therapiekonzept bei endophthalmitis

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Spektcum ei Augeeil kunde 0 Springer-Verlag 1999 Printed in Austria Spektrum Augenheilkd (1999) 13/4: 155-159 Therapiekonzept bei Endophthalmitis J. Schmidt, G. Nietgen and P. Kroll Medizinisches Zentrum fur Augenheilkunde der Philipps-Universitat Marburg (Geschaftsfuhrender Direktor: Prof. Dr. P. Kroll) Zusammenfassung. Problemstellung: Die Endophthalmitis stellt nach wie vor eine gefurchtete Komplikation, insbeson- dere nach intraokularen Eingriffen, dar. In Anlehnung an die amerikanische Endophthalmitis-Studie aus dem Jahr 1995 soil ein modifiziertes Therapiekonzept mit unseren Ergeb- nissen vorgestellt werden. Patienten and Methode: Aus den Jahren 1995 bis 1997 untersuchten wir retrospektiv 33 Patienten (34 Augen), die wegen einer Endophthalmitis an unserer Klinik behandelt wurden. Vorausgegangen war bei 29 dieser Augen eine Katarakt-Operation; 5 Augen wiesen eine endogene Endophthalmitis auf. Trotz konservativer Therapie mit loka- len and systemischen Antibiotika- and Steroidgaben war bei progredientem Befund bei 23 Augen eine Pars plana-Vitrek- tomie mit Antibiotikaspulung erforderlich. Ergebnisse: Patienten mit Endophthalmitiden nach intra- okularen Eingriffen erzielten durch konservative Therapie eine Besserung mit einem Visus im Mittel von 0,68; durch Pars plana-Vitrektomie konnte eine Ausheilung mit einem funktionellen Ergebnis von im Mittel 0,30 erreicht werden. Bei 4 der 5 Augen mit endogener Endophthalmitis konnte trotz konservativer and chirurgischer Therapie die Erblin- dung nicht verhindert werden. Diskussion: Durch die gezielte kombinierte Therapie mit systemischen and lokalen Antibiotika and Steroiden sowie einer rechtzeitigen Pars plana-Vitrektomie mit Antibiotika- spulung ld6t sich der Verlust von Augen mit Endophthalmi- tiden verhindern and ein zufriedenstellendes, postoperati- ves, funktionelles Ergebnis erreichen. Im Gegensatz zu den Endophthalmitiden nach intraokularen Eingriffen haben endogene Endophthalmitiden insgesamt einen ungunstige- ren Verlauf. Die Prognose der Endophthalmitiden nach Katarakt-Operationen ist in unserem Krankengut wesentlich verbessert, da wir im Gegensatz zur amerikanischen Endophthalmitis-Studie keine abwartende Haltung einneh- men, sondern eine fruhzeitige Vitrektomie vornehmen, sobald eine Zunahme der intraokularen Entzundungen mit- tels Ultraschall zu beobachten ist oder der Fundusrotreflex nicht mehr zu erkennen ist. Schlrisselworter: Endophthalmitis, Antibiose, Pars plana- Vitrektomie. Therapy concept of endophthalmitis Summary. Background: Endophthalmitis remains a feared complication after intraocular procedures. In relation to the American Endophthalmitis Study and on the basis of our own experiences we present our concept and results of treat- ment as well as management of these patients. Patients and methods: We evaluated retrospectively 33 patients (34 eyes) which were diagnosed and treated for endophthalmitis between 1995 and 1997. 29 of these eyes underwent previous cataract surgery, 5 eyes presented with an endogenous infection. After initial combined conserva- tive therapy with local and systemic antibiotics and steroids we vitrectomized 25 eyes and performed an installation of intraocular antibiotics. Results: Patients with infections after previous intraocu- lar surgery had the best outcome in visual acuity after con- servative therapy with an average of 0.68. Eyes that under- went pars-plana vitrectomy had postoperative mean visual acuity of 0.30. In 4 out of 5 eyes with endogenous endophthalmitis blindness resulted. Discussion: Initial local and systemic application of combined antibiotics and steroids followed shortly by pars- plana vitrectomy with intraocular antibiotic installation results in good postoperative vision. However, endogenous forms of endophthalmitis do have a relatively poor progno- sis. Key words: Endophthalmitis, Antibiotics, Pars-plana-vit- rectomy. Hintergrund Die Endophthalmitis stellt noch immer eine schwerwiegen- de Komplikation nach bulbuseroffnenden Eingriffen, insbe- sondere nach der Katarakt-Chirurgie, aber auch nach Kera- titiden and perforierenden Verletzungen dar [9, 12, 19]. Die endogene Endophthalmitis im Zusammenhang mit Allge- meininfektionen ist zwar seltener, bedarf aber wie die exo- gene Form ein gleiches therapeutisches Vorgehen, um Erblindungen weitgehend abzuwenden. Die Therapie mit systemischen Antibiotika and Steroiden sowie die chirurgi- sche Intervention mit intravitrealer Applikation wird inter- national noch immer kontrovers diskutiert [3, 4, 6, 8, 20].

