sublichtmikroskopische untersuchungen der kristallinen grundbauelemente und der matrixbeziehung...

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Z. Morph. ()kol. Tiere 56, 21--38 (1966) SUBLICHTMIKRO SKOPISCHE UNTERSUCHUNGEN DEt~ KRISTALLINEN GI~UNDBAUELEMENTE UND DER MATRIXBEZIEHUNG ZWISCHEN WEICItKORPEI~ UND SKELETT AN CAR YOPHYLLIA LAMARCK 1801 JOHA~-A VAiL Institut fiir Medizinisehe Physik der Universit~t Miinster i. Westf. (I)irektor: Prof. Dr. G. P~EFF~KO~) Eingegangen am 19. Juni 1965 Inhaltsiibersicht s~i~e A. Einfiihrung und Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 B. Experimentelles . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 C. Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 I. 1VIikromorphologie der kristallinen Grundbauelemente des Ske]ettes.. 25 1. Kristallitanordnung und -grSBe . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 2. Fremdeinschliisse im Skelett . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 3. Fl~chenbegrenzung der Calciumcarbonat-Einkristalle ....... 28 IL Identifizierung des Skelettcarbonates ............... 29 1. Elektronen-, RSntgenstrahlenbeugung und Infraro~-Spektroskopie. 29 2. l%6ntgenfluoreszenz -Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 3. l%Sntgenemissions-Mi]ccoanalyse ................ 32 III. Matrixbeziehung zwischen dem Weichk6rper und Skelett der unter- suchten Kor~llen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 Summary . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 A. Einfiihrung und Problemstellung Unter dem Aspekt biokristallographiseher Bildungen interessierten bei der Kora]lengattung Caryophyllia LAMARCK 1801 die Ausbildung und Anordnung der sublichtmikroskopiseh kleinen kristallinen Grund- bauelemente und die Beziehung zwischen organischer Matrix und dem Hartk6rper. Die bisherigen lichtmikroskopischen Untersuchungen sollen mit ttilfe der Elektronenoptik in subliehtmikroskopischen Bereiehen erggnzt werden. Das Material fiir diese Untersuchungen stammt yon der Zoologischen Station in Neapel dureh Vermittlung yon Herrn Prof. v. SOHOUPP£ (Geologisches Institut der Universitgt Mfinster), das er mir im AnsehluB an seine eigenen, dort durehgeffihrten liehtmikroskopischen Untersuehungen dankenswerterweise fiberlassen hat, mit der Bitte, es in meine biokristallographische Fragestellung einzubeziehen. Aus der Lite- ratur seien kurz diejenigen Untersuchungsergebnisse fiber verschiedene Korallengattungen angeffihrt, die die eigene Fragestellung berfihren. Z. ~J[orph. 0kol. Tiere, Bd. 56 25

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Z. Morph. ()kol. Tiere 56, 21--38 (1966)

S U B L I C H T M I K R O S K O P I S C H E U N T E R S U C H U N G E N

DEt~ K R I S T A L L I N E N G I ~ U N D B A U E L E M E N T E U N D D E R

M A T R I X B E Z I E H U N G Z W I S C H E N W E I C I t K O R P E I ~

U N D S K E L E T T A N CAR Y O P H Y L L I A L A M A R C K 1801

JOHA~-A VAiL

Institut fiir Medizinisehe Physik der Universit~t Miinster i. Westf. (I)irektor: Prof. Dr. G. P~EFF~KO~)

Eingegangen am 19. Juni 1965

Inhaltsiibersicht s~i~e

A. Einfiihrung und Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 B. Experimentelles . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 C. Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25

I. 1VIikromorphologie der kristallinen Grundbauelemente des Ske]e t t es . . 25 1. Kristallitanordnung und -grSBe . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 2. Fremdeinschliisse im Skelett . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 3. Fl~chenbegrenzung der Calciumcarbonat-Einkristalle . . . . . . . 28

IL Identifizierung des Skelettcarbonates . . . . . . . . . . . . . . . 29 1. Elektronen-, RSntgenstrahlenbeugung und Infraro~-Spektroskopie. 29 2. l%6ntgenfluoreszenz -Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 3. l%Sntgenemissions-Mi]ccoanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . 32

III . Matrixbeziehung zwischen dem Weichk6rper und Skelett der unter- suchten Kor~llen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33

Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 Summary . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37

A. Einfiihrung und Problemstellung

Unte r dem Aspek t b iokr i s ta l lographiseher Bi ldungen in teress ier ten bei der Kora ] l enga t tung Caryophyllia LAMARCK 1801 die Ausb i ldung und Anordnung der sub l ich tmikroskopiseh kleinen kr i s ta l l inen Grund- baue lemente und die Beziehung zwischen organischer Mat r ix und dem Har tk6 rpe r . Die bisher igen l i ch tmikroskopischen Un te r suchungen sollen mi t t t i l fe der E l ek t ronenop t i k in sub l ieh tmikroskopischen Bereiehen erggnzt werden. Das Mater ia l fiir diese Un te r suchungen s t a m m t yon der Zoologischen S ta t ion in Neape l dureh Vermi t t l ung yon H e r r n Prof. v. SOHOUPP£ (Geologisches I n s t i t u t der Un ive r s i tg t Mfinster), das er mir im AnsehluB an seine eigenen, do r t durehgeff ihr ten l i eh tmikroskopischen Un te r suehungen dankenswer terweise fiberlassen hat , m i t der Bi t te , es in meine b iokr i s ta l lographische Frages te l lung einzubeziehen. Aus der Li te- r a t u r seien kurz die jenigen Untersuchungsergebnisse fiber verschiedene K o r a l l e n g a t t u n g e n angeffihrt , die die eigene Frages te l lung berfihren.

