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Steuerwettbewerb und Direktinvestitionen Unternehmen und Märkte WS 2007/08 Prof. Dr. Robert Schwager Professur Finanzwissenschaft Volkswirtschaftliches Seminar Georg-August-Universität Göttingen 9. Januar 2008

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Page 1: Steuerwettbewerb und Direktinvestitionen Unternehmen und Märkte WS 2007/08 Prof. Dr. Robert Schwager Professur Finanzwissenschaft Volkswirtschaftliches

Steuerwettbewerb und Direktinvestitionen

Unternehmen und Märkte WS 2007/08

Prof. Dr. Robert Schwager

Professur FinanzwissenschaftVolkswirtschaftliches Seminar

Georg-August-Universität Göttingen

9. Januar 2008

Page 2: Steuerwettbewerb und Direktinvestitionen Unternehmen und Märkte WS 2007/08 Prof. Dr. Robert Schwager Professur Finanzwissenschaft Volkswirtschaftliches

Steuerwettbewerb und Direktinvestitionen

2Robert Schwager Unternehmen und Märkte, 9. Januar 2008

Fragestellungen

• Wie wirken Steuern auf Investitionsentscheidungen international tätiger Unternehmen?

• Welche Auswirkungen hat dies auf die Steuerpolitik?

• Sollten Unternehmenssteuern in der Europäischen Union harmonisiert werden?

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Steuerwettbewerb und Direktinvestitionen

3Robert Schwager Unternehmen und Märkte, 9. Januar 2008

Ertragsteuern und Produktionsstandorte von VW

Produktionsstandort des Volkswagenkonzerns, Stand 30.06.2007. Quelle: Internetseite des Volkswagen-Konzerns, http://www.volkswagenag.com/vwag/vwcorp/content/de/the_group/production_plants.html

1)Gewerbesteuerhebesatzvon400vH.

Quelle:ZEW

1020

3040

5060

0

vH

Bulgarien

Zypern

Irland

Lettland

Rum

änien

Ungarn

Litauen

Polen

Slowakei

Estland

Slowenien

Tschechische

Republik

Griechenland

Österreich

Niederlande

Finnland

Portugal

Dänem

ark

Schweden

Luxemburg

Deutschland

2008

1)

Vereinigtes

Königreich

Spanien

Belgien

Frankreich

Malta

Italien

Deutschland

2007

1)TarifbelastungvonKapitalgesellschaften

Rechtsstand

2007

©Sachverständigenrat

Neu

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EU

-15

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chla

nd)

Schaubild66

Tarifliche Gewinnsteuerbelastung von Kapitalgesellschaften in %, 2007. Quelle: Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (2007): Das Erreichte nicht verspielen, Jahresgutachten 2007/08, Schaubild 66, S. 272.

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Steuerwettbewerb und Direktinvestitionen

4Robert Schwager Unternehmen und Märkte, 9. Januar 2008

Die Investitionsentscheidung

• Ein Unternehmen hat einen bestimmten €-Betrag („Kapital“) zur Verfügung, den es ausgeben („investieren“) will, um seine Produktionskapazität dauerhaft auszuweiten

• Verschiedene Investitionsprojekte sind möglich, z.B. Kauf einer Maschine, Bau eines Betriebsgebäudes, ...

• Jedes Projekt bringt in Zukunft laufende Zahlungsüberschüsse [€ pro Jahr]. Relativ zur Investitionsausgabe sind die

Zahlungsüberschüsse eines Projektes die Rendite [%].

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Steuerwettbewerb und Direktinvestitionen

5Robert Schwager Unternehmen und Märkte, 9. Januar 2008

6 %

60

Die Renditekurve I

10 %

10

8 %

20

4 %

80

3 %

120

7 %

50

6 %

Es werden alle Projekte durchgeführt,

deren Rendite mindestens 6%

beträgt.

Tausend €

Rendite

0

Es stehen 60 000 € Kapital zur Verfügung.

Die möglichen Investitionsprojekte werden absteigend nach ihrer Rendite geordnet.

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Steuerwettbewerb und Direktinvestitionen

6Robert Schwager Unternehmen und Märkte, 9. Januar 2008

Die Renditekurve II

Wenn jedes einzelne Investitionsprojekt sehr klein ist, wird die Renditekurve als glatte Kurve gezeichnet.

