s3-leitlinie 2012 zur mammakarzinomnachsorge; 2012 s3 guidelines on breast cancer follow-up;

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Gynäkologe 2012 · 45:460–466 DOI 10.1007/s00129-011-2921-5 Online publiziert: 27. April 2012 © Springer-Verlag 2012 C.C. Hack 1, 4  · M.P. Lux 1, 4  · B. Gerber 2  · M.R. Bani 1, 4  · R. Schulz-Wendtland 3, 4  ·  M.W. Beckmann 1, 4 1    Universitäts-Brustzentrum Franken (UBF), Frauenklinik, Universitätsklinikum Erlangen,  Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg 2  Universitätsfrauenklinik und Poliklinik, Klinikum Südstadt der Hansestadt Rostock 3    Universitäts-Brustzentrum Franken (UBF), Radiologisches Institut, Universitätsklinikum Erlangen, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg 4  Comprehensive Cancer Center Erlangen-Nürnberg S3-Leitlinie 2012 zur Mammakarzinomnachsorge Seit den 1980er-Jahren ist die alters- standardisierte Inzidenz von Mam- makarzinomen um etwa 50% ange- stiegen [27]. Die Zahl von Neuerkran- kungen stieg seit 1995 um mehr als 65% auf jährlich etwa 71.500 Erkran- kungen allein in Deutschland. Die Fünfjahresprävalenz lag im Jahr 2012 bei bei 273.000 Frauen mit einem Mammakarzinom, im Jahr 2010 bei 249.600 Frauen. Jede Empfeh- lung zum Thema Nachsorge hat des- halb enorme Einflüsse auf Über- und Untertherapien als auch gesundheits- ökonomische Aspekte. Ziele der Nachsorge Welche Ziele verfolgt die Nachsorge? Wäh- rend bei der primären Prävention eine Er- krankung bei gesunden bzw. augenschein- lich nicht betroffenen Individuen verhin- dert werden soll und bei der sekundä- ren Prävention eine Früherkennung bzw. Intervention – möglichst bevor die Erkran- kung klinisch nachweisbar ist – erfolgt, sol- len bei der tertiären Prävention, der Nach- sorge, das Wiederauftreten der Erkrankung (Rezidiv, Metastase), Sekundärerkrankun- gen oder Komplikationen verhindert wer- den. Dabei wird das möglichst frühe Er- kennen von Metastasen und dementspre- chend das Einleiten einer frühen, jetzt pal- liativen Therapie explizit nicht genannt. Die Nachsorge ist nicht nur als Ver- laufskontrolle oder Nachbeobachtung der behandelten Erkrankung zu verste- hen (. Abb. 1). Neben der Erkennung von lokoregionären bzw. intramammä- ren Rezidiven, kontralateralen Mamma- karzinomen und Zweitkarzinomen soll sie vorzugsweise die physische und psy- chische Gesundung sowie die psychoso- ziale Rehabilitation unterstützen. Damit sind die Schwerpunkte F   die generelle Gesundheitserhaltung, F   die Schulung und Beratung (z. B. über Rehabilitation, berufliche Reintegra- tion, soziale Reintegration, Förderung des Selbstbewusstseins, Brustrekon- struktion und Prothetik) und F   die psychoonkologische Unterstüt- zung [30]. Weitere wichtige Ziele sind F   die Diagnose und Therapie von Fol- gen bzw. Nebenwirkungen der vor- hergegangenen Krebsbehandlung (z. B. Fatigue-Syndrom, Lymphödem, Hormonausfallserscheinungen, Ferti- litätsstörungen, Sensibilitätsstörung), F   bei Beschwerden oder begründe- tem Verdacht die gezielte Suche nach Fernmetastasen, der Abbau von Ängsten und F   die Verbesserung der Lebensqualität [2]. Sicht der Patientinnen Mit diesen Zielen vor Augen stellt sich die Frage, welche Sicht die Patientin- nen haben bzw. welche Anforderungen und Wünsche sie an die Nachsorge stel- len. Renton et al. [26] führten dazu eine Befragung von 134 betroffenen Frauen durch. Im Fokus standen dabei vor allem Informationen über das eigene Rezidivri- Das „normale Leben“ nach Krebs Interaktive Medizin Anamnese Klinische Symptome Persönliches Gespräch Soziale Hilfestellung Berufliche Reintegration Soziale Reintegration Soziale Kompetenz Förderung Selbstbewusstsein Psychologische Intervention Depressive Verstimmung, Ängste, Nervosität, Anspannung Stärkung des Selbstwertgefühl Krankheitsbewältigung Familie, Partnerschaft, Sexualität Todesangst Individuelle Behandlung, Betreuung, Begleitung Allgemeine Maßnahmen Übelkeit, Erbrechen Chonic Fatigue Syndrom Schmerzen Narben/Adhäsionen Lymphödem/sek. Folgen Körperliche Leistungsfähigkeit Hormonausfallserscheinungen Sensibilitätsstörung Lokalrezidiv Metastasen Zweiterkrankung/-malignom Spezielle Maßnahmen Prothetik Kompensation/Selbstversorgung Berufsbezogene Trainingsaktivitäten Therapiemonitoring Langzeittherapien Nebenwirkungen Langzeitfolgen Rezidiv/Metastasen Überleben Schulung und Information Ernährung und Lebensstil Risikoreduktion Prophylaxe von Lymphödem, Thrombose, Kontrakturen Stressbewältigung Komplementäre Therapien Familiäre Disposition Abb. 18 Individuelle Behandlung, Betreuung und Begleitung der Patientin mit Mammakarzinom für  ein „normales Leben“ nach Krebs. (Mod. nach [2]) Redaktion R. Kreienberg, Ulm 460 | Der Gynäkologe 6 · 2012 Leitthema

