungen fuumlhren da eben nicht mehr un-terschiedliche Standards bedient werden muumlssenldquo
25 der Arbeitsplaumltze in Bayern sind vominternationalen Handel abhaumlngig
Die IHK Muumlnchen und Oberbayern ist mit rund 400000Mitgliedern die groumlszligte IHK Deutschlands ndash was schlichtdem sehr gut prosperierenden Standort geschuldet sei Das
internationale Geschaumlft boome so Frank Dollendorf (Leiter Bereich Auszligenwirtschaft der Industrie und Handelskammer IHK fuumlr Muumlnchen und Oberbayern) Das Bruttoinlandspro-dukt des Freistaates betrage 522 Milliarden Euro (im Jahr
2014) ndash bdquo50 Prozent davon werden im Ausland generiertldquoso Dollendorf 22 Prozent houmlhere Loumlhne als im internatio-nalen Vergleich wuumlrden in dieser Region bezahlt 25 Pro-zent der Arbeitsplaumltze seien vom internationalen Handel ab-
haumlngig Es werde nicht uumlberraschen dass er als Vertreter einer IHK daher grundsaumltzlich fuumlr den Freihandel eintrete
Wichtig seien in diesem Zusammenhang die Themen Nachhaltigkeit und die Ver-antwortung des Unterneh-mers und der WirtschaftSchon das IHK-Grundge-setz von 1956 schreibe festdass die IHK bdquofuumlr die Wah-rung von Anstand und Sittedes ehrbaren Kaufmanns
beizuwirkenldquo hat Der alt-
hergebrachte Begriff desbdquoehrbaren Kaufmannsldquo seiaktueller denn je so Dol-lendorf Die Verantwor-tung die ein ehrbarer Kauf-mann an den Tag legen sollte hat mit Nachhaltigkeit zutun Das Nachhaltigkeitsthema sei daher innerhalb vonTTIP ein wichtiger Aspekt Bei den momentanen Diskus-sionen der Verhandlungspartner in Miami sei es daher wichtig dieses Thema aufzugreifen
Standards werden zu Handelsbarrierenfuumlr Entwicklungslaumlnder ndash bdquoGive us a chanceldquo
Morgan Githinji Vertreter der Laumlndergruppe ACP (Afri-can Caribbean Pacific Group of States) in Bruumlssel be-dankte sich fuumlr die Einladung zu diesem Dialog 79 Laumlnder gehoumlrten zu der ACP-Gruppe den Laumlndern Afrikas der Ka-ribik und der Pazifik-Gruppe ndash allesamt Laumlnder die mitEntwicklungsherausforderungen konfrontiert sind Vielesind unterentwickelte Laumlnder kleine Insel- und Binnenstaa-ten
ACP habe sich mit TTIP befasst und dabei drei Bereichedefiniert die wichtig fuumlr diese Laumlndergruppe sind
Zum einen sei da die Handelsumlenkung Dies betreffevor allem bestimmte Produktbereiche mit besonders hohen
Zoumlllen wie beispielsweise in der Automobilbranche Sokoumlnnten etwa in Suumldafrika produzierte Autos nicht mehr wie bisher in die USA exportiert werden wenn Autoher-steller in Europa aufgrund TTIP guumlnstigere Zoumllle und Kon-
Auf dem Podium diskutierten (von links) Juumlrgen Maier Frank Dollendorf Moderator Pierre RafihMorgan Githinji und Joachim Menze
Frank Dollendorf
Joachim Menze
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Dialogbuumlhne TTIP Muumlnchen 2015 Dokumentation
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ditionen fuumlr ihre Exporte in die USA bekommen wuumlrdenFuumlr Suumldafrika wuumlrde dieser Markt dann wegfallen ndash eineHandelsverlagerung zugunsten Europas befuumlrchtet Git-hinji
Zum zweiten gehe es um die Harmonisierung von Pro-duktstandards zwischen den TTIP-Vertragspartnern DieACP-Vertreter wuumlrden befuumlrchten dass diese Standards all-
maumlhlich in die WTO integriert werden ndash was schlieszliglich zueiner groszligen Handelsbar-riere fuumlr Entwicklungslaumln-der fuumlhren werde Um dieseStandards zu erfuumlllen seienenorme Investitionen in denACP-Staaten zur Verbesse-rung von Fachwissen undProduktqualitaumlt noumltig Au-szligerdem muumlssten Institutio-nen geschaffen werden diedie betroffenen Hersteller
bei der Erfuumlllung der Stan-
dards unterstuumltzen Durchdiese Maszlignahmen wuumlrdenzusaumltzliche Kosten entstehen ndash ein klarer Nachteil fuumlr dieExporte dieser Staaten
Zum dritten wuumlrden sich die Verhandlungen auf das mul-tilaterale Handelssystem auswirken Aus Sicht der ACP-Staaten sei die WTO ein formelles international anerkann-tes Forum fuumlr globale Handelsverhandlungen Auch wenn
bilaterale und regionale Verhandlungen heute gang undgaumlbe seien sei anzumerken dass dies dazu tendierenwuumlrde die geltenden Regelungen innerhalb der WTO zuunterminieren bdquoDas koumlnnte zu Problemen fuumlr viele kleinere
Laumlnder fuumlhren wie ich sie repraumlsentiereldquo so Githinji Daswirke sich auch auf die kommende Mi-nister-Tagung der WTO die fuumlr denDezember geplantist aus Bis heutesei noch nicht ein-mal eine Agendaaufgestellt Ergeb-nisse seien nicht ab-zusehen Weiter be-
fuumlrchtete Githinji dass die bdquoDoha Development Agendaldquo(DDA) ein Schluumlsselthema der WTO in Gefahr gerateweil in den Augen der Hauptakteure des globalen Handelsdie WTO keine Ergebnisse in ihrem Sinne liefere bdquoFuumlr unsschwache Laumlnder ist die WTO gut weil wir darin eineStimme habenldquo betonte Githinji bdquoDort koumlnnen wir unsereBeduumlrfnisse zum Ausdruck bringenldquo Die Hauptakteurehaumltten bereits angedeutet dass auf die DDA gleich ganzverzichtet werden koumlnne wenn auf der Minister-Tagung imDezember in Nairobi keine Einigkeit erzielt werde
Die bdquoAgenda 2063ldquo die in Afrika initiiert wurde sei eineder Antworten auf diese Situation erlaumluterte Ginthinji Wei-ter sei ein bdquoFree Trade Agreementldquo (FTA) geschaffen um
mit den groumlszligeren Wirtschaftsakteuren auf Augenhoumlhe ver-handeln zu koumlnnen bdquoWenn wir uns richtig organisierenkoumlnnen glauben wir dass wir mit unseren Ressourcen inder Lage sind eine verhandlungsfaumlhige Macht darzustel-
lenldquo bezog sich Githinji auf Afrika Wenn die Technologienentwickelt wuumlrden koumlnnten diese Laumlnder ihre Ressourcenauch selber nutzen
Die ACP-Staaten appellierten an die EU und die USAdie Interessen von Entwicklungslaumlndern bei den aktuellenVerhandlungen im Rahmen von TTIP zu beruumlcksichtigenbdquoDas Abkommen darf keineswegs zur Beeintraumlchtigung der
Entwicklungsprozesse unserer Laumlnder fuumlhrenldquo Afrika sollenicht auf eine Rolle als Exporteur von Rohstoffen be-schraumlnkt werden betonte Githinji Ansonsten waumlre eine In-dustrialisierung in diesen Entwicklungslaumlndern nicht moumlg-lich ihre Teilnahme an der globalen Wertschoumlpfungskettewuumlrde sehr schwierig werden bdquoGive us a chanceldquo appel-lierte Githinji
Wollen wir eigentlich immer mehrLiberalisierung Deregulierung Globalisierung
Es sei schoumln wenn nun nach so viel TTIP-Werbung auchein Kritiker zu Wort kommen duumlrfe ergriff Juumlrgen MaierGeschaumlftsfuumlhrer des Forums Umwelt und Entwicklung in
Berlin das Wort Er gehoumlre zu denen die die groszlige De-monstration kuumlrzlich veranstaltet hatten
bdquoVielleicht sind die Entwicklungslaumlnder die Ursachedass es TTIP uumlberhaupt gibtldquo stellte Maier die Vorge-
schichte erst einmal voranUrspruumlnglich sei das wasdie Europaumlische Kommis-sion und die USA in der WTO seit 15 Jahren durch-setzen wollten fuumlr dieWTO gedacht gewesen
Nach einigen Jahren in
denen man das nicht habedurchsetzen koumlnnen habeman in Europa mit der bdquoGlobal-Europe-Strategie2005ldquo offiziell beschlossenbdquojetzt setzen wir auf den Bi-
lateralismus auf den Regionalismus und lassen die WTO jetzt links liegenldquo so Maier Mit der Weigerung der USAdie Doha-Runde uumlber das Jahresende hinaus zu verlaumlngernsei die WTO als Verhandlungsforum nun stillgelegt
Was bedeutet TTIP fuumlr die Entwicklungslaumlnder Hier seier bdquouumlberraschenderweiseldquo der gleichen Meinung wie ProfFelbermayr bdquoNix genaues weiszlig man nichtldquo Erst wenn dasAbkommen fertig sein sollte (bdquowenn es jemals fertig seinsollte was ich nichtglaubeldquo) dann werde mandie Auswirkungen uumlberbli-cken bdquoDie Auswirkungenwerden uumlberwiegend nichtsehr groszlig seinldquo so MaierbdquoEs wird ein paar Gewin-ner und es wird ein paar Verlierer gebenldquo
Aber es sei natuumlrlich ein Baustein beim Versuch den Ent-wicklungslaumlndern eine Politik aufzuzwingen die diesenicht wollten Das werde immer damit verkauft dass man
in Wirklichkeit besser wuumlsste was gut fuumlr sie sei ndash dasnenne man eine bdquomoderne Handelsordnung ndash Man kochtsie weichldquo In den vergangenen 15 Jahren (Anm seit Be-
ginn der Doha-Runde) habe man eine ganze Reihe von sol-
Juumlrgen Maier
Morgan Githinji
bdquoWas wir brau-
chen ist eine neue
HandelspolitikldquoJuumlrgen Maier
bdquoFuumlr uns schwache
Laumlnder ist die WTO
gut weil wir darin
eine Stimme habenldquo
Morgan Githinji
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chen bilateralen Verhandlungsrunden mit Entwicklungslaumln-dern erlebt Nur mit Laumlndern die nicht gerade durch De-mokratie glaumlnzten seien solche Abkommen erfolgreich ver-handelt worden etwa mit Vietnam oder Singapur In demo-kratischen Laumlndern gaumlbe es groszlige Widerstaumlnde gerade inWestafrika wo viele Laumlnder demokra-tisiert wurden bdquoDa versucht die EU
geradezu mit Erpressungstaktik dieRatifikation dieser Abkommen zu er-zwingenldquo so Maier bdquoDas nennt dasBMZ dann fairen Handel In Wirklich-keit ist es nichts anderes als genau ihr alter Handelldquo regte sich der Berliner auf Der Landwirtschaftsminister setzenoch einen obendrauf und mache sei-nen bdquoMilchexportgipfelldquo wo er seineMilchprobleme durch Export loumlsenwolle bdquoUnd wo geht ein Drittel desdeutschen Milchpulvers heute schonhin Nach Afrikaldquo Es solle offenbar
noch mehr werden ndash bdquofairer Handel ndash agrave la Bundesregierungldquo schimpfte Maier
bdquoWas wir brauchen ist eine neue Handelspolitik Das hatnichts mit TTIP zu tunldquo forderte Maier bdquoEine Handelspo-litik die von den Praumlmissen der Vergangenheit Abstandnimmt und die vor allen Dingen eine demokratische Be-standsaufnahme in Europa voraussetzt Wollen wir eigent-lich immer mehr Liberalisierung Deregulierung Globali-sierung ndash wollen wir das in Europa uumlberhaupt Woher weiszligdie Kommission was die Buumlrger wollenldquo Umfragen sag-ten mittlerweile dass nur noch ein Drittel der BevoumllkerungTTIP haben wolle bdquoAuf welcher Basis geht eine Kommis-
sion dann her und verhandelt geheimldquoAuch die Verhandlungsmandate seien ohne Parlaments-
beteiligung beschlossen worden bdquoDiese Handelspolitik hatkeine demokratische Legitimationldquo Sie finde in der WTOkeine internationale Mehrheit siefinde innenpolitisch keine Mehrhei-ten mehr bdquound deswegen muss eseinen Full Stop geben Es muss einen
Neustart der europaumlischen Handels- politik geben mit anderen Praumlmissenwo es nicht darum geht immer nochmehr multinationalen Konzernenmehr Marktanteile zu ermoumlglichensondern wir brauchen eine gesell-schaftlich legitimierte neue Handels-
politikldquo Auch Praumlmissen wie die Re-gionalisierung von Handelsstroumlmeneine Neuorientierung der Landwirt-schaft weg von der Industrialisierung hin zu einer neuen
baumluerlichen Landwirtschaft wo oumlkologische Haumlndler Vor-reiter sein sollten und nicht als Handelshemmnisse betrach-tet wuumlrden bdquoWir brauchen ein Investitionsrecht wo nichtInvestoren Sonderrechte bekommen sondern wo Rechteund Pflichten gleichmaumlszligig verteilt werden bdquoso wie das fuumlr sie und mich auch istldquo Wenn er als Staatsbuumlrger klagen
wolle muumlsse er sich ans Verwaltungsgericht wenden bdquoDaskann ich Firmen auch zumutenldquo
Zu diesem Neustart werde es auch kommen bdquoweil dieseAbkommen allen voran TTIP keine Mehrheiten finden
werdenldquo In irgendeinem der 29 Parlamente werde es zuerstscheitern ndash bdquodanach wird ein Neustart moumlglich seinldquo DieRegierungen und die Kommission haumltten es in der Handdiesen Neustart rechtzeitig zu starten bdquoohne groszligen Flur-schadenldquo oder bdquoob sie dieses Abkommen gegen die Wand
fahren wollenldquo Leider sei letzteres offensichtlich die Stra-tegie von mehreren Regierungen
Neues Positionspapier der EU veroumlffentlichtAuf diese Statements folgten engagierte Erwiderungen
und auch Fragen aus dem Publikum Zunaumlchst widersprachKommissionsvertreter Joachim Menze den Vorwuumlrfen Mai-ers Das Verhandlungsmandat der Kommission sei oumlffent-lich und stehe auch im Internet so Menze Das Mandatbdquostammt von den demokratisch gewaumlhlten Regierungen der Mitgliedsstaaten ndash und zwar einstimmigldquo Zwischen den
28 Mitgliedsstaaten gaumlbe es da keinen Dissens Zuletztseien auch bestimmte Vorbehalte gegen die Form der In-vestitions-Schiedsgerichte formuliert worden Auch auf-grund der oumlffentlichen Debatte habe die Handelskommis-
sarin Malmstroumlm imSeptember auch einneues Positionspa-
pier veroumlffentlichtdas gerade in Miamiverhandelt werdeDemzufolge solle eseine Handelsge-richtsbarkeit mit Be-rufsrichtern gebenbdquodie grundsaumltzlich inihrem Herkunftsstaatdie Befaumlhigung zumRichteramt haben
muumlssenldquo Bisher sei man hier in den Schiedsgerichten vonzwar registrierten Personen aber uumlberwiegend fruumlheren An-waumllten mit handelsrechtlicher Erfahrung ausgegangen Da-ruumlberhinaus duumlrften diese Schiedsrichter nicht von denStreitparteien ausgesucht werden sondern sollten vorher
bestimmt werden Das Schiedsgericht solle nur zusammen-treten wenn es erforderlich sei Menze sprach von Rich-
tern die in unserem Sinne demokratisch legitimiert seienAuch solle es eine zweite Instanz geben eine bdquoRechts-
uumlberpruumlfungsinstanzldquo die genauso organisiert sein solleEs solle bdquosehr viel klarer definiert werden was eigentlich
Engagierte Podiumsdiskussion
bdquoAllein aus rechtstechnischen
Gruumlnden brauchen wir zum
Schutz fuumlr unsere europaumli-
schen Investitionen in den
USA dieses Verfahren derHandelsgerichtsbarkeitldquo
Joachim Menze
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vor diesem Gericht verhandelt werden kannldquo Es sei oft kol- portiert worden dass es sich um Sonderrechte fuumlr Investo-ren handeln solle bdquoDas ist uumlberhaupt nicht der Fallldquo wi-dersprach Menze bdquoEs geht darum dass Investoren die pro
bono im Glauben an die Stabilitaumlt einer Rechtsordnung zumTeil sehr groszlige Investitionen getaumltigt haben geschuumltzt wer-den vor missbraumluchlicher entschaumldigungsloser Enteignung
und gegen Rechtsverweigerung also Willkuumlrldquo Menze hattedamit vor allem US-Investoren im Blick die in irgendei-nem europaumlischen Land investieren und das dortige Rechts-system nicht beurteilen koumlnnen
Menze glaube dass die nun vorgeschlagene Schiedsge-richtsbarkeit fuumlr Investoren erhebliche Vorteile insbeson-dere fuumlr die neuen Mitgliedsstaaten der EU oder die imSuumlden bringen wuumlrden Umgekehrt gaumlbe es in den USAnicht die Funktion der Ratifizierung durch die einzelnenStaaten wohl aber nachher die Bindung an die Schiedsge-richtsbarkeit wenn etwa ein Bundesstaat spaumlter anderwei-tige Regelungen erlasse bdquoAllein aus rechtstechnischen
Gruumlnden brauchen wir zum Schutz fuumlr unsere europaumlischenInvestitionen in den USA dieses Verfahren der Handelsge-richtsbarkeitldquo begruumlndete Menze Er fuumlhrte fruumlhere groszligeInvestitionen (Raffinerien) aus Spanien in Venezuela alsBeispiel an die nach einem Regierungs- und Politikwech-sel entschaumldigungslos enteignet worden seien Solche Ri-siken duumlrfe man Investoren nicht zumuten
Investitionsschutzabkommen ist interessantEin viel versprechender Vorschlag in den TTIP-Verhand-
lungen sei nach Morgan Githinji die Idee eines Internatio-nalen Investitionsschutzabkommens (International Invest-ment Code IIC) Bisherige Schiedsgerichtsverfahren haumlttenin den meisten Faumlllen zum Nachteil der Staaten gefuumlhrt indenen Investitionen getaumltigt wurden Wenn Handelsschlich-ter zu entscheiden haumltten wuumlrden oft die Regierungen der Entwicklungslaumlnder auf der Strecke bleiben
Githinji findet das IIC sogar fuumlr einige Entwicklungslaumln-der attraktiv bezweifelt allerdings ob dieses realisiertwerde Die Erfahrung zeige Die USA ziere sich wenn sichUS-Buumlrger einer anderen nationalen oder gar internationa-len Jurisdiktion unterwerfen sollen Um seine Einschaumltzungzu untermauern zitierte Githinji das International CriminalCode (ICC) (Anm von 2002) und das Kyoto-Protokoll
(Anm von 1997 ) Beide internationalen Vereinbarungenwurden nicht von den USA ratifiziert
Was ist eigentlich die AlternativeFrank Dollendorf nahm seine eigene Vergangenheit zum
Anlass auf das Jahr 2006 zuruumlck zu blicken Damals sei er aus dem Westen in das bdquowunderbare Bayernldquo gekommen
das bdquoGespenst der Globalisierungldquo sei herumgegangen DieExportleistung Bayerns habe damals 140 Milliarden Euro betragen ndash 2014 seien es bereits 170 Milliarden Euro ge-wesen Die Diskussionen um die Globalisierung seien nicht
wirklich abgeflaut Aber das weltweite Han-deln habe zum Wirtschaftswachstum beige-tragen Wohlstand und auch Arbeitsplaumltzeseien gesichert worden Insbesondere Bayern
befinde sich auf einer sehr hohen Komfort-Ebene Da argumentiere es sich leicht gegenAbkommen die weiteres Wachstum zumZiel haumltten Vor einiger Zeit haumltte ihm einTTIP-Gegner nach einer Diskussion prog-
nostiziert dass er mit den Pro-Argumentennicht durchkomme ndash bdquoweil es uns zu gutgehtldquo
Mit Blick auf die Anfang Oktober abge-schlossenen Verhandlungen zum pazifischen AbkommenTPP verwies Dollendorf darauf dass diese zwoumllf Laumlnder wohl kaum diktatorischem Einfluss unterworfen seienbdquoMan sieht dass die Welt sich veraumlndertldquo
Vor allem dieAussage Felber-mayrs dass manRegeln brauche um
miteinander zuwirtschaften fandDollendorf beson-ders gut Viele neueAspekte ndash auf dieauch Felbermayrszehn Forderungenabzielten seien in TTIP enthalten bdquoEs gab noch nie ein ei-genes Kapitel fuumlr kleine und mittelstaumlndische Unterneh-menldquo so Dollendorf Genau das sei das Hauptklientel der IHK Diesen Unternehmen wolle die IHK auch eine Platt-form fuumlr ihre Erwartungen Befuumlrchtungen und Sorgengeben Dies versuche die IHK im Rahmen einer bdquoTTIP-Ro-adshowldquo durch Bayern aufzufangen Maszliggeblich daran be-teiligt sei Michael Gottschlich vom bayerischen Wirt-schaftsministerium ndash der auch im Publikum saszlig (su)