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Page 1: Therapiekonzept bei Endophthalmitis

Spektcumei

Augeeilkunde

0 Springer-Verlag 1999Printed in Austria

Spektrum Augenheilkd (1999) 13/4: 155-159

Therapiekonzept bei Endophthalmitis

J. Schmidt, G. Nietgen and P. Kroll

Medizinisches Zentrum fur Augenheilkunde der Philipps-Universitat Marburg(Geschaftsfuhrender Direktor: Prof. Dr. P. Kroll)

Zusammenfassung. Problemstellung: Die Endophthalmitisstellt nach wie vor eine gefurchtete Komplikation, insbeson-dere nach intraokularen Eingriffen, dar. In Anlehnung an dieamerikanische Endophthalmitis-Studie aus dem Jahr 1995soil ein modifiziertes Therapiekonzept mit unseren Ergeb-nissen vorgestellt werden.

Patienten and Methode: Aus den Jahren 1995 bis 1997untersuchten wir retrospektiv 33 Patienten (34 Augen), diewegen einer Endophthalmitis an unserer Klinik behandeltwurden. Vorausgegangen war bei 29 dieser Augen eineKatarakt-Operation; 5 Augen wiesen eine endogeneEndophthalmitis auf. Trotz konservativer Therapie mit loka-len and systemischen Antibiotika- and Steroidgaben war beiprogredientem Befund bei 23 Augen eine Pars plana-Vitrek-tomie mit Antibiotikaspulung erforderlich.

Ergebnisse: Patienten mit Endophthalmitiden nach intra-okularen Eingriffen erzielten durch konservative Therapieeine Besserung mit einem Visus im Mittel von 0,68; durchPars plana-Vitrektomie konnte eine Ausheilung mit einemfunktionellen Ergebnis von im Mittel 0,30 erreicht werden.Bei 4 der 5 Augen mit endogener Endophthalmitis konntetrotz konservativer and chirurgischer Therapie die Erblin-dung nicht verhindert werden.

Diskussion: Durch die gezielte kombinierte Therapie mitsystemischen and lokalen Antibiotika and Steroiden sowieeiner rechtzeitigen Pars plana-Vitrektomie mit Antibiotika-spulung ld6t sich der Verlust von Augen mit Endophthalmi-tiden verhindern and ein zufriedenstellendes, postoperati-ves, funktionelles Ergebnis erreichen. Im Gegensatz zu denEndophthalmitiden nach intraokularen Eingriffen habenendogene Endophthalmitiden insgesamt einen ungunstige-ren Verlauf. Die Prognose der Endophthalmitiden nachKatarakt-Operationen ist in unserem Krankengut wesentlichverbessert, da wir im Gegensatz zur amerikanischenEndophthalmitis-Studie keine abwartende Haltung einneh-men, sondern eine fruhzeitige Vitrektomie vornehmen,sobald eine Zunahme der intraokularen Entzundungen mit-tels Ultraschall zu beobachten ist oder der Fundusrotreflexnicht mehr zu erkennen ist.

Schlrisselworter: Endophthalmitis, Antibiose, Pars plana-Vitrektomie.

