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Diplomarbeit zum Thema:
„Simulation und Optimierung von Arrays aus
Tieftonlautsprechern“
Vorgelegt von: Thomas Hauck
Erstbetreuer: Dipl.Ing. Volker Holtmeyer
Zweitbetreuer: Dipl.Ing. Roland Feigl
Studiengang: Veranstaltungstechnik
Kurs: TEN04VV
Ausbildungsbetrieb: Delta-Vision GdbR
Bearbeitungszeitraum: 1.06.07 – 31.08.07
Erklärung
I
Erklärung
Hiermit erkläre ich, dass die vorliegende Diplomarbeit von mir selbst verfasst und
keine anderen als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel verwendet wurden.
Mannheim, den 28.08.07
.................................................................... (Thomas Hauck)
Inhaltsverzeichnis
II
1 Einleitung ........................................................................................................... 1
2 Grundlagen der Wellenausbreitung ................................................................... 3
2.1 Modelle zur Wellenausbreitung einer Schallquelle..................................... 3
2.1.1 Der Feldbegriff.................................................................................... 3
2.1.2 Ebenes Wellenfeld.............................................................................. 3
2.1.3 Zylinderwellenfeld............................................................................... 3
2.1.4 Kugelwellenfeld .................................................................................. 4
2.2 Wellenausbreitung mehrerer Quellen......................................................... 5
2.2.1 Konstruktive und destruktive Interferenzen ........................................ 5
2.2.2 Huygens´sches Prinzip....................................................................... 6
2.2.3 Gültigkeit der Wellenmodelle (Nahfeld-Fernfeld)................................ 6
3 Simulation von Frequenzen unter 125 Hz.......................................................... 9
3.1 Modellansätze zur Akustiksimulation ......................................................... 9
3.1.1 Wellentheoretische Akustik ................................................................ 9
3.1.2 Numerische Akustik............................................................................ 9
3.1.3 Geometrische Akustik....................................................................... 10
3.2 Das Akustiksimulationsprogramm ULYSSES .......................................... 11
3.2.1 Programmbeschreibung ................................................................... 11
3.2.2 Zu Grunde liegende Berechnungsmodelle ....................................... 12
3.2.3 Speaker Builder ................................................................................ 14
3.2.4 Einschränkungen von ULYSSES ..................................................... 15
3.3 Mögliche Nutzung von ULYSSES zur Simulation tieffrequenter
Schallfelder............................................................................................... 16
3.3.1 Skalierung der Hörfläche .................................................................. 16
3.3.2 Lautsprecherdaten............................................................................ 18
3.3.3 Grenzen der Skalierungsmethode.................................................... 18
3.4 Erzeugung der Balloondaten für einen einzelnen Subwoofer .................. 19
3.4.1 Messbereich ..................................................................................... 19
3.4.2 Freifeldbedingungen......................................................................... 19
3.4.3 Messung im Fernfeld ........................................................................ 21
3.4.4 Messung und Aufbereitung der Polardaten ...................................... 21
4 Bassarray Schallfelder ..................................................................................... 23
4.1 Anforderungen an das Bass-Schallfeld .................................................... 23
4.1.1 Anpassung an Mittel-, Hochtonsysteme ........................................... 23
4.1.2 Maximal- und Minimalpegel.............................................................. 23
Inhaltsverzeichnis
III
4.1.3 Zulässige Pegelschwankungen ........................................................ 24
4.1.4 Richtwirkung außerhalb der Publikumsfläche .................................. 24
4.2 Linienarrays aus Basslautsprechern ........................................................ 25
4.2.1 Simulation eines Linienarrays........................................................... 25
4.2.2 Gerades Linienarray im Fernfeld ...................................................... 30
4.2.3 Gerades Linienarray im Nahfeld........................................................... 34
4.2.4 Planung und Dimensionierung von geraden Arrays ......................... 39
4.3 Gebogene Arrays ..................................................................................... 42
4.3.1 Simulation eines gebogenen Arrays................................................. 42
4.3.2 Gebogenes Array im Fernfeld .......................................................... 43
4.3.3 Gebogenes Array im Nahfeld ........................................................... 44
4.3.4 Planung und Dimensionierung eines gebogenen Arrays ................. 46
4.4 Arrays aus Cardioiden.............................................................................. 50
4.4.1 Cardioid-Subwoofer.......................................................................... 50
4.4.2 Simulation von Cardioiden im Array: ................................................ 52
5 Freifeldmessung der Array-Konfigurationen..................................................... 55
5.1 Durchführung der Messung...................................................................... 55
5.2 Analytische Überprüfung der Messergebnisse......................................... 58
5.3 Vergleich zwischen Messung, Simulation und Berechnung..................... 60
5.4 Diskussion der Ergebnisse....................................................................... 62
6 Zusammenfassung........................................................................................... 64
7 Quellenverzeichnis............................................................................................IV
8 Abbildungsverzeichnis .......................................................................................V
9 Anhang.............................................................................................................VII
9.1 Berechnung des Schalldruckpegel eines gebogenen Arrays für einen
Punkt P(x/y)..............................................................................................VII
9.2 Messkurven ................................................................................................X
9.2.1 Gerades Array ....................................................................................X
9.2.2 Gebogenes Array R= 69m................................................................XII
9.2.3 Gebogenes Array R= 40 m..............................................................XIII
9.3 Datenblatt d&b Q-sub............................................................................. XIV
1 Einleitung
1
1 Einleitung
Das Erscheinungsbild von Großbeschallungsanlagen hat sich in den letzten Jahren
gravierend verändert. Während Anfang der 90-er Jahre Openair-Bühnen noch von
riesigen „Wänden“ aus konventionellen Lautsprechern eingerahmt wurden, findet
man heute fast ausschließlich Systeme, die auf dem Modell der Linienquelle
basieren. Diese, meist vertikal aufgehängten „Linearrays“ ermöglichen eine bisher
nicht erreichbare Klangqualität bei einer außerordentlich großen Reichweite.
Erreicht wird dies, durch die weitgehend kohärente Abstrahlung der einzelnen
Arrayelemente über das gesamte Frequenzspektrum, wobei destruktive Inter-
ferenzen auf der Hörfläche unterbunden werden.
Zur Vermeidung starker Lautstärkeunterschiede im Publikumsbereich werden die
einzelnen Arrayelemente so zueinander gewinkelt, dass für die Beschallung der
hinteren Bereiche mehr Schallenergie zur Verfügung steht als für die vorderen.
Diese Winkelung muss mit sehr großer Sorgfalt durchgeführt werden, da schon eine
Abweichung von wenigen Grad zu einem klanglichen Versagen des gesamten
Beschallungssystems führen kann. Nicht selten werden aus diesem Grund bei
Großveranstaltungen Spezialisten mit der Einrichtung des Linearrays beauftragt.
Von den meisten Herstellern werden daher softwarebasierte Berechnungstools
angeboten, die für eine gewünschte Hörfläche die passende Winkelung der
Arrayelemente berechnet.
Da Linearrays konstruktionsbedingt nur für einen Frequenzbereich über ca. 100Hz
ausgelegt sind, ist für den Tieftonbereich eine separate Beschallung mit Basslaut-
sprechern erforderlich. Um Klangverfärbungen innerhalb der Hörfläche zu ver-
meiden, muss die Abstrahlcharakteristik der Tieftonbeschallung möglichst nah an
die des Linearrays angepasst werden. Die meisten Hersteller bieten jedoch (noch)
keine Berechnungstools für die Positionierung und Dimensionierung von Bass-
lautsprechern an, wodurch die Anwender in der Regel auf empirisches Vorgehen
angewiesen sind.
Ziel dieser Arbeit ist es daher, das Abstrahlverhalten von Tieftonsystemen zu
untersuchen und geeignete Mittel zur Beeinflussung und Vorhersage des
Schallpegelverlaufs auf einer gewünschten Hörfläche zu finden.
1 Einleitung
2
Inhaltlicher Überblick Zunächst werden einige Grundlagen und Modelle zur Wellenausbreitung von
Schallquellen und deren Interaktion betrachtet, die für den weiteren Verlauf der
Arbeit wichtig erscheinen. Ebenso werden die verschiedenen Ansätze zur
raumakustischen Simulation vorgestellt und deren Möglichkeiten hinsichtlich der
Vorhersage tieffrequenter Schallfelder erörtert.
Zur Visualisierung von Schalldruckpegeln auf einer variierbaren Hörfläche kommt
das akustische Simulationsprogramm ULYSSES zur Anwendung. Da dessen
Berechnungsalgorithmen aber auf den Prinzipien der geometrischen Raumakustik
beruhen, ist die Simulation von Frequenzen unter 125 Hz nicht vorgesehen. Es wird
daher mittels Skalierung unter Berücksichtigung einiger Randbedingungen ein Weg
beschrieben, der die Nutzung des Programms auch für tiefe Frequenzen zulässt.
Die dafür benötigten Lautsprecherdaten werden ermittelt und in das Programm
importiert.
Im weiteren Verlauf wird die resultierende Wellenausbreitung von geraden und
gebogenen Bassarrays aus Einzelquellen im Nah- und Fernfeld untersucht.
Unter Zuhilfenahme verschiedener Modelle, Simulationen und Berechnungen,
werden die veränderbaren Parameter zur gezielten Beeinflussung des Abstrahl-
verhaltens von Bassarrays herausgearbeitet.
Einige, der für die theoretischen Überlegungen herangezogenen Beispielarrays,
werden unter Freifeldbedingungen vermessen, mit eigenen Berechnungen und
Simulationen verglichen und die Ergebnisse ausgewertet.
2 Grundlagen der Wellenausbreitung
3
2 Grundlagen der Wellenausbreitung
2.1 Modelle zur Wellenausbreitung einer Schallquelle
2.1.1 Der Feldbegriff
Zur Beschreibung eines Punktes im Raum, mittels zeit- und ortsabhängiger Größen,
wurde in der Physik der Feldbegriff eingeführt. Umgekehrt bedeutet dies, dass ein
Feld aus unendlich vielen Punkten besteht, deren Eigenschaften an jedem Ort durch
die Feldgrößen bestimmbar sind.
Im Rahmen dieser Arbeit werden ausschließlich Luftschallfelder betrachtet, welche
durch die skalare Größe p (Schalldruck) und die vektorielle Größe νr
(Schall-
schnelle) beschrieben sind.
2.1.2 Ebenes Wellenfeld
Ein ebenes Wellenfeld wird von einer Schallquelle erzeugt, die selbst eine Ebene
mit unendlicher Ausdehnung darstellt. Nach Anregung durch eine Quelle breitet sich
die ebene Welle in positiver und negativer Richtung aus, wobei die Änderungen von
Schalldruck und Schallschnelle synchron verlaufen.
Da sich in der Theorie die ebene Welle nur in eine Dimension ausbreitet, bleibt die
Energiedichte und damit der Schalldruck über die Distanz konstant.
2.1.3 Zylinderwellenfeld
Ausgehend von einer unendlich langen Linienquelle entsteht eine zylindrische
Wellenform. Die Schallenergie verteilt sich dabei bei fortschreitender Welle auf die
zunehmende Mantelfläche eines Zylinders. Bei Verdoppelung des Zylinderradius
verteilt sich die Energie auf die doppelte Fläche, was zur Folge hat, dass die
Schallenergiedichte mit dem Faktor 1/r abnimmt. Der Schalldruck wird dadurch um
den Faktor 1/ r gemindert.
In Pegeln ausgedrückt, nimmt innerhalb eines Zylinderwellenfeldes der Schall-
druckpegel und der Pegel der Schallenergiedichte um jeweils 3 dB bei Abstands-
verdoppelung ab.
2 Grundlagen der Wellenausbreitung
4
Abbildung 1 Zylinderwelle
2.1.4 Kugelwellenfeld
Das in der Beschallungstechnik am häufigsten benutzte Modell, ist das des
Kugelwellenfeldes. Hierbei wird die Schallquelle auf einen Punkt reduziert. Die
Schallwellen breiten sich, vom Erregerzentrum aus gesehen, auf konzentrischen
Kugelschalen aus, deren Oberfläche quadratisch mit dem Abstand zu nimmt. Die
Schallenergiedichte nimmt dabei um den Faktor 1/r² und der Schalldruck um 1/r ab.
Wird der Abstand von der Quelle verdoppelt, entspricht das einer Schallenergie-,
bzw. Schalldruckpegelabnahme um 6 dB.
Abbildung 2 Kugelwelle
2 Grundlagen der Wellenausbreitung
5
2.2 Wellenausbreitung mehrerer Quellen
2.2.1 Konstruktive und destruktive Interferenzen
Die Schallfelder mehrerer Quellen bilden durch Überlagerung ein neues resultieren-
des Feld, da die Luftmoleküle nicht gleichzeitig unterschiedliche Schwingungs-
zustände annehmen können.
Die Amplituden des durch Interferenz entstandenen Feldes entstehen dabei durch
die Addition der Amplituden der Einzelschwingungen, wobei, je nach Phasenlage
zueinander, Verstärkungen (konstruktive Interferenzen) oder Abschwächungen
(destruktive Interferenzen) erfolgen können.
Besonders deutlich wird dieser Vorgang wenn zwei räumlich getrennte Quellen
zeitgleich Wellen mit gleicher Frequenz und Amplitude abstrahlen. An Positionen
deren Gangunterschied genau eine Wellenlänge (oder Vielfachen davon) beträgt,
findet eine Anhebung der Amplitude um maximal 6 dB statt. Bei Gangunterschieden
von einer halben Wellenlänge (oder deren ungradzahligen Vielfachen), kommt es im
Extremfall zur einer totalen Auslöschung.
Betrachtet man die Überlagerung der beiden Schallfelder an jedem Punkt in einer
Ebene, so werden ortsfeste „Gassen“ destruktiver Interferenzen sichtbar (in der
folgenden Abbildung dunkelblau dargestellt), deren Schalldruckpegel bei der
entsprechenden Frequenz gegen Null geht. Die Maximalwerte der Interferenzen
werden jedoch nur dann erreicht, wenn an dem jeweiligen Messpunkt die
Amplituden beider Wellen exakt gleich sind.
Abbildung 3 Destruktive Interferenzen
2 Grundlagen der Wellenausbreitung
6
2.2.2 Huygens´sches Prinzip
Huygens1 geht in seiner Modellvorstellung davon aus, dass die Entstehung eines
Wellenfeldes darauf beruht, dass ein durch äußere Kraft angestoßene Teilchen
seine Energie an die benachbarten Teilchen sphärisch in alle Richtungen weitergibt,
die ihrerseits diesen Vorgang an den umliegenden Teilchen fortführen. Genauso
könnte jedes Element dieser Kette für sich wieder als kugelförmig abstrahlende
Punkschallquelle betrachtet werden.
Würde man ein Wellenfeld mit punktförmiger Erregerquelle für einen Moment
anhalten und sich die Wellenfront stark vergrößert anschauen, so bestünde diese
nach Huygens aus vielen aneinander gereihten Punkschallquellen mit ebenfalls
sphärischer Ausrichtung. Für einen entfernten Zuschauer außerhalb dieses Feldes
würde es keinen Unterschied machen, ob die Wellenfront durch die primäre Quelle
in der Mitte des Feldes oder durch die Einzelquellen auf der äußeren Kugelschale
entstanden ist.
Das Huygens´sche Prinzip besagt also, vereinfacht ausgedrückt, dass jede
beliebige Wellenfront einer Schallquelle durch eine Vielzahl kugelförmig abstrahlen-
der Elementarquellen ersetzbar ist.
Dieses Modell bietet die Grundlage für den Arbeitsbereich der „Wellenfeldsynthese“,
der es sich zur Aufgabe gemacht hat, durch spezielle Aufnahmetechniken und
Wiedergabe mittels Lautsprecherarrays, ausgedehnte Schallquellen so zu
reproduzieren, dass der Hörer nicht auf eine feste Position in einem Stereoabbild
fixiert ist, sondern sich wie am Originalschauplatz frei im Raum, entlang der
virtuellen Schallquelle, bewegen kann.
Für die vorliegende Arbeit wird dieses Modell jedoch nicht im Sinne der
Wellenfeldsynthese gebraucht, jedoch wird mit ähnlichen Ansätzen versucht,
ausgedehnte Schallquellen mit einem erweiterten Nahbereich zu konstruieren, die
für die Verwendung in der Beschallungstechnik günstig erscheinen.