Z. ~J[orph. 0kol. Tiere, Bd. 56 25

22 JOHA~A VAa~L :

v. KocK (1882) und v. HEIDEI~ (1882) erw~hnen in ihren Arbeiten unter anderem die Frage der Skelettbildung beim Korallenpolypen. Naeh v. HEII)~R (1882) bildet sich das Skelett bei Cladocora EKRENBERG durch Vcrkalkung der Calieoblasten. v. K o c ~ (1882) dagegen sieht die Kalksubstanz der Asteroides calycularis als ein Ausscheidungsprodukt yon Ektoderm-Zellen an, ver t r i t t also die Meinung einer extrazellul~ren Kristallbildung. Die Ausbildungsform der einzelnen Kristalle wird als rhombisch angegeben. Auch FOWLER (1888) und BOURNE (1899) vet- neinen eine Verkalkung der Calicoblastenschieht. Beide Autoren weisen histologisch auf schmale Bereiche, sog. , ,desmocysts" (BouRNE, 1899), innerhalb der Calicoblastensehicht hin, die mit den yon v. HnlDER (1886) beschriebenen verkalkten Calicoblastenzellen identisch sein sollen. I m Gegensatz zu v. HEIDER stellen sic aber fest, dall es sich hierbei nicht um eine Calcification des Gewebes handelt, sondern um Bildungen, mittels deter sich dcr Weichk6rper m6glieherwcise am Skelett verankert. Ubereinstimmcnd mit v. KocK (1882) wird angenommen, dal3 die Calico- blasten eine ,,organic liquid mat r ix" ausscheiden (BouRN~, 1899), aus der kleinste CaCO~-Partikelchen, ,,fibro-crystals", auskristallisieren. OClLVIE (1897) vertr i t t die Auffassung yon v. HEIDER. Sie isolierte im Skelett schuppenfSrmige Bauelemente von 0,01 bis 0,015 m m Durch- messer, die aus Faserbfischeln bestehen und deutet diese als verkalkte Calicoblasten. Das Skelett baue sich aus diesen Schuppen lamellen- fiirmig auf. Auch KgEMYF (1907) n immt bei seinen Untersuchungen an Seriatopora LA~ARCK 1816, an, dal~ sich das Skelettearbonat aus Kalk- schuppen aufbaue, die aber nicht als verkalkte Calicoblasten anzusehen scien, sondern Gebilde darstellen, die sich nach vollst~ndiger Verkalkung aus den Calicoblasten ltisen. Damit wird eine intrazellul~re Verkalkung angenommen. HAYAsI (1937) erw/ihnt in seiner Arbeit fiber reef corals, dal~ bei der Skelettbildung Sekretionsprodukte yon Calicoblasten extra- zellul/tr ausgesehieden werden, an denen die Mineralisierung erfolgt und somit keine Calcificierung der Calicoblasten selbst stattf~nde.

BRYA~ u. HILL (1941) fiihren aus, daIl das Gesamtskelett der Hexa- korallen - - ein strahligkonzentrischer Sph~rolith - - in den lichtmikro- skopisch erkennbaren Baueinheiten aus Aragonitfaserbfischeln bestehe, wobei die Trabekeln Teilsphi~rolithen entspri~chen. Die zum WeichkSrper nahezu senkreeht orientierten Kristallite entstiinden in einer kolloidalen Matrix, die yore Ektoderm ausgeschieden wird. Die Bildung der Trabekel setze eine intensive Gelabsonderung voraus. GOREAV (1961) vermute t eine Skelettbildung an der Aul~enseite der Calicoblasten-Epidermis, wo- bei die ausgeschiedene organische Matrix (eine mukopolysaccharidartige Substanz) als Sehablone wirke. Ferner wird auf Grund seiner Unter- suchungen an Riffkorallen mit radioaktiven Isotopen die Bildung des

Sublichtmikr. Untersuchungen an Caryophyllia LAI~'IARCK 1801 23

Skelettearbonates durch Stoffweehselvorg~nge erklfirt und eine Speiehe- rung des Calciums im Gewebe nach bisherigen Ergebnissen nicht ange- n o I r t m e n .

In einer neueren Arbeit fiber das Korallenskelett ffihrt WaINWRIGhT (1964) bei Pocillopora damicornis fibereinstimmend mit BRYAx u. HILL (1941) die Skelettbildung auf Aragonit-Sph~rolithe zurfick. Liehtmikro- skopischc Studicn in Verbindung mit Mikroradiographie-, MikrorSntgen- feinstruktur-Untersuchungen und elek~ronenmikroskopisehcn Betrach- tungen des Oberfl/~ehenreliefs gcben untcr anderem wesentliche Aus- kfinfte fiber die Anordnung liehtmikroskopiseher Baucinheiten sowie auch subliehtmikroskopischer Grundbauelemente im Skelett. Sc~ouPP£ u. S~ACVL (1965) schlagen in einer zusammenfassenden Arbeit. fiber Morphogenese und Bau des Skeletts der Pterocorallia vor, generell zwi- schen Fein.stru/ctur im lichtmikroskopischen nnd Feinststru/ctur im sub- liehtmikroskopisehen Bereieh zu unterseheidcn, da die in der Literatur als Fasern bezeichne~cn CMciumcarbonat-Kristalle nach elektronen- mikroskopischen Untersuehungen aus zahlreichen orientiert angeord- ncten Kristalliten bestehcn (vgl. auch WAINW~mttT, 1964).

Da die eigenen Untersuchungen ausschliel31ich subliehtmikroskopi- sehe Bereiche erfassen, k6nnen Fragen des Gesamtskelett-Aufbaues nicht diskutiert werden.

Es sollen 1. der elektronenmikroskopiseh erkennbare Feinstbau der kristallinen

Grundbauelemente des Ske]ettearbonatcs wiedergegeben werden und 2. eine kristallehemische Identifizierung mit Hilfe der Elektronen-

sowie R6ntgenstrahlenbeugung und Infrarot- Spektroskopie durchgef/ihrt wcrden, um festzustellen, ob neben dem Aragonit noch eine andere Modifikation des CaCQ existiert.

Die Frage eines eventuellen isomorphen Ersatzes des Calciums dutch andere zweiwertige Kationcn wird mit Hilfe der R6ntgenfluoreszenz- Analyse diskutiert, w/thrend die Untcrsuchung mittels der RSntgen- emissions-MikroanMyse im Elektronenmikroskop einen Beitrag zur Frage der Speicherung des Calciums im Gewebe ]iefert.