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Page 1: S3-Leitlinie 2012 zur Mammakarzinomnachsorge; 2012 S3 guidelines on breast cancer follow-up;

Gynäkologe 2012 · 45:460–466DOI 10.1007/s00129-011-2921-5Online publiziert: 27. April 2012© Springer-Verlag 2012

C.C. Hack1, 4 · M.P. Lux1, 4 · B. Gerber2 · M.R. Bani1, 4 · R. Schulz-Wendtland3, 4 · M.W. Beckmann1, 4

1  Universitäts-Brustzentrum Franken (UBF), Frauenklinik, Universitätsklinikum Erlangen, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

2 Universitätsfrauenklinik und Poliklinik, Klinikum Südstadt der Hansestadt Rostock3  Universitäts-Brustzentrum Franken (UBF), Radiologisches Institut, Universitätsklinikum Erlangen,

Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg4 Comprehensive Cancer Center Erlangen-Nürnberg

S3-Leitlinie 2012 zurMammakarzinomnachsorge

Seit den 1980er-Jahren ist die alters-standardisierte Inzidenz von Mam-makarzinomen um etwa 50% ange-stiegen [27]. Die Zahl von Neuerkran-kungen stieg seit 1995 um mehr als 65% auf jährlich etwa 71.500 Erkran-kungen allein in Deutschland. Die Fünfjahresprävalenz lag im Jahr 2012 bei bei 273.000 Frauen mit einem Mammakarzinom, im Jahr 2010 bei 249.600 Frauen. Jede Empfeh-lung zum Thema Nachsorge hat des-halb enorme Einflüsse auf Über- und Untertherapien als auch gesundheits-ökonomische Aspekte.

Ziele der Nachsorge

Welche Ziele verfolgt die Nachsorge? Wäh­rend bei der primären Prävention eine Er­krankung bei gesunden bzw. augenschein­lich nicht betroffenen Individuen verhin­dert werden soll und bei der sekundä­ren Prävention eine Früherkennung bzw. Intervention – möglichst bevor die Erkran­kung klinisch nachweisbar ist – erfolgt, sol­len bei der tertiären Prävention, der Nach­sorge, das Wiederauftreten der Erkrankung (Rezidiv, Metastase), Sekundärerkrankun­gen oder Komplikationen verhindert wer­den. Dabei wird das möglichst frühe Er­kennen von Metastasen und dementspre­chend das Einleiten einer frühen, jetzt pal­liativen Therapie explizit nicht genannt.

Die Nachsorge ist nicht nur als Ver­laufskontrolle oder Nachbeobachtung der behandelten Erkrankung zu verste­hen (. Abb. 1). Neben der Erkennung von lokoregionären bzw. intramammä­

ren Rezidiven, kontralateralen Mamma­karzinomen und Zweitkarzinomen soll sie vorzugsweise die physische und psy­chische Gesundung sowie die psychoso­ziale Rehabilitation unterstützen. Damit sind die Schwerpunkte F  die generelle Gesundheitserhaltung, F  die Schulung und Beratung (z. B. über

Rehabilitation, berufliche Reintegra­tion, soziale Reintegration, Förderung des Selbstbewusstseins, Brustrekon­struktion und Prothetik) und

F  die psychoonkologische Unterstüt­zung [30].

Weitere wichtige Ziele sind F  die Diagnose und Therapie von Fol­

gen bzw. Nebenwirkungen der vor­hergegangenen Krebsbehandlung

(z. B. Fatigue­Syndrom, Lymphödem, Hormonausfallserscheinungen, Ferti­litätsstörungen, Sensibilitätsstörung),

F  bei Beschwerden oder begründe­tem Verdacht die gezielte Suche nach Fernmetastasen, der Abbau von Ängsten und

F  die Verbesserung der Lebensqualität [2].