2.2.3 Gültigkeit der Wellenmodelle (Nahfeld-Fernfeld)
Auf Grund der geforderten Bedingungen (unendliche Ebene, unendlich lange
Linienquelle, unendlich kleine Punktquelle), sind diese Modellschallfelder in der
Realität nicht vollständig in dieser idealisierten Form anzutreffen. Jedoch besteht für 1 Lindner, Physik für Ingenieure , S.232f [2]
2 Grundlagen der Wellenausbreitung
7
alle Bereiche in gewissen Grenzen Gültigkeit, wobei die Übergänge meist fließend
sind und von den äußeren Bedingungen diktiert werden.
Betrachtet man beispielsweise einen frei abstrahlenden realen, konventionellen
Lautsprecher, so handelt es sich keineswegs um eine ideale Punktschallquelle. In
großer Entfernung zum Erregerzentrum gleicht sein Abstrahlverhalten dennoch der
Charakteristik eines sphärischen Wellenfeldes, was durch Messung des Schall-
druckpegels in verschiedenen Abständen nachweisbar ist.
Im Fernfeld eines Lautsprechers gilt also das Kugelwellenmodell und damit das
quadratische Abstandsgesetz, mit einer Schalldruckpegelreduktion von 6 dB pro
Entfernungsverdoppelung. Bewegt man sich auf den Lautsprecher zu, so verliert der
punktförmige Charakter der Schallquelle zunehmend an Bedeutung.
Charakteristisch für das Fernfeld eines Lautsprechers ist, dass sich das Abstrahl-
verhalten mit wachsender Entfernung vom Quellpunkt, bezogen auf eine feste
Frequenz, nicht mehr ändert. Diese Abstrahlcharakteristiken lassen sich anschau-
lich in Polardiagrammen darstellen. Dargestellt werden die Isobaren (Kurven oder
Linien gleichen Schalldrucks) der Oktav- oder Terzbänder. Da diese Darstellung
unabhängig von dem Betrachtungsabstand zur Schallquelle ist, wird die
Fernfeldfunktion des Lautsprechers auch bevorzugt in Akustiksimulationspro-
grammen eingesetzt.
Abbildung 4 Polardiagramm
2 Grundlagen der Wellenausbreitung
8
Im Nahfeld des Lautsprechers dominiert zunehmend die Modellvorstellungen der
ebenen und der zylindrischen Wellenfront, was sich unter anderem durch eine
reduzierte Pegelabnahme über die Entfernung bemerkbar macht. Dieser Vorgang ist
abhängig von der Frequenz des Quellsignals, da mit zunehmender Wellenlänge,
gegenüber den räumlichen Ausdehnungen des Lautsprechers, der Punkt-
quellencharakter überwiegt. Das Nahfeldverhalten eines Lautsprechers ist deshalb
wesentlich schwieriger zu beschreiben, da es sich mit dem Quellabstand und der
Frequenz ständig ändert. Gemessene Polardiagramme im Nahfeld des
Lautsprechers sind daher nur für einen bestimmten Abstand gültig, was ihre
Verwendung in den gängigen Simulationsprogrammen nicht zulässt.
Es ist also bei der Erstellung von Polardiagrammen einzelner Schallquellen darauf
zu achten, im Fernfeld der Quelle zu messen. Die Entfernung des Übergangs von
Nah- zu Fernfeld hängt also von der Frequenz bzw. Wellenlänge und der
Abstrahlfläche, bzw. der Länge der Schallquelle ab.
3 Simulation von Frequenzen unter 125 Hz
9
3 Simulation von Frequenzen unter 125 Hz
3.1 Modellansätze zur Akustiksimulation
3.1.1 Wellentheoretische Akustik
Die theoretische Beschreibung der Zeit- und Ortsgrößen eines Schallfeldes in einem
isotropen und homogenen Medium, erfolgt durch die Wellengleichung, basierend
auf den Grundgleichungen der Fluidmechanik und der thermodynamischen Glei-
chung für isentrope, adiabate Zustandsänderungen. Mit der Lösung dieser
Wellengleichung unter der Berücksichtigung deren Randbedingungen beschäftigt
sich die Wellentheoretische Akustik. Diese analytische Form der Berechnung von
Schallfeldern ist sehr exakt, wobei auch hier vereinfachende Annahmen getroffen
wurden. Beispielsweise gilt die Kontinuitätsgleichung der Fluidmechanik nur für
Dichteänderungen bei der Schallübertragung, die klein gegenüber dem atmo-
sphärischen Umgebungsdruck sind, was zu Nichtlinearitäten bei sehr hohen Schall-
druckpegeln führt.[1]
3.1.2 Numerische Akustik
Zur praxisnahen Simulation von Schallfeldern ist die wellentheoretische
Betrachtung der Akustik nur bedingt geeignet, da analytische Lösungen nur für
einfache Geometrien bei einem vertretbaren Aufwand möglich sind.
Aus diesem Grunde werden numerische Verfahren zur Lösung der Aufgaben
angewandt. Akustiksimulationen unter Verwendung der Finiten-Elemente-Methode
(FEM) und der Boundary-Element-Methode (BEM) werden derzeit in verschiedenen
Instituten erprobt.2
Der Vorteil dieser Methoden der numerischen Akustik, im Gegensatz zu den
Modellvorstellungen der geometrischen Akustik (siehe nächstes Kapitel), liegt darin,
dass der tatsächliche Wellencharakter der untersuchten Schallfelder erhalten bleibt.
Dadurch sind auch Simulationen in geometrisch anspruchsvollen Räumen und bei
tiefen Frequenzen möglich, deren Abmessungen klein gegen die zu untersuchenden
Wellenlängen sind. Der Rechenaufwand dieser numerischen Verfahren ist allerdings
sehr hoch, so dass sie derzeit nur mit Großrechnern zu bewältigen sind und für den
„PC-Anwender“ (noch) keine Bedeutung haben.
2 z.B.Software Soundsolve, Institut für Technische Akustik, Aachen
3 Simulation von Frequenzen unter 125 Hz
10
3.1.3 Geometrische Akustik
Die Modellvorstellung der Geometrischen Raumakustik ersetzt den Wellencharakter
der Schallemission vereinfacht durch gerichtete Schallstrahlen.
Schallquellen werden als Punktquellen betrachtet, die über eine definierte Abstrahl-
charakteristik verfügen und sich sphärisch im Raum ausbreiten. Die Schallstrahlen
werden dann analog zu den optischen Gesetzen an den Raumbegrenzungsflächen
reflektiert und treffen somit auf direktem und indirektem Wege an der Hörposition
ein. Berücksichtigt wird hierbei der zeitliche Verlauf und die, von der zurückgelegten
Wegstrecke abhängige, Schallenergieabnahme nach dem quadratischen Abstands-
gesetz. Die schallabsorbierenden Eigenschaften der Reflexionsflächen werden in
Form einer frequenzabhängigen Pegelreduktion berücksichtigt.
Die Grenzen der geometrischen Raumakustik sind dann erreicht, wenn die
Raumbegrenzungsflächen nicht mehr groß gegenüber der Wellenlänge der be-
trachteten Frequenz sind, da hierbei keine vollständige Reflexion der Schallstrahlen
stattfindet.
Das Modell der geometrischen Akustik ist Grundlage für gängige, bereits langjährig
eingesetzte Simulationssoftware wie zum Beispiel CADP23, Ulysses4 und EASE5.
Diese, mittlerweile in mehreren überarbeiteten Generationen existierende Pro-
gramme, zeichnen sich vor allem dadurch aus, dass für den Planer schon durch
wenige Eingaben plausible Ergebnisse erzeugt werden können. Es ist aber auch
möglich komplexere räumliche Strukturen in vertretbaren Rechenzeiten auf einem
Standard-PC zu simulieren.
3 CADP2 Copyright 1991,1992 JBL Incorporated, (wird nicht mehr weiter entwickelt) 4 Ulysses, IFB Soft V.Löwer, R. Mayer, GbR, 65474 Bischofsheim 5 EASE entwickelt von SDA Software Design Ahnert GmbH, Berlin
3 Simulation von Frequenzen unter 125 Hz
11
3.2 Das Akustiksimulationsprogramm ULYSSES
3.2.1 Programmbeschreibung
ULYSSES ist eine windowsbasierte Software zur Berechnung von Raumakustik,
Beschallungssystemen und deren Interaktion. Das Programm wurde von der Firma
IFBsoft, Bischofsheim entwickelt und für diese Arbeit freundlicherweise kostenlos
zur Verfügung gestellt.
Über eine 3-D CAD-Eingabe werden Räume gezeichnet, in denen akustische und
beschallungstechnische Untersuchungen angestellt werden können. Die schall-
absorbierenden Eigenschaften der Raumoberflächen werden durch eine hinterlegte
Absorberdatenbank eingefügt, wobei auch die direkte Eingabe von Messwerten
über die Nachhallzeit möglich ist. Lautsprecher werden ebenfalls aus einer
Datenbank eingelesen, sofern die Daten der Herstellerfirmen verfügbar sind. Die
Ergebnisse werden in Form von Schalldruckpegeln auf einer vorher definierten
Hörfläche angezeigt, wobei zwischen direktem und indirektem Schall unterschieden
werden kann. Die Sprachverständlichkeit in Alcons6 bzw. STI7 wird ebenfalls für
jeden Punkt der Hörfläche ausgegeben.
Weiterhin besteht die Möglichkeit eines „Ray-tracings“ zwischen einer virtuellen
Hörposition und einer oder mehrerer Schallquellen, das als zeitlicher Verlauf der
eintreffenden Wellenfronten, unter Angabe des zu erwartenden Schalldruckpegels,
angezeigt wird.
Ein zusätzliches Feature dieser Software ist, dass einzelne Zuhörerpositionen
hörbar gemacht werden können. Hierbei wird für eine wählbare Übertragungs-
strecke zwischen Hörposition und Lautsprecher (auch mehrere Lautsprecher sind
möglich) eine fiktive Raumimpulsantwort errechnet. Die Struktur dieser Impuls-
antwort wird dann mittels digitaler Signalprozessoren auf ein „trocken“ (d.h. hallfrei)
aufgenommenes Quellsignal übertragen und wiedergegeben. Dieser Prozess
funktioniert im Grunde wie ein digitales Hallgerät, wobei der Hallalgorithmus nicht
fest einprogrammiert ist, sondern für jede virtuelle Übertragungsstrecke aus der
Impulsantwort neu erzeugt wird.
Die Anwendungsbereiche von Ulysses liegen unter Anderem im Bereich der
elektroakustischen Raumgestaltung von Veranstaltungsstätten, öffentlichen Ein-
6 Articulation Loss of Consonants 7 Speech Transmission Index
3 Simulation von Frequenzen unter 125 Hz
12
richtungen, Kirchen, Stadien, aber auch in der Vorplanung zur Dimensionierung und
Ausrichtung der Beschallungsanlagen von Openair-Großveranstaltungen.
Das Programm wird seit 1995 ständig weiterentwickelt und hat sich in vielen
Projekten bewährt, wobei die vorausgesagten raumakustischen Parameter immer
wieder durch anschließende Messungen am fertigen Objekt bestätigt werden
konnten.8
3.2.2 Zu Grunde liegende Berechnungsmodelle
Zu unterscheiden sind bei ULYSSES zwei Darstellungsarten der Akustiksimulation:
Ray-tracing: Hier werden an einer frei wählbaren Position im Raum die eintreffenden direkten
und indirekten Schallsignale einer oder mehrerer Quellen nach Zeit, Pegel und
Frequenz analysiert. Diese Darstellungsform basiert in erster Linie auf den Modellen
der Geometrischen Akustik. Es werden hierbei die „Spiegelquellenmethode“ und die
„Strahlenverfolgung“ angewendet.
Reflexionen niederer Ordnung werden mit dem Spiegelquellenmodell simuliert. Im
einfachsten Fall (erste Reflexion) wird die Schallquelle einmal an jeder
Raumbegrenzungsfläche gespiegelt, wobei jede Spiegelung für den Empfänger
wieder zur Schallquelle wird. Diese Spiegelschallquellen werden nun ihrerseits
wieder gespiegelt (2. Reflexion). Dieser Vorgang ließe sich prinzipiell unendlich
fortsetzen, wobei jedoch bei jeder Reflexion ein Teil der Energie durch Absorption
verloren geht und der Schallpegel ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr
wahrnehmbar ist.
Diese Methode ist sehr genau, hat jedoch den Nachteil, dass mit steigender
Ordnung der Reflexionen die Anzahl der Spiegelquellen sehr stark ansteigt und
damit die Auswertung (je nach eingesetztem Rechner) entsprechend lange dauert.
Daher wird bei ULYSSES für die Berechnung der Reflexionen höherer Ordnung die
Methode der Strahlenverfolgung eingesetzt. Dabei sendet jede Quelle eine feste
Anzahl Schallstrahlen in alle Richtungen aus, die bis zu dem gewünschten
Reflexionsgrad verfolgt werden. Die „Strahlen“, die im Bereich des Empfängers
ankommen werden detektiert und für die Auswertung hinsichtlich Zeit, Pegel und
Frequenz gespeichert. Diese Methode ist etwas ungenauer, bei höherer Ordnung
aber im Verhältnis nicht so rechenintensiv. Deshalb werden bei ULYSSES die 8 z.B. A.Görtz, Plenarsaal im Reichstag, Berlin [14]
3 Simulation von Frequenzen unter 125 Hz
13
ersten Reflexionen und die damit pegelmäßig relevantesten, mit der Spiegelquellen-
methode berechnet, während die Reflexionen höherer Ordnung, welche schon ge-
ringeren Pegel aufweisen, mit der Strahlenverfolgungsmethode berechnet werden.
Da die Anzahl der Reflexionen stark von der Raumgeometrie abhängt, wird der
Übergang zwischen den beiden Berechnungsmethoden von dem Programm selbst
verwaltet, je nachdem welche Methode die größere Rechnerleistung benötigt.
Mittels Ray-tracing können sehr genaue Untersuchungen an Einzelplätzen durch-
geführt werden, jedoch ist es häufig erwünscht eine Übersicht des Schallpegels an
jedem Punkt auf einer vorher definierten Hörfläche zu erhalten.
Darstellung als „SPL-Mapping“9 Ausgehend von der Abstrahlcharakteristik der Schallquellen wird in ULYSSES der
Direktschallpegel mittels Abstandsgesetz für jeden Punkt einer Hörfläche ermittelt
und in Form eines gestuften Farbverlaufes (rot, gelb, grün, blau) angezeigt. Rot
entspricht dabei dem höchsten Pegel und Blau dem niedrigsten. Die Abstufung nach
Farbe und Helligkeit markiert Zonen, deren Schalldruckpegel sich im (einstellbaren)
Toleranzbereich von 1, 2 oder 3 dB befinden. Die Grenzen zwischen den Zonen
verkörpern die Kurven gleichen Schalldrucks, die Isobaren.
Die Darstellung umfasst die genormten Oktavbandfrequenzen 125 Hz, 250 Hz,
500 Hz, 1 kHz, 2 kHz, 4 kHz und 8 kHz, wobei der Verlauf für jeden Frequenz-
bereich einzeln ausgegeben werden kann. Dabei sind verschiedene Berechnungs-
verfahren hinsichtlich der Interferenz der Signalquellen möglich:
a) Energetische Summation Die Schallenergie der Einzelquellen wird ungeachtet ihrer Phasenlage geometrisch
addiert und als farbiges SPL-Mapping angezeigt. Diese Darstellungsform eignet sich
nicht zur Berechnung komplexer Schallfelder und hat für die weiteren Betrachtungen
keine Bedeutung.
9 SPL= Sound Pressure Level, (Schalldruckpegel)
3 Simulation von Frequenzen unter 125 Hz
14
b) Einzelfrequenzdarstellung Bezogen auf die Oktav-Mittenfrequenz wird die Schallenergie der Signalquellen
phasenrichtig komplex summiert. Mit Hilfe dieser Funktion werden Interferenzeffekte
sehr deutlich dargestellt, was für die weiteren Betrachtungen sehr nützlich ist.