3. Ultramikrotomsehnittuntersuchungen weitere Aussagen fiber eine Matrixbeziehung zwischen Weiehk6rper und Hartteil bei der Skelett- bildung erm6glichen.

B. Experimentelles Die Untersuchungei1 wurden an Korallen der Gattung CaryophyUia LAMARCK

1801 durchgefiihrt. Abb. 1 zeigt das kegelf6rmige AugenskeletG Polypar, eines grSl]eren Indivi-

duums yon etwa 10 mm HShe. Die 3Iorphologie beschreibt STAeUL (1962) auf Grund m~kroskopiseher Beobaehtungen.

24 JOttANNA VAHL :

Entsprechend der eingangs aufgeworfenen Fragestellungen wurden verschie- dene Pri~parations- und Untersuchungsmethoden angewandt.

U m a) die sublich~mikroskopischen Grundbauelemente des Skelettcarbonates, b) ihre kristallchemische Identifizierung und c) eine Matrixbeziehung zwischen Weichk6rper und Hart te i l des KorallenkOrpers aufzuzeigen, wurden zun~chst am Lei tz-Ultramikrotom mit einem Diamantmesser (Schneidenwinkel 55 °) Ultramikro- tomschni t te hergestellt.

Die Oberfl~chenrelief-Untersuchung der Septen und die Kris tal l t rachtbest im- mungen der kristall inen Grundbauelemente wurden mit Itilfe yon Oberfl~ichen- abdriicken (C~Pt-Mischschicht) durchgefiihrt. Die kristallchemische Identifizie- rung erfolgte mi~ Hilfe der Elektronen- und ROntgenstrahlenbeugung nach dem

Abb. 1. P01ypar yon Caryophyllia, mit tIaftflfiche; seitlicher MaBstab: 1 Teilstrich = 0,5 mm

Debye-Scherrer-Verfahren, wobei die ermit te l ten Ne tzebenenabs~nde (d(hkl)- Werte) mi t den entsprechenden Daten der ASTM-Kartei verglichen wurden. Das Ausmessen der Elektronenbeugungs-Diagramme auf den Negat ivpla t ten wurde mi~ einem Kompara tor mi t einer Ablesegenauigkeit yon 0,01 mm vorgenommen. Es wurde nach der yon VAIL, HO~LI~O u. FRANK (1964) angegebenen ~e thode gearbeitet.

Durch in/rarotspektroskopische Untersuchungen 1 sollte fiberprfif~ werden, ob neben dem elektronenoptisch und r6ntgenographisch ermitbelten Kristallgi%er eventuell noch eine andere CaCOa-Modifika~ion beim Skelettaufbau beteiligt ist.

t terausgebrochene Septen wie auch Teile des ~ul~eren Skelettes wurden pul- verisiert und ge t rennt mi t dem Ultrarotspektrographen der Firma Leitz im Wellen- li~ngenbereich yon 4000--760 cm -1 mi t eizlem NaC1-Prisma und yon 760~420 cm -1 mit einem KBr-Pr i sma untersucht .

Dutch die Anwendung der RSntgen/luoreszenz-Analyse 2 sollte die Anwesenheit yon zwei- oder hOherwertigen Elementen im Skelettcarbon~t nachgewiesen werden. Die Proben wurden fiir die rOntgenspektr~lanalytische Untersuchung pulverisiert. Es wurde mi t ehlem ROntgenfluoreszenzspek~rometer (Philips) in Verbindung mi t

1 Die Infrarot-Spektrogramme wurden freundlicherweise yon Frau Diplom- Chemikerin MiYLLn~-Buscm3AV~ (Mineralogisches Ins t i tu t MiinsSer) hergestellt.

2 Die Untersuchungen wurden dankenswerterweise yon Herrn Dipl.-Min. Dr. H. PI]~TZ~C]~R im Geologischen Landesam$ Nordrhein-Westfalen in Krefeld vor- genommen.

Sublichtmikr. Untersuchungen an Caryophyllia LA3IAI~CK 1801 25

dem Mikro-Niiller 111 der Anregung einer No-Anode, einenl LiF-KristM1, Szin- tillg~ionszS~hler und ProportionM-DurchfluBzghler gearbeitet.

Nit Hilfe der RSntgenemissions-Mi]croanalyse 3 im Elektronenmikroskop sollte der Frage naehgegangen werden, ob mit einer Speieherung des Ca.lciums im Gewebe zu rechnen sei oder nicht. Es konnten Objektbereiche der ~iul?eren Epidermis- sehieht bis herab zu 2 #m Durehmesser anMysiert werden. Entspreehend den ~pparativen Gegebenheiten dieses Zusatzgergtes zum Elmiskop I kann die K- Str~hlung der Elemente mi~ der Ordnungszahl 13 bis 40 naehgewiesen werden, _Ms Prgparattr~ger dienten Plutin-Siebenloehblenden, -Netze (ehemiseh rein) und Elektrolytkupfernetze, die mit Formvarfolie iiberspann~ und zur Stabi]isierung Ms ~ueh zur Erh6hung der Leitfghigkeit diinn mit Koh]e bedampft worden waren. Die Elektronenstrahlspannung betrug 40 KV und der Strshlstrom etwa 20 mA.

Um die Impuls-Spektrogr~mme iibersichtlicher wiederzugeben, wurde das yon LAU u. KRUG (1957) angegebene AquidensitenverfMn'en gngewendet.

C. Ergebnisse

I. Mi~romorphologie der ]~ristallinen Grundbauelemente des S]celette~

1. Kristallitanordnung und -grii]e. Es konnte zun~chst durch Ultra- mikrotomschnitte festgestellt werden, dab die CaCO3-Kristallite eine Orientierung innerhalb gr6•erer Bereiche aufweisen (Abb. 2 und 3). Die Grenzen verschieden orientierter, lichtmikroskopiseh Ms ,Faserkristalle" bezeichneter Bereiche brechen beim Schneiden besonders leicht auf (Abb. 3). Die Kristallite des benachbarten Grenzbereiches bleiben dann nicht mehr in ihrer ursprfinglichen Lage erhalten. Datum ist es not- wendig, neben der Ultramikrotomschnitt-Methode auch das Matrizen- abdruckverfahren heranzuziehen.

