rights / license: research collection in copyright - non ......zugfestigkeit des bleies. 220 kg pro...
TRANSCRIPT
-
Research Collection
Doctoral Thesis
Untersuchungen über einige physikalische Eigenschaften desPferdehufhornes
Author(s): Sautier, Charles
Publication Date: 1913
Permanent Link: https://doi.org/10.3929/ethz-a-000099680
Rights / License: In Copyright - Non-Commercial Use Permitted
This page was generated automatically upon download from the ETH Zurich Research Collection. For moreinformation please consult the Terms of use.
ETH Library
https://doi.org/10.3929/ethz-a-000099680http://rightsstatements.org/page/InC-NC/1.0/https://www.research-collection.ethz.chhttps://www.research-collection.ethz.ch/terms-of-use
-
UNTERSUCHUNGENÜBER EINIGE
PHYSIKALISCHE EIGENSCHAFTEN
DES
PFERDEHUFHORNES
VON DER
EIDGENÖSSISCHEN TECHNISCHEN HOCHSCHULEIN ZÜRICH
ZUR ERLANGUNG DER
WÜRDE EINES DOKTORS DERNATURWISSENSCHAFTEN
GENEHMIGTE
PROMOTIONSARBEIT
VORGELEGT VON
CHARLES SAUTIER
AUS LUZERN
REFERENT: HERR PROF. DR. E. ZSCHOKKE
KORREFERENT: HERR PROF. H. MOOS
m
LUZERN
42 BUCHDRUCKEREI J. SCHILLS ERBEN1913
-
Curriculum vitae.
In Luzern am 19. Nov. 1883 geboren, besuchte ich da¬
selbst die sechs Primarschulklassen und schloss meine Gym¬nasialstudien mit der Luzerner Maturitätsprüfung ab. Hierauf
hörte ich drei Semester naturwissenschaftliche Vorlesungen an
der Universität Zürich. Während vier Semestern studierte ich
an der landwirtschaftlichen Abteilung der EidgenossischenTechnischen Hochschule, worauf ich mir das landwirtschaftliche
Diplom erwarb. Zur Erlangung der Doktorwürde war ich längereZeit in den Laboratorien der Herren Prof. Dr. Zschokke und
Prof. Dr. Zangger tätig, um die für nachstehende Arbeit nötigenVersuche auszuführen.
-
MEINEN LIEBEN ELTERN
GEWIDMET
MBH
-
Leer - Vide - Empty
-
Einleitung.
Der Zweck vorliegender Arbeit ist die Untersuchung des
Verhaltens der Hornsubstanz gegen Kräfte, die in Form mecha¬
nisch wirkender, schädigender Einflüsse sich manifestieren, wie
Biegungs-, Kompressions-, Torsionselastizität und Abnützung.Des fernem will die Arbeit feststellen, welche Verände¬
rungen durch Lösungen, die auf das Horn einwirken, verursacht
werden, um daraus schliessen zu können, ob Ansichten der
Praxis hierüber stichhaltig sind, oder ob Agenden nur scheinbar
einen schädlichen oder nützlichen Einfluss auf das Hufhorn
haben, und um endlich neue Gesichtspunkte für die Technik
zu finden. Es war leider nicht möglich, die im zweiten Ab¬
schnitt gefundenen Resultate mit denen des ersten Abschnittes
zu kombinieren, da teils Lösungen verwendet wurden, die
Eisen angreifen, also die Untersuchungsmaschinen beschädigt
hätten, teils aber, weil bei ersteren Untersuchungen möglichstmathematisch genaue Probekörper verwendet werden mussten,die vorerst von einem Drechsler herzustellen waren, und die
nicht mehr angezeigt hätten, wie das äusserste oder innerste
Horn sich verhalte ; denn diese Partien wären bei der An¬
fertigung der Probestücke entfernt worden, und die Unter¬
suchungen hätten sich dann nur auf die mittlere Hornschicht
beziehen können, die in der Natur nie äusseren Einflüssen aus¬
gesetzt ist, ganz abgesehen davon, dass die Probestücke durch
die Agentien wieder teilweise aus der genauen Form gebrachtworden wären.
-
Leer - Vide - Empty
-
A. Elastizitäts- und Festigkeits-Untersuchungen.
Vor dieser Arbeit wurden, soviel mir bekannt, keine ähn¬
lichen Versuche an Hufhorn ausgeführt. Allerdings wurden
vielfach Abhandlungen über Hufmechanik im „Hufschmied"veröffentlicht, doch zeigen diese nur an, dass der Huf beim
Heben und Abstellen sich etwas zusammenzieht resp. erweitert,
jedoch sind diese Versuche nicht mit den hier folgenden zu
vergleichen, wie aus weiterem ersichtlich.
Diese Untersuchungen boten die grössten technischen
Schwierigkeiten; denn um möglichst genaue und einwandfreie
Resultate zu erhalten, durften hierzu keine Mittel verwendet
werden, bei denen subjektive Schätzung irgendwelche Rolle
spielte. Bei solchen Voraussetzungen konnte nur eine Material¬
prüfungsanstalt, wie z. B. die an der eidg. technischen Hoch¬
schule, in Frage kommen.
Eine weitere Schwierigkeit bestund nun aber auch darin,mit den Maschinen, die zur Prüfung von Baumaterialien be¬
stimmt waren, so kleine Probestückchen zu prüfen, wie sie aus
Hufhorn erhalten werden können. Herr Professor Dr. Schule,
Direktor der Materialprüfungsanstalt, dem ich für sein Entgegen¬kommen hier meinen Dank aussprechen möchte, ermöglichte
mir, einige Versuche, wenn auch leider nur in etwas beschränkter
Zahl, vorzunehmen.
In der Materialprüfungsanstalt wurden Resultate über Zug-,Druck- und Torsionsfestigkeit, sowie die über den Abnützungs¬widerstand des Pferdehufhornes gewonnen. Für die Bestim¬
mung der Elastizitätsfestigkeit waren leider keine für so kleine
Dimensionen verwendbare Maschinen vorhanden.
-
— 8 —
Um trotzdem Versuche darüber anstellen zu können, wandteich mich an Herrn Dr. Weiss, Professor der Physik an der eidg.
physikalischen Anstalt, der mich in seinem Laboratorium dieseArbeiten ausführen Hess. Auch ihm spreche ich hier den schul¬
digen Dank aus.
I. Prüfung auf Biegungs-Elasfizifäfsfesfigkeifdes Pferdehufhornes.
Elastisch ist ein Körper dann, wenn er nach bestimmter
erlittener Formänderung in seine frühere Gestalt wieder zurück¬
kehrt, sobald die formändernde Kraft zu wirken aufgehört hat.Um die Elastizität zu bestimmen, wurden folgende Ver¬
suche angestellt:Ein Stäbchen aus Horn, dessen Kanten und Flächen auf
das peinlichste genau ausgearbeitet und geglättet waren und
das im Querschnitt ein Rechteck bildete, wurde in der einem
Kathetometer gegenüberstehenden Wand eingeschraubt, nachdem
vorher die Höhe, Breite und der Abstand von den Klemmen,
mit denen das Stäbchen festgehalten wurde, bis zum Angriffs¬
punkte des Gewichtes gemessen worden war.In der Stirnfläche des Stäbchens war ein geritzter, feiner
Strich, auf den das Fadenkreuz im Kathetometer eingestelltwurde. Hierauf erfolgte die erste Ablesung, also in unbelastetem
Zustande des Stäbchens; dann wurde ein Kilogramm an das
Hornstäbchen gehängt, das Fadenkreuz wieder eingestellt und
die zweite Ablesung vorgenommen, worauf die Differenz zwischen
den zwei Ablesungen festgestellt werden konnte. Hierauf
wurden auf dieselbe Weise die Veränderungen gesucht bei
einer Belastung von i1/-' kg, dann 2]/2 kg, hernach wieder
i'/s kg, dann i kg und endlich wieder der unbelastete Zu¬stand hergestellt.
Der Elastizitätsmodul wurde nun nach der Formel
4 PL3E =
-pp-rjg ermittelt, wobei L — die Länge, B = die Breite,
H = die Höhe des Stäbchens, P = die mittlere Belastung und
X — die mittlere Einbiegung darstellt.
Es wurden 40 Versuche zur Bestimmung der Elastizität
gemacht und zwar 16 bei der Belastung 1 kg, 16 bei der Be-
-
— 9 —
lastung I1/« kg und 8 bei der Belastung 2l/t kg. — Von den
zwei ersten Versuchsreihen wurden je 8 bei zunehmender und
je 8 bei abnehmender Belastung ausgeführt.Es zeigten sich sehr grosse Schwankungen der Elastizität
des Pferdehufhornes: von 20,000 bis 900 kg, bezogen auf die
Grundmasse des Zentimeter-Gramm-Sekunden-Systems nach der
oben angegebenen Formel, wobei z. B.
P = 1500 gr
L = 4,4 cm
X = 0,8 cm (mittlere Einbiegung)B = 1,55 cm
H = 0,76 cm
Dieses sind die grössten Schwankungen, die auftraten, und
die sicherlich nicht als normal öfters vorkommende Erschei¬
nungen taxiert werden können, denn sie wurden nur in
zwei Fällen gefunden ; die übrigen Resultate stunden sehr nahe
dem unten angegebenen Mittel. Sie dürften als Folgen von
Störungen der Hufhornelastizität durch Löcher, die die Be¬
schlagnägel im Innern der Probestücke verursacht haben
mögen, angesehen werden. Nicht undenkbar ist auch, dass
Versuchsfehler vorlagen. Die Ablesung mit dem Katheto-
meter wurde nämlich dadurch erschwert, dass die Hornfarbe den
geritzten Strich, welcher auf der mit Kreide weissgemachtenStirnfläche des Stäbchens gezogen war, nicht absolut genau er¬
kennen Hess. Zudem konnte der Strich wegen der Faserstruktur
des Hornes nicht immer haarscharf gezogen, werden.
Von den 40 Versuchen sollen nur 5 angeführt werden,
die das Mittel aus 8 gleichartigen Versuchen darstellen.