Sicht der Patientinnen

Mit diesen Zielen vor Augen stellt sich die Frage, welche Sicht die Patientin­nen haben bzw. welche Anforderungen und Wünsche sie an die Nachsorge stel­len. Renton et al. [26] führten dazu eine Befragung von 134 betroffenen Frauen durch. Im Fokus standen dabei vor allem Informationen über das eigene Rezidivri­

Das „normale Leben“ nach Krebs

Interaktive MedizinAnamneseKlinische SymptomePersönliches Gespräch

Soziale HilfestellungBeru�iche ReintegrationSoziale ReintegrationSoziale KompetenzFörderung Selbstbewusstsein

Psychologische InterventionDepressive Verstimmung, Ängste, Nervosität, AnspannungStärkung des SelbstwertgefühlKrankheitsbewältigungFamilie, Partnerschaft, SexualitätTodesangst

Individuelle Behandlung,Betreuung, Begleitung

Allgemeine MaßnahmenÜbelkeit, ErbrechenChonic Fatigue SyndromSchmerzenNarben/AdhäsionenLymphödem/sek. FolgenKörperliche LeistungsfähigkeitHormonausfallserscheinungenSensibilitätsstörungLokalrezidivMetastasenZweiterkrankung/-malignom

Spezielle MaßnahmenProthetikKompensation/SelbstversorgungBerufsbezogene Trainingsaktivitäten

TherapiemonitoringLangzeittherapienNebenwirkungenLangzeitfolgenRezidiv/MetastasenÜberleben

Schulung und InformationErnährung und LebensstilRisikoreduktionProphylaxe von Lymphödem, Thrombose, KontrakturenStressbewältigungKomplementäre Therapien Familiäre Disposition

Abb. 1 8 Individuelle Behandlung, Betreuung und Begleitung der Patientin mit Mammakarzinom für ein „normales Leben“ nach Krebs. (Mod. nach [2])

RedaktionR. Kreienberg, Ulm

460 |  Der Gynäkologe 6 · 2012

Leitthema

Page 2: S3-Leitlinie 2012 zur Mammakarzinomnachsorge; 2012 S3 guidelines on breast cancer follow-up;

siko (70%), Therapieeffekte und Neben­wirkungen (61%) und das Risiko einer Mammakarzinomerkrankung der Töch­ter (41%). Diese Themen sind wichtige Inhalte der Nachsorge und sollten immer angesprochen werden.

In einer weiteren Umfrage [5] wur­den bei 84 Patientinnen in unauffälliger Nachsorge und adjuvanter Situation 2 bis 4 Jahre nach der Ersterkrankung gezielt die Anforderungen von Patientinnen an Nachsorgeuntersuchungen untersucht. Patientinnen hatten eine sehr hohe Er­wartungshaltung an die Nachsorgeunter­suchungen; 88% glaubten, dass eine frühe Diagnose von Metastasen zu einer Hei­lung führen kann.

Es zeigt sich also ein hoher Glaube an die Effektivität der Nachsorgeuntersuchun­gen. Zudem wünschten diese Patientinnen zusätzliche Untersuchungen, z. B. Röntgen­untersuchungen des Thorax oder Labor­kontrollen. Dieses war assoziiert mit höhe­ren Werten auf der HADS(Hamilton An­

xiety and Depression)­Skala. Des Weiteren bevorzugten die meisten Patientinnen eine lebenslange Nachsorge mit halbjährlichen Intervallen in einem Krankenhaus.

»  Eine Intensivierung des Nachsorgeprogramms scheint Patientinnen zu beruhigen

Die Ergebnisse korrelieren mit einer Untersuchung von Stemmler et al. [31]: In dieser gaben 83,1% der nicht in Selbst­hilfegruppen organisierten Frauen und 87,4% der Frauen in Selbsthilfegruppen an, dass eine Intensivierung des Nach­sorgeprogramms zu einem Gefühl der Si­cherheit und Beruhigung führen würde.

Sicht des Arztes

Auf Basis der aktuellen Datenlage sollte die Nachsorge der Frau mit Mammakar­zinom nach den allgemeingültigen und

etab lierten Leitlinien erfolgen. Die in­tensivierte Nachsorge kann derzeit nicht empfohlen werden, was künftig durch Fortschritte in der Diagnostik und Thera­pie anders bewertet werden könnte.

Untersuchungen zur Effektivität einer intensivierten Nachsorge sind schwierig, da sie ein prospektives Design, eine Ran­domisation, eine ausreichende Patientin­nenzahl, eine Intention­to­treat­Analyse und ein ausreichendes Follow­up benöti­gen. In der oben genannten Untersuchung von Stemmler et al. [31] wären nur 27,1% der nicht in Selbsthilfegruppen organisier­ten Frauen bzw. 26% der Frauen in Selbst­hilfegruppen bereit, sich für eine prospek­tive Studie zu dieser Thematik randomisie­ren zu lassen. Zudem ist es schwierig, für Studien zu dieser Fragestellung Sponsoren zu gewinnen. Die Effektivität einer Inten­sivierung kann also nur auf Metaanalysen zu Follow­up­Strategien beurteilt werden.

In einer Cochrane­Analyse von 2009 wurden die Datenbanken Cochrane Con­

Tab. 1  Vergleich der Intervalle in der Nachsorge des Mammakarzinoms nach Empfehlungen der interdisziplinären S3-Leitlinie von 2008 mit 2012

2008

I. Nachsorgeuntersuchungen bei Mammakarzinom

  Nachsorge   Früherkennung

Jahre nach Primärtherapie 1.–3. Jahr 4. und 5. Jahr 6 und weitere Jahre

Anamnese Körperliche Untersuchung Aufklärung/Information

Vierteljährlich Halbjährlich Jährlich

Laboruntersuchungen, Untersuchungen mit bildgebenden Verfahren (Ausnahme: Mammographie)

