tierseuchengesetz (tsg) und tierseuchenverordnung (tsv) referent: dieter schürer, lic.iur.,...
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Tierseuchengesetz (TSG)und
Tierseuchenverordnung (TSV)
Referent:Dieter Schürer, lic.iur., Frauenfeld
Recht kann nur durch sinnvolle Anwendung und
Berücksichtigung des Einzelfalles zu Gerechtigkeit
werden!
Inhalt der Lektion
Gesetzliche GrundlagenTierseuchen
Organisation – Kantone / Bund Bieneninspektoren Seuchen Vorbeugen und Bekämpfen Massnahmen Faul- und Sauerbrut Bekämpfung Bestandeskontrolle und Bienenverkehr Finanzielles (Kosten / Entschädigungen) Strafbestimmungen Forschung
Gesetzliche Grundlagen
Tierseuchengesetz (TSG)• Art. 1, 1a, 5, 7, 8, 10, 11, 12, 13, 24, 25, 31, 32, 34,
36, 42, 47, 52-59
Tierseuchenverordnung (TSV)• Art. 1-6, 9, 13, 24, 25, 39, 40, 59, 61-66, 69, 72-76,
269-274, 291, 294, 297, 298, 301, 308-310, 312
allenfalls kantonale Weisungen des Veterinäramtes
Was sind Tierseuchen?
übertragbare Tierkrankheiten *, die
• auch andere Tierbestände bedrohen (von anderen Imkern oder auch wildlebende)
• bedeutsame wirtschaftliche Folgen haben können• für den internationalen Handel wichtig sind
* aufgeführt sind nur die für die Bienen massgebenden Teile
(Art. 1 TSG)
Hochansteckende Seuchen
Hochansteckende und auszurottende Tierseuchen
• sind für die Bienenhaltung uninteressant• sind in der TSV abschliessend genannt und
betreffen hauptsächlich Seuchen der Schweine, Rinder, Schafe, Ziegen und Geflügel
(Art. 2 und 3 TSV)
zu bekämpfende Seuchen
zu den zu bekämpfenden Seuchen gehören die Bienenkrankenheiten
• Faulbrut (auch amerikanische oder bösartige Faulbrut) • Sauerbrut (auch europäische oder gutartige Faulbrut)
(Art. 4 TSV)
zu überwachende Seuchen
zu den zu überwachenden Seuchen gehören die Bienenkrankenheiten
• Tracheenmilben (acarapis woodi)• Varroamilben (varroa jacobsoni)
(Art. 5 TSV)
Kantonale Hoheiten
Kantone sind ausführende Organe
• sie organisieren den seuchenpolizeilichen Dienst• sie bezeichnen und entschädigen die
Bieneninspektoren und deren Stellvertreter• sie ordnen für die Bieneninspektoren obligatorische
Instruktionskurse an
(Art. 3 und 5 TSG)
Kantonstierarzt
der kantonale Veterinär (resp. der Veterinärdienst)
• leitet die Bekämpfung der Tierseuchen• überwacht den Vollzug der seuchenpolizeilichen
Anordnungen• ist daher „Vorgesetzter“ des Bieneninspektors
(Art. 301 TSV)
Polizeiorgan
Bieneninspektoren sind Organe der Seuchenpolizei
"Polizey" – dieses Wort bedeutete im 18. Jhdt "gute bürgerliche Ordnung"
Polizei soll also Ordnung schaffen und nicht in erster Linie bestrafen!
Bieneninspektoren
werden vom Kanton bezeichneten Bieneninspektorenkreisen zugeordnet
vollziehen die Bekämpfung der Bienenseuchen
führen ein Verzeichnis der Standorte der Bienenvölker in ihren Kreisen
(Art. 308 und 309 TSV)
Rechte der Inspektoren
Zutrittsrecht• die Bieneninspektoren sind seuchenpolizeiliche
Organe und haben Zutritt zu allen Anstalten, Räumen, Einrichtungen, Fahrzeugen, Gegenständen und Tieren, soweit es für die Aufgabe erforderlich ist
• sie haben insofern die Eigenschaft wie Beamte der gerichtlichen Polizei, nötigenfalls können sie die Hilfe der Polizei in Anspruch nehmen
(Art. 8 TSG und Art. 294 TSV)
Erkennung der Seuchen
Zur Bekämpfung gehört auch das Erkennen
• werden Bienenseuchen gemeldet, so ist der Bieneninspektor verpflichtet, diese zu bekämpfen
• dazu gehört auch, dass er im gefährdeten Umkreis Kontrollen durchführen darf, welche Seuchenherde erkennen lassen
(geht indirekt aus Art. 8 TSG hervor)
Vorbeugen
es werden alle Massnahmen ergriffen,
• die nach neuestem Stand der Wissenschaft und
der Erfahrung angezeigt sind• um das Auftreten von Tierseuchen zu verhindern
(vorbeugen)• um die Ausdehnung einer Tierseuche zu
verhindern (bekämpfen)
(Art. 9 TSG)
Meldepflicht
Tierseuchen müssen gemeldet werden
• Jeder Tierhalter (Imker) ist verpflichtet, den
Ausbruch von Seuchen und seuchenverdächtige Erscheidungen unverzüglich dem Bieneninspektor zu melden
• Es muss also auch der blosse Verdacht gemeldet werden!