bdquoWas ist eigentlich die Alternativeldquo fragte DollendorfTTIP sei kein Abkommen zwischen Deutschland und denUSA sondern den Laumlndern der Europaumlischen Union undden USA Es gebe fast 50 Freihandelsabkommen die durchdie EU derzeit betrieben wuumlrden ndash keines davon habe sovielAufmerksamkeit erhalten wie TTIP Den Wunsch sich ein-zubringen bezeichnete Dollendorf als bdquowunderbare Ent-wicklungldquo Immer mehr in den Vordergrund trete auch dasThema bdquopublic valueldquo ndash bdquowas hat die Gesellschaft davonldquo
Auch die Veranstaltung hier diene dazu offene Fragen zuklaumlren Steine aus dem Weg zu raumlumen und mit dem Themavoranzukommen
Kontraumlre Standpunkte wurde auf der Podiumsdiskussion angesprochen
bdquoEs gab noch nie
ein eigenes Kapitel
fuumlr kleine und mit-telstaumlndische Unter-
nehmenldquoFrank Dollendorf
TPP = Trans-Pacific Partnership zwischen zwoumllf Laumlndern Diese Laumlnder sind die USA Australien Brunei Chile Japan Kanada Malaysia Me-xiko Neuseeland Peru Singapur und Vietnam
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Eine Wirtschaftsverfassung fuumlr multinationaleKonzerne
bdquoIn dieser Diskussion werden viele Nebelkerzen gewor-fenldquo erzuumlrnte sich Juumlrgen Maier bdquoGegen Handel als sol-chen hat ja niemand wasldquo sagte er Der Handel zwischenden USA und der EU boome bdquodie intensivste Handelsbe-ziehung der Weltldquo auch die Investitionsstroumlme wuumlrden grouml-
szliger es gaumlbe keine signifikanten Probleme Auf eine parla-mentarische Anfrage im Bundestag und im Europaparla-ment wo etwa Investoren aus Amerika in Europa und um-gekehrt vor Gericht nicht Recht bekommen haumltten haumlttenweder die Kommission noch der Bundeswirtschaftsminister Beispiele nennen koumlnnen
bdquoEs geht um die Einfuumlhrung eines Schiedsgerichtsverfah-rens wo Investoren Sonderrechte bekommen NormaleMenschen haben diese Sonderrechte nichtldquo so Maier bdquoDasist der Punkt um den es geht Lassen Sie sich da keine Maumlr-chen erzaumlhlenldquo Er ver-langte eine balancierteAuslegung zwischen
Rechten und Pflichten85 Entwicklungslaumlnder haumltten vorgeschlageneinen neuen Vertrag uumlber Rechte und Pflichten vonInvestoren und multina-tionalen Konzernen aus-zuhandeln ndash aber dieschaumlrfsten Kritiker seiendie EU und die USA soMaier bdquoEs geht darumdass wir eine globale Wirtschaftsverfassung haben die
heutzutage nicht mehr stimmt die zu sehr einseitig fuumlr mul-tinationale Konzerne ausgerichtet ist ndash und das stoumlszligt immer wieder auf oumlffentliche Kritik ndash darum geht esldquo
Maier verdeutlichte seine Meinung am Beispiel der Landwirtschaft In Deutschland und der EU seien immer mehr Menschen der Meinung der Weg in die Agrarindus-trie fuumlhre in die Irre Man muumlsse zuruumlck zu einer regionali-sierten zu einer baumluerlichen Landwirtschaft ndash bdquound dieagrarindustrielle Massentierhaltung Massenmilchproduk-tion Glyphosat-verseuchte Pestizide insbesondere in Suumld-amerika oder genmanipuliertes Soja wollen die Menscheneinfach nichtldquo Da passe auch ein solches Freihandelsab-kommen nicht wo man Milchmaumlrkte globalisiere wo manSchweinefleischmaumlrkte globalisieren moumlchte etc bdquoDas
passt nicht mehr in die heutige Zeitldquo Die Menschen woll-ten Freihandelsabkommen die regionalisierte Produktevoran treiben bdquoIst das denn illegitim so etwas zu wollenldquofragte Maier bdquoNein das ist im besten Sinne konservativldquoantwortete er sich selbst
Bisher treibe man in Europa noch sozialvertraumlglichenHandel ndash das duumlrfe man nicht uumlber Bord werfen so Maier weiter Niemand duumlrfe solche Abkommen dekretierenweder Kommissionen noch Umweltverbaumlnde bdquoWir brau-chen eine breite Diskussion was sind unsere Werte waswollen wirldquo Das sei keine Marotte verwoumlhnter weicher
Bayern Diese Diskussion werde auf der ganzen Welt ge-fuumlhrt bdquoDiese Handelspolitik wie sie die Kommission unsmit undemokratischen Methoden uumlberziehen will hat keineChanceldquo schloss Maier seinen Diskussionsbeitrag ab
Dass es keine Probleme gibt ndash das ist voumlllig falschbdquoWir erfinden hier nichts Neues Deutschland ist der Er-
finder dieser Investitionsschutzabkommenldquo schaltete sichMichael Gottschlich Referatsleiter im bayerischen Wirt-schaftsministerium (StMWi) aus dem Publikum in die Dis-kussion ein Es gaumlbe viele Laumlnder wo man so ein Instru-ment brauche damit Investoren auf Rechtsstaatlichkeit ver-
trauen koumlnnten Schon seit den 1950er Jahren habeDeutschland solche Abkommen geschlossen um hiesigeInvestoren zu schuumltzen fuumlhrte Gottschlich aus Im 21 Jahr-hundert muumlsse man das ganze System einmal anpassen In-vestoren seien vor indirekter Enteignung zu schuumltzen Auchdie Transparenz der TTIP-Verhandlungen sei verbessertworden bdquoVieles was kritisiert worden ist hat man aufge-griffenldquo so Gottschlich bdquoWir brauchen dieses Instrumentin vielen vielen Laumlndernldquo fuhr er fort Zwischen Deutsch-land und den USA brauche man das Abkommen nicht un-
bedingt ndash aber es gaumlbe einige EU-Staaten da sei das Rechtssystem nichtganz so ausgepraumlgt wie in Deutsch-
land Viele Laumlnder haumltten Investitions-schutzabkommen wuumlrden diese aber auch gerne auf einen aktuellen Stand
bringen bdquoWenn wir ein solches Ab-kommen haben wollen muss es einambitioniertes Instrument seinldquo ver-langte Gottschlich Die Kritikpunktean den alten Abkommen seien jetztaufgegriffen und von der EU-Kom-mission in den Verhandlungen vorge-schlagen worden Zusammen mit
jedem Handelsabkommen solle man ein Investitionsschutz-
abkommen treffen damit man nicht nur die Laumlnder diskri-miniere denen man vielleicht nicht so vertraue
bdquoDass es keine Probleme gibt ndash das ist voumlllig falschldquowarnte Gottschlich davor TTIP aus deutscher Sicht alsnicht notwendig zu bezeichnen bdquoEs gibt viele viele kleine
und mittelstaumlndische Unter-nehmen die koumlnnen keinenHandel mit den USA trei-
benldquo betonte der ExperteViele Probleme wuumlrden imregulatorischen Bereich lie-gen bdquoUnterschiedlicheStandards doppelte Zertifi-zierungsverfahren ndash dastreibt die Kosten fuumlr einkleines mittelstaumlndischesUnternehmen in die HoumlheldquoFuumlr einen groszligen Automo-
bilhersteller sei das keinProblem bedeuteten fuumlr ein kleines Unternehmen aber schnell 20 bis 25 Prozent Mehrkosten bdquoDas ist eine abso-lute Marktzugangshuumlrdeldquo TTIP bringe gerade kleinen undmittelstaumlndischen Unternehmen besondere Vorteile nichtnur den Groszligunternehmen sondern gerade dem Mittel-stand 99 Prozent aller Unternehmen in Deutschland sind
kleine und mittelstaumlndische Unternehmen gewichtete Gott-schlich Nur zu sagen es ging uns doch gut wir braumluchtendas nicht waumlre voumlllig falsch betonte Gottschlich noch ein-mal bdquoWir wollen einfach das abbauen was sich unsinniger
Michael Gottschlich StMWVI
bdquoUnterschiedliche Stan-
dards doppelte Zerti1047297zie-rungsverfahren ndash das treibt
die Kosten fuumlr ein kleines
mittelstaumlndisches Unter-
nehmen in die HoumlheldquoMichael Gottschlich
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Weise in den vergangenen Jahrzehnten aufgebaut hatldquo ver-einfachte Gottschlich das Vorhaben Diese Buumlrokratie dieman nicht brauche abzubauen bringe etwas fuumlr den Wohl-stand die Arbeitsplaumltze und die Menschen in BayernDeutschland und der EU
Uumlbermittlungsprobleme zu Lasten der Bevoumllkerung
Moderator Pierre Rafih draumlngte trotz aller Wichtigkeitdes Themas doch mehr am Titel der Veranstaltung ndash bdquoFol-gen fuumlr Entwicklungslaumlnderldquo zu bleiben bdquoMich wuumlrde vielmehr interessieren wie sinddie Auswirkungen auf dieIndividuenldquo fragte ein Teil-nehmer aus dem PublikumIn Afrika werde es in ein
paar Jahren eine Verdoppe-lung der Bevoumllkerunggeben Wirtschaft seiimmer eine Chance fuumlr Ent-wicklung Besonders in
landwirtschaftlichen Berei-chen verlasse man sich auf afrikanische Exporte Wassei dort zu erwarten wurdeGithinji gefragt
Von den 79 Laumlndern wuumlrden nicht alle zu den Gewinner zaumlhlen erwiderte der ACP-Vertreter Aber wie wuumlrde es beiden aumlrmeren Laumlndern aumlrmeren Bevoumllkerungen aussehendifferenzierte er die Frage Es sei nicht selten der Fall dass
politisches Handeln in den Entwicklungslaumlndern ohne dieEinbindung der bdquoStakeholderldquo erfolge ndash darin liege ein gro-szliges Problem so Githinji Technokraten fuumlhrten die interna-
tionalen Verhandlungen ohne jegliche Konsultation DieUnterhaumlndler wuumlrden nicht uumlber die Kapazitaumlt verfuumlgen dieBeduumlrfnisse und Wuumlnsche ihrer Bevoumllkerung sowie die In-teressen ihrer Laumlnder klar zu vermitteln bdquoWir hatten beivielen Verhandlungen mit Partnern uumlber wirtschaftliche Ko-operation versucht dieses Uumlbermittlungsproblem anzuge-hen indem wir sicherstellten dass all die Nutznieszliger miteinbezogen warenldquo berichtete Githinji Was sich aus sol-chen Verhandlungen ergibt haumlnge von den Machtverhaumllt-nissen zwischen den Parteien ab und von der Moumlglichkeitdiese Macht auszuspielen um das Verhandlungsresultat zu
beeinflussen bdquoIn manchen Faumlllen haben wir die Erfahrunggemacht dass die Gegenpartei den Verhandlungsverlauf und damit auch das zu erzielende Resultat von vornehereinfestlegtldquo so der ACP-Repraumlsentant So sei fuumlr die meistenEntwicklungslaumlnder diese Situation nicht einfach und letzt-lich sei die Bevoumllkerung Leidtragender der beschlossenenVereinbarungen Manche suchten dann auf dem Weg der Migration nach besseren Lebenschancen bdquoDies wird fort-dauern solange wir keine Wirtschaftsentwicklung vorwei-sen koumlnnenldquo Deswegen sei es wichtig Politik-Kohaumlrenzzu gewaumlhrleisten sodass jede Maszlignahme und Entschei-dung die in der EU oder den USA und anderen Industrie-laumlndern getroffen werde nicht negativ auf die Laumlnder desSuumldens und ihre Bevoumllkerung wirke
Verhandlungspartner auf AugenhoumlheDie USA haumltten in den vergangenen Jahren viele Abkom-
men mit Laumlndern getroffen wo man eindeutig von einem
politischen Machtgefaumllle sprechen koumlnne ging JoachimMenze auf die Entwicklungslaumlnder ein Eine einfache Ver-handlungsposition und starke Durchsetzungsfaumlhigkeit sei-tens der USA sei da zu beobachten gewesen Nun seien dieUSA zum ersten Mal in der Situation dass sie es mit einemgleichwertigen Verhandlungspartner auf Augenhoumlhe zu tunhaumltten so Menze Beide Seiten wuumlrden diesmal sehr starke
Interessen einbringen bdquoDas Ergebnis wird ganz sicher alssog Goldstandard in die weiteren Verhandlungen einge-henldquo glaubt der Vertreter der EU-Kommission Wenn manin ein paar Jahren bei-spielsweise mit Bolivienverhandle koumlnne mannichts schlechteres anbie-ten als den USA erlaumlu-terte Menze Das wuumlrdeim internationalen Ver-kehr sonst als Herabwuumlr-digung betrachtet werdenbdquoFuumlr die kleineren nicht
so wirtschaftsstarkenStaaten wird dieses Ab-kommen eine groszlige Be-deutung habenldquo
Abkommen kopieren ist keine Politik fuumlrdas 21 Jahrhundert
bdquoWie koumlnnen sie den Entwicklungslaumlndern helfen dasssie partizipieren koumlnnenldquo kam eine weitere Frage aus demPublikum Wie koumlnne Technologie in diese Laumlnder gebrachtwerden obwohl die Leute dort sehr wenig davon verste-hen Juumlrgen Maier bezeichnete das als einfach bdquoDie Ent-
wicklungslaumlnder koumlnnen in der WTO auf Augenhoumlhe ver-handeln und zu Ergebnissen kommenldquo Da kaumlme man auchzu Ergebnissen die alle Interessen gleichmaumlszligig widerspie-gelten Die Version die die Kommission vorschlage dassarme Laumlnder das Abkommen kopieren koumlnnten sei keinePolitik die im 21 Jahrhundert zukunftsfaumlhig waumlre Mankomme deshalb nicht weiter weil man nicht bereit sei mitRegierungen aus Afrika auf Augenhoumlhe zu verhandeln soMaier weiter
Infrastruktur-Projekte foumlrdernZusammen mit dem Bundeswirtschaftsministerium und
dem BMZ organisiere die IHK Muumlnchen auch Manager-Fortbildungen um Unternehmer aus Bayern und Entwick-lungslaumlndern zusammenzubringen berichtete DollendorfEntwicklungszusammenarbeit sei ein ganz wichtigesThema bdquoEs gibt in Bayern den so genannten EZ-Scout fuumlr Bildungszusammenarbeitldquo so Dollendorf Diese Personhabe nichts anderes zu tun als mit bayerischen Unterneh-men zu uumlberlegen wie man in Schwellenlaumlndern Projektevorantreiben koumlnnte Es gehe darum ganz gezielt loumlsungs-orientierte Maszlignahmen zu ergreifen Am 3 November soDollendorf werde das Afrika-Infrastuktur-Forum bdquoBe myguestldquo (Anm wwwafrikavereinde) durchgefuumlhrt dasgenau den von Prof Felbermayr schon angesprochenen
Mangel in der Infrastruktur vieler Entwicklungslaumlnder fo-kussiere Repraumlsentanten aus neun afrikanischen Laumlndernwuumlrden dort zugegen sein um ihre Infrastruktur-Projektevorzustellen und um Investoren zu werben
bdquoDas Ergebnis
wird ganz sicher
als Goldstandard
in die weiteren
Verhandlungen
eingehenldquoJoachim Menze
Pierrre Rafih moderierte die Podi-umsdiskusison
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Handel ist wichtig aber Freihandel schadetden Entwicklungslaumlndern
bdquoWas ist Entwicklungldquo fragte ein Teilnehmer afrikani-scher Herkunft aus dem Publikum Entwickelte Laumlnder wuumlrde sich aus seiner Sicht durch zwei Aspekte auszeich-nen einen hohen technologischen Stand ndash und dass vieleWirtschaftszweige fuumlreinander produzieren wuumlrden bdquoDiese
interne Verbundenheit ist wesentlichldquo Handel sei wichtigaber Freihandel schade den Entwicklungslaumlndern Auchentwickelte Laumlnder haumltten sich nicht mit Freihandel entwi-ckelt bdquosondern gerade in einem gelenkten Handelldquo DieHandelsstroumlme seien so gelenkt worden dass ihre eigenenWirtschaften nach vorne gebracht wurden Das werde ein-fach voumlllig vergessen
Zwischen Reich und Arm gibt es heute keinewirklichen technologischen Barrieren mehr
Prof Felbermayr fuumlhlte sich angesprochen und antwor-tete direkt darauf bdquoWenn sie das aus der historischen Per-spektive betrachten dann ist das vielleicht auch richtigldquo
Heute lebe man aber in einer Welt wo es keine wirklichentechnologischen Barrieren mehr zwischen Reich und Armgaumlbe Sehr viele Studien wuumlrden bestaumltigen dass institutio-nelle Probleme in den Laumlndern vor Ort der Grund seienwarum diese nicht am Handel teilnehmen wuumlrden Er haltees sogar fuumlr gefaumlhrlich wenn man sage bdquodas ist die boumlseHandelspolitik des Westensldquo Damit wuumlrde man Versaumlum-nisse entschuldigen die vor Ort stattfinden dass Panzer ge-kauft statt Straszligen gebaut werden Das sei aber in vielenarmen Laumlndern bdquoein Stuumlck weit Realitaumltldquo Schon seit demGATT-Abkommen 1947 sei ein zollfreier Marktzugang fuumlr arme Laumlnder geregelt Das habe leider nicht dazu gefuumlhrt
dass es in diesen Laumlndern eine Industrialisierung gegebenhabe Die Frage sei natuumlrlich zu stellen warum dies nichtzu einer Entwicklung gefuumlhrt habe
Ein Stuumlck vorwaumlrts gekommenAbschlieszligend bedankte sich Pierre Rafih noch einmal bei
allen Referenten und Diskussionsteilnehmern sowie demPublikum fuumlr das Interesse Man habe zu diesem sehr kom-
plexen Thema sicher keine endguumlltigen Antworten gebenkoumlnnen bdquoAber ich hoffe dass wir ein paar neue Fragenhaben dass wir ein Stuumlck weit auf dem Weg gekommensind und weiter offen bleiben und nicht mit einer gefestig-ten Meinung nach Hause gehen ndash das ist nicht die Art der Wissenschaft Wir wollen immer weiter forschen und unsselbst fragen was wir tun sollen Ich bin uumlberzeugt dass
jeder von heute Abend etwas mitnehmen wirdldquo
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SID Chapter Muumlnchensid-munich-chapterorg
Dokumentation des hier beschriebenen Dialogbuumlhne TTIPsid-munich-chapterorgpresse
Hochschule fuumlr Angewandtes Management Erding beiMuumlnchenfhamde
BMZ bmzde
ifo-Institut Muumlnchencesifo-groupde
Vertretung der Europaumlischen Kommission in Muumlncheneceuropaeudeutschlandcommissionofficesmunichindex_dehtm
ACPacpint
IHK MuumlnchenO berbayernmuenchenihkde
Forum Umwelt und Entwicklung Berlinforumuede
Mit freundlicher Unterstuumltzung vonImpressum
ViSdP Gesellschaft fuumlr Internationale Entwicklung (SID) Muumlnchen eVDr F Kayode Salau Peter-Rosegger-Straszlige 29 86415 Meringinfosid-munich-chapterorgRedaktion Dr F Kayode SalauDr Volker Goumlbner (Pressebuumlro Schreib-WUT Neusaumlszlig)
Alle Aussagen auch zu rechtlichen Aspekten geben die Aumluszligerungender jeweiligen Redner(innen) bei der Veranstaltung am 22 Oktober 2015wieder und sind weder sachlich noch juristisch gepruumlft
Internationales Buffet Nach reichlich geistiger Nahrung fuumlr den Kopf kam auch
der Bauch zu seinem Recht Fatima von Kaehne (SchlossBlumenthal bei Aichach) hatte ein ebenso umfangreicheswie leckeres internationales Buffett aufgebaut ZahlreicheGespraumlche in kleinen Kreisen rundeten den Abend ab
Internationales Buffet ndash aus allen Handelszonen der Welt von der Ananas bis zur Zucchini
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ditionen fuumlr ihre Exporte in die USA bekommen wuumlrdenFuumlr Suumldafrika wuumlrde dieser Markt dann wegfallen ndash eineHandelsverlagerung zugunsten Europas befuumlrchtet Git-hinji
Zum zweiten gehe es um die Harmonisierung von Pro-duktstandards zwischen den TTIP-Vertragspartnern DieACP-Vertreter wuumlrden befuumlrchten dass diese Standards all-
maumlhlich in die WTO integriert werden ndash was schlieszliglich zueiner groszligen Handelsbar-riere fuumlr Entwicklungslaumln-der fuumlhren werde Um dieseStandards zu erfuumlllen seienenorme Investitionen in denACP-Staaten zur Verbesse-rung von Fachwissen undProduktqualitaumlt noumltig Au-szligerdem muumlssten Institutio-nen geschaffen werden diedie betroffenen Hersteller
bei der Erfuumlllung der Stan-
dards unterstuumltzen Durchdiese Maszlignahmen wuumlrdenzusaumltzliche Kosten entstehen ndash ein klarer Nachteil fuumlr dieExporte dieser Staaten