Nur bei klinischem Verdacht auf Rezidiv und/oder Metastasen

II. Nachsorgeuntersuchungen bei Mammakarzinom – Mammographie

Jahre nach Primärtherapie 1.–3. Jahr Ab 4. Jahr

Brusterhaltende Operation Befallene Brust Kontralaterale Brust

Mindestens einmal jährlicha  Einmal jährlich

Einmal jährlich

Mastektomie – kontralaterale Brust Einmal jährlich  

2012

I. Nachsorgeuntersuchungen bei Mammakarzinom

  Nachsorge   Früherkennung

Jahre nach Primärtherapie 1.–3. Jahr 4. und 5. Jahr 6 und weitere Jahre

AnamneseKörperliche UntersuchungAufklärung/Information

Vierteljährlich Halbjährlich  Jährlich

Laboruntersuchungen, Untersuchungen mit bildgebenden Verfahren (Ausnahme: Mammographie und Mammasonographie)

Nur bei klinischem Verdacht auf Rezidiv und/oder Metastasen

II. Nachsorgeuntersuchungen bei Mammakarzinom – Brustdiagnostik nach BET bzw. Mastektomie

Jahre nach Primärtherapie 1.–3. Jahr 4. +  5. Jahr

Ipsilaterale Brust (BET): Mammographie, MammasonographieMastektomie: Sonographie

Mindestens einmal jährlich Jährlich

Kontralaterale Brust: Mammographie, ggf. Sonographie Jährlich JährlichaEmpfohlen alle 6 Monate, besonders bei schwer zu beurteilenden Narbenverhältnissen; BET brusterhaltende Therapie

461Der Gynäkologe 6 · 2012  | 

Page 3: S3-Leitlinie 2012 zur Mammakarzinomnachsorge; 2012 S3 guidelines on breast cancer follow-up;

trolled Trial Register, MEDLINE (Jahre 1966–2004) und EMBASE (Jahre 1988–2004) auf prospektive Studien untersucht, in denen Zielvariablen das krankheits­freie Überleben, das Gesamtüberleben, die Diagnose von Metastasen in asym­ptomatischer Phase oder die Lebensqua­lität waren [28]. Lediglich vier Studien mit insgesamt 3055 Patientinnen der Stadien I−III und einem medianen Follow­up von 15 bis 120 Monate erfüllten die Kriterien an ein multizentrisches und randomisier­tes Studiendesign. Zwei Studien mit ins­gesamt 2563 Patientinnen verglichen die Routinenachsorge mit der intensivierten Nachsorge [23, 29, 32]. Eine andere Stu­die [12] verglich die Nachsorge (n = 296) durch einen Spezialisten im Krankenhaus mit der eines niedergelassenen Nichtspe­zialisten und eine weitere (n = 196; [14]) untersuchte die Routinenachsorge im Vergleich zu einer Nachsorge auf Nach­frage durch die Patientinnen. Die Meta­analyse zeigte keine signifikanten Unter­schiede im Gesamtüberleben (HR 0,98, 95%­KI 0,84–1,15) oder im krankheits­freien Überleben (HR 0,84, 95%­KI 0,71–1,00) durch die intensivierte Nachsorge . Zudem ließen sich keine Unterschiede in den Subgruppen in Bezug auf Alter, Tu­morgröße oder Nodalstatus aufzeigen. Auch konnte kein Unterschied in der Zeit bis zur Diagnose eines Rezidivs durch Spezialisten oder Nichtspezialisten nach­gewiesen werden.

Zunehmend wird auch von Patien­tinnen nach dem Einsatz von PET(Posi­tronenemissionstomographie)­Untersu­chungen in der Nachsorge gefragt. Auch dazu gibt es eine Metaanalyse [24] mit 43 Studien, 15 von diesen prospektiv, 16 ret­rospektiv, die übrigen nicht definiert. Es zeigte sich, dass die diagnostischen „Fä­higkeiten“ von MRT (Magnetresonanz­tomographie) und PET vergleichbar wa­ren. Die MRT zeigte eine bessere Darstel­lung von Metastasen im Weichteilgewebe und parenchymatösen Organen und eine genauere Zuordnung zu anatomischen Strukturen. Die PET war effektiver als CT und MRT bei der Darstellung mediastina­ler Metastasen und mediastinaler Lymph­knotenmetastasen sowie genauer als die Skelettszintigraphie in der Darstellung von Knochenmetastasen. Die Autoren be­tonten jedoch, dass alle Untersuchungen

entsprechend den Studien nur bei Ver­dacht auf Metastasierung oder Rezidivge­schehen eingesetzt worden sind und nicht in vorgegebenen Intervallen der routine­mäßigen Nachsorge.

