theatrium ausgabe02 2015
DESCRIPTION
Zeitschrift der Freien Theaterszene Thüringen /// Leitthema "Theaterwelten"TRANSCRIPT
AUSGABE 02.2015
LEITTHEMA
THEATERWELTENINTERNATIONALE THEATERBEGEGNUNG * INTERNATIONALE THEATERKULTUREN
HERAUSGEBER
THÜRINGERTHEATERVERBAND
ZEITSCHRIFT
DER FREIEN THEATERSZENE THÜRINGEN
WEITERE THEMEN:INTERVIEW MIT MINISTER BENJAMIN HOFF /// DIE SCHOTTE ERFURT ///
PAPAGENO AWARD 2015 /// SCHWARZWEISSFIGURENTHEATER/// THEATER-SPIEL-LADEN RUDOLSTADT /// NATURTHEATER BAUERBACH
„Theatre affects the world.“ Theater
berührt die Welt. Theater kann die Welt
verzaubern. Manchmal kann das Thea-
ter die Welt auch ein wenig verändern.
Seit 1994 führt der Bund Deutscher
Amateurtheater mit seinen Thüringer
Partnern nationale und internationale
Theaterfestivals in Rudolstadt durch.
Die Stadt hat sich weit über die regio-
nalen Grenzen hinaus den Ruf einer
Festivalstadt erworben.
Im Zuge der Globalisierung scheint
die Welt zwar kleiner geworden zu sein,
aber häufig verengt sich unser Blick zu
sehr auf Europa und die kulturellen
Traditionen des Westens. Dies gilt auch
für das Theater! Deshalb wollen wir mit
„Theaterwelten“ sowohl in die ver-
traute, uns bekannte Welt, als auch in
fremde Welten eintauchen. „Theater-
welten“ soll als ständiges internationa-
les Festival in Rudolstadt verankert
und biennal durchgeführt werden. Ab
2017 werden parallel zu den stattfin-
denden Workshops Theatergruppen
aus allen sechs Weltregionen ihre In-
szenierungen vorstellen. Das Festival
soll stabile Brücken in die globale Ama-
teurtheaterlandschaft bauen. Ergän-
zend dazu werden konkrete Partner-
schaften zwischen Gruppen und Fach-
kräften implementiert und der kultur-
politische Dialog wird fortgeführt. In
diesem Jahr wird Afrika ein Schwer-
punkt der künstlerisch-ästhetischen
sowie der strukturellen Debatte sein,
und wir freuen uns sehr auf den Dialog
mit den Vertretern des Kontinents!
Unser Dank gilt allen Förderern, die
uns finanziell unterstützen, ganz be-
sonders dem Auswärtigen Amt, der
Beauftragten der Bundesregierung für
Kultur und Medien und dem Land
Thüringen. Mit ihrer großzügigen För-
derung ermöglichen Sie dieses Projekt.
Wir danken ebenso dem Thüringer
Theaterverband, der Stadt und dem
Theater Rudolstadt für ihre Gast-
freundschaft, dem Organisationsteam
und den freiwilligen Helferinnen und
Helfern.
Wir wünschen den Teilnehmern und
Gästen unvergessliche Workshops,
inspirierende Aufführungen, nachhal-
tige Begegnungen und viel Vergnügen
in Rudolstadt.
Norbert Radermacher
Präsident
Bund Deutscher Amateurtheater
Frank Grünert
Vorsitzender
Thüringer Theaterverband
02 24
Seit Jahresbeginn plante ich mei-
nen Besuch in Rudolstadt und die
Durchführung eines Theater-Work-
shops, der auf meiner Philosophie
„Theater der niedrigen Kosten“ basiert.
Letztere entwickelte ich im Laufe mei-
ner dreißigjährigen Theaterpraxis, wo-
bei ich mit geringem oder manchmal
gänzlich fehlendem finanziellen Budget
inszenierte.
Jedoch wurde Nepal im Mai von ei-
nem schweren Erdbeben getroffen, das
zahllose Menschenleben forderte und
Millionen zu Obdachlosen und Waisen
werden ließ. Das Sarwanam-Theater,
wo ich als Regisseur und Künstleri-
scher Leiter tätig bin, blieb glücklicher-
weise verschont, allerdings wurden ei-
nige unserer Künstler obdachlos.
Während die gesamte Nation Tag
und Nacht daran arbeitet, den Überle-
benden des Erdbebens zu helfen, ist es
gleichsam überwältigend zu sehen, wie
die ganze Welt sich zusammenschließt,
um uns in unserer schlimmsten Krise
zur Seite zu stehen.
Die Nachbeben dauern noch immer
an. Nepal, an sich von Land umrahmt,
wird - bedingt durch das Beben - von
Überflutungen und Erdrutschen heim-
gesucht. Daher hat unser Land auch
jetzt noch täglich mit Katastrophen zu
rechnen. Doch wir hoffen, dass sich die
Lage bald bessert. Und mit dieser
Hoffnung streben wir Nepalesen jeden
Tag danach, der größten Katastrophe
unseres Lebens mit vereinten Kräften
entgegen zu treten.
Ich bedaure es sehr, kein Teil des
Festivals sein zu können, aber ich bin
sicher, dass die nahe Zukunft derartige
Möglichkeiten bringen wird. Bis dahin
werde ich hart am Wiederaufbau
meines Landes arbeiten.
Ashesh Malla
... STATT EINES EDITORIALS.
Ashesh Malla[Leiter des Sarwanam-Theater
in Kathmandu / Nepal]Grußwort
STATT EINES EDITORIALS.
THEATERWELTEN.
MY THEATRE JOURNEY.
IM KURZPORTRAIT.
THEATERARBEIT IN BENIN.
IM KURZPORTRAIT.
IM INTERVIEW.
PAPAGENO AWARD 2015.
IM KURZPORTRAIT.
THEATRE IN AOTEAROA/NEW ZEALAND.
CREATIVE PROCEDURES.
IM KURZPORTRAIT.
IM BILD.
THEATRE AFFECTS THE WORLD
DIE WELT DES THEATERS ... GASTAUTOR NORBERT RADERMACHER
A THEATRE WORLD IN NEPALGASTAUTOR ASHESH MALLA
DIE SCHOTTE ERFURT
KUNST ALS TRANSPORTMITTEL ...GASTAUTOR CHRISTEL GBAGUIDI
NATURTHEATER BAUERBACH
MINISTER BENJAMIN-IMMANUEL HOFF
TOHUWABOHU MEININGEN
SCHWARZWEISSFIGURENTHEATER
GASTAUTORIN BRONWYN TWEDDLE
GASTAUTORINNEN SANDRA MONTEAGUDO & JORGELINA BALSA
THEATER-SPIEL-LADEN RUDOLSTADT
INSZENIERUNGSKALEIDOSKOP
THEATERWELTEN
AUSGABE 02.2015
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IMPRESSUM
HERAUSGEBER:
REDAKTION: Mathias BaierJuliane MeinholdFrank Grünert und Gastautoren
SATZ /LAYOUT:Florian Hohmann
TITELFOTO:Joachim Dette(Kohlhaas - Theaterhaus Jena)
AUFLAGE: 2000
GESCHÄFTSSTELLETHÜRINGER THEATERVERBAND
VORSITZENDER:Frank Grünert
GESCHÄFTSFÜHRER:Mathias Baier
FSJ KULTUR:Juliane Meinhold
ANSCHRIFT:Thüringer TheaterverbandStadthaus / Platz der OdF 107407 Rudolstadt
Telefon 03672/412072Telefax 03672/414958info@thueringer-theaterverband.dewww.thueringer-theaterverband.de
SPRECHZEITEN:Mo. bis Fr. von 9 bis 13 Uhr
FÖRDERUNGThüringer StaatskanzleiAbteilung Kultur und Kunst
THÜRINGERTHEATERVERBANDMitglied im Bund Deutscher AmateurtheaterMitglied im Bundesverband Freie TheaterMitglied im Kulturrat Thüringen
INHALT
DIE WELT DES THEATERS
IN RUDOLSTADT
Internationale Theaterfestivals in
Rudolstadt haben eine lange Tradition.
Bereits vor 20 Jahren wurde vom Bund
Deutscher Amateurtheater (BDAT) in
der Zusammenarbeit mit dem damali-
gen ThüringerAmateurTheaterverband
(TAT) in Rudolstadt ein erstes inter-
nationales Theatertreffen veranstaltet.
Vom 4. - 7. Mai 1995 trafen sich unter
der Heidecksburg Theaterensembles
aus Belgien, Frankreich, Polen, der Slo-
wakischen Republik, Bulgarien, der
Niederlande, Litauen und Deutschland
zu den Europäischen Amateurtheater-
tagen.
Sowohl die Akteure als auch die Zu-
schauer und Organisatoren waren sich
nach dieser ersten Veranstaltung einig,
mit Rudolstadt einen perfekten Stand-
ort für internationale Begegnungen
gefunden zu haben. Rudolstadt hat
eine große literatur-historische Ver-
gangenheit und ist ein bekannter
Festivalort für internationale Folk- und
Weltmusik. Der Stadtkern verfügt über
eine Vielzahl historischer Architektur-
denkmäler und schöner Plätze, die auf
kurzen Wegen miteinander verbunden
sind, vor allem aber über ein profes-
sionell ausgestattetes Theater, das dem
Amateurtheater offen gegenübersteht
und somit ideale Bedingungen für
(Amateur-)Theaterensembles bietet.
Mit dem Festival 1995 wurde ein neuer
Standort für internationale Theatertage
begründet, der sich neben bereits be-
stehenden Festivals in Deutschland
und Europa rasch durchsetzen konnte.
Dabei waren künstlerische, politische
und gesellschaftliche Grenzüberschrei-
tungen immer wieder Bestandteil der
Festivalkonzeption. Dies zeigte sich
beispielsweise bei der Begegnung einer
israelischen mit einer iranischen
Theatergruppe 2010 in Rudolstadt auf
dem Höhepunkt der politischen Span-
nung zwischen beiden Staaten.
„Es hat mich sehr berührt, hier die
iranische Gruppe zu treffen und unab-
hängig von politischen oder religiösen
Unterschieden gemeinsam in Rudol-
stadt Theater zu spielen“, sagte Yoram
Loewenstein, der Gründer des Perfor-
ming Arts Studio in Tel Aviv / Israel bei
der Abschlussveranstaltung des Thea-
terfestivals „Junges Theater Europa“
auf der Bühne des Theaters. Damit
brachte der Schauspieldirektor auf den
Punkt, was diese Theaterbegegnung
auch nach Aussage des Festivalleiters
Frank Grünert kennzeichnete. Neben
der Vielfalt der Darstellungsformen, die
ein breites Spannungsfeld der inter-
nationalen Amateurtheaterszene wi-
derspiegelten, standen für ihn vor
allem der fachliche Austausch und der
interkulturelle Dialog im Vordergrund.
Die Gäste aus Israel und dem Iran be-
reicherten die Theaterbegegnung, die
zu einer künstlerisch und auch
menschlich spannenden „Europä-
ischen Grenzüberschreitung“ wurde
(vgl. Spiel&Bühne 4/2010, S. 27).
