rÜtenik-gussone 2010
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ZWISCHEN KREUZ UND HALBMOND
Transformation von Moscheen und Kirchen
im Mittelalter und der frühen Neuzeitam Beispiel von San Agustfn in Badajoz
Tobias Rütenik, Martin Gussone
Im Jahr 1985 veröffentlichte Johannes Cramer zusammen mit Sie-
grid Düll die Ergebnisse einer gemeinsamen Untersuchung an derArap Camii in Istanbul. 1 Die ehemalige Dominikanerkirche wurde1475/78 in eine Moschee umgewandelt. 2 Ein katholischer Sakralbau,der einer italienischen Bettelordenskirche entspricht - Rechtecksaalmit einseitig angefügtem Glockenturm -, ist im orthodoxen Byzanz
bereits bemerkenswert. Diese Kirche diente ab 1492 vor allem denaus dem katholischen Spanien vertriebenen arabischen Muslimenim Exil als neue religiöse Heimstatt. Ihnen verdankt sie wohl auchihren Namen - Arap Camii, die Moschee der Araber.3
Dreitausend Kilometer entfernt, auf der anderen Seite des Mittelmeeres, liegt in der spanischen Extremadura die Stadt Badajoz. ZurKlärung der Frage, ob sich an der Stelle der Kirche San Agustin dieehemalige Hauptmoschee der Medina befand, wurde hier im Jahr2003 ein Projekt zur bau historischen Untersuchung dieser Kirche
durchgeführt, an der auch Johannes Cramer beteiligt war. 4 DiesesProjekt wurde zum Modell für eine ganze Reihe ähnlicher Betrachtungen in anderen spanischen Städten.5
Was haben die Arap Camii und San Agustin gemeinsam, außer dassJohannes Cramer an ihrer Erforschung mitwirkte? So unterschiedlich und entfernt die Bauwerke auch sein mögen, sie liegen im Überschneidungsraum christlicher und islamischer Herrschaftsgebiete,der im Mittelalter und in der frühen Neuzeit das gesamte Mittelmeerumzog. In dieser Zone liegen Sakralbauten, die mal der einen, mal
der anderen Religion dienten.
Mehr als fünfhundert Jahre nach der Eroberung von Byzanz konnte J ohannes Cramer die ehemalige Kirche S. Paolo e S. Domenico -
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Abb. 1: San Agustfn,Badajoz, Blick von
der Alcazaba nachWesten, im Hinter-grund d ie Pue nte dePa lmas, 2004.
heute Arap Camii - noch in ihren Grundzügen erkennen. Die bau
liche Transformation in eine Moschee beschränkte sich im Wesent
lichen auf die grundlegenden, zur Durchführung der Kulthandlun
gen notwendigen Veränderungen bzw. Ergänzungen und Einbauten
wie Mihrab und Minbar. Selbst umfangreiche Erneuerungen nach
Bränden veränderten zumindest nicht den längsrechteckigen Grund
riss, der sich noch heute wesentlich von den übrigen Moscheen und
Kirchen in Istanbul unterscheidet. Im Innenraum sind sogar Reste
des christlichen Bildprogramms auf dem Wandputz erhalten geblie
ben.6 Wie S. Paolo sind zahlreiche weitere Kirchen in Istanbul auf
(für die Bausubstanz) vergleichbar behutsame Art und Weise in Mo
scheen umgewandelt worden .? Bei San Agustin in Badajoz hingegen
sind Hinweise auf eine arabische Vergangenheit kaum wahrnehm-
bar (Abb. 1 bis 5). Islamisch konnotierte Bauformen lassen sich zu
mindest auf den ersten Blick nirgends entdecken . Wie in Badajoz, so
sind auch in anderen Städten auf der iberischen Halbinsel keine oder
nur wenige islamische Reste der in Kirchen umgewandelten Mo
scheen erhal ten geblieben,s Im Gegensatz zu Istanbul entstand die
Bausubstanz dieser Kirchen im Wesentlichen in der Zeit der (christ
lichen) Eroberer. Es scheint, als sollte ihre islamische Vergangenheit
absichtlich verunklärt werden.
Die Transformation von Sakralbauten in Istanbul und Badajoz
scheint völlig verschiedene bauliche Lösungen zur Folge zu haben .
Doch bei genauerer Betrachtung erkennt man, dass der Umwand
lungsprozess von Moscheen zu Kirchen auf der iberischen Halbinsel
zunächst ganz ähnlich wie in Istanbul abgelaufen ist.
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Obwohl es in Spanien und Portugal zweifelsohne zahlreiche Moscheen gab - allein in C6rdoba sollen es 1800 gewesen sein9
-, von
denen sicherlich zumindest ein Teil in Kirchen umgewandelt wor
den ist, hat man der Thematik in der Forschung bisher keine be
sondere Beachtung beigemessen.1o Gründlich bearbeitet wurden bis
her vor allem die herausragenden spanisch-islamischen Moscheen
oder solche, bei denen bedeutende Bauteile erhalten geblieben sind.
In der Regel wird nur eine Epoche genauer betrachtet, sei es die is-
lamische oder christliche. Selten werden alle Zeitschichten gleich
wertig behandelt - so wie auch der Tourist in der Großen Moscheevon C6rdoba den Kircheneinbau lieber im Rücken behält, um ein
ungestörtes Photo vom islamischen Säulensaal aufzunehmen. Da
neben gibt es eine große Menge kleinerer Kirchen und Kapellen, bei
denen eine islamische Vergangenheit aufgrund von historischen
Nachrichten zwar vermutet wird, aber nur schwer bewiesen werden
kann. Die vornehmlich kunsthistorisch orientierte Betrachtung der
spanisch-islamischen Architektur ist deshalb in der Regel über vage
Vermutungen kaum hinausgegangen, soweit keine archäologischen
Untersuchungen durchgeführt wurden.
DAS FALLBEISPIEL SAN AGUSTfN IN BADAJOZ
Badajoz, das arabische Batalyaws,ll wurde imJahr 875 gegründet und
war bis zu seiner Eroberung durch Altons IX., König von Le6n, im
Jahr 1230 Teil des spanisch-islamischen Machtbereiches. 1z Die Ka-
thedrale von Badajoz, ein Neubau von 123213 , liegt außerhalb der
ehemaligen arabischen Stadtumgrenzung und kann demnach nicht
den Standort der ehemaligen Hauptmoschee markieren. Innerhalb
der arabischen Medina gibt es heute nur eine wichtige Kirche - San
Agustin. Sie liegt an der kürzesten Wegverbindung zwischen dem
Abb. 2: Sa n Agustfn ,
Badajoz,
Ansicht von Süd ,
2004 .
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Abb. 3: San Agustfn,
Badajoz, Ansicht vonWest, im Vorder
grund die Ruinen
der Westklausur vor
der San ierung, 2004.
Abb . 4: San Agustfn,
Badajoz, Mittelschiffnach Osten, Kasset-
tengewö lbe imMittelschiff, glatte
Gewölbe im Chor,2003.
Haupttor der A lcazaba - al-Kasbah (Zitadelle) - und dem Brücken
kopf der Puente de Palmas, dem Übergang über den Rio Guadiana
(siehe Abb. 1). Ein doppelgeschossiger Kreuzhof mit ehemaligen
Klausurgebäuden grenzt an die Kirchennordwand, ein weiterer, klei
nerer ist der Westwand vorgelagert. Diese ehemalige Klosterkirche
ist eine dreischiffige, fünfjochige Basilika mit einschiffigem, poly
gonalem Chorhaupt (A) (Fotografien in Abb. 1 bis 5 und Pläne in
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Abb. 6 bis 9, zu den Raumbezeichnungen siehe Abb. 9). Nord- und
Südseitenschiff sind in einzelne Kapellen unterteilt (Kapellen I bisV bzw. VI bis X). Die jeweils erste Kapelle des Nord- und Südseiten
schiffes von Osten ist im Grundriss zwar als Querschiff ausgebildet,
erreicht jedoch nur Seitenschiffshöhe. Im Winkel zwischen diesen
transeptartigen Kapellen und dem einschiffigen Chor passen sich
im Norden die Sakristei (E), im Süden eine weitere kleine Kapelle
(D) ein - beide überkuppelt. In die Südwestecke der Kirche ist der
Glockenturm eingerückt. Direkt im Anschluss an den Turm befin
de t sich der Haupteingang zur Kirche, der außen durch eine Porti
kus hervorgehoben ist (VI). In der Nordwestecke gibt es als Gegenstück zum Glocken- einen überkuppelten Treppenturm (G). Dazwi
schen erstreckt sich im Westen des Kirchenmittelschiffes eine Vor
halle (C) mit darüber liegender Empore. Das Äußere ist weitgehend
Abb. 5: San Agustfn,
Badajoz, Mittelschiff
nach Westen, Vorha l-
le (C) und Empore,
2003.
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mit einem Rauputz der zweiten Hälfte des 20. ]h . bedeckt (siehe Abb.
