strahlentherapie in der schwangerschaft

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Onkologe 2012 · 18:316–329 DOI 10.1007/s00761-012-2220-3 Online publiziert: 21. März 2012 © Springer-Verlag 2012 M. Stuschke 1  · W.-U. Müller 2 1  Strahlenklinik, Universitätsklinikum Essen 2  Institut für Medizinische Strahlenbiologie, Universitätsklinikum Essen Strahlentherapie   in der Schwangerschaft Risiken der Tumorinduktion und von Fehlbildungen nach Strahlenthera- pie in utero sind in der Vergangen- heit ausführlich untersucht worden. Für die Risiken existieren quantitati- ve Schätzwerte. Vor Strahlentherapie bei bestehender Schwangerschaft ist eine individuelle Dosisabschätzung für den Embryo/Fetus durchzufüh- ren. Liegt die Dosis unterhalb akzep- tierter Schwellendosen, kann eine ra- tionale Risiko-Nutzen-Abwägung in unterschiedlichen therapeutischen Situationen den Einsatz der Strahlen- therapie zur Kontrolle des Tumors bei der Mutter unterstützen. Im Verlauf von etwa 0,1% aller Schwan- gerschaften wird eine Tumorerkrankung diagnostiziert [47]. Diese Inzidenz nimmt mit höher werdendem Alter der Mütter zu. Die häufigsten Tumorerkrankungen während der Schwangerschaft sind mali- gne Melanome, Mammakarzinome, Zer- vixkarzinome, Hodgkin- und Non-Hod- gkin-Lymphome, Leukämien, Ovarialkar- zinome und Kolonkarzinome, gefolgt von selteneren Tumoren. Da eine Strahlenthe- rapie bei vielen Tumorentitäten eine we- sentliche Komponente der Standardthe- rapie ist, sie jedoch prinzipiell mit gene- tischen und somatischen Risiken für Em- bryo und Fetus belastet ist, müssen die- se Risiken gegen den Nutzen abgeschätzt werden, was ggf. zu einer Modifikation des therapeutischen Vorgehens führt. »   Vor Beginn einer  Strahlentherapie muss eine  mögliche Schwangerschaft  immer abgeklärt werden Das Vorliegen einer Schwangerschaft muss vor Beginn einer Strahlentherapie bei jeder Frau im gebärfähigen Alter vom Radioonkologen sorgfältig abgeklärt wer- den. Die Patientin ist zu beraten, dass von einer Konzeption während einer Strah- lentherapie zur Vermeidung einer poten- ziell bedeutenden Strahlenbelastung des Kindes abgeraten wird, bis die Strahlen- therapie oder andere potentiell belastende Behandlungsmaßnahmen abgeschlossen sind (ICRP 84, [15]). Der häufiger erteil- te Rat, innerhalb von 6–12 Monaten nach einer Strahlentherapie auf die Konzep- tion einer Schwangerschaft zu verzichten, wird hier wiedergegeben [8, 13]. So zeig- ten Mausexperimente, dass spätere Sta- dien der Spermatogenese bezüglich Mu- tationsraten empfindlicher sind als Sper- matogonien oder Stammzellen, was für eine Verzögerung der Konzeption spricht [8]. Insgesamt ist diese Empfehlung beim Menschen jedoch nicht durch ausreichen- de Daten unterstützt [3]. Wird während einer bestehenden Schwangerschaft eine bösartige Erkrankung diagnostiziert und die Durchführung einer Strahlenthera- pie erwogen, so ist ein umfangreicher, auf die einzelne Patientin abgestimmter Ent- scheidungsprozess erforderlich. Von ärzt- licher Seite sollte dieser immer multidiszi- plinär unter Einbeziehung von Vertretern aller an der Behandlung der entsprechen- den Tumorentität beteiligten Fachdiszipli- nen durchgeführt werden. Idealerweise sollte die vorgeschla- gene Behandlung die besten Heilungs- chancen für die Mutter mit dem niedrigst möglichen Risiko für das Kind vereinen. Eine eingehende Beratung der Patientin und derjenigen Personen, die nach dem Wunsch der Patientin einbezogen werden sollen, und die Zustimmung nach voller Information sind die wichtigsten Schrit- te zur Therapie. Hierbei werden die Be- handlungsalternativen unter besonderer Berücksichtigung aller individuellen Um- stände der Patientin dargelegt. Faktoren, die bei der Beratung von Bedeutung sind, sind der Nutzen der Strahlentherapie für die Patientin bezüglich Überlebenschan- cen oder Symptomlinderung, das Aus- maß der Verschlechterung der Progno- se bei einem Hinauszögern der notwen- digen Strahlentherapie bis in eine späte- re Fetalphase oder post partum, Risiken durch die abgeschätzte Uterusdosis für das werdende Kind, Risiken und Nutzen von Therapiealternativen, die Einstellung der Mutter zur Schwangerschaft und den Risiken der Therapie, das gegenwärtige Gestationsalter sowie die Wachstumsge- schwindigkeit des Tumors. Gegebenen- falls sollte eine radioonkologische Zweit- meinung eingeholt werden. Risiken einer Strahlenexposition des Embryos Daten zur Abschätzung der Risiken von Folgen der Exposition des Embryos mit ionisierender Strahlung stammen v. a. aus den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts 316 | Der Onkologe 4 · 2012 Leitthema

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Page 1: Strahlentherapie in der Schwangerschaft

Onkologe 2012 · 18:316–329DOI 10.1007/s00761-012-2220-3Online publiziert: 21. März 2012© Springer-Verlag 2012

M. Stuschke1 · W.-U. Müller2

1 Strahlenklinik, Universitätsklinikum Essen2 Institut für Medizinische Strahlenbiologie, Universitätsklinikum Essen

Strahlentherapie  in der Schwangerschaft

Risiken der Tumorinduktion und von Fehlbildungen nach Strahlenthera-pie in utero sind in der Vergangen-heit ausführlich untersucht worden. Für die Risiken existieren quantitati-ve Schätzwerte. Vor Strahlentherapie bei bestehender Schwangerschaft ist eine individuelle Dosisabschätzung für den Embryo/Fetus durchzufüh-ren. Liegt die Dosis unterhalb akzep-tierter Schwellendosen, kann eine ra-tionale Risiko-Nutzen-Abwägung in unterschiedlichen therapeutischen Situationen den Einsatz der Strahlen-therapie zur Kontrolle des Tumors bei der Mutter unterstützen.

Im Verlauf von etwa 0,1% aller Schwan-gerschaften wird eine Tumorerkrankung diagnostiziert [47]. Diese Inzidenz nimmt mit höher werdendem Alter der Mütter zu. Die häufigsten Tumorerkrankungen während der Schwangerschaft sind mali-gne Melanome, Mammakarzinome, Zer-vixkarzinome, Hodgkin- und Non-Hod-gkin-Lymphome, Leukämien, Ovarialkar-zinome und Kolonkarzinome, gefolgt von selteneren Tumoren. Da eine Strahlenthe-rapie bei vielen Tumorentitäten eine we-sentliche Komponente der Standardthe-rapie ist, sie jedoch prinzipiell mit gene-tischen und somatischen Risiken für Em-bryo und Fetus belastet ist, müssen die-se Risiken gegen den Nutzen abgeschätzt werden, was ggf. zu einer Modifikation des therapeutischen Vorgehens führt.