Stand 1995 noch die Förderung des
europäischen Gedankens im Mittel-
punkt, so entwickelten sich die inter-
nationalen Begegnungen stetig weiter
und die aktuelle Projektidee des BDAT
und des Thüringer Theaterverbandes
wird viel globaler formuliert: die ganze
Welt zu Gast in Rudolstadt! Theater-
experten aus allen Kontinenten geben
einen praktischen Einblick in die Er-
zählformen, Methoden und Spieltech-
niken ihrer Länder, Regionen und Kul-
turen. Diese konzeptionelle Ausrich-
tung ist allerdings nur möglich, weil der
BDAT aktiv in ein globales Netzwerk
von theatralen Strukturen und Thea-
terschaffenden eingebunden ist.
„Theaterwelten“ zaubert man nicht aus 04 24
von Norbert Radermacher
Norbert RadermacherPräsident des Bundes Deutscher Amateurtheater (BDAT)
Foto: BDAT
THEATERWELTEN
dem Hut, es ist das Ergebnis jahre-
langer Netzwerkarbeit und Recherche.
Als internationaler Theaterverband
setzt sich der BDAT intensiv für den
interkulturellen Fachaustausch ein
und öffnet mit Unterstützung des Aus-
wärtigen Amtes die Türen für Gast-
spielreisen und zahlreiche interna-
tionale Projekte. Dieses für unseren
Verband große und wichtige Arbeitsfeld
muss professionell bedient und konti-
nuierlich gepflegt werden. Es reicht von
bilateralen Austauschmaßnahmen mit
unseren Nachbarländern bis zur Teil-
nahme an Welttheaterfesten und
großen internationalen Kongressen.
Auch wenn die vielen Bühnen unseres
Landes ganz wesentlich in ihrer lokalen
Situation beheimatet und verankert
sind und die Bedeutung dieser ört-
lichen Bindung nicht hoch genug ein-
geschätzt werden kann, so muss sich
ein Bundesverband auch um die inter-
nationalen und weltumspannenden
Kontakte bemühen, ohne die ein fach-
lich qualifiziertes Begegnungspro-
gramm auf internationaler Ebene erst
gar nicht möglich wäre. Internationale
Festivals sind nicht nur herausragende
Events für einige wenige Tage, sondern
sie sind Impulsgeber und Ausgangs-
punkt vieler weiterreichender Maßnah-
men.
Wäre ich beispielsweise 1984 nicht
mit meiner Theatergruppe auf einem
kleinen internationalen Festival des
BDAT in Kehl am Rhein gewesen, hätte
ich wahrscheinlich auch nicht 1985
das Welttheaterfestival der AITA/IATA
(International Amateur Theatre Asso-
ciation) in Monaco besucht. Dann wür-
de es in der Folge voraussichtlich nicht
das Welt-Kindertheater-Fest 1990 in
Lingen geben, aus dem wiederum kon-
zeptionell das 1. Deutsche Kinder-
theaterfest 2004 in Rudolstadt hervor-
gegangen ist - mit einer internationalen
Beteiligung von Gruppen aus Burkina
Faso und Russland im Jahr 2012.
So schließt sich mit „Theaterwelten
2015“ in Rudolstadt gewissermaßen
ein Kreis, der aber immer offen sein
muss für neue Ideen, innovative thea-
trale Konzepte und vor allem offen für
Menschen aus anderen Nationen und
Kulturen.
„Theaterwelten“ in Rudolstadt
steht exemplarisch für neue Formate
im Amateurtheater, aber auch für eine
gastfreundliche und offene Gesell-
schaft, in der alle Menschen willkom-
men sind, gleich welcher Herkunft und
Religion.
ZUR PERSON
Norbert Radermacher, geb. am. 27.5.
1946, studierte Germanistik, Philoso-
phie, Kunstwissenschaft und Kunstpä-
dagogik. Zwischen 1980 - 2006 war er
Leiter des Theaterpädagogischen Zen-
trums der Emsländischen Landschaft.
Seit 2000 ist er Präsident des Bundes
Deutscher Amateurtheater e. V.. Seit
2008 ist er Initiator (und seit 2012
Präsident) der Kinderhilfsorganisation
„Arts by Children - Voices for a better
world“.
Letzte Publikation: „Theater mit allen,
Konzepte - Methoden - Praxisbeispiele“
Children of the HeartPerforming Arts Studio / Tel AvivFestival Junges Theater 2010 in RudolstadtFoto: Jörg Sobeck
05 24
„THEATERWELTEN“ ... STEHT EXEMPLARISCH FÜR NEUE FORMATE IM AMATEURTHEATER, ABER AUCH FÜR
EINE GASTFREUNDLICHE UND OFFENE GESELLSCHAFT, IN DER ALLE MENSCHEN WILLKOMMEN SIND, ...
Better known as the land of the
Himalayas and Buddha's birthplace,
Nepal, a small country located in the
Southeast Asian Region, is where I was
born, sixty-one years ago. Although
being sandwiched by two mammoth
economies like India and China, Nepal
possesses a rich and a diversified port-
folio of scenic and cultural resources.
My hometown, Dhankuta, a small
village situated in the eastern part of
the country, is in itself an abundant
place of folk and cultural heritage.
Having the opportunity to grow up in
such an artistically and culturally rich
place was a real blessing for me. My
entire childhood was spent amidst folk
traditions including cultural plays,
local music and folk dances. Apparent-
ly, out of these traditional activities, the
folk plays and theatre performances
that we used to take part in, lured me
the most. Hence, my earliest memory of
theatre and plays also happens to come
out of the folk plays that I used to take
part in, while I was in my village. As
time passed by, we, the young people in
the village, started to stage plays in our
school's small room. In complete
absence of electricity, our plays were
shown to people under the light emitted
by multiple kerosene lanterns. Sur-
rounded the scarcity of resources as
such, we still continued to perform
plays with whatever we had.
In the meantime, in the year 1973-
74, I wrote my first play "Tunyalo le
Dhaakeko Basti" (A village under the
fog), which was entirely based on my
village's story. I was one of the actors,
too. The play, staged in Dhankuta's
small hall, was in fact a trendsetter at
that time. Probably, it was the first play
in the village which introduced the
ticket system to the audience. After wit-
nessing the play's popularity in the vil-
lage, we realized that we should travel
to different places carrying the same
production. Thereon our team of fifty
artists and crew members started off on
a journey that led us to the capital city -
Kathmandu - on the fifteenth day. In
the big city came a big opportunity. We
were about to perform the same play in
Nepal's biggest hall, Nepal Academy.
Overcoming the intimidating feeling, we
staged our play for a month-long
period. The play was received so well
that audiences used to queue up hours
before the scheduled start. This was
indeed a great achievement for me.
However, I was at the crossroads again.
After completing our scheduled staging
of Tunyalo le Dhaakeko Basti I only had
two alternatives: either to stay in the
city to chase my dreams, or to return to
my village with my fellow artists. My
growing inclination towards theatre
made me choose the former one. Left
alone in the big city I had to prepare
myself for the daunting task ahead. The
passion and craving towards theatre
was there in me, but I had no one to
accompany me. Also my constrained
financial status couldn't allow me to
afford the required theatre elements
like lights, sound, stage setting, stage
etc. Such deprivation in terms of
resources drove me to wander a lot.
After a considerable amount of struggle
with myself regarding access to theatre
and its aspects, a thought crossed my
mind. I realized the fact that irrespec-
tive of my limitations towards reaching
an extravagant theatre, I had plentiful
resources and abilities in terms of
physical movements, gestures, acting
skills, voice, expressions and a knack of
story-telling. For me, these elements
gradually developed into the quintes-
sential factors for a theatrical venture. 06 24
A THEATRE WORLD
IN NEPAL
von Ashesh Malla
Ashesh MallaLeader of the Sarwanam Theatre Kathmandu
Foto: Kaushal Pandit
MY THEATRE JOURNEY
Soon after I internalized the new
finding, the lack of space no longer
bothered me. Abiding to the low-cost
format I went on to create theatrical
productions in almost any space and
time. Surprisingly, my constraint-
driven approaches and practices in
theatre were perceived uniquely by the
prevailing critiques and scholars,
hence, unintentionally, I was being a
part of a historic change in Nepali
theatre. The principles of such econo-
mical theatre were later established as
the foundation of street theatre.
Back then, public and governmen-
tal halls used to stage plays in a
monthly basis, whereas folk festivals,
traditional dances and other folk plays
were staged in the open ground around
the city. The local and folk art culture of
the city drew me further into it. But the
inadequacy of fellow team members
and spaces to perform made me clue-
less in order to move ahead. However, I
started to write and direct plays in my
college. The plays that I wrote mostly
reflected a political background. Since
there was no democracy or freedom in
the country, my writing innately reflec-
ted my views or dissatisfaction regar-
ding the prevailing political injustice.
But to stage such politically driven and
satirical plays in those times was
almost impossible. The Panchayati
(single party) Government had a strict
censorship process and a stern police
administration. Anyone expressing
dissatisfaction against the govern-
ment's tyranny was straightway held in
custody and accused further. The zero
state of autonomy made artists like us
struggle a lot for expressions. I re-
member one instance, when my play
„Murdabaad Maa. Uthekaa Haatharu“
was performed in my college's audi-
torium hall. Three days into its staging,
the play was abruptly stopped by the
prevailing police administration under
the Panchyayati government's order.
We were strictly warned by the govern-
ment officials to abstain from staging
plays like that in the future. Battling
these adversaries, we moved further
with our theatre journey.
In 1981-82, after producing nume-
rous theatrical ventures, we realized
the need of a formal institution to carry
the developing theatre culture further.
The realization led to the birth of
Sarwanam Theatre. Founding Sarwa-
nam was one of the biggest achieve-
ments of my life. Especially the explo-
rations and experiments we made
through the plays of Sarwanam were
significant, not only for us but for the
entire theatre scenario. Socially sensi-
tive issues like freedom, human rights,
corruption, bureaucratic failures, vio-
lence against women, social ill-practi-
ces, etc. were the major contents that
were portrayed through the works of
Sarwanam.
ABIDING TO THE LOW-COST FORMAT, I WENT ON TO CREATE
THEATRICAL PRODUCTIONS IN ALMOST ANY SPACE AND TIME.