Die Oberfl~ehenabdriicke in Abb. 4a und b lassen ebenfalls eine Orientierung der CMciumcarbonat-Einkristalle innerhalb dieser Bereiche erkennen. Die elektronenmikroskopischen Befunde einer unterschied- lichen Ausrichtung der sog. ,,Faserbfischel" bzw. deren TeiIe (Abb. 5) der eingangs definierten Feinstruktur und die parMlele Kristallitanord- hung innerhMb dieser Bereiche (Abb. 4a und b) stimmen mit den Er- gebnissen yon WAI~WRmHT (1964) fiberein.

Bei den Gr6i3enangaben der Querschnitte der kristMlinen Grundbau- elemente von 0,15--0,3 ~m bezieht sich WAI~W~mgT (1964) auf Ober- fl~chenabdriicke. Eine weitere M6glichkeit einer genaueren Vermessung dieser KristMlite bietet sich durch Ultramikrotomschnitte an, wie auch letztgenannter Autor selbst erw~hnt. Naeh eigenen Ultramikrotom- schnitt-Untersuchungen betri~g~ der Durchmesser der Aragonit-Ein- kristalle 0,30--0,35 f~m.

Schnittbilder geben im allgemeinen keine exakten Kristallitformen wieder, da es sich hierbei meistens um sog. ,shatter", d.h. um ein

3 M~ngels einer eigenen Appar~tur wurde die Untersuchung freundlicherweise yon Herrn Dr. HELLGA~D im Nikroforschungslabor der Fa. Siemens in Karlsruhe durchgeffihrt.

26 JOttANNA VAHL:

periodisches Aufreil3en der Einkristalle, handelt. In einigen wenigen F/illen jedoch bleiben die Kristallite mit ihrer Flgchenbegrenzung beim Schneiden erhalten - - wie z.B. in Abb. 6 (Pfeil) - - und k6nnen dann zur Gr6Benbestimmung herangezogen werden.

Abb. 2 Abb. 3

Abb. 2. Ul t r amikro tom-Di innschn i t t des Skele t tcarbonates m i t ger ichteter Kr i s ta l l i t anordnung

Abb. 3. Ul t r amikro tom-Dt innschn i t t yore SkeletL Durch den Schneidevorgang Kristal l i t -Desorien- t ierung an der Grenze zweier verschieden orient ier ter kris taHiner Bereiche verursach t (1800 : 1)

Abb. 4a u. b. Oberfl i tchenabdruck der Septen, Kr is ta l l i tanordnung. a I n der Aufsicht ; b in LStngsrichtung

2. Fremdeinschliisse im Skelett. Es h~ndelt sich zuniichst um Ein- schlfisse sehr verschiedener Art, d.h. um rundliche organische sowie 1/ingliche, eventuell zellul/ire Gebilde, wie Abb. 7 und 8 zeigen. Die organischen Einschl/isse, wie sie in Abb. 9 zu erkenuen sind, werden

S u b l i c h t m i k r . U n t e r s u c h u n g e n a n Caryophyllia L A S I ~ C K 1801 27

Abb. 5 Abb. 6

Abb. 5. Oberfl~chenabdruck verschieden verlaufender sublichtmikroskopischer kristalliner Bereiche mit ihren Grundbauelementen und ]~ristalI-Einschlul3

Abb. 6. Ultramikrotom-Dfinnschnitt yore Skelettcarbonat und angrenzendem WeichkSrper. Bevorzug~e senkrechte Orientierung der ~Einkristalle zum Weichk6rper

Abb. 7 Abb. 8

Abb. 7. Ultramikrotom-Dfinnschnitt. Darch organische nicht mineralisierte Fremdeinschliisse stark aufgelockertes Kristaligeffige des Skelettcarbonates

Abb. 8. Ultramikrotom-Di]nnsehnitt mit l~nglichem Fremdeinsehlul3 in lliehtung der dieht angrenzenden Kristallite

Abb. 9. Ultramikrotom-Dtinnschnitt von einem Fremdeinschlug ; als Alge gedeute~

28 JO~A~A VAm~:

als Algen gedeutet. Zugleich wird an den beiden Abbildungen deutlich, dab kristMline Bereiche, die sieh dureh eine grSBere Anzahl derartiger Einsehliisse pro F1/~cheneinheit auszeichnen, eine sekund/~r bedingte Auf- loekemng und zugleich stgrkere Desorientierung der Kristallite erkennen lassen. Dureh Elektronenstrahlen-Feinbereichsbeugung konnte aul3erdem naehgewiesen werden, dM3 die organisehen Fremdeinsehliisse w/~hrend der Skelettbildung nieht minerMisiert worden sind, sondern nur yon kleinsten KristMliten ums/~umt werden. Diese Einsehliisse seheinen fiir die sieh bildenden Kristallite nieht riehtungsbestimmend zu sein. In

Abb. 10 Abb. 11

Abb. 10. 0berflgchenabdruck yore Skelettcarbonat mit eingebautem l~remdeinschluB (Mikroorgan), Pfeil

Abb. 11. 0berfliichenabdruck mit spitzpyramidalen Calciumcarbonat-Einkris~allen

Abb. 8 lagern sieh die KristMlite even~uell nur deshalb entlang der Augengrenzen des FremdkSrpers an, weil dieser zufgllig in giehtung der allgemeinen Kristallanordnung verlguft. Die welt zahlreieheren in versehiedenen Lagen befindliehen Fremdeinsehltisse der Abb. 7 erlauben dariiber ebenfalls keine eindeutigen Aussagen, da das dutch Fremdein- lagerungen sehr aufgeloekerte kristalline Geftige sieh sehleeht sehneiden lgl3t. Denn die einzelnen KristMlite kSnnen aueh dureh den Sehneide- vorgang sehr vim leiehter als ein diehtes Geffige eine Veritnderung ihrer ursprfingliehen Lage erfahren. In den Abbildungen der Kohlehiill- abdrfieke der Septenoberfl/~chen wurden versehiedenartige Mikroorga- nismen beobaehtet. Naeh stereoskopiseher Betraehtung der Stereobild- paare seheinen diese auf den Septen aufzuliegen. Andererseits erseheinen sie abet aueh Ms Fremdeinsehliisse im Skelettearbonat (Abb. 10, Pfeil). All diese Fremdeinsehltisse stellen aber hinsiehtlieh des Skelettauf- baues StSrzentren innerhalb des subliehtmikroskopiseh-kristMlinen Be- reiehes dar.