»  Vor Beginn einer Strahlentherapie muss eine mögliche Schwangerschaft immer abgeklärt werden

Das Vorliegen einer Schwangerschaft muss vor Beginn einer Strahlentherapie bei jeder Frau im gebärfähigen Alter vom Radioonkologen sorgfältig abgeklärt wer-den. Die Patientin ist zu beraten, dass von einer Konzeption während einer Strah-lentherapie zur Vermeidung einer poten-ziell bedeutenden Strahlenbelastung des Kindes abgeraten wird, bis die Strahlen-therapie oder andere potentiell belastende Behandlungsmaßnahmen abgeschlossen sind (ICRP 84, [15]). Der häufiger erteil-te Rat, innerhalb von 6–12 Monaten nach einer Strahlentherapie auf die Konzep-tion einer Schwangerschaft zu verzichten, wird hier wiedergegeben [8, 13]. So zeig-ten Mausexperimente, dass spätere Sta-dien der Spermatogenese bezüglich Mu-tationsraten empfindlicher sind als Sper-matogonien oder Stammzellen, was für eine Verzögerung der Konzeption spricht [8]. Insgesamt ist diese Empfehlung beim Menschen jedoch nicht durch ausreichen-de Daten unterstützt [3]. Wird während einer bestehenden Schwangerschaft eine bösartige Erkrankung diagnostiziert und die Durchführung einer Strahlenthera-pie erwogen, so ist ein umfangreicher, auf die einzelne Patientin abgestimmter Ent-scheidungsprozess erforderlich. Von ärzt-licher Seite sollte dieser immer multidiszi-plinär unter Einbeziehung von Vertretern aller an der Behandlung der entsprechen-

den Tumorentität beteiligten Fachdiszipli-nen durchgeführt werden.

Idealerweise sollte die vorgeschla-gene Behandlung die besten Heilungs-chancen für die Mutter mit dem niedrigst möglichen Risiko für das Kind vereinen. Eine eingehende Beratung der Patientin und derjenigen Personen, die nach dem Wunsch der Patientin einbezogen werden sollen, und die Zustimmung nach voller Information sind die wichtigsten Schrit-te zur Therapie. Hierbei werden die Be-handlungsalternativen unter besonderer Berücksichtigung aller individuellen Um-stände der Patientin dargelegt. Faktoren, die bei der Beratung von Bedeutung sind, sind der Nutzen der Strahlentherapie für die Patientin bezüglich Überlebenschan-cen oder Symptomlinderung, das Aus-maß der Verschlechterung der Progno-se bei einem Hinauszögern der notwen-digen Strahlentherapie bis in eine späte-re Fetalphase oder post partum, Risiken durch die abgeschätzte Uterusdosis für das werdende Kind, Risiken und Nutzen von Therapiealternativen, die Einstellung der Mutter zur Schwangerschaft und den Risiken der Therapie, das gegenwärtige Gestationsalter sowie die Wachstumsge-schwindigkeit des Tumors. Gegebenen-falls sollte eine radioonkologische Zweit-meinung eingeholt werden.

Risiken einer Strahlenexposition des Embryos

Daten zur Abschätzung der Risiken von Folgen der Exposition des Embryos mit ionisierender Strahlung stammen v. a. aus den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts

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(zur Übersicht [11]) und von Überleben-den der Atombombenabwürfe über Hiro-shima und Nagasaki im August 1945, von epidemiologischen Studien nach Strah-lenexposition aus medizinischer Indika-tion und von tierexperimentellen Daten. 1566 Personen wurden in utero mit ioni-sierenden Strahlen exponiert und später auf Wachstumsstörungen und Verzöge-rungen der mentalen Entwicklung unter-sucht [29]. Verschiedene Gremien, wie das United Nations Scientific Commit-tee on the effects of atomic radiation [60, 61, 62], die International Commission on Radiological Protection (ICRP; [15, 16]), Board on Radiation Effects Research, Na-tional Research Council (NAS; [41, 42]), die American Association of Physicists in Medicine (AAPM; [58]), die Deutsche Röntgengesellschaft und Deutsche Ge-sellschaft für Medizinische Physik [1] und die Strahlenschutzkommission beim Bun-desministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (SSK 2004) haben die Risiken von genetischen und somati-schen Strahleneffekten nach Exposition in utero abgeschätzt und bewertet. Für nicht-lineare, häufig sigmoide Dosis-Effekt-Be-ziehungen für deterministische Strahlen-effekte existieren Schwellendosen, unter-halb denen das jeweils betrachtete Risiko als Folge einer Strahlenexposition nicht mehr nachweisbar erhöht ist. Zu den de-terministischen Strahleneffekten an Ge-weben und Organismen gehören Tod vor der Implantation, morphologisch-anato-mische Entwicklungsstörungen und an-dere funktionelle Entwicklungsstörungen. Für die stochastischen Strahleneffekte, In-duktion von Tumoren und Erhöhung des genetischen Risikos für die Nachkommen werden Dosis-Effekt-Beziehungen oh-ne Schwellendosen, insbesondere linea-re Dosis-Effekt-Beziehungen, angenom-men [1, 58]. Dosisangaben im nachfolgen-den Text beziehen sich auf die in der Kli-nik fast ausschließlich angewendeten lo-cker ionisierenden Photonen- und Elekt-ronenstrahlungen mit einem Strahlungs-wichtungsfaktor von 1. Für die Bewertung der zusätzlichen Risiken durch eine Strah-lenexposition ist immer auch das zugrun-de liegende natürliche Risiko ein Maßstab.

Ein Strahlenrisiko, das schon bei sehr niedrigen Strahlendosen nachgewiesen wurde, ist die Induktion von Tumoren,

die im Kindes- und Jugendalter aufgetre-ten waren. Dosen von 0,1 Gy auf den Em-bryo oder Fetus in utero führten in den meisten Studien zu einer Erhöhung des Risikos der Induktion von malignen Tu-moren in der Kindheit, was einem abso-luten Risiko von 500–700 Tumoren pro 10.000 Personen pro Gy entspricht [16]. Wird die natürliche Inzidenz von Tumo-ren im Kindesalter mit 16 per 10.000, also ein selteneres Ereignis, abgeschätzt, so be-trägt bei einer linearen Dosis-Effekt-Be-ziehung die Expositionsdosis, die zu einer Verdopplung des Risikos von Tumoren in der Kindheit führt, etwa 23–32 mGy. Um das Lebenszeitrisiko nach In-utero-Be-strahlung abzuschätzen, muss das Risiko im Erwachsenenalter zu dem Risiko von Tumoren im Kindesalter addiert werden. Das relative Risiko des Auftretens von Tumoren scheint mit längerem Follow-up der in-utero-bestrahlten Personen ab-zunehmen [66]. Die einzigen Daten mit so langer Nachbeobachtungszeit, um das Risiko von Tumoren im Erwachsenal-ter nach Strahlenexposition abzuschät-zen, sind Daten von japanischen Atom-bombenüberlebenden. Hier wurde das absolute Risiko späterer solider Tumoren im Erwachsenenalter auf 133/10000 und 253/10000 für Männer und Frauen nach einer Bestrahlung von 0,1 Gy abgeschätzt. Das Risiko für das Auftreten von Leuk-ämien betrug 12/10000 für Männer und 8,6/10000 für Frauen [42]. In Ermange-lung von Daten über in-utero-bestrahlte Personen wurde diese Inzidenz für im Al-ter von 10 Jahren bestrahlte Personen ge-schätzt.