07 24Foto: Kaushal Pandit
Welt - Theater - Geschichte
Eine Kulturgeschichte des Theatralen
Autor: Joachim Fiebach
Verlag: Theater der Zeit, 2015
ISBN: 978-3957490209
Postdramatik
Transformationen des epischen
Theaters bei Peter Handke, Heiner
Müller, Elfriede Jelinek und Rainald
Goetz
Autorin: Hanna Klessinger
Verlag: De Gruyter, 2015
ISBN: 978-3110370027
As the Founder of such an emerging
institution I always wondered how to
generate a creative play with minima-
listic expense in resources. Since we
were constrained in resources like
funds, equipments, stage setting and
stage, my only aim at that time was to
figure out a mean to channelize our
artistic creations through an economi-
cal way. Eventually it introduced a new
dimension in Nepali theatre: the con-
cept of „Frugal Theatre“. The essence of
frugal theatre lies on physical move-
ment, acting, language, gestures rather
than other extravagant amenities. After
that, we didn't wait for any space to
perform; in fact any space was a stage
for us. From open paddy fields, to
closed alleys, roads, rooms, we conti-
nued to perform our plays wherever we
wanted. From then till now I've always
believed in a statement that is: „A play
cannot be restricted by the boundaries
of the stage. Each theatrical presenta-
tion creates its own time and con-
sistent adaptation.“ Such approaches
made me discover another new format
of theatre in Nepal,which was street
theatre. With the motive to reach the
wide audiences and induce awareness
regarding the prevailing political tur-
moil, street theatre travelled to almost
all corners of the country. With a high
receptivity amongst audiences and a
socially relevant plot, street dramas re-
volutionized people's thought process
towards social ill-practices, bureau-
cratic wrong doings and political falla-
cies. To date, hundreds of other theatre
groups and institutions have continued
the practice of street theatre in order to
depict social issues.
After the reinstatement of democra-
cy in 1989, theatre culture started to
grow in Nepal. Several other theatre
groups were established which staged
cultural, ethnic and local theatrical
plays. In addition to this, right after the
dethronement of monarchy in Nepal,
we as theatre artists felt free.
In the year of 2012, without any
support from the government, NGOs or
any foreign donors, Sarwanam on its
own constructed its theatre building in
Kalikasthan, Kathmandu, the heart of
the capital city. Now, after establishing
Sarwanam's own infrastructure, my
aspirations have shifted towards the
development of art as a whole. This is
why we not only promote theatre but
literature, music, dances, paintings,
films etc. through Sarwanam. Mean-
while, after realizing the significant
need of fresh talents in this field,
Sarwanam has also been generating a
pool of theatre workforce through its
production oriented trainings and
workshops. Besides Sarwanam, other
theatre institutes like Mandala Thea-
tre, Shilpee, Theatre Mall and Theatre
Village are currently in active operation
to promote Nepali theatre in different
ways.
08 24
BUCHTIPPS
Meanwhile, in the Southeast Asian
region, our neighbouring countries like
India and Bangladesh also have an ex-
ponentially developing theatre scena-
rio. The influence of India's massive
film industry (also known as Bollywood)
has impacted all surrounding markets
in a great extent. However, under such
challenging atmosphere theatre has
been able to spread its magic by magne-
tically pulling audiences towards its
lively form of expressions, which
ultimately transmits a positive signal
for the theatre sector in the Southeast
Asian region, including Nepal.
Ashesh Malla, born in 1955, founded
Sarwanam theatre group in 1982. He
works as an Associate Professor in
Tribhuwan University, Nepal. In 2010,
he realised his dream of opening a
theatre centre in Nepal with Sarwanam
Dramatic Art Centre. The building that
includes a theatre hall, cafeteria, art
gallery, workshop hall and library is a
first of a kind in Nepal. In the same
centre he also runs an exclusive three
months production-oriented theatre
training.
He has shown his plays and given
theatre workshops in many countries
like USA, Canada, Bangladesh,
A PLAY CANNOT BE RESTRICTED BY THE BOUNDARIES OF THE STAGE.
EACH THEATRICAL PRESENTATION CREATES ITS OWN TIME AND CONSISTENT ADAPTATION.
Heiner Müller. Theater ist
kontrollierter Wahnsinn:
Ein Reader
Hrg. Detlev Schneider
Verlag: Alexander Verlag, 2015
ISBN: 978-3895813337
Weimarische Theaterbilder aus
Goethe's Zeit
Autor: Wilhelm Gotthardi
Verlag: Vero Verlag, 2014
ISBN: 978-3737205467
Foto: Kaushal Pandit
Foto: Kaushal Pandit
bindungen zu anderen Theatern. Jeder
ist mit Herzblut bei der Sache, ringt um
jeden noch so kleinen Augenblick in der
künstlerischen wie theaterpädagogi-
schen Arbeit.
Welches war euer letzter Höhepunkt
und kollektiver Glücksmoment?
Freitag, 26. April, 22:30 Uhr - Jubel
und Hochstimmung nach der ge-
lungenen Premiere von HAMLET!
Welches war euer letzter Tiefpunkt oder
eure kollektive Katastrophe?
November 2010 - als die finanzielle
Förderung der Schotte und damit die
Zukunft des Vereins grundsätzlich in
Frage stand.
Worauf könntet ihr niemals verzichten?
Auf die vielen jungen Menschen, die mit
wachen Augen zu uns kommen und
fragen: „Kann man bei euch mit-
machen?“
Was dürfen wir in diesem Jahr noch von
euch erwarten?
- die Neu-Inszenierung: REISE UM
DIE WELT IN 80 TAGEN
- ein Mitspieltheater für Schüler
- das traditionelle Sommer-Proben-
lager in Straußberg
- Straßentheater zum Krämer-
brückenfest
- Festivals (Thüringer Schultheater-
tage, TREFF JUNGES THEATER)
Beschreibt euer Theater / euren Verein
in einem Satz!
Die Schotte ist ein Ort, an dem junge
Leute ihre Neugier auf Theater auf kurz
oder lang immer stillen können.
Was bewegt und treibt euch dazu an,
Theater zu machen?
Die Lust am Spiel und Spielen, die
Freude am Finden von (schönen) Lö-
sungen und das herrliche Erlebnis
danach, wenn es geklappt hat.
Was ist die Zielsetzung eurer Arbeit?
Kinder und Jugendliche sollen bei uns:
- soviel als möglich selber machen
- Vertrauen bekommen, aber auch
Vertrauen mitbringen
- Verantwortung für sich und andere
übernehmen
- Unterschiede als Gewinn betrach-
ten und nicht als Störung
- Probleme als Chance begreifen -
denn es gibt immer eine Lösung
- Freiraum erfahren, aber auch
Grenzen in der Arbeit mit anderen
akzeptieren
Wieviel Regionalität und Identität steckt
in eurer Arbeit?
Sehr viel! Wir kommen alle aus Thü-
ringen, sind mit der Thüringer Theater-
landschaft groß geworden und haben
zum Teil langjährige Bindungen/Ver-
THEATER.STECKBRIEF
DIE SCHOTTE in Erfurt
Gründungsjahr: 1990 Ort: Schottenstraße 7, Erfurt
Größe der Spielstätte: Bühne mit 116 PlätzenFoyer mit 60 Plätze
Mitarbeiter: 11Mitglieder: 290 www.dieschotte.de
Euer letzter Satz?
Theater ist nicht der Mittelpunkt der
Welt - wenngleich ein sehr schöner.
Wo wollt ihr in
Zukunft stehen bzw.
was sind eure Plä-
ne und Ziele?
Wir möchten im-
mer noch auf einem
guten Platz in der
öffentlichen Kultur-
landschaft Thürin-
gens und der Stadt
Erfurt stehen. Wir
wollen immer noch
ein Haus mit brei-
tem Spektrum sein
(Improtheater, Mit-
spieltheater, Stra-
ßentheater), aber
auch offen für an-
dere Theaterforma-
te bleiben.
Foto: Lutz Edelhoff
Hamlet
Foto: Lutz Edelhoff
Gretchen 89 ff.
Foto: Lutz Edelhoff
Sturm und Zwang
Foto: Lutz Edelhoff
Als die Berliner Mauer 1989 fiel, trat
das westafrikanische Land Benin in die
Demokratie. Für die Mehrheit der
Deutschen erinnert der Name Benin an
die deutsche Hauptstadt Berlin. Selbst
wenn sprachwissenschaftliche Aspekte
zu Verwechslungen mit Berlin führen,
beschreiben beide Begriffe, nicht nur
aufgrund der Geographie, sondern
auch der soziopolitischen und wirt-
schaftlichen Realität, zwei unterschied-1liche Einzelwelten . Benin, das ehema-
lige Königreich Dahomey des 17. Jahr-
hunderts, mit ca. 10.320.000 Einwoh-2 -nern und 114.763 qm, ist ein souverä
ner Staat. Die Republik Benin liegt -zwischen dem Äquator und dem nörd
lichen Wendekreis und ist von den
Nachbarländern Nigeria, Togo, Niger,
Burkina-Faso und vom Golf von
Guinea - Teil des Atlantischen Ozeans -
begrenzt. Als Teil der französisch- west-
afrikanischen Region - bis zu seiner 3 Unabhängigkeit im Jahre 1960 - ist
Porto Novo die offizielle Hauptstadt. Der
Regierungssitz befindet sich jedoch in
der größten Stadt des Landes, dem
Handels- und Wirtschaftszentrum
Cotonou. Die Bevölkerung setzt sich
aus ca. 60 verschiedenen Ethnien zu-
sammen, darunter die Gruppe der Ewe,
zu der u.a. die Volksstämme der
Yoruba, Mina, Bariba, Somba, Fon,
Mahi, Ditamari zählen. Die meisten
Volksgruppen sprechen ihre eigene
Sprache, die offizielle Amtssprache ist
jedoch Französisch. Benin steht auf
dem Human Development Index auf 4Platz 165 von 169 . Um seine Kunst-
und Kultur zu betrachten und besser
zu beschreiben, sollte man die offiziell
anerkannte Religion mit ca. 60 Prozent
Gläubigen kennenlernen: „Voodoo“,
mit einem traditionellen Feiertag am
10.Januar. Daneben existieren das
Christentum (Katholiken, Protestanten
und andere Christen) und der Islam.
Viele Beniner geben den traditionellen
Glauben nicht auf, auch wenn sie sich
offiziell zu anderen Religionen be-
kennen.
Die Theaterarbeit in Afrika auf der
professionellen und der Amateur-Ebe-
ne ist mit der Vielfalt der Kulturen des
Kontinents verbunden. Dieses Essay
beschränkt sich auf die Realität und die
Projekte der Arts Vagabonds Rézo Afrik
Bénin zwischen Benin und Deutsch-
land, Afrika und Europa. In der Tat
definiert Benin, wie Deutschland, die
Rahmenbedingungen der Kulturarbeit
durch seine Kulturpolitik mit verschie-
denen Gesetzen wie z.B. der „Charte
Culturelle du Bénin loi n 91-006 du 25 5février 1991“ . Wichtig ist hier die An-
merkung, dass die beninische Kultur-
politik immer noch von unterschied-
lichen Einflüssen - von politischen und
wirtschaftlichen Maßnahmen - die u.a.
von der Regierung und den westlichen
Institutionen wie IWF, EU, Weltbank,
dem Atlantik Abkommen ausgehen, ab-
hängig ist. Früher gab es Kunst und
Theaterformen aller Arten, wie z.B.