Alle innerhalb dieser Arbeit erstellten Ulysses-Mappings wurden mittels Ein-zelfrequenzdarstellung durchgeführt.
c) Oktavbanddarstellung Die Ermittlung des Schallpegels erfolgt analog der Einzelfrequenzdarstellung,
jedoch werden hier für jedes Oktavband zunächst die Phasenbeziehungen der drei
benachbarten Terzbandmittenwerte zwischengespeichert und anschließend der
Mittelwert dieser separat erzeugten Berechnungen angezeigt. Diese Methode
kommt der Realität am nächsten, da in der Regel über eine Beschallungsanlage
keine reinen sinusartigen Töne sondern Frequenzgemische übertragen werden.
Der reflektierte Schallanteil wird statistisch aus der resultierenden Nachhallzeit
ermittelt, die auf den eingegebenen Absorptionskoeffizienten der Raumbe-
grenzungsflächen beruht. Direktschall und Diffusschall können einzeln, sowie auch
als Summe bzw. als Differenz dargestellt werden. Ebenfalls möglich ist die Ausgabe
der zu erwartenden Sprachverständlichkeit in ALCONS (Articulation loss of con-
sonants) und STI (Speech transmission index).
Der Einfluss der Luftabsorption mit zunehmendem Abstand zur Quelle wird in
Form einer frequenzabhängigen Pegelreduktion des Direktschalls berücksichtigt.
3.2.3 Speaker Builder
Der „Speaker Builder“ ist ein zusätzlich im Lieferumfang enthaltenes eigenes
Programm, dass die Erstellung, des für die Simulation benötigten räumlichen
Abstrahlverhaltens der Lautsprecher, ermöglicht. Erforderlich hierfür sind die im
Freifeld gemessenen Schalldruckpegel der Lautsprecher bei den Oktavfrequenzen
zwischen 125 Hz und 8 kHz, bezogen auf eine Empfindlichkeit von 1 W/1 m.
Die Messung der Daten erfolgt entlang eines zentrisch um die Abstrahlebene des
Lautsprechers angeordneten kugelförmigen Koordinatensystems, mit einer verti-
3 Simulation von Frequenzen unter 125 Hz
15
kalen und horizontalen Schrittweite von 5°. Der frequenzabhängige Phasenverlauf
wird bislang nicht berücksichtigt. Bündelungsfaktor und Wirkungsgrad werden aus
den Schallpegeldaten vom Programm selbst errechnet.
Die Messwerte werden in definierten Zahlenkolonnen in eine Textdatei übertragen
(z.B. aus einer Excel-Tabelle) und anschließend durch einfaches ändern des
Dateianhangs von „*.txt“ in „*.unf“ auf das „ULYSSES NATIVE FORMAT“ gebracht.
Nach Import der so erzeugten Datei in den Speaker Builder können die
Lautsprecher 2-dimensional in Polardiagrammen, oder 3-dimensional in so ge-
nannten „Balloondaten“ angezeigt werden und stehen nach erneutem Export in die
Speaker-Datenbank von Ulysses für Berechnungen zur Verfügung. Bestehende
Lautsprecherdaten können nicht zurück gewandelt oder manipuliert werden. Damit
ist sicher gestellt, dass von einem Lautsprecher keine unterschiedlichen Daten
existieren.
3.2.4 Einschränkungen von ULYSSES
Die Berechnungsalgorithmen von Ulysses beruhen, wie in Kapitel 3.1.3 beschrie-
ben, in erster Linie auf den Vereinfachungen der Geometrischen Akustik. Dabei wird
vorausgesetzt, dass die räumliche Ausdehnung sämtlicher Begrenzungsflächen und
Einrichtungsgegenstände groß ist, gegen die zu untersuchende Wellenlänge der
Schallquelle. Nur dann findet eine vollständige, den optischen Gesetzen vergleich-
bare, Reflexion der Schallwellen statt. Für den Fall, dass die Wellenlänge der
Schallquelle sich im gleichen, oder gar größeren Bereich der Ausdehnung der
Reflexionsflächen befindet, treten Beugungserscheinungen auf, die nicht mehr den
optischen Gesetzen folgen. Frequenzen unter 125 Hz mit einer Wellenlänge von
über 2,7 m werden daher in dem Simulationsprogramm nicht mehr berücksichtig.
Selbst Frequenzen über 125 Hz führen unter Umständen in sehr kleinen Räumen
schon zu Fehlinterpretationen der Ergebnisse.
Andererseits könnten in sehr großen Räumlichkeiten mit einfachen Geometrien, wie
zum Beispiel Messehallen, Stadien oder großen Veranstaltungshallen, durchaus
Akustiksimulationen für tiefere Frequenzen durchgeführt werden. Denkbar ist
ebenso die Untersuchung großer Freiflächen für Openair-Veranstaltungen.
3 Simulation von Frequenzen unter 125 Hz
16
3.3 Mögliche Nutzung von ULYSSES zur Simulation
tieffrequenter Schallfelder
Im Folgenden wird nun untersucht, welche Möglichkeiten der Darstellung tief-
frequenter Schallfelder trotz obiger Einschränkungen mit dem Simulationsprogramm
ULYSSES praktikabel sind.
3.3.1 Skalierung der Hörfläche
Da bei der herkömmlichen Nutzung von Ulysses Frequenzen unter 125 Hz in den
verschiedenen Berechnungsmodi nicht zur Verfügung stehen, soll nun ein Weg
gefunden werden, um dies dennoch zu ermöglichen.
Zur Lösung dieses Problems wird vorgeschlagen die Raumgeometrie um den Faktor
10 zu verkleinern. Ein Meter im Programm entsprechen also 10 Meter in der
Realität.
Wellenlänge und Frequenz einer Schallwelle hängen bei konstanter Schallge-
schwindigkeit direkt voneinander ab, weshalb die Verkürzung der Wellenlänge auf
ein Zehntel, der Erhöhung der Frequenz auf das Zehnfache entspricht. Die im
Programm angezeigten Oktavfrequenzen von 125 Hz bis 8 kHz entsprechen nach
der Skalierung somit den Frequenzen zwischen 12,5 Hz bis 800 Hz.
Der für die Untersuchung tieffrequenter Schallausbreitung geforderte Bereich von
ca. 20 bis 100Hz wird folglich eingeschlossen.
Zu einer ersten Überprüfung dieser theoretischen Überlegung wird eine Simulation
zweier Kugelstrahler durchgeführt, die zueinander im Abstand einer halben
Wellenlänge angeordnet sind. Der Frequenzgang der beiden idealisierten Strahler
ist über den gesamten Messbereich als linear anzusehen. Durch den Phasen-
unterschied von 180° der beiden Quellen, ist zu erwarten, dass auf der Längsachse
eine deutliche Pegelreduktion auftritt, während auf der hierzu orthogonalen Achse
ein Verstärkung erkennbar ist. Dieser Effekt sollte am stärksten bei der Frequenz
auftreten, deren halbe Wellenlänge dem Abstand der beiden Quellen gleicht. Zu
tieferen Frequenzen sollte sich die Richtwirkung weitgehend aufheben. Gewählt
wurde ein (realer) Abstand von λ/2 = 3,4 m, was einer Frequenz von 50 Hz ent-
spricht.
3 Simulation von Frequenzen unter 125 Hz
17
Abbildung 5 Überprüfung der Skalierungsmethode (oben 50 Hz, unten 100 Hz
Aus den obigen Abbildungen ist zu entnehmen, dass der Schallpegel im 50 Hz
Oktavband in vertikaler Richtung deutlich gegenüber dem horizontalen verringert ist.
Eine vollständige Auslöschung findet trotz Phasenverschiebung von 180° nicht statt,
da sich auf der Längsachse immer ein Lautsprecher näher am jeweiligen Messpunkt
befindet als der andere. Damit werden, vor allem in unmittelbarer Nähe der
Lautsprecher, die Amplituden nie ganz gleich.
Eine Oktave tiefer (bei real 25 Hz) tritt dieser „Richteffekt“ nur noch schwach auf, da
die Phasenverschiebung für diese Frequenz nur noch 90° beträgt.
3 Simulation von Frequenzen unter 125 Hz
18
Der vorhergesagte Schallpegelverlauf wird also durch die modifizierte Simulation
bestätigt. Es ist folglich anzunehmen, dass durch die Skalierung der Raum-
geometrie von Ulysses unter Beachtung der beschriebenen Randbedingungen auch
Schallpegeluntersuchungen bei Frequenzen unter 125 Hz möglich sind.
Im weiteren Verlauf dieser Arbeit wird die Skalierungsmethode immer wieder durch
Messungen und Berechnungen hinsichtlich ihrer Gültigkeit und Plausibilität über-
prüft.
3.3.2 Lautsprecherdaten
Um mit Ulysses Untersuchungen von Schallpegelverläufen im Tieftonbereich durch-
führen zu können, werden hierfür auch die passenden Lautsprecherdaten benötigt.
Da aber in dem Simulationsprogramm keine Schallpegelberechnungen für Frequen-
zen unter 125 Hz vorgesehen sind, existieren auch keine Daten über das Abstrahl-
verhalten von Basslautsprechern. Selbst wenn Daten vorhanden wären, so könnten
diese nicht verwendet werden, da die jeweils ermittelten Werte innerhalb eines um
den Faktor 10 transponierten Oktavbandes keine Gültigkeit hätten.
Die Lautsprecherdaten müssen folglich für eine skalierte Simulation in Ulysses erst
erzeugt werden. Hier bietet der Ulysses Speaker Builder (siehe Kapitel 3.2.3) eine
Möglichkeit des Imports für selbst ermittelte Lautsprecherdaten. Die Zuordnung der
gemessenen Daten zu den Oktavbändern ist dabei frei wählbar, was bedeutet, dass
bei 50 Hz gemessene Polardiagramme auch im 500 Hz-Band eingetragen werden
können.
3.3.3 Grenzen der Skalierungsmethode
Die im Rahmen dieser Arbeit durchgeführten Simulationen, werden in erster Linie
zur Beschreibung und Vorhersage des Schallpegelverlaufs großer Bassarrays für
mittlere bis große Openairveranstaltungen herangezogen. Es ist zu erwarten, dass
unter diesen Bedingungen die Simulationen uneingeschränkte Gültigkeit besitzen.
Jedoch sind, wie eingangs erwähnt, die Grenzen der geometrischen Raumakustik
an dem Punkt erreicht, an dem die Raumbegrenzungsflächen nicht mehr groß
gegen die zu untersuchenden Wellenlängen sind.
Daher lassen sich Akustiksimulationen unter 125 Hz in geschlossenen Räumen
auch mit der Skalierungsmethode nur dann durchführen, wenn es sich um sehr
3 Simulation von Frequenzen unter 125 Hz
19
große Gebäude mit einfacher Geometrie handelt. Außerdem müssen zusätzlich,
ähnlich der Lautsprecherdaten, die Absorptionswerte der Oberflächenmaterialien in
das entsprechende Frequenzband transponiert werden.
Eine Berechnung der Nachhallzeit nach der Sabine´schen Formel ist nicht möglich,
da die eingegebenen Absorptionsflächen nicht den realen Größen entsprechen.
Die Berücksichtigung der Luftabsorption würde ebenfalls zu Fehlinterpretationen
führen, wobei hier der Fehler gering ist, da die Luftabsorption erst bei höheren
Frequenzen eine nennenswerte Pegelreduktion verursacht.
3.4 Erzeugung der Balloondaten für einen einzelnen
Subwoofer
3.4.1 Messbereich
Normalerweise werden bei Fullrange-Lautsprechern die Schalldruckpegel bei den
Oktavfrequenzen zwischen 125 Hz und 8 kHz ermittelt. Da es sich bei der vor-
liegenden Untersuchung jedoch um Basslautsprecher handelt, deren nutzbarer
Frequenzgang sich in etwa zwischen 30 Hz und 150 Hz bewegt, werden die
Messungen lediglich bei 50 Hz und 100 Hz durchgeführt. Da die skalierte Simulation
programmintern bei 500 Hz beziehungsweise. 1000 Hz erfolgt, waren diese Fre-
quenzen besonders günstig.
3.4.2 Freifeldbedingungen
Damit wirklich nur der Direktschall des Lautsprechers in die Messung eingeht,
müssen Freifeldbedingungen herrschen. Das bedeutet praktisch, dass keine schall-
harten Begrenzungsflächen zugegen sein dürfen, weil sich sonst der reflektierte
Schall mit dem direkt ausgesendeten Schall überlagert und das Messergebnis
verfälscht. Da für die Messungen kein reflexionsarmer Raum (für Frequenzen unter
100 Hz) zur Verfügung stand, wurden die Messungen auf einer Freifläche durchge-
führt.
Die nicht vermeidbare Reflexion der Bodenfläche führt zu einer Pegelanhebung um
6 dB. Dieser Effekt rührt daher, dass der Lautsprecher seine akustische Energie
nicht mehr kugelförmig in alle Richtungen abgeben kann, sondern nur noch auf eine
Halbkugel über der Bodenfläche (+3 dB Anhebung). Gleichzeitig verdoppelt sich der
3 Simulation von Frequenzen unter 125 Hz
20
Strahlungswiderstand, was zu einer besseren Membran-Luftankoppelung führt
(+3 dB Anhebung) und sich insgesamt zu der Pegelanhebung von 6 dB addiert,
verglichen zu einer völlig frei abstrahlenden Box bei gleichem Eingangspegel.10
Im Grunde wird durch die Spiegelung an der Begrenzungsfläche ein zweiter
virtueller Lautsprecher erzeugt, der kohärent zu dem Originallautsprecher abstrahlt.
Durch die akustische Koppelung der beiden Schallquellen entsteht ein neues
akustisches Zentrum auf der Spiegelachse der „beiden“ Lautsprecher, weshalb das
Mikrofon für die Messungen auch auf dem Boden platziert wird.
Weiterhin muss berücksichtigt werden, dass durch die Spiegelung sich auch die
virtuelle Höhe der Lautsprecher verdoppelt, was eine Veränderung des Abstrahl-
verhaltens zur Folge hat. Da es sich jedoch um Tieftonlautsprecher handelt, deren
Ausdehnung (auch nach der Verdoppelung der Höhe) relativ gering zur emittierten
Wellenlänge ist, wird dieser Effekt vernachlässigt.
Abbildung 6 Spiegelquelle durch Bodenreflexion
Bei Messungen auf dem freien Feld muss außerdem ein ausreichender Stör-
geräuschabstand garantiert werden. Im tiefen Frequenzbereich ist dies unter
Umständen problematisch, da Kraftfahrzeuge, Flugzeuge, Baumaschinen, Wind,
usw. auch in diesen Bereich Schall abstrahlen, was für den Menschen oft nicht
wahrnehmbar ist. Um dies zu vermeiden wurden im Vorfeld Schallpegelmessungen
bei 50 und 100 Hz durchgeführt und die Lautsprecher mit ausreichend hohen Pe-
geln angesteuert. 10 Guenter Krauss, EVI Audio[8]
3 Simulation von Frequenzen unter 125 Hz
21
3.4.3 Messung im Fernfeld
Die Schallpegelberechnungen in Ulysses werden grundsätzlich nach dem
quadratischen Abstandsgesetz durchgeführt, das heißt auf eine Abstandsver-
doppelung von der Schallquelle folgt eine Pegelabnahme um 6 dB. Dies gilt aber
nur für Punktschallquellen mit sphärischem Abstrahlverhalten. Näherungsweise ent-
sprechen die meisten Lautsprecher diesen Eigenschaften, allerdings nur ab einem
gewissen Abstand. Dieser Übergang vom Nahfeld zum Fernfeld muss also vor der
Messung bestimmt werden, um sicher zu stellen, dass auch im Fernfeld-bereich
gemessen wird. Der Übergang von Nah- zu Fernfeld wird ausführlich in den folgen-
den Kapiteln beschrieben. Für die Messung wurde ein Messabstand von 8 m für
ausreichend befunden.
3.4.4 Messung und Aufbereitung der Polardaten
Der Lautsprecher wurde unter nahezu Freifeldbedingungen auf einer drehbaren
Platte fixiert und mit einem Sinussignal von jeweils 50 Hz und 100 Hz beaufschlagt.
Da es sich bei dem ausgewählten Lautsprecher um einen direkt abstrahlenden 18“-
Subwoofer handelte, war ein fast kugelförmiges Abstrahlverhalten zu erwarten,
weshalb die Genauigkeit des Schallpegelmessgerätes (NTI Minilizer) von +/-1 dB
als ausreichend befunden wurde.