»  Während der Organogenesephase sind Letalität und Fehlbildungen die größten Risiken

Das Lebenszeitrisiko, an einem strahlen-induzierten Tumor nach Exposition mit locker ionisierenden Strahlen zu verster-ben, wird mit etwa 6–14% pro Gy nach Einzeitbestrahlung in utero abgeschätzt ([1, 42, 58, 59]). Nach fraktionierter Be-strahlung ist dieses Risiko wohl kleiner. Im Vergleich dazu beträgt das Lebens-zeit-Hintergrundrisiko für Krebsneu-erkrankungen 47% für Männer und 38%

für Frauen, bei globalen relativen Fünf-jahresüberlebensraten 61% für Frauen und 54% für Männer [28].

Das Risiko von Keimzellmutationen, die in der Nachkommenschaft zu nach-weisbaren genetischen Erkrankungen führen, wurde von der NAS, UNSCE-AR und ICRP abgeschätzt. Quantitative Daten vom Menschen liegen von Kindern von Frauen, die während der Atombom-benabwürfe in Japan schwanger waren, und von Tierversuchen vor. Keiner der Indikatoren für einen genetischen Scha-den der Kinder von Atombombenüberle-benden wurde signifikant. Aus tierexpe-rimentellen Daten von Mäusen folgt eine Verdopplungsdosis für das spontane Mu-tationsrisiko von etwa 1 Gy mit locker io-nisierender Strahlung bei fraktionierter Bestrahlung oder Bestrahlung mit niedri-ger Dosisleistung [62]. Neel et al. [44] er-mittelten auf der Basis der Hiroshima/Na-gasaki-Daten für den Menschen eine Ver-dopplungsdosis, die allerdings anders de-finiert war als diejenige der Tierexperi-mente, von 1,7 bis 2,2 Sv für eine kurzzei-tige und von 3,4 bis 4,5 Sv für eine chroni-sche Exposition. Das absolute strahlenin-duzierte Risiko von autosomal-dominan-ten und autosomal-rezessiven Erkrankun-gen sowie von multifaktoriellen Erkran-kungen mit einer genetischen Kompo-nente beträgt etwa 0,1–1% pro Gy [1, 58, 62].

Für die teratogenen Nebenwirkun-gen infolge einer pränatalen Strahlenex-position gibt es unterschiedlich sensitive Phasen während der Embryonalentwick-lung. Somit hängt das Risiko teratogener Nebenwirkungen kritisch vom Zeitpunkt der Exposition nach der Konzeption ab.

Während der Präimplantationsperio-de entwickelt sich der Embryo nach Strah-lenexposition entweder weitgehend nor-mal oder aber es resultiert ein Abort. Ver-einzelte Fehlbildungen können nicht ganz ausgeschlossen werden, aber Letalität ist der weitaus dominierende Effekt. Die Le-talitätsrate von Embryonen von Nagern in diesem Zeitraum wird nach einer Do-sis von 0,1 Gy auf 0–3% geschätzt [7, 58], wobei allerdings erhebliche Sensitivitäts-unterschiede im Verlauf der Präimplanta-tionsperiode berichtet werden, mit einem besonders hohen Risiko während des Zy-gotenstadiums (Tag 1 der Gestation). Die

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genaue Höhe einer Schwellendosis ist beim Menschen nicht bekannt. Die Dosis, die eine Letalität von 50% bedingt, kann in der frühen Präimplantationsphase bei sehr niedrigen Werten um 0,3 Gy liegen [16]. Die ICRP geht hier beim Menschen von einer Schwellendosis für teratogene Effekte von 0,1 Gy mit locker ionisieren-der Strahlung aus [16].

»  Die Wochen 8–15 sind die empfindlichste Zeit für Schädigungen der geistigen Entwicklung

Während der nachfolgenden Organoge-nesephase in den Wochen 2 bis 8 nach Konzeption ist neben einem Letalitäts-risiko die Induktion von Fehlbildun-gen, insbesondere Wachstumsstörungen, das größte Risiko einer Strahlenexposi-tion. Ein kleiner Kopfdurchmesser, der oft nicht mit neurokognitiven Defiziten verknüpft ist, und eine Verminderung des späteren Längenwachstums sind die häufigsten Effekte in diesem Gestations-alter. Ein nachweisbar erhöhtes Risiko für die Störung des Kopfwachstums war bei Überlebenden von Hiroshima nach Do-sen > 0,2 Gy nachweisbar (ICRP 90). Die Strahlenschutzkommission nennt hier eine Schwellendosis von 0,1 Gy [59].

Die Wochen 8–15 sind die empfind-lichste Phase für die Störungen der geis-tigen Entwicklung durch eine Strahlenex-position. In dieser Zeit findet ein Groß-teil der Entwicklung des zerebralen Kor-tex statt. Eine Dosis von 1 Gy erhöht die Häufigkeit mentaler Störungen von 0,8% in der normalen Population auf 40% und senkt den Intelligenzquotienten um 25 Punkte. Nach einem linearen Modell mit Schwellenwert wurde die Schwellendo-sis für die Induktion schwerer geistiger Entwicklungsstörungen in diesem Zeit-raum mit 0,06–0,31 Gy für locker ionisie-rende Strahlen abgeschätzt [16, 46]. Do-sen < 0,1 Gy sind für die Induktion einer schweren geistigen Retardierung mit einem nur geringen, statistisch anhand der bekannten Daten vom Menschen nicht signifikant erhöhten Risiko belastet [46, 58]. Die Strahlenschutzkommission und die ICRP (ICRP 90) nennen hier eine Schwellendosis von 0,3 Gy für die schwe-