Märchen, das Volkstheater, Masken-
und Ritualtheater. Kunst war und ist
eine Alltagssache. Die meisten Kunst-
szenen schöpfen ihre Inspiration aus
„Voodoo“ und machen den schöpferi-
schen Prozess sowie die Verbindung
zwischen Körper-Sprachen-Geist-
Tanz-Kult und Ritual deutlich. Seit
dem Kolonialismus arbeiten viele Thea-
termacher mit verschiedenen Schau-
spielmethoden und Dramatexten von
afrikanischen und europäischen Auto-
ren wie Sony Labou Tansi, Bertolt
Brecht, Florent Coua Zotti, Moliere,
Konstantin Stanislawski, Hermas
Gbaguidi, Jean Pliya, Falk Richter, Eric
Emmanuel Schmitt, Jerzy Grotowski, 10 24
von Christel Gbaguidi
Christel GbaguidiGründer der Arts Vagabonds Rézo Afrik Bénin
Foto: Ralf Neubauer
THEATERARBEIT IN BENIN
Kunst als Transportmittel der Wirklichkeit der soziopolitischen und gesellschaftlichen
Problematik in der Zeit der globalisierten Welt am Beispiel der Projekte von Arts Vagabonds
zwischen Deutschland und Benin, Afrika und Europa.
1 Vgl. http://www.ambassade-benin.de 5.5.20152 Vgl. http://hdr.undp.org/en/countries/profiles/BEN 5.5.20153 Vgl. http://www.ambassade-benin.de 5.5.2015
4 Vgl. http://hdr.undp.org/en/countries/profiles/BEN 5.5.20155 Vgl. http://portailculturebenin.com 5.5.2015
Leopold Seda Senghor und weiteren.
Die einzige Schauspielschule (Ecole In-
ternational de Théatre du Bénin EITB)
wurde von dem berühmten Regisseur
Benins Alougbine Dine gegründet. Es
gibt nur wenige Ausbildungsmöglich-
keiten und diese finden meistens durch
Inszenierungen oder Projekte zur kul-
turellen Bildung statt, wie sie Regis-
seure wie Ouseman Alédji (Artistik
Afrika Zentrum), Tola Koukoui (Theatre
Kaidara) und Alougbine Dine ermög-
lichen. Realisiert werden dann klas-
sische Theaterstücke mit den Techni-
ken des traditionellen Storytellings, wie
Gesang, Tanz und Rezitationskunst.
Durch die Betonung der Körperlichkeit
- wie durch den Einsatz des Körpers als
Musikinstrument demonstriert (s. LA
LIGNE von Alougbine Dine, 1997 oder
Kondo le Requin von Tola Koukoui,
2006) - und die Verknüpfung der ver-
schiedenen sinnlichen Ebenen, sind
die Aufführungen über die Grenzen
Benins hinaus zu verstehen.
Wie betrachtet man die soziopoliti-
schen und künstlerischen Projekte der
Arts Vagabonds Rézo Afrik Bénin? Und
wie ermöglichen sie den künstlerischen
Austausch zwischen Benin und
Deutschland?
2001 gründete Christel Gbaguidi die
soziokulturelle Organisation Arts Vaga-
bonds Rézo Afrik Bénin, deren Arbeit
sich auf entwicklungspolitische und
kulturelle Bildungziele sowie auf die
soziokulturelle und wirtschaftliche Per-
spektive der Menschen in der Zeit der
Globalisierung konzentriert. Seit 2007
existiert zwischen Deutschland und
Benin eine künstlerische Brücke durch
das Projekt „Migration und Ich“. Es
handelt sich dabei um einen inter-
kulturellen Süd-Nord-Dialog über Mi-
gration und die realen Lebensgeschich-
ten, Erfahrungen oder Anekdoten von
Jugendlichen, Migranten oder Flücht-
lingen, um Klischees und Vorurteile ab-
zubauen, die in beiden Ländern über
das jeweils andere existieren. Die Ziele
sind u.a. die Vermittlung der Künste als
Kommunikationsinstrument, um über
die Realität der Menschen in jedem
Land auf der Bühne oder in Bildern
sprechen zu können. Bisher wurden
die Projekte „Migration und Ich“ Tanz-
Theater Teil 1 (2007), „Migration und
ich im Spiegel der Malerei“ Teil 2 (2008)
und „Die Flüchtige Republik” (Doku-
mentarische Theater-Performance) mit
protestierenden Flüchtlingen am
Oranienplatz-Berlin Teil 3 (2012-2013)
realisiert.
In Benin wurden ebenso verschiede-
ne Projekte realisiert, wie z.B.:
„Rèvmand´Kartyè“ als Teil des Projek-
tes „Tribu Urbain #1“ (2010-2012), das
auf dem Austausch zwischen Cyclones
Production der Ile de la Réunion und
Arts Vagabonds Rézo Afrik Bénin ba-
sierte. Gegenstand des Projektes war
der interkulturelle Dialog zwischen der
Künstlergruppe von 45 Personen und
den Bewohnern aus den Fischer-
dörfern: „Togbin Daho“ und „Akpandji“.
Die Bilder aus den Projekten „Migration
und Ich“ 2 und 3 wurden in Form von
Wanderausstellungen (2008-2015) ei-
nem Publikum gezeigt. Das Projekt
„Théatre à l´Ecole / Theater in der
Schule“ gewährt jungen Beninern/ -
innen mit Hilfe professionell arbeiten-
der Künstler und Theaterleute einen
Zugang zur Welt des Theaters. Zum
einen sollen auf diesem Weg das
Theater bzw. die künstlerische Betäti-
gung und ihr zentraler Stellenwert für
eine Gesellschaft vermittelt werden,
zumal der Beruf des professionellen
Künstlers in Benin der breiten Masse
eher fremd ist und daher meist kein
hohes Ansehen genießt. So ist es auch
ein wichtiger Teil der Arbeit, sowohl die
Belegschaft der Schulen als auch die
Eltern und Verwandten der Schüler
von dem Gelingen und den positiven
Effekten des Projekts zu überzeugen.
Zum anderen sollen die Schüler sich, in
der Auseinandersetzung mit klassi-
schen und postdramatischen Theater-
stücken, spielerisch und kritisch mit
wichtigen gesellschaftlichen Fragen
des menschlichen Dasein beschäftigen.
Diese pädagogische Funktion soll
durch die Nachhaltigkeit des Projekts,
das auf mehrere Jahre angesetzt ist,
verstärkt werden. Ebenso essentiell
scheint die Aufgabe den jungen Ama-
teuren einen Raum zu verschaffen, in
dem sie sich und ihre Fähigkeiten aus-
probieren können und Anerkennung
für ihre Leistungen erhalten. Wesent-
lich hierbei ist, dass die Schüler, unab-
hängig von ihrer Herkunft und dem
sozialen Umfeld, alle an einem gemein-
schaftlichen Vorhaben arbeiten, des-
sen Gelingen den Gemeinschaftssinn
fördert.
11 24
Théatre à l´Ecole
Foto: Charles Placide Tossou
WESENTLICH HIERBEI IST, DASS DIE SCHÜLER, UNABHÄNGIG VON IHRER HERKUNFT UND DEM SOZIALEN UMFELD,
ALLE AN EINEM GEMEINSCHAFTLICHEN VORHABEN ARBEITEN, DESSEN GELINGEN DEN GEMEINSCHAFTSSINN FÖRDERT.
Die Gruppe der Künstler, Schau-
spieler, Theaterregisseure, Maler, Foto-
grafen, Autoren und Bühnenbilder
innerhalb der Arts Vagabonds Rézo
Afrik Bénin setzt sich je nach Projekt
immer neu zusammen. Auch die Zu-
sammenarbeit mit Laien bzw. Men-
schen aus der Bevölkerung fließt in die
Projektarbeit der Organisation und be-
zieht immer wieder andere Bevöl-
kerungsgruppen in die Arbeit ein, trotz
der steten Schwierigkeit bei der Suche
nach finanziellen Mitteln. Die sehr un-
terschiedlich künstlerisch und struk-
turell aufgebauten Projekte finden
nicht nur in Benin statt, sondern auch
in anderen Ländern, wie Frankreich,
Burkina Faso, Deutschland oder Togo.
Das Bild des vagabundierenden Künst-
lers verweist darauf, dass ein Künstler,
gleichgültig wo auf der Welt er ist und
wie viel er besitzt, immer auf andere
Künstler trifft, mit denen er ein kreati-6 ves Projekt ins Leben rufen kann. Bei
der Durchführung der Projekte ent-
steht eine neue Wahrnehmung von der
Theaterlandschaft der jeweils beteilig-
ten Länder. In Deutschland scheint es
immer noch schwierig zu sein, auf der
professionellen Ebene einen Schau-
spieler oder eine Schauspielerin mit
Migrationshintergrund und/oder vom
Kontinent Afrika auf der deutschen
Theaterbühne zu sehen. Darum ist die
deutsche Kulturpolitik gefragt. Im
Benin ist diese Problematik kaum an-
zutreffen. Dort ist es egal, woher der
oder die Schauspieler/-innen kommen,
die Bühne ist für alle Darsteller offen.
In Benin findet trotz der zahlreichen
nichtprofessionellen oder semiprofes-
sionellen Produktionen kaum eine
Debatte darüber statt. Und dass, ob-
wohl in Benin seit 1990 das größte
Theaterfestival Afrikas „Festival Inter-
national de Théatre du Bénin (FITHEB)“
durchgeführt wird. „FITHEB“ als Bien-
nale ist vergleichbar mit dem FESPACO
in Burkina Faso oder der Biennale
„Dak'Art“ im Senegal. Dort kommen
alle zwei Jahre unterschiedliche Thea-
terproduktionen nicht nur auf der pro-
fessionellen Ebene, sondern auch auf
der Amateurebene zusammen. FITHEB
verfolgt verschiedene Ziele, u.a das pro-
fessionelle Theater auf der „IN“ Ebene
zu zelebrieren, als auch auf der „OFF“
Ebene der Biennale neue Zuschauer zu
gewinnen Die 12. Edition der Biennale
war vom 6. bis 14. Dezember 2014. Im
Rahmen dessen initiierte ich u.a. eine
neue Theaterplattform: «Petit FITHEB
de Berlin #1».
Das ausgewählte Stück aus dem
FITHEB 2014: „MAIA - das schönste
Mädchen der Welt“ und die Ausstellung
mit ca. 40 Fotos über FITHEB sind als
Auftakt der geplanten Plattform für die
Förderung afrikanischen Theaters in
Deutschland „Petit FITHEB de Berlin“
geplant, die alle zwei Jahre die High-
lights von FITHEB in Deutschland
vorstellen möchte. Das Netzwerk Arts
Vagabonds unter Leitung von Christel
Gbaguidi wird in Kooperation mit dem
Bund Deutscher Amateurtheater
(BDAT) das Stück im Rahmen des
Festivals »Theaterwelten“ im Theater
Rudolstadt und danach in Berlin in
Kooperation mit der Beninischen
Botschaft, der Beninischen Gemeinde
FARBA und Africavenir International
e.V. im Rahmen der ersten Beninischen
Kulturwoche vorstellen.