Durch drehen des Lautsprechers bezogen auf die Messachse, wurden dann die
horizontalen Schalldruckwerte in Bodennähe ermittelt. Aus Symmetriegründen
konnte auf eine Vertikalmessung verzichtet werden. Erwartungsgemäß wurde eine
maximale Abweichung zwischen vorder- und rückseitiger Abstrahlung von 5 dB bei
100 Hz und ca. 3 dB bei 50 Hz festgestellt.
Für den Import in Ulysses werden normalerweise die Daten von automatisierten
Systemen im 5-Grad Raster auf einem kugelförmigen Koordinatensystem ermittelt,
wobei mehrere Tausend Messwerte anfallen. Da diese Messgenauigkeit für den
betreffenden Lautsprecher nicht erforderlich war (und „von Hand“ nicht zu leisten
gewesen wäre), wurden die Messwerte in einer Excel-Tabelle interpoliert und nach
dem in Kapitel 3.2.3 beschriebenen Verfahren in den Ulysses Speaker-Builder
importiert.
3 Simulation von Frequenzen unter 125 Hz
22
Da der Lautsprecher für die skalierte Simulationen in Ulysses zur Verfügung stehen
sollte, wurden die 100 Hz Messergebnisse bei 1 kHz und die 50 Hz Ergebnisse bei
500 Hz eingetragen.
Abbildung 7 Balloondaten von gemessenem Subwoofer bei 100 Hz
Um Verwechslungen mit anderen Lautsprechern aus der Ulysses-Datenbank zu
vermeiden, wurde der Subwoofer noch mit einer ebenfalls skalierten Zeichnung ver-
sehen und aus dem Speaker-Builder zurück in das Simulationsprogramm exportiert.
4 Bassarray Schallfelder
23
4 Bassarray Schallfelder
4.1 Anforderungen an das Bass-Schallfeld
4.1.1 Anpassung an Mittel-, Hochtonsysteme
Im Rahmen dieser Arbeit werden zwar ausschließlich Tieftonsysteme betrachtet,
jedoch werden diese im Regelfall in Kombination mit Mittel- und Hochtonsystemen
betrieben. Im Großbeschallungsbereich kommen mittlerweile fast ausschließlich
Linearrays zum Einsatz, die aus diskreten Quellen zusammengesetzt sind. Durch
gezielte Anordnung der Einzelquellen sind sehr unterschiedliche Schallfelder
möglich. Um Klangverfärbungen innerhalb der zu beschallenden Fläche zu ver-
meiden, muss daher das Bassschallfeld an das Mittel- Hochtonschallfeld in seinem
Pegelverlauf möglichst gut angepasst werden. Dies ist nicht immer vollständig zu
erreichen, da sich durch die unterschiedliche frequenzabhängige Richtwirkung, aber
auch durch die räumlich getrennte Anordnung (Mittel-Hochton meist vertikal
geflogen, Bass meist horizontal auf Boden) grundsätzlich unter-schiedliche
Charakteristiken ergeben.
4.1.2 Maximal- und Minimalpegel
Der Schalldruck und damit auch das Lautstärkeempfinden sollte idealerweise auf
der gesamten Publikumsfläche konstant sein. Da sich aber die Schallenergie, mit
zunehmendem Abstand zur Quelle auf eine immer größer werdende Fläche, bzw.
Volumen verteilt, folgt daher über die Entfernung ein stetiger Pegelverlust. Bei der
Planung einer Beschallungsanlage ist daher mit zwei Grenzwerten zu rechnen, dem
gesetzlich eingeschränkten Maximalpegel11 dem ein Zuschauer ausgesetzt werden
darf und dem Minimalpegel, der einen ausreichenden Störgeräuschabstand
garantiert und für eine geforderte Sprach- oder Musikverständlichkeit eingehalten
werden muss12.
11 geregelt in DIN 15905-5, Ausgabe: 1989-10 12 Anmerkung: Sprach- oder Musikverständlichkeit ist nicht ausschließlich vom Schalldruckpegel des
verwendeten Beschallungssystems abhängig, sondern wird auch entscheidend von raumakustischen
Phänomenen geprägt, was aber nicht Gegenstand dieser Untersuchung ist.
4 Bassarray Schallfelder
24
4.1.3 Zulässige Pegelschwankungen
Die Pegelschwankungen innerhalb der zu beschallenden Fläche sollten lokal nicht
um mehr als maximal +6 dB, bzw. –6 dB abweichen. Kammfiltereffekte durch
destruktive Interferenzen müssen vermieden werden. Gerade bei tiefen Frequenzen
und den damit verbundenen großen Wellenlängen, können sich diese Effekte über
mehrere Meter ausdehnen. Es kommt dann, umgangssprachlich ausgedrückt, zu
„Basslöchern“ im Publikumsraum.
Zu beachten ist auch der Pegelabfall zu den seitlichen Begrenzungen der Hörfläche.
4.1.4 Richtwirkung außerhalb der Publikumsfläche
Neben den Qualitätsmerkmalen für das Schallfeld im Bereich des Publikums be-
stehen auch Anforderungen für den Bühnenbereich und das räumliche Umfeld, bzw.
für die umgebenden Begrenzungsflächen.
Der Bühnenbereich sollte möglichst aus der Beschallung „ausgeklammert“ werden,
um tieffrequente Rückkopplungen zwischen Beschallungsanlage und Bühnenmikro-
fonen zu vermeiden. Eine Rückwärtsdämpfung erleichtert auch die Aussteuerung
der separaten Bühnenbeschallung mittels Monitorlautsprechern und vermeidet zu
hohe Schallpegel auf der Bühne.
Bei Freiflächen sind die gesetzlichen Vorschriften hinsichtlich der Schallemission in
Wohngebiete und gegebenenfalls in Naturschutzgebiete zu beachten.
In geschlossenen Räumlichkeiten und bei Freiflächen mit angrenzenden Gebäuden,
besteht außerdem das Problem des reflektierten Schalls. Je nach Absorptions-
vermögen der Wandmaterialien in geschlossenen Veranstaltungsstätten, kann es zu
einer störenden Verlängerung der Nachhallzeit im unteren Frequenzband kommen,
wenn Direktschall an den Wänden reflektiert wird. Bei sehr spät eintreffenden
Reflexionen (über 30 ms bezogen auf die Hörposition) kommt es außerdem zur
Bildung von hörbaren Echos, die unbedingt zu vermeiden sind.
4 Bassarray Schallfelder
25
4.2 Linienarrays aus Basslautsprechern
4.2.1 Simulation eines Linienarrays
Ein Linienarray besteht aus einer Anordnung äquidistanter Einzelquellen entlang
einer Geraden. Die Quellen erhalten in Bezug auf Phase und Pegel das gleiche
Signal. Der Abstand d zwischen den Quellen muss dabei kleiner sein, als die halbe
Wellenlänge der maximal zu betrachtenden Frequenz, damit unterhalb dieser
Grenzfrequenz keine destruktiven Interferenzen auftreten. Aus der Ferne betrachtet
bedeutet dies, dass alle Lautsprecher zusammengenommen eine einzige Quelle
bilden.
Im Rahmen dieser Arbeit werden ausschließlich Basslautsprecher behandelt, die für
einen nutzbaren Frequenzbereich von etwa 30-120 Hz optimiert sind, weshalb ein
Abstand von 1,5 m gewählt wurde, was zu einer kohärenten Abstrahlung des Linien-
arrays unter 115 Hz führt.
Die folgenden Abbildungen zeigen die Auswirkung des Abstandes dLS auf zwei
einzelne 18“-Subwoofer bei einer Frequenz von 100 Hz. In der linken Darstellung
(Abb. 8) ist eine typische links-rechts Bühnenanordnung mit einem Lautsprecher-
abstand von 15 m abgebildet. Die Simulation des Schalldruckpegels zeigt deutliche
Interferenzmuster, was von starken Pegelschwankungen begleitet wird. Rechts sind
beide Lautsprecher im Abstand von 1,5 m angeordnet, was eine kohärente Ab-
strahlung bis 115 Hz ermöglicht. Die Simulation bei 100 Hz liefert erwartungsgemäß
ein homogenes Schallfeld ohne signifikante Pegeleinbrüche.
Abbildung 8 Schalldruckpegel bei 100 Hz von zwei identischen gleichlauten
Subwoofern, links Abstand d=15 m, rechts d=1,5 m
4 Bassarray Schallfelder
26
Reiht man nun, in Anlehnung an das Huygens´sche Prinzip (Kapitel 2.2.2) weitere
Lautsprecher aneinander entsteht eine endliche Linienquelle mit der Länge:
LSArray dnL ⋅−= )1( (n = Anzahl der Lautsprecher).
Aus den SPL-Mappings, (Abb. 9) wird ersichtlich, dass trotz unterschreiten des
kritischen Abstandes wieder Interferenzmuster entstehen. Diese befinden sich
jedoch nicht zwischen den Einzelquellen, sondern weiter außerhalb des Arrays.
Zusätzlich zeigt sich mit steigender Anzahl der Lautsprecher eine ausgeprägte
Richtcharakteristik auf der Hauptabstrahlachse der Lautsprecherzeile.
Abbildung 9 SPL-Mapping bei 100 Hz von 6, 12, 18, 24 identischen gleichlauten Subwoofern, d=1,5 m, Simulation mit ULYSSES (skaliert)
Diese Richtwirkung bei 100 Hz entsteht durch konstruktive Interferenz der jeweilig
benachbarten Einzelquellen und addiert sich, zu der in der Simulation erkennbaren
Charakteristik. Unter 100 Hz nimmt die Fokussierung auf der Hauptabstrahlachse
wieder ab, da mit ansteigender Wellenlänge das Verhältnis zum Abstand der
4 Bassarray Schallfelder
27
Quellen größer wird. Das heißt, mit abnehmender Frequenz ähnelt die Richtcha-
rakteristik des Arrays annähernd dem Abstrahlverhalten der Einzelquellen.
Weiterhin fällt auf, dass das Richtverhalten des Linienarrays sich mit zunehmendem
Quellabstand verändert. Erst sehr weit von der Quelle entfernt bleibt die Richt-
charakteristik konstant.
Abbildung 10 Linienarray bei 50Hz, Feldgröße 500x500m
Um das Richtverhalten des gesamten Arrays, in dem für Lautsprecher üblichen
Polardiagramm darzustellen, müssten folglich für jeden Abstand die Isobaren neu
bestimmt werden.
Zur besseren Visualisierung des Richtverhaltens mittels Polardarstellung, wird noch
eine weitere Simulation mit Hilfe des Programms ARRAYSHOW13 durchgeführt. Da
„Array Show“ nicht die Eingabe externer Lautsprecher-Polardaten zulässt, wurde die
Array-Simulation mit reinen Kugelstrahlern realisiert. Der Fehler in der Darstellung
ist dabei relativ gering, da auch die verwendeten Basslautsprecher nur über eine
geringe Richtwirkung verfügen und damit einer omnidirektionalen Schallabstrahlung
annähernd gleich kommen. Lediglich bezüglich des rückwärtigen Abstrahlverhaltens
ist, bei den tatsächlichen Kugelstrahlern in Array Show, mit einem symmetrischen
Verhalten zur Hauptabstrahlrichtung zu rechnen.
13 ArrayShow for Windows, Vers. 1.1, written by Mark Ureda & Gabriel Caunt, Copyright© 1998-2004,
Telex/EVI Audio Inc.
4 Bassarray Schallfelder
28
Im folgenden werden die Isobaren des Bassarrays in Form von Polardiagrammen in
horizontaler Ebene (Hörfläche) und vertikaler Ebene für unterschiedliche Ent-
fernungen bei 50 Hz und 100 Hz angegeben. Anzahl und Abstand der Einzelquellen
stimmen dabei mit der Anordnung überein, die für die Simulation in ULYSSES
gewählt wurde.
Abbildung 11 Polardiagramme Linienarray 24 Punktquellen (d=1,5 m) bei 50 Hz,
Messabstände 25 m, 50 m, 100 m (ArrayShow)
Abbildung 12 Polardiagramme Linienarray 24 Punktquellen (d=1,5 m) bei 100 Hz,
Messabstände 25 m, 50 m, 100 m (ArrayShow)
Die Diagramme aus den obigen Abbildung zeigen deutlich die Zunahme der
Richtwirkung über den Abstand zur Quelle. Bei 50 Hz beträgt, im Abstand von 50 m,
die seitliche Dämpfung ca. 20 dB und nach weitern 50 m bereits etwa 25 dB. Im
100 Hz Band zeigt sich ein ähnlicher Verlauf in etwas abgeschwächter Form.
Der Grund für die abstandsabhängige Richtcharakteristik wird deutlich, wenn man
die Pegelabnahme über die Entfernung im Nah- und Fernbereich des Linienarrays
getrennt betrachtet.
4 Bassarray Schallfelder
29
Aus großem Abstand gesehen nimmt der Schallpegel, wie bei einem gewöhnlichen
sphärisch abstrahlenden Lautsprecher, mit 6 dB pro Entfernungsverdoppelung ab.
Der Verlauf der Isobaren bleibt dabei konstant und nimmt nur proportional zum Ab-
stand zu.
Im Nahbereich des Arrays nimmt der Schalldruckpegel auf Grund des Linienquellen-
charakters zunächst nur mit 3 dB pro Abstandsverdoppelung ab. Auch hier ändert
sich die Charakteristik der Isobaren in einem kleinen Bereich nicht signifikant.
Dazwischen existiert eine Übergangszone, in der sich der Verlauf der Isobaren
ständig ändert.
Abbildung 13 SPL im Nah- und Fernbereich bei 50 Hz, Messpunkte im:
Nahbereich bei 2 m (117,28 dB), 4m(114,50 dB),
Fernbereich bei 150 m (89,93 dB), 300 m (83,93)
Die Untersuchungen zeigen, dass sich ein ausgedehntes Linienarray insgesamt
betrachtet, ganz offensichtlich weder wie eine reine Punktquelle mit sphärischer
Ausbreitung, noch wie eine Linienquelle mit zylindrischer Wellenfront verhält. Viel-
4 Bassarray Schallfelder
30
• Im Nahfeld eines Linienarrays dominiert das Linienmodell
(Schallenergieabnahme mit 1/r)
• Im Fernfeld verhält sich das Array wie eine Punktquelle
(Schallenergieabnahme mit 1/r²)
• Das Richtverhalten ändert sich im Nahfeld mit dem Abstand zur Quelle
• Der Übergang von Nahfeld zu Fernfeld hängt mit der Länge des Arrays
und der Frequenz des Quellsignals zusammen.
mehr existierten getrennt voneinander zu untersuchende Bereiche, in denen beide
Modelle zur Beschreibung der Charakteristik herangezogen werden müssen.
Fazit:
4.2.2 Gerades Linienarray im Fernfeld
Aus den vorangehenden Betrachtungen wurde deutlich, dass ein definiertes, bzw.
statisches (auf eine Frequenz bezogenes) Richtverhalten nur im Fernfeld eines
Linienarrays zu erwarten ist. Bei einzelnen (“kleinen“) Lautsprechern oder sehr
kurzen Arrays (siehe Abb. 8. rechts mit 2 Subwoofern) ist das Fernfeld schon nach
geringer Distanz erreicht, und hat für den Zuschauerbereich keine Bedeutung. In
diesem Fall können zur Auslegung der Beschallungsanlage die herkömmlichen
Polardiagramme herangezogen werden.
Längere Arrays verfügen jedoch über ein ausgedehntes Nahfeld, dass sich selbst
bei tiefen Frequenzen weit in den Publikumsraum hinein erstrecken kann und daher
gesondert in die Planung mit einbezogen werden muss.
Interessant ist hierbei festzustellen, wo genau der Bereich beginnt, in dem sich das
Array wie eine Punktquelle mit kugelförmig abstrahlender Wellenfront verhält und
damit, mittels statischen Polardiagrammen (bei festen Bezugsfrequenzen), be-
rechenbar ist.