Zusammenfassung · Abstract

Onkologe 2012 · 18:316–329   DOI 10.1007/s00761-012-2220-3© Springer-Verlag 2012

M. Stuschke · W.-U. MüllerStrahlentherapie in der Schwangerschaft

ZusammenfassungDie Risiken einer Strahlentherapie während einer Schwangerschaft für den Embryo/Fe-tus werden in Abhängigkeit von der Strah-lendosis und der embryonalen Entwicklungs-phasen dargestellt. Eine Strahlentherapie ist bei verschiedenen Tumorentitäten bei supra-diaphragmalem Tumorsitz mit einer Dosis-belastung unterhalb von 0,1 Gy für den Emb-ryo bei einer Vielzahl von Patientinnen mög-lich. Durch Verwendung von Zusatzabschir-mungen, die optimierte Wahl der Strahlungs-art und Energie, der Bestrahlungstechnik, der Einstrahlrichtungen und Feldkollimationen sowie der therapierten Volumina kann die in-dividuelle Strahlenbelastung gesenkt wer-den. Ist eine Strahlentherapie während der Schwangerschaft zur Kontrolle der Tumor-erkrankung unter Abwägung aller Behand-lungsalternativen bei der Mutter sinnvoll, 

kann sie bei Unterschreiten von Schwellen-dosen im Embryo von 0,1 Gy in Hinsicht auf Fehlbildungen mit geringen Risiken durch-geführt werden. Das absolute Tumorrisiko für das Ungeborene wird durch Dosen unterhalb von 0,1 Gy nur gering erhöht, sodass auch vor diesem Hintergrund eine Strahlenthera-pie der Mutter vertretbar ist, wenn keine risi-koärmere, ähnlich effektive Therapie zur Ver-fügung steht. Es wird eine Übersicht der the-rapeutischen Situationen bei den während der Schwangerschaft häufigeren Tumoren gegeben.

SchlüsselwörterSchwangerschaft · Strahlentherapie · Terato-genes Risiko · Tumorinduktion · Schwellen-dosis

Radiation therapy during pregnancy

AbstractThe risks of radiation exposure during preg-nancy for the embryo are reviewed depend-ing on the radiation dose and the embryon-ic/fetal developmental phase. A full course of radiotherapy is possible in many patients for supradiaphragmal maternal tumor loca-tions with a dose exposure of the embryo be-low 0.1 Gy. The individual radiation exposure of the embryo/fetus can be lowered by the use of additional shielding over the abdo-men of the mother and optimization of the beam energy, beam direction and beam col-limation as well as selection of the extent of treated margins around the macroscopic tu-mor. If radiotherapy is indicated for treatment of the maternal cancer after consideration 

of all therapeutic alternatives, it can be per-formed at a low risk of malformation at doses below a threshold dose of 0.1 Gy to the em-bryo. The absolute tumor risk for the unborn child is only slightly increased by doses be-low 0.1 Gy so that even in this context radio-therapy of the mother is justified if no other therapy of similar effectiveness and involving a lower risk is available. An overview will be given on therapeutic decisions for more com-mon tumors during pregnancy.

KeywordsPregnancy · Radiotherapy · Teratogenic ef-fects · Carcinogenic risk · Threshold doses

re mentale Retardierung nach Strahlen-exposition während der empfindlichsten Phase in der 8.–15. Schwangerschaftswo-che [59]. In einigen Untersuchungen wur-den jedoch schon signifikante Auswir-kungen auf die geistige Leistungsfähigkeit bei 0.1 Gy hingewiesen.

Im Gestationsalter von der 16.–25. Wo-che nimmt die Strahlenempfindlichkeit des Fetus für die Induktion von Entwick-lungsstörungen ab [46]. Nach einer Do-sis von 1 Gy ist eine Minderung des In-telligenzquotienten von etwa 21 Punk-ten zu erwarten [16]. Der Schwellenwert

für relevante mentale Retardierung wur-de in dieser Phase auf 0,9 Gy geschätzt, je-doch beträgt die untere Grenze des Kon-fidenzbereichs auch hier 0,3 Gy (ICRP 90, [16]). Das Risiko eines Minderwachstums des Schädels steigt in dieser Altersperiode erst nach Dosen > 0,5 Gy deutlich an [46].Im späten Fetalalter jenseits der 25. Wo-che sind dann die Risiken neurokogniti-ver Entwicklungsstörungen sehr gering [46, 58]. Für derartige Effekte gibt es in dieser Phase nach Dosen unter 1 Gy kei-ne Evidenz [16]. Ein Risiko für Störungen

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des Längenwachstums und der Kopfgrö-ße besteht erst nach Dosen > 0,5 Gy [58].

Graduiert man die Risiken einer Ex-position mit locker ionisierenden Strah-len für Embryo und Fetus global, dann gelten Dosen < 0,1 Gy nicht mit einem statistisch überzeugend gesicherten Risi-ko für Fehlbildungen und Entwicklungs-störungen [1, 58]. Dosen < 0,1 Gy sollten nicht als medizinische Rechtfertigung für die Empfehlung eines Schwangerschafts-abbruchs betrachtet werden [1, 3, 13, 15, 25, 49, 57]. Hierzu besteht breiter Konsens. Die Wahrscheinlichkeit, nach Exposition in utero mit einer Dosis von 0,1 keine Ent-wicklungsstörung und keinen Tumor im Kindes- und Jugendalter zu entwickeln, wurde von der ICRP auf etwa 97% (Pro-zentsatz bei Dosis 0 ebenfalls 97%, d.h. keine Erhöhung von Entwicklungsstörun-gen durch die Strahlenexposition) und 99,1% (Prozentsatz 99,7% bei Dosis 0, al-so ein leicht erhöhtes Tumorrisiko) abge-schätzt. Da die perkutane Strahlenthera-pie wegen bösartiger Tumoren über eine längere Zeitperiode mit niedrigen Dosen pro Fraktion durchgeführt wird, werden als Sicherheitsschwelle von mehreren Au-toren Dosen von 0,2 Gy für den Fetus ge-nannt [25, 49]. Von höheren Dosen geht insbesondere bei einer Exposition im

1. Trimenon ein zunehmend signifikan-tes Risiko, insbesondere auch der IQ–Re-duktion, aus. Eine Beratung der Schwan-geren durch erfahrene Strahlentherapeu-ten, Strahlenbiologen und ggf. Medizin-physikexperten wird empfohlen [15].

Die unterschiedliche Strahlenemp-findlichkeit von Embryo und Fetus für die angegebenen Endpunkte hat für die Praxis Implikationen. Falls eine Strahlen-therapie während der Schwangerschaft nach Diagnose einer malignen Erkran-kung im 1. Trimenon nicht vermieden werden kann und keine Gründe für die Indikation zu einem Schwangerschafts-abbruch bestehen, kann ein Aufschieben der Strahlentherapie bis nach der 15. Wo-che die Restrisiken bei Dosen nahe der Schwelle von 0,1 Gy für das Kind weiter senken. Bei Diagnose der Erkrankung im 2. bis 3. Trimenon muss die Option der Verzögerung der Therapie bis nach der natürlichen Geburt oder der vorzeitigen Entbindung bei ausreichender Reife mit den dadurch für die Mutter entstehenden Risiken abgewogen werden.