Zum dritten wuumlrden sich die Verhandlungen auf das mul-tilaterale Handelssystem auswirken Aus Sicht der ACP-Staaten sei die WTO ein formelles international anerkann-tes Forum fuumlr globale Handelsverhandlungen Auch wenn
bilaterale und regionale Verhandlungen heute gang undgaumlbe seien sei anzumerken dass dies dazu tendierenwuumlrde die geltenden Regelungen innerhalb der WTO zuunterminieren bdquoDas koumlnnte zu Problemen fuumlr viele kleinere
Laumlnder fuumlhren wie ich sie repraumlsentiereldquo so Githinji Daswirke sich auch auf die kommende Mi-nister-Tagung der WTO die fuumlr denDezember geplantist aus Bis heutesei noch nicht ein-mal eine Agendaaufgestellt Ergeb-nisse seien nicht ab-zusehen Weiter be-
fuumlrchtete Githinji dass die bdquoDoha Development Agendaldquo(DDA) ein Schluumlsselthema der WTO in Gefahr gerateweil in den Augen der Hauptakteure des globalen Handelsdie WTO keine Ergebnisse in ihrem Sinne liefere bdquoFuumlr unsschwache Laumlnder ist die WTO gut weil wir darin eineStimme habenldquo betonte Githinji bdquoDort koumlnnen wir unsereBeduumlrfnisse zum Ausdruck bringenldquo Die Hauptakteurehaumltten bereits angedeutet dass auf die DDA gleich ganzverzichtet werden koumlnne wenn auf der Minister-Tagung imDezember in Nairobi keine Einigkeit erzielt werde
Die bdquoAgenda 2063ldquo die in Afrika initiiert wurde sei eineder Antworten auf diese Situation erlaumluterte Ginthinji Wei-ter sei ein bdquoFree Trade Agreementldquo (FTA) geschaffen um
mit den groumlszligeren Wirtschaftsakteuren auf Augenhoumlhe ver-handeln zu koumlnnen bdquoWenn wir uns richtig organisierenkoumlnnen glauben wir dass wir mit unseren Ressourcen inder Lage sind eine verhandlungsfaumlhige Macht darzustel-
lenldquo bezog sich Githinji auf Afrika Wenn die Technologienentwickelt wuumlrden koumlnnten diese Laumlnder ihre Ressourcenauch selber nutzen
Die ACP-Staaten appellierten an die EU und die USAdie Interessen von Entwicklungslaumlndern bei den aktuellenVerhandlungen im Rahmen von TTIP zu beruumlcksichtigenbdquoDas Abkommen darf keineswegs zur Beeintraumlchtigung der
Entwicklungsprozesse unserer Laumlnder fuumlhrenldquo Afrika sollenicht auf eine Rolle als Exporteur von Rohstoffen be-schraumlnkt werden betonte Githinji Ansonsten waumlre eine In-dustrialisierung in diesen Entwicklungslaumlndern nicht moumlg-lich ihre Teilnahme an der globalen Wertschoumlpfungskettewuumlrde sehr schwierig werden bdquoGive us a chanceldquo appel-lierte Githinji
Wollen wir eigentlich immer mehrLiberalisierung Deregulierung Globalisierung
Es sei schoumln wenn nun nach so viel TTIP-Werbung auchein Kritiker zu Wort kommen duumlrfe ergriff Juumlrgen MaierGeschaumlftsfuumlhrer des Forums Umwelt und Entwicklung in
Berlin das Wort Er gehoumlre zu denen die die groszlige De-monstration kuumlrzlich veranstaltet hatten
bdquoVielleicht sind die Entwicklungslaumlnder die Ursachedass es TTIP uumlberhaupt gibtldquo stellte Maier die Vorge-
schichte erst einmal voranUrspruumlnglich sei das wasdie Europaumlische Kommis-sion und die USA in der WTO seit 15 Jahren durch-setzen wollten fuumlr dieWTO gedacht gewesen
Nach einigen Jahren in
denen man das nicht habedurchsetzen koumlnnen habeman in Europa mit der bdquoGlobal-Europe-Strategie2005ldquo offiziell beschlossenbdquojetzt setzen wir auf den Bi-
lateralismus auf den Regionalismus und lassen die WTO jetzt links liegenldquo so Maier Mit der Weigerung der USAdie Doha-Runde uumlber das Jahresende hinaus zu verlaumlngernsei die WTO als Verhandlungsforum nun stillgelegt
Was bedeutet TTIP fuumlr die Entwicklungslaumlnder Hier seier bdquouumlberraschenderweiseldquo der gleichen Meinung wie ProfFelbermayr bdquoNix genaues weiszlig man nichtldquo Erst wenn dasAbkommen fertig sein sollte (bdquowenn es jemals fertig seinsollte was ich nichtglaubeldquo) dann werde mandie Auswirkungen uumlberbli-cken bdquoDie Auswirkungenwerden uumlberwiegend nichtsehr groszlig seinldquo so MaierbdquoEs wird ein paar Gewin-ner und es wird ein paar Verlierer gebenldquo
Aber es sei natuumlrlich ein Baustein beim Versuch den Ent-wicklungslaumlndern eine Politik aufzuzwingen die diesenicht wollten Das werde immer damit verkauft dass man
in Wirklichkeit besser wuumlsste was gut fuumlr sie sei ndash dasnenne man eine bdquomoderne Handelsordnung ndash Man kochtsie weichldquo In den vergangenen 15 Jahren (Anm seit Be-
ginn der Doha-Runde) habe man eine ganze Reihe von sol-
Juumlrgen Maier
Morgan Githinji
bdquoWas wir brau-
chen ist eine neue
HandelspolitikldquoJuumlrgen Maier
bdquoFuumlr uns schwache
Laumlnder ist die WTO
gut weil wir darin
eine Stimme habenldquo
Morgan Githinji
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chen bilateralen Verhandlungsrunden mit Entwicklungslaumln-dern erlebt Nur mit Laumlndern die nicht gerade durch De-mokratie glaumlnzten seien solche Abkommen erfolgreich ver-handelt worden etwa mit Vietnam oder Singapur In demo-kratischen Laumlndern gaumlbe es groszlige Widerstaumlnde gerade inWestafrika wo viele Laumlnder demokra-tisiert wurden bdquoDa versucht die EU
geradezu mit Erpressungstaktik dieRatifikation dieser Abkommen zu er-zwingenldquo so Maier bdquoDas nennt dasBMZ dann fairen Handel In Wirklich-keit ist es nichts anderes als genau ihr alter Handelldquo regte sich der Berliner auf Der Landwirtschaftsminister setzenoch einen obendrauf und mache sei-nen bdquoMilchexportgipfelldquo wo er seineMilchprobleme durch Export loumlsenwolle bdquoUnd wo geht ein Drittel desdeutschen Milchpulvers heute schonhin Nach Afrikaldquo Es solle offenbar
noch mehr werden ndash bdquofairer Handel ndash agrave la Bundesregierungldquo schimpfte Maier
bdquoWas wir brauchen ist eine neue Handelspolitik Das hatnichts mit TTIP zu tunldquo forderte Maier bdquoEine Handelspo-litik die von den Praumlmissen der Vergangenheit Abstandnimmt und die vor allen Dingen eine demokratische Be-standsaufnahme in Europa voraussetzt Wollen wir eigent-lich immer mehr Liberalisierung Deregulierung Globali-sierung ndash wollen wir das in Europa uumlberhaupt Woher weiszligdie Kommission was die Buumlrger wollenldquo Umfragen sag-ten mittlerweile dass nur noch ein Drittel der BevoumllkerungTTIP haben wolle bdquoAuf welcher Basis geht eine Kommis-
sion dann her und verhandelt geheimldquoAuch die Verhandlungsmandate seien ohne Parlaments-
beteiligung beschlossen worden bdquoDiese Handelspolitik hatkeine demokratische Legitimationldquo Sie finde in der WTOkeine internationale Mehrheit siefinde innenpolitisch keine Mehrhei-ten mehr bdquound deswegen muss eseinen Full Stop geben Es muss einen
Neustart der europaumlischen Handels- politik geben mit anderen Praumlmissenwo es nicht darum geht immer nochmehr multinationalen Konzernenmehr Marktanteile zu ermoumlglichensondern wir brauchen eine gesell-schaftlich legitimierte neue Handels-
politikldquo Auch Praumlmissen wie die Re-gionalisierung von Handelsstroumlmeneine Neuorientierung der Landwirt-schaft weg von der Industrialisierung hin zu einer neuen
baumluerlichen Landwirtschaft wo oumlkologische Haumlndler Vor-reiter sein sollten und nicht als Handelshemmnisse betrach-tet wuumlrden bdquoWir brauchen ein Investitionsrecht wo nichtInvestoren Sonderrechte bekommen sondern wo Rechteund Pflichten gleichmaumlszligig verteilt werden bdquoso wie das fuumlr sie und mich auch istldquo Wenn er als Staatsbuumlrger klagen
wolle muumlsse er sich ans Verwaltungsgericht wenden bdquoDaskann ich Firmen auch zumutenldquo
Zu diesem Neustart werde es auch kommen bdquoweil dieseAbkommen allen voran TTIP keine Mehrheiten finden
werdenldquo In irgendeinem der 29 Parlamente werde es zuerstscheitern ndash bdquodanach wird ein Neustart moumlglich seinldquo DieRegierungen und die Kommission haumltten es in der Handdiesen Neustart rechtzeitig zu starten bdquoohne groszligen Flur-schadenldquo oder bdquoob sie dieses Abkommen gegen die Wand
fahren wollenldquo Leider sei letzteres offensichtlich die Stra-tegie von mehreren Regierungen
Neues Positionspapier der EU veroumlffentlichtAuf diese Statements folgten engagierte Erwiderungen
und auch Fragen aus dem Publikum Zunaumlchst widersprachKommissionsvertreter Joachim Menze den Vorwuumlrfen Mai-ers Das Verhandlungsmandat der Kommission sei oumlffent-lich und stehe auch im Internet so Menze Das Mandatbdquostammt von den demokratisch gewaumlhlten Regierungen der Mitgliedsstaaten ndash und zwar einstimmigldquo Zwischen den
28 Mitgliedsstaaten gaumlbe es da keinen Dissens Zuletztseien auch bestimmte Vorbehalte gegen die Form der In-vestitions-Schiedsgerichte formuliert worden Auch auf-grund der oumlffentlichen Debatte habe die Handelskommis-
sarin Malmstroumlm imSeptember auch einneues Positionspa-
pier veroumlffentlichtdas gerade in Miamiverhandelt werdeDemzufolge solle eseine Handelsge-richtsbarkeit mit Be-rufsrichtern gebenbdquodie grundsaumltzlich inihrem Herkunftsstaatdie Befaumlhigung zumRichteramt haben
muumlssenldquo Bisher sei man hier in den Schiedsgerichten vonzwar registrierten Personen aber uumlberwiegend fruumlheren An-waumllten mit handelsrechtlicher Erfahrung ausgegangen Da-ruumlberhinaus duumlrften diese Schiedsrichter nicht von denStreitparteien ausgesucht werden sondern sollten vorher
bestimmt werden Das Schiedsgericht solle nur zusammen-treten wenn es erforderlich sei Menze sprach von Rich-
tern die in unserem Sinne demokratisch legitimiert seienAuch solle es eine zweite Instanz geben eine bdquoRechts-
uumlberpruumlfungsinstanzldquo die genauso organisiert sein solleEs solle bdquosehr viel klarer definiert werden was eigentlich
Engagierte Podiumsdiskussion
bdquoAllein aus rechtstechnischen
Gruumlnden brauchen wir zum
Schutz fuumlr unsere europaumli-
schen Investitionen in den
USA dieses Verfahren derHandelsgerichtsbarkeitldquo
Joachim Menze
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vor diesem Gericht verhandelt werden kannldquo Es sei oft kol- portiert worden dass es sich um Sonderrechte fuumlr Investo-ren handeln solle bdquoDas ist uumlberhaupt nicht der Fallldquo wi-dersprach Menze bdquoEs geht darum dass Investoren die pro
bono im Glauben an die Stabilitaumlt einer Rechtsordnung zumTeil sehr groszlige Investitionen getaumltigt haben geschuumltzt wer-den vor missbraumluchlicher entschaumldigungsloser Enteignung
und gegen Rechtsverweigerung also Willkuumlrldquo Menze hattedamit vor allem US-Investoren im Blick die in irgendei-nem europaumlischen Land investieren und das dortige Rechts-system nicht beurteilen koumlnnen
Menze glaube dass die nun vorgeschlagene Schiedsge-richtsbarkeit fuumlr Investoren erhebliche Vorteile insbeson-dere fuumlr die neuen Mitgliedsstaaten der EU oder die imSuumlden bringen wuumlrden Umgekehrt gaumlbe es in den USAnicht die Funktion der Ratifizierung durch die einzelnenStaaten wohl aber nachher die Bindung an die Schiedsge-richtsbarkeit wenn etwa ein Bundesstaat spaumlter anderwei-tige Regelungen erlasse bdquoAllein aus rechtstechnischen
Gruumlnden brauchen wir zum Schutz fuumlr unsere europaumlischenInvestitionen in den USA dieses Verfahren der Handelsge-richtsbarkeitldquo begruumlndete Menze Er fuumlhrte fruumlhere groszligeInvestitionen (Raffinerien) aus Spanien in Venezuela alsBeispiel an die nach einem Regierungs- und Politikwech-sel entschaumldigungslos enteignet worden seien Solche Ri-siken duumlrfe man Investoren nicht zumuten
Investitionsschutzabkommen ist interessantEin viel versprechender Vorschlag in den TTIP-Verhand-
lungen sei nach Morgan Githinji die Idee eines Internatio-nalen Investitionsschutzabkommens (International Invest-ment Code IIC) Bisherige Schiedsgerichtsverfahren haumlttenin den meisten Faumlllen zum Nachteil der Staaten gefuumlhrt indenen Investitionen getaumltigt wurden Wenn Handelsschlich-ter zu entscheiden haumltten wuumlrden oft die Regierungen der Entwicklungslaumlnder auf der Strecke bleiben
Githinji findet das IIC sogar fuumlr einige Entwicklungslaumln-der attraktiv bezweifelt allerdings ob dieses realisiertwerde Die Erfahrung zeige Die USA ziere sich wenn sichUS-Buumlrger einer anderen nationalen oder gar internationa-len Jurisdiktion unterwerfen sollen Um seine Einschaumltzungzu untermauern zitierte Githinji das International CriminalCode (ICC) (Anm von 2002) und das Kyoto-Protokoll
(Anm von 1997 ) Beide internationalen Vereinbarungenwurden nicht von den USA ratifiziert
Was ist eigentlich die AlternativeFrank Dollendorf nahm seine eigene Vergangenheit zum
Anlass auf das Jahr 2006 zuruumlck zu blicken Damals sei er aus dem Westen in das bdquowunderbare Bayernldquo gekommen
das bdquoGespenst der Globalisierungldquo sei herumgegangen DieExportleistung Bayerns habe damals 140 Milliarden Euro betragen ndash 2014 seien es bereits 170 Milliarden Euro ge-wesen Die Diskussionen um die Globalisierung seien nicht
wirklich abgeflaut Aber das weltweite Han-deln habe zum Wirtschaftswachstum beige-tragen Wohlstand und auch Arbeitsplaumltzeseien gesichert worden Insbesondere Bayern
befinde sich auf einer sehr hohen Komfort-Ebene Da argumentiere es sich leicht gegenAbkommen die weiteres Wachstum zumZiel haumltten Vor einiger Zeit haumltte ihm einTTIP-Gegner nach einer Diskussion prog-
nostiziert dass er mit den Pro-Argumentennicht durchkomme ndash bdquoweil es uns zu gutgehtldquo
Mit Blick auf die Anfang Oktober abge-schlossenen Verhandlungen zum pazifischen AbkommenTPP verwies Dollendorf darauf dass diese zwoumllf Laumlnder wohl kaum diktatorischem Einfluss unterworfen seienbdquoMan sieht dass die Welt sich veraumlndertldquo
Vor allem dieAussage Felber-mayrs dass manRegeln brauche um
miteinander zuwirtschaften fandDollendorf beson-ders gut Viele neueAspekte ndash auf dieauch Felbermayrszehn Forderungenabzielten seien in TTIP enthalten bdquoEs gab noch nie ein ei-genes Kapitel fuumlr kleine und mittelstaumlndische Unterneh-menldquo so Dollendorf Genau das sei das Hauptklientel der IHK Diesen Unternehmen wolle die IHK auch eine Platt-form fuumlr ihre Erwartungen Befuumlrchtungen und Sorgengeben Dies versuche die IHK im Rahmen einer bdquoTTIP-Ro-adshowldquo durch Bayern aufzufangen Maszliggeblich daran be-teiligt sei Michael Gottschlich vom bayerischen Wirt-schaftsministerium ndash der auch im Publikum saszlig (su)
bdquoWas ist eigentlich die Alternativeldquo fragte DollendorfTTIP sei kein Abkommen zwischen Deutschland und denUSA sondern den Laumlndern der Europaumlischen Union undden USA Es gebe fast 50 Freihandelsabkommen die durchdie EU derzeit betrieben wuumlrden ndash keines davon habe sovielAufmerksamkeit erhalten wie TTIP Den Wunsch sich ein-zubringen bezeichnete Dollendorf als bdquowunderbare Ent-wicklungldquo Immer mehr in den Vordergrund trete auch dasThema bdquopublic valueldquo ndash bdquowas hat die Gesellschaft davonldquo
Auch die Veranstaltung hier diene dazu offene Fragen zuklaumlren Steine aus dem Weg zu raumlumen und mit dem Themavoranzukommen
Kontraumlre Standpunkte wurde auf der Podiumsdiskussion angesprochen
bdquoEs gab noch nie
ein eigenes Kapitel
fuumlr kleine und mit-telstaumlndische Unter-
nehmenldquoFrank Dollendorf
TPP = Trans-Pacific Partnership zwischen zwoumllf Laumlndern Diese Laumlnder sind die USA Australien Brunei Chile Japan Kanada Malaysia Me-xiko Neuseeland Peru Singapur und Vietnam
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Eine Wirtschaftsverfassung fuumlr multinationaleKonzerne
bdquoIn dieser Diskussion werden viele Nebelkerzen gewor-fenldquo erzuumlrnte sich Juumlrgen Maier bdquoGegen Handel als sol-chen hat ja niemand wasldquo sagte er Der Handel zwischenden USA und der EU boome bdquodie intensivste Handelsbe-ziehung der Weltldquo auch die Investitionsstroumlme wuumlrden grouml-
szliger es gaumlbe keine signifikanten Probleme Auf eine parla-mentarische Anfrage im Bundestag und im Europaparla-ment wo etwa Investoren aus Amerika in Europa und um-gekehrt vor Gericht nicht Recht bekommen haumltten haumlttenweder die Kommission noch der Bundeswirtschaftsminister Beispiele nennen koumlnnen
bdquoEs geht um die Einfuumlhrung eines Schiedsgerichtsverfah-rens wo Investoren Sonderrechte bekommen NormaleMenschen haben diese Sonderrechte nichtldquo so Maier bdquoDasist der Punkt um den es geht Lassen Sie sich da keine Maumlr-chen erzaumlhlenldquo Er ver-langte eine balancierteAuslegung zwischen
Rechten und Pflichten85 Entwicklungslaumlnder haumltten vorgeschlageneinen neuen Vertrag uumlber Rechte und Pflichten vonInvestoren und multina-tionalen Konzernen aus-zuhandeln ndash aber dieschaumlrfsten Kritiker seiendie EU und die USA soMaier bdquoEs geht darumdass wir eine globale Wirtschaftsverfassung haben die
heutzutage nicht mehr stimmt die zu sehr einseitig fuumlr mul-tinationale Konzerne ausgerichtet ist ndash und das stoumlszligt immer wieder auf oumlffentliche Kritik ndash darum geht esldquo
Maier verdeutlichte seine Meinung am Beispiel der Landwirtschaft In Deutschland und der EU seien immer mehr Menschen der Meinung der Weg in die Agrarindus-trie fuumlhre in die Irre Man muumlsse zuruumlck zu einer regionali-sierten zu einer baumluerlichen Landwirtschaft ndash bdquound dieagrarindustrielle Massentierhaltung Massenmilchproduk-tion Glyphosat-verseuchte Pestizide insbesondere in Suumld-amerika oder genmanipuliertes Soja wollen die Menscheneinfach nichtldquo Da passe auch ein solches Freihandelsab-kommen nicht wo man Milchmaumlrkte globalisiere wo manSchweinefleischmaumlrkte globalisieren moumlchte etc bdquoDas
passt nicht mehr in die heutige Zeitldquo Die Menschen woll-ten Freihandelsabkommen die regionalisierte Produktevoran treiben bdquoIst das denn illegitim so etwas zu wollenldquofragte Maier bdquoNein das ist im besten Sinne konservativldquoantwortete er sich selbst
Bisher treibe man in Europa noch sozialvertraumlglichenHandel ndash das duumlrfe man nicht uumlber Bord werfen so Maier weiter Niemand duumlrfe solche Abkommen dekretierenweder Kommissionen noch Umweltverbaumlnde bdquoWir brau-chen eine breite Diskussion was sind unsere Werte waswollen wirldquo Das sei keine Marotte verwoumlhnter weicher