(Art. 11 TSG und Art. 61 TSV)
Erste Massnahmen der Imker
Imker müssen sofort handeln
• Bei jedem Verdacht auf eine Seuche, muss sofort
gehandelt werden• insbesondere die Verschleppung der Seuche ist zu
verhindern bis amtliche Anweisung erfolgen• jeglicher Tiertransport von und zu dem
verdächtigen Standort ist zu unterlassen
(Art. 62 TSV)
Erste Massnahmen der Inspektoren
Bieneninspektoren müssen
• unverzüglich nach der Meldung eine klinische Untersuchung mit Entnahme von Probematerial duchführen
• das Probematerial sofort untersuchen lassen• bei Feststellung einer Seuche sofort die nötigen
Massnahmen erlassen• sofort untersuchen, woher die Infektionsquelle kommt (ev.
Tiertransporte / Bestandesblatt)• den Kantonstierarzt über den Verdacht oder den Ausbruch
informieren, sowie über die Massnahmen und Untersuchungen
(Art. 63 TSV)
Sperrmassnahmen
Massnahmen und Gebiete• Sperrmassnahmen verhindern den Transport von
Tieren und Waren, um die Ausbreitung der Seuche zu stoppen
• die betroffenen Gebiete werden durch den Kantonstierarzt festgelegt.
• Der Kantonstierarzt kann auch weitere Massnahmen oder Einschränkungen erlassen
• Bleiben so lange bestehen, bis der Arzt sie wieder aufhebt
(Art. 66 und 72 TSV)
Einfache Sperre 1. Grades
nur diese ist bei Bienen angezeigt• der Tierverkehr wird verboten (also kein Transport
von Bienen weg vom Standort oder von anderen Bienenvölkern zum Standort)
• jeder direkte Kontakt der Bienen mit andern Bienen ist verboten (… wobei der Flug ja nicht verboten werden kann …)
(Art. 66 und 72 TSV)
Bekämpfung der Faulbrut (1)
Diagnose• der Bacillus larvae muss nachgewiesen sein
Verdachtsfall• der Bieneninspektor hat Probematerial an das
Untersuchungslaboratorium zu senden
Seuchenfall• der Kantonstierarzt ordnet Massnahmen an,
welche der Bieneninspektor durchführen muss
(Art. 269 - 272 TSV)
Bekämpfung der Faulbrut (2)
Bieneninspektor untersucht unverzüglich sämtliche Völker
alle erkrankten oder verdächtigen Völker und deren Waben werden innert 10 Tagen vernichtet (nach Richtlinien des ZBF)
Honig darf weder verkauft noch verfüttert werden
(Art. 271 TSV)
Bekämpfung der Faulbrut (3)
alte Waben, Wachs und Honig werden nach Weisung des Bieneninspektors
verwertet oder vernichtet
Bienenkästen und Geräte werden gereinigt und desinfisziert
Sperrgebiet wird festgelegt, in der Regel 2 km Umkreis des Standortes
(Art. 271 TSV)
Bekämpfung der Faulbrut (4)
Ein- und Ausführen von Bienenvölker im Sperrgebiet ist verboten Geräte dürfen nur nach vorheriger Reinigung und Desinfektion an einen anderen Standort mitgenommen werden Ausnahmen vom Verstellverbot via Bienen-inspektor in Absprache mit Kantonstierarzt Innert 30 Tagen werden durch Bieneninspektor sämtliche Völker im Sperrgebiet auf Faulbrut kontrolliert
(Art. 271 TSV)
Bekämpfung der Faulbrut (5)
Sperrmassnahmen werden aufgehoben
• 30 Tage nach Vernichtung ALLER Bienenvölker und Waben des verseuchten Standes, sofern alle Kästen und Geräte desinfisziert wurden und Kontrollen im Sperrgebiet keinen neuen Verdacht ergeben haben
(Art. 271 TSV)
Bekämpfung der Faulbrut (6)
Sperrmassnahmen werden aufgehoben
• 60 Tage nach Vernichtung ERKRANKTER oder VERDÄCHTIGER Bienenvölker und Waben des verseuchten Standes, sofern alle Kästen und Geräte desinfisziert wurden und Kontrollen im Sperrgebiet keinen neuen Verdacht ergeben haben
(Art. 271 TSV)
Bekämpfung der Faulbrut (7)