3. Fliichenbegrenzung der Calciumcarbonat-Einkristalle. Die Wachs- tumsform der CaCOa-KristMle ist vorwiegend eine rhombisch-prisma- tische. Die Kristiillchen sind nadelf6rmig, wobei die Kopfflitchen als meiBelartig oder spitzpyramidal anzusprechen sind. Abb. 4 (Pfeil) zeigt

Sublichtmikr. Untersuchungen an Caryophyllia LANCARCK 1801 29

z.B. im Schnit~bild ein solches Prisma in Kombination mit Pyramiden- flgehen. Sehr h£ufig k6nnen aueh steilere Bipyramidenfl/tchen vorliegen, wie es z.T. auf dem Kohlehiillenabdruek der Abb. 11 zu erkennen ist.

II . Identi]izierung des S]celettcarbonates

1. Elektronen-, RSntgenstrahlenl)eugung und Infrarot-Spektroskopie. In Tabelle 1 sind die Ergebnisse der Elektronenstrahlenbeugung (E1Bg) und der RSntgenstrahlenbeugung (RSBg) zusammengestellt und zur Identifizierung mit den Netzebenenabst/inden der drei Modifikationen

7 8 ~ 70 # /2 /3 Zzl / ~ 100 V-_ I I I , I ' ' . . . . . . . . . . . I : - . . . . . . . . . . . .l_ I

80i] ',,, .., I

.. j _ - - - v f - - ' x v /

1800 "1500 1~0 1300 1200 1100 1000 300 8007i107ll0 720 700 680 :#0 • #Vel lenzskl ( c m -~ )

Abb, 12. Infrarot-Spektren (Teilbereich 1600--660 ore-l), a Der Probensubstanz; b eines Aragonit als Vergleichssubstanz, Fun4ort: Bilin (B6hmen)

des CaCQ verglichen. Die Netzebencnabst/inde (d(hkl)) i n Spalte i wurden aus mehreren Elektronenbeugungsdiagrammen ermittelt. Innerhalb der Fehlergrenzen best/ttigen beide Untersuchungsmethoden (E1Bg und RSBg), dab als Ske]et~carbonat Aragonit in Frage kommt, wie es auch in der Literatur angegeben wird. Ferner kSnnte man allein auf Grund der Netzebenenabst/inde die Entstehung des CaCQ, Vaterit (hexagonal, Vorstufe des Aragonit) in Erw/igung ziehen, da eine Zuordnung unter Berficksichtigung der Fehlergrenzen mSglich w/~re.

Die Infrarotspektren der Probensubstanz (Abb. 12a) und der Ver- gleichssubstanz (Abb. 12b) zeigen das fiir die D~h6-Modifikation Aragonit charakteristische Dublett bei 699/713 cm-1; wie es auch von MEIER U. Mos~:~ (1961) bei Calciumcarbonat-Untersuchungen in Gallensteinen angegeben wird. Die gleichzeitige Anwesenheit des instabilen Vaterits (hexagonal) kann auf Grund der fehlenden Banden bei 745 und 876 cm -1 (LouISFERm U. POBEGUI~, ]952) ausgeschlossen werden. Die stabile D~d-Modifikation Calcit liegt auf Grand yon Vergleichsspektren und den yon MILLEa U. WILKINS (1952) angegebenen Banden bei 715, 877, 1430, 1785 und 2530 cm -1 ebenfal]s nicht vor.

DaB sich ein Aragonit bfldete, erkl/irt sich z.T. aus den Bildungs- bedingungen, wobei unter anderem der Temperaturfaktor einc wesentliche

30 JO~A~A VA~L:

Tabelle 1. Zusammenstellung der ermittelten Netzebenenabst~inde d(h~ ) des Kalk- schalengeriistes der untersuchten Korallen, bestimmt mittels Elektronenstrahlenbeugung (EIBg) und R6ntgenstrahlenbeugung (R6Bg) im Vergleich mit den aus der ASTM-

Kartei entnommenen Werten

:Korallenproben

:EI:Bg ~SBg

:l: Ad*

± 0,07

± 0,06

± 0,05

± 0,04

± 0,03

± 0,02

d(~l)

4,26

3,39 3,30

2,88 2,73 2,69 2,48 2,40

1,48

1,46

Ad** I

± 0,03

± 0,02

=[: 0,01

± 0,01

=[= 0,009

± 0,008

± 0,007

± 0,006

0,005 0,004

± 0,003

d(~k~)

3,40 3,28

1,56

1,50 1,48

1,43

Aragoni~ Vaterit CaCOa CaC08

Calcit CaCOa

d(hkl) d(hkl) d(hkl)

4,212

3,396 3,273

2,871 2,730 2,70 2,481 2,409 2,372 2,341 2,328

2,188 2,106

1,977

1,882 1,877 1,814 1,759 1,742 1,728 1,698

1,557 1,535

1,499 1,475

4,26

3,58

3,29

2,73

2,31

2,06

1,87 1,83

1,65

1,55

1,48

1,466

3,86

3,095 2,845

2,495

2,285

2,095

1,927 1,913

1,87

1,626 1,604 1,587

1,525 1,518 1,510

1,473

1,440

Sublichtmikr. Untersuchungen an Caryophyllia LAMAI~CK 1801

Tabelle 1 (Fortsetzung)

31

E1Bg

Korallenproben

± A d * d(hki)

1,41

1,35

1,26 1,24

1,21 1,19 1,17 1,15

1,13

1%0Bg

± Ad** I

0,002

d(hkl)

1,39

1,26 1,24

1,23 1,20 ],19 1,17 1,16

1,12

Aragonit CaC03

d(hkl)

1,411 1,404 1,365 1,358

1,261 1,240

1,224 1,205 1,189 1,171 1,159

Vaterit CaCO3

d(hkl)

1,37

1,32 1,29

1,15

1,11

Calcit CaCO~

d(hkl)

1,422

1,356 1,339

1,297 1,284 1,247 ],235

1,179 1,1538 1,142 1,124 1,06

* Fehlerangaben beziehen sich auf Schwankungen der Mel]d~ten infolge Linienverbreiterung oder Auswertung von Punktdiagrammen.