2). Dieser ist jedoch stellenweise abgefallen, so dass das Mauerwerk
teilweise sichtbar wird (siehe Abb. 3) . Im Inneren der Kirche sind
die Wandoberflächen ebenfalls vollständig verputzt (siehe Abb. 4
und 5) .
Zumindest im Innenraum ist so das direkte Erkennen von Baufugen
und Konstruktionsarten nahezu ausgeschlossen. Durch die genaue
Vermessung wurde aber deutlich, dass die einzelnen Gebäudeteile,
aus denen sich der Baukörper zusammensetzt, abweichende Win
kelbezüge aufweisen. Daneben ermöglichten weitere geometrische
Unregelmäßigkeiten, verschiedene Baureste, das Zusammenspiel der
Gebäudeteile untereinander sowie die am Bauäußeren erkennbaren
Baufugen und Konstruktionsarten die Aufstellung einer Bauabfolge,
die im Folgenden näher betrachtet werden soll (siehe Abb. 9). Bei je-
der Bauphase werden zunächst die dazugehörenden Bauteile aufge
zählt und die entsprechenden Befunde benannt. Danach werden den
Phasen absolute Baudaten durch Hinzuziehung von historischen
Nachrichten sowie typologischen, konstruktiven und formalen Ana
logien zugeordnet.14
BAU TEILE AUS ISLAMISCH ER ZEIT
Das älteste Bauteil von San Agustin ist der Hauptkörper des Glo
ckenturms (Bauphase I) (Abb. 10 bis 12, siehe auch Abb. 9). Dieser
Turm ist um einige Grad gegenüber der Kirchenhauptachse verdreht
und lässt bereits dadurch eine eigenständige Bauphase vermuten. Er
erhebt sich über annähernd quadratischem Grundriss von rund 5,90
Metern Seitenlänge. Die Höhe vom Boden bis zur Traufkante des
Hauptkörpers beträgt etwa 18 Meter. Er wird von einer neuzeitlichen
Balustrade (wohl Bauphase VI) und einer noch jüngeren gemauer
ten Laterne bekrönt.
Im Inneren des Turms windet sich um einen ebenfalls quadratischen
Kern die Treppe, die mehrfach verändert worden ist. Diese Treppe
beginnt erst auf der Höhe der Empore. Der darunter liegende Teil des
Turmes ist vollständig verfüllt. Zur ursprünglichen Substanz gehört
ein Schlitzfenster an der Westseite, dessen Sturz eine Grünschiefer
platte bildet. Zwei weitere Lichtöffnungen an der Südseite entstan
den vermutlich erst zusammen mit einem späteren Umbau der Trep
penanlage. Das Mauerwerk des Turmes besteht aus in Lagen ver
setzten Bruch- bzw. Lesesteinen (siehe Abb. 10 und 12), das an den
übrigen Bauteilen der Kirche in dieser Form nicht anzutreffen ist.
Nur ein Baurest (die Südwand) an einer kleinen Kapelle (D), die zwi
schen der südlichen transeptartigen Kapelle (X) und dem einschiffi
gen Chor (A) an der Südseite liegt, besteht aus der gleichen Mauer-
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o
werksart (Abb. 13). Der Baurest ist wiederum der älteste Teil in die-
sem Bereich des Gebäudes. Am genannten Wandstück lassen sich
zwei Pfeilervorlagen erkennen. Bei einer von beiden wird es sich um
einen Eckpfeiler gehandelt haben, wie eine umlaufende Putzschicht
beweist. Dieses Wandstück war also offenbar die Südostecke eines
heute nur noch in Resten erhaltenen Gebäudes.
Die islamische Provenienz der genannten Bauteile aus Bauphase I
lässt sich nicht mit endgültiger Sicherheit beweisen. Es gibt aber ei-
ne ganze Reihe von Indizien, die ihre Zuordnung zu einem Mo-scheevorgängerbau höchst wahrscheinlich machen und im Folgen-
den genauer betrachtet werden: Zuerst wird die absolute Datierung
anhand eines Mauerwerksvergleiches hergestellt. Ein Großteil der
60
Abb. 6: San Agustfn,
Badajoz, Grundriss
EG , Bauaufmaß,
2006.
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Abb . 7: San Agustfn,
Badajoz, Grundriss
auf Höhe des Ober
gadens, Bauaufmaß,
2006 .
Bausubstanz von Badajoz besteht aufgrund geologischer Gegeben
heiten aus Lehm. Nur Bauwerke besonderer Bedeutung wurden mit
aufwändigeren, massiven Konstruktionen ausgeführt.15 Da Sakral
bauten - wie San Agustfn und die mutmaßliche Vorgängermoschee
- zu den bedeutenden Bauwerken einer Stadt zählen, können des
halb als Referenz für einen Mauerwerksvergleich ebenfalls nur wich
tige Gebäude herangezogen werden. Dafür eignen sich vor allem dieUmfassungsmauern der Alcazaba von Badajoz, die zwischen dem 9.
und 13. Jahrhundert ständig verändert und erweitert wurde. 16 Diese
Bauarbeiten sind zudem vergleichsweise gut durch historische Nach
richten belegt.
Die ältesten Bauteile der Alcazaba, die in die umayyadische Epoche
(9. und 10. Jahrhundert) datieren, bestehen aus sorgfältig bearbeite
ten Granitquadern oder in Lagen gesetztem Bruchsteinmauerwerk,
in das bisweilen Spolien aus römischer und westgotischer Zeit ein
gesetzt sind. Im Gegensatz zu diesem kostspieligen Mauerwerk be
steht ein Großteil der weniger wichtigen bzw. weniger repräsentati
ven Bauteile aus einem betonartigen Stampflehm, dem bisweilen
Kalksplit und Keramiksplitter beigemengt werden. Dieses mithilfe
von Holzschalungen hergestellte Mauerwerk wird in Spanien Tapial
genanntY
Beim nachfolgenden Ausbau der Alcazaba, der im Jahr 103018- also
in der Zeit der islamischen Kleinkönige - stattgefunden haben soll,
50
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verwendete man durchgehend massive Konstruktionen . Dieses Mau
erwerk besteht aus in Lagen versetzten, kleineren Bruch- oder Lese
steinen ohne Spolien,I9das letztlich auch am Turm und der südöst
liche Gebäudeecke von San Agustin - also an den in Phase I ent-
standenen Bauteilen - zu finden ist (siehe Abb. 12 und 13).
Im Gegensatz zu den massiven Konstruktionen dieser Zeit verwende
ten die Almohaden - marokkanische Berber, die Badajoz zwischen
1145/46 und 1230 als letzte Muslime beherrschten20
- zum Ausbau derZitadelle fast ausschließlich den überaus kostengünstigen und schnell
zu errichtenden Tapial. Dies beweist unter anderem der sogenannte
Torre de Espantaperros im Süden der Alcazaba, der nach 1169 im letz
ten Drittel des 12. Jahrhunderts entstanden sein SOll .21
Nach der christlichen Eroberung im 13.Jahrhundert kamen zur Her
stellung stark gegliederter Bauteile wiederum sorgfältig bearbeitete
Steinquader zum Einsatz, die zum Beispiel an den östlichen Mittel
schiffsarkaden der Kathedrale aus dem 13. Jahrhundert zu sehen
sind. Zur Errichtung großflächiger, wenig gegliederter Wandflächen,wie man sie zum Beispiel an den Verteidigungsmauern und Türmen
der Alcazaba findet, verwendete man ein Mischmauerwerk, bei dem
die Mauerwerkskanten ebenfalls aus bearbeiteten Steinquadern be
stehen, die übrige Mauerwerksfläche jedoch mit z.T. in Lagen, z.T.
unregelmäßig gesetzten, grob behauenen Bruchsteinen gefüllt ist.
Die Bruchsteine werden mitunter auch durch Tapial oder Ziegel
mauerwerk ersetzt. Dass dieses Mauerwerk auch in den folgenden
Jahrhunderten verwendet wurde, beweist zum Beispiel der Turm der
Kathedrale von Badajoz, der 1542 fertiggestellt worden sein so11.22Gemäß der aufgestellten Chronologie lässt sich das Mauerwerk des
Turms und des Baurestes in der Südostecke von San Agustin (Bau
phase I) mit den Bauteilen an der Alcazaba aus der ersten Hälfte des
50
Abb. 8: San Agustfn ,
Badajoz, Ansicht
Süd , Bauaufmaß,
2006 .