4 Bassarray Schallfelder
31
Bestimmung des Nahfeld-Fernfeld Übergangs In der Literatur [11] finden sich bezüglich der Übergangsgrenze teilweise abwei-
chende Angaben, die auf unterschiedlichen Betrachtungsweisen beruhen. Dabei
spielt die „Perspektive“ der Herangehensweise eine große Rolle, da man sich dem
Übergang einerseits aus Sicht des Nahfeldes, aber auch andererseits aus dem
Blickwinkel des Fernfeldes nähern kann. Fest steht jedenfalls, dass der Übergang
nicht schlagartig erfolgt, sondern gewissermaßen eine Überblendung beider Zonen
beinhaltet. Für den Planer ist jedoch maßgeblich die Sicherheit von Bedeutung, sich
tatsächlich im Fernfeld zu befinden, da hier nicht mehr mit einem variablen,
abstandsabhängigen Richtverhalten zu rechnen ist. Deshalb sind, für die Auslegung
einer Beschallungsanlage, die Berechnungsformeln vorzuziehen, die den größeren
Quellabstand als Grenze zum Fernfeld favorisieren.
Häufig kommt daher folgende Formel zum Einsatz, mit welcher der Übergangs-
bereich zum Fernfeld auf der Hauptabstrahlachse näherungsweise bestimmt wer-
den kann14:
Berechnungsformel zum Nahfeld-Fernfeld Übergang
( )22
311
23
HFHFd B
⋅⋅−⋅= Gl. 4-1
H: Länge der Quelle in Meter
F: Frequenz in kHz
Der Ausdruck 3F mit der Einheit kHz entspricht dabei ungefähr dem Kehrwert der
Wellenlänge, ausgehend von F(kHz) = c/(1000 λ ), mit c = 333 m/s.
Für Konstellationen bei denen das Produkt aus 3FH = 1 ist, existiert kein Nahfeld
(kleine Lautsprecher, tiefe Frequenzen).
Wird 3FH sehr groß (hohe Frequenzen, langes Array), wird der Wurzelausdruck
annähernd zu „1“ und kann vernachlässigt werden. Die Formel lautet dann
vereinfacht:
14 Urban, Heil, Baumann, AES Convention Paper 2001, S.2 [4]
4 Bassarray Schallfelder
32
2
23 HFd B ⋅= bzw. 2
2H
cFd B ⋅⋅
= Gl. 4-2
F: Frequenz in Hz H: Länge der Quelle in m
c: Schallgeschwindigkeit 333m/s
Da innerhalb der vorliegenden Arbeit in erster Linie Schallfelder von Basslaut-
sprechern analysiert werden, liegt der Fokus der weiteren Betrachtungen auf einem
Frequenzbereich von 25 – 125 Hz. Dabei zeigt die folgende grafische Darstellung
obiger Formel, dass auch bei tiefen Frequenzen und langen Arrays das Nahfeld
erheblich in den Zuschauerbereich hineinreicht.
Fernfeldübergang in Meter
Arraylänge in Meter
100Hz 75Hz 50Hz 25Hz
Abbildung 14 Übergang von Nah-zu Fernfeld in Abhängigkeit von der Arraylänge
Für das im vorangehenden Kapitel simulierte Linienarray von 30 Metern Länge
beginnt der Fernbereich für 50 Hz dementsprechend erst bei 67 m und für 100 Hz
bei 134 m.
Zur Kontrolle wurde der Schalldruck für einige Distanzen auf der Mittelachse des
Arrays simuliert und der nach obiger Formel bestimmte Fernfeldübergang maß-
stabsgerecht in das Ulysses-Mapping übertragen. Dabei ist erkennbar, dass tat-
4 Bassarray Schallfelder
33
sächlich der Pegelabfall pro Entfernungsverdoppelung im Nahfeld des Arrays etwa
3 dB und im Fernfeld ungefähr 6 dB entspricht. Ausgewählte Punkte sind in der
folgenden Abbildung dargestellt.
67,5 m
Abbildung 15 Pegelabnahme im Nah-/Fernfeld, 50 Hz Oktavband
Linienarray 30 m, 21 Quellen (d=1,5 m),
Messpunkte: 17 m(102,8dB), 34m(100.2dB), 67m(95,9dB), 135m(90,4dB)
Die Formel zur Bestimmung des Nahfeld-Fernfeldübergangs korrespondiert offen-
sichtlich recht gut mit dem Ergebnis der Schallfeldsimulation mit Ulysses. Es ist also
anzunehmen, dass das Richtverhalten des Linienarrays aus Basslautsprechern
nach überschreiten der Grenze bd keinen wesentlich Änderungen ausgesetzt ist.
Öffnungswinkel des Hauptmaximums Das Richtverhalten des geraden Linienarrays, qualitativ erkennbar aus den
Simulationen mit Ulysses und der Polardarstellung mit Array Show, wird von einem
ausgeprägten Hauptmaximum dominiert. Um dieses auch quantitativ zu beschrei-
ben, wird der Öffnungswinkel definiert, bei dem der Schalldruckpegel gegenüber
dem Pegel auf der Mittelachse um 6 dB abgesunken ist.
Er ist abhängig von der Frequenz der Quelle und der Länge des Arrays und be-
stimmt letztlich die größtmögliche Breite des Schallfeldes, vor allem im hinteren
Bereich der Hörfläche. Da der Winkel das Richtverhalten im Fernfeld beschreiben
soll, wird er an der Grenze zum Fernfeld bd angegeben.
4 Bassarray Schallfelder
34
Berechnung des Öffnungswinkels am Fernfeldübergang:
⎟⎟⎠
⎞⎜⎜⎝
⎛
⋅⋅⋅
⋅=−garray
gArraydB fLcfL
πα 9,1arcsin2);(6 Gl. 4-3
Für das bereits beschriebene Linienarray mit der Länge L=30 m beträgt der Winkel
bei 50 Hz ca. 16 Grad. bzw. der Halbwinkel 8 Grad. Auch diese Berechnung wurde
an Hand der Simulation mit Ulysses überprüft. Feststellbar war auch hier, dass die
Berechnung mit der Simulation, im Rahmen der möglichen Genauigkeit, überein
stimmt.
Abbildung 16 Öffnungswinkel am Fernfeldübergang im 50Hz Oktavband
Mittelachse: 67m(95,98 dB), 170 m(88,64 dB)
auf Winkel: 67m( 91,53 dB), 170 m(82,44dB)
4.2.3 Gerades Linienarray im Nahfeld
Die Beschreibung des Fernfeldes eines Lautsprechers (oder eines Arrays aus
diskreten Einzelquellen) geschieht von außen aus großer Distanz. Für einen
externen Betrachter ändert sich, außer der Variation des Schalldruckpegels mit 1/r,
gar nichts (atmosphärische Effekte ausgeschlossen). Aus dieser Tatsache wird die
Gültigkeit der Polardiagramme, oder auch der dreidimensionalen Balloondaten
abgeleitet.
Ganz anders sieht es im Nahfeld einer ausgedehnten und nicht punktförmigen
Schallquelle aus. Da hier das Richtverhalten der Quelle nicht nur frequenzabhängig,
4 Bassarray Schallfelder
35
sondern auch von der Hörposition abhängig ist, gibt es im Nahfeld keine allgemein-
gültige Beschreibung für jeden Ort. Betrachtet man die Schallfeldsimulation eines
Linienarrays innerhalb eines Oktavbandes, so sind zwar keine eklatanten Pegel-
abweichungen zu erkennen, wechselt man jedoch zur nächst höheren Oktave, ist
fest zu stellen, dass die Nahfeldgrenze um den doppelten Betrag von der Quelle
weg verschoben ist.
Abbildung 17 Vergleich der Abstrahlcharakteristik bei 50Hz und 100Hz
Da der Pegelabfall im Nahfeld und Fernfeld einen unterschiedlichen Verlauf nimmt,
kommt es zu einer Überbetonung der höheren Frequenzen, da hier der Nahfeld-
bereich am weitesten ausgedehnt ist und der Schallpegel dort mit 3 dB pro Entfern-
ungsverdoppelung abnimmt.
Die folgende Grafik (Abb. 18) zeigt den Pegelabfall im relevanten Frequenzbereich
zwischen 30 Hz und 100 Hz. Die dargestellten Kurven wurden im Nahfeldbereich
mit 3 dB pro Abstandsverdoppelung und im Fernbereich mit 6 dB analytisch be-
rechnet und entsprechen somit nicht ganz der Realität bzw. der Simulation, zeigen
jedoch sehr anschaulich den auftretenden Effekt. Bis zum erreichen des Fernfeld-
übergangs der tiefsten emittierten Frequenz treten keine Klangverfärbungen auf,
jedoch mit zunehmendem überschreiten der Grenzen bei höheren Frequenzen, ist
eine deutliche Bevorzugung der oberen Frequenzbänder zu beobachten.
Da der Übertragungsbereich der verwendeten Subwoofer auf maximal zwei Oktaven
beschränkt ist und das menschliche Gehör in diesem Bereich etwas weniger
empfindlich ist, wirkt sich dieser Effekt nicht allzu dramatisch aus, sollte aber
trotzdem berücksichtigt werden.
4 Bassarray Schallfelder
36
65
70
75
80
85
90
0 15 30 45 60 75 90 105
120
135
150
165
180
195
Abstand zum Array in m
rela
tiver
Peg
el in
dB
30Hz
50Hz
75Hz
100Hz
Abbildung 18 Frequenzabhängige Schallpegelabnahme im Nah- und Fernbereich
eines Linienarrays mit 30 m Länge
Um die Vorgänge in der Nähe eines Arrays zumindest qualitativ zu beschreiben,
bietet sich das Kohärenzzonenmodell an.
Kohärenzzonenmodell Zeichnet man um einen Beobachter konzentrische Ringe mit dem Abstand n x λ/2,
so entstehen Bereiche der konstruktiven und destruktiven Interferenz. Befinden sich
zwei (oder mehr) Schallquellen innerhalb einer Zone, so addieren sich ihre Pegel
respektive ihrer Phasenlage zwischen 0 und λ/2. Zwischen zwei benachbarten
Zonen besteht jedoch aus Sicht des Beobachters ein Phasenunterschied, der
größer als λ/2 ist, wodurch es durch destruktive Interferenz zu Auslöschungen und
damit verbundener Pegelreduktion kommen kann.[9]
Nähert sich der Beobachter aus großer Ferne einem geraden Linienarray auf der
Hauptachse, so können die ringförmigen Zonen näherungsweise als Geraden
angesehen werden. Das bedeutet, dass sich alle diskreten Einzelquellen des Arrays
für den Beobachter zu einer einzigen, kohärenten und gleichphasigen Quelle
vereinen, was gewissermaßen den Fernfeldbereich des Modells beschreibt. Je
weiter sich der Beobachter der Quelle nähert, desto stärker sind die Kohärenzringe
gekrümmt, jedoch „passt“ das gesamte Array zunächst noch komplett in jeweils
einen Ring. Dabei entstehen zwar noch keine destruktiven Interferenzen, aber der
maximal mögliche Schallpegel der Einzelquellen wird nicht mehr ganz erreicht, da
bereits an dieser Stelle keine komplette Phasengleichheit mehr herrscht.
4 Bassarray Schallfelder
37
Es ist quasi der Übergang zum Nahfeld erreicht, was in der folgenden Abbildung
dargestellt ist.
Abbildung 19 Kohärenzzonenmodell am Übergang zum Nahfeld
Rückt der Beobachter weiter zum Zentrum der Quelle vor, befinden sich nur noch
Teilbereiche des Arrays in einer Kohärenzzone. Im nachfolgenden Beispiel (Abb.20)
mit einem Abstand von 21,2 m zum Array der Länge L=30 m, befinden sich nur
noch 23 m des Arrays in einer Zone, während die Randbereiche mit jeweils 3,5 m
sich im Bereich der nächsten Zone befinden und mit der vorangehenden destruktiv
interferieren. Die „effektive“ Länge des Arrays schrumpft, bzw. der Beobachter
nimmt eine geringere Zahl der diskreten Einzelquellen war.
Aus dieser Betrachtungsweise lässt sich auch die geringere Pegelabnahme im
Vergleich zum Fernfeld veranschaulichen, da nicht mehr nur der Abstand zur
Schallquelle in die Ermittlung des Schalldruckpegels eingeht, sondern auch die
Anzahl der Quellen, oder anders ausgedrückt, die effektiv abstrahlende Fläche bzw.
die Länge des Arrays.
4 Bassarray Schallfelder
38
Abbildung 20 Kohärenzzonenmodell für Beobachter im Nahfeld
Außerhalb der Mittelachse, wird an Hand des Kohärenzzonenmodells auch deutlich,
worin der Grund für die starke seitliche Dämpfung liegt. In der folgenden Grafik
(Abb. 21) wird ersichtlich, dass das Array förmlich von den Ringen durchkreuzt wird,
so dass sich konstruktive und destruktive Zonen überlagern und dadurch den
Schalldruckpegel an der Hörposition reduzieren. Theoretisch lässt sich aus diesem
Model sogar die Richtfunktion des Arrays ableiten, in dem man durch gegenseitiges
„aufwiegen“ der Zonen ermittelt, wie viele Elementarquellen an der Beobachter-
position noch wahrnehmbar sind. Allerdings wird bei dieser Betrachtung die Schall-
pegelabnahme der Elementarquellen mit dem Abstand unterschlagen, was bei aus-
gedehnten Arrays nicht zu vernachlässigen ist. Eine phasenrichtige Aufsummierung
der Schalldruckpegel der Einzelquellen unter Berücksichtigung der jeweiligen Ent-
fernung zur Messposition erscheint hier sinnvoller.
Trotzdem lassen sich an Hand dieses Modells schnell qualitative Rückschlüsse über
die Abstrahlcharakteristik eines Arrays im Nahfeld bestimmen.
4 Bassarray Schallfelder
39
Abbildung 21 Kohärenzzonenmodell für Beobachter außerhalb der Mittelachse
4.2.4 Planung und Dimensionierung von geraden Arrays
Mit geraden Linienarrays aus diskreten Basslautsprechern lassen sich sehr
ausgedehnte Nahfeldbereiche erzeugen, wodurch ein hohes Maß an Schallenergie
über große Distanzen hinweg transportiert werden kann, da diese im Nahfeld über
die Entfernung nur mit 1/r abnimmt.
Begünstigt wird dies dadurch, dass die Länge des Arrays in der Formel zur
Errechnung des Nahfeld-Fernfeldübergangs exponentiell eingeht. Außerdem kann
bei langen Wellenlängen der geforderte Mindestabstand zur Vermeidung
destruktiver Interferenzen relativ groß gewählt werden, wodurch sich mit relativ
wenigen Einzelquellen sehr ausgedehnte Arrays erstellen lassen.
Nachteilig ist allerdings, dass Tiefe und Breite des hervorgerufenen Schallfeldes bei
geraden Linienarrays nicht getrennt voneinander beeinflussbar sind, was den
Anwendungsbereich stark einschränkt.
Ist jedoch eine sehr weit reichende Beschallung im Bassbereich gefordert, wie zum
Beispiel bei Großveranstaltungen in langen Häuserschluchten, so kann ein langes
4 Bassarray Schallfelder
40
Linienarray durchaus angebracht sein, zumal durch die starke Seitenbedämpfung
ungünstige Reflexionen mit den Häuserfronten vermieden werden können.
Für einen gefordertes Nahfeld berechnet sich dann die Länge des Arrays wie folgt:
cfL
d gArrayNah ⋅
⋅=
2)( 2
ArrayL = Länge der Quelle in m
gf = Frequenz in Hz
umgestellt und aufgelöst nach ArrayL ergibt sich:
g
NahArray f
cdL
2⋅=
Die minimale Anzahl der Lautsprecher zur Erzeugung einer Linienquelle der Länge
ArrayL , errechnet sich aus dem maximalen Abstand der Einzelquellen, bei dem ein
kohärentes Abstrahlverhalten vorliegt. Der Abstand LSd darf maximal λ/2 der oberen
Nutzfrequenz des Lautsprechers betragen. Die Anzahl der benötigten Lautsprecher
berechnet sich dann wie folgt:
1+=LS
ArrayLS d
Ln
Die maximale Breite dBx 6− des Schallfeldes am Nahfeld-Fernfeldübergang beträgt:
( )dBNahdB dx 66 tan2 −− ⋅⋅= α Gl. 4-7
Gl. 4-4
Gl. 4-5
Gl. 4-6
4 Bassarray Schallfelder
41
nach einsetzen von Nahd (Gleichung 4-4)und dB6−α (Gleichung 4-3) lässt sich dBx 6−
berechnen:
⎟⎟⎠
⎞⎜⎜⎝
⎛⎟⎟⎠
⎞⎜⎜⎝
⎛
⋅⋅⋅
⋅⋅⎟⎟⎠
⎞⎜⎜⎝
⎛ ⋅⋅=−
gArray
gArraydB fL
cc
fLx
π9,1arcsin2tan
2)(
22
6 Gl. 4-8
Abbildung 22 Öffnungswinkel am Fernfeldübergang
4 Bassarray Schallfelder
42
4.3 Gebogene Arrays
Die stark bündelnden Eigenschaften eines geraden Linienarrays und die damit
verbundene Einschränkung der Anwendungsmöglichkeiten, führt zu der Frage, wie
kann eine (kontrollierte) Aufweitung der Richtcharakteristik erfolgen?