Kapital

Rendite

0

Rendite des letzten

realisierten Projektes

vorhandenes Kapital

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Steuerwettbewerb und Direktinvestitionen

7Robert Schwager Unternehmen und Märkte, 9. Januar 2008

Internationale Investitionsentscheidung I

• Das für Investitionen insgesamt bereit stehende Kapital ist vorgegeben.

• International tätige Unternehmen investieren dort, wo die Rendite am höchsten ist: Kapital ist „mobil“.

• Analyse für zwei Länder, Land A und Land B.

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Steuerwettbewerb und Direktinvestitionen

8Robert Schwager Unternehmen und Märkte, 9. Januar 2008

Internationale Investitionsentscheidung II

Renditekurve im Land A

Kapital in Land A

Rendite

0

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Steuerwettbewerb und Direktinvestitionen

9Robert Schwager Unternehmen und Märkte, 9. Januar 2008

Internationale Investitionsentscheidung II

Rendite-kurve im Land B

Kapital in Land B

Rendite

0Kapital in Land B

Rendite

0

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Steuerwettbewerb und Direktinvestitionen

10Robert Schwager Unternehmen und Märkte, 9. Januar 2008

Internationale Investitionsentscheidung III

Das vorhandene Kapital wird auf die beiden Länder aufgeteilt.

Kapital in Land A

Rendite Rendite

Kapital in Land B

Gesamtes Kapital

in Land A investiertes Kapital

in Land B investiertes Kapital

Rendite des letzten realisierten

Projektes in beiden Ländern

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Steuerwettbewerb und Direktinvestitionen

11Robert Schwager Unternehmen und Märkte, 9. Januar 2008

Steuern und Investitionsentscheidung I

• Land A besteuert die Erträge der dort getätigten Investitionen.

• Eine Investition im Land A löst somit Steuerzahlungen aus, die die Zahlungsüberschüsse reduzieren.

• Die Steuer pro € investiertes Kapital ist der Steuersatz.

• Jede Investition in Land A bringt nur eine um den Steuersatz verminderte Rendite.

• Die Kurve der Nachsteuerrendite verläuft tiefer als die Kurve der Vorsteuerrendite.

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Steuerwettbewerb und Direktinvestitionen

12Robert Schwager Unternehmen und Märkte, 9. Januar 2008

Steuern und Investitionsentscheidung II

Kapital in Land A

Rendite Rendite

Kapital in Land B

Gesamtes Kapital

in Land A investiertes Kapital

in Land B investiertes Kapital

Rendite des letzten realisierten Projektes

in Land A

Steuersatz in Land ARendite des letzten

realisierten Projektes in Land B

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Steuerwettbewerb und Direktinvestitionen

13Robert Schwager Unternehmen und Märkte, 9. Januar 2008

Steuern und Investitionsentscheidung III

Ergebnisse:

• In dem Land, das höhere Steuern erhebt, wird weniger investiert.

• In diesem Land unterbleiben Investitionen, die (vor Steuer) rentabler sind, als Investitionen, die im anderen Land

durchgeführt werden.

Empirische Größenordnung:

Eine Erhöhung des Steuersatzes in einem Land um 1 Prozent-Punkt senkt die in dieses Land fließenden Direktinvestitionen um 3,3 Prozent.

Quelle: De Mooij, R. und S. Ederveen (2003): Taxation and Foreign Direct Investment: A Synthesis

of Empirical Research, International Tax and Public Finance 10, 673-693.

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Steuerwettbewerb und Direktinvestitionen

14Robert Schwager Unternehmen und Märkte, 9. Januar 2008

Gesellschaftlicher Ertrag staatlicher Leistungen

• Staatliche Ausgaben

-Bildung

-Straßen

-Innere Sicherheit

-Sozialleistungen

• Gesellschaftlicher Ertrag einer staatlichen Leistung = Wertschätzung der Bürger für diese Leistung

• Die staatlichen Leistungen werden absteigend nach ihrem gesellschaftlichen Ertrag geordnet.

Entscheidung über den Steuersatz I

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Steuerwettbewerb und Direktinvestitionen

15Robert Schwager Unternehmen und Märkte, 9. Januar 2008

Gesellschaftliche Kosten staatlicher Leistungen

• Steuerzahlung

• Einkommenseinbuße durch Kapitalflucht

Der Steuersatz wird erhöht, solange der gesellschaftliche Ertrag zusätzlicher staatlicher Leistungen größer ist als die gesellschaftlichen Kosten zusätzlicher staatlicher Leistungen.