Mittelversuch, berechnete Elastizitätsmodule als Mittel von
8 Messungen1. 3870,655 kg, bei einer Belastung von 1 kg2. 2724,65 „ „ ,, ,, „ i1/2 „
3- 2131,75 „ „ „ „ „ 2V2 ..
4. 2362,36 „ „ „ ,, „ i'/ü „
5- 3511.587 „ „ „ „ „ 1 „Aus dieser Tabelle ist leicht erkennbar, dass mit Zunahme
der Belastung einerseits die Elastizität ziemlich rasch abnimmt,und anderereseits eine umso längere Zeit erforderlich ist, um eine
-
— IO —
Deformation nach Aufhören der deformierenden Kraft (elastische
Nachwirkung), wieder auszugleichen. Übrigens ist nicht aus¬
geschlossen, dass der Elastizitätsmodul des Homes ante mortem
grösser ist.
Es ist evident, dass sich die physikalischen Eigenschaftender Gewebe nach dem Tode ändern, weshalb die vorliegenden
Untersuchungen, die natürlich nur am toten Horn vorge¬nommen werden konnten, nicht ohne alle Einschränkung auf
das lebende übertragbar sind. Doch ist ebenfalls anzunehmen,dass diejenigen Körperteile, die während des Lebens am
wenigsten fortwährendem Werden und Vergehen unterliegen, wie
das von der Hornsubstanz gilt, sich auch nach dem Tode nur
langsam verändern. Zudem wurde beständig darauf Rücksicht
genommen, dass zu den Versuchen stets möglichst frisches
Horn zur Verwendung kam ; somit ist anzunehmen, dass die
Differenzen zwischen lebendem und totem Horn nicht sehr
grosse sind.
Der Elastizitätsmodul gibt uns jene Belastung in kg an,welche an einem Drahte des betreffenden Materials von i mm2
Querschnitt, angebracht werden müsste, damit dieser Draht auf
die doppelte Länge -gebracht wird, vorausgesetzt, dass die
Elastizitätsgrenze so weit reicht
Zum Vergleiche mögen hier die Elastizitätsmodule einigeranderer Körper folgen. Es ist dabei zugleich auch ersichtlich,wie gross die Schwankungen in den Angaben sind:
LommelE. Jochmannu. Ö. Hermes
Silber 73OO 7HO
Gold 8OOO S5§4Platin I7OOO I55I8
Kupfer I2000 IOSI9Eisen IÇOOO 20794
Stahl 2IOOO 17278
Messing 9OOO —
Neusilber I2000 —
Blei 18OO 1727
Glas 65OO —
Für die Grenze der Elastizität bei Drähten von 1 mm2
Querschnitt vergleiche folgende Zahlen:
RosenbergSchwan¬
kungen
7400 260
— 2416
I7OOO 1482
I2400 l88l
2IOOO 2000
I9OOO 3722
73n
-
— II —
Grenze der Elastizität
Blei 0,25 kgZinn 0,45 p
Zink 0,75 »
Gold. :3Ö J5
Silber. 11,25 „
Kupfer I 2,00 „Platin
. 26,0 „
Eisen. 32»5 n
Stahl. 42,5 „
Gussstahl 55-6 „
II. Traktionsfestigkeit, Zug- oder absolute Festigkeit.
Die Traktionsfestigkeit wird gemessen durch die Anzahl
von Kilogrammen, welche notwendig sind, um einen Stab oder
Draht von 1 mm2 Querschnitt zu zerreissen, cfr. Lommel (1).Die folgenden Versuche wurden mit der Zerreissmaschine
von Mohr & Federhaff, Mannheim, ausgeführt.Das Horn betraf ausschliesslich Wandhorn und zwar in
seiner ganzen Länge, d. h. 6—8 cm.
Das Horn musste für die Zwecke des Versuches zu einer
runden Säule gedreht werden, die an beiden Enden, zur Be¬
festigung an den Einspannköpfen, mit einem Kopfe versehen
war.
Versuche über Traktionsfestigkeit.
3-
4-
Durchmesser Querschnitts-der Säule
cm
0.77
0,84
0,62
0,72
fläche
cm'
0,466
0,554
0,30I
0,407
Wandhorn.
Belastung Zugfestigkeitbei Bruch pro cm1
(in P-t)
0,l8l
0,194
0,152
0,24I
kg
3,
Anmerkungen
Zerreissen am Ueber-
tansr von Säule zum
iopf
3,50 Zerreissen wie bei 1.
Dehnung nach Bruch
pro 5 cm = 2 mm.
5,06 Zerreissen wie bei 1.Dehnung nach Bruchpro 5 cm = 0,4 mm.
5,92 Zerreissen wie bei 1.
Dehnung nach Bruchpro 5 cm = 2 mm.
-
— 12
Durchmesser Querschnitts-
5-
6.
der Säulecm
0,66
0,72
fläche
cm!
o,33r
0,407
Belastungbei Bruch
(in P-t)
0,160
0.186
Zugfestigkeitpro cm!
kgAnmerkungen
4,83
4,57
Zerreissen wie bei 1.
Dehnung nach Bruchpro 5 cm nicht nach¬
weisbar.
Zerreissen wie bei 1.
Dehnung nach Bruchpro 5 cm nicht nach¬
weisbar.
Berechnetes Mittel aus 1—6:
0,72 0,407 0,1856 4,63
Diesen Befunden gegenüber mögen zum Vergleich nach¬
folgende von H. Burchartz, an der Delmenhorster Linoleum¬
fabrik, gemachte Versuche angeführt werden:
Linoleum (Mittelversuch): Länge = 60, Breite = 150,Dicke = 36; 54,00 cm2 = Querschnittsflaehe, 0,348 kg = Be¬
lastung bei Bruch, 64,66 kg = Zugfestigkeit pro cm2.
Zugfestigkeit des Bleies . 220 kg pro cm
yt *'Zinns
. .260
,, )' M
rt >»Goldes 2700 „ 11 f»
,, »Silbers 2900 „ 11 fl
r »Platins 3600 . r P
v » Kupfers 4000 „ n J!
ft p Messings . 6000 „ n V
n nEisens
. 6300 „ « V
»î Î?Gussstahls 8300 „ n r
III. Torsionsfestigkeit.
Die Torsionsfestigkeit wird gemessen durch die Anzahl
von Kilogrammen, welche notwendig sind, um bei bestimmter
Tourenzahl eine runde Säule von 1 mm2 Querschnitt ausein¬
anderzudrehen.
Die Versuche wurden mittelst der Torsionsmaschine für
Drähte und Bleche mit Diagrammapparat von J. Amsler-Latter
& Sohn, Schaffhausen, ausgeführt.Die folgende Erläuterung wurde der Erklärung entnommen,
welche der Maschine beigegeben war.Die Maschine dient zum Verwinden von Drähten von 0—8 mm
Dicke und von Blechstreifen bis zu 20 mm Breite.
-
— i3 —
Die zum Verwinden nötige Kraft, das „Torsionsmoment", wird an-
einem Zifferblatt abgelesen. Ausserdem zeichnet ein Schreibstift ein
Diagramm, das den Zusammenhang zwischen Verwindung und Tor¬
sionsmoment darstellt.
Die Enden des Probedrahtes oder -bleches werden durch passend
geformte Keile in zwei Futtern festgeklemmt, deren Entfernung von
o—35 cm beliebig eingestellt werden kann.
Das Futter links wird durch die Kurbel gedreht und verwindet
den Draht. Die Anzahl der Verwindungen überträgt sich durch die
Kurbelwelle auf einen Zähler. Ausserdem können die Hundertstel einer
Verwindung an der Kurbelwelle selbst abgelesen werden.
Eine einfache UmStellvorrichtung an der Kurbel erlaubt, das
Futter rasch oder langsam zu drehen.
Das Einspannfutter rechts sitzt auf der Drehachse des Armes, der
unter dem Maschinengestell sichtbar ist, und am untern Ende Gewichte
trägt. Arm und Gewicht zusammen bilden ein schweres Pendel. Die
Achse des Pendels ist leicht drehbar gelagert.
Wird der Draht verwunden, so hat er das Bestreben, auch das
Futter rechts zu drehen und das Pendel des auf den Probedraht wir¬
kenden Torsionsmomentes. Eine Einteilung am Lagpr des Pendels
zeigt die Grösse der Pendelneigung an; diese muss bei genauer Er¬
mittlung der Verwindung berücksichtigt werden.
Die Bewegung des Pendels überträgt sich auf eine geteilte Scheibe,,die das Torsionsmoment in Zentimeter-Kilogramm anzeigt. An einem
Nonius können noch Zehntel davon bequem abgelesen werden.
Bei voller Belastung des Pendels misst der Apparat Torsions¬
momente bis 600 Zentimeter-Kilogramm — 6 Meter-Kilogramm.
Bei schwachen Probedrähten nimmt man eines oder beide An¬
steckgewichte weg, um die Empfindlichkeit des Pendels zu steigern.Eine Stange mit Schreibstift verschiebt sich bei der Pendelbewegunghorizontal auf einer Trommel und zeichnet auf einem Papierblatt eine
Linie, deren Länge proportional zum Ausschlag des Pendels, also auch
proportional zum Torsionsmoment ist.
Die Trommel wird dabei von der Kurbelwelle in gleichmässigeUmdrehung versetzt. Das vom Schreibstift auf dem Papierblatt ge¬zeichnete Diagramm erlaubt daher, das jedem Drehwinkel entsprechendeTorsionsmoment zu ermitteln. Das Pendel samt dem Diagrammapparatwird von einem Wagen getragen, den man der Länge des Probedrahtes
entsprechend auf dem Tisch der Maschine verschieben und dann aneinem Winkelhebel anhängen kann, dessen horizontaler, durch ein
Gewicht belasteter Arm das Bestreben hat, den Wagen nach rechts zuziehen und den Probedraht zu spannen. Durch Verschiebung des Ge¬wichtes lässt sich die Spannung des Drahtes verändern.
Ein Hebel von bestimmter Länge, der an einem Ende im Futter
-
— 14 —
rechts befestigt ist und am freien Ende eine Wagschale trägt, dient
zur Kontrolle der Maschine.
Torsionsarbeit total = A = 2 n. N.