»  Im späten Fetalalter sind die Risiken neurokognitiver Ent-wicklungsstörungen sehr gering

Dosen von 0,1 Gy entsprechen weniger als 0,5% der bei malignen Erkrankungen applizierten Gesamttumordosen, was das Ausmaß der notwendigen Maßnahmen zur Abschätzung und Reduktion der Do-sis für den Embryo oder Fetus deutlich macht. Angaben zur Methodik der Do-sisabschätzung und Reduktion der Do-sis am Uterus wurden von der AAPM ge-macht [58]. Eine Abschätzung der Uterus-dosis ist bei jeder Strahlentherapie wäh-rend einer Schwangerschaft erforderlich [15]. Eine enge Zusammenarbeit zwischen Medizinphysikern und Radioonkologen ist notwendig.

Dosisbelastung in utero durch eine Strahlentherapie

Besteht die Indikation zu einer Strah-lentherapie während einer Schwanger-schaft, muss die Strahlenbelastung des Embryos oder Fetus so gering wie mög-lich gehalten werden. Gesamtdosen von

0,1 Gy sollten möglichst weit unterschrit-ten werden. Diese Werte liegen unterhalb der akzeptierten Schwellendosen für tera-togene Nebenwirkungen. Dies ist bei der Strahlentherapie bösartiger Tumoren nur möglich, wenn Embryo oder Fetus außer-halb der Strahlenfelder liegen. Grundle-gende Möglichkeiten der Reduktion der Strahlenbelastung des Fetus wurden von der AAPM dargelegt [58]. Alle diagnos-tischen Maßnahmen mit ionisierenden Strahlen zur Bestrahlungsplanung soll-ten unter maximaler Beschränkung auf das Zielvolumen und unter Verwendun-gen von Abschirmungen des Uterus erfol-gen. Die Möglichkeit der Strahlenthera-pieplanung anhand eines Kernspintomo-graphiedatensatzes (MRT-Datensatz) oh-ne Verwendung von Kontrastmittel sollte berücksichtigt werden.

Die Dosisverteilung kann ausreichend präzise an MRT-Datensätzen ohne Rück-griff auf das CT berechnet werden, wenn man Knochen, Lunge und dem Weich-gewebe entsprechende mittlere Dichte-werte zuordnet [22]. Nachteilige Effekte für den Fetus durch dieses Verfahren oh-ne Verwendung ionisierender Strahlung wurden bisher nicht überzeugend nach-gewiesen [20, 26]. In . Abb. 1 ist ein Pla-nungs-MRT einer Schwangeren in der 20.–21. Gestationswoche mit M. Hod-gkin im Stadium IIB und eine in den letz-ten 3 Wochen unter klinischer Kontrolle zunehmende oberere Einflussstauung ge-zeigt. Die Therapie wurde im Jahr 2006 durchgeführt. Es wurde eine patienten-nahe Bleiabschirmung des Abdomens der Patientin verwendet. Die Patientin wurde bei einem Gantrywinkel von 0° in Bauch- und Rückenlage bestrahlt. Es wurde eine Photonenenergie von 8 MeV verwendet, die nach Phantommessungen zu einer geringeren Strahlenbelastung am Ute-rus führt als eine Bestrahlung mit 6 MeV. Die Verwendung von Individualeinblen-dungen mittels Lamellenkollimator ver-mindert die Strahlenbelastung am Uterus, wie auch von Sharma et al. [54] berichtet wurde. Es wurde eine Strahlendosis von 20 Gy in konventioneller Fraktionierung auf den makroskopischen Tumor appli-ziert. Es kam zu einer partiellen Remis-sion. Nach der Entbindung des gesunden Kindes wurde eine ABVD-Chemother-apie durchgeführt. Die Strahlenbelastung

Abb. 1 8 Kernspintomographie einer Schwan-geren in der 20.–21. Gestationswoche mit  M. Hodgkin im Stadium IIB und eine in den letz-ten 3 Wochen unter klinischer Kontrolle zuneh-mende oberere Einflussstauung

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des Fetus wurde hierbei auf 0,04 Gy nach Messungen an einem Patientenphantom bestehend aus 2 aneinandergesetzten Wasserphantomen abgeschätzt [54]. Der Abstand des Fundus uteri von der kauda-len Feldgrenze betrug 32 cm (. Abb. 1). In der zweiten Bestrahlungswoche erfolg-te eine Kontrolle des Fundusstands mit-tels Ultraschall.

»  Die Dosisverteilung kann ausreichend präzise an MRT-Datensätzen berechnet werden

Ein großer Schutzfaktor für den Fetus ist ein möglichst großer Abstand zum Rand der Strahlenfelder. Die Strahlenfelder soll-ten so gewählt werden, dass ein möglichst großer Abstand des bestrahlten Körper-volumens vom Fetus eingehalten werden kann. Dabei sollte die ansteigende Posi-tion des Fundus uteri durch das fetale Wachstum während der Dauer der Strah-lentherapieserie berücksichtigt werden. Dosisbeiträge der Photonenstrahlung eines Linearbeschleunigers am Feten ent-stehen durch die Durchlassstrahlung aus dem Strahlerkopf des Linearbeschleuni-gers, durch Streustrahlen von den Kolli-matoren und Strahlmodifikatoren sowie durch Streustrahlen, die innerhalb des Pa-tienten während der Bestrahlung entste-hen [58]. Der Dosisbeitrag dieser Kom-ponenten am Embryo oder Fetus hängt vom Abstand der Feldgrenzen zum Ute-rus ab. Die Durchlassstrahlung aus dem Strahlerkopf wird bei größeren Abstän-den des Uterus zu den Strahlenfeldern do-minant [1, 58]. Die Verwendung von Keil-filtern oder individuellen Blockblenden auf Tragplatten kann die Streustrahlenbe-lastung vom Bestrahlungsgerät am Ute-rus deutlich erhöhen. Je kleiner die Strah-lenfelder sind, desto geringer wird die pe-riphere Dosis außerhalb des bestrahlten Volumens im Patienten mit zunehmen-der Distanz zum Feldrand. Dieser Effekt hängt mit im Patienten erzeugter Streu-strahlung zusammen. Bei der Verwen-dung von Photonenenergien > 10 MeV muss Neutronenstrahlung berücksichtigt werden, die durch Wechselwirkungen der Photonen mit Teilen der Strahlführung des Linearbeschleunigers oder mit dem