Therapy concept of endophthalmitisSummary. Background: Endophthalmitis remains a fearedcomplication after intraocular procedures. In relation to theAmerican Endophthalmitis Study and on the basis of ourown experiences we present our concept and results of treat-ment as well as management of these patients.

Patients and methods: We evaluated retrospectively 33patients (34 eyes) which were diagnosed and treated forendophthalmitis between 1995 and 1997. 29 of these eyesunderwent previous cataract surgery, 5 eyes presented withan endogenous infection. After initial combined conserva-tive therapy with local and systemic antibiotics and steroidswe vitrectomized 25 eyes and performed an installation ofintraocular antibiotics.

Results: Patients with infections after previous intraocu-lar surgery had the best outcome in visual acuity after con-servative therapy with an average of 0.68. Eyes that under-went pars-plana vitrectomy had postoperative mean visualacuity of 0.30. In 4 out of 5 eyes with endogenousendophthalmitis blindness resulted.

Discussion: Initial local and systemic application ofcombined antibiotics and steroids followed shortly by pars-plana vitrectomy with intraocular antibiotic installationresults in good postoperative vision. However, endogenousforms of endophthalmitis do have a relatively poor progno-sis.

Key words: Endophthalmitis, Antibiotics, Pars-plana-vit-rectomy.

HintergrundDie Endophthalmitis stellt noch immer eine schwerwiegen-de Komplikation nach bulbuseroffnenden Eingriffen, insbe-sondere nach der Katarakt-Chirurgie, aber auch nach Kera-titiden and perforierenden Verletzungen dar [9, 12, 19]. Dieendogene Endophthalmitis im Zusammenhang mit Allge-meininfektionen ist zwar seltener, bedarf aber wie die exo-gene Form ein gleiches therapeutisches Vorgehen, umErblindungen weitgehend abzuwenden. Die Therapie mitsystemischen Antibiotika and Steroiden sowie die chirurgi-sche Intervention mit intravitrealer Applikation wird inter-national noch immer kontrovers diskutiert [3, 4, 6, 8, 20].

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Abb. 1. a Vorderkammerpunktion zur Keimbestimmung, anschlief3end SpUlen and Entfernen and evtl. Stellen der Vorderkammer mit Visko-elasticum. b Entfernen des zentralen and peripheren Glaskorpers in sicherem Abstand zur Netzhaut. c Bei gutem Einblick Eroffnen and evtl.Entfernen der Fibrinmembran am hinteren Pol. d Vor VerschluB der letzten Sklerotomie intravitreale Gabe einer Antibiotika-Kombination

Aus diesem Grund soil in dieser Arbeit ein Therapie-schema vorgestellt werden, das sich unterschiedlich zu denEmpfehlungen der amerikanischen Endophthalmitis-Studieaus dem Jahr 1995 [6] verhalt.

PatientengutIn einer retrospektiven Studie untersuchten wir 34 Falle (33Patienten), die in den Jahren von 1995 bis 1997 in unsererKlinik wegen einer exogenen oder endogenen Endophthal-mitis behandelt wurden. Das Durchschnittsalter der Patien-ten lag bei 67 Jahren (23 bis 86 Jahren), davon waren 18Manner and 15 Frauen betroffen. Bei 29 Augen (85%) lageine akute exogene Endophthalmitis vor. Bei 26 Augen (25Patienten) war zuvor eine Katarakt-Operation in ECCE bzw.Phako-Tunnel-Technik mit Implantation einer Hinterkam-merlinse durchgefuhrt worden. Bei einem Patienten trat eineWoche nach Pars plana-Vitrektomie, die wegen einer persi-stierenden Glaskorperblutung nach Zentralvenenverschlussdurchgefuhrt wurde, eine postoperative Endophthalmitis auf.Bei einem weiteren Patienten war 3 Tage vor Entstehung derEndophthalmitis eine YAG-Laserkapsulotomie [5, 7] einesNachstars ausgefuhrt worden. Bei einem Patienten lag eineperforierende Verletzung mit intraokularem Fremdkorpervor.