Entscheidung über den Steuersatz II

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Steuerwettbewerb und Direktinvestitionen

16Robert Schwager Unternehmen und Märkte, 9. Januar 2008

staatliche Leistungen [€]

Ertrag, Kosten einer zusätzlichen staatlichen Leistung [€]

0

Entscheidung über den Steuersatz III

Ertrag einer zusätzlichen

staatlichen Leistung

optimales staatliches Leistungs-

niveau

1 €

Kosten einer zusätzlichen staatlichen Leistung

optimales staatliches

Leistungsniveau bei Kapitalmobilität

Kosten einer zusätzlichen staatlichen

Leistung bei Kapitalmobilität

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Steuerwettbewerb und Direktinvestitionen

17Robert Schwager Unternehmen und Märkte, 9. Januar 2008

Entscheidung über den Steuersatz IV

Ergebnisse:

• Das optimale staatliche Leistungsniveau sinkt, wenn Kapital mobil ist.

• Der Steuersatz wird gesenkt.

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Steuerwettbewerb und Direktinvestitionen

18Robert Schwager Unternehmen und Märkte, 9. Januar 2008

Eine kritische Sichtweise des Steuerwettbewerbs

• Länder, die selbständig Steuersätze bestimmen dürfen, werden versuchen, durch Steuersenkungen Kapital anzuziehen.

• Zwischen den Ländern entsteht ein ruinöser Wettbewerb um die niedrigsten Steuern.

• Deshalb müssen die Staatsausgaben gesenkt werden.

• Die Europäische Union sollte die Unternehmenssteuern harmonisieren.

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Steuerwettbewerb und Direktinvestitionen

19Robert Schwager Unternehmen und Märkte, 9. Januar 2008

Eigennütziger Staat I

• Staatsausgaben dienen nicht den Interessen der Bürger, …

• … sondern den Politikern und den sie unterstützenden Interessengruppen, z.B.

-überhöhte Diäten

-Prestigeprojekte

-Subventionen (Landwirtschaft, Steinkohle, …)

-überzähliges Personal im öffentlichen Dienst

• Grenzen der Besteuerung durch den eigennützigen Staat

-Abwahl der Regierung

-Leistungsverweigerung, Steuerhinterziehung, Schwarzarbeit

-Mobilität

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Steuerwettbewerb und Direktinvestitionen

20Robert Schwager Unternehmen und Märkte, 9. Januar 2008

Eigennütziger Staat II

Mobilität und eigennützige Politik

• Mobilität gibt den Besteuerten die Möglichkeit, der Besteuerung auszuweichen.

• Mobilität begrenzt die Macht der Politik über die Bürger.

• Die Steuerlast geht zurück.

• Die Steuereinnahmen werden im Interesse der Besteuerten verwendet.

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Steuerwettbewerb und Direktinvestitionen

21Robert Schwager Unternehmen und Märkte, 9. Januar 2008

Eine positive Sichtweise des Steuerwettbewerbs

• Länder, die hohe Steuern erheben, können bessere staatliche Leistungen finanzieren.

• Solche Leistungen erhöhen die Rendite der Investitionen, z.B.

-Infrastruktur

-Rechtssicherheit

• Die Unternehmen sind deshalb bereit, höhere Steuern als Preis für gute staatliche Leistungen zu bezahlen.

• Kapitalmobilität sorgt dafür, dass Steuereinnahmen für staatlicheLeistungen verwendet werden, die den Investoren nutzen.

• Eine Harmonisierung der Unternehmensbesteuerung ist nicht sinnvoll, da der Druck des Wettbewerbs die Regierungen dazu anhält, sich um attraktive Standortbedingungen zu bemühen.

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Steuerwettbewerb und Direktinvestitionen

22Robert Schwager Unternehmen und Märkte, 9. Januar 2008

Fazit: Steuerwettbewerb und Investitionen

• Steuern beeinflussen die Investitionsentscheidung international tätiger Unternehmen.

• Standortpolitik sollte Steuern im Zusammenhang mit den für Unternehmen wichtigen staatlichen Leistungen sehen.

• Unternehmenssteuern sollten (nur dann) harmonisiert werden, wenn die Politik hohe Steuern, aber geringe staatliche

Leistungen für Unternehmen anstrebt.