Des Weiteren sollte bei Patientinnen, die keine Symptome und zudem keine auffällige klinische Untersuchung aufwei­sen, auf ausführliche Laboruntersuchun­gen einschließlich Tumormarkerbestim­mung (CA 15­3, CA 27­29, CEA) verzich­tet werden. Schon die Abnahme der Tu­mormarker in Verbindung mit der Nen­nung dieses Vorgangs verunsichert die Pa­tientinnen bei erhöhten Werten deutlich und kann aufgrund konsekutiver Ängste zu einer massiven Abnahme der Lebens­qualität der Patientinnen führen. In einer Metaanalyse aller MEDLINE­ und Coch­rane­Collaboration­Library­Publikatio­nen seit dem Jahr 1999 konnte nachge­wiesen werden, dass die Tumormarker CA 15­3 und CA 27­29 einen Anstieg 5 bis 6 Monate vor Symptomatik bzw. der Dia­gnose einer Metastasierung aufzeigen. Es existieren jedoch keine prospektiven ran­domisierten Studien, die gezeigt haben, dass dadurch das krankheitsfreie Über­leben, das Gesamtüberleben, die Lebens­qualität, die Toxizitäten oder die Kosten­effektivität verbessert werden [15]. Somit wird auch die routinemäßige Kontrolle der Tumormarker in festen Intervallen nicht empfohlen.

Allerdings wird aktuell die Nachsorge nicht risikoadaptiert durchgeführt. Rück­fallrisiken definiert durch die Tumor­eigenschaften als auch individuelle Eigen­schaften der Patientinnen werden derzeit nicht berücksichtigt. Dies bedeutet, dass eine Patientin mit einem triple­negativen Tumor (Steroidhormonrezeptor­nega­tiv, Her­2/neu­Rezeptor­negativ) die glei­che Nachsorge erhält, wie eine Patientin mit einem Luminal­A­Tumor (Steroid­hormonrezeptor­positiv, Her­2/neu­Re­zeptor­negativ). Künftig muss untersucht und diskutiert werden, ob hier eine Dif­ferenzierung der Nachsorgeuntersuchun­gen gewinnbringend sein könnte [10, 11].

Vergleich der Leitlinien 2008 und 2012

Im Jahr 2012 ist die Interdisziplinäre S3­Leitlinie für die Diagnostik, Therapie und

Nachsorge des Mammakarzinoms über­arbeitet worden. Im Vergleich zur „alten“ Leitlinie von 2008 haben sich in den Emp­fehlungen nur wenige Veränderungen er­geben.

Die Nachsorgeintervalle werden in den meisten Richtlinien mit 3 Monaten in den

Zusammenfassung · Abstract

Gynäkologe 2012 · 45:460–466DOI 10.1007/s00129-011-2921-5© Springer-Verlag 2012

C.C. Hack · M.P. Lux · B. Gerber · M.R. Bani · R. Schulz-Wendtland · M.W. Beckmann

S3-Leitlinie 2012 zur Mammakarzinomnachsorge

ZusammenfassungDie Nachsorge nach Mammakarzinom ist  − wie die Diagnostik und Therapie − ein komplexer Vorgang. Zwar werden Forde-rungen nach einer intensivierten Nachsorge mit mehr diagnostischen Maßnahmen (z. B. Röntgen, CT, MRT, PET und Tumormarker) ge-stellt, doch dafür bestehen weder Datenlage noch Empfehlung. Es sollte also keine intensi-vierte Nachsorge, sondern eine Verbesserung der Nachsorge durchgeführt werden. Schlag-worte in diesem Zusammenhang sind Inten-sivierung des Gesprächs, Compliance mit ad-juvanten Therapien, Teilnahme an den emp-fohlenen Untersuchungen in den empfoh-lenen Intervallen und Beratung zur Lebens-führung.

SchlüsselwörterPsychoonkologie · Tumorrezidiv ·  Metastasen · Compliance · Lebensstil

2012 S3 guidelines on breast cancer follow-up

AbstractLike its diagnosis and therapy, the follow-up care for breast cancer is a complex procedure. Although patients often demand intensi-fied follow-up care with more diagnostic pro-cedures (e.g. X-ray, CT, MRI, PET and tumour markers), current data and recommendations are lacking here. Therefore, follow-up care should be improved rather than intensified. The main points for improvement include an intensification of dialogue with the patient, compliance with endocrine therapies, parti-cipation in recommended procedures with-in the recommended time intervals and ad-vice on lifestyle.

KeywordsPsychooncology · Tumor recurrence ·  Metastases · Compliance · Lifestyle

462 |  Der Gynäkologe 6 · 2012

Page 4: S3-Leitlinie 2012 zur Mammakarzinomnachsorge; 2012 S3 guidelines on breast cancer follow-up;

Tab. 2  Vergleich der Statements aus der interdisziplinären S3-Leitlinie für die Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Mammakarzinoms von 2008 mit 2012

Statements 2008 Statements 2012

Statement Nach-1

Die Nachsorge zum Mammakarzinom beginnt mit der ab-geschlossenen lokalen Primärbehandlung. Sie besteht aus Anam nese, körperlicher Untersuchung sowie ärztlicher Bera-tung, Betreuung und Begleitung.LOE 1c, Empfehlungsgrad A: Bei Bedarf ist die Nachsorge symptomorientiert zu konzipieren

Die Nachsorge zum Mammakarzinom beginnt mit der abgeschlossenen lokoregionären Primärbehandlung. Sie besteht aus Anamnese, körperlicher Untersuchung, ärztlicher Beratung, Betreuung und Begleitung sowie bildgebender Diagnostik zur Erkennung eines lokoregionären Rezidivs. Bei auffälligem Befund ist die Nachsorge symptomorien-tiert zu konzipieren.Expertenkonsens