Von den 5 Fallen mit endogenen Endophthalmitiden fandsich in 4 Fallen eine metastatische Streuung (3 mykotisch,1 bakteriell) [1]. Bei einem Fall war die Ursache der endoge-nen Endophthalmitis nicht zu klaren.

Bei den Patienten mit mykotischen Endophthalmitidenwaren intensiv-medizinische Behandlungen mit zentralenVenenkathetern bei schweren Allgemeinerkrankungen vor-

ausgegangen. Bei einem Patienten ohne eine septischeSymptomatik fand sich bei der Fokussuche ein parabron-chialer mykotischer Herd.

TherapiekonzeptBei dem Verdacht auf eine akute bakterielle Endophthalmi-tis erfolgt nach einem Bindehautabstrich die bakteriologi-sche Aufarbeitung and Erstellung eines Antibiogramms.Zunachst erfolgt dann eine konservative Therapie mit lokalerGabe von Mydriatika, einem Breitspektrum-Antibiotikumand Steroiden. UnterstUtzend erhalten alle Patienten syste-misch uber einen venosen Zugang ein Breitspektrum-Anti-biotikum sowie oral hochdosierte Steroide [I1]. In stundli-chen Kontrollen wird der Verlauf der Endophthalmitis beob-achtet. Kommt es trotz intensiver konservativer Therapie1. zu einer Zunahme des Hypopyons, 2. noch wichtiger aberzu einem Erloschen des Fundusrotlichtreflexes oder 3. einerZunahme der Spikes im A-Bild als Zeichen zunehmenderentzundlicher Glaskorpertrubungen, so wird die Indikationzur Pars plana-Vitrektomie gestellt.

Beim operativen Vorgehen wird zuerst eine Vorderkam-merpunktion zur Keimbestimmung vorgenommen. Danachwird das Hypopyon ausgespult and eventuell fur einen bes-seren Einblick in den Glaskorperraum die Vorderkammervorubergehend mit Healon aufgefullt (Abb. 1a). Nachumschriebener Bindehauteroffnung werden 3 Sklerotomienan den typischen Stellen fur eine Pars plana-Vitrektomieangelegt. Bei sehr durchgetrubten Glaskorperverhaltnissenkann es dabei erforderlich werden, dass zunachst mit der 2-Port-Technik (Infusion in die Vorderkammer, Vitrektom inden Glaskorperraum) mit koaxialer Beleuchtung der zentrale

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Glaskorper ausgeraumt wird, um dann die Infusionskanuleunter besserer Sichtkontrolle einzufuhren. Anschliellendwird mit einem Weitwinkel-System der tiefer gelegene Glas-korperabschnitt herausgeschnitten. Dabei ist darauf zu ach-ten, dass keine groBeren Traktionen auf die mit der Netzhautverklebten Fibrinmassen ausgeubt werden, um Einrisse zuvermeiden (Abb. lb). Zur besseren Penetration des Antibio-tikums sowie zur Ausspulung des Linsenkapselsacks wirddie hintere Kapsel mit dem Saug-Schneide-Gerat zentraleroffnet. Haufig findet sich bei Patienten mit schwerstenEndophthalmitiden eine den hinteren Pol bedeckende Fibrin-membran.

Bei guten Sichtverhaltnissen sollte versucht werden, die-se Membran zu offnen, um die Entwicklung einer post-ophthalmitischen Makulopathie zu verhindern (Abb. 1c).Nach Sauberung der Sklerotomien werden diese mit resor-bierbarem Nahtmaterial verschlossen. Eine Antibiotika-Kombination von Vancomycin 1 mg and Amikacin 0,4 mg jein 0,1 ml NaCl-Losung wird abschlieBend injiziert (Abb.1 d).

Bei Verdacht auf eine mykotische Endophthalmitis wirdeine konservative systemische and lokale Therapie mitAntimykotika unter Zykloplegie eingeleitet. Eine lokale andsystemische Steroidgabe ist nicht erforderlich. Bei Progre-dienz des Krankheitsbildes erfolgt auch hier eine Pars plana-Vitrektomie in oben beschriebener Technik, meist ohneintravitreale Gabe eines Antimyotikums [13].