Christel Gbaguidi stammt aus Benin
und lebt in Berlin. Er ist ausgebildeter
Schauspieler, Theaterpädagoge (M.A.),
Regisseur, Kulturpolitiker sowie
Kunst- und Kulturmanager. Er enga-
giert sich seit Jahren für die Anliegen
von Jugendlichen, „Flüchtlingen“ und
Migranten durch unterschiedliche Pro-
jekte mit entwicklungspolitischem An-
satz. Mittels der verschiedenen Künste
gibt er den Menschen eine Stimme und
ermöglicht den Austausch mit der
Bevölkerung sowohl von Benin als
auch von Deutschland, Afrika und
Europa. 2001 gründete er und seit
2006 leitet er zugleich die beninische
soziokulturelle Organisation Arts
Vagabonds Rezo Afrik Benin. Er ist
Regisseur, Referent im Bereich Kunst
und Kulturmanagement, Kulturpolitik
und Entwicklung. Er ist u.a. Mitglied
der Kulturpolitischen Gesellschaft
(KuPoGe) e.V. und von Africavenir
International e.V.
12 24
6 Sarah Kronwitter, Masterarbeit : „Postkoloniale Theaterarbeit und ihre soziopolitische Funktion am Beispiel der Projekte von Les Arts Vagabonds Rézo Afrik Bénin“ S. 61
Flüchtige Republik
Foto: Christel Gbaguidi
DAS BILD DES VAGABUNDIERENDEN KÜNSTLERS VERWEIST DARAUF, DASS EIN KÜNSTLER, GLEICHGÜLTIG WO AUF DER WELT ER IST
UND WIE VIEL ER BESITZT, IMMER AUF ANDERE KÜNSTLER TRIFFT, MIT DENEN ER EIN KREATIVES PROJEKT INS LEBEN RUFEN KANN.
Alltag zu verdrängen. Begeisterung der
Zuschauer und der Mitwirkenden steht
bei uns an erster Stelle.
Wie viel Regionalität und Identität steckt
in eurer Arbeit?
Wir fühlen uns als Ort und als Verein
Schiller verpflichtet, das macht uns
einzigartig. Unser Alleinstellungsmerk-
mal ist die Fortführung der Schiller-
schen Tradition, darauf sind wir stolz.
Welches war euer letzter Höhepunkt
und kollektiver Glücksmoment?
Die großartige Aufführung von
„Wilhelm Tell“ im Jahr 2009.
Welches war euer letzter Tiefpunkt oder
eure kollektive Katastrophe?
In den vergangenen Jahren machte uns
insbesondere das ständige Regenwetter
bei unseren Aufführungen zu schaffen.
Für ein Freilichttheater ist das nicht
nur für die Spielmoral, sondern auch
wirtschaftlich jedes Mal eine kollektive
Katastrophe.
Hinzu kommt sie Sorge um den gerin-
gen Nachwuchs in unseren Reihen.
Worauf könntet ihr niemals verzichten?
Auf ausreichend Zuschauer, finanzielle
Förderung der Vereinsarbeit und die
Zuverlässigkeit unserer Akteure.
Was dürfen wir in diesem Jahr noch von
euch erwarten?
Die Kinderinszenierung „Max und
Moritz“ mit insgesamt sechs Vorstel-
lungen sowie „Die drei Musketiere“ mit
einer Premiere am 20.06.2015/ 20.30
Uhr sowie sechs weiteren Vorstellun-
gen in diesem Sommer.
Wo wollt ihr in Zukunft stehen bzw. was
sind eure Pläne und Ziele?
Die Weiterführung unserer erfolg-
reichen Traditionsarbeit, angepasst an
die Erfordernisse der Zeit. In naher Zu-
kunft wünschen wir uns noch mehr
engagierte Mitspieler. Wir hoffen zu-
dem, dass sich die Möglichkeiten und
Bedingungen verbessern, damit das
Ehrenamt nicht zur Ehrenlast wird und
einfach wieder Spaß macht.
Euer letzter Satz?
Wir brauchen mehr Zuverlässigkeit bei
der Planung unserer Vorhaben und
gleichzeitig mehr Freiheiten im Ehren-
amt. Eine erfolgreiche Vereinsarbeit
kann nur gewährleistet werden, wenn
unsere Arbeit eine feste Größe darstellt
und finanziell abgesichert ist.
Beschreibt euer Theater / euren Verein
in einem Satz!
Wir spielen Laientheater und insze-
nieren pro Jahr nach Möglichkeit ein
Kinder- und ein Erwachsenenstück.
Was bewegt und treibt euch dazu an,
Theater zu machen?
Der junge Schiller schrieb in der länd-
lichen Abgeschiedenheit, in Bauer-
bach, das Drama „Louise Millerin“ -
jenes bekannte Werk, das später den
Titel „Kabale und Liebe“ erhielt. Schil-
ler, so weiß man, verarbeitete in diesem
Stück seine unglückliche Liebe zu
Charlotte von Wolzogen, der 17-jähri-
gen Tochter seiner Gönnerin. Auch die
ersten Kapitel von Don Carlos sind in
Bauerbach entstanden. Seit jeher
fühlen wir uns diesem berühmten
„Asylanten“ verpflichtet.
Was ist die Zielsetzung eurer Arbeit?
Wir wollen Theater spielen, das keine
Generationsgrenzen kennt, Theater bei
dem der Zuschauer ggf. mitspielen
kann und einbezogen wird. Dabei geht
es uns insbesondere darum, mit dem
Theaterspiel für eine kurze Zeit den
THEATER.STECKBRIEF
NATURTHEATER in Bauerbach
Gründungsjahr: 1959 Ort: Straße zur Naturbühne 1, 98631 Grabfeld / OT Bauerbach
Größe der Spielstätte: Naturbühne mit 200 m²und bis zu 500 Plätzen
Mitglieder: 100 www.naturtheater-bauerbach.de
Die drei Musketiere
Foto: Karla Banz
Max & Moritz
Foto: Karla Banz
Foto: Naturtheater Bauerbach
Sehr geehrter Herr Minister, Sie sind
seit Dezember des vergangenen Jahres
Minister für Kultur, Bundes- und Euro-
paangelegenheiten sowie Chef der
Thüringer Staatskanzlei. Gefallen Ihnen
der inhaltliche Zuschnitt ihres Amtes
und die damit verbundenen Handlungs-
felder oder haben Sie Änderungs-
wünsche?
Ich freue mich über das Vertrauen
des Ministerpräsidenten, der mich mit
dem Amt sowohl des Chefs der Staats-
kanzlei als auch den, jeweils für sich
genommen, bereits anspruchsvollen
Aufgaben des Ministers für Kultur,
Bundes- und Europaangelegenheiten
betraut hat. Gerade in Thüringen Kul-
turminister zu sein, ist angesichts der
kulturellen und künstlerischen Vielfalt
im Freistaat eine spannende Heraus-
forderung, die mir Freude macht.
Ihr Curriculum Vitae belegt ein
breites Spektrum an Erfahrungen. Das
Motto „No one size fits all“ beschreibt
eine Ihrer beruflichen Stationen. Ist die-
ses Motto auch auf ihr heutiges Amt
übertragbar? - „One size fits all“ ist
zudem der Titel eines Zappa Albums von
1975 - hat Frank Zappa Sie geprägt und
hegen Sie Sympathien für jene „Loser“ a
la Bobby Brown („his name is Bobby, he
looks like a potato“)?
Ich war einige Zeit als Consultant in
der Entwicklungszusammenarbeit tä-
tig. Dort hat sich die Auffassung „No
one size fits all“ durchgesetzt. Zu Recht,
wie ich finde. Es ist ein Ausdruck der
Geistlosigkeit neoliberaler Gleich-
macherei, gesellschaftliche Vielfalt
nach einem Muster - dem der Markt-
gängigkeit - ordnen zu wollen. Als poli-
tischer Linker habe ich selbstverständ-
lich ein Herz für die „Loser“. Als Kul-
turpolitiker geht es mir sowohl darum,
die Arbeitsbedingungen der Beschäftig-
ten im Kulturbetrieb zu verbessern und
denjenigen Raum zu geben, die Kunst
und Kultur für sich nicht als Arbeit,
sondern als Tätigkeit im Sinne von
Hanna Arendts „vita activa“ verstehen.
Vor welchen Herausforderungen
und Fragestellungen stehen Sie und der
Freistaat Thüringen mit Blick auf seine
Kulturlandschaft? Vor welche Aufgaben
stellen Sie dabei die Kulturschaffenden
des Landes?
Ich sehe im Wesentlichen drei große
Herausforderungen: Zuerst die Siche-
rung und Fortentwicklung der kultu-
rellen Vielfalt im ländlichen Raum. Als
Zweites die Stabilisierung der institu-
tionell geförderten Kultureinrichtun-
gen sowie drittens die Teilhabe an Kul-
tur und Kunst unabhängig von sozi-
alem Status und Herkunft. Hinzu kom-
men Veränderungen, die mittelfristig
auch Wirkungen auf die Kulturent-
wicklung Thüringens entfalten: In die-
sem Jahr werden wir vermutlich rund
9.000 Flüchtlinge neu in Thüringen
aufnehmen. Erstmals nach vielen Jah-
ren haben wir aufgrund der Migration
nach Thüringen bei den Unter-
30jährigen eine positive Wanderungs-
bilanz. Das heißt, es sind etwas mehr
junge Leute hier her gekommen als
abgewandert. Dadurch wird sich unse-
re Kultur- und Kunstlandschaft verän-
dern, zum Beispiel die in den Biblio-
theken nachgefragten Titel etc. Ich
würde mich freuen und erachte es als
selbstverständlich, dass die Kultur-
schaffenden, die Akteure der Kultur-
politik auf lokaler und Landesebene
diese Integrationsherausforderung
offensiv angehen, denn Thüringens
Kultur wird seit jeher von den Ein-
flüssen der Zuwanderung belebt.
Ein Interview mit
PROF. DR. BENJAMIN-IMMANUEL HOFF
Minister für Kultur, Bundes- und Europaangelegenheiten
sowie Chef der Thüringer Staatskanzlei
14 24
Inwieweit werden Sie den Status Quo
in der kulturellen Diversität und Vielfalt
in Thüringen bewahren bzw. wie viel
Dynamik, Veränderung und Entwick-
lung sind nötig respektive möglich?
Mit Blick auf die Stadtstaaten oder
westdeutschen Großstadtregionen
stellt sich die Frage nach der Diversität
im Kultursektor nicht, sondern ist eine
Selbstverständlichkeit. Auch wenn auf-
grund von Gentrifizierung, der Bebau-
ung ursprünglicher Freiräume wie dem
Tacheles in Berlin und durch finanziel-
le Engpässe die Rahmenbedingungen
für Vielfalt und Diversität nicht besser
werden. Mein Anspruch besteht darin,
die Dynamik der kulturellen Land-
schaft zu unterstützen. Damit befinde
ich mich natürlich in einem Wider-
spruch zum Anspruch von fast jedem
Zuwendungsempfänger im Kultur-
haushalt, institutionelle Förderung zu
erhalten. Denn Erprobungsmöglichkei-
ten wie z.B. ein Modellfonds im Sinne
des Hauptstadtkulturfonds, projekt-
gebundene Förderung etc., die Vielfalt
und Neues unterstützen, stehen im Wi-
derspruch zum ebenfalls berechtigten
Anspruch, Planungssicherheit zu
haben.
