total pain – was heisst das für die praxis? · total pain – was heisst das für die praxis?...
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Total Pain –
was heisst das für die Praxis?
Steffen Eychmüller, Palliativzentrum
Kantonsspital St.Gallen
Das multidimensionale Schmerzkonzept als Grundlage
Ahles TA et al: Pain 1983, 17: 277-88
NO
CIC
EP
TIO
N
COGNITION
EMOTION
SOCIO-ENVIRONMENT
Kennen Sie das, den „Total pain“ ?
Zumindest in Anfängen…
Lernen vom chronfizierten Schmerz
René Descartes 1664
Vom Fuss zum Gehirn: vom biologischen Sinn und vielen
Einfluss-/ Störfaktoren
“If the fire is near the foot, the particles of this fire ... have the power to move the area of the
skin of this foot that they touch ... at the same instant
they open the entrance of the pore or little conduit..."
Cortex Thalamus
Hirnstamm
Rückenmark
Ganglion
Nociceptor:
Aδ – Fasern
C- Fasern
Schmerzphysiologie des Pickels: Die beteiligten Strukturen
Hemmende Bahnen
Motorisch
Kognitiv
Affektiv
Autonom
„ja oder nein“
Diskriminierung Reizart/-dauer/-stärke
Periphere Sensibilisierung
Zentrale Sensibilisierung
Die „sinnlose“ Fehlregulation beim chronifizierten Schmerz
Die Neuronale Plastizität (Woolf 1983)
1) Mechanismen der peripheren Sensibilisierung
Bsp. sog. "Cross- talk" zwischen sympathischen
Fasern aus dem Grenzstrang und
Hinterstrang- Ganglien
• Aktivierung von Neurotransmittern präsynaptisch
• Aktivierung und Vermehrung von Rezeptoren postsynaptisch (NMDA)
• Resultat: massive Geschwindigkeitszunahme der Signalübertragung (viel mehr Kanäle, massiver Ca2+ Einstrom)
• Hemmende Bahnen ("Gate control") numerisch und funktionell in der Minderheit
2) Mechanismen der zentralen Sensibilisierung
Klinische Kennzeichen der Sensibilisierung
Allodynie
= anders fühlen
Hyperalgesie
= kleiner Schmerzreiz, grosse Wirkung
Chronifizierter Schmerz
- Total pain Alles tut total weh
„Ich kann nicht mehr“
„Es wird nie mehr besser“ „Bei der kleinsten Bewegung kommt
der Schmerz“
„Da muss was Schlimmes sein – Ich habe Angst“
Wieso ist die Schmerztherapie bei schwerkranken Patienten häufig erfolglos?
• Gefühl der Hilflosigkeit des Patienten • Ungenügendes Selbstmanagement des Patienten beim
Gebrauch der Analgetika • Unbefriedigende Betreuung von Grundbedürfnissen • Ungenügende Therapie anderer Symptome • Ungenügende Information der Angehörigen über den
bevorstehenden Tod • Wenig Kommunikation mit Fachpersonen/ Team • Ungenügende Unterstützung der Angehörigen
Pall Med 1998; 12(6):429-435 Miettinen TT
Eine Geschichte Frau S. Angst essen Seele auf….
S.Eychmüller
Schmerz als Diagnose – als Leiden
Schmerz- Schmerz- Schmerz-
Diagnosen Probleme Leiden
Diagnose des „total pain“
Die Diagnose der Angst beim „Total pain“
• Schmerzforschung: Angst vor Leiden
„Fear is more disabling than pain“ (Keefe) • Angst vor Kontrollverlust und
Fremdentscheiden • Angst vor „Verschoben- Werden“ • Angst vor Überlastung der Angehörigen • Angst vor spiritueller Leere • Existenzangst à Angst vor dem eigenen Sterben
Was tun? Total pain und die „unit of care“
(C. Saunders) Betroffen sind immer • Der Patient/ die Patientin • Seine Angehörigen • und weitere (teilweise hilflose) Helfer
Heute
Ziele: „4 S“
• Selbsthilfe
• Selbstbestimmung
• Sicherheit
• Support
Kompetenzen
Symptom Management
Entscheidungsfindung
Netzwerk- Organisation
Unterstützung Familie etc.
Eine „Ummantelung“ gegen die Angst
Total pain in Palliative Care: „Multidimensionale Anxiolyse“
Die Kunst hierbei ist, das Vorgehen
gemeinsam zu orchestrieren
Therapieplanung 1
Die Erwartungen
SOLL
Leiden
IST
„Calman – Gap“: Schicksal versus Machsal
Therapieplanung 2 Die Rahmenbedingungen
• Ein gemeinsames Konzept (Was „heilt“?)
• eine respektvolle Beziehung
• Platz für die Angst: Reden, Malen etc.
• Kontinuität und klar definierter Behandlerkreis
• individuelles, gemischtes, wenig „toxisches“ Programm
• Einbeziehung des Partners/ Umfeld
Therapieplanung 3
Der Rollenwechsel
„Kapitän“ statt Opfer
„Coach“ statt Therapeut
Über den „Locus of control“
Therapieplanung 4
Leben, nicht nur Therapie
Chronifizierte Schmerzen: kognitives/ Verhaltenslernen Total pain: viel emotionales Lernen
„Den Schmerz kann ich nicht ändern, aber was ich dazu denke
und fühle“ (Re- Learning)
Therapieplanung 5
Kleine Erfolge anstreben
Kleine Erfolge feiern
Therapieplanung 6
Das "3- Säulen- Therapiekonzept"
(Medikamente) Körperliche Aktivität und Relaxation
(„Pacing“)
Psychosoziale Aktivität und „Relaxation“
Vorsicht: mehr Nebenwirkungen
als Wirkung
So what: Ideen für die Praxis lernen von Chronic pain für Total pain
• Erwartungen besprechen: kleine Erfolge möglich machen
• Eigenkontrolle verbessern: „PCA“ Patienten – controllierte Analgesie
• Angst und Katastrophieren behandeln !
• Kleine Aktivitäten – grosse Siesta: der Wechsel macht‘s
• Das Couching des Umfelds: wenn der Betroffene nichts mehr „muss“
• Die Besprechung und ggf. Verbesserung der veränderten Körperwahrnehmung
So what: Ideen für die Praxis - lernen von Chronic pain für Total pain
Medikamente
Reduktion des „medizinischen Lärms“
• NMDA- Blockade ?
• Angstbehandlung (Cave Übersedierung)
• Patientenkontrolle: Basis- Bolus –Prinzip
• Cave Organinsuffizienz
• WENIG Mixtur
So what: Ideen für die Praxis - lernen von Chronic pain für Total pain
Körperliche Aktivität
• Ruhe und Relaxation
• Körperwahrnehmung (bspw. Polarity)
• TENS
• Kleine Schritte, kleine Erfolge
• Rituale für Rhythmus
• ERWARTUNG !!! Der Umgang mit der Enttäuschung
So what: Ideen für die Praxis - lernen von Chronic pain für Total pain
Psychosoziale Aktivität Nicht nur Defizite: • Bilanz: was war gut ? • Den Schmerz kann ich nicht ändern, aber was ich denke und fühle…. • banale Alltagsfreuden, nicht nur grosse Themen • „Zeit, Raum und Menschen“
…..und wehret den Anfängen
Denken Sie an den Pickel.