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11. Jahrhunderts vergleichen. Im Verbund mit dem Bruchsteinmauerwerk des Turms von San Agustfn steht zudem eine Grünschieferplatte, die wie oben beschrieben einer Schlitzöffnung alsSturz dient. Zu diesem Bauteil konnte während der Untersuchungenkein Äquivalent innerhalb der Stadt gefunden werden. Jedoch im
nahe gelegenen Cuncos - die Wüstung einer arabischen Kleinstadt
an der portugiesischen Grenze verwendete man entsprechende Platten - in konstruktiv vergleichbarer Funktion als Grababdeckung aufdem islamischen Friedhof.23
Nicht nur konstruktive, sondern auch bautypologische Merkmalevon Turm und Gebäudeecke aus Bauphase I legen eine islamischeHerkunft der Gebäudeteile nahe. Wie oben bereits beschrieben, erhebt sich der Turm von San Agustfn über einem quadratischenGrundriss und beherbergt in seinem Inneren einen ebenfalls qua
dratischen, massiven Kern, um den sich die Treppe emporwindet.Solche Grundrisse gelten in der Forschung als wesentliches Kennzeichen westislamischer Minarette.24 Die überwiegende Zahl spanischer Minarette folgt diesem Typus. Die Glockentürme auf der iberischen Halbinsel erheben sich oft ebenfalls über einem quadratischen Grundriss, weisen aber im Inneren selten einen massiven Kernauf. Sowohl die Ausführung als Vierungsturm, als auch die Integration einer Kapelle oder Torhalle im Erdgeschoss2s verhindern denselben. Insgesamt zeigt sich eine Tendenz zur Herausbildung größe
rer Innenräume. Unterschiede zwischen Kirchtürmen und Minaretten auf der iberischen Halbinsel lassen sich auch durch einen Ver gleich der grundsätzlichen Konzeption veranschaulichen. Während
sich Kirchtürme aus mehreren übereinander gestapelten Kuben zusammensetzen - wie beispielsweise der Turm der Kathedrale von Ba-
dajoz illustriert -, bestehen Minarette aus einem einzigen ,monolithischen' Körper, dem eine deutlich reduzierte Laterne aufgesetzt ist.Bleibt der Grundrisstyp von westislamischen Minaretten über langeZeiträume nahezu unverändert, so dient das Breite-Höhe-Verhältnis- also die Schlankheit - des Turmhauptkörpers als grobe Datierungshilfe. Das Maßverhältnis von eins zu drei charakterisiert vor allem Minarette der umayyadischen Epoche bzw. solche, die bis 1038
entstanden sind. Im Gegensatz dazu sind Hauptkörper von Minaretten der Almohaden- oder Nasriden-Zeit (12.-15. Jahrhundert)deutlich schlanker (eins zu vier bis eins zu fünf). z6 Das Breite-HöheVerhältnis des Turms von San Agustin, das eins zu drei beträgt, kann
natürlich nur am heute bestehenden Baukörper ermittelt werden, ob
er ursprünglich einmal höher als heute war oder ob sich das Bodenniveau angehoben hat, ist derzeit unklar.Noch ein weiteres Detail spricht für die Vergangenheit des Turmesals islamisches Minarett. ,,[Vjon verschiedenen anderen Minaretten von
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Hauptmoscheen [. ..}wissen wir, dass die Breite des ersten Geschosses stets
ganz genau zehn Ellen betrug." 27 In der islamischen Zeit wurden zwei
Maßsysteme benutzt - die Elle ma 'münz und die Elle rassasz, für die
jeweils 47,14 cm beziehungsweise 58,93 cm angegeben werden.28
Demgegenüber beträgt die spanische Elle 41,8 cm.29 Am Glocken
turm von San Agustin lässt sich die Seitenlänge von 5,92 Meter messen.30 Nimmt man an, dass die Seitenlänge ebenfalls genau zehn El-
len misst, ergeben sich 59,2 cm pro Einheit, die die Elle des Systems
rassasz nur um weniger als drei Millimeter übertrifft. Damit ent-
sprechen die Dimensionen des Turms von San Agustin erstaunlich
genau den Maßen des Minaretts an der Moschee des Ibn Adabbas in
Sevilla (7 cm Unterschied) und dem Minarett von HiSäm I an der
Großen Moschee von C6rdoba (1 cm Unterschied)31 - beide aus der
umayyadischen Epoche.
Neben dem Turm selbst lassen sich auch zum Wandrest in der Südostecke typologische Analogien aufzeigen. Der Gebetssaal spanisch
islamischer Moscheen gliedert sich in eine ungerade Anzahl etwa
gleich großer Schiffe, die stets senkrecht auf die Gebetswand - die
Qibla - zulaufen. Das Mittelschiff ist in der Regel etwas weiter als die
anderen Schiffe ausgebildet. An seinem Ende befindet sich innerhalb
der Qibla die Gebetsnische - der Mihrab. Die Arkaden, die die Schif
fe voneinander scheiden und ebenfalls senkrecht auf die Qib la tref
fen, werden am Bauäußeren durch Strebepfeiler auf der Gebetswand
abgebildet und unterstreichen so noch einmal die Gebetsrichtung.An den Gebäudeecken werden entsprechend Eckpfeiler ausgebildet.32
Das Wandfragment aus Bauphase I in der Südostecke von San Agu
stin ist demnach möglicherweise ein solches Qibla-Fragment, bei
dem die Wandvorlage der östlichsten Seitenschiffsarkade sowie der
Eckpfeiler erhalten geblieben sind.
Die dargestellten konstruktiven und typologischen Analogien zur
Datierung von Bauphase I verweisen deutlich auf einen islamischen
Architekturkontext. Die Mauerwerke lassen sich mit ähnlichen an
den Alcazaba-Mauern vergleichen, die im Jahr 1030 errichtet worden sein sollen. Diesem Datum entspricht auch die Typologie des
Turmes und des Qibla-Restes. Es handelt sich also höchstwahr-
scheinlich um das Minarett einer ehemaligen Moschee mitsamt ei
nem Rest des dazugehörenden Gebetssaales.
UMWANDLUNG ZUR KIRCHE IM 15. UND 16. JAHRHUNDERT
Die ersten nachweisbaren Veränderungen des islamischen Ursprungsbaus lassen sich in zwei Bauphasen (Bauphasen II und III)
unterscheiden und gehören bereits in die christl iche Ära (siehe Abb.
9). Der ersten der beiden Phasen (Bauphase II) kann der Chor (A) zu-
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Abb. 9: San Agustfn,Badajoz, Bauphasen-plan mit Raumbe-
zeichnungen, 2006.
geschrieben werden. Strebepfeiler gliedern das im Übrigen glatte Bau-
äußere. Sie bestehen aus einem unregelmäßigen Mischmauerwerkohne durchbindende Zwischenschichten. Die Kanten sind mit einerBacksteinverzahnung gefasst. Im Inneren der Kirche korrespondie-ren die Strebepfeiler mit heute funktionslosen Konsolen mit poly-gonalem Querschnitt, die auf ein ehemals vorhandenes Rippenge-
wölbe schließen lassen. Ferner erkennt man anhand von Putzrissenam Bauäußeren, dass die Joche durch Fenster geÖffnet waren (sieheAbb. 8). Diese Lichtöffnungen lagen jedoch so hoch, dass sie mitdem nachträglichen Einbau eines Tonnengewölbes und der Kuppel-segmente des polygonalen Chorschlusses zugesetzt werden mussten.Der gleichen Zeit wie der Chor (Bauphase 11) lässt sich wohl auch ein
t"1
L.J
(8)
(VIII) (IX) (X)
• Bauphase I (islamisch)~ Bauphase 11 (1. H. 16. Jh .)
liiiIillI Bauphase 111 2. H. 16. Jh .~ Bauphase IVa/b (ab 1611)~ Bauphase
Va/b
• BauphaseVI (ab 1675)
o unklar
60- - - - - - = = = = = = - - - - - - - - = = = = = = = - - - - - - - -
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Wandrest innerhalb der Westfassade der Kirche zuordnen. Im Kreuzgang des anschließenden Westhofes erkennt man im unteren Teil
der Wand zur Kirche einen zugesetzten Durchgang, der von einem
geschulterten Flachbogen bekrönt wird .
Dem einschiffigen Chor folgen in der zweiten Veränderungsphase
(Bauphase III) zwei transeptartige Anbauten (Abschnitte I und X) -
jeweils einer auf der Nord- und Südseite - die sich von den westlich
angrenzenden Seitenschiffskapellen in Größe und Wandstärke deut
lich unterscheiden (siehe Abb. 6 und 9). Diese Transepte zeichnen
sich gegenüber den anderen Kapellen zudem durch ihre aufwändigen Sterngewölbe aus. Das Sterngewölbe selbst wurde nachträglich
noch einmal durch Hinzufügung zusätzlicher Gewölberippen er
gänzt.
DATIERUNG DER BAU PHASEN 11 UN D 111
Nun ist die Datierung der beiden Veränderungsphasen zu erörtern.