Statement Nach-2

Die Patientin benötigt im Rahmen der Nachsorge eine inten-sive interdisziplinäre Betreuung und Begleitung. Dabei sind nach Bedarf onkologisch versierte Fachärzte und auch andere Berufsgruppen, zum Beispiel Psychoonkologen, Physiothera-peuten, onkologische Fachkrankenpfleger u. a. m. mit einzu-beziehen. Der Patientin sind je nach individuellem Bedarf In-formationen über die Möglichkeiten der weiteren Behandlung und Betreuung zu vermitteln.LOE 2a, Empfehlungsgrad B

Die Patientin benötigt im Rahmen der Nachsorge eine intensive interdisziplinäre Be-treuung und Begleitung. Dabei sind nach Bedarf onkologisch versierte Fachärzte und auch andere Berufsgruppen, zum Beispiel Psychoonkologen, Physiotherapeuten, onkologische Fachkrankenpfleger, Breast Care Nurses, u. a. m. mit einzubeziehen. Der Patientin sind je nach individuellem Bedarf Informationen über die Möglichkeiten der weiteren Behandlung und Betreuung zu vermitteln.GCP

Statement Nach-3

Bei symptomfreien Frauen nach abgeschlossener bruster-haltender Therapie ist die apparative Diagnostik (z. B. Mam-mographie, Sonographie) im Bereich der ipsilateralen Brust unverzichtbar.GCP

Bei symptomfreien Frauen nach abgeschlossener brusterhaltender Therapie ist zur  Rezidivdiagnostik die regelmäßig vorzunehmende apparative Diagnostik (Mammo-graphie, Sonographie) im Bereich der ipsilateralen Brust unverzichtbar. GCP

Statement Nach-4

Bei allen Patientinnen sind jährlich Mammographiekontrollen der kontralateralen Brust durchzuführen. LOE 1a, Empfehlungsgrad A

Bei allen Patientinnen sind jährlich Mammographiekontrollen (ggf. ergänzt durch Mam-masonographie) der kontralateralen Brust durchzuführen. GCP

Statement Nach-5

Labor- und apparative Diagnostik sind bei anamnestischem oder klinischem Verdacht auf Rezidiv oder Metastasen einzu-setzen.LOE 1a, Empfehlungsgrad A Eine routinemäßige Suche nach Fernmetastasen ist aufgrund der Unsicherheit der eingesetzten Methoden und der Unter-suchungsintervalle bei symptomfreien Patientinnen nicht indiziert. Die Betroffene mit Symptomen sollte bei Persistenz dieser gezielt abgeklärt werden.GCP

Eine intensivierte apparative und labortechnische Diagnostik mit Röntgen-Thorax, Knochenszintigrafie, CT, PET oder MRT sowie Blutbildbestimmung, Serum-Biochemie oder Tumormarkerbestimmung gehören zur Metastasendiagnostik, nicht zur Standard-Nachsorge und sind nur bei klinischen Auffälligkeiten indiziert. LOE 1a, Empfehlungsgrad A

Statement Nach-6

Alle Patientinnen mit axillärer Lymphadenektomie müssen über die Optionen der Erkennung, Prophylaxe und Behand-lung eines Lymphodems postoperativ aufgeklärt werden. LOE 2b, Empfehlungsgrad A

Alle Patientinnen mit axillärer Lymphadenektomie sollen über die Optionen der Er-kennung, Prophylaxe und Behandlung eines postoperativen Lymphödems aufgeklärt werden. LOE 1b, Empfehlungsgrad A

Statement Nach-7 Entfällt

Die Sentinellymphknoten-Biopsie ohne weitergehende axil-läre Lymphadenektomie ist für Brustkrebspatientinnen eine primäre Prophylaxe des Lympharmödems. Diese Patientinnen sind über den normalen Gebrauch des Armes postoperativ zu informieren und sollten beim Eintreten von Funktionsstö-rungen oder Anzeichen eines Lymphödems den betreuenden Facharzt/Fachärztin aufsuchen. LOE 1b, Empfehlungsgrad A

Statement Nach-8 Statement Nach-7

Die Nachsorgeuntersuchungen sollen in den ersten 3 Jahren nach der lokalen Primartherapie vierteljährlich, im 4. und 5. Jahr halbjährlich und ab dem 6. Jahr jährlich erfolgen. Früh-erkennungsuntersuchungen sind miteinzuschließen. LOE 2a, Empfehlungsgrad A

Die Nachsorgeuntersuchungen sollen in den ersten 3 Jahren nach der lokalen Primär-therapie vierteljährlich, im 4. und 5. Jahr halbjährlich und ab dem 6. Jahr jährlich erfol-gen. Früherkennungsuntersuchungen sind miteinzuschließen. GCP

463Der Gynäkologe 6 · 2012  | 

Page 5: S3-Leitlinie 2012 zur Mammakarzinomnachsorge; 2012 S3 guidelines on breast cancer follow-up;

ersten 3 Jahren und später mit 6 Mona­ten (4./5. Jahr) bzw. 12 Monaten (ab dem 6. Jahr nach Primärbehandlung) ange­geben (. Tab. 1). Insgesamt umfasst die Nachsorge einen Zeitraum von 10 Jahren [1, 2, 20].