Torsion per cm' =——-
n = Anzahl Verwindungen beim Bruch.
M — Torsionsmoment.
V = Volumen des Drahtes.
Torsionsfestigkeit = verdrehende Kraft mal Hebelarm.
Nach Ueberwindung einiger technischer Schwierigkeiten,wie diejenige des Einspannens der kleinen Probekörper in die
Torsionsmaschine, wurden vier Torsionsversuche gemacht. Der
Probekörper war eine gedrehte Hornsäule, an deren beiden
Enden sich je ein Einspannkopf befand.
Vor-Versuck la:
Durchmesser des Probekörpers 0,72 cm
Länge zwischen den Köpfen 5,50 cm
Touren (Anzahl der Verwindungen) 2,2
Torsionsfestigkeit (bis zum gänzlichen Auseinander¬
drehen des Probekörpers) 40,4 kg
Der Probekörper wurde dabei stark wellenförmig deformiert,
und diese Deformation blieb infolge der geringen Elastizität
des Hornes teilweise auch nach dem Versuche.
Das Auseinanderdrehen erfolgte beinahe in der Mitte der
Probesäule.
Versuch ib:
Durchmesser des Probekörpers . . 0,7 cm
Querschnittsfläche des Probekörpers 0,38 cm2
Länge zwischen den Köpfen . . . 5,60 cm
Torsionsmoment 54>30 cm
Touren 2,2
Koeffizient*) 0,863
Torsionsfestigkeit 54,30*0,863 = 46,861 kg
•) c = 7ElAH; z. B. c = 3d4-A7Ii££== 0,8631 5.6
-
- is —
Moment und Koeffizient werden aus dem Diagramm ge¬
funden.
Versuch 2:
Durchmesser des Probekörpers . . 0,60 cm
Querschnittsfläche des Probekörpers 0,28 cm2
Länge zwischen den Köpfen . . . 5,50 cm
Torsionsmoment 26,60
Touren 2,1
Koeffizient 0,722
Torsionsfestigkeit 26,6*0,722=19,205 kg
Diese sehr grosse Schwankung war wirklich vorhanden,
denn sie wurde vollständig maschinell gefunden.
Versuch j:
Durchmesser des Probekörpers . . 0,64 cm
Querschnittsfläche des Probekörpers 0,32 cm2
Länge zwischen den Köpfen . . . 5,55 cm
Torsionsmoment 36,9Touren
. . .
• 2,4
Koeffizient 0,869
Torsionsfestigkeit 36,9*0,869 = 32,066 kg
IV. Kompressiortsfesfigkeif.
Die Kompressionsfestigkeit wird gemessen durch die An¬
zahl von Kilogrammen, welche notwendig sind, einen Kubus
von 1 cm2 Kante und Länge vollständig zusammenzudrücken.
Diese Versuche wurden mit einer exakt konstruierten
hydraulischen Presse ausgeführt und die Masse mit einem
Messzirkel festgestellt.
Man stellte stets zwei Probekörperchen aus demselben
Pferdehufe her und konstatierte den Druck sowohl senkrecht
als auch in der Längsachse der Hornrichtung.
-
— i6 —
Mittelversuch aus je ß Versuchen.
Wandhorn.
Versuch a.
Länge
bei
1,557) Breite 1,59,
Höhe 2,925
Versuchsbeginn.
:lastungkg
Höhe des
Körperscm
O 2,925
IOO 2,917
20O 2,905
3OO
4OO
2,887
2,875
5OO
60O
2,855
2,840
7OO
800
2,822
2,805
90O 2,777
IOOO 2,727
O 2,835IOOO 2,700
1200 2,617
1400
1600
2,445
2,250
1800 2,045
1900 1,9670 2,116
Versuch b.
Länge 1,073, Breite 1,093,Höhe 2,087
bei Versuchsbeginn.Höhe des
?lastungkg Körpers
cm
O 2,087IOO 2,078200 2,070
300 2,053
4OO 2,033
500 2,OI7
6OO [,977
7OO 1,8978OO 1,560
900 i,377
IOOO 1,2830 1,417
Versuch a:
Maximalbelastung . . 4686,7 kg
Versuch b :
Maximalbelastung . . . 2080 kg
Die Maximalbelastung ist die¬
jenige, bei der jeglicher Wider¬
stand der Hornsubstanz gegen
Druck verschwindet und dauernde
Deformation eintritt.
Versuch a zeigt pro cm2 Druckfläche des Hornes 1874,6 kgfVersuch b 1733,3 kg Kompressionsfestigkeit.
Bei diesen Mittelversuchen kommt bei einer allmählichen
Belastung bis 1000 kg die verschieden grosse Abnahme der Höhe
des Probekörpers sehr deutlich zur Geltung. Versuch b zeigteine 3,38 mal stärkere Höhenabnahme als Versuch a. Wir
müssen allerdings bei Versuch a berücksichtigen, dass hier jedrei Stücke zusammengeleimt sind, dass also der Zusammen-
schluss nicht so gut ist wie bei Versuch b.
-
- 17 —
V. Abnützung.
Eine der wichtigsten Fragen für jeden Pferdezüchter und
-halter ist die über die Abnützung der Hufhornsubstanz. Zwar
weist die Literatur, wenn auch selten, Mitteilungen auf, dass
Pferde, die täglich sowohl auf dem Lande, als auch, was besonders
beachtenswert, auf gepflasterten und bekiesten Strassen zur
Arbeit verwendet wurden, niemals beschlagen werden mussten
und dass trotzdem der normale Nachwuchs des Hufhornes der
Abnützung desselben die Wage hielt, dass also solche Pferde
die normale Hufgrösse dennoch behielten. Die meisten Pferde
aber haben ein zu geringes Hornwachstum gegenüber der Ab¬
nützung auf Strassen. (Ueber Hornwachstum cfr. Literatur¬
angaben 2, '3, 4, 5, 6.) Von Bedeutung ist zudem die Wand¬
dicke, die ich von i—21/« cm ') fand.
Der Widerstand gegen Abnützung wurde ebenfalls an der
eidg. Materialprüfungsanstalt festgestellt und zwar mittelst der
Schleifmaschine.
Ein Probekörper mit ebener Grundfläche von bestimmter
Grösse wird unter bestimmtem Druck auf einer gusseisernen
Unterlage gleiten gelassen und beständig ein Schleifmittel
(Schmirgel) unter den Probekörper geleitet.Die Schleifscheibe wird von einer vertikalen Scheibe durch
zwei in sich geschlossene Schraubenfedern angetrieben, deren
Elastizität zur Messung der Schleifarbeit dient. Diese wird auf
dem Zähler abgelesen, der rechts unterhalb der Schleifscheibesich befindet.
Ueber der Schleifscheibe liegt ein fester Rahmen. Er trägtzwei Steinhalter (sodass gleichzeitig zwei Probekörper geprüftwerden können), einen Zähler mit Glockenzeichen (das nach je
iOoUmdrehungenderSchleifscheibe ertönt), zwei Sandbüchsen mit
regulierbarer Ausflussöffnung, ein Wassergefäss und zwei Sy¬steme Bürsten, die den frischen Schleifsand den Probesteinen
') Es spielen da neben individuellen auch statische Momenteeine grosse Rolle. Die Wanddicke ist in ausschlaggebender Weise vonder Winkelung abhängig. Vide Schwyter (7). Es kommen besondersin Betracht: Die Beschaffenheit der Bewegung, der Bahn, des Be¬
schlages etc.
-
— i8 —
zuführen und den verbrauchten Sand in die Rinnen ausserhalb
der Schleifscheibe wischen.
Der zu prüfende Stein wird von vier Klemmbacken ge¬halten und ist behufs Messung leicht wegnehmbar. Der Stein¬
halter ist sowohl drehbar als auch vertikal beweglich. Er wird
von der Achse der Schleifscheibe aus durch ein Schnecken¬
getriebe in langsame Umdrehung versetzt und zwar so, dass
eine Umdrehung des Steines 50 Umdrehungen der Schleif¬
scheibe entspricht. Oben auf dem Steinhalter werden Guss¬
eisengewichte zur direkten Belastung der Steine gesteckt. Sind
keine Gewichte gesteckt, so beträgt das Eigengewicht des
Steinhalters 10 kg. Die Drehbewegung des Steines ist für die
Gleichmässigkeit des Abschleifens von Wichtigkeit, da sie das
Einreissen von Furchen in die Schleifbahn des Steines verhütet.
Nach Angabe des Chefs dieser Untersuchungsabteilungder eidg. Materialprüfungsanstalt nimmt bei Linoleum der Ab
nützungswiderstand mit dem grösseren Fettgehalte der Probe
zu. Dasselbe dürfte auch vom Hufhorn gelten, wohl auch
ein Punkt, worauf bei der Zuchtwahl und Hufbehandlung
geachtet werden dürfte.
Die verwendeten Probestücke waren folgendermassen her¬
gestellt: Es wurden drei Wandhornstreifen aneinander und die
so entstandene Platte auf einen Holzwürfel geleimt. Bei Sohlen-
und Strahlhorn waren die Probekörperchen aus einem Stücke
gefertigt.Das untersuchte Horn stammte, wie bei allen Versuchen,
von Pferden des mittelschweren Zugpferdeschlages und kam so
frisch wie möglich zur Untersuchung (ca. 3 Tage nach der
Schlachtung).Das Versuchsstück wurde je nach 30 Touren um 90 ° ge¬
dreht, damit die Abnützung gleichmâssig erfolge. Doch zeigtesich bald, dass diese geringer war, wenn die Reibung mit dem
Hornröhrchenverlauf wirkte, als wenn sie quer zu demselben
vor sich ging. Deshalb wurden bei letzterer Einschaltung nur
20 Touren gemacht und dann gewechselt, bei ersterer aber 30.
-
— ig —
Mittel der Dicke tr¬ *t'¬
en 1-1 * _, 03 0 10
1_ bder Abnutzung
io
O00
0CT
0CO
0CO
010
0 0 010
0
eine törpein cm O 0 0 0 0 0 0 0 0
c _;
N '—'
| J ^
CO ^H r-i CT 1-1 0 CT i-H 1-1
S 2
10 CO co CO CD 10 U5 * CD0
0"q0"
0
0*0
0"O
O*0
0"q_d"
0
dO
o *">
v
<Ä ^ 00 0 r- CO 00 CT 00 CO CO10 CO CT CO 10 lO * • 10 00
M 10 CO CO CT r- lO * CO f0
"*0 0 0 O O O 0 0 0
E 0
Q 0 0 0 O *_* O 0 0 0
2- Mittel der 3 Ab¬CT
CO
COCO
CO
CO
CD
CO
CO
r-
05
lO
CO
10
CD
CD
mite
kg
au schliffe in gr 0 0 0 O O O 0 O O'
iH CO 10 c- O C— 0 0 OS «° sc S CO CO CO co c~ lO CD >* r—OO O C — 0 0 0 0 O O O O O
ehun von N E t~:3 0 =5 ^ ÄÄ
.-, 0
< & - .3
00 CT 0 CO cc O O O 10•u g?E 3
CD CO
0"CO
0"CO
d 0"CD lO 10
0"CO
d*' 10
-
— 20 —
Da diese Festigkeitsresultate sich in wenig fasslichen Zahlen
präsentieren, so wäre es angezeigt gewesen, sie mit solchen,
anderer Körper zu vergleichen. Allein es war nicht möglich,,unter gleichen Bedingungen gefundene zu erhalten.