Patienten ausgelöst werden. Die relati-ve biologische Wirksamkeit von Neutro-nen im Vergleich zu Photonen kann Wer-te bis 20 annehmen. Zum Schutz des Kin-des ist es daher sinnvoll, Photonenener-gien kleiner 10 MeV für eine Strahlen-therapie während der Schwangerschaft zu verwenden [58]. Sekundäre Neutro-nen müssen auch beim Einsatz von Pro-tonenstrahlung während der Schwanger-schaft beachtet werden [34]. Die Strahlen-dosis des Fetus kann durch Verwendung der patientennäheren Feldblende zur Be-grenzung des Strahlenfelds in Richtung Uterus gesenkt werden. Bei der Anferti-gung doppelbelichteter Feldkontrollauf-nahmen dürfen die Felder nicht oder zu-mindest nicht in Richtung Fetus aufge-blendet werden. Die Verwendung von Röntgenkontrollaufnahmen mit einer 2. Röntgenquelle am Linearbeschleuni-ger bedarf einer sorgfältigen Nutzen-Ri-siko-Abwägung. In jedem Fall sollte das abgebildete Volumen so klein wie mög-lich gehalten werden. Die Dosis am Fetus kann durch Zusatzabschirmungen aus 4–5 Halbwertsschichtdicken Blei zur Re-duktion der Beiträge der Durchlassstrah-len und Streustrahlen aus den Kollimato-ren deutlich reduziert werden [19, 51, 58]. Das Gewicht dieser Zusatzabschirmun-gen kann 100 kg und mehr betragen. Es gibt verschiedene konstruktive Lösungen, um den täglichen Einsatz der Zusatzab-schirmungen zu erleichtern [19, 51, 58]. Jo-sipovic et al. [23] konstruierten eine Ab-schirmung aus der Lipowitz-Legierung, die am Kopf des Linearbeschleunigers an-gebracht wird und die für die intensitäts-modulierte Strahlentherapie aus multip-len Einstrahlrichtungen geeignet ist. Eine Reduktion der Strahlenbelastung im Ute-rus von 50% und mehr kann durch Zu-satzabschirmungen erreicht werden. Da-her ist sie generell zu empfehlen.

Muss bei einer schwangeren Patien-tin eine Strahlenbehandlung in Form einer perkutanen Strahlentherapie oder einer Brachytherapie durchgeführt wer-den, dann ist die Ermittlung der Uterus-dosis in die physikalische Bestrahlungs-planung zu integrieren. Eine enge Zusam-menarbeit zwischen Radioonkologen und Medizinphysikern ist in diesem Fall erfor-derlich. Zur Durchführung von Messun-

gen wird auf den Report der AAPM ver-wiesen [58].

Nutzen-Risiko-Abwägungen für die Strahlentherapie in einzelnen klinischen Situationen

In der Praxis wird eine Strahlentherapie einer schwangeren Frau wegen einer ma-lignen Erkrankung auch in großen Klini-ken nur selten durchgeführt. Um strikt die Notwendigkeit der Strahlentherapie zu überprüfen, sind vom Radioonkologen initial immer folgende Fragen zu stellen:F  Kann die Therapie bis zum Geburts-

termin aufgeschoben werden?F  Ist eine vorzeitige Entbindung des le-

bensfähigen Kindes mit geringem Ri-siko möglich?

F  Kann der Beginn der Strahlenthera-pie wenigstens bis zum Erreichen der 16. Schwangerschaftswoche zur Mi-nimierung teratogener Risiken aufge-schoben werden? Allerdings kann je nach Tumorlokalisation mit zuneh-mendem Fundusstand die Strahlen-belastung des Fetus zunehmen.

F  Gibt es Alternativen der Strahlenthe-rapie mit besserem Schutz des Kin-des ohne Einschränkung der Progno-se der Mutter?

Mammakarzinom

Der Einsatz der adjuvanten Strahlenthe-rapie des Mammakarzinoms während einer Schwangerschaft wird kontrovers diskutiert. In der Leitlinie Breast Cancer des National Comprehensive Cancer Net-works und verschiedenen Reviews wird die adjuvante Strahlentherapie während der Schwangerschaft nach brusterhalten-der Operation als kontraindiziert angese-hen. Diese sollte bis nach der Geburt ver-schoben werden [37, 43, 53]. Im Gegen-satz dazu wurde auf einer internationa-len Konsensuskonferenz die Strahlenthe-rapie der Brust als relativ sichere Behand-lungsoption im 1. und 2. Trimenon nach ausführlicher interdisziplinärer Diskus-sion aller Behandlungsoptionen mit der Patientin, insbesondere des Aufschubs der Strahlentherapie bis nach der Ge-burt, akzeptiert [2]. Im 3. Trimenon kann bei höherem Fundusstand die Fetalbelas-tung einer Tangentenbestrahlung auf un-

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Leitthema

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akzeptable Werte ansteigen [33]. Auch sa-hen Kal u. Struikmans [25] sowie Ring et al. [52] in ihren Berichten die adjuvante Strahlentherapie beim Mammakarzinom unter Umständen als gerechtfertigt an, insbesondere wenn keine adjuvante Che-motherapie während der Schwangerschaft appliziert wird. Diese Ansicht basiert auf der Befürchtung einer Verschlechterung der lokalen Tumorkontrolle bei Aufschub der Strahlentherapie auf einen Zeitpunkt post partum. Jedoch zeigen große retros-pektive Studien und eine Metaanalyse kei-nen signifikanten Einfluss des Intervalls zwischen brusterhaltender Operation und dem Beginn der Strahlentherapie bis über 180 Tage hinaus auf das Überleben der Patientinnen [5, 10, 12, 30]). Insgesamt sollte die adjuvante Strahlentherapie nach brusterhaltender Operation wegen Mam-makarzinom nur unter besonderen indi-viduellen Umständen mit sicher erhöh-tem, anderweitig nicht abwendbarem Ri-siko für die Mutter indiziert werden.

Indikationen zur Strahlentherapie-während der Schwangerschaft können sich bei behandlungsbedürftigen Metas-tasen ergeben, z. B. bei multiplen Hirn-metastasen oder interventionell pneumo-nologisch nicht ausreichend behandelba-ren Einengungen der oberen Luftwege durch einen mediastinalen Tumor. Hier-bei ist die Gefahr für das Leben oder einer schwerwiegenden Beeinträchtigung der Mutter abzuwenden und der bestmögli-che Schutz des Kindes zu gewährleisten. Bezüglich der Durchführung der Strah-lentherapie sollte mit allen technischen Möglichkeiten versucht werden, die Do-sis am Fetus unter 0,1 Gy zu halten.

Zervixkarzinom

Eine kurativ intendierte Strahlentherapie einer Patientin mit Zervixkarzinom wäh-rend der Schwangerschaft bei niedriger Dosisbelastung von Embryo oder Fetus ist nicht möglich. Die meisten Frauen mit

Zervixkarzinom in der Schwangerschaft werden im Stadium I diagnostiziert [21]. In diesem Stadium steht meist die Opera-tion im Vordergrund. Frauen, die die Be-handlung bis zur Reife des Fetus verzögern, können vorzeitig entbunden werden. In-dikationen zur Strahlentherapie bestehen prinzipiell bei den fortgeschritteneren Tu-moren in den Stadien Figo II–IV und bei einigen Patientinnen mit Bulky-T1B-Tu-moren. Sie wird in der Regel in Kombi-nation mit einer Cisplatin enthaltenden Chemotherapie durchgeführt. Je nach Al-ter des Kindes und Wachstumsgeschwin-digkeit des Tumors ist das Abwarten bis zum Geburtstermin oder bis zur ausrei-chenden Reife des Kindes und vorzeiti-gen Entbindung per Kaiserschnitt eine wichtige Option. Über Therapieverzöge-rungen bis zu 32 Wochen wurde berich-tet, wobei die Krankheit bei der Mehrzahl der Patientinnen nur langsam progredient war [17, 64]. Schmerzen waren die Haupt-symptome [17]. Die Prognose des Zervix-