Die Frage ist für die Betrachtung des Umwandlungsprozesses wesentlich, handelt es sich doch um die ersten baulichen Transforma
tionsschritte des als islamisch nachgewiesenen Vorgängerbaus. Der
ältesten christlichen Bauphase (Bauphase 11) lassen sich typologi
sche, konstruktive und formale Analogien zuordnen: Einschiffige
Choranlagen mit Fünf-Achtel-Polygon werden in großer Zahl seit
dem 13. und 14. Jahrhundert in Spanien errichtet ,33 ihre Verwen
dung ist jedoch bis weit ins 16. Jahrhundert hinein durchaus nichts
Ungewöhnliches.34 Die am Chor benutzte Mauerwerksart wird im
christlichen Spanien vor allem an der Wende vom 15. zum 16. Jahr
hundert verwendet. 35
Die beschriebenen Gewölbe (Bauphase III) finden in ihrem ergänz
ten Zustand eine formale Analogie in einer anderen Kirche von Ba-
Abb. 10: San Agustin,Badajoz, Turm,
Ansichten von West
(links) und Süd (2 . v.
links), Schnitte von
Süd (2. v. rechts und
rechts), 2006.
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Abb. 1 1: San Agustfn,
Badajoz, Turm,Grundrisse auf ver
schiedenen Ebenen
(oben links - Later
nenebene, untenrechts - Zugang aufHöhe der Kirchen
empore), 2005.
dajoz - Santo Domingo. Dort überspannen die gleichen Sterngewölbekonfigurationen das Mittelschiff und die Vorhalle unterhalbder Westernpore. Die Bauarbeiten von Santo Domingo begannen im
Jahr 1563 und dauerten unter den Meistern Baltasar Sanchez und
Juan Garcia im Wesentlichen bis zum Jahr 1587 an. 36 Die Bauformendes veränderten Gewölbes gehören demnach wohl ins letzte Drittel
des 16. Jahrhunderts.Abgesehen von den typologischen und formalen Analogien sindBau- bzw. Stiftungsdaten aus Archivalien bekannt. Der Einzug der
Augustinermönche imJahr 1430 ist die erste urkundliche Überlieferung zur KircheY Im Jahr 1523 soll laut Quelle durch Gome Hernandez de SoUs die capilla mayor wiederaufgebaut worden sein.38
Vom ursprünglichen Chor - vor dem Wiederaufbau - haben sich kei
ne Sachzeugnisse nachweisen lassen. Ob jener mit dem Einzug derAugustiner im Jahr 1430 oder bereits vorher, während die Anlage als
Kirche San Lorenzo genutzt wurde, errichtet worden ist, lässt sichnur mutmaßen. Da das Jahr 1523 aber sehr gut mit den oben aufgestellten typologischen, konstruktiven und formalen Analogienübereinstimmt, handelt es sich wohl in der Nachricht um den Baudes heute bestehenden Chores. Die Quelle liefert aber noch einenanderen interessanten Hinweis. Der genannte Bauherr gründetenämlich außerdem zusammen mit seiner Frau Catalina de Silva das
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Kloster Santo Domingo imJahr 1556, deren Bauarbeiten siebenJah
re später begannen.39 Diese Kirche diente oben als Vergleichsobjekt
für die Form der Gewölbe. Obwohl sich jene und der Chorbau ein
deutig in zwei getrennte Bauphasen separieren lassen,4o kann den
noch offenbar in beiden Fällen das Engagement ein und derselben
Person bzw. Familie verantwortlich gemacht werden. Wahrscheinlich entstand der Chor zum Ende des ersten Viertels des 16. Jahr
hunderts, während indessen um die Mitte bzw. in der zweiten Hälf
te desselben Jahrhunderts mit der Fertigstellung von Transepten und
Vorhalle die Kirche weiter ausgebaut werden sollte. 41
WEITERER AUSBAU VON KIRCHE UND KLOSTER
IM 17. JAHRHUNDERT
Der weitere Ausbau von Kirche und Kloster wurde insbesondere
durch die Erzbischöfe von Badajoz unterstützt und erfolgte in einer
ganzen Reihe von Bauphasen, die sich vermutlich vom Anfang des
17. Jahrhunderts bis zur Säkularisierung des Klosters im 19. Jahr
hundert erstrecken. Zu den ersten Ausbauphasen gehören vor allem
die nördlich gelegenen Klausurgebäude (Bauphase IVa) und das
Mittelschiff des Langhauses (Bauphase IVb, siehe Abb. 9). Beide wur
den nachträglich an Chor und Transepte angebaut, 42 stehen aber in
keiner direkten Beziehung miteinander, sodass die genaue Baufolge
offen bleiben muss.
Die heutige Sakristei (E), die angrenzende Bibliothek (F) und vor al-
lem das Erdgeschoss der Nordklausur mitsamt der Langhausnordwand
Abb. 12: San Agustf n,
Badajoz, Turm , West
seite, Detail, Mauer
werk aus Bruch- bzw.
Leseste inen, 2004.
ZWISCHEN KREUZ UND HALBMOND· 249
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Abb. 13: San Agustfn,
Badajoz, Kapell e (0 )
in der Südostecke derKirche, Ans icht vonOst, islam ischer
Wandrest, 2003.
können einer gemeinsamen Maßnahme zugerechnet werden (Bau-
phase IVa). Sie gleichen sich in Baudetails, und ihr geometrisches Ach-
sensystem ist gemeinsam um einige Grad genauer geostet als die übri-
gen Bauteile der Kirche. Die Tiefe der quadratischen Sakristei (E) über-
trifft diejenige des westlich anschließenden Transeptes, sodass ein ge-
nügend breiter, direkter, jedoch heute zugesetzter Durchgang in die
Nordklausur (durch die Bibliothek F) verblieb, der sich zur Sakristei
durch ein Portal mit reicher Profilierung auszeichnet. Reste von Kon-
solen in den Raumecken der Sakristei lassen vermuten, dass der heu-
te mit einer Trompenkuppel überdeckte Raum womöglich ehemals
ein Rippengewölbe besaß. Reste der gleichen Art von Konsolen finden
sich stellenweise auch im Erdgeschoss der Nordklausur.
Im Gegensatz zur Nordklausur und Sakristei ist die Baufolge des Kir-
chenmittelschiffes weit unklarer (Bauphase IVb) und lässt sich wohl
250· TOBlAS RÜTEN IK, MARTIN GUSSONE
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in mehrere Abschnitte unterteilen.43 Klar ist jedoch, dass der Ausbau
des Mittelschiffes ebeilfalls jünger als der Chor und die Transepte
sein muss, wobei die bestehende Bausubstanz berücksichtigt wur
de.44 Erst mit dem Bau des Mittelschiffes in Bauphase IVb war der ge
samte mittlere Bereich zwischen den älteren Bauteilen im Osten und
Westen der Kirche in seiner heutigen Gestalt errichtet.Nordklausur und Mittelschiffspfeiler werden vom Ausbau der Ka-
pellen (11 bis V bzw. VII bis IX) und der Westklausur gefolgt (Bau
phasen Va und Vb) (siehe Abb. 9).
Im Dachbereich beider Kapellenschiffe (Bauphase Va) erkennt man
deutlich, dass die Kapellentrennwände stumpf an die Strebepfeiler
des Mittelschiffes stoßen . Beim nördlichen Kapellenschiff zeigt sich
ferner, dass diese Trennwände zwischen den Kapellen auch jünger
als die Südwand der Nordklausur - respektive Kirchennordwand -
sind. Der Nordklausurumfassung folgt auch die Außenwand des heute nur fragmentarisch erhaltenen Westhofes (Bauphase Vb), wie ei
ne Baufuge erkennen lässt. Ein direkter Bezug zwischen Kapellen
trennwänden und Westklausuraußenwand, der ihre zeitliche Stel
lung zueinander eindeutig klären würde, fehlt jedoch. Die Kapellen,
aus denen die Seitenschiffe bestehen, weisen außen keine architek
tonischen Gliederungselemente auf. Auffällig sind lediglich zwei Säu
lenspolien, die in der Südwest- und Südostecke des Südseitenschif
fes vermauert sind und angeblich zur ehemaligen Moschee gehört
haben sollen, was jedoch nicht zu belegen ist.In der folgenden Bauphase (Bauphase VI) wurden Kirche und Klau
sur in ihrem heutigen Umfang im Wesentlichen fertiggestellt (siehe
Abb. 9). Zu den weitreichenden Maßnahmen gehören die Fertig
stellung bzw. Reparatur des Obergadenbereiches vom Mittelschiff,
Aufstockung und Umbau von Nord- und Westklausur, die Errichtung
der Portikus im Südosten der Kirche (VI) sowie die Neueinwölbung
des Mittelschiffes und die Errichtung von Kuppeln .