Um wenigstens zu zeigen, dass in Verlauf und Ursache
Uebereinstimmung besteht, seien solche mit Linoleum erwähnt.
H. Burchartz führt in den Mitteilungen aus den königlich¬technischen Versuchsanstalten in Berlin, 1899, pag. 285, nach¬
stehende Abnützungsfestigkeit von Linoleum an.
Versuchsbedingungen: Belastung 30kg, Schleiffläche 7,1 »7,1 cm,Touren 440.
Es wurden zu gleicher Zeit, zwei Propekörper (I und 11).untersucht.
Abnutzung: Mittel 1,80 gr 2,2 cm
1,90 „ 1,6 „
i,3° >, 1,1 n
Umdrehungen 110 220 230 440
Versuch AProbekörper I 0,25
0,30
0,45
0,50
0,55
0,60
0,50
o,45
Versuch BProbekörper I
II
0,40
0,40
0,40
0,50
0,50
0,50
0,50
0,50
Probekörper I 0,20 0,30 0,40 0,40
„II 0,30 0,30 0,30 0,30
Zusammenfassung und Schlussfolgerungen aus den
Festigkeitsversuchen.
1. Die Elastizitätskonstante wurde mittelst 40 Versuchen
geprüft bei ansteigender und abnehmender Belastung und zwar
betrug dieselbe r, i1/», 2'/2, i'/s, 1 kg. Je acht Versuche wurdenbei gleicher Belastung ausgeführt. Die acht rechteckigen Horn-stäbchen blieben bei allen Versuchen dieselben.
Die Elastizitätsfestigkeit schwankte zwischen j
-
— 21 —
2. Die Traktionsfestigkeit. Das Mittel aus sechs Versuchen
ergab bei 0,72 cm Säulendurchmesser, 0,407 Querschnittsfläche,
0,186 kg Belastung 4,63 kg Zugfestigkeit pro cm2.
3. Die Torsions/estigkeit. Im Mittel von drei Versuchen
war bei 0,6 cm Durchmesser, 0,28 cm2 Querschnittsfläche der
Probe, 5,55 cm Länge zwischen den Köpfen, 2,23 Touren,einem Moment von 39,27 und einem Koeffizienten von 0,818
die Torsionsfestigkeit 32,71 kg.
4. Kompressionsfestigkeit. Zwei Mittelversuche aus je fünf
Versuchen, wobei die Versuchsreihe a bei einem senkrecht auf
die Hornröhrchen wirkenden Drucke, b bei einem in der Längs¬achse derselben wirkenden ausgeführt wurde, stellten eine Kom¬
pressionsfestigkeit von 1874,6 kg (a) und 1733,3 kg (b) procm2 fest.
5. Abnützung. Bei einer Schleiffläche von 9,00 cm2 ergabWandhorn 0,36—0,62 gr pro Abschliff oder 0,031—0,057 cm>Sohlenhorn 0,33—0,64 gr oder 0,0297—0,055 cm> Strahl 0,73 groder 0,064 cm Abnützung.
Es ist hieraus ersichtlich, dass die fünf Hornfestigkeitenüberraschend gering sind; wenn nicht beständige Regeneration
erfolgte und kein künstlicher Hufschutz (Eisen) möglich wäre,so wären die meisten unserer Arbeitspferde nur wenig für den
Zug auf gepflasterter Strasse brauchbar. Es erklärt sich daraus
die frühe Anwendung von Schutzvorrichtungen in Form der
Hipposandalen 1).
Es sei hier auch darauf aufmerksam gemacht, dass die fünf
Versuchsreihen, wie begreiflich, nur an Hornstückchen, nicht
aber an einem ganzen, vollständig intakten Hufe ausgeführtwurden (letzteres wäre experimentell mit den vorhandenen
Maschinen gar nicht möglich gewesen). Deshalb dürften die
gefundenen Resultate nur auf die Frage über Abnützung beim
') Eine weitere Frage bleibt zu beantworten, ob nämlich durch
Uebung und damit verbundene gleichzeitige Erhöhung der wirkendenKraft der Widerstand gegen Deformationen des Homes erhöht werden
könne. Dieses tritt z. B. bei Guttapercha (Kautz) und Leder (Bach) ein.Bekanntlich kann man auch Papier widerstandsfähiger machen, wennman es wiederholt sehr stark nach verschiedenen Richtungen zusammen¬knittert.
-
— 22 —
intakten Huf vorbehaltslos die richtige Antwort geben, nicht
aber hinsichtlich der andern Festigkeitswerte, denn der Huf
hat die Gestalt eines Rundbogens, der auf elastischen, beweg¬lichen Fundationen ruht. Diese durch Bänder innert nützlichem
Spielraum vorhandene Beweglichkeit bricht die plötzlich ein¬
wirkende mechanische Gewalt, welcher der Huf physiologisch
ausgesetzt ist; deshalb tritt hier nicht so bald eine Deformation
ein. Der rundbogenähnliche Bau wirkt ebenfalls verstärkend auf
den Huf ein, speziell in bezug auf Torsionsbeanspruchung.Auch die Hornblättchenschicht und der Strahl wirken, weil
elastisch, abschwächend gegenüber den plötzlichen Belastungen.Die gefundenen Resultate könnten also als untere Grenze
der Widerstandskraft der Hornsubstanz betrachtet werden, und
diese zu kennen hat praktischen Wert, nicht die maximale
Grenze.
Auch der weitere Einwand, dass die Versuche nicht an
allen drei Hornarten durchgeführt wurden, ist gerechtfertigt.Allein einer Ausdehnung der Versuche in diesem Sinne stehen
so grosse technische Schwierigkeiten entgegen, wie z. B. das
rasche Austrocknen des Strahlhorns, die geringe Dicke der
Sohle usw., dass davon abgesehen werden musste.
Dies zur Rechtfertigung der Auswahl der Versuche.
-
B. Untersuchungen über das Absorptions¬
vermögen des Hornes und über den Einfluss von
Lösungen auf dasselbe.
In diesem Abschnitt wurden vorerst Versuche mit Farben
vorgenommen, um zu sehen, inwieweit und auf welchem Wegesolche ins Horn eindringen ').
Die Versuche wurden an Hornstiicken der Wand, der
Sohle und des Strahles ausgeführt. Jedoch gelangen die dre
verschiedenen Hornarten einzeln zur Besprechung nur, wenn
ein verschiedenes Verhalten konstatiert worden ist. Mit ganzen
Hufen wurden keine Experimente gemacht. Bei Verwendungvon Hornstücken wurden verschiedene Hornschnittflächen und
Hornqualitäten der Farbeinwirkung ausgesetzt und der Beob¬
achtung zugänglich gemacht.Zu den Versuchen wurden nichtkonzentrierte Lösungen
verwendet, um das Eindringen der Farben zu erleichternImmerhin war die Konzentration so hoch, dass die Flüssigkeitden der Farbe zukommenden richtigen Ton hatte. Die Lösungenwurden bei [4
° C. aufgestellt.Nach drei Tagen wurden die Versuche zum erstenmal
unterbrochen und das Eindringen der Farbe untersucht. Man
Hess hierauf den Farbstoff solange auf das eingelegte Horn-stückchen wirken, bis ein sicherer Schluss daraus ziehbar war.In der Regel trat dies nach sieben Tagen ein.
') Zschokke (8) hat 1885 in seiner .Arbeit „Ueber das Absorptions¬vermögen des Hornes und über die Hufsalben" diesen Gegenstandbereits berührt.
-
— 24 —
1. Versuche mit:
Eosin. Das verwendete Eosin gehört zu den Pyraminfarb-stoffen und ist das Kaliumsalz des Tetrabromfluoresceinmethyl-esters (Erythrin) Gi H9 Br4 O.-, K J).
Die Oberfläche wurde dabei intensiv gefärbt. Das Ein¬
dringen beim Wandhorn konnte man makroskopisch nicht fest¬
stellen. Das mikroskopische Bild aber war folgendes: Soweit
die Hornsubstanz mazeriert war, erschien sie gefärbt, und zwar
betrug diese Färbung höchstens V3 mm- Dagegen war das
Zentrum der Hornröhrchen an einzelnen Stellen mindestens
auf io mm Länge gefärbt. — Doch sei betont, dass nicht alle
Hornröhrchen sich gleich lang als gefärbt zeigten. — Die wasser¬
haltige Partie der Hornröhrchen war massig gefärbt, die an¬
grenzenden in der Ausdehnung von ca. Vio mm aber sehr
stark. In den Hornröhrchen zeigten sich sowohl hier als auch
bei anderen Farblösungsversuchen stellenweise Gasbläschen
oberhalb der gefärbten Zone.Ein sehr interessantes Bild zeigte sich bei einem Dünnschnitte aus
dem Hufe eines älteren Pferdes. Aus dem gefärbten Saume ragten Horn¬
röhrchen heraus, die in die umgebende Gewebeschicht strahlenförmigeAestchen aussandten, Zeichen einer stattgehabten Quetschung. Aehn-liche Erscheinungen wurden stets bei Quetschungen konstatiert, fernerauch bei Hufkrankheiten, z. B. Hufkrebs. (Vide Gutenäcker: „Huf¬
krankheiten"; Bürgi: „Hufkrebs und Straubfuss".) Das Bild dürfte nicht
mit Unrecht mit dem einer begrannten, aufrechtstehenden Getreideähre
verglichen werden. Beim Sohlenhorn sehen wir ein Eindringen von
V* bis i mm, also etwas mehr als beim Wandhorn. Bei Strahlhorn
zeigt die gefärbte Zone eine auffällig scharfe Begrenzung und sie ist
am Rande nicht diffus.