Bayern Diese Diskussion werde auf der ganzen Welt ge-fuumlhrt bdquoDiese Handelspolitik wie sie die Kommission unsmit undemokratischen Methoden uumlberziehen will hat keineChanceldquo schloss Maier seinen Diskussionsbeitrag ab
Dass es keine Probleme gibt ndash das ist voumlllig falschbdquoWir erfinden hier nichts Neues Deutschland ist der Er-
finder dieser Investitionsschutzabkommenldquo schaltete sichMichael Gottschlich Referatsleiter im bayerischen Wirt-schaftsministerium (StMWi) aus dem Publikum in die Dis-kussion ein Es gaumlbe viele Laumlnder wo man so ein Instru-ment brauche damit Investoren auf Rechtsstaatlichkeit ver-
trauen koumlnnten Schon seit den 1950er Jahren habeDeutschland solche Abkommen geschlossen um hiesigeInvestoren zu schuumltzen fuumlhrte Gottschlich aus Im 21 Jahr-hundert muumlsse man das ganze System einmal anpassen In-vestoren seien vor indirekter Enteignung zu schuumltzen Auchdie Transparenz der TTIP-Verhandlungen sei verbessertworden bdquoVieles was kritisiert worden ist hat man aufge-griffenldquo so Gottschlich bdquoWir brauchen dieses Instrumentin vielen vielen Laumlndernldquo fuhr er fort Zwischen Deutsch-land und den USA brauche man das Abkommen nicht un-
bedingt ndash aber es gaumlbe einige EU-Staaten da sei das Rechtssystem nichtganz so ausgepraumlgt wie in Deutsch-
land Viele Laumlnder haumltten Investitions-schutzabkommen wuumlrden diese aber auch gerne auf einen aktuellen Stand
bringen bdquoWenn wir ein solches Ab-kommen haben wollen muss es einambitioniertes Instrument seinldquo ver-langte Gottschlich Die Kritikpunktean den alten Abkommen seien jetztaufgegriffen und von der EU-Kom-mission in den Verhandlungen vorge-schlagen worden Zusammen mit
jedem Handelsabkommen solle man ein Investitionsschutz-
abkommen treffen damit man nicht nur die Laumlnder diskri-miniere denen man vielleicht nicht so vertraue
bdquoDass es keine Probleme gibt ndash das ist voumlllig falschldquowarnte Gottschlich davor TTIP aus deutscher Sicht alsnicht notwendig zu bezeichnen bdquoEs gibt viele viele kleine
und mittelstaumlndische Unter-nehmen die koumlnnen keinenHandel mit den USA trei-
benldquo betonte der ExperteViele Probleme wuumlrden imregulatorischen Bereich lie-gen bdquoUnterschiedlicheStandards doppelte Zertifi-zierungsverfahren ndash dastreibt die Kosten fuumlr einkleines mittelstaumlndischesUnternehmen in die HoumlheldquoFuumlr einen groszligen Automo-
bilhersteller sei das keinProblem bedeuteten fuumlr ein kleines Unternehmen aber schnell 20 bis 25 Prozent Mehrkosten bdquoDas ist eine abso-lute Marktzugangshuumlrdeldquo TTIP bringe gerade kleinen undmittelstaumlndischen Unternehmen besondere Vorteile nichtnur den Groszligunternehmen sondern gerade dem Mittel-stand 99 Prozent aller Unternehmen in Deutschland sind
kleine und mittelstaumlndische Unternehmen gewichtete Gott-schlich Nur zu sagen es ging uns doch gut wir braumluchtendas nicht waumlre voumlllig falsch betonte Gottschlich noch ein-mal bdquoWir wollen einfach das abbauen was sich unsinniger
Michael Gottschlich StMWVI
bdquoUnterschiedliche Stan-
dards doppelte Zerti1047297zie-rungsverfahren ndash das treibt
die Kosten fuumlr ein kleines
mittelstaumlndisches Unter-
nehmen in die HoumlheldquoMichael Gottschlich
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Weise in den vergangenen Jahrzehnten aufgebaut hatldquo ver-einfachte Gottschlich das Vorhaben Diese Buumlrokratie dieman nicht brauche abzubauen bringe etwas fuumlr den Wohl-stand die Arbeitsplaumltze und die Menschen in BayernDeutschland und der EU
Uumlbermittlungsprobleme zu Lasten der Bevoumllkerung
Moderator Pierre Rafih draumlngte trotz aller Wichtigkeitdes Themas doch mehr am Titel der Veranstaltung ndash bdquoFol-gen fuumlr Entwicklungslaumlnderldquo zu bleiben bdquoMich wuumlrde vielmehr interessieren wie sinddie Auswirkungen auf dieIndividuenldquo fragte ein Teil-nehmer aus dem PublikumIn Afrika werde es in ein
paar Jahren eine Verdoppe-lung der Bevoumllkerunggeben Wirtschaft seiimmer eine Chance fuumlr Ent-wicklung Besonders in
landwirtschaftlichen Berei-chen verlasse man sich auf afrikanische Exporte Wassei dort zu erwarten wurdeGithinji gefragt
Von den 79 Laumlndern wuumlrden nicht alle zu den Gewinner zaumlhlen erwiderte der ACP-Vertreter Aber wie wuumlrde es beiden aumlrmeren Laumlndern aumlrmeren Bevoumllkerungen aussehendifferenzierte er die Frage Es sei nicht selten der Fall dass
politisches Handeln in den Entwicklungslaumlndern ohne dieEinbindung der bdquoStakeholderldquo erfolge ndash darin liege ein gro-szliges Problem so Githinji Technokraten fuumlhrten die interna-
tionalen Verhandlungen ohne jegliche Konsultation DieUnterhaumlndler wuumlrden nicht uumlber die Kapazitaumlt verfuumlgen dieBeduumlrfnisse und Wuumlnsche ihrer Bevoumllkerung sowie die In-teressen ihrer Laumlnder klar zu vermitteln bdquoWir hatten beivielen Verhandlungen mit Partnern uumlber wirtschaftliche Ko-operation versucht dieses Uumlbermittlungsproblem anzuge-hen indem wir sicherstellten dass all die Nutznieszliger miteinbezogen warenldquo berichtete Githinji Was sich aus sol-chen Verhandlungen ergibt haumlnge von den Machtverhaumllt-nissen zwischen den Parteien ab und von der Moumlglichkeitdiese Macht auszuspielen um das Verhandlungsresultat zu
beeinflussen bdquoIn manchen Faumlllen haben wir die Erfahrunggemacht dass die Gegenpartei den Verhandlungsverlauf und damit auch das zu erzielende Resultat von vornehereinfestlegtldquo so der ACP-Repraumlsentant So sei fuumlr die meistenEntwicklungslaumlnder diese Situation nicht einfach und letzt-lich sei die Bevoumllkerung Leidtragender der beschlossenenVereinbarungen Manche suchten dann auf dem Weg der Migration nach besseren Lebenschancen bdquoDies wird fort-dauern solange wir keine Wirtschaftsentwicklung vorwei-sen koumlnnenldquo Deswegen sei es wichtig Politik-Kohaumlrenzzu gewaumlhrleisten sodass jede Maszlignahme und Entschei-dung die in der EU oder den USA und anderen Industrie-laumlndern getroffen werde nicht negativ auf die Laumlnder desSuumldens und ihre Bevoumllkerung wirke
Verhandlungspartner auf AugenhoumlheDie USA haumltten in den vergangenen Jahren viele Abkom-
men mit Laumlndern getroffen wo man eindeutig von einem
politischen Machtgefaumllle sprechen koumlnne ging JoachimMenze auf die Entwicklungslaumlnder ein Eine einfache Ver-handlungsposition und starke Durchsetzungsfaumlhigkeit sei-tens der USA sei da zu beobachten gewesen Nun seien dieUSA zum ersten Mal in der Situation dass sie es mit einemgleichwertigen Verhandlungspartner auf Augenhoumlhe zu tunhaumltten so Menze Beide Seiten wuumlrden diesmal sehr starke
Interessen einbringen bdquoDas Ergebnis wird ganz sicher alssog Goldstandard in die weiteren Verhandlungen einge-henldquo glaubt der Vertreter der EU-Kommission Wenn manin ein paar Jahren bei-spielsweise mit Bolivienverhandle koumlnne mannichts schlechteres anbie-ten als den USA erlaumlu-terte Menze Das wuumlrdeim internationalen Ver-kehr sonst als Herabwuumlr-digung betrachtet werdenbdquoFuumlr die kleineren nicht
so wirtschaftsstarkenStaaten wird dieses Ab-kommen eine groszlige Be-deutung habenldquo
Abkommen kopieren ist keine Politik fuumlrdas 21 Jahrhundert
bdquoWie koumlnnen sie den Entwicklungslaumlndern helfen dasssie partizipieren koumlnnenldquo kam eine weitere Frage aus demPublikum Wie koumlnne Technologie in diese Laumlnder gebrachtwerden obwohl die Leute dort sehr wenig davon verste-hen Juumlrgen Maier bezeichnete das als einfach bdquoDie Ent-
wicklungslaumlnder koumlnnen in der WTO auf Augenhoumlhe ver-handeln und zu Ergebnissen kommenldquo Da kaumlme man auchzu Ergebnissen die alle Interessen gleichmaumlszligig widerspie-gelten Die Version die die Kommission vorschlage dassarme Laumlnder das Abkommen kopieren koumlnnten sei keinePolitik die im 21 Jahrhundert zukunftsfaumlhig waumlre Mankomme deshalb nicht weiter weil man nicht bereit sei mitRegierungen aus Afrika auf Augenhoumlhe zu verhandeln soMaier weiter
Infrastruktur-Projekte foumlrdernZusammen mit dem Bundeswirtschaftsministerium und
dem BMZ organisiere die IHK Muumlnchen auch Manager-Fortbildungen um Unternehmer aus Bayern und Entwick-lungslaumlndern zusammenzubringen berichtete DollendorfEntwicklungszusammenarbeit sei ein ganz wichtigesThema bdquoEs gibt in Bayern den so genannten EZ-Scout fuumlr Bildungszusammenarbeitldquo so Dollendorf Diese Personhabe nichts anderes zu tun als mit bayerischen Unterneh-men zu uumlberlegen wie man in Schwellenlaumlndern Projektevorantreiben koumlnnte Es gehe darum ganz gezielt loumlsungs-orientierte Maszlignahmen zu ergreifen Am 3 November soDollendorf werde das Afrika-Infrastuktur-Forum bdquoBe myguestldquo (Anm wwwafrikavereinde) durchgefuumlhrt dasgenau den von Prof Felbermayr schon angesprochenen
Mangel in der Infrastruktur vieler Entwicklungslaumlnder fo-kussiere Repraumlsentanten aus neun afrikanischen Laumlndernwuumlrden dort zugegen sein um ihre Infrastruktur-Projektevorzustellen und um Investoren zu werben
bdquoDas Ergebnis
wird ganz sicher
als Goldstandard
in die weiteren
Verhandlungen
eingehenldquoJoachim Menze
Pierrre Rafih moderierte die Podi-umsdiskusison
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Handel ist wichtig aber Freihandel schadetden Entwicklungslaumlndern
bdquoWas ist Entwicklungldquo fragte ein Teilnehmer afrikani-scher Herkunft aus dem Publikum Entwickelte Laumlnder wuumlrde sich aus seiner Sicht durch zwei Aspekte auszeich-nen einen hohen technologischen Stand ndash und dass vieleWirtschaftszweige fuumlreinander produzieren wuumlrden bdquoDiese
interne Verbundenheit ist wesentlichldquo Handel sei wichtigaber Freihandel schade den Entwicklungslaumlndern Auchentwickelte Laumlnder haumltten sich nicht mit Freihandel entwi-ckelt bdquosondern gerade in einem gelenkten Handelldquo DieHandelsstroumlme seien so gelenkt worden dass ihre eigenenWirtschaften nach vorne gebracht wurden Das werde ein-fach voumlllig vergessen
Zwischen Reich und Arm gibt es heute keinewirklichen technologischen Barrieren mehr
Prof Felbermayr fuumlhlte sich angesprochen und antwor-tete direkt darauf bdquoWenn sie das aus der historischen Per-spektive betrachten dann ist das vielleicht auch richtigldquo
Heute lebe man aber in einer Welt wo es keine wirklichentechnologischen Barrieren mehr zwischen Reich und Armgaumlbe Sehr viele Studien wuumlrden bestaumltigen dass institutio-nelle Probleme in den Laumlndern vor Ort der Grund seienwarum diese nicht am Handel teilnehmen wuumlrden Er haltees sogar fuumlr gefaumlhrlich wenn man sage bdquodas ist die boumlseHandelspolitik des Westensldquo Damit wuumlrde man Versaumlum-nisse entschuldigen die vor Ort stattfinden dass Panzer ge-kauft statt Straszligen gebaut werden Das sei aber in vielenarmen Laumlndern bdquoein Stuumlck weit Realitaumltldquo Schon seit demGATT-Abkommen 1947 sei ein zollfreier Marktzugang fuumlr arme Laumlnder geregelt Das habe leider nicht dazu gefuumlhrt
dass es in diesen Laumlndern eine Industrialisierung gegebenhabe Die Frage sei natuumlrlich zu stellen warum dies nichtzu einer Entwicklung gefuumlhrt habe
Ein Stuumlck vorwaumlrts gekommenAbschlieszligend bedankte sich Pierre Rafih noch einmal bei
allen Referenten und Diskussionsteilnehmern sowie demPublikum fuumlr das Interesse Man habe zu diesem sehr kom-
plexen Thema sicher keine endguumlltigen Antworten gebenkoumlnnen bdquoAber ich hoffe dass wir ein paar neue Fragenhaben dass wir ein Stuumlck weit auf dem Weg gekommensind und weiter offen bleiben und nicht mit einer gefestig-ten Meinung nach Hause gehen ndash das ist nicht die Art der Wissenschaft Wir wollen immer weiter forschen und unsselbst fragen was wir tun sollen Ich bin uumlberzeugt dass
jeder von heute Abend etwas mitnehmen wirdldquo
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Dokumentation des hier beschriebenen Dialogbuumlhne TTIPsid-munich-chapterorgpresse
Hochschule fuumlr Angewandtes Management Erding beiMuumlnchenfhamde
BMZ bmzde
ifo-Institut Muumlnchencesifo-groupde
Vertretung der Europaumlischen Kommission in Muumlncheneceuropaeudeutschlandcommissionofficesmunichindex_dehtm
ACPacpint
IHK MuumlnchenO berbayernmuenchenihkde
Forum Umwelt und Entwicklung Berlinforumuede
Mit freundlicher Unterstuumltzung vonImpressum
ViSdP Gesellschaft fuumlr Internationale Entwicklung (SID) Muumlnchen eVDr F Kayode Salau Peter-Rosegger-Straszlige 29 86415 Meringinfosid-munich-chapterorgRedaktion Dr F Kayode SalauDr Volker Goumlbner (Pressebuumlro Schreib-WUT Neusaumlszlig)
Alle Aussagen auch zu rechtlichen Aspekten geben die Aumluszligerungender jeweiligen Redner(innen) bei der Veranstaltung am 22 Oktober 2015wieder und sind weder sachlich noch juristisch gepruumlft
Internationales Buffet Nach reichlich geistiger Nahrung fuumlr den Kopf kam auch
der Bauch zu seinem Recht Fatima von Kaehne (SchlossBlumenthal bei Aichach) hatte ein ebenso umfangreicheswie leckeres internationales Buffett aufgebaut ZahlreicheGespraumlche in kleinen Kreisen rundeten den Abend ab
Internationales Buffet ndash aus allen Handelszonen der Welt von der Ananas bis zur Zucchini
7232019 TTIP - Folgen fuumlr Entwicklungslaumlnder
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chen bilateralen Verhandlungsrunden mit Entwicklungslaumln-dern erlebt Nur mit Laumlndern die nicht gerade durch De-mokratie glaumlnzten seien solche Abkommen erfolgreich ver-handelt worden etwa mit Vietnam oder Singapur In demo-kratischen Laumlndern gaumlbe es groszlige Widerstaumlnde gerade inWestafrika wo viele Laumlnder demokra-tisiert wurden bdquoDa versucht die EU
geradezu mit Erpressungstaktik dieRatifikation dieser Abkommen zu er-zwingenldquo so Maier bdquoDas nennt dasBMZ dann fairen Handel In Wirklich-keit ist es nichts anderes als genau ihr alter Handelldquo regte sich der Berliner auf Der Landwirtschaftsminister setzenoch einen obendrauf und mache sei-nen bdquoMilchexportgipfelldquo wo er seineMilchprobleme durch Export loumlsenwolle bdquoUnd wo geht ein Drittel desdeutschen Milchpulvers heute schonhin Nach Afrikaldquo Es solle offenbar
noch mehr werden ndash bdquofairer Handel ndash agrave la Bundesregierungldquo schimpfte Maier
bdquoWas wir brauchen ist eine neue Handelspolitik Das hatnichts mit TTIP zu tunldquo forderte Maier bdquoEine Handelspo-litik die von den Praumlmissen der Vergangenheit Abstandnimmt und die vor allen Dingen eine demokratische Be-standsaufnahme in Europa voraussetzt Wollen wir eigent-lich immer mehr Liberalisierung Deregulierung Globali-sierung ndash wollen wir das in Europa uumlberhaupt Woher weiszligdie Kommission was die Buumlrger wollenldquo Umfragen sag-ten mittlerweile dass nur noch ein Drittel der BevoumllkerungTTIP haben wolle bdquoAuf welcher Basis geht eine Kommis-
sion dann her und verhandelt geheimldquoAuch die Verhandlungsmandate seien ohne Parlaments-
beteiligung beschlossen worden bdquoDiese Handelspolitik hatkeine demokratische Legitimationldquo Sie finde in der WTOkeine internationale Mehrheit siefinde innenpolitisch keine Mehrhei-ten mehr bdquound deswegen muss eseinen Full Stop geben Es muss einen
Neustart der europaumlischen Handels- politik geben mit anderen Praumlmissenwo es nicht darum geht immer nochmehr multinationalen Konzernenmehr Marktanteile zu ermoumlglichensondern wir brauchen eine gesell-schaftlich legitimierte neue Handels-
politikldquo Auch Praumlmissen wie die Re-gionalisierung von Handelsstroumlmeneine Neuorientierung der Landwirt-schaft weg von der Industrialisierung hin zu einer neuen
baumluerlichen Landwirtschaft wo oumlkologische Haumlndler Vor-reiter sein sollten und nicht als Handelshemmnisse betrach-tet wuumlrden bdquoWir brauchen ein Investitionsrecht wo nichtInvestoren Sonderrechte bekommen sondern wo Rechteund Pflichten gleichmaumlszligig verteilt werden bdquoso wie das fuumlr sie und mich auch istldquo Wenn er als Staatsbuumlrger klagen
wolle muumlsse er sich ans Verwaltungsgericht wenden bdquoDaskann ich Firmen auch zumutenldquo
Zu diesem Neustart werde es auch kommen bdquoweil dieseAbkommen allen voran TTIP keine Mehrheiten finden
werdenldquo In irgendeinem der 29 Parlamente werde es zuerstscheitern ndash bdquodanach wird ein Neustart moumlglich seinldquo DieRegierungen und die Kommission haumltten es in der Handdiesen Neustart rechtzeitig zu starten bdquoohne groszligen Flur-schadenldquo oder bdquoob sie dieses Abkommen gegen die Wand
fahren wollenldquo Leider sei letzteres offensichtlich die Stra-tegie von mehreren Regierungen
Neues Positionspapier der EU veroumlffentlichtAuf diese Statements folgten engagierte Erwiderungen
und auch Fragen aus dem Publikum Zunaumlchst widersprachKommissionsvertreter Joachim Menze den Vorwuumlrfen Mai-ers Das Verhandlungsmandat der Kommission sei oumlffent-lich und stehe auch im Internet so Menze Das Mandatbdquostammt von den demokratisch gewaumlhlten Regierungen der Mitgliedsstaaten ndash und zwar einstimmigldquo Zwischen den
28 Mitgliedsstaaten gaumlbe es da keinen Dissens Zuletztseien auch bestimmte Vorbehalte gegen die Form der In-vestitions-Schiedsgerichte formuliert worden Auch auf-grund der oumlffentlichen Debatte habe die Handelskommis-
sarin Malmstroumlm imSeptember auch einneues Positionspa-
pier veroumlffentlichtdas gerade in Miamiverhandelt werdeDemzufolge solle eseine Handelsge-richtsbarkeit mit Be-rufsrichtern gebenbdquodie grundsaumltzlich inihrem Herkunftsstaatdie Befaumlhigung zumRichteramt haben
muumlssenldquo Bisher sei man hier in den Schiedsgerichten vonzwar registrierten Personen aber uumlberwiegend fruumlheren An-waumllten mit handelsrechtlicher Erfahrung ausgegangen Da-ruumlberhinaus duumlrften diese Schiedsrichter nicht von denStreitparteien ausgesucht werden sondern sollten vorher
bestimmt werden Das Schiedsgericht solle nur zusammen-treten wenn es erforderlich sei Menze sprach von Rich-
tern die in unserem Sinne demokratisch legitimiert seienAuch solle es eine zweite Instanz geben eine bdquoRechts-
uumlberpruumlfungsinstanzldquo die genauso organisiert sein solleEs solle bdquosehr viel klarer definiert werden was eigentlich