Nachkontrolle im folgenden Frühjahr
• Die Bienenstände im ehemaligen Sperrgebiet müssen im folgenden Frühjahr stichprobenmässig nachkontrolliert werden
(Art. 271 TSV)
Bekämpfung der Sauerbrut (1)
Diagnose• Erreger ist Melissococcus plutonius, sekündär tritt
Paenibacillus alvei auf, die beide nachgewiesen werden können
Untersuchung• der Bieneninspektor untersucht unverzüglich
sämtliche Völker des Standes
(Art. 273 TSV)
Bekämpfung der Sauerbrut (2)
Verstellverbot• der Kantonstierarzt verordnet ein Verstellverbot für
Bienen und Waben
Vernichtung• alle stark erkrankten Völker sowie deren Waben
werden vernichtet
Honig• darf weder verkauft noch verfüttert werden
(Art. 273 TSV)
Bekämpfung der Sauerbrut (3)
Weitere Massnahmen• Weitere Bekämpfungsmassnahmen und Art der Verwertung
alter Waben, Wachs und Honig können gemäss Richtlinien des ZBF erlassen werden
Benachbarte Stände• sämtliche Völker benachbarter Stände werden innert 30
Tagen vom Bieneninspektor kontrolliert
Aufhebung der Massnahmen• durch Kantonstierarzt, nachdem alle
Bekämpfungsmassnahmen durchgeführt und abgeschlossen sind
(Art. 273 TSV)
Bekämpfung von Milben
Milbenkrankheiten sind „nur“ zu überwachende Seuchen
• sie werden gemeldet, aber keine Massnahmen von Gesetz wegen getroffen
• Massnahmen können aber angeordnet werden
(Art. 291 TSV)
Bestandeskontrolle / Bienenverkehr
der Bienenverkehr untersteht der Kontrolle der Tierseuchenpolizei
für Bienenvölker muss eine Bestandes-kontrolle geführt werden, in der alle Zu- und Abgänge einzutragen sind
Die Kontrollblätter müssen jederzeit dem Bieneninspektor vorgelegt werden können
Die Kontrollblätter müssen während 3 Jahren aufbewahrt werden
(Art. 13 TSG und Art. 9 und 13 TSV)
Bienentransport
im Inland• ist grundsätzlich frei• ist verboten in Sperrgebiete hinein und aus diesen
hinaus• ist verboten bei Feuerbrand-Sperrgebieten
aus dem Ausland• ist grundsätzlich bewilligungspflichtig (BVET)• ist verboten aus Länden mit kleinem Beutenkäfer
(Art. 24 TSV)
Entschädigung
vom Bund• keine bei Faulbrut (Art. 272 TSV)• keine bei Sauerbrut (Art. 274 TSV)
vom Kanton• wird oft bei Faul- und Sauerbrut aus dem Tierseuchenfonds
etwas an die Völker bezahlt
bei Selbstverschulden• hat ein Imker Selbstverschulden (z.B. Futter aus befallenen
Ständen verfüttert oder Meldepflicht verletzt), so kann Entschädigung entfallen
(Art. 32 TSG)
Kosten
für Bieneninspektor• trägt der Kanton
für Laboruntersuchungen• trägt der Kanton
für Mitwirkung• trägt der Imker selbst
Schätzung des Schadens• gemäss Richtlinien, mind. 60 %, max. 90 % des
Schätzwertes werden entschädigt(Art. 36 TSG)
Forschung
der Bund• lässt die wissenschaftlichen Grundlagen für die
Bekämpfung der Bienenseuchen erforschen• bezeichnet die entsprechenden Referenz- und
Untersuchungslaboratorien
Zentrum für Bienenforschung• ist das vom Bund unterhaltene Forschungsinstitut
(Art. 36 TSG)
Strafen
harte Strafen sind möglich• bis zu Fr. 20,000 Busse, wenn vorsätzlich gegen
Bestimmungen und Erlasse, sowie Verfügungen der Bieneninspektoren (oder der Kantonstierärzte) verstossen wird
• zusätzlich bis zu 8 Monate Gefängnis in schweren Fällen
• Haft bis zu 2 Monate und/oder Busse bis Fr. 6,000 bei fahrlässigem Handeln
(Art. 47 TSG)
Weitere Informationen
Websites:www.alp.admin.ch/themen/00502/index.html?lang=de
www.bienen.ch
www.admin.ch/ch/d/sr/sr.html
Besten Dank für Ihre
Aufmerksamkeit