** Fehler~ngaben beziehen sich auf eine MeBgenauigkeit yon 0,1 ram. Die jeweils drei st~rksten Linien der l~5Bg-Diagramme wurden durch Schrfig-

satz gekennzeichnet.

Rolle spielt. Die ausschlieB]iche AragonJtabscheidung scheint aber nicht nur physikalisch-chemisch bedingt zu sein. LOWE~STA~ (1954) erkl~rt z.B. auch das sehr seltene Vorkommen der Skleraktinien in k~lteren Meeren damit, dab die Korallen auch bei diesen Temperaturen nicht imstande sind, Calcit an Stelle von Aragonit abzuscheiden. Es ist noch ungekl£rt, inwieweit sich bier spezifisch biologische Gegebenheiten und anorganische Bi]dungsfaktoren beeinflussen.

2. Riintgenfluoreszenz-Analyse. Die vorliegenden qualitativen Ergeb- nisse beziehen sich nur auf Elemente mit einer Ordnungszahl Z>20 . Die angegebene Reihenfolge entspricht etwa der Konzentrat ionsabnahme der nachgewiesenen K~tionen. Zwei verschiedene Proben erguben die gleichen Elemente. (Tabelle 2) Wenn man die GrS]~e der Ionenradien in Betracht zieht, so kSnnte man prinzipiell mit einer isomorphen Bei- mischung dieser Kationen im Aragonit rechnen. Um eine Vertretbarkeit der nachgewiesenen Kationen kristallchemisch n/iher diskutieren zu kSnnen, sind genaue Berechnungen auf Grund quanti tat iver Analysen- ~ngaben erforderlich.

32 JOHANNA VAIL:

Tabelle2. Ergebnisse der l~Sntgen/luoreszenz-Analyse des Skelettkarbonates von Korallen der Gattung Caryophyllia

Kationennachweis der Proben Ca ~+ Sr ~+ Fe ~+ l~n ~+ Pb ~-+ Ni 2+ K1 und K2

Ordnungszahl Z 20 38 26 25 82 28 Ionenradius * 0,99 1,13 0,75 0,80 1,21 0,69

• Werte der Ionenradien nach L. PAULING (LANDOLT-~BOI~NSTEII% Zahlenwerte und Funkt ionen, 1957).

3. R 6 n t g e n e m i s s i o n s - M i k r o a n a l y s e . I m E l e k t r o n e n m i k r o s k o p w u r d e n

a u f U l t r a m i k r o t o m s c h n i t t e n v e r s c h i e d e n e 2 - - 2 , 5 F m grol~e B e r e i c h e des

P/--peak (2,0s ke V ) P -peak (Z,02 ke V)

¢:

47 keg a

C# -peak (3,7 ke V)

b Abb. 13a u.b. Impuls-Spektrogramme (•quidensiten) 4er Probenbezirke yon etwa 2 ~m;

a aus dem Ektoderm; b aus dem Skelett der untersuchten Korallen

E k t o d e r m s a u f e i n c n e t w a i g e n C a l c i u m - G e h a l t a n ~ l y s i e r t . D ie A b b . 13~

u n d b g e b e n d ie S p e k t r o g r a m m e d e r a n a l y s i e r t e n P r o b e b e z i r k e a) ~us

d e m E k t o d e r m u n d b) a u s d e m S k e l e t t e i l ( z u m V e r g ] e i c h des C u - N a c h -

weises) wieder . I n A b b . 1 3 a k a n n be i 2 ,02 k e V die P - - K g - L i n i e l iegen, d ie y o n d e r s t ~ r k e r e n P t ~ M - L i n i e be i 2 ,05 k e V Q u a n t e n e n e r g i e n i c h t

Sublichtmikr. Untersuchungen an Caryophyllia LA~'[AI~CK 1801 33

zu unterseheiden ist. Letztere ist auf das Platinnetz als 0bjekttr/~ger- material zuriickzuffihren. Ein Ca-peak (3,37 keV) konnte bei keiner Probe naehgewiesen werden. Fiir den peak bei ungef/~hr 8,0 keV kann noeh keine Deutung gegeben werden. Abb. 13b zeigt die Ca--K~-Linie bei 3,7 keY Quantenenergie, die in dem Spektrogramm 13a fehlt. Der Cu-peak bei 8,05 keV wurde dureh das Kupfer-Objekttrggernetz ver- ursacht.

Dieses Ergebnis bestgf~igt die Vermutung G o ~ a v s (1961), dag mit einer Speieherung des Calciums im Gewebe nicht zu reehnen sei. Die Angabe K~]sMPFs (1907), dab sieh im organisehen Gewebe feinste Kalk- sehuppen befgnden, m/il3te danaeh aueh verneint werden.