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karzinoms während der Schwangerschaft unterscheidet sich nicht wesentlich von der in anderen Lebensphasen [63]. Über die Durchführung einer neoadjuvanten Chemotherapie zur Kontrolle des Zer-vixkarzinoms bis zur Entbindung liegen nur begrenzte Daten vor [63, 64]. Insge-samt wird die Indikation zur Strahlenthe-rapie unter Abwägung aller Therapieal-ternativen in enger interdisziplinärer Ab-stimmung gestellt. Bezüglich der Durch-führung der Strahlentherapie bei einem Zervixkarzinom während der Schwan-gerschaft, wenn sie zur Aufrechterhal-tung der kurativen Chancen der Mutter im Einzelfall indiziert wird und von der Patientin der Erhalt der Schwangerschaft nicht gewünscht wird, empfehlen die ver-fügbaren Berichte den Beginn der per-kutanen Strahlentherapie ohne Modifi-kationen oder zusätzliche Eingriffe [4, 6, 13, 64]. Es ist selbstverständlich, dass bei einer Strahlentherapie des Uterus in der Schwangerschaft die gesetzlichen Aufklä-rungs-, Beratungs- und sonstigen Verfah-rensvorschriften vor Beginn einer Strah-lentherapie aus dringlicher medizinischer Indikation eingehalten werden.

M. Hodgkin

Die Stellung der Strahlentherapie in der Therapie des M. Hodgkin hat sich in den letzten Jahren gewandelt. Auch in den frühen Stadien wird die Chemothe-rapie als wesentlicher Therapiebestand-teil integriert und die Strahlentherapie wird in kombinierten Protokollen bezüg-lich Volumen und Gesamtdosis zurück-genommen [38]. Bei der Diagnose eines M. Hodgkin während einer Schwanger-schaft ist in jedem Fall eine eingehende interdisziplinäre Beratung der Schwange-ren notwendig. Liegt ein frühes Stadium vor, dann ist bei langsamer Wachstums-geschwindigkeit eine Watch-and-wait-Strategie und ggf. die Vorbereitung einer vorzeitigen Entbindung sinnvoll. Danach wird mit der Standardtherapie begonnen. Bei fortschreitender Erkrankung und Auftreten von Symptomen, z. B. Trachea-kompression oder obere Einflussstauung, kann die Notwendigkeit der Strahlenthe-rapie oder alternativ eine Chemothera-pie nach eingehender Diskussion der in-dividuellen Umstände mit dem Chemo-

therapeuten gegeben sein. Eine Invol-ved-Field-Strahlentherapie von supra-diaphragmalen Lokalisationen, der Ge-sichts-Hals-Region, der Supraklavikular-region oder dem oberen Mediastinum ist mit der Dosis von < 0,1 Gy am Uterus in vielen Fällen möglich [9, 67]. In . Abb. 1 zeigt das Planungs-MRT einer Patien-tin, die bei zunehmender oberer Einfluss-stauung bei M. Hodgkin im Stadium IIB in der 20.–21. Schwangerschaftswoche im Jahr 2006 nach interdisziplinärer Ab-sprache mit dem betreuenden erfahrenen Hämatoonkologen mit einer Main-Bulk-Strahlentherapie erfolgreich symptom-kontrolliert wurde und nach der Geburt eine Chemotherapie in kurativer Inten-tion erhielt. Die Strahlendosis am Fundus des Uterus betrug 0,04 Gy, einem Wert in dem auch von anderen Autoren bekann-ten Bereich [25]. Insgesamt sind die The-rapieentscheidungen auf den Einzelfall abzustimmen. Die Risiken der Strahlen-therapie sind interdisziplinär gegen die einer Chemotherapie, meist ABVD, oder einer Watch-and-wait-Strategie abzuwä-gen. Eine Abschätzung der Strahlendosis auf den Fetus ist in jedem Fall vor Thera-pieeinleitung notwendig.

Hirntumoren und Plattenepithel-karzinome der Kopf-Hals-Region

Es existieren viele Berichte über eine er-folgreiche Strahlentherapie von Hirntu-moren und Plattenepithelkarzinomen der Kopf-Hals-Region während der Schwan-gerschaft [18, 24, 51, 56]. Bei den Hirntu-moren handelt es sich meist um irresekt-able Tumoren in kritischen Regionen wie Hirnstamm, Zwischenhirn oder Sehbahn, die eine Progredienz der klinischen Sym-ptomatik gezeigt haben. Bei Plattenepi-thelkarzinomen der Kopf-Hals-Region sind schnellwachsende Tumoren, bei denen die Strahlentherapie stadienabhän-gig entweder postoperativ eingesetzt wird oder die hauptsächliche kurative Thera-piemodalität darstellt, wie z. B. bei Naso-pharynxkarzinomen. Bei Kopf-Hals-Tu-moren existiert Evidenz, dass die Verzö-gerung einer Strahlentherapie zu einer Prognoseverschlechterung führt [10]. Mit zusätzlichen Abschirmmaßnahmen kön-nen bei diesen Indikationen Gesamtdo-sen am Fetus von < 0,05–0,1 Gy eingehal-

ten werden [14, 31, 32, 35, 50, 51, 56]. Auch eine Gamma-Knife-Therapie ist während der Schwangerschaft unter Einhaltung der Schwellenwerte für den Fetus mög-lich [36]. Die Verwendung nichtkompla-narer Felder ist während der Schwanger-schaft eingeschränkt. Insgesamt können viele Hirntumoren und Kopf-Hals-Kar-zinome eine dringliche Behandlungsindi-kation für die Mutter darstellen, bei einer Strahlenbelastung unterhalb der genan-ten Grenzwerte für den Fetus, sodass sich nach interdisziplinärer Konsultation mit internistischen Onkologen und dem zu-ständigen chirurgischen Fach in vielen Si-tuationen klare Behandlungsempfehlun-gen zum Einsatz der Strahlentherapie er-geben können [25].

Fazit für die Praxis

F  Der Indikation zur Strahlentherapie während der Schwangerschaft geht immer eine sehr eingehende Nutzen-Risiko-Analyse voraus.

F  Zwischen der 2. und 12. Gestations-woche besteht eine höhere Empfind-lichkeit des Fetus für teratogene Ef-fekte durch Strahlenexposition, je-doch sind diese Risiken für den Fetus bei Unterschreiten einer Schwellen-dosis von 0,1 Gy gering einzuschät-zen.

F  Führt der Verzicht der Strahlenthera-pie bei Abwägen aller Behandlungs-alternativen einschließlich eines Watch-and-wait-Vorgehens zu einer erwarteten Prognoseverschlechte-rung der Mutter, dann kann die Strah-lentherapie in vielen klinischen Situ-ationen mit geringem Risiko für das Kind durchgeführt werden.

Korrespondenzadresse

M. StuschkeStrahlenklinik, Universitätsklini-kum EssenHufelandstraße 55, 45122 [email protected]

Interessenkonflikt.  Der korrespondierende Autor gibt für sich und seinen Koautor an, dass kein Interes-senkonflikt besteht.