Zudem sollen die Patientinnen bei Ver­änderungen, die akut neu und ungewöhn­lich sind oder über längere Zeit bestehen (wie sichtbare bzw. tastbare Hautverände­rungen, Luftnot, Husten, der länger als ein banaler Infekt dauert, Abgeschlagenheit, Leistungseinbruch, Schmerzen im Ske­lettsystem, Kopfschmerzen etc.), umge­hend ihren Arzt aufsuchen [2].

Die meisten Statements der Leitli­nie Version 2012 sind gleich geblieben

(. Tab. 2). Neu hinzugekommen ist ein eigenes Kapitel zum Thema Reproduk­tion, in welchem die Inhalte Kinder­wunsch, Schwangerschaft und Kontrazep­tion nach Abschluss der Primärtherapie beim Mammakarzinom diskutiert wer­den. Weitere neue Aspekte sind die För­derung der Compliance und die Beratung bezüglich der Lebensführung (z. B. Ge­wichtsreduktion, sportliche Betätigung). In zwei neuen Statements werden der Er­halt von körperlicher Aktivität, die Nor­malisierung des Körpergewichts und die stetige Motivation der Patientin zur regel­mäßigen Einnahme der im Rahmen der adjuvanten Therapie verordneten Medi­kamente hervorgehoben.

Die Zukunft – die intensivierte Nachsorge?

Auch wenn Forderungen nach einer in­tensivierten Nachsorge mit mehr diagnos­tischen Maßnahmen gestellt werden (z. B. Röntgen, CT, MRT, PET und Tumormar­ker), gibt es dafür weder eine Datenlage noch eine Empfehlung. Es sollte also keine intensivierte Nachsorge sondern eine In­tensivierung der Nachsorge durchgeführt werden. Schlagworte sind in diesem Zu­sammenhang F  Intensivierung des Gespräches [25], F  Compliance mit adjuvanten Thera­

pien insbesondere der Antihormon­therapie [3, 16, 17],

F  Teilnahme an den empfohlenen Untersuchungen in den empfohlenen Intervallen [6, 7, 13, 18, 19] und

F  Beratung zur Lebensführung [4, 8, 33].

Bei der Diskussion der intensivierten Nachsorge mittels zusätzlicher appara­tiver Diagnostik können auch Nachteile entstehen. Zunächst müssen die direkten Kosten berücksichtigt werden. Eine bei­spielhafte Rechnung ist in . Tab. 3 prä­sentiert. Nur die diagnostischen zusätz­lichen Maßnahmen für ein Jahr und alle betroffenen Frauen mit einem Mamma­karzinom in Deutschland würden Kos­ten von 66.046.640,00 EUR betragen. Nicht berücksichtigt sind hier die zusätz­lichen Kosten für die Abklärung unkla­rer Befunde als auch sehr kostenintensi­ven Therapien bei einer Metastasierung im asymptomatischen Stadium mit frag­lichem bzw. nicht geklärtem Benefit. Ge­

Tab. 2  Vergleich der Statements aus der interdisziplinären S3-Leitlinie für die Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Mammakarzinoms von 2008 mit 2012 (Forsetzung)

Statements 2008 Statements 2012  Statement Nach-8

Patientinnen sollen zu körperlicher Aktivität (> 2–3 h/Woche) und zur Normalisierung des Körpergewichts (bei erhöhtem BMI) im Rahmen der Nachsorge motiviert werden. Hilfestellungen sollten vermittelt werden. GCP

  Statement Nach-9

Essenzieller Bestandteil der Nachsorge ist die stetige Motivation der Patientin zur regel-mäßigen Einnahme der zur adjuvanten Therapie verordneten Medikamente, insbeson-dere der endokrinen Therapie (z. B. Tamoxifen oder Aromatasehemmer). Die Patientin ist eingehend nach Verträglichkeit bzw. Nebenwirkungen der Therapie zu befragen. Beschwerden sind mit geeigneten Maßnahmen zu behandeln. GCP

Tab. 3  Exemplarische Rechnung der zusätzlichen direkten Kosten für die intensivierte  Nachsorge für Patientinnen mit einem Mammakarzinom in Deutschland für ein Jahr (Werte der Kalkulation auf Grundlage des Jahres 2009). (Mod. nach [22])

Kostenart Abrechnung Kosten (EUR)

Skelettszintigraphie EBM 2009 17210 Konsiliarpauschale 250 Punkte 8,75

EBM 2009 17311 Ganzkörperszintigraphie 1860 Punkte

65,10

2 × jährlich 147,70

Röntgenuntersuchung  des Thorax

EBM 2009 Konsiliarkomplex 6.–59. Lebensjahr 125 Punkte

4,38

EBM 2009 34241 Übersichtsaufnahme  der Brustorgane, zwei Ebenen 430 Punkte

15,05

2 × jährlich 38,86

Lebersonographie EBM 2009 33042 Abdominelle Sonographie 445 Punkte

15,58

2 × jährlich 31,16

Tumormarker EBM 2009 32391 CA 15-3 8,70 € × 2 17,40

Zusatzpauschale Onkologie EBM 2009 08345 Zusatzpauschale Onkologie 540 Punkte × 2