Gentianaviolett (cfr. Hornfärbung nach der Gramschen Me¬
thode von Paul Ernst) erzeugt bei Wandhorn nach einer Woche
ähnliche Färbung wie Eosin, aber etwas tiefere und diffusere,sodass fast das ganze Gewebe, speziell das verhornte, mit
starker Bevorzugung der Hornröhrchen und Ränder gefärbt war.
') Zur Erklärung der chemischen Beschaffenheit der verwendeten
Farben benutzten wir die tabellaiische Uebersicht der im Handel be¬
findlichen künstlichen organischen Farbstoffe von Gustav Schultz und
Paul Julius, 3. Aufl., Berlin 1897, R. Gärtners Verlagsbuchhandlung Her¬
mann Heyfelder.
-
— 25 —
Bei Sohlenhorn war die durch Gentianaviolett hervorgerufene
Färbung weniger ausgeprägt als die durch Eosin, mehr aber
als die durch Pikrinsäure erzeugte. Bei Querschnitten durch die
Hornrohrchen und Hornsaulchen mit schwammigen Markzellen
waren die Rohrchen deutlich dunkler blau gefärbt als das um¬
gebende Gewebe und man konnte bei schiefenQuerschnitten die
tiefer blaue Farbe in dem nicht durchschnittenen Teile der Rohr¬
chen noch durchschimmern sehen.
Benzopurpurin 10 B, das Natriumsalz der Dianisidin-dis-azo-
bi-i-naphtylamin-4-sulfosaure. Man sah bei Wandhorn nach sie¬
ben Tagen und längerer Zeit nur oberflächlich einen Nieder¬
schlag von Farbstoff. Die Farbe drang nicht in die Wand¬
substanz ein, auch nicht einmal auf dem Wege der sogenanntenHornrohrchen. Der ganze Schnitt blieb absolut weiss. Dasselbe
Bild zeigte sich bei Strahlhorn. Bei Sohlenhorn an den Aussen¬
flachen keineSpur des Eindringens, an den Innenflachen 0,1 bis
0,2 mm mit starkem Niederschlag auf den Oberflächen.
Diese Farbe durfte als unbrauchbar fur Hornfarbungen be¬
zeichnet werden.
Stidan III. Nach seiner chemischen Zusammensetzung ist
Sudan: Amido-azobenzolazo-/3-naphtol. Im Handel wird oft auch
die Bezeichnung Cerasinrot angewendet.Nach sieben Tagen entstand eine diffuse, ganz leichte Fär¬
bung bis in tiefe Schichten hinein, daneben ein oberflächlicher
Niederschlag an den Beruhrungsgrenzen. Nach innen war keine
scharfbegrenzte Diffusionszone zu sehen. Die Hornrohrchen
zeigten sich nur diffus gefärbt. Hie und da traten im Horn
vereinzelte zellige Gebilde auf, in denen sich intensiv gefärbteKornchen von mehreren ;i Durchmesser, von rundlicher oder
länglicher, aber nicht typischer Form, sehr scharf von der un¬
gefärbten Umgebung abhoben.
Bei Wandhorn, das vorher fünf Tage in Wasser von
70—75° C. stund, war die Färbung doppelt bis dreifach so
intensiv wie beim gewohnlichen Wandhorn zu sehen.Bei Strahlhorn zeigte sich an allen Stellen '/? mm tiefes
Eindringen ohne besonders starke Oberflachenniederschlage.Ein Stück Wandhorn, das sechs Monate in Sudanlosung
gestanden, zeigte 1—3/4 cm tiefes Eindringen des Farbstoffes,
-
— 26 —
doch muss gesagt werden, dass sich hier das Sudan schon
vollständig aus der Flüssigkeit ausgeschieden und an denWänden und dem Boden des Gefässes abgesetzt, also nicht so
lange Zeit zu diesem tiefen Eindringen gebraucht hatten. Bei
dem Wandstück, das sieben Tage in Sudan gestanden, zeigtees sich makroskopisch sofort, dass dieser Farbstoff viel tiefer
eingedrungen war als die drei oben besprochenen.Es war aber schwierig zu konstatieren, wie das Sudan ein¬
gedrungen, weil es ein zu wenig intensiver Farbstoff ist und
deshalb in dünnster Verteilung sich von der Farbe des Hornes
nicht gut abhebt, des ferneren, weil es sich von den Horn-
röhrchen aus schon nach sieben Tagen durch die Verzwei¬
gungen derselben (letzteren Vorgang nehmen wir per analogiamzum Verhalten der anderen Farbstoffe an) den umgebendenSchichten mitgeteilt hatte. Immerhin konnte noch konstatiert
werden, dass die Hornröhrchen stärker gefärbt waren.
Bei (Querschnitten durch Strahlhorn erwiesen sich die
Röhrcheninnern als gefärbt, das umgebende Gewebe aber nicht.
Da Sudan ein fettfärbender Farbstoff, so konnte schon im
voraus angenommen werden, dass, wenn wirklich etwas von
aussen in das Horn einzudringen vermöge, dieser Farbstoff
ein Resultat zeitigen könne.
Kongorotist. ein Natriumsalz der Benzidin-disazo-bi-i-naphtyl-amin-4-sulfosäure. Nach sieben Tagen zeigten sich Nieder¬
schlagsbildungen an der Oberfläche. Der Faserung nach dranges bis ca. i mm vor, woselbst dann einzelne längliche Ge¬
bilde (?) zwischen der Faserung sich intensiver färbten. Bei
Strahlhorn war zu äusserst ein roter Rand, dem nach innen
ein hellgelber folgte, sichtbar.
Im allgemeinen muss gesagt sein, dass Kongorot wohl
kaum ein sehr geeigneter Hornfarbstoff ist.
Wasserblau. Es gibt im Handel verschiedene Wasserblau.
Je nach seiner Zusammensetzung heisst es z. B. auch China¬
blau, Baumwollblau, Seidenblau, Reinblau etc. Alle diese
verschiedenen Wasserblau sind Natriumsalze, Ammoniumsalze
oder Calciumsalze der Triphenyl-ros-anilin- und der Triphenyl-
pararos-anilin-trisulfosäuren mit etwas mehr oder weniger von
den entsprechenden Disulfosäuren.
-
— 27
Durch Wasserblau wurden die aussersten Epithelien stark
gefärbt, also trat hier meistens nur ganz oberflächliche Färbungmit Niederschlagen ein. Das Eindringen der Farbe war nur
ganz schwach, die Randfarbung aber äusserst intensiv ; dieHornrohrchen waren sowohl in Langs- als in Querschnitten bei
allen drei Hornarten intensiver gefärbt als die Umgebung.
Methylenblau BB extra ist ein sehr viel verwendeter Farb¬stoff. Es wird wohl auch in seiner mit „B extra" bezeichneten
Form Farbeblau genannt und ist als solches das Zinkchlorid¬
doppelsalz, wahrend das gewohnliche Methylenblau das Chlor¬
hydrat des Tetramethylthionins ist.
Sein Verhalten war im grossen und ganzen wie das des
Gentianaviolett, doch konnte hier schon makroskopisch ein
Eindringen in das Horn erkannt werden und zwar auf der
inneren Seite des Wandhornes reichlich 11/a mm, auf der
äusseren etwa Ys mm.
Das mikroskopische Bild zeigte, dass der Farbstoff in den
Hornrohrchen hoher als in der umgebenden Hornmasse ein¬
gedrungen war. Man konnte die Hornrohrchen wegen ihrerdunkleren blauen Färbung auch durch den zu äusserst am Horn
sich befindenden, nach innen heller blau werdenden Saum hin¬
durch unterscheiden und verfolgen.
Benzoazurin G ist das Natriumsalz der Dianisidin-disazo-bi-
i-naphtol-4-sulfosaure.Es zeigte sich ein sehr schönes Bild. Der Farbstoff wurde
im Horn, ahnlich wie in Knochen, in zwei Farben analysiert,und zwar wurde der äussere Rand des Hornes rot gefärbt, nachinnen aber drang eine rein blaue Farbe ein, die fast aus¬schliesslich den Hornkanalchen folgte. Die Zellkonturen und
besonders die Kittsubstanz war gefärbt, wahrend die übrigen
zelligen Gebilde in der Umgebung farblos blieben
Zur Frklarung dieses Ergebnisses sei die Tatsache erwähnt,dass diese Farblosung durch alkalische Zusätze rot, durch saureblau gefärbt wird.
Es herrscht hier also ein umgekehrtes Verhältnis wiebei Lackmustinktur im Verhalten zum Ammoniak. Aus dem
Bilde des gefärbten Hornes kann geschlossen werden, dass das
-
— 28 —
Horn in seinen ganz äussersten Regionen alkalisch reagiert,weiter innen aber sauer.
Das Horn, das hier zu den Versuchen verwendet wurde,
war von normalen frischen Hufen.
Benzopurpurin 4B verhielt sich wie Benzopurpurin 10 B,ohne irgendwelche erwähnenswerte Abweichungen.
Pikrinsäure ist das symmetrische Trinitrophenol. Sie drangim Wandhorn in zwei Tagen schon gut makroskopisch sicht¬
bar ein. Es wurden, wie beim mikroskopischen Bilde sichtbar,die Hornröhrchen ein wenig bevorzugt, doch trat kein grosserUnterschied zutage.
Zusammettfassung der Färbeversuche.