Die Fassade des Nordklausurobergeschosses wird zum Kreuzhof
durch ehemals offene Arkaden gebildet, deren Rhythmus nicht mit
dem des Erdgeschosses korrespondiert. Wohl aus statischen Grün
den verstärkte man das Erdgeschoss zudem durch kräftige Pfeiler
vorlagen. Auch der Westhof wurde mit einem neuen Kreuzgang aus
gestattet. Diesem ist auch ein entsprechendes Obergeschoss hinzu
zufügen, das heute nicht mehr erhalten ist, dessen Spuren sich je-
doch an der Kirchenwestwand ablesen lassen. Die Erschließung der
Obergeschosse von beiden Klausuren erfolgte über einen Treppen
turm zwischen ihnen (G), der in das Nordseitenschiff (11 bis V) der
Kirche eingeschoben ist, von dieser aber heute nicht mehr betreten
werden kann. An seiner oberen Westaußenseite erkennt man einen
Druckbogen im Mauerwerk,45dessen Pendant in den Obergadenbe
reich des östlichsten Mittelschiffsjoches (vor dem Chor A, über den
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Transepten I und X) integriert ist.46 Zu guter Letzt kann der Bauphase
noch die Errichtung von Kuppeln über der Sakristei (E), dem Trep
penturm (G) und der Kapelle (D) hinzugerechnet werden. Zumin
dest die Laternen der beiden letztgenannten Kuppeln sind formal
nahezu identisch.
Die Portikus (VI) zwischen Turm und Südseitenschiff ist von einer
antikisierenden Fassadenarchitektur mit ionischen Bauelementen
geprägt. Antikes Formengut charakterisiert auch den Kreuzgang der
West- und das Obergeschoss der Nordklausur. Hier wurde allerdings
einer toskanischen Ordnung der Vorzug gegeben. Die Pfeilervorla
gen im Nordkreuzhof sowie nachträglich erneuerte Konsolen im an
grenzenden Kreuzgang dekorieren gegenständige Doppelvoluten, die
man auch am Ansatz der mit Kassetten geschmückten Mittelschiffs
gewölbe findet. Diese erstrecken sich in relativ einheitlicher Bauart
über alle Langhausjoche, wenn auch teilweise erneuert. Doppelvo
luten gibt es auch im Giebelfeld der Portikus.
DATIERUNG DER BAUPHASEN IV BIS VI
Die absolute Datierung des eben dargestellten weiteren Ausbaus der
Kirche (Bauphasen IV bis VI) kann durch Auswertung historischer
Quellen im Vergleich mit den Befunden aufgestellt werden. Aus ar
gumentativen Gründen wird im Folgenden mit der zuletzt genann
ten Bauphase VI begonnen: Die Portikus, das Obergeschoss der Nord
klausur und ein Brunnen bzw. Waschbecken im Inneren der Sakri
stei (in Bauphase VI überkuppelt) tragen ein heraldisches Symbol -
ein von einem Pfeil durchbohrtes Herz -, das über den Bauherren
Auskunft gibt. Es handelt sich um Fray Agustin Antolinez, Bischof
von Badajoz zwischen 1675 und 1677, der selbst Mitglied des Au
gustinerordens warY Das Wappen von Fray Agustin steht vor allem
im Giebelfeld der Portikus (Bauphase VI) im Zusammenhang mit der
Verwendung der gegenständigen Doppelvoluten, die wohl ebenfalls
diesem Bischof zuzuordnen sind.
Die Bauarbeiten der Bauphase VI, die sich durch das genannte Wap
pen recht sicher Bischof Fray Agustin Antolinez zuordnen lassen,
dienen zugleich als terminus ante quem für die vorangehenden Bau
phasen IV und V. Wesentliche Teile von Kirche und Nordklausur sol
len auch unter dem Bischof]uan Beltran de Guevara entstanden sein,
der sein Amt zwischen 1611 und 1615 inne hatte. 48 Ihm lässt sich
demnach wohl die Bauphase IV zuordnen, in der das Erdgeschoss
der Nordklausur und wesentliche Teile des Mittelschiffes entstanden
waren. Das Vorhandensein von Konsolen zur Aufnahme von Ge
wölberippen in der Sakristei und Nordklausur verrät zudem die zeit
liche Nähe zur Bauphase III der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts,
252 . TOB lAS RÜTEN IK MART IN GUSSONE
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in der die sterngewölbten Transepte und die Vorhalle entstanden wa
ren. Für die Bauphasen Va und Vb fehlen Anhaltspunkte für eine ab
solute Datierung. Sie entstanden demnach zu irgendeinem Zeitpunkt
zwischen 1615 (Bauphasen IVa und IVb) und 1675 (Bauphase VI).
Frühe Ausstattungsstücke und einige Grabplatten in den Seiten
schiffskapellen datieren in die erste Hälfte des 17. Jahrhunderts, wodurch sich ein terminus ante quem ergibt. Zumindest von der West
klausur weiß man, dass sie in historischen Quellen ebenfalls Bischof
Juan Beltran de Guevara zugeordnet wird und so gleichsam als Bau
phase IVc aufzufassen wäre. Ihre Datierung müsste demnach an das
Jahr 1615 herangerückt werden.
SPÄTERE VERÄNDERUNGEN
Nach der weitgehenden Fertigstellung der Kirche unter Bischof Agustin Antolinez erfuhren Kloster und Kirche nur noch geringfügige
Veränderungen. Im Zuge der Säkularisierung der religiösen Orden
im Jahr 1820 wurde auch das Kloster San Agustin in Badajoz aufge
hoben und die Klausuren verlassen. Die Kirche diente jedoch weiter
hin gottesdienstlichen Zwecken und wurde imJahr 1843 in die Pfarr
kirche Santa Mafia la Real umgewandelt.
Durch die Funktionsänderung waren die direkten Verbindungen zwi
schen Kirche und ehemaligem Kloster nicht mehr notwendig undwurden verschlossen. Im Zusammenhang damit stehen wohl auch
die Veränderung der Emporenhöhe und der damit verbundene Um
bau des Vorhallengewölbes (C). Die Klausuren dienten zunächs t als
Unterbringungsort einer Garnison. Planungen aus dem Jahr 1860
belegen Projekte für die Erweiterung der Unterbringungskapazitä
ten. 49 Im Jahr 1934 wurde die Garnison geschlossen.5o In der Nord
klausur richtete man eine Schule ein, woraufhin der Kreuzgang und
die im Norden und Westen anschließenden Raumschichten mit
Trennwänden unterteilt und die Arkaden im Erd- und Obergeschossmit Fenstern bzw. Tür-/ Fenster-Kombinationen in einer Stahl-Glas
Konstruktion verschlossen wurden. In die Westklausur zog ein Gericht
ein und ein weiteres heute nicht mehr vorhandenes Gebäude beher
bergte fortan eine Sozialstation. 51 Mit dem Auszug des Gerichtes im
Jahr 1960 verfiel die Westklausur zusehends und wurde Mitte der
1980er Jahre größtenteils abgerissen. Die Reste ihres Erdgeschosses sind
in den Jahren 2003 und 2004 restauriert und teilweise rekonstruiert
worden. Die Sozialstation musste 1980 einem Schulneubau weichen,
durch den auch die Nordklausur ihre Funktion verlor.An der Kirche gab es abgesehen von der oben erwähnten Verände
rung der Empore nach der Umwandlung in eine Pfarrkirche nur noch
wenige Eingriffe. Der Turm erhielt im Rahmen der Umwandlung zur
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Pfarrkirche ein gusseisernes Glockengestell aus dem 19. Jahrhundert,
das wiederum im ersten Viertel des 20. Jahrhunderts durch eine ge
mauerte Laterne mit flachem Zeltdach überbaut wurde.
ZUSAMMENFASSUNG
Durch die islamischen Baureste, die sich typologisch einer Moschee
zuordnen lassen, zeigt sich, dass San Agustin in Badajoz mit ande
ren transformierten Moscheen auf der iberischen Halbinsel in Zu
sammenhang gebracht werden kann. Nach der Eroberung einer mus
limischen Stadt nahm die Kirche zwar alle Moscheen offiziell in Be-
sitz, dabei handelte es sich allerdings nur um einen formellen Akt
auf dem Papier. Tatsächlich zur Kirche geweiht wurde in der Regel
zunächst nur die Hauptmoschee. Wenigstens einen Teil der zahllo
sen kleinen Quartiersmoscheen nutzte die verbliebene muslimische
Bevölkerung weiterhin als Sakralbau,52 die allmählich von der ka
tholischen Bevölkerung verdrängt wurde. Damit einher ging der stei
gende Bedarf an christlichen Gotteshäusern, sodass weitere nun
nicht mehr gebrauchte Moscheen nach und nach in Kirchen kon
vertiert wurden .53 Nachdem eine Moschee tatsächlich zu einer Kir-
che umgewidmet wurde, stattete man sie mit den unmittelbar für
die kultischen Handlungen notwendigen Einrichtungen aus . Grö
ßere bauliche Veränderungen fanden erst einmal nicht statt. Auf der
iberischen Halbinsel geschah demnach zunächst genau das gleiche,
das - wenn auch in umgekehrter Richtung - an der Arap Camii in
Istanbul zu beobachten ist - eine Akkulturation des Bauwerks mit
einfachsten Mitteln.