Welchen Kulturbegriff verwenden
Sie? Einen, der sich im Kern an den
künstlerischen Sparten und deren krea-
tiven Produkten und Prozessen orien-
tiert oder einen eher kultur-anthropolo-
gischen Kulturbegriff, der bis hin zu den
Subkulturen der Gesellschaft reicht?
Was bedeutet dies für Ihre Arbeit und
Ihre steuernde Wirkung in die Gesell-
schaft?
Wie bereits erwähnt, sehe ich meine
Aufgabe darin, der Vielfalt von kul-
turellen und künstlerischen Angeboten
und Einrichtungen, den Bedürfnissen
der Kulturschaffenden, ihrer Instituti-
onen und den Erfordernissen der
großen Zahl an Baudenkmälern,
Schlösser und Gärten, Museen, Biblio-
theken etc. Rechnung zu tragen. Mein
Kulturbegriff ist dafür sekundär. Ent-
scheidend sind die Erwartungen, die an
Kulturpolitik gerichtet werden. Da bin
ich sehr pragmatisch.
Thüringen hat sich in der vergange-
nen Legislatur ein Kulturelles Leitbild
und ein Kulturkonzept gegeben. Sind
diese noch aktuell oder bedürfen sie
einer Fortschreibung? Welches ist Ihr
persönliches kulturelles Ideal bzw.
Leitbild?
Das Kulturkonzept bildet die Grund-
lage der Kulturpolitik und auch der
Kulturförderung. Es muss deshalb
kontinuierlich fortgeschrieben und an-
gepasst werden. Das kulturelle Leitbild
muss in jedem Falle an die interkul-
turellen Herausforderungen einer Zu-
wanderungsgesellschaft Thüringen an-
gepasst werden. Dieser Teil fehlt bis-
lang im Leitbild vollkommen.
Kultur und Bildung bildeten in der
letzten Legislatur im Zuschnitt des Lan-
desministeriums eine Einheit. In dieser
Legislatur werden die Ressorts ge-
trennt. Welche Rolle messen Sie jedoch
der Verbindung und Wechselwirkung
von Kultur und Bildung bei und welchen
Stellenwert hat die kulturelle Bildung?
Auch in dem neuen Zusammen-
schnitt der Ressorts, bei dem Kultur
und Bildung voneinander getrennt
sind, wird die etablierte und gut funk-
tionierende Zusammenarbeit zwischen
den für kulturelle Bildung zuständigen
Akteuren der Schulabteilung im
Thüringer Ministeriums für Bildung,
Jugend und Sport (TMBJS) und der
Kulturabteilung in der Staatskanzlei
erhalten bleiben. Ministerin Klaubert
ist eine Kulturexpertin, ich habe einige
Jahre Bildungs- und Wissenschafts-
politik gemacht. Die Voraussetzungen
für ein gutes Interagieren sind also vor-
handen. Abgesehen davon, dass ver-
mutlich kein Kulturpolitiker auf die
Frage nach der Relevanz kultureller
Bildung mit "keine" antworten würde,
ist es mir ein Anliegen, die Möglich-
keiten kultureller Bildung zu verbes-
sern. Unter den Bedingungen knapper
Ressourcen erscheint es mir deshalb
wichtig, mit den handelnden Akteuren
zu eruieren, welche Schwerpunkte wir
in diesem Handlungsfeld setzen wollen.
Das Projektmanagerprogramm ist mir
ebenso wichtig wie die Fortführung der
Kulturagenten.
Wie stehen Sie zur Formulierung
eines gesellschaftlichen Auftrags an die
Kulturschaffenden und -einrichtungen,
als Orte und Akteure für kulturelle
Grundversorgung, Bildung und Partizi-
pation der Bürger im Verhältnis zur Frei-
heit der Künste und Künstler?
Wenn das Land Kultureinrichtungen
und -verbände institutionell fördert, tut
es dies auch mit dem Anspruch, auf
diesem Wege zur Umsetzung des Leit-
bildes Kulturland Thüringen beizu-
tragen bzw. gleichwertige Lebensver-
hältnisse in allen Landesteilen zu ge-
währleisten. Insoweit soll und darf das
Land bei dieser Förderung auch Ziele
formulieren, zu deren Umsetzung die
geförderten Einrichtungen und Ver-
bände beitragen sollen.
Im Kontext von Kultur spricht man
wohl zu oft, aber letztlich immer auch
von Förderungen und Finanzen. Wie be-
misst man den Wert oder Mehrwert der
Kultur und wie viel ist dem Freistaat
Thüringen die Kultur zukünftig wert?
Kultur zählt zu den Grundbedürfnis-
sen der Menschen. Investitionen in den
Kultursektor und die Unterstützung
der Kulturschaffenden ist in diesem
Sinne kulturelle Daseinsvorsorge, die
ich als öffentliche Aufgabe verstehe.
Kulturpolitik darf sich deshalb meines
Erachtens nicht allein aus ökonomi-
schem Blick auf Umweg-Rentabilität
oder ähnlichem legitimieren, auch
wenn größere Kultureinrichtungen
oder der Kulturtourismus regelmäßig
positive ökonomische Effekte erzeugen.
Meine Ablehnung von TTIP resultiert
aus diesem Verständnis von Kultur als
Daseinsvorsorge. Der Kulturhaushalt
ist unter der Ägide meines Vorgängers
Christoph Matschie spürbar gewach-
sen. Dafür gebührt ihm großer Dank.
Eine ähnliche Steigerung wird in den
nächsten Jahren nicht zu erwarten
sein. Im Gegenteil: Die Stabilisierung
des Haushaltes ist zunächst mein Ziel
unter den Bedingungen kleiner wer-
dender Haushaltsspielräume.
15 24
ES IST EIN AUSDRUCK DER GEISTLOSIGKEIT NEOLIBERALER GLEICHMACHEREI, GESELLSCHAFTLICHE
VIELFALT NACH EINEM MUSTER - DEM DER MARKTGÄNGIGKEIT - ORDNEN ZU WOLLEN.
Konnten Sie sich bereits mit der freien
Theaterszene in Thüringen vertraut
machen? Wenn ja, was erachten Sie für
bemerkenswert und welche Aufgaben
und welche Rolle sprechen Sie ihr zu?
Dank dem exzellenten "Report über
die Freie Theaterszene" und anlässlich
eines ersten Auftaktgespräches mit
Vertretern des Thüringer Theaterver-
bandes konnte ich mir zunächst einen
Überblick über die freie Theaterszene in
Thüringen verschaffen. Bemerkens-
wert ist, dass es in Thüringen nicht nur
eine dichte Theaterlandschaft, sondern
auch eine intensive Jugendtheaterar-
beit bei freien Trägern, eine ausgepräg-
te Amateurtheaterszene, Freilicht- und
Naturbühnen aber auch freie profes-
sionelle Gruppen und Einzelkünstler
gibt. Freies Theater reicht von der spar-
tenübergreifenden Performance bis zur
unterhaltenden Kleinkunst. Freie
Theaterarbeit und die Amateurtheater
übernehmen gerade im Bereich der
kulturellen Bildung eine besonders
wichtige Rolle in der kulturellen Land-
schaft Thüringens und bedürfen, als
wichtige Ergänzung und Bereicherung
der Angebote der institutionalisierten
Theater, auch künftig einer angemes-
senen Förderung durch die öffentliche
Hand. In Städten wie Mühlhausen oder
Gotha ersetzen sie zugleich das nicht
vorhandene städtische Theater. Die Ju-
gend- und Amateurtheatergruppen in
Thüringen sind eng in die kulturelle
Szene ihres Heimatortes eingebunden
und leisten dort einen herausragenden
Beitrag zum kulturellen Leben in ihrer
Stadt und in ihrer Region.
Sie haben die Schirmherrschaft für
das internationale Amateurtheaterfesti-
val „Theaterwelten“ übernommen, wel-
ches im Juni in Rudolstadt stattfinden
wird. Worin sehen Sie die Bedeutung für
eine solche, die Kontinente übergreifen-
de, Begegnung von Theatern und Men-
schen in Thüringen?
Bei dem Festival "Theaterwelten", für
das ich gern die Schirmherrschaft
übernommen habe, steht zunächst ein-
mal das breite Spektrum und das
Potenzial der internationalen Theater-
arbeit in zahlreichen Workshops und
zwei Fachtagungen im Fokus. Hierbei
werden Theaterexperten von sechs
Kontinenten erwartet. Jeder Teilneh-
mer bringt eine eigene kulturelle, so-
ziale und politische Sozialisierungs-
geschichte mit. Die unterschiedlichen
Herkunftsgeschichten prägen die spe-
zifische Weise, in der die Künstler Thea-
ter produzieren und rezipieren. Diese
Vielfalt wird im Rahmen des Pro-
gramms produktiv genutzt. Damit wird
sowohl für Spieler und Regisseure als
auch Theaterpädagogen und Spielleiter
die Möglichkeit der internationalen Be-
gegnung und des Austausches ge-
schaffen. Von diesem interkulturellen
Austausch soll jedoch nicht nur das
Fachpublikum profitieren. Darüber
hinaus erhoffe ich mir auch, dass die
Veranstalter mit den Gastspielen von
Theaterschaffenden aus Afrika und
Argentinien zahlreiche Besucher aus
Thüringen und ganz Deutschland an-
sprechen und mithin deren Interesse
an anderen Kulturen wecken. Das
Potenzial der Kontinente übergreifen-
den Begegnung bezieht sich also nicht
nur auf den Erfahrungsaustausch im
ästhetisch/ künstlerischen Bereich,
sondern auch auf sozial/integrative As-
pekte. Theater versteht sich traditionell
als sozialer Ort, an dem Gesellschaft
verhandelt wird. Das Theater ist als
Kunstform mithin in besonderer Weise
geeignet, Fragestellungen der Migra-
tion zum thematischen Schwerpunkt
der inhaltlichen Auseinandersetzung
zu machen. Eine derartige Veranstal-
tung, die Theatermacher aus unter-
schiedlichen kulturellen Zusammen-
hängen vereint, ist gerade im Hinblick
auf die Entwicklung einer Willkom-
menskultur in Thüringen von großer
Bedeutung. Auch wenn es sich mit ca.
300 geplanten Besuchern um ein ver-
hältnismäßig kleines Auftaktfestival "in
den Kinderschuhen" handelt, so bietet
sich für Thüringen hiermit eine enorme
Chance, die kulturelle Vielfalt stärker
im öffentlichen Bewusstsein zu ver-
ankern.