Es verhielten sich die angewendeten Farbstoffe ziemlich
abweichend voneinander. Die einen zeigten bei ihrem Ein¬
dringen ein deutliches Bevorzugen der sogen. Hornröhrchen,so Eosin, Gentianaviolett, Methylenblau BB extra, Wasserblau,Sudan, Benzoazurin, die andern färbten in einem dünnen Saume
kaum die äussersten Regionen des Hornes, so Benzopurpurin10 B und 4B und Kongorot; wieder andere standen in ihrem
diesbezüglichen Verhalten in der Mitte, so Pikrinsäure.
Daraus erklären sich die divergenten Angaben in der
Literatur. Man kann sich fragen, ob nicht die Kapillarität der Horn¬
röhrchen eine Rolle spiele bei der Absorption einer Farblösung.Distal gelegene Hornschichten des Tragrandes zeigen an
der Durchbruchstelle der Hornröhrchen mehr oder weniger gut
ausgeprägte Löcher.
Die Hornröhrchen unterscheiden sich also wirklich nicht
nur durch eine dunklere Färbung (Pigmentierung) vom um¬
gebenden Gewebe, sondern sind besonders strukturiert.
Es fragt sich nun, ob sie hohl seien oder ob sie primäroder sekundär, d. h. durch besondere Gewebe oder durch
Fremdkörper von aussen verstopft werden.
Die Färbeversuche haben mich zur Ansicht geführt, dass
die Hornröhrchen meistens nicht hohl sind, sondern dass in
ihrem Innern sich Substanzen befinden, sodass nicht eine
Haarröhrchenwirkung Ursache des verschieden hohen Steigensder Farbstoffe sein kann.
-
— 29 —
Auch ist anzunehmen, dass die sogen. Hornröhrchen nicht
von aussen verstopft werden, sondern dass in ihnen sich be¬
sondere Zellen vorfinden, die länger als das übrige Gewebe
osmotisch wirken können i). Zu beachten ist, dass das Horn
der Hornröhrchen durch Spitzenwachstum der Papillen entsteht
und nicht gepresst wird. Dasjenige ihrer Wandungen beruht auf
Seiten- und Grundwachstum und ist der gegenseitigen Pressung
und Verdichtung ausgesetzt.Die Gasbläschen, die bei Eosin erwähnt wurden, weisen
auf lufthaltige Hohlräume hin. Man darf wohl annehmen, dass
sich solche sekundär zwischen den Geweben in den Horn¬
röhrchen bilden. Dass aber einzelne Röhrchen normaliter ganz
hohl seien, ist deshalb nicht anzunehmen, weil ja sonst alle
Farbstoffe in diesen Röhrchen höher zu steigen vermöchten
als in den umgebenden Geweben, was den Tatsachen wider¬
spricht.Dass bei Wandhorn, das vorher fünf Tage in Wasser von
70—75° C. stund, Sudan besser eindringt, dürfte dadurch zu
erklären sein, dass durch die Erwärmung die Zellmembranen
quollen und sich etwas aus ihnen löste und sie dadurch per¬
meabler geworden, oder weil die durch warmes Wasser ge¬
quollenen Zellen permeabler sind.
2. Versuche mit Lösungen.
Die Versuche über die Einwirkungen von Lösungen ver¬
schiedener Konzentration auf das Horn sollten zunächst zeigen,,
welche Agenzien auf diese Substanz irgend einen verändernden
Einfluss haben oder durch sie verändert werden, ob eine be¬
achtenswerte Veränderung in irgend einem Zusammenhang
stehe mit den in den letzten Jahren bekannt gewordenen Be¬
ziehungen zwischen Kolloiden und Elektrolyten.Zu diesem Zwecke kam das Verhalten verschiedener, teils
sehr differenter anorganischer und organischer Stoffe in kon¬
zentrierten Lösungen gegen Horn zur Untersuchung2). Die
') Stoss und andere erklären, dass die Hornröhrchen von gross¬
blasigen Markzellen erfüllt sind, die bald degenerieren und einschrumpfen,
2) Die bei 10—12 ° C. möglichen Höchstkonzentrationen wurden
nach den Tabellen von Börnstein und Landolt hergestellt.
-
— 30 —
Lösungen Hess man monatelang einwirken, wobei immer auf
möglichst gleichbleibende Zimmertemperaturen (10—I2°C.) und
Verhinderung der Verdunstung Bedacht genommen wurde.
Hauptsächlich kam Wandhorn zur Untersuchung, denn an diesem
vollziehen sich in der Praxis die meisten Umänderungen. Dabei
war der Gedanke leitend, dass, wenn ein chemisches Agensdas Wandhorn in irgend einer Weise zu beeinflussen vermag,eine gleiche Wirkung und zwar in noch viel höherem Masse auch
bei den beiden anderen Hornarten, Sohle und Strahl, zu er¬
warten ist. Zu dieser Auffassung führten einige Versuche,die mit allen drei Hornarten angestellt worden waren und die
überall übereinstimmende Resultate ergaben. Auch Fohlenhorn
wurde zu einigen Versuchen verwendet. Leider konnten mit
letzterem keine Festigkeitsversuche vorgenommen werden wegender geringen Dicke und Fläche desselben.
Das zu den Versuchen benützte Horn wurde teils in
möglichst frischem Zustande, teils an der Zimmerluft einigeWochen getrocknet verwendet, um auftretende Verschieden¬
heiten zu eruieren und abweichende Versuchsergebnisse zu
begründen.Für die Praxis dürften die Versuche an frischem Horn
wichtiger sein ; doch haben auch solche an trockenem Horn
deshalb ihre Berechtigung, weil sie zu zeigen imstande sind,ob nach Wasserverlust irreversible Zustände eintreten. Ante-
cipando ist zu bemerken, dass dieses nicht der Fall ist, sondern
die beiden Versuchsreihen unterscheiden sich nur dadurch, dass
sie verschiedene Absorptionsgrössen zeigen. Graphisch dar¬
gestellt hätte das ältere Horn eine sehr steile Anfangspartie der
Kurve, die dann aber allmählich flacher würde. Bei frischem
Horn aber resultierte eine weniger steile und weniger hohe
Kurve. Die Absorptionsfähigkeit wird durch das zirka einen
Monat andauernde Eintrocknen nicht verringert, sondern eher
vermehrt. Es beruht der Unterschied der Absorptionsfähigkeit des
trockenen und frischen Homes auf dem verschiedenen Anfangs¬
wassergehalte desselben.
Ein bemerkenswerter Unterschied zwischen älterem und
frischem Horn besteht dann aber besonders darin, dass frisches
Horn eher verändert und teilweise gelöst wird, und zwar be-
-
- 3i —
sonders auf der dem Corium zugekehrten, also jüngsten Partie.
Frisches, längere Zeit in Wasser eingelegtes Horn zeigte
folgendes: Die sogen. Hornblättchen schienen am resistentesten
und bildeten über die Oberfläche emporragende ausgelappte La¬
mellen, während die Zwischensubstanz oberflächlich verschwun¬
den war. Die Läppchen sind aber nicht als die resistentesten
Teile der Hornblättchen zu betrachten, sie wurden durch das
Verschwinden der Zwischensubstanz, die aus teilweise noch nicht
verhornten Zellen besteht, deutlicher erkennbar.
Bei der Auswahl der auf ihr Verhalten geprüften Agenzienwurde besonderes Augenmerk darauf gerichtet, erweichende,
lösende, härtende und fäulnisverhindernde Lösungen zu finden.
Neben diesen damit hauptsächlich erstrebten Wirkungen zeigtensich dann allerdings noch weitere, nicht direkt beabsichtigte, so
ganz besonders zuweilen intensive Hornverfärbungen, eine Er¬
scheinung, die zwar für die Praxis belanglos, aber für die Beob¬
achtung über das Eindringen der Lösungen wertvoll erscheint.
In bezug auf die Dauer der Einwirkung zeigte sich, dass
bei vielen Versuchen ausser der Gewichtsvermehrung in den
ersten Tagen, ja sogar oft Wochen, keine Veränderungen am
Horn vor sich zu gehen schienen. Allmählich aber musste man
erkennen, dass das Horn gegen möglichst lang andauernde Ein¬
wirkungen am wenigsten Widerstand leisten kann. Es ist dabei
gar nicht stets nötig, dass etwa die einwirkenden Agenzien in
konzentrierter Form vorhanden sind. Aehnlich wie leichter,
aber anhaltender Wind die Aeste der Bäume allmählich der
herrschenden Windrichtung entsprechend einstellt, so wirken
auch hier schwächere Agenzien bei längerer Dauer oft nach¬
haltiger als konzentriertere, aber nur Stunden oder nur wenige
Tage einwirkende.
Die Beobachtungen wurden nach folgenden Gesichtspunkten
vorgenommen:
i. Absorptionsfähigkeit in°/o'), Eindringen und Quellung;
*) Die Prozente wurden folgendermassen festgestellt. Zunächsteruierte man die Differenz zwischen Anfangs- und Endgewicht (z. B.Gewicht nach 30 Tagen), die Differenz wurde hierauf in Prozentendes Anfangsgewichtes ausgedrückt, z. B. Na Cl Anfangsgewicht 10 520,Endgewicht 11,022, Differenz 0,502, Prozente 4,77.
-
— 32 —
2. Veränderung der Konsistenz, Struktur und Elastizität ;
3. Weitere Erscheinungen.
Versuchsanstellung. Alle Versuche Hess man, soweit nichts
anderes erwähnt wird, bei einer Zimmertemperatur von 12 °C.
sich vollziehen.
Zuerst wurde die bestimmte Flüssigkeit hergestellt, dann
ein Hornstück, das vorher mit Säge und Messer genau recht¬
eckig zubereitet und aller losen Hornpartikelchen entblösst wor¬
den war, gewogen und in die Flüssigkeit gebracht. Nach einer
bestimmten Zeit wurde das Hornstück mit einer gereinigtenund paraffinierten Pinzette herausgenommen, mit Fliesspapier
sorgfältig abgetrocknet und dann wieder gewogen. So wurde
fortgefahren bis zum Abschluss jedes Versuches, d. h. bis
keine Gewichtszunahme oder -verlust mehr stattfand. Die Ver¬
suche führte man je nach der ihnen zukommenden Wichtig¬keit während längerer oder kürzerer Zeit durch. Es wurden
auch Parallelversuche angestellt; die eine Versuchsreihe be¬
zog sich auf die in offenen, die andere auf die in mit Watte und
Kork verschlossenen Gefässe. Insofern sich dabei Abweichendes
zeigte, wird dieses bei den einzelnen Agenzien erwähnt.