III . Matrixbeziehung zwischen dem Weiehkdrfer und Skelett der untersuchten Korallen

Die Ergebnisse stellen unter anderem einen Beitrag zur Frage des Kalkansatzes dar. Abb. 14 zeigt die /~ugere Zellage des Polypen mit

Abb. 14. Ultramikrotom-Dfinnschnitt der augerea Zellage des Polypen und des angrenzenden Skelettes mit einer elektronenmikroskopisch strukturlosen Zwischenzone (als organische Substanz gedeutet). - - Pfeil 1: Cilie; Pfeil 2: BasMkSrperchen der Cilien mit unterschiedlicher Schnittlage;

Pfeil 3: Bereich, dessert histologische Deutung offen bleibt

dem angrenzenden Skelett. Zwisehen den beiden Substanzen erkennt man eine sehmale, elektronenmikroskopiseh strukturlose Zone. Diese naeh GOl~Ac (1961) aus einem mueopolysaeeharidartigen Sekret be- stehende Zwischenzone sehwankt in den bisher vorliegenden elektronen- mikroskopisehen Aufnahmen etwa zwisehen 200 • (Abb. 15) und 1,5 ,~m (Abb. 14). Sic kann keine mit Einbettungsmit~el erf/illte Lfieke sein, wie aus dem untersehiedliehen Elektronenstreuverm6gen hervorgeht.

Z. ,~Iorph. 0kol. Tiere, Bd. 56 3a

34 J o ~ A ~ x VAI{L :

Die Annahme G o ~ A ( ; s (1961), dab die Mineralisierung an der AuBen- seite der Calieoblasten-Epidermis s tat t f indet und die Ca ++ yon einer mueopolysaeeharidart igen Substanz absorbiert werden (w6rtliehes Zitat siehe untenl) , wurde dureh diese Ergebnisse bestgtigt.

Entspreehend der variierenden Dicke der Zwisehenzone liegen lokal untersehiedliehe Sekretmengen vor. Da dieses Sekret als Matrix fiir die Caleiumearbonatbi ldung dient, ist anzunehmen, dab es an Stellen gr6Berer Sekretmengen aueh zu einer intensiveren KristMlbildung kommt .

Abb. 15. UltramiM'otom-Dtinnsehnitt der ~uBeren Zellage des Weichk6rpers mit eng &ngrenzendem Skelettearbonat und einer zwisehengelagerten sehr dtinnen elektronenoptiseh amorphen Zone

Nach allgemeiner Feststellung wachsen die Kristallite nahezu senk- rech~ zu der vom Ek tode rm ausgesehiedenen Matrix. Eine hier sehr naheliegende Erklgrung dafiir wgre in dem ,,Mfiggeschen Keimauslese- prinzip" (1919) zu sehen. Danaeh lgge eine Anzahl yon Kristallkeimen in statistiseh verteilter Orientierung dicht nebeneinander vor. Arts diesem , ,Keimrasen" werden jene Indiv iduen bevorzugt waehsen, deren Rieh- tungen gr6gter Wachstumsgeschwindigkei t annghernd s6nkreeht zur Unterlage stehen.

Da sieh die nadelf6rmigen AragonitkristMlite naeh bisherigen Litera- tu rangaben in Riehtung der e-Aehse - - also einer bevorzugten kristMlo-

1 ,,Calcium wird offenbar aus dem Meerwasser als Ca ++ aufgenommen und auf einem bisher ungekannten Weg an die Stelle gebracht, wo die Verkalkung stattfindet; sie liegt vermutlich an der AuBenflgche der CMicoblasten-Epidermis. Hier wird das Ca ++ yon einer mucopolysaccharidartigen Substanz absorbiert, die einen Tell der organischen Matrix ausmacht und Ms Schablone wirkt, auf der sich die ersten Stadien der SkelettminerMisierung vo]lziehen. Das Ca++ verbindet sich hier mit Hydrogencarbonat, das aus dem Stoffwechsel hervorgegangen ist und bi]det damit zuerst Calciumbiearbonat, dann Carbonat."

Sublichtmikr. Untersuehungen an Caryophyllia LA~AI~eK 1801 35

graphisehen Riehtung - - zu Faserbfiseheln anordnen, wgre daraus zu sehliegen, dab Individuen anderer 0rientierung beim Waehsen unter- drfiekt wurden und sieh so ein mikrokristallines Faseraggregat mit bevorzugter Orientierung bilden konnte. Diese faserigen Aggregate ent- standen sehwebend in bzw. an einer gelartigen Matrix. Naeh LI~cK (1923) kann augerdem bei der Bildung sog. Sph/irolithe angenommen werden, dag sieh die Kristallkeime auf Grund des tangentialen Druekes der Oberfli~ehenspannung mit ihrer L/~ngsriehtung senkrecht zur Ober- fl~ehe stellen und somit einen Ordnungseffekt beg/instigen.

Rein histologiseh zeigt Abb. 14 die bemerkenswerte Tatsaehe, dag bei der Calieoblasten-Epidermissehieht Cilien beobachtet werden konnten (Pfeil 1), die an dieser Stelle des Weiehk6rpers bisher nieht gefunden wurden. Es ist kein einmaliger Befund, denn an anderen Stellen des- selben Gewebes konnten BasalkSrperehen mit untersehiedlieher Sehnitt- lage erkannt werden (Abb. 14, Pfeil 2). Man kSnnte diesen Bewegungs- organellen insofern eine Funktion zusehreiben, als sie fiir die Verteilung der ausgesehiedenen organisehen Substanz an der Aul~enfl/~ehe der Calieoblasten-Epidermissehieht sorgen.

In diesem Zusammenhang soll noeh kurz auf die yon Bo~:m~E (1899) erwghnten ,,desmoeysts" eingegangen werden, mittels deter sieh der Weiehk6rper am Sketett verankern solle. VAVG~A~ U. WELLS (1943) bezeiehnen sie als ,,wedge-shaped processes connecting mesentry to eorallum". Es f/~llt auf, dag sich der letztgenannte histologische Bereieh morphologiseh von dem fibrigen Gewebe unterseheidet (Abb. 14, Pfeil 3). Ob dieser Bereieh mit den yon B o v ~ (1899) angegebenen ,,desmocysts" identiseh ist, kann nieht entsehieden werden.