Engagierte Podiumsdiskussion
bdquoAllein aus rechtstechnischen
Gruumlnden brauchen wir zum
Schutz fuumlr unsere europaumli-
schen Investitionen in den
USA dieses Verfahren derHandelsgerichtsbarkeitldquo
Joachim Menze
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vor diesem Gericht verhandelt werden kannldquo Es sei oft kol- portiert worden dass es sich um Sonderrechte fuumlr Investo-ren handeln solle bdquoDas ist uumlberhaupt nicht der Fallldquo wi-dersprach Menze bdquoEs geht darum dass Investoren die pro
bono im Glauben an die Stabilitaumlt einer Rechtsordnung zumTeil sehr groszlige Investitionen getaumltigt haben geschuumltzt wer-den vor missbraumluchlicher entschaumldigungsloser Enteignung
und gegen Rechtsverweigerung also Willkuumlrldquo Menze hattedamit vor allem US-Investoren im Blick die in irgendei-nem europaumlischen Land investieren und das dortige Rechts-system nicht beurteilen koumlnnen
Menze glaube dass die nun vorgeschlagene Schiedsge-richtsbarkeit fuumlr Investoren erhebliche Vorteile insbeson-dere fuumlr die neuen Mitgliedsstaaten der EU oder die imSuumlden bringen wuumlrden Umgekehrt gaumlbe es in den USAnicht die Funktion der Ratifizierung durch die einzelnenStaaten wohl aber nachher die Bindung an die Schiedsge-richtsbarkeit wenn etwa ein Bundesstaat spaumlter anderwei-tige Regelungen erlasse bdquoAllein aus rechtstechnischen
Gruumlnden brauchen wir zum Schutz fuumlr unsere europaumlischenInvestitionen in den USA dieses Verfahren der Handelsge-richtsbarkeitldquo begruumlndete Menze Er fuumlhrte fruumlhere groszligeInvestitionen (Raffinerien) aus Spanien in Venezuela alsBeispiel an die nach einem Regierungs- und Politikwech-sel entschaumldigungslos enteignet worden seien Solche Ri-siken duumlrfe man Investoren nicht zumuten
Investitionsschutzabkommen ist interessantEin viel versprechender Vorschlag in den TTIP-Verhand-
lungen sei nach Morgan Githinji die Idee eines Internatio-nalen Investitionsschutzabkommens (International Invest-ment Code IIC) Bisherige Schiedsgerichtsverfahren haumlttenin den meisten Faumlllen zum Nachteil der Staaten gefuumlhrt indenen Investitionen getaumltigt wurden Wenn Handelsschlich-ter zu entscheiden haumltten wuumlrden oft die Regierungen der Entwicklungslaumlnder auf der Strecke bleiben
Githinji findet das IIC sogar fuumlr einige Entwicklungslaumln-der attraktiv bezweifelt allerdings ob dieses realisiertwerde Die Erfahrung zeige Die USA ziere sich wenn sichUS-Buumlrger einer anderen nationalen oder gar internationa-len Jurisdiktion unterwerfen sollen Um seine Einschaumltzungzu untermauern zitierte Githinji das International CriminalCode (ICC) (Anm von 2002) und das Kyoto-Protokoll
(Anm von 1997 ) Beide internationalen Vereinbarungenwurden nicht von den USA ratifiziert
Was ist eigentlich die AlternativeFrank Dollendorf nahm seine eigene Vergangenheit zum
Anlass auf das Jahr 2006 zuruumlck zu blicken Damals sei er aus dem Westen in das bdquowunderbare Bayernldquo gekommen
das bdquoGespenst der Globalisierungldquo sei herumgegangen DieExportleistung Bayerns habe damals 140 Milliarden Euro betragen ndash 2014 seien es bereits 170 Milliarden Euro ge-wesen Die Diskussionen um die Globalisierung seien nicht
wirklich abgeflaut Aber das weltweite Han-deln habe zum Wirtschaftswachstum beige-tragen Wohlstand und auch Arbeitsplaumltzeseien gesichert worden Insbesondere Bayern
befinde sich auf einer sehr hohen Komfort-Ebene Da argumentiere es sich leicht gegenAbkommen die weiteres Wachstum zumZiel haumltten Vor einiger Zeit haumltte ihm einTTIP-Gegner nach einer Diskussion prog-
nostiziert dass er mit den Pro-Argumentennicht durchkomme ndash bdquoweil es uns zu gutgehtldquo
Mit Blick auf die Anfang Oktober abge-schlossenen Verhandlungen zum pazifischen AbkommenTPP verwies Dollendorf darauf dass diese zwoumllf Laumlnder wohl kaum diktatorischem Einfluss unterworfen seienbdquoMan sieht dass die Welt sich veraumlndertldquo
Vor allem dieAussage Felber-mayrs dass manRegeln brauche um
miteinander zuwirtschaften fandDollendorf beson-ders gut Viele neueAspekte ndash auf dieauch Felbermayrszehn Forderungenabzielten seien in TTIP enthalten bdquoEs gab noch nie ein ei-genes Kapitel fuumlr kleine und mittelstaumlndische Unterneh-menldquo so Dollendorf Genau das sei das Hauptklientel der IHK Diesen Unternehmen wolle die IHK auch eine Platt-form fuumlr ihre Erwartungen Befuumlrchtungen und Sorgengeben Dies versuche die IHK im Rahmen einer bdquoTTIP-Ro-adshowldquo durch Bayern aufzufangen Maszliggeblich daran be-teiligt sei Michael Gottschlich vom bayerischen Wirt-schaftsministerium ndash der auch im Publikum saszlig (su)
bdquoWas ist eigentlich die Alternativeldquo fragte DollendorfTTIP sei kein Abkommen zwischen Deutschland und denUSA sondern den Laumlndern der Europaumlischen Union undden USA Es gebe fast 50 Freihandelsabkommen die durchdie EU derzeit betrieben wuumlrden ndash keines davon habe sovielAufmerksamkeit erhalten wie TTIP Den Wunsch sich ein-zubringen bezeichnete Dollendorf als bdquowunderbare Ent-wicklungldquo Immer mehr in den Vordergrund trete auch dasThema bdquopublic valueldquo ndash bdquowas hat die Gesellschaft davonldquo
Auch die Veranstaltung hier diene dazu offene Fragen zuklaumlren Steine aus dem Weg zu raumlumen und mit dem Themavoranzukommen
Kontraumlre Standpunkte wurde auf der Podiumsdiskussion angesprochen
bdquoEs gab noch nie
ein eigenes Kapitel
fuumlr kleine und mit-telstaumlndische Unter-
nehmenldquoFrank Dollendorf
TPP = Trans-Pacific Partnership zwischen zwoumllf Laumlndern Diese Laumlnder sind die USA Australien Brunei Chile Japan Kanada Malaysia Me-xiko Neuseeland Peru Singapur und Vietnam
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Eine Wirtschaftsverfassung fuumlr multinationaleKonzerne
bdquoIn dieser Diskussion werden viele Nebelkerzen gewor-fenldquo erzuumlrnte sich Juumlrgen Maier bdquoGegen Handel als sol-chen hat ja niemand wasldquo sagte er Der Handel zwischenden USA und der EU boome bdquodie intensivste Handelsbe-ziehung der Weltldquo auch die Investitionsstroumlme wuumlrden grouml-
szliger es gaumlbe keine signifikanten Probleme Auf eine parla-mentarische Anfrage im Bundestag und im Europaparla-ment wo etwa Investoren aus Amerika in Europa und um-gekehrt vor Gericht nicht Recht bekommen haumltten haumlttenweder die Kommission noch der Bundeswirtschaftsminister Beispiele nennen koumlnnen
bdquoEs geht um die Einfuumlhrung eines Schiedsgerichtsverfah-rens wo Investoren Sonderrechte bekommen NormaleMenschen haben diese Sonderrechte nichtldquo so Maier bdquoDasist der Punkt um den es geht Lassen Sie sich da keine Maumlr-chen erzaumlhlenldquo Er ver-langte eine balancierteAuslegung zwischen
Rechten und Pflichten85 Entwicklungslaumlnder haumltten vorgeschlageneinen neuen Vertrag uumlber Rechte und Pflichten vonInvestoren und multina-tionalen Konzernen aus-zuhandeln ndash aber dieschaumlrfsten Kritiker seiendie EU und die USA soMaier bdquoEs geht darumdass wir eine globale Wirtschaftsverfassung haben die
heutzutage nicht mehr stimmt die zu sehr einseitig fuumlr mul-tinationale Konzerne ausgerichtet ist ndash und das stoumlszligt immer wieder auf oumlffentliche Kritik ndash darum geht esldquo
Maier verdeutlichte seine Meinung am Beispiel der Landwirtschaft In Deutschland und der EU seien immer mehr Menschen der Meinung der Weg in die Agrarindus-trie fuumlhre in die Irre Man muumlsse zuruumlck zu einer regionali-sierten zu einer baumluerlichen Landwirtschaft ndash bdquound dieagrarindustrielle Massentierhaltung Massenmilchproduk-tion Glyphosat-verseuchte Pestizide insbesondere in Suumld-amerika oder genmanipuliertes Soja wollen die Menscheneinfach nichtldquo Da passe auch ein solches Freihandelsab-kommen nicht wo man Milchmaumlrkte globalisiere wo manSchweinefleischmaumlrkte globalisieren moumlchte etc bdquoDas
passt nicht mehr in die heutige Zeitldquo Die Menschen woll-ten Freihandelsabkommen die regionalisierte Produktevoran treiben bdquoIst das denn illegitim so etwas zu wollenldquofragte Maier bdquoNein das ist im besten Sinne konservativldquoantwortete er sich selbst
Bisher treibe man in Europa noch sozialvertraumlglichenHandel ndash das duumlrfe man nicht uumlber Bord werfen so Maier weiter Niemand duumlrfe solche Abkommen dekretierenweder Kommissionen noch Umweltverbaumlnde bdquoWir brau-chen eine breite Diskussion was sind unsere Werte waswollen wirldquo Das sei keine Marotte verwoumlhnter weicher
Bayern Diese Diskussion werde auf der ganzen Welt ge-fuumlhrt bdquoDiese Handelspolitik wie sie die Kommission unsmit undemokratischen Methoden uumlberziehen will hat keineChanceldquo schloss Maier seinen Diskussionsbeitrag ab
Dass es keine Probleme gibt ndash das ist voumlllig falschbdquoWir erfinden hier nichts Neues Deutschland ist der Er-
finder dieser Investitionsschutzabkommenldquo schaltete sichMichael Gottschlich Referatsleiter im bayerischen Wirt-schaftsministerium (StMWi) aus dem Publikum in die Dis-kussion ein Es gaumlbe viele Laumlnder wo man so ein Instru-ment brauche damit Investoren auf Rechtsstaatlichkeit ver-
trauen koumlnnten Schon seit den 1950er Jahren habeDeutschland solche Abkommen geschlossen um hiesigeInvestoren zu schuumltzen fuumlhrte Gottschlich aus Im 21 Jahr-hundert muumlsse man das ganze System einmal anpassen In-vestoren seien vor indirekter Enteignung zu schuumltzen Auchdie Transparenz der TTIP-Verhandlungen sei verbessertworden bdquoVieles was kritisiert worden ist hat man aufge-griffenldquo so Gottschlich bdquoWir brauchen dieses Instrumentin vielen vielen Laumlndernldquo fuhr er fort Zwischen Deutsch-land und den USA brauche man das Abkommen nicht un-
bedingt ndash aber es gaumlbe einige EU-Staaten da sei das Rechtssystem nichtganz so ausgepraumlgt wie in Deutsch-
land Viele Laumlnder haumltten Investitions-schutzabkommen wuumlrden diese aber auch gerne auf einen aktuellen Stand
bringen bdquoWenn wir ein solches Ab-kommen haben wollen muss es einambitioniertes Instrument seinldquo ver-langte Gottschlich Die Kritikpunktean den alten Abkommen seien jetztaufgegriffen und von der EU-Kom-mission in den Verhandlungen vorge-schlagen worden Zusammen mit
jedem Handelsabkommen solle man ein Investitionsschutz-
abkommen treffen damit man nicht nur die Laumlnder diskri-miniere denen man vielleicht nicht so vertraue
bdquoDass es keine Probleme gibt ndash das ist voumlllig falschldquowarnte Gottschlich davor TTIP aus deutscher Sicht alsnicht notwendig zu bezeichnen bdquoEs gibt viele viele kleine
und mittelstaumlndische Unter-nehmen die koumlnnen keinenHandel mit den USA trei-
benldquo betonte der ExperteViele Probleme wuumlrden imregulatorischen Bereich lie-gen bdquoUnterschiedlicheStandards doppelte Zertifi-zierungsverfahren ndash dastreibt die Kosten fuumlr einkleines mittelstaumlndischesUnternehmen in die HoumlheldquoFuumlr einen groszligen Automo-
bilhersteller sei das keinProblem bedeuteten fuumlr ein kleines Unternehmen aber schnell 20 bis 25 Prozent Mehrkosten bdquoDas ist eine abso-lute Marktzugangshuumlrdeldquo TTIP bringe gerade kleinen undmittelstaumlndischen Unternehmen besondere Vorteile nichtnur den Groszligunternehmen sondern gerade dem Mittel-stand 99 Prozent aller Unternehmen in Deutschland sind
kleine und mittelstaumlndische Unternehmen gewichtete Gott-schlich Nur zu sagen es ging uns doch gut wir braumluchtendas nicht waumlre voumlllig falsch betonte Gottschlich noch ein-mal bdquoWir wollen einfach das abbauen was sich unsinniger
Michael Gottschlich StMWVI
bdquoUnterschiedliche Stan-
dards doppelte Zerti1047297zie-rungsverfahren ndash das treibt
die Kosten fuumlr ein kleines
mittelstaumlndisches Unter-
nehmen in die HoumlheldquoMichael Gottschlich
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Weise in den vergangenen Jahrzehnten aufgebaut hatldquo ver-einfachte Gottschlich das Vorhaben Diese Buumlrokratie dieman nicht brauche abzubauen bringe etwas fuumlr den Wohl-stand die Arbeitsplaumltze und die Menschen in BayernDeutschland und der EU
Uumlbermittlungsprobleme zu Lasten der Bevoumllkerung
Moderator Pierre Rafih draumlngte trotz aller Wichtigkeitdes Themas doch mehr am Titel der Veranstaltung ndash bdquoFol-gen fuumlr Entwicklungslaumlnderldquo zu bleiben bdquoMich wuumlrde vielmehr interessieren wie sinddie Auswirkungen auf dieIndividuenldquo fragte ein Teil-nehmer aus dem PublikumIn Afrika werde es in ein
paar Jahren eine Verdoppe-lung der Bevoumllkerunggeben Wirtschaft seiimmer eine Chance fuumlr Ent-wicklung Besonders in
landwirtschaftlichen Berei-chen verlasse man sich auf afrikanische Exporte Wassei dort zu erwarten wurdeGithinji gefragt
Von den 79 Laumlndern wuumlrden nicht alle zu den Gewinner zaumlhlen erwiderte der ACP-Vertreter Aber wie wuumlrde es beiden aumlrmeren Laumlndern aumlrmeren Bevoumllkerungen aussehendifferenzierte er die Frage Es sei nicht selten der Fall dass
politisches Handeln in den Entwicklungslaumlndern ohne dieEinbindung der bdquoStakeholderldquo erfolge ndash darin liege ein gro-szliges Problem so Githinji Technokraten fuumlhrten die interna-
tionalen Verhandlungen ohne jegliche Konsultation DieUnterhaumlndler wuumlrden nicht uumlber die Kapazitaumlt verfuumlgen dieBeduumlrfnisse und Wuumlnsche ihrer Bevoumllkerung sowie die In-teressen ihrer Laumlnder klar zu vermitteln bdquoWir hatten beivielen Verhandlungen mit Partnern uumlber wirtschaftliche Ko-operation versucht dieses Uumlbermittlungsproblem anzuge-hen indem wir sicherstellten dass all die Nutznieszliger miteinbezogen warenldquo berichtete Githinji Was sich aus sol-chen Verhandlungen ergibt haumlnge von den Machtverhaumllt-nissen zwischen den Parteien ab und von der Moumlglichkeitdiese Macht auszuspielen um das Verhandlungsresultat zu
beeinflussen bdquoIn manchen Faumlllen haben wir die Erfahrunggemacht dass die Gegenpartei den Verhandlungsverlauf und damit auch das zu erzielende Resultat von vornehereinfestlegtldquo so der ACP-Repraumlsentant So sei fuumlr die meistenEntwicklungslaumlnder diese Situation nicht einfach und letzt-lich sei die Bevoumllkerung Leidtragender der beschlossenenVereinbarungen Manche suchten dann auf dem Weg der Migration nach besseren Lebenschancen bdquoDies wird fort-dauern solange wir keine Wirtschaftsentwicklung vorwei-sen koumlnnenldquo Deswegen sei es wichtig Politik-Kohaumlrenzzu gewaumlhrleisten sodass jede Maszlignahme und Entschei-dung die in der EU oder den USA und anderen Industrie-laumlndern getroffen werde nicht negativ auf die Laumlnder desSuumldens und ihre Bevoumllkerung wirke
Verhandlungspartner auf AugenhoumlheDie USA haumltten in den vergangenen Jahren viele Abkom-
men mit Laumlndern getroffen wo man eindeutig von einem
politischen Machtgefaumllle sprechen koumlnne ging JoachimMenze auf die Entwicklungslaumlnder ein Eine einfache Ver-handlungsposition und starke Durchsetzungsfaumlhigkeit sei-tens der USA sei da zu beobachten gewesen Nun seien dieUSA zum ersten Mal in der Situation dass sie es mit einemgleichwertigen Verhandlungspartner auf Augenhoumlhe zu tunhaumltten so Menze Beide Seiten wuumlrden diesmal sehr starke
Interessen einbringen bdquoDas Ergebnis wird ganz sicher alssog Goldstandard in die weiteren Verhandlungen einge-henldquo glaubt der Vertreter der EU-Kommission Wenn manin ein paar Jahren bei-spielsweise mit Bolivienverhandle koumlnne mannichts schlechteres anbie-ten als den USA erlaumlu-terte Menze Das wuumlrdeim internationalen Ver-kehr sonst als Herabwuumlr-digung betrachtet werdenbdquoFuumlr die kleineren nicht
so wirtschaftsstarkenStaaten wird dieses Ab-kommen eine groszlige Be-deutung habenldquo
Abkommen kopieren ist keine Politik fuumlrdas 21 Jahrhundert
bdquoWie koumlnnen sie den Entwicklungslaumlndern helfen dasssie partizipieren koumlnnenldquo kam eine weitere Frage aus demPublikum Wie koumlnne Technologie in diese Laumlnder gebrachtwerden obwohl die Leute dort sehr wenig davon verste-hen Juumlrgen Maier bezeichnete das als einfach bdquoDie Ent-
wicklungslaumlnder koumlnnen in der WTO auf Augenhoumlhe ver-handeln und zu Ergebnissen kommenldquo Da kaumlme man auchzu Ergebnissen die alle Interessen gleichmaumlszligig widerspie-gelten Die Version die die Kommission vorschlage dassarme Laumlnder das Abkommen kopieren koumlnnten sei keinePolitik die im 21 Jahrhundert zukunftsfaumlhig waumlre Mankomme deshalb nicht weiter weil man nicht bereit sei mitRegierungen aus Afrika auf Augenhoumlhe zu verhandeln soMaier weiter
Infrastruktur-Projekte foumlrdernZusammen mit dem Bundeswirtschaftsministerium und
dem BMZ organisiere die IHK Muumlnchen auch Manager-Fortbildungen um Unternehmer aus Bayern und Entwick-lungslaumlndern zusammenzubringen berichtete DollendorfEntwicklungszusammenarbeit sei ein ganz wichtigesThema bdquoEs gibt in Bayern den so genannten EZ-Scout fuumlr Bildungszusammenarbeitldquo so Dollendorf Diese Personhabe nichts anderes zu tun als mit bayerischen Unterneh-men zu uumlberlegen wie man in Schwellenlaumlndern Projektevorantreiben koumlnnte Es gehe darum ganz gezielt loumlsungs-orientierte Maszlignahmen zu ergreifen Am 3 November soDollendorf werde das Afrika-Infrastuktur-Forum bdquoBe myguestldquo (Anm wwwafrikavereinde) durchgefuumlhrt dasgenau den von Prof Felbermayr schon angesprochenen
Mangel in der Infrastruktur vieler Entwicklungslaumlnder fo-kussiere Repraumlsentanten aus neun afrikanischen Laumlndernwuumlrden dort zugegen sein um ihre Infrastruktur-Projektevorzustellen und um Investoren zu werben
bdquoDas Ergebnis
wird ganz sicher
als Goldstandard
in die weiteren
Verhandlungen
eingehenldquoJoachim Menze
Pierrre Rafih moderierte die Podi-umsdiskusison
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Handel ist wichtig aber Freihandel schadetden Entwicklungslaumlndern
bdquoWas ist Entwicklungldquo fragte ein Teilnehmer afrikani-scher Herkunft aus dem Publikum Entwickelte Laumlnder wuumlrde sich aus seiner Sicht durch zwei Aspekte auszeich-nen einen hohen technologischen Stand ndash und dass vieleWirtschaftszweige fuumlreinander produzieren wuumlrden bdquoDiese