Obwohl nur geringe Reste der mutmaßlich islamischen Bausubstanz
erhalten geblieben sind, lässt sich dennoch die Gestalt der Moschee
zumindest hypothetisch rekonstruieren (siehe Abb. 14 oben links):
Da es sich bei dem in der Südostecke der Kirche erhaltenen islami
schen Wandrest (Südwand der Kapelle D) um eine Gebäudeecke ge
handelt haben muss, lässt sich sowohl die Lage der Ost- wie auch der
Südwand (QibLa) ermitteln. Die westliche Begrenzung des Gebets
saales wird durch den Turm markiert, der aller Wahrscheinlichkeit
nach der Westwand vorgelagert war. Man darf annehmen, dass der
Anbau des Chores in der Mitte der Ostwand erfolgte. Durch Sym
metrie lässt sich so trotz fehlender Sachzeugnisse zuletzt auch die La-
ge der Nordwand des Gebetssaales ableiten.54 Außerdem liefern die
am Wand rest erhaltenen oben beschriebenen Wandvoriagen An
haltspunkte zu Lage und Abstand der Gebetssaalarkaden und so zur
gesamten Struktur des Moscheebaus. Demnach handelte es sich um
einen querrechteckigen Bau mit sieben Schiffen55 von wohl etwas
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weniger als jeweils 4 Metern Breite (s iehe Abb. 14). Das Mittelschiff
wird wie gewöhnlich etwas weiter als die Seitenschiffe ausgebildet
gewesen sein. Der Moscheehof wird wohl im Norden des Gebets
saales anstelle der Nordklausur vermutet werden dürfen. Auch bei
anderen zu Kirchen transformierten Moscheen ist der Moscheehof
als Kreuzgang umgenutzt worden. 56
Der Choranbau wird die Moschee nicht nur an Höhe deutlich über
troffen haben (siehe Abb. 14 oben Mitte). Sein westliches Joch ragt
darüber hinaus in den ehemaligen Gebetssaal der Muslime hinein .
So werden in seiner Nord- und Südostecke "Nebenchöre" ausge
schieden, von denen sich bekanntermaßen der südliche erhalten hat.
Die Neuausrichtung des Baus wird noch einmal durch den im Wes-
ten liegenden Anbau mit Zugangsportal unterstrichen . Die an
schließend errichteten Transepte ergänzen die Choranlage folgerichtig (siehe Abb. 14 oben rechts). Die kräftige, der Westvorhalle
hinzugefügte Nordwand derselben kann vielleicht als Rest eines nie
ausgeführten Turmes interpretiert werden (in Abb. 14 oben rechts
und unten links als graues Quadrat angedeutet) Y Gemäß dieser An
nahme hätte man in San Agustin versucht, den islamischen Bestand
- in diesem Fall das Minarett - in die Planungen einzubeziehen und
gleichsam umzudeuten. Offenbar blieb das Umbau projekt des 16.
Jahrhunderts unvollendet liegen, weil vermutlich die finanziellen
Ressourcen zunehmend in den Bau von Santo Domingo flossen.Trotzdem zeichnete sich die Kirche im Ergebnis deutlich als christ
licher Sakralbau aus. Obwohl auf diese Weise mehr als ein Drittel
des Moscheegrundrisses überbaut worden war, sollte man nicht
automatisch eine gezielte Verunklärung des islamischen Vorgän
gerbaus dafür verantwortlich machen. Wegen ihres Bedeutungsge
halts zählen Chor und Westfront ohnehin zu den ersten logischen
Schritten eines Neubau- oder Modernisierungsprojekts auch ohne
konfessionelle Konversion.58 Außerdem war San Agustin zu diesem
Zeitpunkt schon lange zur Kirche geweiht. Dennoch sollte mannicht vergessen, dass offenbar mehr als die Hälfte des ehemaligen
Gebetssaales faktisch auch noch zu Beginn des 17. Jahrhunderts be
stand und der Kirche zwischen den bereits errichteten Bauteilen im
Osten und Westen als Langhaus diente (siehe Abb. 14 oben rechts).
Dieser verbliebene Teil der islamischen Bausubstanz verschwand
wohl erst mit dem weiteren Ausbau ab dem ersten Viertel des 17.
Jahrhunderts. Erst nach der Errichtung von Kapellenschiffen und
Portikus zum Ende des 17. Jahrhunderts war der Moscheebau bis
auf die noch heute erhaltenen Reste ersetzt. Bis dahin konnte manwohl, wieJohannes Cramer in den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts
an der Arap Camii in Istanbul, den Vorgängerbau noch halbwegs
nachvollziehen.
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Abb . 14: San Agustfn,
Badajoz, hypo thetische Rekonstruktio
nen einzelner Bauzustände (von oben
links nac h unten
rechts ), schematische
Darstellun g, gra u -
hypothetischeRekonstruktion ,schwarz - Befund
gemäß Bauphasen
plan, 2009.
Bauphase I
Baup hase IVa/b
Die genaue Untersuchung beider Bauwerke - die Arap Camii in Istan
bul und San Agustin in Badajoz - gibt Auskunft über die Aneignung
von Bauten anderer Konfessionen im Mittelalter. Wie in Istanbul
nach der Eroberung durch die Osmanen bleibt auch in Spanien die
Grundsubstanz der konvertierten Sakralbauten zunächst unangeta
stet. Das "fremde" Gebäude wird nur mit einfachen Mitteln akkul
turiert, die Umwandlung also nicht inszeniert. In Spanien vollzieht
sich die bauliche Transformation erst später als progressive Substi
tution - also als langsamer, in einzelne Schritte gegliederter Prozess
über Jahrhunderte hinweg, der in Badajoz wie auch andernorts nach
weislich überhaupt erst im 16. Jahrhundert einsetzt.
Der Umgang mit den Gebetsstätten der "heidnischen Feinde" war
demnach nicht nur in Istanbul, sondern auch auf der iberischen
Halbinsel zunächst weit zwangloser, als es auf den ersten Blick er
scheinen mag. Die Reconquista wird nicht direkt von der zielgerich
teten Veränderung der eroberten Sakralbauten im Sinne einer De
monstration der neuen Macht- und Nutzerverhältnisse gefolgt. Da
für lassen sich zumindest aus der Sicht der Baugeschichte nirgends
Hinweise entdecken. Obwohl in Badajoz heute auf den ersten Blick
nichts den islamischen Ursprung der Kirche verrät, ist San Agustin
kein steingewordener Triumph des Kreuzes über den Halbmond, son
dern nichts anderes als die Summe einzelner Modernisierungen von
altem Baubestand.
Bauphase 11 Bauphase 11
c o r ~ "-1""" j1,-. P:: 1\
L··
· , , ,Bauphase Va/b Bauphase VI
256· TOBlAS RÜTEN IK, MARTIN GUSSONE
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ABBILDUNGSNACHWEIS
Abb. 1, 3, 5, 12, 13: Martin Gussone.
Abb. 2, 4: Tobias Rütenik.
Abb. 6: TU Berlin, Zeichnung: T. Rütenik, R. Gooßen; Vermessung: M. Gusso
ne, T. Rütenik, A. Edwardes, N. Hauck, R. Gooßen.
Abb. 7,8,9, 10, 11: TU Berlin, Zeichnung: T. Rütenik; Vermessung: M. Gusso
ne, T. Rütenik, A. Edwardes, N. Hauck, R. Gooßen.
Abb. 14: TU Berlin, Zeichnung: T. Rütenik.
ANMERKUNGEN
1 Cramer, Johannesl Düll, Siegrid: Baubeobachtungen an der Arap Camii in
Istanbul, Istanbuler Mitteilungen 35 (1985), S. 295-321.
2 Müller-Wiener, Wolfgang: Bildlexikon zur Topographie Istanbuls. Byzan
tion - Konstantinupolis - Istanbul bis zum Beginn des 17.Jahrhunderts, Tü
bingen 1977, S. 79-80 .
3 Müller-Wiener 1977, S. 79. Vgl.: Westphalen, Stephan: Die Dominikaner
kirche der Genuesen von Pe ra (Arap Camii). Griechische Maler - Lateini
sche Auftraggeber, in: Pirson, Felixl Wulf-Rheidt, Ulrike (Hrsg.): Austausch
und Inspiration: Kulturkontakt als Impuls architektonischer Innovation,
Kolloquium vom 28.-30.4.2006 in Berlin anlässlich des 65. Geburtstages
von Adolf Hoffmann veranstaltet vom Architektur-Referat und der Abtei
lung Istanbul des DAl, Mainz 2009, S. 276-291, hier S. 277.