Ergebnisse

Bei 11 Augen war eine konservative Therapie ausreichend.Der Visus vor der Therapie lag im Mittel bei 0,2 (LS — 0,4, s.Abb. 2) and nach der Therapie anlasslich der letzten Kon-

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trolle bei 0,68 (LS neg. — 1,0). Ein Auge mit endogenerEndophthalmitis musste wegen massiver Skleromalazie mitSpontanperforation enukleiert werden.

Bei 23 Augen war wegen Fortschreitens der intraokula-ren Entzundung eine Pars plana-Vitrektomie unerlasslich.Praoperativ lag der Visus durchschnittlich bei 0,09 (LS —0,3) and stieg postoperativ auf durchschnittlich 0,3 (LS neg.— 0,8, s. Abb. 2) an. Auch in dieser Gruppe musste ein Augemit endogener Endophthalmitis enukleiert werden, das aufGrund ausgepragter zyklitischer Membranen phthitisch wur-de.

Die Kulturergebnisse des Vorderkammer- and Glaskor-perpunktates waren lediglich in 5 Fallen positiv. Dabei han-delte es sich in 2 Fallen um Staphylokokkus epidermidis, dieaus dem Bindehautabstrich bei den konservativ behandeltenPatienten isoliert werden konnten. Bei 3 Patienten, die durcheine Pars plana-Vitrektomie behandelt werden mussten,konnten einmal hamolysierende Streptokokken der GruppeG in Bindehaut- and Glaskorperabstrich, zweimal Staphylo-kokkus aureus, davon einmal gemeinsam mit koagulasenegativen Mikrokokken, aus dem Bindehautabstrich bzw.Glaskorperpunktat nachgewiesen werden.

Diskussion

In der Vergangenheit waren die Therapieergebnisse beiAugen mit Endophthalmitiden nicht zufriedenstellend.Angeregt durch die Veroffentlichung der multizentrischenEndophthalmitis Vitrectomy Study [6] im Jahr 1995 anddurch erweiterte Kenntnisse and Techniken der Pars plana-Vitrektomie, haben uns dazu veranlasst, unser bisherigesTherapiescherna zu uberdenken.

Wahrend die EVS bei Vorliegen einer Endophthalmitis

1.0

0.607

0.60.50.4

iZ 0.3NL 0.25

0.20.16

F— 0.125

0.1

0.07

V 0.06

0.04

Cl) 0.03

N0.02

0.01

0.005

N t7 V fD I^ •- t0 N N M V O f0 I^ fD O00O O O O O O O O N O O O O O O r

O O O O O O O OO O

Visus vor der Therapieo exogen: konservativ • exogen: chirurgisch

q endogen: konservativ 0 endogen: chirurgisch

Abb. 2. Visus vor and nach der Therapie

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eine sofortige Glaskorperpunktion and die intravitreale Anti-biotikagabe empfiehlt, ansonsten eine abwartende Haltungauch bei Progredienz des Krankheitsbildes einnimmt [6], soist unseres Erachtens einem anderen Therapieschema zuzu-raten. Auf Grund unserer Ergebnisse konnte aufgezeigt wer-den, dal3 bei nahezu einem Drittel der Falle eine intensivekonservative Therapie mit lokalen and systemischen Anti-biotika bzw. Antimykotika and Kortikosteroiden ausrei-chend war. Bei weiteren zwei Dritteln der Falle wurden beiZunahme der Entzundungszeichen eine Pars plana-Vitrekto-mie erforderlich. Das Fortschreiten der intraokularen Ent-ziindung war durch Zunahme des Hypopyons, das Fehlen desFundusrotreflexes and die Zunahme der Spikes im Ultra-schall veranlassten uns, den operativen Eingriff vorzuneh-men. Unsere Entscheidung zu einer fruhzeitigeren Pars pla-na-Vitrektomie, im Gegensatz zu der amerikanischen Studie,basiert daher auf folgenden Erkenntnissen: Die wenigenpositiven Kulturergebnisse aus dem Vorderkammer- andGlaskorperpunktat belegen die Tatsache, dass bereits kurznach Therapiebeginn mit Antibiotika, Antimykotika andSteroiden intraokular weitgehend sterile Verhaltnisse vor-herrschen, wenngleich sich auch der Erregernachweis even-tuell durch eine PCR (Polymerase Chain Reaction) forcierenlielIe [10]. Das weitere entzundliche intraokulare Geschehenwird daher durch die Abbauprodukte der zuvor abgelaufenenInfektion bestimmt. Diese Entzundungsreaktionen and dasFreisetzen von toxischen and lytischen Substanzen entfaltenin der weiteren Phase der Endophthalmitis ihre Wirkung,insbesondere auf die Netzhaut, die eine fruhzeitige Vitrekto-mie rechtfertigen [14]. Daher ist es wichtig, beim ersten Ver-dacht auf eine Endophthalmitis sofort hochdosiert mit loka-len and systemischen Steroiden die Entzundungsreaktion zuhemmen, wie dies von Kain [11] empfohlen wird.