Die Probestücke hatten nicht gleiches Anfangsgewicht,wohl aber möglichst gleichmässige Gestalt und Grösse. Im
Verlaufe der Arbeit zeigte sich, dass ungleiches Anfangs¬
gewicht in vielen Fällen störend wirkte und leicht zu irre¬
führenden Schlüssen Veranlassung hätte bieten können. Dringtein Stoff vollständig in das Horn ein, so spielt das Anfangs¬
gewicht für das Endresultat keine Rolle (z. B. NaOH). Je
weniger aber ein Stoff eindringt, umso mehr kommt das Verhält¬
nis der Oberfläche zum Kubikinhalt zur Geltung. Darum wareine möglichst gleichmässige Form und Grösse notwendig, denn
je kleiner ein Stück ist, eine prozentualisch desto grössere Ge¬
wichtsvermehrung zeigt es. Wir fügten deshalb jeweilen Korrek¬
turen an, wo diese uns nach der während der Versuche ge¬
machten Erfahrung angezeigt erschienen.
Darum richtete sich das Hauptaugenmerk nicht alleinund ausschliesslich auf die Grösse der Absorption. Vielfachwurde dieselbe nur durch Angabe der Tabellen erwähnt, ohne
weitere Besprechung, denn :
-
— 33 —
i. Es ist nicht ohne Einschränkung gestattet, Stücke ver¬
schiedener Form, verschiedenen Gewichts oder verschiedener
Oberfläche (glatt oder bröcklig) miteinander zu vergleichen, weil
solche Gegenüberstellungen täuschen und zur Annahme voll¬
ständig falscher Tatsachen führen können. Parallelversuche mit
Wasser müssten, abgesehen von kleinen Versuchsfehlern, gleicheResultate geben. Wir konnten dieses aber niemals durch Ver¬
suche feststellen, denn die Inhomogenität des Homes verursachte
stets kleinere oder grössere Unterschiede. Hätte man nämlich
den Verlauf der Absorption graphisch (Kurven) dargestellt,
so hätten die Kurven zur Abszissenachse nicht gleiche Lage
gezeigt, wohl aber Uebereinstimmung in Form und Verlauf,
2. Es müsste der Wassergehalt des Versuchsstückes genaubekannt sein. Eine Zelle ist aber umso wasserreicher, je jüngersie ist. Würde man von unten nach oben oder von aussen
nach innen einen ganz frischen Huf in dünne Plättchen zer¬
schneiden, so hätte jedes Plättchen einen andern Wasser¬
gehalt.
3. Wäre die Konzentration der Lösung nach Abschluss
des Versuches wieder zu bestimmen, um zu konstatieren, ob
nur Wasser oder auch Substanz in das Horn eingedrungen.Solche Bestimmungen können nur unter Aufbietung der besten
chemischen Apparate durchgeführt werden, weil aus dem Horn
sehr häufig auch eine bestimmte Quantität von Substanzen ver¬
schiedener Qualität herausgezogen wird, die jede quantitative Be¬
stimmung illusorisch macht.
4. Hätten die Versuche nicht monatelang fortgesetzt werden
dürfen, denn es ist kaum zweifelhaft, dass die Lösungen, sobald
sie mit Horn in Berührung kommen, anfangen, sich und das
Horn, wenn auch vielleicht noch tagelang von uns nicht er¬
kennbar, zu verändern, ausgenommen eine Lösung, die zu
Horn keine Affinität besitzt.
5. Würden noch weitere Fehlerquellen zu berücksichtigensein, wie z. B. Verdunstung während des Wagens, Wäge¬
dauer, Art des Abtrocknens des Versuchsstückes mittels
Fliesspapier, allfällige geringe Verunreinigungen von Horn oder
Lösung etc.
3
-
— 34 —
Die Absorption wurde deshalb nur dann besonders hervor¬
gehoben, wenn irgend eine Lösung ein eklatantes und auffälligvon der Norm abweichendes Verhalten zeigte, sonst aber kam
sie nur der Vollständigkeit halber zur Erwähnung.
Hauptzweck war, mehr die sekundär auftretenden Erschei¬
nungen zu beobachten, weshalb die Versuche sehr lange fort¬
gesetzt werden mussten.
Nachfolgend die einzelnen verwendeten Lösungen, ein¬
geteilt in anorganische, von den einfachem zu den mehrwertigen
ansteigend, und organische. Die angeführten Schlussfolgerungensind den Tabellen entnommen, jedoch wurde von den sehr
zahlreichen Versuchen jeweilen nur ein einziger als Belegtabellarisch angeführt.
1. Na-, Zn-, Ba-, Co-, Fe- uod Hg-chlorid.
Natriumchlorid. Ueber die Einwirkung von Natriumchlorid
auf Hufhorn wurden schon verschiedene Versuche angestellt.Die Frage, ob Natriumchlorid auf Horn schädigend einwirke,
war besonders zur Zeit der Pferdebahnen aktuell, jedochmüssen auch heute noch zur Winterszeit Pferde in den Städten
Salzwasser durchschreiten, da Kochsalz noch immer ein be¬
liebtes Mittel zum Schmelzen von Eis und Schnee ist. Man
denke auch an die Pferde in den Salinen.
Kochsalz (die Losung war 1/s n. n = Normallösung).
An¬ Nach Nach Nach Nach 1 Nach
Hornart fangs-Nach 2 3 4 5 30 7»
gew. 24 h. Tagen Tagen Tagen Tagen Tagen Zunahmegr gr gr gr gr gr 1 gr
Zehe 10,520 10,640 10,630 10,615 10,565 io,575 11,022 4,77Seite
x. 6,352 6,521 6,538 6,580 6,485 6,500 6,903 8,67Trachte •isc 3,897 4,060 4,087 4,100 4,090 4,120 4,235 8,67Sohle >S 4,042 4,478 4,340 4,378 4,420 4,43° 4,6i3 14,13Strahl 5.°97 5,277 5,345 5,385 5490 5,553 6,702 31,49Lufttrockenes
Wandh. i7,520 20,632 20,651 — — 21,025 24,060 37
a) Die maximale Absorptionsfähigkeit von lufttrockenemWandhorn betrug nach 30 Tagen 37 °/o, von frischem Wand-
horn ca. 5—9 °/°> von Sohlenhorn 14 °/o, von Strahlhorn 32 °/o.
-
— 35 —
Wand- und Sohlenhorn wiesen nach ca. 3 bezw. 1 Tag«in Maximum, dann geringe Gewichtsabnahme, hierauf wieder
-Zunahme auf.
Bei Strahlhorn trat innert der Versuchsdauer die Gewichts¬
abnahme viel später oder gar nicht ein.
Erklärung. Kurz nach Beginn hatten wasserentziehende
Prozesse das Uebergewicht, später absorbierende.
b) Grössere Brüchigkeit oder sonstige Veränderungen, aussereiner gewissen Härtung, Hessen sich am Hörne nicht feststellen.
c) NaCl wirkte fäulnisverhindernd.
Beurteilung. NaCl ist Konservierungsmittel gegen Fäulnis.Es vermindert die Aufnahme von Flüssigkeit.
Direkte Schädigungen auf den Huf sind nicht konstatierbar.
Cfr. über NaCl Prof. Zschokke, ferner J. Lungwitz.Zinkchlorid (ZnCU), Bariumchlorid (BaClü) und Cobalt-
thlorid (C0CI2) zeigten keine vom Chloridcharakter abweichende
Erscheinungen, weshalb nicht näher auf die Versuche ein¬
gegangen wird.
Eisenchlorid (FeCU), Konzentration = Vi n.
Hornart
An¬
fangs-gew,
gr
Nach
24 h.
gr
Nach
2
Tagengr
Nach
3
Tagengr
Nach
4
Tagengr
Nach
^°Tagen
gr
Nach
~9°
Tagen
gr
7»Zunahme
Wand
Sohle
10,513
M.303
'0.937
15,62611,074
15.813
11,695
16,77111.756
16,86511,420
16,820
11,047
15,828
5.0810,66
a) Nach 2 Monaten konnte eine maximale Absorptions¬fähigkeit von 11,82% bis 17,91 °/°; nach 3 Monaten einesolche von 5,08 bis 10,66 °/o festgestellt werden.
Verlauf. Die ersten 8—10 Tage herrschte eine ausge¬sprochen starke Absorption (sie übertraf die des Kochsalzes
ganz bedeutend) die allmählich abnahm. (Obige Tabelle mussteetwas gekürzt werden.)
b) Durch Eisenchlorid wurde Horn nicht besser biegbar,
jedoch,c) wenn auch erst nach einiger Zeit, ausgefranst und nur
oberflächlich rostrot gefärbt. Es stellte sich ein Geruch nach
-
- 36 -
eisenhaltigem Moorwasser (Riedgeruch) ein. Infolge hydroly¬tischer Spaltung des FeCk entstand etwas freie HCl.
In Eisenchlorid gelegtes, getrocknetes und wieder in die
Lösung gebrachtes Horn wies keine veränderte Absorptions¬
fähigkeit auf. Versuche mit Hornpulver und Eisenchlorid zeigtenim Kolorimeter ebenfalls, dass Eisenchlorid auf Horn lösend ein¬
wirkte, indem die mit Hornpulver beschickte Flüssigkeit inten¬
siver und dunkler gefärbt wurde.
Für die Praxis dürfte die Annahme einige Berechtigunghaben, dass angeblich schlechte Erfahrungen mit NaCl haupt¬sächlich auf das Konto des Eisenchlorids zu buchen sind. Eisen¬
chlorid könnte aus den Hufeisen unter Mitwirkung der Chloride
entstehen.
Sublimat (HgClj) (Quecksilberchlorid). Konzentration : bei12
° C. gesättigte Lösung, also ca. '/is n.