4 Das Projekt wurde von Fernando Valdes Fernandez angeregt und in Ko-operation mit Dorothee Sack und Johannes Cramer geleitet. Die Doku
mentation vor Ort wurde in zwei Kampagnen in den Jahren 2003 und 2004
durchgeführt. Im Jahr 2003 wurden die Untersuchungen von Martin Gus
sone und Tobias Rütenik sowie Anke Edwardes (geb. Blümel), Rebecca Goo
ßen und Norbert Hauck durchgeführt, von spanischer Seite wurde das Pro
jekt von Fernando Valdes und seinem Büro Alarnut unterstützt. An der Kam-
pagne 2004 waren Martin Gussone und Tobias Rütenik beteiligt. Die Er-
gebnisse wurden in Kurzform publiziert: Gussone, Martini Rütenik, Tobias:
San Agustin, Badajozl Extremadura, Spanien. Der Standort der früheren Gro
ßen Moschee von Badajoz?, in: Sack, Dorothee et al. (Hrsg.): MSD Jahrbuch
2003-05, Berlin 2005, S. 20-21, sowie Valdes Fernandez, Fernandol Gusso
ne, Martini Rütenik, Tobias: Die Transformation von Sakralbauten in Spa
nien: Voraussetzungen, Beispiel San Agustin in Badajoz, in: Ernst-Herzfeld
Gesellschaft (Hrsg.): Beiträge zur Islamischen Kunst und Archäologie 1,
Wiesbaden 2008, S. 123-134.
5 Dazu zählen unter anderem die Untersuchung der Kirche San Miguel el AI-to in Toledo im Rahmen einer Abschlussarbeit des Masterstudiengangs
Denkmalpflege, vgl.: Gründl, Nicolel Hanusch, Annal Probst, Anikal Schä
fer, Bernadeta: Bauforschung an der Kirche San Miguel el Alto in Toledo
(Spanien), in: Ernst-Herzfeld-Gesellschaft (Hrsg.): Beiträge zur Islamischen
Kunst und Archäologie 1, Wiesbaden 2008, S. 135-144, sowie die Untersuchung von elf weiteren Pfarrkirchen Toledos als Diplomarbeit im Fach Ar-
chitektur, vgl.: Rütenik, Tobias: Transformaci6n de mezquitas en iglesias en
Toledo, desde la perspectiva de la arqueologfa arquitect6nica, in: Anales de
Arqueologfa Cordobesa 20 (2009), S. 421-443. Letzterer untersucht derzeit
ZW ISCHEN KREUZ UND HALBMOND· 257
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im Rahmen eines Dissertationsvorhabens verschiedene transformierte Mo
scheen in mehreren Städten auf der gesamten iberischen Halbinsel.
6 Westphalen 2009, S. 276-29l.
7 Oft ist der byzantinische Kirchenbau noch heute gut sichtbar. Wenigstens
20 solcher umgewandelten Kirchen sind in Istanbul bekannt; Müller-Wie
ner 1977,S. 82-83,84-96, 103-106, 118-119, 120-122, 126-131, 132-135,
140-143, 144-146, 147-152, 153-158, 159-163, 166-168, 169-171, 172-
176,177-183, 184-185, 188-189, 196-197,206-208,209-215 .
8 In Granada ist die Hauptmoschee vollständig durch die nach 1492 be
gonnene Kathedrale ersetzt. Genauso verhält es sich mit den ehemaligen
Hauptmoscheen von Toledo, Murcia oder Sevilla - nirgends sind Reste des
Vorgängerbaus zu erkennen, mit Ausnahme des Minaretts (die Giralda)
und einiger Hofarkaden der Almohadenmoschee von Sevilla und natür
lich der Kathedrale (ehemals Große Moschee) von C6rdoba. Auch klei
nere Moscheen in den Wohnquartieren fielen einem ähnlichen Schicksal
zum Opfer.
9 Dies berichtet der Chronist Ibn Hazm (geb. 994); Ocaiia Jimenez, Manuel:
Notas sobre la C6rdoba de Ibn Hazm, al-Mulk 3 (1963), S. 53-62.
10 Publikationen, die den Transformationsprozess selbst zum Thema haben,
bilden eine Ausnahme. Zu diesen gehören beispielsweise: Valor Piechotta,
Magdalena/ Montes Romero-Camacho, Isabel: De Mezquitas a iglesias: el
caso de Sevilla (Espaiia), in: de Boe, Guy/ Verhaeghe, Frans (Hrsg.) : Religion
and Belief in Medieval Europe. Papers of the ,Medieval Europe Brugge 1997'
Conference (4), Zellik 1997, S. 139-148; Valor Piechotta, Magdalena: De
mezquita a iglesia: EI caso de Almonaster, in: Actas. I Jornadas de Cultura
Islamica. Almonaster la Real 12-15 Octubre de 2000, Almonaster la Real
2001, S. 113-124 sowie Almagro Gorbea, Antonio: De mezquita a catedral.
Una adapci6n imposible, in : La piedra postrera. V Centenario de la con
clusi6n de la Catedral de Sevilla. (1) ponencias, Simposium internacionalsobre la Catedral de Sevilla en el contexto dei g6tico final, Sevilla 2007, S.
13-46.
11 Valdes Fernandez, Fernando: La mezquita privada de Abd al-Rahman ibn
Marwan al-Yilliqi en la Alcazaba de Badajoz, Cuadernos de Prehistoria y Ar-
queologia Universidad Aut6noma de Madrid 25.2, 1999, S. 276.
12 Valdes Fernandez, Fernando: La alcazaba de Badajoz. I. hallazgos islamicos
(1977-1982) y testar de la Puerta dei Pilar, Excavaciones Arqueologicas en
Espaiia, Madrid 1985, S. 22, 25 und Valdes Fernandez, Fernando: EI Arrabal
Oriental de Badajoz: bases para su cronologia, in: ders .: En torno al Badajoz
islamico. Trabajos sueltos de arqueologia andalusi, Badajoz 2001(a), S. 145,
Anm. 6. Die definitive Konsolidierung des Siedlungsplatzes erfolgte erst im
Jahr 275 H. (16. Mai 888 bis 5. Mai 899); Valdes Fernandez, Fernando: Ur-
banismo islamico en la raya de Portugal, in: ders.: En torno al Badajoz isla
mico. Trabajos sueltos de arqueologia andalusi, Badajoz 2001(b), S. 199,
Anm . 16.
13 Araya Iglesias, Carmen/ Rubio Garcia, Fernando: Guia artistica de la ciudad
de Badajoz. (4. edici6n corregida), Badajoz 2003, S. 54.
14 Als Ergebnis der Bauforschung 2003 und 2004 konnte eine relative Bau
chronologie aufgestellt werden Die spätere Zuordnung von absoluten Bau
daten zu einzelnen Phasen weist jedoch Interpretationsspielräume auf. Die
im Folgenden dargestellte Chronologie unterscheidet sich in manchenPunkten von der 2008 veröffentlichten Kurzdarstellung. Die Verschiebung
einiger Datierungen resultiert vor allem aus der Heranziehung von Ver-
gleichsbeispielen.
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15 Valdes Fernandez 1999, S. 275 Anm. 7.
16 Der Mauerwerksvergleich ist genauer dargestellt in: Valdes Fernandez et al.
2008,S. 123-134, insbes.S. 125-126.
17 Valdes Fernandez 1999, S. 275, 279, Anm. 7, 15.
18 Valdes Fernandez 1985, S. 24; Valdes Fernandez 1999, S. 279, Anm. 15.
19 Valdes Fernandez 1999, S. 279, Anm. 15.
20 Valdes Fernandez 1985, S. 24-25.21 Araya Iglesias/ Rubio Garcia 2003, S. 31, 34.
22 Araya Iglesias/ Rubio Garcia 2003, S. 57.
23 Vgl. Valdes Fernandez, Fernando: Eine unbekannte islamische Stadt: die so
genannte Burg von Cuncos (Villanueva dei Fresno, Badajoz) an der portu
giesisch-spanischen Grenze, in : Müller-Wiener, Martina et al. (Hrsg.): AI-
Andalus und Europa: zwischen Orient und Okzident, Petersberg 2004, S.
107-116.
24 Torres Balbas, Leopoldo: Alminares hispano-musulmanes, in: Cuadernos de
Arte 4 Vol. 6 (1939-1941), S. 57-90, vor allem S. 85-88; Hernandez Gime
nez, Felix: EI alminar de Abd al-Rahman III en la Mezquita Mayor de C6r
doba. Genesis y repercusiones, Granada 1975.
25 Kirchtürme sind meist an einer Seite der Kirche angefügt und im Inneren
mit dieser verbunden . Im Untergeschoss befindet sich in der Regel ein
durchgehender Raum. Sie weisen keinen massiven zentralen Kern auf. Bei
Türmen in Aragon, insbesondere in Teruel, befindet sich häufig ein Tor
durchgang im Untergeschoss.
26 Torres Balbas 1939-1941, S. 57-89; ders.: Los alminares de las mezquitas hi
spanas. Cr6nica Arqueol6gica de la Espana Musulmana 17, in: AI-Andalus
10 (1945), S. 387-392.
27 Hernandez Gimenez, Felix: Die Elle in der arabischen Geschichtsschreibung
über die Hauptmoschee von C6rdoba. Ein Beitrag zu ihrer Baugeschichte,Madrider Mitteilungen 1 (1960), S. 220, siehe dort auch Anm. 67, Anm. 68.