Hierzu bietet sich die Möglichkeit an, das Array nicht auf einer geraden Linie,
sondern auf einem Kreisabschnitt zu positionieren.
4.3.1 Simulation eines gebogenen Arrays
Ausgangspunkt zur Betrachtung eines gebogenen Arrays ist eine Simulation des
Schalldruckpegels auf einer Hörfläche von 300 m x 120 m. Das Beispiel-Array be-
steht wieder aus 21 einzelnen 18“-Subwoofern die im Abstand von 1,5 m (bezogen
auf die y-Achse) auf einem Kreisausschnitt mit dem Radius AR = 30 m angeordnet
sind. Die skalierte Simulation zeigt den Schalldruckpegel bezogen auf das 50 Hz-
Oktavband. Jede Farbabstufung entspricht einer Isobaren, wobei der Abstand
zueinander jeweils 3 dB entspricht.
Abbildung 23 SPL-Mapping eines gebogenes Array mit R=30m bei 50Hz
Auffallend ist, dass die Isobaren in unmittelbarer Nähe der Schallquelle der Form
des Arrays folgen. Mit zunehmender Entfernung treten Welligkeiten auf, aus denen
sich dann eine konstante Form herauskristallisiert.
Auch hier existiert offenbar ein Nahbereich mit veränderlicher, abstandsabhängiger
Charakteristik und ein Fernfeld mit konstanter Richtfunktion.
4 Bassarray Schallfelder
43
4.3.2 Gebogenes Array im Fernfeld
Anders als beim geraden Linienarray gibt es für das gebogene Array keine
allgemein gültige Formel zur Berechnung des Nahfeld-Fernfeld-Übergangs und des
Abstrahlverhaltens im Fernfeld. Aus der Betrachtung des Kohärenzzonenmodells ist
es aber möglich, einen Zusammenhang zwischen dem Öffnungswinkel des Arrays
und dem Fernfeldverhalten abzuleiten.
Für einen sehr großen Abstand zur Schallquelle können die Kohärenzringe näher-
ungsweise als Geraden dargestellt werden.
Abbildung 24 Gebogenes Array im Fernfeld
Aus obiger Abbildung wird erkennbar, dass das Beispiel-Array nicht ganz in die
erste Zone hineinpasst. Durch destruktive Interferenz mit den äußeren Abschnitten
verschmelzen selbst im Fernfeld nicht alle Einzelquellen zu einer einzigen Punkt-
quelle, wenn die äußeren Elementarquellen um mehr als λ/2 von der mittleren zu-
rückversetzt sind. Dieser Versatz wird, für eine feste Arraylänge, maßgeblich von
dem Krümmungsradius der Lautsprecheranordnung bestimmt. Folglich erzeugen
kleine Radien einen geringeren Schallpegel auf der Hauptachse als große Radien.
Der maximale Schalldruck wird letztlich für einen unendlich großen Arrayradius
erreicht, wodurch das gerade Linienarray quasi als Sonderfall des gebogenen
Arrays zu betrachten ist.
4 Bassarray Schallfelder
44
Bewegt sich der Beobachter radial von der Mittelachse weg, so erfährt er bei stark
gebogenen Arrays zunächst keine Änderung des Schalldruckpegels, da die Aus-
dehnung der dominanten Kohärenzzone, respektive die Anzahl der wahrgenom-
menen Einzelquellen, gleich bleibt.
Wenn die Achse zwischen Beobachter und Mittelpunkt des Arrayradius die äußerste
Einzelquelle berührt, ist die dominante Zone, im Vergleich zum Blickwinkel aus der
Mittelachse, nur noch halb so groß und damit der Pegel um etwa 6 dB reduziert.
Aus dieser Betrachtung lässt sich ableiten, dass der Öffnungswinkel dB6−α eines
gebogen Arrays im Fernfeld, dem Öffnungswinkel des Arrays selbst entspricht.
Abbildung 25 Öffnungswinkel dB6−α eines gebogenen Arrays im Fernfeld
4.3.3 Gebogenes Array im Nahfeld
Beim geraden Array konnte im Kohärenzmodell der Übergang zum Nahfeld an der
Stelle definiert werden, an dem das Array gerade noch in einen λ/2-Ring passte.
Beim gebogenen Array wurde bereits beschrieben, dass je nach Krümmungsradius,
das Array unter Umständen niemals ganz von einem Ring überdeckt werden kann.
Das hat zur Folge, dass der Nahbereich eines gebogenen Arrays in dieser
Modellvorstellung, verglichen mit einer gleichlangen geraden Quelle, weiter
ausgedehnt ist und der Fernfeldbereich möglicherweise nie erreicht wird. Es ist
jedoch nicht davon aus zu gehen, dass der Pegelabfall pro Entfernungsverdop-
4 Bassarray Schallfelder
45
pelung in dem ausgedehnten Nahfeld nur 3 dB beträgt, da diese Annahme nur für
eine gerade Linienquelle mit zylindrische Wellenausbreitung gilt, was
näherungsweise nur in relativer Nähe zum gebogenen Array zu erwarten ist.
Nahfeld-Fernfeld-Übergang
Um dennoch eine quantitative Aussage über die Nahfeldausdehnung des Beispiel-
arrays zu erhalten, wurde der Schallpegel auf der Mittelachse für alle Quellen be-
rechnet und unter Berücksichtigung ihrer Phasenlage aufaddiert. Das folgende
Diagramm zeigt die berechneten Werte für einen Abstand von 1 m bis 600 m.
Nahfeld-Fernfeldübergang beim gebogenen Array R=30m, 50Hz(Werte berechnet)
555861646770737679828588919497
100
1 10 100 1000
Abstand in Meter (logarithmisch)
dB(S
PL)
Hauptabstrahlachse(berechnet)
Übergangbei ca.20m
Trendlinie Nahfeld
Trendlinie Fernfeld
Abbildung 26 Diagramm Nahfeld-Fernfeldübergang, gebogenes Array R=30m
Die grüne Trendlinie zeigt den Verlauf des Schalldruckpegels im Nahfeld, der mit ca.
3 dB pro Entfernungsverdoppelung abnimmt. Im Fernfeld zeigt sich ein stabiler
Trend zu einer Pegelreduktion von ungefähr 6 dB. Der Schnittpunkt der beiden
Geraden liegt bei ca, 20 m und markiert den Übergang zum Fernfeld.
4 Bassarray Schallfelder
46
Öffnungswinkel im Nahfeld
Auch im Nahfeld zeigt sich die Konstanz der dominanten Kohärenzzone innerhalb
des Arrayöffnungswinkels bis zum Erreichen der äußersten Einzelquelle. Der
Unterschied zur Fernfeldbetrachtung ist allerdings darin zu sehen, dass durch den
geringeren Abstand der Beobachterposition sich die Pegelunterschiede der
Einzelquellen stärker auswirken, wodurch eine Betonung der am nächsten ge-
legenen Quellen statt findet. Die weiter entfernten Quellen leisten dann einen ge-
ringeren Beitrag zur Interferenz, was letztlich dazu führt, dass im Nahbereich der
Aktionsradius des gebogenen Arrays sogar etwas größer als der Öffnungswinkel ist.
Abbildung 27 Kohärenzzonenmodell im Nahfeld eines gebogenen Arrays
4.3.4 Planung und Dimensionierung eines gebogenen Arrays
Gebogene Tieftonarrays aus Einzelquellen sind sehr flexibel einsetzbar. Durch das
„Curving“ können nahezu alle Abbildungsbreiten erreicht werden. Maßgebliches
Element der Gestaltung ist hierbei der Öffnungswinkel des Arrays, da dieser in etwa
mit dem –6 dB Öffnungswinkel im Fernfeld korrespondiert und damit die nutzbare
Hörfläche umschließt.
4 Bassarray Schallfelder
47
Arrayoptimierung für eine gegebene Hörfläche Da die Arrayanordnung von der Länge, dem Radius und dem Winkel abhängig ist,
empfiehlt es sich die Parameterauswahl zu beschränken. Ein zweckmäßiges Vor-
gehen ist, mit der Festlegung der Arraylänge zu beginnen. Da Bassarrays meist vor
der Bühne platziert werden, ist die maximale Länge in der Regel durch die
Bühnenbreite vorgegeben. Die Anzahl der benötigten Lautsprecher erfolgt analog
der Berechnung für das gerade Array.(Kapitel 4.2.4).
Ist die Arraylänge bestimmt, dann ist für ein gewünschtes Hörfeld das Curving nur
noch von dem Radius der Lautsprecheranordnung abhängig. Die folgende Skizze
(Abb.28) erläutert den geometrischen Zusammenhang:
Abbildung 28 Geometrischer Zusammenhang zwischen Arraycurving und Hörfeld
Mit Hilfe des 2. Strahlensatzes lässt sich eine Beziehung zwischen der Arraylänge
(En) und der Breite (Y) der Hörfläche herstellen:
XRaR
YE
A
An
+−
= mit ⎟⎠⎞
⎜⎝⎛⋅⋅=
4sin2 2 α
ARa
4 Bassarray Schallfelder
48
Nach dem Arrayradius aufgelöst folgt die Formel für den Arrayradius bei ge-
gebener Arraylänge und der geforderten Länge (X) und Breite (Y) des Hörfeldes.
⎟⎠⎞
⎜⎝⎛⋅+−
⋅−=
4sin2 2 αYE
XER
n
nA
Bedingung: Y ist größer als
Der Öffnungswinkel ergibt sich dann aus:
⎟⎟⎠
⎞⎜⎜⎝
⎛⋅
⋅=A
n
RE
2arcsin2α
Falls zur Anpassung an ein Mittel-Hochton-Array der Nahfeldbereich bestimmt
werden soll, für den der Pegel mit 3dB pro Entfernungsverdoppelung abnimmt, so
muss dies analytisch geschehen.(siehe Abb. 26 und Anhang )
Sollte die Auswertung keinen günstigen Übergangswert ergeben, muss die obige
Berechnung gegebenenfalls für einen anderen Radius bzw. Arraylänge wiederholt
werden. Dabei ist generell zu beachten, dass große Radien zu einer Ausdehnung
des Nahbereichs mit der geringeren Pegelabnahme führen, als kleine Radien.
Anordnung des Arrays auf dem Kreissegment Die Verschiebung der einzelnen Lautsprecher von der Grundlinie nach hinten, kann
auf zwei Arten erfolgen:
• Das Bassarray wird entlang des nach hinten offenem Kreissegmentes real
positioniert (Berechnung siehe Anhang )
• Die Linienanordnung bleibt bestehen, jedoch werden die Lautsprecher
virtuell mittels Laufzeitverzögerung an das Curving angepasst.
Gl. 4-9
Gl. 4-10
⎟⎠⎞
⎜⎝⎛⋅+
4sin2 2 α
nE
4 Bassarray Schallfelder
49
Die Delayzeit für einen einzelnen Lautsprecher berechnet sich wie folgt:
cD
t nn = mit Dn = Abstand zur Grundlinie, c = Schallgeschwindigkeit
Das virtuelle Curving hat den Vorteil, dass eine Fokussierung des Schalldrucks auf
der Rückseite des Arrays vermieden wird. Das Abstrahlverhalten in Richtung
Publikum wird dabei nur unwesentlich beeinflusst, wie die folgende Grafik zeigt.
Abbildung 29 Vergleich zwischen „Delay-curving“ und realem gebogenen Array
4 Bassarray Schallfelder
50
4.4 Arrays aus Cardioiden
4.4.1 Cardioid-Subwoofer
Mit Hilfe von „Gegenbeschallung“ kann auch bei annähernd kugelförmig abstrahlen-
den Schallquellen eine Vorwärts-Richtwirkung und eine rückwärtige Dämpfung bei
einer wählbaren Center-Frequenz erzielt werden.
Im einfachsten Fall werden zwei Basslautsprecher auf einer Achse hintereinander,
in der gewünschten Abstrahlrichtung und im Abstand einer viertel Wellenlänge der
erforderlichen Frequenz, angeordnet.
Der hintere Lautsprecher wird um die Distanz zum vorderen Lautsprecher verzögert,
wodurch seine Wellenfront die Zeit einer halben Wellenlänge benötigt, um zu dem
vorderen aufzuschließen. Die Phasenverschiebung beträgt zunächst also 180°.
Wird der hintere aber in seiner Phase gedreht, addieren sich die beiden emittierten
Wellenfronten phasenrichtig in Vorwärtsrichtung.
Der vordere Lautsprecher benötigt zur Überbrückung der Distanz zum hinteren die
Zeit einer viertel Wellenlänge. Der hintere ist jedoch um eine viertel Wellenlänge
verzögert , wodurch die beiden Wellenfronten zunächst zeitgleich eintreffen und sich
addieren würden. Da aber der hintere Lautsprecher in seiner Phase um 180°
gedreht ist, wird der rückwärtige Schall auf der Mittelachse eliminiert.
Das Resultat ist ein höherer Schalldruckpegel in Abstrahlrichtung und eine Dämpf-
ung in Rückwärtsrichtung.
Abbildung 30 Anordnung „Cardioid-Subwoofer“
4 Bassarray Schallfelder
51
Im folgenden Beispiel werden die Polardiagramme für eine solche Anordnung
dargestellt. Der Abstand zwischen den Lautsprechern (λ/4 Wert) beträgt 0,86 m,
was einer Frequenz von 100 Hz entspricht. Gut zu erkennen ist, dass die
Richtwirkung eine Oktave unter dem 100 Hz-Band erhalten bleibt, aber bereits eine
Oktave darüber eine deutliche Verflachung in der Hautabstrahlrichtung zeigt .
Abbildung 31 Cardioid aus zwei Quellen bei 50 Hz, 100 Hz, 200 Hz (Abstand 0,86 m; Delay 2,5 ms, Phase gedreht)
Für die weiteren Untersuchungen wurde die gleiche Lautsprecheranordnung in
Ulysses aus zwei d&b Q-sub Basslautsprechern erstellt. Dazu wurden die Einzel-
quellen zunächst im Abstand von 0,86 m positioniert und der rückwärtige Laut-
sprecher mit einer Phasendrehung von 180° und einem Delay von 2,5 ms versehen.
Diese beiden Einzelquellen wurden anschließend mit dem „Cluster-builder“15 zu
einer einzigen Quelle mit neuem geometrischen Mittelpunkt zusammengefasst.
Mittels dem Unterprogramm „Speaker-Builder“ wurden dann neue Ballondaten
erzeugt, so dass die Lautsprecheranordnung nun wie ein einzelner Cardioid-
Subwoofer für weitere Berechnungen und Simulationen zur Verfügung steht.
Abbildung 32 SPL-Mapping und 3-D Ballonn des neu erstellter Cardioid-Subwoofers
15 Zusatztool in Ulysses zur Zusammenfassung von Einzelquellen unter Berücksichtigung ihrer
Phasenlage
4 Bassarray Schallfelder
52
Neben der dargestellten „Konstruktion“ eines Cardioid-Subwoofers aus zwei
einzelnen Basslautsprechern bestehen noch weitere Möglichkeiten, die zum Teil
von den Herstellern selbst angeboten werden. Meist handelt es sich um Laut-
sprecherboxen mit rückwärtig eingebauten Chassis oder Aufstellanleitungen für
Einzellautsprecher mit den entsprechenden Controller-Setups. Die Auslöschung
rückwärtigen Schalls bei Tieftonsystemen beruht jedoch auf den gleichen Prinzipien,
so dass auf die Vorstellung weiterer Konstellationen verzichtet werden kann.