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Leitthema

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56.  Sneed PK, Albright NW, Wara WM et al (1995) Fetal dose estimates for radiotherapy of brain tumors during pregnancy. Int J Radiat Oncol Biol Phys 32:823–830

57.  Stieve FE (1976) Strahlenbedingte teratogene Wir-kungen und Schwangerschaftsabbruch. Rontgen-blatter 29:465–482

58.  Stovall M, Blackwell CR, Cundiff J et al (1995) Fe-tal dose from radiotherapy with photon beams: re-port of AAPM Radiation Therapy Committee Task Group No.36. Med Phys 22:63–82

59.  Strahlenschutzkommission (2006) Strahlenschutz für das ungeborene Kind. Empfehlung der Strah-lenschutzkommission und wissenschaftliche Be-gründung. Heft 48, Schnelle Verlag, Kleinmach-now, http://www.ssk.de

328 |  Der Onkologe 4 · 2012

Leitthema

Page 14: Strahlentherapie in der Schwangerschaft

60.  United Nations Scientific Committee on the effects of atomic radiation (1986) Genetic and somatic ef-fects of ionising radiation. Report to the General Assembly, Annex C, United Nations, New York

61.  United Nations Scientific Committee on the effects of atomic radiation (1993) Radiation effects on the developing human brain. Report to the Gene-ral Assembly, Annex H, United Nations, New York, S. 841

62.  United Nations Scientific Committee on the effects of atomic radiation (2001) Hereditary effects of io-nizing radiation. United Nations, New York, http://www.unscear.org

63.  Van Calsteren K, Vergote I, Amant F (2005) Cervical neoplasia during pregnancy: diagnosis, manage-ment and prognosis. Best Pract Res Clin Obstet Gy-naecol 19:611–630

64.  Weisz B, Schiff E, Lishner M (2001) Cancer in preg-nancy: maternal and fetal implications. Hum Re-prod Update 7:384–393

65.  Winchester DP, Cox JD (1998) Standards for dia-gnosis and management of invasive breast cancer. Ca Cancer J Clin 48:83–107

66.  Yoshimoto Y, Delonqchamp R, Mabuchi K (1994) In-utero exposed atomic bomb survivors: cancer risk update. Lancet 344:345–346

67.  Zucali R, Marchesini R, De Palo G (1981) Abdomi-nal dosimetry for supradiaphragmatic irradiation of Hodgkin’s disease in pregnancy. Experimental data and clinical considerations. Tumori 67:203–208

Sprecherwechsel in der Arbeits-gemeinschaft Palliativmedizin der Deutschen Krebsgesellschaft

In der Mitgliederversammlung am 24.2.2012 

wurden Prof. Dr. Florian Lordick, Medizini-

sche Klinik III, Hämatologie und Onkologie, 

Klinikum Braunschweig und Dr. Birgitt van 

Oorschot, Interdisziplinäres Zentrum Palliativ-

medizin, Klinik und Poliklinik für Radioonko-

logie des Universitätsklinikum Würzburg, 

zu Sprechern der Arbeitsgemeinschaft 

Palliativmedizin (APM) gewählt. Sie treten 

die Nachfolge von Prof. Dr. Ulrich Kleeberg, 

Hamburg und Prof. Dr. Raymond Voltz, Köln, 

an, die nach einer intensiven 2-jährigen Auf-

bauphase ihr Amt abgaben. Die APM inner-

halb der Deutschen Krebsgesellschaft wurde 

im Rahmen des Deutschen Krebskongresses 

am 1.5.2010 in Berlin gegründet. Durch die 

APM soll das Thema Palliativmedizin in allen 

onkologisch tätigen Disziplinen nachhaltig 

verankert werden. Die APM bietet ein Forum 

zur Verbesserung des gegenseitigen Ver-

ständnisses von onkologisch tätigen Ärzten 

und Palliativmedizinern und fördert Syn-

ergien durch den strukturierten Austausch 

und die Einbeziehung von Vertretern bereits 

etablierter palliativmedizinischer Arbeitsge-

meinschaften der verschiedenen onkologisch 

tätigen Fachgesellschaften und Bereiche. 

Die APM beteiligt sich an der Vorbereitung 

und Durchführung von Fortbildungen und 

Seminaren. Der Erfolg dieser Bemühungen 

war an den vielfältig präsenten palliativ-

medizinischen Themen auf dem diesjährigen 

Krebskongress ersichtlich.

Die ASCO-Empfehlungen zur Integration 

der Palliativmedizin in die individualisierte 

Behandlung von Patienten mit fortgeschrit-

tenen Krebserkrankungen wurden an die 

deutschen Verhältnisse adaptiert und publi-

ziert (Peppercorn, J.M. et al: ASCO statement: 

toward individualized care for patients with 

advanced cancer,  J. Clin Oncol. 2011; 29: 755 

– 760 und InfoOnkologie 2011; 14(6):50-55). 

Dieses Statement wurde als Kern-Anliegen 

und Leitschnur von der APM übernommen. 

Die APM tritt für die explizite Verankerung 

der Palliativmedizin im Nationalen Krebsplan 

ein, beteiligt sich an der S3-Leitlinie Palliativ-

medizin und ist in den Zertifizierungskom-

missionen der Deutschen Krebsgesellschaft 

mit einer Stimme vertreten. In einer Stellung-

nahme von Januar 2012 an die Mitglieder des 

Fachnachrichten

Gesundheitsausschusses unterstützt sie aus-

drücklich die Stellungnahmen der Deutschen 

Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP), sowie 

die gemeinsame Stellungnahme der Bun-

desärztekammer und der Kassenärztlichen 

Vereinigung zum Querschnittsbereich 13 Pal-

liativmedizin. Die Etablierung der Schmerz-

medizin in der Approbationsordnung wird 

begrüßt, gleichzeitig aber wird gefordert, das 

Querschnittsfach „Palliativmedizin“ als QB13 

wie bestehend zu belassen und vielmehr für 

die „Schmerzmedizin“ ein QB 14 zu schaffen. 

Die APM unterstützt und begleitet wissen-

schaftliche Studien im Schnittbereich Onkolo-

gie / Palliativmedizin. Dieser Schwerpunkt soll 

in den kommenden Jahren in enger Koope-

ration mit der Arbeitsgemeinschaft Internisti-

sche Onkologie (AIO)  und der Arbeitsgemein-

schaft Forschung der Deutschen Gesellschaft 

für Palliativmedizin (DGP) ausgebaut werden. 

Eine Antragstellung für APM-Studien ist ab 

sofort formlos an den Sprecher möglich, 

die SOP ist auf der Internetseide der APM 

publiziert. Darüber hinaus wird sich die APM 

verstärkt für die Berücksichtigung relevanter 

palliativmedizinischer Endpunkte in onkologi-

schen Studien einsetzten. 

Quelle: Deutsche Krebsgesellschaft e.V.,

www.krebsgesellschaft.de

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