„Ein Winter. Ein Märchen. Ein Wun-
der. Frei nach Shakespeare“, die jüng-
ste Inszenierung des Meininger Kinder-
und Jugendtheaters TOHUWABOHU,
feierte mit ausverkauften Vorstellun-
gen und über 1100 Zuschauern nicht
nur regional große Erfolge, sondern
erfuhr auch auf internationaler Ebene
große Beachtung. Die Produktion
(Künstlerische und Gesamtleitung Elke
Büchner) wurde beim 5. Internationa-
len Jugendtheaterpreis „Papageno
Award“ in Salzburg mit dem „Großen
Preis der Jury“, dem Hauptpreis der
Verleihung, ausgezeichnet. Maßgeblich
für die Auszeichnung ist der Gesamt-
eindruck der Inszenierung. Für die
Entscheidungsfindung werden das
künstlerische Konzept, die Leistung der
Darsteller, die Regie- und Ensemblear-
beit sowie Ausstattung und Musik
bewertet. Dass bei Berücksichtigung
all dieser Faktoren die Wahl auf ihre
Produktion gefallen war, ist für die
Darstellerinnen und Darsteller von
TOHUWABOHU sowie für Elke
Büchner eine große Überraschung und
eine riesige Freude. Die insgesamt 20
Produktionsbeteiligten zwischen 15
und 23 Jahren haben über ein Jahr an
ihrer Wintermärchen-Adaption gear-
beitet. Die Auszeichnung mit dem
„Papageno Award“ erfüllt alle Mitwir-
kenden mit Stolz. Nicht zuletzt auch,
weil die jungen Mimen mit ihrer Arbeit
den Preis nach Thüringen holen konn-
ten und damit Botschafter für die
exzellente Jugendtheaterarbeit in
Thüringen sind. 16 24
Internationaler Theaterpreis für das Kinder-
und Jugendtheater TOHUWABOHU
Foto: Dietmar Hiergeist
PAPAGENO AWARD 2015
fach alles gestimmt hat - die Kommuni-
kation mit dem Publikum, das Timing,
die Dynamik, die Brüche...und ich
mich selbst überraschen konnte.
Dann, als ich einen meiner Workshops
gab - und mich dann in der Abschluß-
präsentation tierisch gefreut habe, was
die jugendlichen Teilnehmer da auf der
Bühne von sich gezeigt haben und zum
dritten, als ich in Hamburg mehr zu-
fällig, da eigentlich auf der Durchreise,
„John Gabriel Borkmann“ am Schau-
spielhaus gesesehen habe, eine tolle
Inszenierung mit tollen Schauspielern.
Außerhalb des Theaters: ganz oben -
meinen Sohn ein wenig begleiten zu
dürfen und mit ihm eine gemeinsame
Zeit zu verbringen.
Welches war der letzte Tiefpunkt oder
die letzte Katastrophe?
Auf das Theater bezogen... Der Tief-
punkt: Die Erkenntnis, daß ich mit
meinem Anspruch, auch in entlegenen
Regionen Theater zu machen, auch für
Kinder in Kindertagesstätten zu spie-
len, die aufgrund der geografischen
und strukturellen Situation von den
Kulturzentren weit entfernt sind, kein
weiteres halbes Jahr leben könnte und
daher erst einmal verschiedene Projek-
te verschieben mußte. Bis sich der
Gedanke, dass Theater sich auch zwi-
schen der Hochkultur und den Notruf-
programmen wie „Kultur macht stark“
verankern und entsprechend finanziert
werden muß, irgendwie etabliert hat.
Weil Theater ja durchaus ein Ort der ge-
sellschaftlichen und sozialen Begeg-
nung ist - oder sein kann. Ein Ort, an
dem verhandelt, diskutiert und erlebt
werden kann, wie wir jetzt und künftig
miteinander leben können und wollen.
Auch im Theater für Kinder und ohne
Dogma oder Zeigefinger.
Eine kleine Katastrophe für mich per-
sönlich - vor allem finanziell - war das
wenig kooperative Verhalten des Kul-
turamtes Eisenach (2012) anläßlich
der Vorbereitung und Durchführung
unserer Inszenierung „Ausgeleuchtet!“,
mit der wir dann später für den Thü-
ringer Theaterpreis nominiert wurden.
Manchmal, in solchen Momenten - das
nochmal zur Regionalität - kommt mir
Thüringen bei aller geografischen Weite
sehr eng vor. Das Tolle an dieser Ka-
tastrophe war: wir haben es trotzdem
gemacht! Obwohl wir bis ein paar Tage
vor der Premiere nicht wußten, ob und
wo wir spielen werden. (Tolles Team!
Ich danke nochmals! Ohne euch...nee.)
Worauf kannst du niemals verzichten?
Niemals? Puh. Auf meine Freunde,
meine Familie.
Was dürfen wir in diesem Jahr noch von
dir erwarten?
Ein Bürgerliches Trauerspiel. Nein,
also ich möchte gerne ein Stück für
Jugendliche produzieren, vielleicht,
wenn ich die nötigen Finanzmittel bei-
sammen bekomme. Wäre toll!
Wo bzw. wofür wird das schwarzweiss-
figurentheater in Zukunft stehen und
welche Ziele gibt es?
Da ich nicht so altershomogen produ-
zieren und denken möchte: für gutes
Kinder- und Jugendtheater auch für
Erwachsene! Trotz oder besser WEGEN
allem hier in Thüringen zu leben und
arbeiten.
Ein letzter Satz?
Ich hoffe, bis zu meinem letzten Satz
vergeht noch mindestens ein halbes
Jahrhundert. Das wäre angemessen.
Beschreib dein Theater in einem Satz!
Das schwarzweissfigurentheater ist ein
professionelles Figurentheater mit
einem Spielplan für Menschen jedes
Alters, interessiert an den Grenzüber-
schreitungen zwischen Schauspiel,
Figuren- und Objekttheater und an-
deren Darstellenden und Bildenden
Künsten.
Was bewegt und treibt dich dazu an,
Theater zu machen?
Immer noch die naive Hoffnung, mit
Theater im Allgemeinen und meiner
Arbeit im Speziellen ein klein wenig
zum gesellschaftlichen Diskurs beizu-
tragen und zum Hinterfragen gesell-
schaftlicher Umstände anzuregen. Ob
in meinen Kinderstücken oder Stücken
für Ältere. Schön, wenn ich dabei noch
Spaß habe und davon meinen Lebens-
unterhalt bestreiten kann.
Was ist die Zielsetzung deiner
Theaterarbeit?
Wie 2. Nur mehr.
Wie viel Regionalität und Identität steckt
in dieser Arbeit?
Ich spiele, da ich hier lebe, sehr viel im
ländlichen Raum Nordthüringens. Wo-
bei aber meine Stücke natürlich auch
überregional funktionieren, weil sie in-
haltlich ja nicht an eine Region oder
einen Ort gebunden sind.
Welches war der letzte Höhepunkt und
Glücksmoment?
Auf das Theater bezogen war das zum
einen, als ich am Tag einer Doppelvor-
stellung nach einer etwas, na, sagen
wir mal „unergetischsten“ ersten dann
doch eine ziemlich tolle zweite hatte. In
der dann, im Gegensatz zur ersten, ein-
THEATER.STECKBRIEF
SCHWARZWEISSFIGURENTHEATERGründungsjahr: 2012 Ort: Nordhausen
mobiles Theater
Einzelkünstlermit zahlreichenZusammenarbeiten www.schwarzweissfigurentheater.de
Fotos: Toni Burkhardt
Aotearoa/New Zealand is a very
young country. The original inhabi-
tants arrived only roughly 800 years
ago (during what was the Middle Ages
in Europe). Before the arrival of Euro-
peans, there wasn't theatre as we un-
derstand it in the traditional Maori cul-
ture. There were other performance
forms though: waiata (songs), haka
(war dances), karetao (puppetry),
patere (chant) and whaikõrero
(oratory). Some tribes even had a spe-
cially built “house of amusements”, te
whare tapere, solely dedicated to
entertainments. Performance was part
of daily life and ritual, not an artistic
form.
In contrast to many other colonised
countries (such as Australia), the indi-
genous people of New Zealand, the
Maori, signed a contract with their colo-
nisers: the Treaty of Waitangi in 1840.
The Maori signed the treaty under the
understanding that they had invited
the Europeans to share their land and
to work it and rule it together, due to a
false translation of key words in the
Maori-language version of the treaty,
which hid the intentions of the English.
When, due to settlement, the Pakeha
(non-Maori) became a large proportion
of the population, a systematic dispos-
session of the Maori, and the repression
of their language and culture, began.
This was almost successful: in debates
over the definition of Maori Theatre in
recent decades, it has never been a
criterion that the work must be in te reo
Maori (the Maori language). This is be-
cause for decades te reo was not spoken
in public in mixed-race company and
several generations of Maori did not
learn it as their first language.
Yet while many of the Maori theatre
artists in the early years did not speak
te reo, the Maori theatre movement was
an important part of the struggle to
regain official acceptance of the Maori
language and culture. The beginnings
of this rebirth, which became known as
the “Maori renaissance”, can be found
in the 1930s, when Princess Te Puea
Herangi established formal structures
to support kapa haka to avoid losing
Maori oral traditions. Kapa haka is a
cultural concert party which blends
songs and movement-forms in
performance. Kapa haka competitions
are once again a vital part of New
Zealand's cultural landscape.
In the 1950s and 1960s Maori
participation in theatre was minimal
and music was the more important
performance form for Maori. However,
in 1965, the New Zealand Opera
Company created a production of Porgy
und Bess with a Maori cast, which
aroused interest in theatre among
many Maori artists. Many important
theatre artists got their start in this
production, which led to the founding of
the short-lived, but highly influential,
Maori Theatre Trust.
It is important to note however, that
for all New Zealanders, access to pro-
fessional theatre was limited. Apart
from the occasional touring companies
from Australia, the US or Europe, until
the late 1960s theatre in New Zealand
was produced by amateur companies,
such as those organised by branches of
the British Drama League. Until the
founding of the Arts Advisory Council in
1960, there was no public subsidy for
theatre, and, despite the valiant efforts
of Richard and Edith Campion's New
Zealand Players, until the estab-
lishment of state funding, it proved
BY BRONWYN TWEDDLE
theatre director, dramaturg, performer
from New Zealand
18 24
THEATRE IN AOTEAROA/NEW ZEALAND
impossible to maintain a professional
theatre (due to the small size of the
ticket-buying population and the
expense of touring a country where the
population is widely spread). In 1964
the first permanent professional
theatre - Downstage in Wellington - was
founded. Further theatres were foun-
ded and in 1970 Nola Millar founded
what was to become Toi whakaari: New
Zealand Drama School. Before this,
actors went to England for training,
where many remained, which did not
help the indigenous theatre industry.
Prior to the establishment of public
funding, Millar herself repeatedly
returned to her day job at the Turnbull
library in Wellington, as there just
wasn't enough paid work for a
professional theatre director. Bruce
Mason's career, a significant early NZ
playwright, relied heavy on the support
of his wife Diana, a prominent doctor.
With the creation of arts organisations,
such as Playmarket, the national
playwrights' agency, in 1973, New
Zealand began to invest in developing a
New Zealand theatrical industry,
though many of these significant
organisations and theatres were foun-
ded as collectives, initially funded and
managed by the artists themselves.
In the 1970s, next to the general pro-
fessionalisation of the industry, theatre
was discovered by Maori as a forum for
political influence. As Maori artist
Roma Potiki explains, the majority of
Maori dramatists back then were
activists. In 1991 she wrote that Maori
theatre is “tino rangatiratanga in 1action” . This means that theatre
presented the struggle for Maori self-
determination in physical terms.
Theatre played a crucial part on the
Maori Protest movement, because it
enabled Maori to attack injustices and
find a political voice, in speaking to
mixed audiences. Theatre companies
controlled by Maori made Maori
processes and cultural values central.