interne Verbundenheit ist wesentlichldquo Handel sei wichtigaber Freihandel schade den Entwicklungslaumlndern Auchentwickelte Laumlnder haumltten sich nicht mit Freihandel entwi-ckelt bdquosondern gerade in einem gelenkten Handelldquo DieHandelsstroumlme seien so gelenkt worden dass ihre eigenenWirtschaften nach vorne gebracht wurden Das werde ein-fach voumlllig vergessen
Zwischen Reich und Arm gibt es heute keinewirklichen technologischen Barrieren mehr
Prof Felbermayr fuumlhlte sich angesprochen und antwor-tete direkt darauf bdquoWenn sie das aus der historischen Per-spektive betrachten dann ist das vielleicht auch richtigldquo
Heute lebe man aber in einer Welt wo es keine wirklichentechnologischen Barrieren mehr zwischen Reich und Armgaumlbe Sehr viele Studien wuumlrden bestaumltigen dass institutio-nelle Probleme in den Laumlndern vor Ort der Grund seienwarum diese nicht am Handel teilnehmen wuumlrden Er haltees sogar fuumlr gefaumlhrlich wenn man sage bdquodas ist die boumlseHandelspolitik des Westensldquo Damit wuumlrde man Versaumlum-nisse entschuldigen die vor Ort stattfinden dass Panzer ge-kauft statt Straszligen gebaut werden Das sei aber in vielenarmen Laumlndern bdquoein Stuumlck weit Realitaumltldquo Schon seit demGATT-Abkommen 1947 sei ein zollfreier Marktzugang fuumlr arme Laumlnder geregelt Das habe leider nicht dazu gefuumlhrt
dass es in diesen Laumlndern eine Industrialisierung gegebenhabe Die Frage sei natuumlrlich zu stellen warum dies nichtzu einer Entwicklung gefuumlhrt habe
Ein Stuumlck vorwaumlrts gekommenAbschlieszligend bedankte sich Pierre Rafih noch einmal bei
allen Referenten und Diskussionsteilnehmern sowie demPublikum fuumlr das Interesse Man habe zu diesem sehr kom-
plexen Thema sicher keine endguumlltigen Antworten gebenkoumlnnen bdquoAber ich hoffe dass wir ein paar neue Fragenhaben dass wir ein Stuumlck weit auf dem Weg gekommensind und weiter offen bleiben und nicht mit einer gefestig-ten Meinung nach Hause gehen ndash das ist nicht die Art der Wissenschaft Wir wollen immer weiter forschen und unsselbst fragen was wir tun sollen Ich bin uumlberzeugt dass
jeder von heute Abend etwas mitnehmen wirdldquo
Vernetzt - verlinkt
www
SID Chapter Muumlnchensid-munich-chapterorg
Dokumentation des hier beschriebenen Dialogbuumlhne TTIPsid-munich-chapterorgpresse
Hochschule fuumlr Angewandtes Management Erding beiMuumlnchenfhamde
BMZ bmzde
ifo-Institut Muumlnchencesifo-groupde
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ViSdP Gesellschaft fuumlr Internationale Entwicklung (SID) Muumlnchen eVDr F Kayode Salau Peter-Rosegger-Straszlige 29 86415 Meringinfosid-munich-chapterorgRedaktion Dr F Kayode SalauDr Volker Goumlbner (Pressebuumlro Schreib-WUT Neusaumlszlig)
Alle Aussagen auch zu rechtlichen Aspekten geben die Aumluszligerungender jeweiligen Redner(innen) bei der Veranstaltung am 22 Oktober 2015wieder und sind weder sachlich noch juristisch gepruumlft
Internationales Buffet Nach reichlich geistiger Nahrung fuumlr den Kopf kam auch
der Bauch zu seinem Recht Fatima von Kaehne (SchlossBlumenthal bei Aichach) hatte ein ebenso umfangreicheswie leckeres internationales Buffett aufgebaut ZahlreicheGespraumlche in kleinen Kreisen rundeten den Abend ab
Internationales Buffet ndash aus allen Handelszonen der Welt von der Ananas bis zur Zucchini
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vor diesem Gericht verhandelt werden kannldquo Es sei oft kol- portiert worden dass es sich um Sonderrechte fuumlr Investo-ren handeln solle bdquoDas ist uumlberhaupt nicht der Fallldquo wi-dersprach Menze bdquoEs geht darum dass Investoren die pro
bono im Glauben an die Stabilitaumlt einer Rechtsordnung zumTeil sehr groszlige Investitionen getaumltigt haben geschuumltzt wer-den vor missbraumluchlicher entschaumldigungsloser Enteignung
und gegen Rechtsverweigerung also Willkuumlrldquo Menze hattedamit vor allem US-Investoren im Blick die in irgendei-nem europaumlischen Land investieren und das dortige Rechts-system nicht beurteilen koumlnnen
Menze glaube dass die nun vorgeschlagene Schiedsge-richtsbarkeit fuumlr Investoren erhebliche Vorteile insbeson-dere fuumlr die neuen Mitgliedsstaaten der EU oder die imSuumlden bringen wuumlrden Umgekehrt gaumlbe es in den USAnicht die Funktion der Ratifizierung durch die einzelnenStaaten wohl aber nachher die Bindung an die Schiedsge-richtsbarkeit wenn etwa ein Bundesstaat spaumlter anderwei-tige Regelungen erlasse bdquoAllein aus rechtstechnischen
Gruumlnden brauchen wir zum Schutz fuumlr unsere europaumlischenInvestitionen in den USA dieses Verfahren der Handelsge-richtsbarkeitldquo begruumlndete Menze Er fuumlhrte fruumlhere groszligeInvestitionen (Raffinerien) aus Spanien in Venezuela alsBeispiel an die nach einem Regierungs- und Politikwech-sel entschaumldigungslos enteignet worden seien Solche Ri-siken duumlrfe man Investoren nicht zumuten
Investitionsschutzabkommen ist interessantEin viel versprechender Vorschlag in den TTIP-Verhand-
lungen sei nach Morgan Githinji die Idee eines Internatio-nalen Investitionsschutzabkommens (International Invest-ment Code IIC) Bisherige Schiedsgerichtsverfahren haumlttenin den meisten Faumlllen zum Nachteil der Staaten gefuumlhrt indenen Investitionen getaumltigt wurden Wenn Handelsschlich-ter zu entscheiden haumltten wuumlrden oft die Regierungen der Entwicklungslaumlnder auf der Strecke bleiben
Githinji findet das IIC sogar fuumlr einige Entwicklungslaumln-der attraktiv bezweifelt allerdings ob dieses realisiertwerde Die Erfahrung zeige Die USA ziere sich wenn sichUS-Buumlrger einer anderen nationalen oder gar internationa-len Jurisdiktion unterwerfen sollen Um seine Einschaumltzungzu untermauern zitierte Githinji das International CriminalCode (ICC) (Anm von 2002) und das Kyoto-Protokoll
(Anm von 1997 ) Beide internationalen Vereinbarungenwurden nicht von den USA ratifiziert
Was ist eigentlich die AlternativeFrank Dollendorf nahm seine eigene Vergangenheit zum
Anlass auf das Jahr 2006 zuruumlck zu blicken Damals sei er aus dem Westen in das bdquowunderbare Bayernldquo gekommen
das bdquoGespenst der Globalisierungldquo sei herumgegangen DieExportleistung Bayerns habe damals 140 Milliarden Euro betragen ndash 2014 seien es bereits 170 Milliarden Euro ge-wesen Die Diskussionen um die Globalisierung seien nicht
wirklich abgeflaut Aber das weltweite Han-deln habe zum Wirtschaftswachstum beige-tragen Wohlstand und auch Arbeitsplaumltzeseien gesichert worden Insbesondere Bayern
befinde sich auf einer sehr hohen Komfort-Ebene Da argumentiere es sich leicht gegenAbkommen die weiteres Wachstum zumZiel haumltten Vor einiger Zeit haumltte ihm einTTIP-Gegner nach einer Diskussion prog-
nostiziert dass er mit den Pro-Argumentennicht durchkomme ndash bdquoweil es uns zu gutgehtldquo
Mit Blick auf die Anfang Oktober abge-schlossenen Verhandlungen zum pazifischen AbkommenTPP verwies Dollendorf darauf dass diese zwoumllf Laumlnder wohl kaum diktatorischem Einfluss unterworfen seienbdquoMan sieht dass die Welt sich veraumlndertldquo
Vor allem dieAussage Felber-mayrs dass manRegeln brauche um
miteinander zuwirtschaften fandDollendorf beson-ders gut Viele neueAspekte ndash auf dieauch Felbermayrszehn Forderungenabzielten seien in TTIP enthalten bdquoEs gab noch nie ein ei-genes Kapitel fuumlr kleine und mittelstaumlndische Unterneh-menldquo so Dollendorf Genau das sei das Hauptklientel der IHK Diesen Unternehmen wolle die IHK auch eine Platt-form fuumlr ihre Erwartungen Befuumlrchtungen und Sorgengeben Dies versuche die IHK im Rahmen einer bdquoTTIP-Ro-adshowldquo durch Bayern aufzufangen Maszliggeblich daran be-teiligt sei Michael Gottschlich vom bayerischen Wirt-schaftsministerium ndash der auch im Publikum saszlig (su)
bdquoWas ist eigentlich die Alternativeldquo fragte DollendorfTTIP sei kein Abkommen zwischen Deutschland und denUSA sondern den Laumlndern der Europaumlischen Union undden USA Es gebe fast 50 Freihandelsabkommen die durchdie EU derzeit betrieben wuumlrden ndash keines davon habe sovielAufmerksamkeit erhalten wie TTIP Den Wunsch sich ein-zubringen bezeichnete Dollendorf als bdquowunderbare Ent-wicklungldquo Immer mehr in den Vordergrund trete auch dasThema bdquopublic valueldquo ndash bdquowas hat die Gesellschaft davonldquo
Auch die Veranstaltung hier diene dazu offene Fragen zuklaumlren Steine aus dem Weg zu raumlumen und mit dem Themavoranzukommen
Kontraumlre Standpunkte wurde auf der Podiumsdiskussion angesprochen
bdquoEs gab noch nie
ein eigenes Kapitel
fuumlr kleine und mit-telstaumlndische Unter-
nehmenldquoFrank Dollendorf
TPP = Trans-Pacific Partnership zwischen zwoumllf Laumlndern Diese Laumlnder sind die USA Australien Brunei Chile Japan Kanada Malaysia Me-xiko Neuseeland Peru Singapur und Vietnam
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Eine Wirtschaftsverfassung fuumlr multinationaleKonzerne
bdquoIn dieser Diskussion werden viele Nebelkerzen gewor-fenldquo erzuumlrnte sich Juumlrgen Maier bdquoGegen Handel als sol-chen hat ja niemand wasldquo sagte er Der Handel zwischenden USA und der EU boome bdquodie intensivste Handelsbe-ziehung der Weltldquo auch die Investitionsstroumlme wuumlrden grouml-
szliger es gaumlbe keine signifikanten Probleme Auf eine parla-mentarische Anfrage im Bundestag und im Europaparla-ment wo etwa Investoren aus Amerika in Europa und um-gekehrt vor Gericht nicht Recht bekommen haumltten haumlttenweder die Kommission noch der Bundeswirtschaftsminister Beispiele nennen koumlnnen
bdquoEs geht um die Einfuumlhrung eines Schiedsgerichtsverfah-rens wo Investoren Sonderrechte bekommen NormaleMenschen haben diese Sonderrechte nichtldquo so Maier bdquoDasist der Punkt um den es geht Lassen Sie sich da keine Maumlr-chen erzaumlhlenldquo Er ver-langte eine balancierteAuslegung zwischen
Rechten und Pflichten85 Entwicklungslaumlnder haumltten vorgeschlageneinen neuen Vertrag uumlber Rechte und Pflichten vonInvestoren und multina-tionalen Konzernen aus-zuhandeln ndash aber dieschaumlrfsten Kritiker seiendie EU und die USA soMaier bdquoEs geht darumdass wir eine globale Wirtschaftsverfassung haben die
heutzutage nicht mehr stimmt die zu sehr einseitig fuumlr mul-tinationale Konzerne ausgerichtet ist ndash und das stoumlszligt immer wieder auf oumlffentliche Kritik ndash darum geht esldquo
Maier verdeutlichte seine Meinung am Beispiel der Landwirtschaft In Deutschland und der EU seien immer mehr Menschen der Meinung der Weg in die Agrarindus-trie fuumlhre in die Irre Man muumlsse zuruumlck zu einer regionali-sierten zu einer baumluerlichen Landwirtschaft ndash bdquound dieagrarindustrielle Massentierhaltung Massenmilchproduk-tion Glyphosat-verseuchte Pestizide insbesondere in Suumld-amerika oder genmanipuliertes Soja wollen die Menscheneinfach nichtldquo Da passe auch ein solches Freihandelsab-kommen nicht wo man Milchmaumlrkte globalisiere wo manSchweinefleischmaumlrkte globalisieren moumlchte etc bdquoDas
passt nicht mehr in die heutige Zeitldquo Die Menschen woll-ten Freihandelsabkommen die regionalisierte Produktevoran treiben bdquoIst das denn illegitim so etwas zu wollenldquofragte Maier bdquoNein das ist im besten Sinne konservativldquoantwortete er sich selbst
Bisher treibe man in Europa noch sozialvertraumlglichenHandel ndash das duumlrfe man nicht uumlber Bord werfen so Maier weiter Niemand duumlrfe solche Abkommen dekretierenweder Kommissionen noch Umweltverbaumlnde bdquoWir brau-chen eine breite Diskussion was sind unsere Werte waswollen wirldquo Das sei keine Marotte verwoumlhnter weicher
Bayern Diese Diskussion werde auf der ganzen Welt ge-fuumlhrt bdquoDiese Handelspolitik wie sie die Kommission unsmit undemokratischen Methoden uumlberziehen will hat keineChanceldquo schloss Maier seinen Diskussionsbeitrag ab
Dass es keine Probleme gibt ndash das ist voumlllig falschbdquoWir erfinden hier nichts Neues Deutschland ist der Er-
finder dieser Investitionsschutzabkommenldquo schaltete sichMichael Gottschlich Referatsleiter im bayerischen Wirt-schaftsministerium (StMWi) aus dem Publikum in die Dis-kussion ein Es gaumlbe viele Laumlnder wo man so ein Instru-ment brauche damit Investoren auf Rechtsstaatlichkeit ver-
trauen koumlnnten Schon seit den 1950er Jahren habeDeutschland solche Abkommen geschlossen um hiesigeInvestoren zu schuumltzen fuumlhrte Gottschlich aus Im 21 Jahr-hundert muumlsse man das ganze System einmal anpassen In-vestoren seien vor indirekter Enteignung zu schuumltzen Auchdie Transparenz der TTIP-Verhandlungen sei verbessertworden bdquoVieles was kritisiert worden ist hat man aufge-griffenldquo so Gottschlich bdquoWir brauchen dieses Instrumentin vielen vielen Laumlndernldquo fuhr er fort Zwischen Deutsch-land und den USA brauche man das Abkommen nicht un-
bedingt ndash aber es gaumlbe einige EU-Staaten da sei das Rechtssystem nichtganz so ausgepraumlgt wie in Deutsch-
land Viele Laumlnder haumltten Investitions-schutzabkommen wuumlrden diese aber auch gerne auf einen aktuellen Stand
bringen bdquoWenn wir ein solches Ab-kommen haben wollen muss es einambitioniertes Instrument seinldquo ver-langte Gottschlich Die Kritikpunktean den alten Abkommen seien jetztaufgegriffen und von der EU-Kom-mission in den Verhandlungen vorge-schlagen worden Zusammen mit
jedem Handelsabkommen solle man ein Investitionsschutz-
abkommen treffen damit man nicht nur die Laumlnder diskri-miniere denen man vielleicht nicht so vertraue
bdquoDass es keine Probleme gibt ndash das ist voumlllig falschldquowarnte Gottschlich davor TTIP aus deutscher Sicht alsnicht notwendig zu bezeichnen bdquoEs gibt viele viele kleine
und mittelstaumlndische Unter-nehmen die koumlnnen keinenHandel mit den USA trei-
benldquo betonte der ExperteViele Probleme wuumlrden imregulatorischen Bereich lie-gen bdquoUnterschiedlicheStandards doppelte Zertifi-zierungsverfahren ndash dastreibt die Kosten fuumlr einkleines mittelstaumlndischesUnternehmen in die HoumlheldquoFuumlr einen groszligen Automo-
bilhersteller sei das keinProblem bedeuteten fuumlr ein kleines Unternehmen aber schnell 20 bis 25 Prozent Mehrkosten bdquoDas ist eine abso-lute Marktzugangshuumlrdeldquo TTIP bringe gerade kleinen undmittelstaumlndischen Unternehmen besondere Vorteile nichtnur den Groszligunternehmen sondern gerade dem Mittel-stand 99 Prozent aller Unternehmen in Deutschland sind
kleine und mittelstaumlndische Unternehmen gewichtete Gott-schlich Nur zu sagen es ging uns doch gut wir braumluchtendas nicht waumlre voumlllig falsch betonte Gottschlich noch ein-mal bdquoWir wollen einfach das abbauen was sich unsinniger
Michael Gottschlich StMWVI
bdquoUnterschiedliche Stan-
dards doppelte Zerti1047297zie-rungsverfahren ndash das treibt
die Kosten fuumlr ein kleines
mittelstaumlndisches Unter-
nehmen in die HoumlheldquoMichael Gottschlich
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Weise in den vergangenen Jahrzehnten aufgebaut hatldquo ver-einfachte Gottschlich das Vorhaben Diese Buumlrokratie dieman nicht brauche abzubauen bringe etwas fuumlr den Wohl-stand die Arbeitsplaumltze und die Menschen in BayernDeutschland und der EU
Uumlbermittlungsprobleme zu Lasten der Bevoumllkerung
Moderator Pierre Rafih draumlngte trotz aller Wichtigkeitdes Themas doch mehr am Titel der Veranstaltung ndash bdquoFol-gen fuumlr Entwicklungslaumlnderldquo zu bleiben bdquoMich wuumlrde vielmehr interessieren wie sinddie Auswirkungen auf dieIndividuenldquo fragte ein Teil-nehmer aus dem PublikumIn Afrika werde es in ein
paar Jahren eine Verdoppe-lung der Bevoumllkerunggeben Wirtschaft seiimmer eine Chance fuumlr Ent-wicklung Besonders in
landwirtschaftlichen Berei-chen verlasse man sich auf afrikanische Exporte Wassei dort zu erwarten wurdeGithinji gefragt
Von den 79 Laumlndern wuumlrden nicht alle zu den Gewinner zaumlhlen erwiderte der ACP-Vertreter Aber wie wuumlrde es beiden aumlrmeren Laumlndern aumlrmeren Bevoumllkerungen aussehendifferenzierte er die Frage Es sei nicht selten der Fall dass
politisches Handeln in den Entwicklungslaumlndern ohne dieEinbindung der bdquoStakeholderldquo erfolge ndash darin liege ein gro-szliges Problem so Githinji Technokraten fuumlhrten die interna-
tionalen Verhandlungen ohne jegliche Konsultation DieUnterhaumlndler wuumlrden nicht uumlber die Kapazitaumlt verfuumlgen dieBeduumlrfnisse und Wuumlnsche ihrer Bevoumllkerung sowie die In-teressen ihrer Laumlnder klar zu vermitteln bdquoWir hatten beivielen Verhandlungen mit Partnern uumlber wirtschaftliche Ko-operation versucht dieses Uumlbermittlungsproblem anzuge-hen indem wir sicherstellten dass all die Nutznieszliger miteinbezogen warenldquo berichtete Githinji Was sich aus sol-chen Verhandlungen ergibt haumlnge von den Machtverhaumllt-nissen zwischen den Parteien ab und von der Moumlglichkeitdiese Macht auszuspielen um das Verhandlungsresultat zu
beeinflussen bdquoIn manchen Faumlllen haben wir die Erfahrunggemacht dass die Gegenpartei den Verhandlungsverlauf und damit auch das zu erzielende Resultat von vornehereinfestlegtldquo so der ACP-Repraumlsentant So sei fuumlr die meistenEntwicklungslaumlnder diese Situation nicht einfach und letzt-lich sei die Bevoumllkerung Leidtragender der beschlossenenVereinbarungen Manche suchten dann auf dem Weg der Migration nach besseren Lebenschancen bdquoDies wird fort-dauern solange wir keine Wirtschaftsentwicklung vorwei-sen koumlnnenldquo Deswegen sei es wichtig Politik-Kohaumlrenzzu gewaumlhrleisten sodass jede Maszlignahme und Entschei-dung die in der EU oder den USA und anderen Industrie-laumlndern getroffen werde nicht negativ auf die Laumlnder desSuumldens und ihre Bevoumllkerung wirke
Verhandlungspartner auf AugenhoumlheDie USA haumltten in den vergangenen Jahren viele Abkom-
men mit Laumlndern getroffen wo man eindeutig von einem