28 Hernandez Gimenez 1960, S. 182-223.
29 In Spanien benutzte man vor der Einführung des metrischen Systems die
Längeneinheit vara. Vgl. Maier, Jorge: Antigüedades siglos XVI-XX, Cata
logo dei Gabinete de Antigüedades, Real Academia de la Historia, Madrid
2005,49-51 und Kruse, Jürgen Eiert: Allgemeiner und besonders Hambur
gischer Kontorist, welcher von den Währungen, Münzen, Gewigten, Maas
sen, Wechsel-Arten und Usanzen der vornehmsten in und ausser Europa ge
legenen Städte und Länder, nicht nur eine umständliche Nachricht erthei
let; sondern auch solche beschriebene Münz-Sorten, Gewigte und Maassen,
zuvörderst gegen die, so zu Hamburg, hiernächst aber, in angegebenen Ta-
bellen, auch gegen die, so an anderen Orten gebräuchlich sind, genau ver
gleichet. Der vierten, oder zum drittenmal verbesserten und ansehnlich ver
mehrten neuen Auflage Erster Theil, Hamburg 1782, S. 402.
30 Die Messung der Seitenlänge des quadratischen Grundrisses erfolgte an der
Südseite des Turmes oberhalb vom Wandsockel.
31 Siehe Anm. 27.
32 Solche Strebe- und Eckpfeiler an der Außenseite der Qibla findet man bei
spielsweise an der Großen Moschee von C6rdoba oder auch an der ehema
ligen Moschee auf der AJcazaba von Badajoz, die im 19. Jahrhundert abge
brochen worden ist.33 So zum Beispiel an den cordobeser Kirchen der sogenannten ersten Gene
ration wie: San Pablo, San Pedro el Real, San Miguel, Santiago, La Magda
lena, San Pedro, San Andres, San Agustin, Santa Marina, San Lorenzo, San
Nicolas und San Hip6lito; vgl. Jordano Barbudo, Maria Angeles: Arquitec-
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tura medieval cristiana en C6 rdoba, C6rdoba 1996, vo r allem S. 285, Abb.100.
34 Ein beeindruckendes Beispiel bietet der Chor der Kirche San Andres in To
ledo , der im ersten Viertel des 16. Jahrhunderts entstand (nach 1517), Ra-mirez de Arellano, Rafael: Las Parroquias de Toledo, Toledo 1921 (Nachdr.o. ].), S. 13.
35 Mischmauerwerk mi t Backsteinkantenquaderung ohne Zwischenlagen da
tieren zum Beispiel an der Capilla de Santa Catalina der Kirche San Salvador in Toledo an die Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert und an der Ap-
sis der Capilla de la Virgen de la Esperanza der Kirche San Lucas in derselben Stadt ins Jahr 1620; Marias, Fernando: La architectura dei renacimiento en Toledo (1541-1631) 3, Toledo 1983, 20; dei Cerro Malag6n, Rafael!
Jesus Sainz, Maria/ Delgado Va lero, Clara/ Perez Higuera, Maria Teresa/ Franco Mata, Maria Angeles: Arquitecturas de Toledo (2 Bd. ), Toledo 1991, (1) S.
301-303.36 Araya Iglesias/ Rubio Garda 2003, S. 124.37 Die islamische Moschee muss bereits vor dem Einzug der Augustiner in ei
ne Kirche umgewandelt worden sein, die dem Heiligen Lorenz gewidmetwar; Araya Iglesias/ Rubio Garda 2003, S. 103.
38 In der Quelle ist explizit vo n nur einer "capilla mayor" die Rede. Der Ter
minus bezeichnet für gewöhnlich die "Kapelle", in der der Hauptaltar aufgestellt ist. Die Bezeichnung des in deutscher Sprache als Chor bekannten
Bauteils mi t "capilla mayor" ist eher Regel als Ausnahme. Stattdessen wird
mit "coro" der Aufstellungsort des Chorgestühls bezeichnet, das in spanischen Kirchen oft in der Mitte des Langhauses oder auf einer westlichenEmpore platziert wird; Araya Iglesias/ Rubio Garda 2003, S. 103.
39 Araya Iglesias/ Rubio Garda 2003, S. 124.40 Die Transeptaußenwände sind nachträglich an die Chorstrebepfeiler ange
baut.41 Dabei ist zu beachten, dass die Sterngewölbe in de n Transepten erst durch
spätere Ergänzungen von Rippen eine mit Santo Domingo vergleichbareKonfiguration erreichen bzw. vielleicht erst unter dem Eindruck des 00-
minikanerklosters (Santo Domingo) ergänzt worden sind. Somit wären
Transepte un d Vorhalle vor Santo Domingo aber sicher erst nach dem Chor
bau entstanden .42 Zur Errichtung der Sakristei an der nördlichen Außenseite des Chores
musste einer seiner Strebepfeiler fast vollständig abgearbeitet werden. Zudem wurde ein Durchgang in die Chornordwand als Zugang zur heutigen
Sakristei gebrochen.43 Dies erkennt man an kleinen Unterschieden, die das Achsmaß sowie die
Ausrichtung der Joche un d die Ausbildung der Pfeiler im Inneren und Äu
ßeren der Kirche sowie die Laibungen der Obergadenfenster aufweisen.44 So sitzt ein Strebepfeiler auf den Transeptaußenwänden auf. Zudem wird
das Stirnprofil des Triumphbogens zum Chor von den Obergadenwänden
überschnitten .45 Der obere Teil des Treppenturmes sitzt auf älteren Bauresten im Unterge
schoss auf.46 In diesem Joch wird zudem zwischen der geringeren Traufhöhe des west
lich anschließenden Mittelschiffs aus Bauphase IVb und der höheren , öst
lich angrenzenden Chortraufe (Bauphase 11) vermittelt. Offenbar wurde dieletzte Lücke zwischen den vorher entstandenen Mittelschiff und Chor geschlossen oder der Bereich musste repariert werden.
47 Araya Iglesias/ Rubio Garda 2003, S. 105.
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48 Araya Iglesias/ Rubio Garda 2003, S. 103. In anderen Publikationen werdendiese Bauarbeiten in das Jahr 1620 datiert; MeJida y Alinari 1907-1910, S.
125.49 Cruz Villal6n 1999, Anmerkungen zum Plan 28 und 29.
50 Ebd.51 Ebd. und Araya Iglesias/ Rubio Garda 2003, S. 103.
52 Dass muslimische Bürger auch nach der Reconquista weiter eine wichtigeRolle spielten beweist die Mezquita de Tornerias - die Drechslermoschee -in Toledo, die überhaupt erst errichtet wurde, als die Stadt schon ein Jahr
hundert unter christlicher Herrschaft war. Gomez Moreno, Manuel: Artemudejar Toledano, Obras maestras de la arquitectura y de la decoraci6n en
Espai'ia 2, Madrid 1916, 210; dei Cerro Malag6n et al. 1991, (1) S. 309.53 dei Cerro Malag6n et al. 1991, (1) S. 71-74; Calvo Capilla, Susana: Refle
xiones sobre la mezqui ta de Bäb al-M ardOm y la Capilla de Belen (Convento de Santa Fe) de Toledo a la luz de nuevos da tos, in: Asociaci6n de Amigos dei Toledo Islämico (Hrsg.): Entre el Califato y la Taifa: Mil ai'ios dei Cristo de la Luz. Actas dei Congreso Internacional Toledo, 1999, Toledo 2000,
S.335-336.54 Überlegungen zur Symmetrie des islamischen Ursprungsbaus und des an
gefügten Chores benutzt auch Fernando Valdes zur Rekonstruktion des ersten und zweiten Bauzustands der Privatmoschee auf der Alcazaba von Ba
dajoz; vgl. dazu Valdes Fernändez 1999, S. 277-278, 283.
55 Das Siebenfache des Abstandes zwischen den Mittelachsen der Wandvorlagen entspricht dem Abstand zwischen der südöstlichen Qibla-Begrenzung
und der Ostwand des Turmes, wenn man wie üblich eine größere Breite fürdas Mittelschiff des Gebetssaales einberechnet.
56 Vgl. Delgado Valero, Clara: EI ciaustro mudejar de la iglesia de San Andres,
in: Toledo. Arqueologiaen
la ciudad,Tol
edo
1996, 35-39; dei Cerro Malag6n et al. 1991, (2) S. 277.
57 Ähnliches lässt sich in der "neuen" Kathedrale von Badajoz beobachten.Auch hier wurde der zweite Teil einer Doppelturmfront niemals ausgeführtund hat eine vergleichbare Situation hinterlassen; Araya Iglesias/ Rubio Garda 2003, S. 55.
58 Chorhaupt und Doppelturmfront fügte auch Abt Suger der bestehenden
Abteikirche Saint Denis hinzu.
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