Troupes performed outside, in marae
(formal meeting houses) and in schools
throughout the country, with agit-prop
plays which protested land-disposes-
sion, unequal legal and social treat-
ment and the threat to cultural identity
and language. Theatre worked along-
side political actions, such as the 1975
Land March, where thousands of Maori
und Pakeha walked the entire length of
the North Island together to Wellington,
the capital city and seat of government,
to protest the expropriation of Maori
land. This led to the establishment of
the Waitangi Tribunal, an investigative
body, which still today hears legal cases
requesting repatriation of Maori land
and/or compensation.
In the 1980s Maori played a powerful
role in the development of New Zealand
theatre. In Wellington in 1983 the De-
pot Theatre was founded with the aim of
promoting New Zealand works, and
Maori played a large part in that. In
1994 the Depot was renamed Taki Rua
a name of a traditional weaving pattern
which means “in twos” - which spoke to
the bicultural working methods of the
company. Taki Rua's Te Reo Maori
(Maori language) season from 1995
onwards and plays, such as Apirana
Taylor's Kohanga (1986), provided
theatrical support to the Kohanga Reo
and Kura Kaupapa movements -
which developed kindergartens and
primary schools around Maori
language and cultural principles.
By the end of the 1980s, Theatre Marae
was established: a theatre form in
which Maori rituals of meeting became
part of theatrical practice. In the 1990s,
Maori concerns were visible in the
mainstream, with Theatre Marae as a
highlight of the 1990 International
Festival of the Arts in Wellington and
the 1991 production of John
Broughton's Michael James Manaia a
play about a Maori Vietnam War
veteran in Wellington's Downstage
Theatre. Since then, there has been a
shift in the theatre industry and in the
broader society as many government
departments, educational institutions,
organisations and companies aim to be
more bicultural in their programmes
and working methods.
... THE MAORI THEATRE MOVEMENT WAS AN IMPORTANT PART OF THE STRUGGLE
TO REGAIN OFFICIAL ACCEPTANCE OF THE MAORI LANGUAGE AND CULTURE.
19 24
Skin TightFoto: Lucia Marneau
1 Potiki, Roma. “Introduction”. He Reo Hou: Five Plays by Maori
Playwrights. Ed. Simon Garrett. Wellington: Playmarket, 1991, s.10.
And this is where the practices that
Rangimoana and I will be sharing with
you at “Theaterwelten” come in. We aim
to work together as Maori and Pakeha
practitioners, to share our own cultural
perspectives and work towards greater
intercultural understanding. New
Zealand productions have often
jokingly been referred to as getting by
on the smell of an oily rag: the theatre of
only two actors and a chair. But this
'poor theatre' has led to great creativity
and collaboration, and that's what
matters most. A famous whakataukī
(proverb) states: “He aha te mea nui o te
ao? He tangata! He tangata! He
tangata!” [What is the most important
thing in the world? It is people! It is
people! It is people! ] which seems a
fitting guiding thought for this festival.
Bronwyn Tweddle is a theatre direc-
tor, dramaturg, performer and profes-
sional translator and a Senior Lecturer
in Victoria University of Wellington's
Theatre Programme. For several years
she was Victoria' s co-ordinator for the
Master of Theatre Arts in Directing,
which is co-taught by the university
and Toi Whakaari: New Zealand Drama
School. She was an Executive Board
member of Playmarket, New Zealand's
Playwrights' Agency and Script Deve-
lopment Service (2002 - 2012), and of
Dance Aotearoa New Zealand, a natio-
nal organisation which promotes the
development of NZ dance (2012).
Bronwyn's theatre company, Quartett
Theatre, focuses on cultural exchange:
bringing non-commercial European
plays to New Zealand and touring Kiwi
plays to Europe. They have performed
in the UK, Belgium, Germany, Romania
and Serbia. Bronwyn regularly teaches
and directs in European drama schools
and for arts organisations. Bronwyn's
research interests include: translation
and adaption; intercultural and multi-
lingual theatre work; theories of acting
and directing.
We usually start the creative work
without a previous idea. We are moti-
vated by a groupal decision and a
theatrical esthetic desire. Everything
else, is in principle, undefined.
Befor we begin to work we meet two
or three times and only talk a lot about
everything that occurs us, all that we
think about that moment concerning to
the new creation: themes we'd like talk
about, topic icons, images, possible
characters, what tone of play-acting
we'd like, spatial design and mise en
scene, textual stimulus, tales, films,
technological and mechanical resour-
ces, scenographic resources, textures,
coulors for the scene.
In the first time, everything is a whirl-
wind of ideas, fantasy and chances that
let us visualize some landscapes rather
blurred yet, but they guide us to start to
move the body.
It's the moment of the theatre ad-lib,
many times with some stimulus that
comes from what had been said at the
first meetings. And again we're open to
nonsenses that could happen. To sur-
prise us. Out of the improvisations we
can get little texts or scenes and with
that a possible tale. And then the story
will begin when we least expect it. The
play is going on and at the same time
raising new challenges to solve in the
scene.
Once more it is necessary to be open-
minded to ideas that could appear and
with them, maybe some modifications
in the plot.
CREATIVE PROCEDURES
ENJOY OUR BODY IN ACTION, ...
20 24
DEJA VUEine Performance aus Argentinien
13.06.2015 21:00 Uhr im Theater Rudolstadt
by Sandra Monteagudo &
Jorgelina Balsa
Theatre pedagogues and actresses
from Argentina
And finally, but from
the beginning, the most
important thing is to
enjoy. Enjoy our body in
action, the relation with
our classmates. What
I'm saying and in that
way telling you: enjoy
that exchange …
des Videoblogs „Drehmomente“ mit
jeweils elf spielerisch umrahmten Fol-
gen. Bei regionalen Events sind wir im-
mer präsent. Für Deutschlands äl-
testes Freilichtmuseum, die Thüringer
Bauernhäuser, entwickeln und adap-
tieren wir seit 2011 musikalische Som-
mertheater-Stücke. Wir unterstützen
Schulen der Region bei der Förderung
junger Talente.
Welches war euer letzter Höhepunkt
und kollektiver Glücksmoment?
Solche Momente erleben wir nicht nur
nach gelungenen Premieren, sondern
bei zahlreichen Vorstellungen und Auf-
tritten, die den Nerv des Publikums
treffen, bei denen wir uns gegenseitig
tragen und weiterbringen.
Welches war euer letzter Tiefpunkt oder
eure kollektive Katastrophe?
Theater ist Arbeit, auch wenn es für
uns in der Freizeit stattfindet. Es ent-
steht oftmals unter komplizierten Rah-
menbedingungen und in nervenauf-
reibenden Prozessen, ist also nicht frei
von kleineren Tiefpunkten. Am Ende
steht jedoch ein Produkt, das zählt. Von
all dieser Arbeit, von aufgetretenen
Konflikten und Problemen, ist dann in
der Vorstellung - im Genuss des Spiels -
nichts mehr zu spüren.
Worauf könntet ihr niemals verzichten?
Auf das Publikum und auf die un-
zähligen Stunden ehrenamtlicher Ar-
beit unseres generationsübergreifen-
den Ensembles. Zu schätzen wissen wir
das Engagement unserer Regisseure,
der Ausstatter, Partner, Förderer und
Sponsoren.
Was dürfen wir in diesem Jahr noch von
euch erwarten?
Am 18. Juli hat die Kriminalkomödie
„Der zweite Schuss“ Premiere, die den
Hof der Bauernhäuser bis zum 9. Au-
gust in einen Tatort verwandelt. Vom
20. August bis zum 1. September ist
täglich eine neue Folge der „Drehmo-
mente“ online. Über unser Repertoire
und den aktuellen Spielplan informie-
ren wir auf unserer Homepage.
Wo wollt ihr in Zukunft stehen bzw. was
sind eure Pläne und Ziele?
Wir sind gerade dabei, im „Ratskeller“
eine Proben- und Aufführungsstätte zu
schaffen und selbst zu gestalten. Viele
mühselige Stunden sind schon voll-
bracht und liegen noch vor uns, um
dann einen Treffpunkt, einen Bildungs-
magneten für kleine und große Thea-
terinteressierte und -infizierte zu ha-
ben, auch mit einem soziokulturellen
Anspruch und der Möglichkeit zur Ver-
netzung mit weiteren schönen Kün-
sten.
Ein letzter Satz?
„Der Mensch spielt nur, wo er in voller
Bedeutung des Wortes Mensch ist, und
er ist nur da ganz Mensch, wo er spielt.“
(Friedrich Schiller)
Beschreibt euer Theater / euren Verein
in einem Satz!
Wir sind eine kreative, flexible, sich
ständig erneuernde Gruppe von In-
teressierten und Begabten mit einem
Stamm von erfahrenen Leuten.
Was bewegt und treibt euch dazu an,
Theater zu machen?
Die Faszination am Theater. Wir wollen
unterhalten, bewegen, anregen, bilden
- uns und andere.
Was ist die Zielsetzung eurer Arbeit?
Gutes, streitbares Theater - und ehr-
liches. Da unser künstlerisches Po-
tential facettenreich ist, bereichern wir
unsere Angebote mit Filmprojekten,
Erlebnisführungen, Comedy, Pantomi-
me, Clownerie, Gesang, Rezitationen,
Lesungen, Moderationen, Walking
Acts, kompletten Programmgestal-
tungen und Kooperationen.
Wie viel Regionalität und Identität steckt
in eurer Arbeit?
Sie spiegelt sich vor allem in unserem
„Residenzgeflüster“ wider, in dem
Kunstfiguren wie Hofpage, Kammerzofe
oder Buckelapotheker szenisch durch
die Museen der Schillerstadt führen.
Zum Rudolstädter Vogelschießen pro-
duzieren wir die nunmehr achte Staffel
THEATER.STECKBRIEF
theater-spiel-laden Rudolstadt
Gründungsjahr: 1962 Ort: Platz der OdF 1, Rudolstadt
mobiles Theater(eigene Spielstätte im Aufbau)
Mitglieder: 30 www.theater-spiel-laden.de
Die drei Musketiere
Foto: Karla Banz
Max & Moritz
Foto: Karla Banz
Foto: Charlotte Ronas
Da leben Leute
Foto: Peter Scholz
Liebe, Lust und Tausend Tränen
Foto: Alexander Stemplewitz
BILDER.KALEIDOSKOP
Atmen (art der stadt Gotha)Foto: Bernd Seydel
Die Zoogeschichte (Theater Zink Jena)Foto: Gregor Hayn
Die Ritter von Loschwitz (Marionettentheater Dombrowsky)Foto: Evelyn Dombrowsky
Angstmän (Theater am Markt Eisenach)Foto: Sascha Willms
Familienbande (Joel Gemeinde Suhl)Foto: Matthias Stein
00Wendelin (Die Schwammastürer Judenbach)Foto: Andreas Ginzel
37 Ansichtkarten (TheaterLeiterTheater)Foto: Felix Grassel
Winter (stellwerk Weimar)Foto: stellwerk Weimar
Armer Ritter (3K Theaterwerkstatt Mühlhausen)Foto: Andreas Bank