37,80

Gesamt Pro Jahr pro Patientin 272,92

Gesamt × 242.000 betroffene Frauen (Fünfjahresprä-valenz)

66.046.640,00

464 |  Der Gynäkologe 6 · 2012

Leitthema

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nannt werden müssen auch die erhöhten Nebenwirkungen und Komplikationen: einerseits durch weitere diagnostische in­terventionelle Maßnahmen bei unklarem Befund – ggf. sogar mit letalem Ausgang bei benigner Histologie, andererseits als Folgen der systemischen Therapien im asymptomatischen Stadium [22].

Als weiterer möglicher Nachteil ist der Verlust der Lebensqualität zu betonen. Die Ängste bei Vorliegen fraglicher Be­funde, die nach drei oder sechs Monate kontrolliert werden sollen, oder bei un­klarer Erhöhung der Tumormarker kön­nen enorm sein und die Lebensqualität drastisch reduzieren.

Zudem kann die intensivierte Nach­sorge dazu führen, dass bei einer asym­ptomatischen Metastasierung eine syste­mische Therapie mit fraglicher Verlänge­rung des Überlebens deutlich vorher ein­geleitet wird. Die TWiSDT („time with­out symptoms of disease and therapy“) wird verkürzt, und rapid einsetzende Ein­schränkungen der Lebensqualität sind möglich (. Abb. 2).

Sind auch Vorteile durch die intensi­vierte Nachsorge möglich? Es muss be­tont werden, dass die publizierten Stu­dien zur intensivierten Nachsorge in den 1980er­ und 1990er­Jahren begonnen und zum Teil beendet worden sind. Durch die Verbesserung der diagnostischen Maß­nahmen, die neuen Therapiemöglichkei­ten für die Patientin mit einem fernmeta­stierten Mammakarzinom und modernen Möglichkeiten zur Risikoklassifikation

(z. B. Genexpressionsprofile) könnte sich der Stellenwert einer intensivierten Nach­sorge – wie oben erwähnt – zukünftig än­dern. Ein individuell geplantes Nachsor­geprogramm auf der Basis moderner Ri­sikostratifizierung sowohl der der Patien­tin als auch des Tumors wäre aus theoreti­schen Überlegungen denkbar [9, 21]. So­mit könnte für einige Patientinnen die Nachsorge in Bezug auf Untersuchungen, Intervalle und Nachsorgezeitraum inten­siviert und ggf. für andere Patientinnen reduziert werden. Bislang gibt es dazu je­doch keine Datenbasis.

Fazit für die Praxis

Die Nachsorge sollte nicht durch mehr Maßnahmen, sondern durch intensivere Gespräche, gezielte Beratung und Hilfe-stellungen zur Erhöhung der Lebensqua-lität verbessert werden.

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. M.W. BeckmannUniversitäts-Brustzentrum Franken (UBF), Frauenklinik, Universitätsklinikum Erlangen, Friedrich-Alexander- Universität Erlangen-NürnbergUniversitätsstr. 21–23, 91054 [email protected]

Interessenkonflikt.  Der korrespondierende Autor gibt für sich und seine Koautoren an, dass kein Interes-senkonflikt besteht.

Literatur

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Aktuelle Nachsorge

Zeit

SymptomatischeMetastase

Tod

Palliativ-TherapiePrimär-Th.

IntensivierteNachsorge

Asymptomatische Metastase

Palliativ-Therapie

TodLebens-qualität!

TWiSDT?

(A) symptomatischesRezidiv

Kosten?

Abb. 2 8 Darstellung der zeitlichen Verläufe der symptomorientierten vs. der intensivierten  Nachsorge. (Mod. nach [22], mit freundl. Genehmigung Hans Marseille Verlag). TWiSDT “Time without symptoms of disease and therapy“

465Der Gynäkologe 6 · 2012  | 

Page 7: S3-Leitlinie 2012 zur Mammakarzinomnachsorge; 2012 S3 guidelines on breast cancer follow-up;

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466 |  Der Gynäkologe 6 · 2012

Leitthemenübersicht

Der Gynäkologe bietet Ihnen jeden Monat umfassende und aktuelle Beiträge zu interessanten Themenschwerpunkten aus allen Bereichen der Gynäkologie und Geburtshilfe.

201107/11  Gerinnungsstörungen in der    Geburtshilfe08/11   Virusinfektionen in der Schwanger-

schaft09/11   Update Gynäkologische Onkologie10/11  Ökonomische Rahmenvedingungen11/11  Adipositas12/11  Neurologische Erkrankungen und      Schwangerschaft

201201/12  Moderne Techniken der   Gendiagnostik02/12  Internistische Erkrankungen in der    Schwangerschaft03/12  Gynäkologisch-geburtshilfliche    Notfälle04/12  Das nicht-invasive Karzinom in der    Frauenheilkunde05/12  Vom Symptom zur Diagnose06/12  S3-Leitlinie Mammakarzinom

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