Zusammenfassung Dureh Ultramikrotom-Diinnschnitte und Oberfl~chenabdrficke wurde

der Feinstbau der kristallinen Grundbauelemente des Skelettearbonates untersueht. Einmal konnte die Orientierung der Caleiumearbonat-Ein- kristalle innerhalb grSgerer Baueinheiten erkannt und zum anderen deren subliehtmikroskopiseh versehieden orientierten kristallinen Be- reiehe abgebildet werden. Die Ausbildungsform der CaCQ-Einkristalle wird als rhombiseh-prismatiseh in Kombination mit Pyramiden- fl~tehen angegeben; naeh Ultramikrotomsehnitten betr/~gt der Dureh- messer dieser Kristallite 0,30--0,35 ~m. Die Krist/~llehen sind meistens naeh der Vertikalaehse gestreekt, also mehr nadelf6rmig, wobei die Kopffl/~ehen oft als spitzpyramidal erseheinen. Weiterhin wurden orga- nisehe und anorganisehe Fremdeinsehl/isse im Skelett besehrieben. Diese organisehen Einsehl/isse, z.T. Algen, waren nieht mineralisiert und seheinen f/Jr die sieh bildenden Kristallite in ihrer Anordnung nieht riehtungsbestimmend zu sein. Die Einsehlfisse stellen abet tHnsiehtlieh

3*

36 Jo~AsSA VagL:

des Skelettaufbaues im sublichtmikroskopisch kristallinen Bereieh StSr- zentren der vorgegebenen Kristallausrichtungen dar. Die kristallchemi- sche Identifizierung erfolgt mit Hilfe der Elektronen- sowie I~Sntgem strahlenbeugung und der Infrarot-Spektroskopie, wonach es sich beim CaCO 3 des Skelettes ausschliei31ich um die D~h6-Modifikation Aragonit handelt.

Auf Grund der RSntgenfluoreszenz-Analyse wurde der isomorphe Ersatz des Ca durch Sr, Fe, Mn, Pb und Ni diskutiert. Mit Hilfe der RSntgenemissions-Mikroanalyse im Elektronenmikroskop konnte die Annahme yon Gou~A~ (1961), dab das Calcium vermutlich nicht im Gewebe gespeichert wird, experimentell besti~tigt werden. Ferncr wurde auf die Matrixbeziehung zwisehen dem WeichkSrper und Skelett der untersuchten Kora]len eingegangen. Zwischen der £uBeren Zellage der Calieoblastenschicht und dem angrenzenden Skelett wnrde eine elek- tronenmikroskopisch amorph erscheinende Substanz festgestellt und naeh GOREAU (1961) als eine mueopolysaccharidartige Substanz gedeutet. Diese Zwischenzone sehwankt in den bisher vorliegenden, elektronen- mikroskopischen Aufnahmen zwischen 200 A und 1,5 ~m. Di~e Kristallite stehen fast senkrecht zu der ausgesehiedenen organischen Zwischen- substanz. Eine mSgliehe Erkl£rung wird an Hand des ,,~iiggeschen Keimausleseprinzipes" diskutiert.

Die auf Ultramikrotom-Diinnschnitten beobachteten Cilien an der Calicoblasten-Epidermisschicht werden als Bewegnngsorganellen ange- sehen, die ffir die Verteilung der vom Ektoderm ausgeschie~tenen orga- nischen Substanz an der AuBenfli~che der Calicoblastenschicht sorgen kSnnten. Es wird noch die Frage aufgeworfen, ob die yon BovuN~ (1899) angegebenen ,,desmoeysts" den e]ektronenhistologisch erkannten Ge- websbereiehen an besonderen Haftstellen des WeiehkSrpers ~ am Ske]ett zuzuordnen sind (Abb. 14, Pfeil 3).

Summary

The structure of the crystalline state of aggregation of the skeleton carbonate has been investigated by utilizing ultrathin sections and surface replicas. The orientation of single crystals of calciumcarbonate within larger elements was shown and evidence of their different orienta- tion in small areas was given by electron microscop. The shape of the CaCQ single crystals was found to be rhombic-prismatie in combination with pyramid faces. The diameter of the single crystals is 0.30--0.35 ~m. The crystals usually extend parallel to the vertical axis, e.g. they are needle-shaped. The top faces of these crystals are long pointed pyramids.

Also organic and inorganic enclosures in the skeleton have been described. These organic enclosures, partly consisting of algae, were

Subliehtmikr. Untersuchungen an Caryophyllia LAMARCK 1801 37

not mineralized. They don ' t seem to be a matr ix for nucleation and growth of crystallites, bu t these enclosures are submicronic centres of dis turbance for growing crystallites. The crystal chenlical identification of the inorganic crystallitcs was carried out by electron- and x-ray diffraction and IR-spectroscopy. I t was found tha t the CaCO 3 of the skeleton surface is aragonit (D~) only. By the aid of the x-ray fluores- cence analysis the isomorphous subst i tut ion of Ca by Sr, Fe, Mn, Pb and Ni has been discussed. By our investigations with the electron probe analyzer of the Siemens electron microscope, the theory of Gou~Au (1961) was verified: Calcium is probably not stored in the tissue. I n addition, the matr ix relation between the polyp par t and skeleton par t of the investigated corals was discussed. An electronmicroseopically amorphous substance between the exterior cell layer of calicoblast zone and the neighbouring skeleton par t was found. GOgEAU (1961) suspects this substance to be a mucopolysaccharide. This zone varies f rom 200 A to 1,5 [zm according the electron miscroscopical figures.

Because of the reactions between the organic substance (matrix) secreted by the ectoderm and the nuclei of the C a C Q , an orientated growth of crystallites takes place. The crystals are located in a rectangular position to the layer of secreted organic substance. An explanat ion is discussed on the basis of the "M/igge'sches Keimausleseprinzipes". The cili~ in the calicoblast epidermis layer are regarded as organelles of locomotion. They could be responsible for the distr ibution of the organic substance at the external surface of the calicoblast layer. I t is an an- other question whether the "desmocysts" described by BouRNn (1899) m a y he identified with the special tissue area ment ioned here (Fig. 14, arrow 3).

Fraulein FI~OBERO danke ich ffir wertvolle Hilfe bei der Durchffihrung des experimentellen Teiles der Arbeit.

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