4.4.2 Simulation von Cardioiden im Array:
Im Folgenden wird untersucht, wie sich der Einsatz von Cardioid-Subwoofern in
ausgedehnten geraden und gebogenen Arrays auswirkt. Dazu werden zwei, der in
den vorangehenden Kapiteln beschrieben, Arrays zum Vergleich herangezogen.
Abbildung 33 Vergleich Cardioid- zu Standardsubwoofer im Linienarray bei 50 Hz
4 Bassarray Schallfelder
53
Abbildung 34 Vergleich Cardioid- zu Standardsubwoofer im gebogenen Array, 50 Hz
Aus den obigen Schalldruck-Mappings (Abb. 33 und 34) ist deutlich zu erkennen,
dass durch den Einsatz von Cardioiden eine starke Dämpfung der rückwärtigen
Schallausbreitung erfolgt. Die Dämpfung beträgt im Abstand von 15 m hinter dem
geraden Array bereits ca. 11 dB und nimmt mit wachsender Entfernung auf über 18
dB zu. Der Schalldruckpegel in Vorwärtsrichtung nimmt erwartungsgemäß, durch
die höhere Anzahl der Einzelquellen, mit durchschnittlich 3 dB zu, verglichen mit der
Standartkonfiguration ohne Gegenbeschallung.
Beim gebogenen Array beträgt die rückseitige Dämpfung ebenfalls ca. 10-20 dB, mit
wachsender Tendenz zu größeren Abständen. Lediglich in Richtung der Hauptab-
strahlachse ist der Pegelzuwachs mit ca. 1-1,5 dB geringer als beim Linienarray,
wobei eine Verbreiterung des nutzbaren Schallfeldes am Verlauf der Isobaren ab-
lesbar ist.
4 Bassarray Schallfelder
54
Insgesamt ist zu beobachten, dass der Grundcharakter der beiden Arrays auf der
Hörfläche trotz unterschiedlicher Abstrahlcharakteristik der Elementarquellen in
etwa erhalten bleibt.
Der Einsatz von Cardioid-Subwoofern erweist sich damit als wirksames Mittel um
die Bühnenlautstärke im tieffrequenten Bereich erheblich zu reduzieren. Außerdem
kann das Array so ausgerichtet werden, dass die Schallemission in Gebiete mit
erhöhten Schallschutzanforderungen vermindert wird.
5 Freifeldmessung der Array-Konfigurationen
55
5 Freifeldmessung der Array-Konfigurationen
5.1 Durchführung der Messung
Zur Überprüfung der theoretischen Betrachtungen und der skalierten Simulationen
mit der Software Ulysses bezüglich der Schallausbreitung von Bassarrays, wurden
drei unterschiedliche Arraykonfigurationen vermessen.
• gerades Linienarray aus 21 Einzelquellen mit einem Abstand zueinander von
jeweils 1,5 m
• gebogenes Array mit dem Radius R=69m, Öffnungswinkel 25°, 21 Quellen,
Abstand d=1,5 m
• gebogenes Array mit dem Radius R=40m Öffnungswinkel 44°, 21 Quellen,
Abstand d=1,5 m
Abbildung 35 Messaufbau Linienarray
5 Freifeldmessung der Array-Konfigurationen
56
Messbedingungen: Gemessen wurde auf einer ebenen Fläche von ca. 500x200 m, die an ihren Enden
nur durch Wald begrenzt war. Es befand sich lediglich ein größeres Gebäude im
Abstand von etwa 100 m zum Messfeld. Um störende Reflexionen zu vermeiden,
wurde das Array so ausgerichtet, dass die Hauptabstrahlachse um 90° von dem
Gebäude weg zeigte.
Es konnte also von nahezu idealen Freifeldbedingungen ausgegangen werden.
Umwelteinflüsse Die Außentemperatur betrug im Mittel etwa 23°C, was einer Schallgeschwindigkeit
von 344 m/s entspricht.
Zum Zeitpunkt der Messungen herrschte gleich bleibend starker Wind aus Richtung
des Arrays, was eine Schallausbreitung in Messrichtung begünstigen kann.
Abbildung 36 Messaufbau gebogenes Array
5 Freifeldmessung der Array-Konfigurationen
57
Messgerät und Messsignal Um möglichst genaue Informationen über das Abstrahlverhalten der Arrays, aus der
resultierenden Überlagerung der Einzelquellen und den Schalldruckpegelverlauf, zu
erhalten, wurde als Messsignal ein 50 Hz Sinuston eingespeist. Das Sinussignal
wurde über eine externe Quelle an alle Verstärker parallel verteilt, womit die
Phasengleichheit der eingesetzten Lautsprecher gewährleistet wurde. Vor der
eigentlichen Messung wurden die 21 Lautsprecher einzeln auf den gleichen
Schalldruckpegel eingestellt, weil nur damit ein definiertes Gesamtabstrahlverhalten
zu garantieren ist.
Gemessen wurde mit dem NTI Minilizer ML1, einem geeichten Audiomessgerät und
einem Klasse 2 Messmikrofon in Kugelcharakteristik. Die Messung wurde selektiv
im Terzbandbereich von 50 Hz mit einem maximalen Schalldruckpegel von 111
dB(SPL) (in 1 m Abstand vor dem Array) durchgeführt, wodurch ein Störgeräusch-
abstand von über 40 dB an allen Messpositionen erreicht werden konnte. Die
Messgenauigkeit betrug +/- 1 dB.
Lautsprecher und Verstärker Um gleiche Bedingungen für Messung und Simulation zu schaffen, kamen die
bereits vorgestellten 18“ Q-sub Basslautsprecher der Firma d&b zum Einsatz, für die
auch die Balloondaten zur Verwendung in Ulysses erstellt wurden. Es wurden je 3
Lautsprecher an einem Endstufenkanal (d&b D12) mit der passenden Voreinstellung
(Q-sub) betrieben.
Messpunkte Die Messpunkte im Abstand von 2 Metern befanden sich auf 3 Linien. Die ersten
beiden lagen orthogonal zum Array, eine auf der Hauptabstrahlachse und eine um
15 m nach außen versetz. Die dritte befand sich parallel zum Array im Abstand von
30 m, wobei aus Gründen der Symmetrie nur von der Mitte nach außen gemessen
wurde. Die Schalldruckpegel wurden jeweils über eine Distanz von 60 m direkt auf
der Bodenfläche ermittelt. (siehe Abb.6 „Spiegelquelle“)
5 Freifeldmessung der Array-Konfigurationen
58
Abbildung 37 Messfeld
5.2 Analytische Überprüfung der Messergebnisse
Zur Überprüfung der Messergebnisse wurde der zu erwartende Schalldruckpegel
der Arraykonfigurationen für jeden Messpunkt errechnet.
Dazu wurde zunächst der jeweilige Abstand der Einzelquellen zu den Mess-
positionen bestimmt, woraus sich für die betrachtete Wellenlänge die Phasen-
differenz der Lautsprecher zueinander ermitteln ließ. Da keine absoluten Pegel
gefordert waren, wurde die Amplitude der Einzelquellen mit „1“ angenommen und
vereinfachend eine kugelförmige Ausbreitung der Schallwellen vorausgesetzt.
Dadurch konnte der Pegelabfall des Schalldrucks jeweils mit 1/r über den Mess-
abstand berücksichtigt werden. Mittels komplexer Rechnung wurden die Einzel-
amplituden phasenrichtig addiert und der Betrag der komplexen Gesamtamplitude in
der logarithmischen Schreibweise dargestellt.( siehe Anhang)
Zum besseren Vergleich der Ergebnisse wurde dann jeweils ein Wert aus der
Berechnung mit einem gemessenen absoluten SPL-Wert abgeglichen und die
anderen Berechnungsergebnisse darauf bezogen.
In der folgenden Abbildung werden exemplarisch die Messergebnisse des geraden
Linienarrays mit den berechneten Daten verglichen. Die Diagramme der anderen
Messreihen befinden sich im Anhang.
5 Freifeldmessung der Array-Konfigurationen
59
Vergleich Messung-Berechnung gerades Array bei 50Hz
80
85
90
95
100
105
110
115
1 4 8 12 16 20 24 28 32 36 40 44 48 52 56 60
Abstand zur Quelle in Meter
SPL
in d
B
Messung auf AchseBerechnung auf AchseMessung Achse +15mBerechnung Achse+15m
Die Abweichungen betragen maximal 1 bis 2 dB. Im Rahmen der Messgenauigkeit
(+/- 1dB) und der Tatsache, dass die Berechnung rein kugelförmige Wellenaus-
breitung der Lautsprecher voraussetzt und die tatsächlich gemessenen Laut-
sprecher auch noch bei 50 Hz eine geringe Vorwärtsrichtwirkung aufweisen, sind
diese Abweichungen zu tolerieren. Die Messwerte spiegeln somit recht genau den
erwarteten Verlauf des Schalldruckpegels wieder.
Besonders hervorzuheben ist, dass die Messergebnisse den Welligkeiten der
berechneten Kurve fast exakt nachfolgen, was die Gültigkeit der Messung aus-
drücklich bestätigt.
Abbildung 38 Vergleich Messung-Berechnung
5 Freifeldmessung der Array-Konfigurationen
60
5.3 Vergleich zwischen Messung, Simulation und
Berechnung
Die Gültigkeit der skalierten Ulysses-Simulationen wurde bisher nur aus der
Plausibilität im Zusammenhang mit den theoretischen Überlegungen, Modellen und
Berechnungsformeln abgeleitet. Zur letztendlichen Verifizierung der Skalierungs-
methode werden nun exemplarisch einige Messungen mit den Simulations-
ergebnissen verglichen.
Ergebnis 1: Das folgende Diagramm zeigt die Messung, Berechnung und Simulation auf der
Hauptabstrahlachse des geraden Arrays bei 50 Hz in einem Abstand von 2 bis
60 m. Die Simulation wurde für den d&b Q-sub Lautsprecher und für einen reinen
Kugelstrahler getrennt erstellt. Dabei sollte der Kugelstrahler genau der Kurve aus
der analytischen Berechnung entsprechen. Zum besseren Vergleich wurde die
Kurve des simulierten Kugelstrahlers (blau, „Sphere“) auf die Berechnungskurve
verschoben.
Vergleich Messung-Berechnung-Simulation gerades Array auf Achse bei 50Hz
85
88
91
94
97
100
103
106
109
112
115
118
121
1 4 8 12 16 20 24 28 32 36 40 44 48 52 56 60
Abstand zur Quelle in Meter
SPL
in d
B
Messung auf Achse
Berechnung auf Achse
Ulysses Q-sub(verschoben)Ulysses Sphere
Abbildung 39 Vergleich Messung-Berechnung-Simulation auf Achse
5 Freifeldmessung der Array-Konfigurationen
61
Das Ergebnis der Gegenüberstellung von Messung, Berechnung und Simulation
zeigt jedoch eine unerwartete Abweichung der Ulysses-Simulation von der
berechneten und gemessenen Kurve. Während im Bereich zwischen 2 m und 20 m
die Steigung der Kurven noch annähernd gleich ist, nimmt im weiteren Verlauf der
Schallpegel in der Simulation deutlich stärker ab. Die Differenz nach 60 m beträgt
etwa 5 dB.
Auch die um 15 m zur Mittelachse versetzte Messung zeigt zunächst ebenfalls
einen angeglichenen Pegelverlauf, dann aber einen deutlich stärkern Abfall der
Ulysses-Kurve ab ca. 30 m Abstand zum Array.
Vergleich Messung-Berechnung-Simulation gerades Array Achse+15 m bei 50 Hz
80
85
90
95
100
105
110
1 4 8 12 16 20 24 28 32 36 40 44 48 52 56 60
Abstand zur Quelle in Meter
SPL
in d
B
Messung Achse +15mBerechnung Achse+15mUlysses Achse+15m
Abbildung 40 Vergleich Messung-Berechnung-Simulation auf Achse
Betrachtet man die Messungen in 30 m Entfernung parallel zum gebogenen Array
(R=69 m), ist auch hier eine Abweichung zwischen Simulation und Messung, bzw.
Berechnung erkennbar. Die Ulysses-Kurve nimmt insgesamt einen etwas weniger
welligen und flacheren Verlauf.
5 Freifeldmessung der Array-Konfigurationen
62
Vergleich Messung Berechnung Simulation gerades Array, R=69 m von der Mitte nach aussen +30 m
75
80
85
90
95
100
105
0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24 26 28 30
Abstand von Mitte+30m
SPL
in d
B
MessungBerechnungUlysses(verschoben)
Abbildung 41 Vergleich Messung-Berechnung-Simulation parallel zum Array
5.4 Diskussion der Ergebnisse
Da zwischen Messung und analytischer Berechnung keine signifikanten Abweich-
ungen auftreten, sind Mess- oder Berechnungsfehler weitgehend auszuschließen.
Es stellt sich also die Frage, wie das abweichende Ergebnis der Schallpegel-
simulation zu erklären ist.
Nach Rücksprache mit dem Hersteller von Ulysses, stellte sich heraus, dass bei der
Addition mehrerer Quellen programmintern auf modifizierte Berechnungsalgo-
rithmen zurückgegriffen wird, welche nicht der „klassischen Lehre“ über die
Amplitudenaddition durch konstruktive Interferenz entsprechen. Während in der
Theorie die Überlagerung zweier gleichphasiger identischer Quellen zu einem
resultierenden maximalen Pegelanstieg von 6 dB führt, ist dieser Wert in der Praxis
nur mit sinusförmigen Messsignalen gleicher Frequenz annähernd zu erreichen. Da
5 Freifeldmessung der Array-Konfigurationen
63
in der Realität aber eher statistische Signale überwiegen, deren ständig wechselnde
Frequenz- und Amplitudenstruktur keineswegs einem Sinussignal entsprechen,
liefert die „theoretisch korrekte“ Addition keine brauchbaren Simulationsergebnisse.
Der in Ulysses verwendete Algorithmus berechnet bei der Addition von Einzel-
quellen nur etwa die Hälfte des theoretisch möglichen Maximalwerts. Bei zwei
Quellen würde das bedeuten, dass eine Anhebung von nur 3 dB, gegenüber dem
Schalldruckpegel einer Einzelquelle, angegeben wird. Diese realitätsnahe An-
gleichung wurde bereits seit vielen Jahren durch umfangreiche Messungen an
unterschiedlichen Objekten bestätigt.
Zusammenfassend bedeutet dies, dass Ulysses bei „realen“ Signalen (Sprache,
Musik) korrekte Simulationsergebnisse liefert, jedoch bei sinusförmigen
Messsignalen eine stärkere Abnahme des Schalldruckpegels über die Entfernung
anzeigt und tendenziell etwas unempfindlicher auf konstruktive, wie auch auf
destruktive Interferenzen reagiert.
Unter Berücksichtigung dieser Herstellerinformationen, sind die Abweichungen
zwischen der Simulation und der Messung erklärbar.
Für die Planung und Dimensionierung einer Beschallungsanlage folgt daraus:
Eine skalierte Simulation mit Ulysses liefert eine realitätsnahe Abbildung des Abstrahlverhaltens eines Tieftonarrays.
Die analytische Berechnung des Schalldruckpegels an Einzelpositionen ist vor allem dann anzuwenden, wenn stationäre Interferenzmuster von besonderem Interesse sind.
6 Zusammenfassung
64
6 Zusammenfassung
In dieser Arbeit wurde untersucht welche Möglichkeiten zur Vorhersage und
Beeinflussung des Abstrahlverhaltens von Bassarrays aus diskreten Einzelquellen
bestehen.
Hierzu wurde zunächst festgestellt, dass die gängigen, auf der Grundlage der geo-
metrischen Raumakustik basierenden Simulationsprogramme, nicht zur Darstellung
des benötigten Frequenzbereiches unter 125 Hz geeignet sind.
Trotzdem ist es gelungen, das raumakustische Simulationsprogramm ULYSSES
mittels Skalierung der Hörfläche in den zu untersuchenden Frequenzraum zu trans-
ponieren.
Um mit der modifizierten Programmnutzung arbeiten zu können, wurden durch
Messung eigene Lautsprecherdaten erzeugt und so in die Software importiert, dass
sie für die skalierte Simulation zur Verfügung standen.