Neben der lokalen antibiotischen Tropftherapie haltenwir bei diesem schweren Krankheitsbild auch weiterhin einesystemische Gabe von Antibiotika fur indiziert, insbesonde-re da durch Zusammenbruch der Blut-Retina-Schranke, wieBarza [2] im Tiermodell nachweisen konnte, hohe intravit-reale Antibiotikaspiegel erreicht werden konnen. Auch istdurch die fruhzeitige Vitrektomie [181 eine postendophthal-mitische Makulopathie mit Visusreduktion and die Entwick-lung zyklitischer Membranen mit anschliel3ender okularerHypotonie and Phthisis zu verhindern. Bei dem chirurgi-schen Eingriff ist unbedingt darauf zu achten, keinerlei Netz-hautdefekte hervorzurufen and auf eine Endotamponade mitLuft/Gas bzw. Silikonol zu verzichten. Eine Endotamponadeerhoht zusatzlich den Proliferationsreiz and fordert die Ver-klebung zyklitischer Membranen. Das Belassen von Fibrin-massen in der Peripherie bzw. am hinteren Pot hat sich alsvorteilhaft erwiesen, da deren Resorption im Rahmen derAbheilung erfolgt. Dies gilt auch fur die Kunstlinse, derenEntfernung nicht notwendig ist. Lediglich die Eroffnung derhinteren Linsenkapsel und Ausspulung des Kapselsackes zurbesseren Penetration von Antibiotika in den Kapselsack soll-te vorgenommen werden [16, 17]. Eine Linsenentfernungaus dem fibrinverklebten Wundbett wurde ein zusatzlichesunkontrolliertes Trauma darstellen and ist, wie unsereErgebnisse zeigen, nicht erforderlich. Der Grund, dass derVisus bei den ausschliefllich konservativ therapierten Patien-ten insgesamt besser ist als bei den Patienten, die durch denvitreoretinalen Eingriff therapiert werden mussten, ist darinzu sehen, dass sich in der operierten Gruppe die Patienten

mit insgesamt foudroyanterer Entzundungsreaktion befan-den.

Dass die Prognose der endogenen Endophthalmitis ins-gesamt schlecht ist and in unserem Krankengut 4 der 5Augen erblindeten, hat ihre Ursache in dem verzogertenTherapiebeginn. Es handelte sich in der Regel um Patientenmit schlechtem Allgemeinzustand, bei denen die opthalmo-logische Symptomatik zu spat erkannt wurde. Dies belegtauch einmal mehr die Forderung, dass Patienten mit Ver-dacht einer beginnenden Endophthalmitis unverzuglich einerstationaren Behandlung in einer Klinik mit der Moglichkeitder Pars plana-Vitrektomie zuzufuhren sind, da nur einrasches Handeln gute anatomische and funktionelle Ergeb-nisse sicherstellen kann.

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Korrespondenz: Dr. J. Schmidt, Medizinisches Zentrum fur Augen-heilkunde, Robert-Koch-StraBe 4, D-35033 Marburg.