politischen Machtgefaumllle sprechen koumlnne ging JoachimMenze auf die Entwicklungslaumlnder ein Eine einfache Ver-handlungsposition und starke Durchsetzungsfaumlhigkeit sei-tens der USA sei da zu beobachten gewesen Nun seien dieUSA zum ersten Mal in der Situation dass sie es mit einemgleichwertigen Verhandlungspartner auf Augenhoumlhe zu tunhaumltten so Menze Beide Seiten wuumlrden diesmal sehr starke
Interessen einbringen bdquoDas Ergebnis wird ganz sicher alssog Goldstandard in die weiteren Verhandlungen einge-henldquo glaubt der Vertreter der EU-Kommission Wenn manin ein paar Jahren bei-spielsweise mit Bolivienverhandle koumlnne mannichts schlechteres anbie-ten als den USA erlaumlu-terte Menze Das wuumlrdeim internationalen Ver-kehr sonst als Herabwuumlr-digung betrachtet werdenbdquoFuumlr die kleineren nicht
so wirtschaftsstarkenStaaten wird dieses Ab-kommen eine groszlige Be-deutung habenldquo
Abkommen kopieren ist keine Politik fuumlrdas 21 Jahrhundert
bdquoWie koumlnnen sie den Entwicklungslaumlndern helfen dasssie partizipieren koumlnnenldquo kam eine weitere Frage aus demPublikum Wie koumlnne Technologie in diese Laumlnder gebrachtwerden obwohl die Leute dort sehr wenig davon verste-hen Juumlrgen Maier bezeichnete das als einfach bdquoDie Ent-
wicklungslaumlnder koumlnnen in der WTO auf Augenhoumlhe ver-handeln und zu Ergebnissen kommenldquo Da kaumlme man auchzu Ergebnissen die alle Interessen gleichmaumlszligig widerspie-gelten Die Version die die Kommission vorschlage dassarme Laumlnder das Abkommen kopieren koumlnnten sei keinePolitik die im 21 Jahrhundert zukunftsfaumlhig waumlre Mankomme deshalb nicht weiter weil man nicht bereit sei mitRegierungen aus Afrika auf Augenhoumlhe zu verhandeln soMaier weiter
Infrastruktur-Projekte foumlrdernZusammen mit dem Bundeswirtschaftsministerium und
dem BMZ organisiere die IHK Muumlnchen auch Manager-Fortbildungen um Unternehmer aus Bayern und Entwick-lungslaumlndern zusammenzubringen berichtete DollendorfEntwicklungszusammenarbeit sei ein ganz wichtigesThema bdquoEs gibt in Bayern den so genannten EZ-Scout fuumlr Bildungszusammenarbeitldquo so Dollendorf Diese Personhabe nichts anderes zu tun als mit bayerischen Unterneh-men zu uumlberlegen wie man in Schwellenlaumlndern Projektevorantreiben koumlnnte Es gehe darum ganz gezielt loumlsungs-orientierte Maszlignahmen zu ergreifen Am 3 November soDollendorf werde das Afrika-Infrastuktur-Forum bdquoBe myguestldquo (Anm wwwafrikavereinde) durchgefuumlhrt dasgenau den von Prof Felbermayr schon angesprochenen
Mangel in der Infrastruktur vieler Entwicklungslaumlnder fo-kussiere Repraumlsentanten aus neun afrikanischen Laumlndernwuumlrden dort zugegen sein um ihre Infrastruktur-Projektevorzustellen und um Investoren zu werben
bdquoDas Ergebnis
wird ganz sicher
als Goldstandard
in die weiteren
Verhandlungen
eingehenldquoJoachim Menze
Pierrre Rafih moderierte die Podi-umsdiskusison
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Handel ist wichtig aber Freihandel schadetden Entwicklungslaumlndern
bdquoWas ist Entwicklungldquo fragte ein Teilnehmer afrikani-scher Herkunft aus dem Publikum Entwickelte Laumlnder wuumlrde sich aus seiner Sicht durch zwei Aspekte auszeich-nen einen hohen technologischen Stand ndash und dass vieleWirtschaftszweige fuumlreinander produzieren wuumlrden bdquoDiese
interne Verbundenheit ist wesentlichldquo Handel sei wichtigaber Freihandel schade den Entwicklungslaumlndern Auchentwickelte Laumlnder haumltten sich nicht mit Freihandel entwi-ckelt bdquosondern gerade in einem gelenkten Handelldquo DieHandelsstroumlme seien so gelenkt worden dass ihre eigenenWirtschaften nach vorne gebracht wurden Das werde ein-fach voumlllig vergessen
Zwischen Reich und Arm gibt es heute keinewirklichen technologischen Barrieren mehr
Prof Felbermayr fuumlhlte sich angesprochen und antwor-tete direkt darauf bdquoWenn sie das aus der historischen Per-spektive betrachten dann ist das vielleicht auch richtigldquo
Heute lebe man aber in einer Welt wo es keine wirklichentechnologischen Barrieren mehr zwischen Reich und Armgaumlbe Sehr viele Studien wuumlrden bestaumltigen dass institutio-nelle Probleme in den Laumlndern vor Ort der Grund seienwarum diese nicht am Handel teilnehmen wuumlrden Er haltees sogar fuumlr gefaumlhrlich wenn man sage bdquodas ist die boumlseHandelspolitik des Westensldquo Damit wuumlrde man Versaumlum-nisse entschuldigen die vor Ort stattfinden dass Panzer ge-kauft statt Straszligen gebaut werden Das sei aber in vielenarmen Laumlndern bdquoein Stuumlck weit Realitaumltldquo Schon seit demGATT-Abkommen 1947 sei ein zollfreier Marktzugang fuumlr arme Laumlnder geregelt Das habe leider nicht dazu gefuumlhrt
dass es in diesen Laumlndern eine Industrialisierung gegebenhabe Die Frage sei natuumlrlich zu stellen warum dies nichtzu einer Entwicklung gefuumlhrt habe
Ein Stuumlck vorwaumlrts gekommenAbschlieszligend bedankte sich Pierre Rafih noch einmal bei
allen Referenten und Diskussionsteilnehmern sowie demPublikum fuumlr das Interesse Man habe zu diesem sehr kom-
plexen Thema sicher keine endguumlltigen Antworten gebenkoumlnnen bdquoAber ich hoffe dass wir ein paar neue Fragenhaben dass wir ein Stuumlck weit auf dem Weg gekommensind und weiter offen bleiben und nicht mit einer gefestig-ten Meinung nach Hause gehen ndash das ist nicht die Art der Wissenschaft Wir wollen immer weiter forschen und unsselbst fragen was wir tun sollen Ich bin uumlberzeugt dass
jeder von heute Abend etwas mitnehmen wirdldquo
Vernetzt - verlinkt
www
SID Chapter Muumlnchensid-munich-chapterorg
Dokumentation des hier beschriebenen Dialogbuumlhne TTIPsid-munich-chapterorgpresse
Hochschule fuumlr Angewandtes Management Erding beiMuumlnchenfhamde
BMZ bmzde
ifo-Institut Muumlnchencesifo-groupde
Vertretung der Europaumlischen Kommission in Muumlncheneceuropaeudeutschlandcommissionofficesmunichindex_dehtm
ACPacpint
IHK MuumlnchenO berbayernmuenchenihkde
Forum Umwelt und Entwicklung Berlinforumuede
Mit freundlicher Unterstuumltzung vonImpressum
ViSdP Gesellschaft fuumlr Internationale Entwicklung (SID) Muumlnchen eVDr F Kayode Salau Peter-Rosegger-Straszlige 29 86415 Meringinfosid-munich-chapterorgRedaktion Dr F Kayode SalauDr Volker Goumlbner (Pressebuumlro Schreib-WUT Neusaumlszlig)
Alle Aussagen auch zu rechtlichen Aspekten geben die Aumluszligerungender jeweiligen Redner(innen) bei der Veranstaltung am 22 Oktober 2015wieder und sind weder sachlich noch juristisch gepruumlft
Internationales Buffet Nach reichlich geistiger Nahrung fuumlr den Kopf kam auch
der Bauch zu seinem Recht Fatima von Kaehne (SchlossBlumenthal bei Aichach) hatte ein ebenso umfangreicheswie leckeres internationales Buffett aufgebaut ZahlreicheGespraumlche in kleinen Kreisen rundeten den Abend ab
Internationales Buffet ndash aus allen Handelszonen der Welt von der Ananas bis zur Zucchini
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Eine Wirtschaftsverfassung fuumlr multinationaleKonzerne
bdquoIn dieser Diskussion werden viele Nebelkerzen gewor-fenldquo erzuumlrnte sich Juumlrgen Maier bdquoGegen Handel als sol-chen hat ja niemand wasldquo sagte er Der Handel zwischenden USA und der EU boome bdquodie intensivste Handelsbe-ziehung der Weltldquo auch die Investitionsstroumlme wuumlrden grouml-
szliger es gaumlbe keine signifikanten Probleme Auf eine parla-mentarische Anfrage im Bundestag und im Europaparla-ment wo etwa Investoren aus Amerika in Europa und um-gekehrt vor Gericht nicht Recht bekommen haumltten haumlttenweder die Kommission noch der Bundeswirtschaftsminister Beispiele nennen koumlnnen
bdquoEs geht um die Einfuumlhrung eines Schiedsgerichtsverfah-rens wo Investoren Sonderrechte bekommen NormaleMenschen haben diese Sonderrechte nichtldquo so Maier bdquoDasist der Punkt um den es geht Lassen Sie sich da keine Maumlr-chen erzaumlhlenldquo Er ver-langte eine balancierteAuslegung zwischen
Rechten und Pflichten85 Entwicklungslaumlnder haumltten vorgeschlageneinen neuen Vertrag uumlber Rechte und Pflichten vonInvestoren und multina-tionalen Konzernen aus-zuhandeln ndash aber dieschaumlrfsten Kritiker seiendie EU und die USA soMaier bdquoEs geht darumdass wir eine globale Wirtschaftsverfassung haben die
heutzutage nicht mehr stimmt die zu sehr einseitig fuumlr mul-tinationale Konzerne ausgerichtet ist ndash und das stoumlszligt immer wieder auf oumlffentliche Kritik ndash darum geht esldquo
Maier verdeutlichte seine Meinung am Beispiel der Landwirtschaft In Deutschland und der EU seien immer mehr Menschen der Meinung der Weg in die Agrarindus-trie fuumlhre in die Irre Man muumlsse zuruumlck zu einer regionali-sierten zu einer baumluerlichen Landwirtschaft ndash bdquound dieagrarindustrielle Massentierhaltung Massenmilchproduk-tion Glyphosat-verseuchte Pestizide insbesondere in Suumld-amerika oder genmanipuliertes Soja wollen die Menscheneinfach nichtldquo Da passe auch ein solches Freihandelsab-kommen nicht wo man Milchmaumlrkte globalisiere wo manSchweinefleischmaumlrkte globalisieren moumlchte etc bdquoDas
passt nicht mehr in die heutige Zeitldquo Die Menschen woll-ten Freihandelsabkommen die regionalisierte Produktevoran treiben bdquoIst das denn illegitim so etwas zu wollenldquofragte Maier bdquoNein das ist im besten Sinne konservativldquoantwortete er sich selbst
Bisher treibe man in Europa noch sozialvertraumlglichenHandel ndash das duumlrfe man nicht uumlber Bord werfen so Maier weiter Niemand duumlrfe solche Abkommen dekretierenweder Kommissionen noch Umweltverbaumlnde bdquoWir brau-chen eine breite Diskussion was sind unsere Werte waswollen wirldquo Das sei keine Marotte verwoumlhnter weicher
Bayern Diese Diskussion werde auf der ganzen Welt ge-fuumlhrt bdquoDiese Handelspolitik wie sie die Kommission unsmit undemokratischen Methoden uumlberziehen will hat keineChanceldquo schloss Maier seinen Diskussionsbeitrag ab
Dass es keine Probleme gibt ndash das ist voumlllig falschbdquoWir erfinden hier nichts Neues Deutschland ist der Er-
finder dieser Investitionsschutzabkommenldquo schaltete sichMichael Gottschlich Referatsleiter im bayerischen Wirt-schaftsministerium (StMWi) aus dem Publikum in die Dis-kussion ein Es gaumlbe viele Laumlnder wo man so ein Instru-ment brauche damit Investoren auf Rechtsstaatlichkeit ver-
trauen koumlnnten Schon seit den 1950er Jahren habeDeutschland solche Abkommen geschlossen um hiesigeInvestoren zu schuumltzen fuumlhrte Gottschlich aus Im 21 Jahr-hundert muumlsse man das ganze System einmal anpassen In-vestoren seien vor indirekter Enteignung zu schuumltzen Auchdie Transparenz der TTIP-Verhandlungen sei verbessertworden bdquoVieles was kritisiert worden ist hat man aufge-griffenldquo so Gottschlich bdquoWir brauchen dieses Instrumentin vielen vielen Laumlndernldquo fuhr er fort Zwischen Deutsch-land und den USA brauche man das Abkommen nicht un-
bedingt ndash aber es gaumlbe einige EU-Staaten da sei das Rechtssystem nichtganz so ausgepraumlgt wie in Deutsch-
land Viele Laumlnder haumltten Investitions-schutzabkommen wuumlrden diese aber auch gerne auf einen aktuellen Stand
bringen bdquoWenn wir ein solches Ab-kommen haben wollen muss es einambitioniertes Instrument seinldquo ver-langte Gottschlich Die Kritikpunktean den alten Abkommen seien jetztaufgegriffen und von der EU-Kom-mission in den Verhandlungen vorge-schlagen worden Zusammen mit
jedem Handelsabkommen solle man ein Investitionsschutz-
abkommen treffen damit man nicht nur die Laumlnder diskri-miniere denen man vielleicht nicht so vertraue
bdquoDass es keine Probleme gibt ndash das ist voumlllig falschldquowarnte Gottschlich davor TTIP aus deutscher Sicht alsnicht notwendig zu bezeichnen bdquoEs gibt viele viele kleine
und mittelstaumlndische Unter-nehmen die koumlnnen keinenHandel mit den USA trei-
benldquo betonte der ExperteViele Probleme wuumlrden imregulatorischen Bereich lie-gen bdquoUnterschiedlicheStandards doppelte Zertifi-zierungsverfahren ndash dastreibt die Kosten fuumlr einkleines mittelstaumlndischesUnternehmen in die HoumlheldquoFuumlr einen groszligen Automo-
bilhersteller sei das keinProblem bedeuteten fuumlr ein kleines Unternehmen aber schnell 20 bis 25 Prozent Mehrkosten bdquoDas ist eine abso-lute Marktzugangshuumlrdeldquo TTIP bringe gerade kleinen undmittelstaumlndischen Unternehmen besondere Vorteile nichtnur den Groszligunternehmen sondern gerade dem Mittel-stand 99 Prozent aller Unternehmen in Deutschland sind
kleine und mittelstaumlndische Unternehmen gewichtete Gott-schlich Nur zu sagen es ging uns doch gut wir braumluchtendas nicht waumlre voumlllig falsch betonte Gottschlich noch ein-mal bdquoWir wollen einfach das abbauen was sich unsinniger
Michael Gottschlich StMWVI
bdquoUnterschiedliche Stan-
dards doppelte Zerti1047297zie-rungsverfahren ndash das treibt
die Kosten fuumlr ein kleines
mittelstaumlndisches Unter-
nehmen in die HoumlheldquoMichael Gottschlich
7232019 TTIP - Folgen fuumlr Entwicklungslaumlnder
httpslidepdfcomreaderfullttip-folgen-fuer-entwicklungslaender 1415
Dialogbuumlhne TTIP Muumlnchen 2015 Dokumentation
14
Weise in den vergangenen Jahrzehnten aufgebaut hatldquo ver-einfachte Gottschlich das Vorhaben Diese Buumlrokratie dieman nicht brauche abzubauen bringe etwas fuumlr den Wohl-stand die Arbeitsplaumltze und die Menschen in BayernDeutschland und der EU
Uumlbermittlungsprobleme zu Lasten der Bevoumllkerung
Moderator Pierre Rafih draumlngte trotz aller Wichtigkeitdes Themas doch mehr am Titel der Veranstaltung ndash bdquoFol-gen fuumlr Entwicklungslaumlnderldquo zu bleiben bdquoMich wuumlrde vielmehr interessieren wie sinddie Auswirkungen auf dieIndividuenldquo fragte ein Teil-nehmer aus dem PublikumIn Afrika werde es in ein
paar Jahren eine Verdoppe-lung der Bevoumllkerunggeben Wirtschaft seiimmer eine Chance fuumlr Ent-wicklung Besonders in
landwirtschaftlichen Berei-chen verlasse man sich auf afrikanische Exporte Wassei dort zu erwarten wurdeGithinji gefragt
Von den 79 Laumlndern wuumlrden nicht alle zu den Gewinner zaumlhlen erwiderte der ACP-Vertreter Aber wie wuumlrde es beiden aumlrmeren Laumlndern aumlrmeren Bevoumllkerungen aussehendifferenzierte er die Frage Es sei nicht selten der Fall dass
politisches Handeln in den Entwicklungslaumlndern ohne dieEinbindung der bdquoStakeholderldquo erfolge ndash darin liege ein gro-szliges Problem so Githinji Technokraten fuumlhrten die interna-
tionalen Verhandlungen ohne jegliche Konsultation DieUnterhaumlndler wuumlrden nicht uumlber die Kapazitaumlt verfuumlgen dieBeduumlrfnisse und Wuumlnsche ihrer Bevoumllkerung sowie die In-teressen ihrer Laumlnder klar zu vermitteln bdquoWir hatten beivielen Verhandlungen mit Partnern uumlber wirtschaftliche Ko-operation versucht dieses Uumlbermittlungsproblem anzuge-hen indem wir sicherstellten dass all die Nutznieszliger miteinbezogen warenldquo berichtete Githinji Was sich aus sol-chen Verhandlungen ergibt haumlnge von den Machtverhaumllt-nissen zwischen den Parteien ab und von der Moumlglichkeitdiese Macht auszuspielen um das Verhandlungsresultat zu
beeinflussen bdquoIn manchen Faumlllen haben wir die Erfahrunggemacht dass die Gegenpartei den Verhandlungsverlauf und damit auch das zu erzielende Resultat von vornehereinfestlegtldquo so der ACP-Repraumlsentant So sei fuumlr die meistenEntwicklungslaumlnder diese Situation nicht einfach und letzt-lich sei die Bevoumllkerung Leidtragender der beschlossenenVereinbarungen Manche suchten dann auf dem Weg der Migration nach besseren Lebenschancen bdquoDies wird fort-dauern solange wir keine Wirtschaftsentwicklung vorwei-sen koumlnnenldquo Deswegen sei es wichtig Politik-Kohaumlrenzzu gewaumlhrleisten sodass jede Maszlignahme und Entschei-dung die in der EU oder den USA und anderen Industrie-laumlndern getroffen werde nicht negativ auf die Laumlnder desSuumldens und ihre Bevoumllkerung wirke
Verhandlungspartner auf AugenhoumlheDie USA haumltten in den vergangenen Jahren viele Abkom-
men mit Laumlndern getroffen wo man eindeutig von einem
politischen Machtgefaumllle sprechen koumlnne ging JoachimMenze auf die Entwicklungslaumlnder ein Eine einfache Ver-handlungsposition und starke Durchsetzungsfaumlhigkeit sei-tens der USA sei da zu beobachten gewesen Nun seien dieUSA zum ersten Mal in der Situation dass sie es mit einemgleichwertigen Verhandlungspartner auf Augenhoumlhe zu tunhaumltten so Menze Beide Seiten wuumlrden diesmal sehr starke
Interessen einbringen bdquoDas Ergebnis wird ganz sicher alssog Goldstandard in die weiteren Verhandlungen einge-henldquo glaubt der Vertreter der EU-Kommission Wenn manin ein paar Jahren bei-spielsweise mit Bolivienverhandle koumlnne mannichts schlechteres anbie-ten als den USA erlaumlu-terte Menze Das wuumlrdeim internationalen Ver-kehr sonst als Herabwuumlr-digung betrachtet werdenbdquoFuumlr die kleineren nicht
so wirtschaftsstarkenStaaten wird dieses Ab-kommen eine groszlige Be-deutung habenldquo
Abkommen kopieren ist keine Politik fuumlrdas 21 Jahrhundert
bdquoWie koumlnnen sie den Entwicklungslaumlndern helfen dasssie partizipieren koumlnnenldquo kam eine weitere Frage aus demPublikum Wie koumlnne Technologie in diese Laumlnder gebrachtwerden obwohl die Leute dort sehr wenig davon verste-hen Juumlrgen Maier bezeichnete das als einfach bdquoDie Ent-
wicklungslaumlnder koumlnnen in der WTO auf Augenhoumlhe ver-handeln und zu Ergebnissen kommenldquo Da kaumlme man auchzu Ergebnissen die alle Interessen gleichmaumlszligig widerspie-gelten Die Version die die Kommission vorschlage dassarme Laumlnder das Abkommen kopieren koumlnnten sei keinePolitik die im 21 Jahrhundert zukunftsfaumlhig waumlre Mankomme deshalb nicht weiter weil man nicht bereit sei mitRegierungen aus Afrika auf Augenhoumlhe zu verhandeln soMaier weiter
Infrastruktur-Projekte foumlrdernZusammen mit dem Bundeswirtschaftsministerium und