An Hand des so geschaffenen Werkzeugs zur Visualisierung von Schalldruckpegeln
auf einer Hörfläche, konnte unter der Zuhilfenahme von Modellvorstellungen, ana-
lytischen Berechnungen und theoretischen Überlegungen, das Abstrahlverhalten
von Bassarrays dargestellt und erklärt werden.
Die dabei gewonnen Erkenntnisse, über das durch Interferenz der diskreten Einzel-
quellen entstandene Schallfeld, wurden soweit möglich auch quantitativ in Form von
Berechnungshilfen vorgestellt. Mit Hilfe dieser Rechenvorlagen kann auch ohne
Simulationssoftware zumindest eine grobe Vorplanung der Arraykonfiguration für
eine gegebene Hörfläche erstellt werden.
Es hat sich jedoch gezeigt, dass gerade im Nahbereich eines ausgedehnten Arrays
Unwägbarkeiten existieren, die einer genaueren Analyse bedurften. Zum einen ist
die Abnahme des Schallpegels über die Entfernung in diesem Bereich nicht die
gleiche wie im Fernfeld und zum anderen ist die Ausdehnung dieser Zone auch
noch frequenzabhängig. Während beim geraden Linienarray bereits fertige Formeln
zur Berechnung des Nahfeld-Fernfeld-Übergangs und dem Öffnungswinkel des
Hauptmaximums aus der Literatur entnommen werden konnten, musste beim ge-
bogenen Array auf die analytische Berechnung der Schalldruckpegel zurückge-
griffen werden. Allerdings war diese Vorgehensweise sehr aufwändig und galt nur
für die betreffende Arraykonstellation. Die Berechnung konnte durch die Freifeld-
6 Zusammenfassung
65
messung des Arrays bestätigt werden, galt jedoch, wie sich später herausstellte, nur
unter bestimmten Bedingungen.
Bei der Auswertung der Messergebnisse wurde auffällig, dass die Werte aus der
Ulyssessimulation nicht exakt der Erwartung entsprachen. Nach Rücksprache mit
dem Hersteller konnte die Abweichung dahingehend erklärt werden, dass die
internen Berechnungsalgorithmen im Hinblick auf realitätsnahe Sprach- und
Musiksignale optimiert wurden und daher nicht hundertprozentig mit dem bei der
Messung eingesetzten Sinussignal korrelierten.
Unter Beachtung dieser Randbedingungen konnten mit den skalierten Ulysses-
simulationen sehr aussagekräftige und in allen Betrachtungsmodellen plausible
Visualisierungen der Abstrahlcharakteristik von Bassarrays durchgeführt werden.
Im Zusammenspiel mit den theoretischen Erkenntnissen und praktischen, sowie
analytischen Berechnungen, bietet die skalierte Schallfeldsimulation mit Ulysses ein
wertvolles Mittel zur Planung, Auslegung und Optimierung von Arrays aus Tiefton-
lautsprechern.
7 Quellenverzeichnis
IV
7 Quellenverzeichnis
[1] DEGA Empfehlung 101, „Akustische Wellen und Felder“,Deutsche
Gesellschaft für Akustik e.V., Berlin, März 2006,
[2] Helmut Lindner, Physik für Ingenieure, Fachbuchverlag Leipzig,
17. Auflage, 2006
[3] Ahnert, Steffen,“Beschallungstechnik, Grundlagen und Praxis“ S. Hirzel
Verlag, Stuttgart, 1993
[4] J. DÁppolito, „Lautsprecher Messtechnik“, Elektor Verlag, Aachen, 1999
[5] Davis, Patronis, „Sound System Engineering”, 3.Auflage ,USA, Focal
Press, 2006
[6] Benjamin Lampert, “Praxisnahe Simulation von Linearray
Lautsprechersystemen mittels Dircetivity-Balloons” FH-Wiesbaden, 2006
[7] Volker Holtmeyer, „Simulation von Linearray Lautsprechersystemen mit der
CAAD Software Ulysses“, IFBcon, Bischofsheim, 2002
[8] Guenter J.Krauss, Präsentation zur Hausmesse Januar 2003
TELEX Communications Inc., EVI Audio GmbH, Straubing
[9] M.Urban, Ch.Heil, P.Baumann, Wavefront Sculpture Technonolgy,
111th AES Convetion Paper, New York, Sept. 2001
[10] Mark Ureda, “Line Arrays:Theorie and Applications” 110th AES Convetion
Paper, Amsterdam, May 2001
[11] M.Urban, Ch.Heil, “Sound Fields Radiated by Multiple Sound Sources”,
Preprint 3269, 92th AES Convetion Paper, Wien, März 1992
[12] Meyer Sound, Technical Report, “Mapp Online Low Frequency Polar Data
Acquisition”, Berkeley, 2003
[13] Pat Brown, “Low-Frequency Directivity and Arrays”, Supplement to
Newsletter Vol. 26,No.3, Syn-Aud-Con, 1998
[14] Anselm Goertz, “Ulysses”, Sonderdruck aus Professional Systems
Jahrgang 5.99
8 Abbildungsverzeichnis
V
8 Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1 Zylinderwelle .................................................................................................. 4 Abbildung 2 Kugelwelle ...................................................................................................... 4 Abbildung 3 Destruktive Interferenzen ............................................................................... 5 Abbildung 4 Polardiagramm............................................................................................... 7 Abbildung 5 Überprüfung der Skalierungsmethode in Ulysses....................................... 17 Abbildung 6 Spiegelquelle durch Bodenreflexion ............................................................ 20 Abbildung 7 Balloondaten von gemessenem Subwoofer bei 100 Hz .............................. 22 Abbildung 8 Schalldruckpegel bei 100 Hz von zwei identischen gleichlauten................. 25 Abbildung 9 SPL-mapping bei 100 Hz von 6, 12, 18, 24 identischen gleichlauten
Subwoofern, d=1,5 m, Simulation mit ULYSSES (skaliert) ......................... 26 Abbildung 10 Linienarray bei 50Hz, Feldgröße 500x500m................................................ 27 Abbildung 11 Polardiagramme Linienarray 24 Punktquellen (d=1,5 m) bei 50 Hz, ........... 28 Abbildung 12 Polardiagramme Linienarray 24 Punktquellen (d=1,5 m) bei 100 Hz, ......... 28 Abbildung 13 SPL im Nah- und Fernbereich bei 50 Hz, Messpunkte im:.......................... 29 Abbildung 14 Übergang von Nah-zu Fernfeld in Abhängigkeit von der Arraylänge .......... 32 Abbildung 15 Pegelabnahme im Nah-/Fernfeld, 50 Hz Oktavband ................................... 33 Abbildung 16 Öffnungswinkel am Fernfeldübergang im 50Hz Oktavband ........................ 34 Abbildung 17 Vergleich der Abstrahlcharakteristik bei 50Hz und 100Hz........................... 35 Abbildung 18 Frequenzabhängige Schallpegelabnahme im Nah- und Fernbereich ......... 36 Abbildung 19 Kohärenzzonenmodell am Übergang zum Nahfeld ..................................... 37 Abbildung 20 Kohärenzzonenmodell für Beobachter im Nahfeld ...................................... 38 Abbildung 21 Kohärenzzonenmodell für Beobachter außerhalb der Mittelachse.............. 39 Abbildung 22 Öffnungswinkel am Fernfeldübergang ......................................................... 41 Abbildung 23 SPL-Mapping gebogenes Array mit R=30m ................................................ 42 Abbildung 24 Gebogenes Array im Fernfeld ...................................................................... 43
Abbildung 25 Öffnungswinkel dB6−α eines gebogenen Arrays im Fernfeld ....................... 44
Abbildung 26 Diagramm Nahfeld-Fernfeldübergang, gebogenes Array R=30m ............... 45 Abbildung 27 Kohärenzzonenmodell im Nahfeld eines gebogenen Arrays....................... 46 Abbildung 28 Geometrischer Zusammenhang zwischen Arraycurving und Hörfeld.......... 47 Abbildung 29 Vergleich zwischen „Delay-curving“ und realem gebogenen Array............ 49 Abbildung 30 Anordnung „Cardioid-Subwoofer“ ................................................................ 50 Abbildung 31 Cardioid aus zwei Quellen bei 50 Hz, 100 Hz, 200 Hz (Abstand 0,86 m;
Delay 2,5 ms, Phase gedreht) ...................................................................... 51 Abbildung 32 SPL-Mapping und 3-D Ballonn des neu erstellter Cardioid-Subwoofers..... 51
8 Abbildungsverzeichnis
VI
Abbildung 33 Vergleich Cardioid- zu Standardsubwoofer im Linienarray bei 50 Hz ......... 52 Abbildung 34 Vergleich Cardioid- zu Standardsubwoofer im gebogenen Array, 50 Hz .... 53 Abbildung 35 Messaufbau Linienarray............................................................................... 55 Abbildung 36 Messaufbau gebogenes Array ..................................................................... 56 Abbildung 37 Messfeld ....................................................................................................... 58 Abbildung 38 Vergleich Messung-Berechnung.................................................................. 59 Abbildung 39 Vergleich Messung-Berechnung-Simulation auf Achse............................... 60 Abbildung 40 Vergleich Messung-Berechnung-Simulation auf Achse............................... 61 Abbildung 41 Vergleich Messung-Berechnung-Simulation parallel zum Array.................. 62
9 Anhang
VII
9 Anhang
9.1 Berechnung des Schalldruckpegel eines gebogenen
Arrays für einen Punkt P(x/y)
Eingabewerte: d: Abstand zwischen zwei Lautsprechern
x: x-Koordinate (Abstand von Array-Grundlinie in x-Richtung)
y: y-Koordinate (Abstand von Array-Mitte in y-Richtung)
R: Radius Array
9 Anhang
VIII
n: ID Lautsprecher (n=...-3, -2, -1, 0, +1, +2,+ 3,...)
λ: Wellenlänge
α: Öffnungswinkel Array (ergibt sich aus R,n,d)
Verschiebung der Lautsprecher von der Grundlinie nach hinten
dnREn ⋅=⎟⎠⎞
⎜⎝⎛⋅⋅= 2
2sin2 α
⎟⎠⎞
⎜⎝⎛ ⋅
⋅=R
ndarcsin2α
⎟⎟⎠
⎞⎜⎜⎝
⎛⎟⎠⎞
⎜⎝⎛ ⋅
⋅⋅⋅=⎟⎠⎞
⎜⎝⎛⋅=
RndRRDn arcsin
21sin2
4sin2 22 α
Abstand der Lautsprecher zum Punkt P(x/y)
nn DxA += )( dnyBn ⋅−=
Abstand zu P(x/y): 22nnn BAC +=
Phase und Amplitude des einzelnen Lautsprechers
Phase bezogen auf „0“: λ
πϕ nn
C⋅= 2
Amplitude bezogen auf „1“ 10 =S
Abnahme der Druck-Amplitude mit 1/r über die Entfernung: (sphärische Ausbreitung vorausgesetzt)
Amplitude am Punkt P(x/y): n
n CSS 1
0 ⋅=
9 Anhang
IX
Beschreibung des Schalldrucks als Ortsfunktion (für t=0):
( )nnSp ϕ−⋅= sin
Komplexe Summierung der Amplituden und Betrag der resultierenden Amplitude:
( ) ( )[ ] ( ) ( )[ ]22 sin....sin.cos....cos nnnnnnnn SSSSS ++−−++−− ++⋅+++⋅= ϕϕϕϕ
Ausgabe in Dezibel:
Schalldruckpegel am Punkt P(x/y) ⎟⎟⎠
⎞⎜⎜⎝
⎛⋅=
0
log20SS
SPL mit 10 =S
9 Anhang
X
9.2 Messkurven
9.2.1 Gerades Array
Vergleich Messung-Berechnung-Simulation gerades Array auf Achse bei 50Hz
85
88
91
94
97
100
103
106
109
112
115
118
121
1 4 8 12 16 20 24 28 32 36 40 44 48 52 56 60
Abstand zur Quelle in Meter
SPL
in d
B
Messung auf Achse
Berechnung auf Achse
Ulysses Q-sub(verschoben)Ulysses Sphere
Vergleich Messung-Berechnung-Simulation gerades Array Achse+15m bei 50Hz
80
85
90
95
100
105
110
1 4 8 12 16 20 24 28 32 36 40 44 48 52 56 60
Abstand zur Quelle in Meter
SPL
in d
B
Messung Achse +15mBerechnung Achse+15mUlysses Achse+15m
9 Anhang
XI
Vergleich Messung Berechnung Simulation gerades Array bei 50 Hz
75
80
85
90
95
100
105
0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24 26 28 30
Abstand von Mitte+20m
SPL
in d
B MessungBerechnungUlysses
9 Anhang
XII
9.2.2 Gebogenes Array R= 69m
Vergleich Messung-Berechnung-Simulation
gebogenes Array R=69m bei 50Hz
90
95
100
105
110
1 6 12 18 24 30 36 42 48 54 60
Abstand zur Quelle in Meter
SPL
in d
B
Messung auf AchseBerechnung auf AchseMessung Achse+15mBerechnung Achse+15mUlysses auf AchseUlysses Achse+15
Vergleich Messung Berechnung Simulation gerades Array mit R=69m Mitte nach aussen +30m
75
80
85
90
95
100
105
0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24 26 28 30
Abstand von Mitte+30m
SPL
in d
B MessungBerechnungUlysses
9 Anhang
XIII
9.2.3 Gebogenes Array R= 40 m
Vergleich Messung-Berechnung gebogenes Array R=40m bei 50Hz
85
90
95
100
105
110
1 6 12 18 24 30 36 42 48 54 60
Abstand zur Quelle in Meter
SPL
in d
B Messung auf Achse
Berechnung auf Achse
Messung Achse+15m
Berechnung Achse+15m
Vergleich Messung Berechnunggerades Array mit R=40m Mitte+30 nach aussen
75
80
85
90
95
100
0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24 26 28 30
Abstand von Mitte+30m
SPL
in d
B
MessungBerechnung
9 Anhang
XIV
9.3 Datenblatt d&b Q-sub
Q Subwoofer
Der Q-SUB ist ein aktiv angesteuerter und mit einem speziellen
18"-Langhub-Chassis in Bassreflexabstimmung bestückter Subwoofer.
Systemdaten Frequenzgang (–5 dB, Standard)....................................40 Hz - 130 Hz
Frequenzgang (–5 dB, 100 Hz-Mode)............................40 Hz - 100 Hz
Maximaler Schalldruck (1 m, Freifeld)*......................................................
mit D12.........................................................................................133 dB SPL
mit E-PAC.....................................................................................129 dB SPL
Eingangspegel (100 dB SPL/1 m).................................................–13 dBu
Polarität bzgl. Controller INPUT (XLR Pin 2: + /3: –).....................LF: +
Subwoofer Nennimpedanz..................................................................................8 Ohm
Belastbarkeit (RMS /peak 10 ms)........................................400/1600 W
Komponenten...................................................................18“-Lautsprecher
Anschluss..........................................................2 x EP5 (optional 2 x NL4)
Belegung...............................EP5: 3/4 und 5 SenseDrive (NL4: 2+/2–)
Gewicht.................................................................................................42 kg
10 Danksagungen
XV
Danksagungen
Mein besonderer Dank gilt all denen, die mich bei der Ausführung dieser Arbeit
unterstützt haben. Dies gilt besonders meinem Betreuer Dipl.Ing. Volker Holtmeyer,
der mich geduldig und fachlich kompetent beraten hat und der Firma IFB-con für die
kostenlose Nutzung der Simulationssoftware ULYSSES.
Ebenso bedanken möchte ich mich bei Herrn Dipl. Phys.-Ing. Volker Löwer für die
Einführung in die „Geheimnisse“ der Berechnungsalgorithmen von ULYSSES.
Für die idealen Messbedingungen auf dem Motodrom in Hockenheim bedanke ich
mich sehr herzlich bei Herrn Dr. Söhner von der Firmengruppe Hockenheimring
Baden-Württemberg und bei meiner Ausbildungsfirma Delta-Vision GdbR, die das
gesamte Material zur Verfügung gestellt hat.
Abschließend möchte ich mich noch bei meiner Frau und meinen Kindern be-
danken, die mich während der Entstehung dieser Arbeit so tapfer ertragen haben.
Thomas Hauck