dem BMZ organisiere die IHK Muumlnchen auch Manager-Fortbildungen um Unternehmer aus Bayern und Entwick-lungslaumlndern zusammenzubringen berichtete DollendorfEntwicklungszusammenarbeit sei ein ganz wichtigesThema bdquoEs gibt in Bayern den so genannten EZ-Scout fuumlr Bildungszusammenarbeitldquo so Dollendorf Diese Personhabe nichts anderes zu tun als mit bayerischen Unterneh-men zu uumlberlegen wie man in Schwellenlaumlndern Projektevorantreiben koumlnnte Es gehe darum ganz gezielt loumlsungs-orientierte Maszlignahmen zu ergreifen Am 3 November soDollendorf werde das Afrika-Infrastuktur-Forum bdquoBe myguestldquo (Anm wwwafrikavereinde) durchgefuumlhrt dasgenau den von Prof Felbermayr schon angesprochenen
Mangel in der Infrastruktur vieler Entwicklungslaumlnder fo-kussiere Repraumlsentanten aus neun afrikanischen Laumlndernwuumlrden dort zugegen sein um ihre Infrastruktur-Projektevorzustellen und um Investoren zu werben
bdquoDas Ergebnis
wird ganz sicher
als Goldstandard
in die weiteren
Verhandlungen
eingehenldquoJoachim Menze
Pierrre Rafih moderierte die Podi-umsdiskusison
7232019 TTIP - Folgen fuumlr Entwicklungslaumlnder
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Dialogbuumlhne TTIP Muumlnchen 2015 Dokumentation
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Handel ist wichtig aber Freihandel schadetden Entwicklungslaumlndern
bdquoWas ist Entwicklungldquo fragte ein Teilnehmer afrikani-scher Herkunft aus dem Publikum Entwickelte Laumlnder wuumlrde sich aus seiner Sicht durch zwei Aspekte auszeich-nen einen hohen technologischen Stand ndash und dass vieleWirtschaftszweige fuumlreinander produzieren wuumlrden bdquoDiese
interne Verbundenheit ist wesentlichldquo Handel sei wichtigaber Freihandel schade den Entwicklungslaumlndern Auchentwickelte Laumlnder haumltten sich nicht mit Freihandel entwi-ckelt bdquosondern gerade in einem gelenkten Handelldquo DieHandelsstroumlme seien so gelenkt worden dass ihre eigenenWirtschaften nach vorne gebracht wurden Das werde ein-fach voumlllig vergessen
Zwischen Reich und Arm gibt es heute keinewirklichen technologischen Barrieren mehr
Prof Felbermayr fuumlhlte sich angesprochen und antwor-tete direkt darauf bdquoWenn sie das aus der historischen Per-spektive betrachten dann ist das vielleicht auch richtigldquo
Heute lebe man aber in einer Welt wo es keine wirklichentechnologischen Barrieren mehr zwischen Reich und Armgaumlbe Sehr viele Studien wuumlrden bestaumltigen dass institutio-nelle Probleme in den Laumlndern vor Ort der Grund seienwarum diese nicht am Handel teilnehmen wuumlrden Er haltees sogar fuumlr gefaumlhrlich wenn man sage bdquodas ist die boumlseHandelspolitik des Westensldquo Damit wuumlrde man Versaumlum-nisse entschuldigen die vor Ort stattfinden dass Panzer ge-kauft statt Straszligen gebaut werden Das sei aber in vielenarmen Laumlndern bdquoein Stuumlck weit Realitaumltldquo Schon seit demGATT-Abkommen 1947 sei ein zollfreier Marktzugang fuumlr arme Laumlnder geregelt Das habe leider nicht dazu gefuumlhrt
dass es in diesen Laumlndern eine Industrialisierung gegebenhabe Die Frage sei natuumlrlich zu stellen warum dies nichtzu einer Entwicklung gefuumlhrt habe
Ein Stuumlck vorwaumlrts gekommenAbschlieszligend bedankte sich Pierre Rafih noch einmal bei
allen Referenten und Diskussionsteilnehmern sowie demPublikum fuumlr das Interesse Man habe zu diesem sehr kom-
plexen Thema sicher keine endguumlltigen Antworten gebenkoumlnnen bdquoAber ich hoffe dass wir ein paar neue Fragenhaben dass wir ein Stuumlck weit auf dem Weg gekommensind und weiter offen bleiben und nicht mit einer gefestig-ten Meinung nach Hause gehen ndash das ist nicht die Art der Wissenschaft Wir wollen immer weiter forschen und unsselbst fragen was wir tun sollen Ich bin uumlberzeugt dass
jeder von heute Abend etwas mitnehmen wirdldquo
Vernetzt - verlinkt
www
SID Chapter Muumlnchensid-munich-chapterorg
Dokumentation des hier beschriebenen Dialogbuumlhne TTIPsid-munich-chapterorgpresse
Hochschule fuumlr Angewandtes Management Erding beiMuumlnchenfhamde
BMZ bmzde
ifo-Institut Muumlnchencesifo-groupde
Vertretung der Europaumlischen Kommission in Muumlncheneceuropaeudeutschlandcommissionofficesmunichindex_dehtm
ACPacpint
IHK MuumlnchenO berbayernmuenchenihkde
Forum Umwelt und Entwicklung Berlinforumuede
Mit freundlicher Unterstuumltzung vonImpressum
ViSdP Gesellschaft fuumlr Internationale Entwicklung (SID) Muumlnchen eVDr F Kayode Salau Peter-Rosegger-Straszlige 29 86415 Meringinfosid-munich-chapterorgRedaktion Dr F Kayode SalauDr Volker Goumlbner (Pressebuumlro Schreib-WUT Neusaumlszlig)
Alle Aussagen auch zu rechtlichen Aspekten geben die Aumluszligerungender jeweiligen Redner(innen) bei der Veranstaltung am 22 Oktober 2015wieder und sind weder sachlich noch juristisch gepruumlft
Internationales Buffet Nach reichlich geistiger Nahrung fuumlr den Kopf kam auch
der Bauch zu seinem Recht Fatima von Kaehne (SchlossBlumenthal bei Aichach) hatte ein ebenso umfangreicheswie leckeres internationales Buffett aufgebaut ZahlreicheGespraumlche in kleinen Kreisen rundeten den Abend ab
Internationales Buffet ndash aus allen Handelszonen der Welt von der Ananas bis zur Zucchini
7232019 TTIP - Folgen fuumlr Entwicklungslaumlnder
httpslidepdfcomreaderfullttip-folgen-fuer-entwicklungslaender 1415
Dialogbuumlhne TTIP Muumlnchen 2015 Dokumentation
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Weise in den vergangenen Jahrzehnten aufgebaut hatldquo ver-einfachte Gottschlich das Vorhaben Diese Buumlrokratie dieman nicht brauche abzubauen bringe etwas fuumlr den Wohl-stand die Arbeitsplaumltze und die Menschen in BayernDeutschland und der EU
Uumlbermittlungsprobleme zu Lasten der Bevoumllkerung
Moderator Pierre Rafih draumlngte trotz aller Wichtigkeitdes Themas doch mehr am Titel der Veranstaltung ndash bdquoFol-gen fuumlr Entwicklungslaumlnderldquo zu bleiben bdquoMich wuumlrde vielmehr interessieren wie sinddie Auswirkungen auf dieIndividuenldquo fragte ein Teil-nehmer aus dem PublikumIn Afrika werde es in ein
paar Jahren eine Verdoppe-lung der Bevoumllkerunggeben Wirtschaft seiimmer eine Chance fuumlr Ent-wicklung Besonders in
landwirtschaftlichen Berei-chen verlasse man sich auf afrikanische Exporte Wassei dort zu erwarten wurdeGithinji gefragt
Von den 79 Laumlndern wuumlrden nicht alle zu den Gewinner zaumlhlen erwiderte der ACP-Vertreter Aber wie wuumlrde es beiden aumlrmeren Laumlndern aumlrmeren Bevoumllkerungen aussehendifferenzierte er die Frage Es sei nicht selten der Fall dass
politisches Handeln in den Entwicklungslaumlndern ohne dieEinbindung der bdquoStakeholderldquo erfolge ndash darin liege ein gro-szliges Problem so Githinji Technokraten fuumlhrten die interna-
tionalen Verhandlungen ohne jegliche Konsultation DieUnterhaumlndler wuumlrden nicht uumlber die Kapazitaumlt verfuumlgen dieBeduumlrfnisse und Wuumlnsche ihrer Bevoumllkerung sowie die In-teressen ihrer Laumlnder klar zu vermitteln bdquoWir hatten beivielen Verhandlungen mit Partnern uumlber wirtschaftliche Ko-operation versucht dieses Uumlbermittlungsproblem anzuge-hen indem wir sicherstellten dass all die Nutznieszliger miteinbezogen warenldquo berichtete Githinji Was sich aus sol-chen Verhandlungen ergibt haumlnge von den Machtverhaumllt-nissen zwischen den Parteien ab und von der Moumlglichkeitdiese Macht auszuspielen um das Verhandlungsresultat zu
beeinflussen bdquoIn manchen Faumlllen haben wir die Erfahrunggemacht dass die Gegenpartei den Verhandlungsverlauf und damit auch das zu erzielende Resultat von vornehereinfestlegtldquo so der ACP-Repraumlsentant So sei fuumlr die meistenEntwicklungslaumlnder diese Situation nicht einfach und letzt-lich sei die Bevoumllkerung Leidtragender der beschlossenenVereinbarungen Manche suchten dann auf dem Weg der Migration nach besseren Lebenschancen bdquoDies wird fort-dauern solange wir keine Wirtschaftsentwicklung vorwei-sen koumlnnenldquo Deswegen sei es wichtig Politik-Kohaumlrenzzu gewaumlhrleisten sodass jede Maszlignahme und Entschei-dung die in der EU oder den USA und anderen Industrie-laumlndern getroffen werde nicht negativ auf die Laumlnder desSuumldens und ihre Bevoumllkerung wirke
Verhandlungspartner auf AugenhoumlheDie USA haumltten in den vergangenen Jahren viele Abkom-
men mit Laumlndern getroffen wo man eindeutig von einem
politischen Machtgefaumllle sprechen koumlnne ging JoachimMenze auf die Entwicklungslaumlnder ein Eine einfache Ver-handlungsposition und starke Durchsetzungsfaumlhigkeit sei-tens der USA sei da zu beobachten gewesen Nun seien dieUSA zum ersten Mal in der Situation dass sie es mit einemgleichwertigen Verhandlungspartner auf Augenhoumlhe zu tunhaumltten so Menze Beide Seiten wuumlrden diesmal sehr starke
Interessen einbringen bdquoDas Ergebnis wird ganz sicher alssog Goldstandard in die weiteren Verhandlungen einge-henldquo glaubt der Vertreter der EU-Kommission Wenn manin ein paar Jahren bei-spielsweise mit Bolivienverhandle koumlnne mannichts schlechteres anbie-ten als den USA erlaumlu-terte Menze Das wuumlrdeim internationalen Ver-kehr sonst als Herabwuumlr-digung betrachtet werdenbdquoFuumlr die kleineren nicht
so wirtschaftsstarkenStaaten wird dieses Ab-kommen eine groszlige Be-deutung habenldquo
Abkommen kopieren ist keine Politik fuumlrdas 21 Jahrhundert
bdquoWie koumlnnen sie den Entwicklungslaumlndern helfen dasssie partizipieren koumlnnenldquo kam eine weitere Frage aus demPublikum Wie koumlnne Technologie in diese Laumlnder gebrachtwerden obwohl die Leute dort sehr wenig davon verste-hen Juumlrgen Maier bezeichnete das als einfach bdquoDie Ent-
wicklungslaumlnder koumlnnen in der WTO auf Augenhoumlhe ver-handeln und zu Ergebnissen kommenldquo Da kaumlme man auchzu Ergebnissen die alle Interessen gleichmaumlszligig widerspie-gelten Die Version die die Kommission vorschlage dassarme Laumlnder das Abkommen kopieren koumlnnten sei keinePolitik die im 21 Jahrhundert zukunftsfaumlhig waumlre Mankomme deshalb nicht weiter weil man nicht bereit sei mitRegierungen aus Afrika auf Augenhoumlhe zu verhandeln soMaier weiter
Infrastruktur-Projekte foumlrdernZusammen mit dem Bundeswirtschaftsministerium und
dem BMZ organisiere die IHK Muumlnchen auch Manager-Fortbildungen um Unternehmer aus Bayern und Entwick-lungslaumlndern zusammenzubringen berichtete DollendorfEntwicklungszusammenarbeit sei ein ganz wichtigesThema bdquoEs gibt in Bayern den so genannten EZ-Scout fuumlr Bildungszusammenarbeitldquo so Dollendorf Diese Personhabe nichts anderes zu tun als mit bayerischen Unterneh-men zu uumlberlegen wie man in Schwellenlaumlndern Projektevorantreiben koumlnnte Es gehe darum ganz gezielt loumlsungs-orientierte Maszlignahmen zu ergreifen Am 3 November soDollendorf werde das Afrika-Infrastuktur-Forum bdquoBe myguestldquo (Anm wwwafrikavereinde) durchgefuumlhrt dasgenau den von Prof Felbermayr schon angesprochenen
Mangel in der Infrastruktur vieler Entwicklungslaumlnder fo-kussiere Repraumlsentanten aus neun afrikanischen Laumlndernwuumlrden dort zugegen sein um ihre Infrastruktur-Projektevorzustellen und um Investoren zu werben
bdquoDas Ergebnis
wird ganz sicher
als Goldstandard
in die weiteren
Verhandlungen
eingehenldquoJoachim Menze
Pierrre Rafih moderierte die Podi-umsdiskusison
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Handel ist wichtig aber Freihandel schadetden Entwicklungslaumlndern
bdquoWas ist Entwicklungldquo fragte ein Teilnehmer afrikani-scher Herkunft aus dem Publikum Entwickelte Laumlnder wuumlrde sich aus seiner Sicht durch zwei Aspekte auszeich-nen einen hohen technologischen Stand ndash und dass vieleWirtschaftszweige fuumlreinander produzieren wuumlrden bdquoDiese
interne Verbundenheit ist wesentlichldquo Handel sei wichtigaber Freihandel schade den Entwicklungslaumlndern Auchentwickelte Laumlnder haumltten sich nicht mit Freihandel entwi-ckelt bdquosondern gerade in einem gelenkten Handelldquo DieHandelsstroumlme seien so gelenkt worden dass ihre eigenenWirtschaften nach vorne gebracht wurden Das werde ein-fach voumlllig vergessen
Zwischen Reich und Arm gibt es heute keinewirklichen technologischen Barrieren mehr
Prof Felbermayr fuumlhlte sich angesprochen und antwor-tete direkt darauf bdquoWenn sie das aus der historischen Per-spektive betrachten dann ist das vielleicht auch richtigldquo
Heute lebe man aber in einer Welt wo es keine wirklichentechnologischen Barrieren mehr zwischen Reich und Armgaumlbe Sehr viele Studien wuumlrden bestaumltigen dass institutio-nelle Probleme in den Laumlndern vor Ort der Grund seienwarum diese nicht am Handel teilnehmen wuumlrden Er haltees sogar fuumlr gefaumlhrlich wenn man sage bdquodas ist die boumlseHandelspolitik des Westensldquo Damit wuumlrde man Versaumlum-nisse entschuldigen die vor Ort stattfinden dass Panzer ge-kauft statt Straszligen gebaut werden Das sei aber in vielenarmen Laumlndern bdquoein Stuumlck weit Realitaumltldquo Schon seit demGATT-Abkommen 1947 sei ein zollfreier Marktzugang fuumlr arme Laumlnder geregelt Das habe leider nicht dazu gefuumlhrt
dass es in diesen Laumlndern eine Industrialisierung gegebenhabe Die Frage sei natuumlrlich zu stellen warum dies nichtzu einer Entwicklung gefuumlhrt habe
Ein Stuumlck vorwaumlrts gekommenAbschlieszligend bedankte sich Pierre Rafih noch einmal bei
allen Referenten und Diskussionsteilnehmern sowie demPublikum fuumlr das Interesse Man habe zu diesem sehr kom-
plexen Thema sicher keine endguumlltigen Antworten gebenkoumlnnen bdquoAber ich hoffe dass wir ein paar neue Fragenhaben dass wir ein Stuumlck weit auf dem Weg gekommensind und weiter offen bleiben und nicht mit einer gefestig-ten Meinung nach Hause gehen ndash das ist nicht die Art der Wissenschaft Wir wollen immer weiter forschen und unsselbst fragen was wir tun sollen Ich bin uumlberzeugt dass
jeder von heute Abend etwas mitnehmen wirdldquo
Vernetzt - verlinkt
www
SID Chapter Muumlnchensid-munich-chapterorg
Dokumentation des hier beschriebenen Dialogbuumlhne TTIPsid-munich-chapterorgpresse
Hochschule fuumlr Angewandtes Management Erding beiMuumlnchenfhamde
BMZ bmzde
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ViSdP Gesellschaft fuumlr Internationale Entwicklung (SID) Muumlnchen eVDr F Kayode Salau Peter-Rosegger-Straszlige 29 86415 Meringinfosid-munich-chapterorgRedaktion Dr F Kayode SalauDr Volker Goumlbner (Pressebuumlro Schreib-WUT Neusaumlszlig)
Alle Aussagen auch zu rechtlichen Aspekten geben die Aumluszligerungender jeweiligen Redner(innen) bei der Veranstaltung am 22 Oktober 2015wieder und sind weder sachlich noch juristisch gepruumlft
Internationales Buffet Nach reichlich geistiger Nahrung fuumlr den Kopf kam auch
der Bauch zu seinem Recht Fatima von Kaehne (SchlossBlumenthal bei Aichach) hatte ein ebenso umfangreicheswie leckeres internationales Buffett aufgebaut ZahlreicheGespraumlche in kleinen Kreisen rundeten den Abend ab
Internationales Buffet ndash aus allen Handelszonen der Welt von der Ananas bis zur Zucchini
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Handel ist wichtig aber Freihandel schadetden Entwicklungslaumlndern
bdquoWas ist Entwicklungldquo fragte ein Teilnehmer afrikani-scher Herkunft aus dem Publikum Entwickelte Laumlnder wuumlrde sich aus seiner Sicht durch zwei Aspekte auszeich-nen einen hohen technologischen Stand ndash und dass vieleWirtschaftszweige fuumlreinander produzieren wuumlrden bdquoDiese
interne Verbundenheit ist wesentlichldquo Handel sei wichtigaber Freihandel schade den Entwicklungslaumlndern Auchentwickelte Laumlnder haumltten sich nicht mit Freihandel entwi-ckelt bdquosondern gerade in einem gelenkten Handelldquo DieHandelsstroumlme seien so gelenkt worden dass ihre eigenenWirtschaften nach vorne gebracht wurden Das werde ein-fach voumlllig vergessen
Zwischen Reich und Arm gibt es heute keinewirklichen technologischen Barrieren mehr
Prof Felbermayr fuumlhlte sich angesprochen und antwor-tete direkt darauf bdquoWenn sie das aus der historischen Per-spektive betrachten dann ist das vielleicht auch richtigldquo
Heute lebe man aber in einer Welt wo es keine wirklichentechnologischen Barrieren mehr zwischen Reich und Armgaumlbe Sehr viele Studien wuumlrden bestaumltigen dass institutio-nelle Probleme in den Laumlndern vor Ort der Grund seienwarum diese nicht am Handel teilnehmen wuumlrden Er haltees sogar fuumlr gefaumlhrlich wenn man sage bdquodas ist die boumlseHandelspolitik des Westensldquo Damit wuumlrde man Versaumlum-nisse entschuldigen die vor Ort stattfinden dass Panzer ge-kauft statt Straszligen gebaut werden Das sei aber in vielenarmen Laumlndern bdquoein Stuumlck weit Realitaumltldquo Schon seit demGATT-Abkommen 1947 sei ein zollfreier Marktzugang fuumlr arme Laumlnder geregelt Das habe leider nicht dazu gefuumlhrt
dass es in diesen Laumlndern eine Industrialisierung gegebenhabe Die Frage sei natuumlrlich zu stellen warum dies nichtzu einer Entwicklung gefuumlhrt habe
Ein Stuumlck vorwaumlrts gekommenAbschlieszligend bedankte sich Pierre Rafih noch einmal bei
allen Referenten und Diskussionsteilnehmern sowie demPublikum fuumlr das Interesse Man habe zu diesem sehr kom-
plexen Thema sicher keine endguumlltigen Antworten gebenkoumlnnen bdquoAber ich hoffe dass wir ein paar neue Fragenhaben dass wir ein Stuumlck weit auf dem Weg gekommensind und weiter offen bleiben und nicht mit einer gefestig-ten Meinung nach Hause gehen ndash das ist nicht die Art der Wissenschaft Wir wollen immer weiter forschen und unsselbst fragen was wir tun sollen Ich bin uumlberzeugt dass
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Alle Aussagen auch zu rechtlichen Aspekten geben die Aumluszligerungender jeweiligen Redner(innen) bei der Veranstaltung am 22 Oktober 2015wieder und sind weder sachlich noch juristisch gepruumlft
Internationales Buffet Nach reichlich geistiger Nahrung fuumlr den Kopf kam auch
der Bauch zu seinem Recht Fatima von Kaehne (SchlossBlumenthal bei Aichach) hatte ein ebenso umfangreicheswie leckeres internationales Buffett aufgebaut ZahlreicheGespraumlche in kleinen Kreisen rundeten den Abend ab
Internationales Buffet ndash aus allen Handelszonen der Welt von der Ananas bis zur Zucchini