Hornart
An¬
fangs-gew.
gr
Nach
24 h
gr
Nach
2
Tagengr
Nach
3
Tagengr
Nach
4
Tagengr
Nach
Tagengr
Nach
60
Tagengr
Nach
00
Tagengr
%Zunahme
Wand 11,689 12,320 12,616 12,856 13,072- 14,75! 15,197 i5>540 32>94
a) Die maximale Absorptionsfähigkeit nach 3 Monaten
betrug 32,94 °/o. Bei dieser Absorptionsangabe sei auf das hohe
spez. Gewicht des HgÜ2 aufmerksam gemacht.Verlauf. Innerhalb der ersten 24 Stunden zeigte sich eine
starke Gewichtsvermehrung, die allmählich geringer wurde, je¬doch immerhin noch relativ sehr hoch war und längere Zeit
andauerte.
b) Nach ganz kurzer Frist konnte eine sehr starke Härtungkonstatiert werden. Ein Stab von 6 cm Länge und 1 '/» cmDicke und Breite konnte von Hand nicht mehr gebogenwerden. Später war Horn ritzbar wie harter Stein. Diese Er¬
scheinung stimmt mit den Erfahrungen der Chirurgie überein.
c) Die Hornproben wurden intensiv hellgelb gefärbt.
Rekapitulation der Chloridwirkungen.Die Absorptionsfähigkeit von Horn wird durch Na-, Zn-, Ba-
und Kobaltchlorid.vermindert, besonders durch Zn-chlorid. Ausser
-
— 37 —
Eisenchlorid verhindern alle die Hornfäulnis. Zn- und Ba-chlorid
verändern das Horn, auch wenn sie range auf dasselbe einwirken,
abgesehen von einer geringen Härtung, kaum. Letztere Eigen¬schaft kommt dem Eisenchlorid nicht zu. Es erzeugt Moor¬
wasser-, also Zersetzungsgeruch. Vor allem aber zeichnet es
sich dadurch aus, dass es das Horn teilweise zerstört. Sublimat
übertrifft sowohl in seiner härtenden, wie auch in seiner ge¬wichtsvermehrenden Eigenschaft alle andern Chloride.
2. Antimontrichlorid ; Anttrichl. + Kampfer;
Kampfer + Chloralhydrat.
i. Antimontrichlorid.
a) Ant. + wenig Wasser,
b) Ant. + Kampfer.2. Kampfer -f- Chloralhydrat.
a) Antimontrichlorid + Wasser + Horn. Das von mir ver¬wendete Antimontrichlorid gab beim Erwärmen mit wenigWasser eine gelbliche klare Flüssigkeit. Nach einiger Zeit
untersucht, zeigte diese einen stark schmutzig-weissen Nieder¬
schlag und darüber eine schmutzig-grau-gelbe Flüssigkeitszone.Auch nach Monaten stellte sich keine weitere Veränderungein. Brachte man zu dem frischgelösten Antimontrichlorid
Horn hinzu, so wurde die Flüssigkeit getrübt und nahm eine
braun-graue Farbe an. Gab man schon beim Erwärmen des
Antimontrichlorids Horn hinzu, so trübte sich die ganze Masse
und wurde braun-rötlich. Derselbe Fall trat ebenfalls ein, wenn
Horn erst später hinzugefügt wurde. Die Trübung entstand dann
aber erst nach mehreren Stunden, ein Zeichen, dass der Pigment¬
entzug des Horns durch die erhöhte Temperatur befördert wurde.
Dieser Farbentzug ist ein Charakteristikum für Antimontrichlorid.
Auch das natürlicherweise gelb-weisse Horn wurde durch das¬
selbe noch weisser. Nach zirka einer Wroche schied sich bei
beiden Antimonchloriden eine schwach braun-gelbe Flüssigkeits-zone ab, die immer mehr zunahm, bis zuletzt nur noch geringe
Mengen eines grau-weissen, feinsandigen Niederschlages blieben.
Die Flüssigkeit war dann laugenartig anzufühlen, aber nicht
ätzend, eher etwas klebrig. Sie trocknete sehr rasch am Fingerund hinterliess an diesem einen farblosen, kollodiumähnlich
-
- 38 -
glänzenden Ueberzug. Das Hinzufügen eines Tropfens Wasser
verursachte Weissfärbung 'des Fingers. In Antimontrichloridwurde Horn sehr hart.
b) Antimontrichlorid + Kampfer durch etwas Erwärmen
gelöst und mit einem Hornstück beschickt, gab eine kara-
melisiertem Zucker ähnliche Flüssigkeit. Nach einigen Stun¬
den schied sich ein Bodensatz ab, der fest wurde. Zwei Tage
später setzte das Horn dem Messer so starken Widerstand ent¬
gegen, wie an der Luft getrocknetes,. Noch später hatte die Harte
so zugenommen, dass man beim Ritzen mit dem Messer das
Gefühl bekam, einen Stein vor sich zu haben. Das Hornstück
war auch etwas entfärbt. Die Farbe der Flüssigkeit erschien jetztähnlich der unter a) besprochenen, doch eher rotbraun anstatt
graubraun.Bei der Wirkung des Antimontrichlorides kommt wohl auch
noch die Tätigkeit der durch Hydrolyse entstehenden Salzsäure
in Betracht. Sb Cl8 + H20 = SbO C1+ 2 HCl.
d) Kampfer + Chloralhydrat. Beide in fester Form, lösten
sich bei gegenseitiger Berührung. Nach Hinzugabe von Horn
in die Flüssigkeit blieb diese trotzdem auch nach Wochen und
Monaten dickflüssig, ölähnlich gelb und klar. Das Horn wurde,obwohl von der Flüssigkeit vollständig umgeben, sehr hart und
das schwarze Pigment verschwand nur oberflächlich.
Pigmententzug, Quellungshemmung und intensive Härtungsind die drei Hauptveränderungen, die hier hervorgerufen wurden.
3. Ammoniumjodid und Ammoniumfluorid (gesättigte
Lösungen).
Ammoniumjodid(NH*J). Es trat besonders bei Fohlenhorn
grosse Gewichtsvermehrung ein (bis 40 °/ aber es Hess sichkeine nachhaltige Veränderung feststellen, abgesehen von einer
Trübung der Flüssigkeit und geringer Erhöhung der Sprödig-keit. Beide Befunde waren aber so gering, dass sie für die Praxis
kaum von Bedeutung sein dürften.
Ammoniumfluorid (NH^Fl). Konzentration ca. '/
-
— 39 —
An¬ Nach Nach Nach Nach Nach Nach Nach Nach%Zl-Dato
Hornart fangs-gew.
Nach
24 h.
2
Tag.3
Tag.4
Tag. Tag.12
Tag.30
Tag.
60
Tag.120
Tag.gr gr gr gr gr gr gr gr gr gr
Wand 7» n^ m-
WandWC2,881
3.544
2,873
3.623
2,860
3.5962,858
3,589
2,852
3,5882,847
3,57 !
2,814
3,55i
2,8153,605
2,822
3,6i5
2,821
3,6i3
-2,08
1,97-2,2]
Strahl\,,Wand//6no,,8n
3.691 4,338 4,385 4,473 — 4,478 — 5.381 — — 45,79
9>°99 9,75° 9,780 9,870 — 9,880 — 10,762 — — 18,27
beide in offenen Gefässen aufgestellt, nach den vier ersten Tagen
8,05 7« und 20,29 °/o. Versuche in verkorkten Gefässen rietenbei einer Konzentration von 1/a n gar keine Gewichtsvermeh¬
rung hervor, sondern eine beständige, wenn auch geringe Ge-
wichtsabnahme, solche bei '/& n eine Gewichtsvermehrung von
1,97—2,2370 (cfr. Tabelle).
Die Veränderungen von Versuch '/s n und '/« n warenvon einem Tag auf den andern so gering, dass sie innerhalb
der Fehlergrenze stunden. Es ist das Resultat der vier Monate
lang durch Wägungen kontrollierten Versuches angeführt.
b) Die Probestücke in den verschlossenen Gefässen wurden
sehr hart (Wasserentzug!), verbogen, wie in Alkohol gelegte, und
Hessen sich von Hand in keiner Weise aus ihrer Form bringen.
c) In den verschlossenen Gefässen war der entwickelte
NH% auffällig. Der Ammoniakgeruch war noch nach Monaten
sehr stark, trotzdem die Gefässe bei den Wägungen geöffnetwerden mussten. Das Ammoniumfluorid hatte sich wahrschein¬
lich mit den Calcium-Verbindungen zu unlöslichem Calcium¬
fluorid umgesetzt, wobei Ammoniak frei wurde. Nach Monaten
schieden sich am Boden der geschlossenen Gefässe Kriställchen
ab; aber trotzdem war keine Gewichtsvermehrung konstatierbar.
Die Flüssigkeit war leicht gelblich gefärbt, jedoch warendie Probestücke nicht sichtbar angegriffen.
Zusammenfassung.
NH4FI wurde, in i/e n Lösung offen aufgestellt, gut absorbiert.In verschlossenen Gefässen ('/»-—'/s n) wirkte es intensiv här¬tend und wasserentziehend. Das Horn'wurde dabei nicht merk¬
lich angegriffen.
-
— 40 -
Vielleicht ist von dieser Beobachtung eine praktischeNutzanwendung möglich, wenn man das Verhalten vonAmmoniumfluorid zu Horn noch naher studiert.
4. Ammoniakflüssigkeit und Schweitzersches Keagens.
i. Ammoniakflüssigkeit (NH3 Konzentration = n).
Hornart
An¬
fangs-gew
gr
Nach
24h.gr
Nach
Tag.gr
Nach
lag.gr
Nach
Taggr
Nach
J°
Tag.
gr
Nach
60,Taggr
Nach
Tag.gr
Nach
120
Tag.gr
Zu¬nahme
Wand 3.295 3,528 3,671 3.717 3.772 4,011 4.105 4,231 4,285 30
a) Innerhalb vier Monaten betrug die maximale Absorptions¬
fähigkeit 30 %•
Verlauf. In den ersten 24 Stunden war die Gewichtsver¬
mehrung am grossten. Wahrend der folgenden Tage wurde
sie sehr rasch geringer, dauert jedoch noch monatelang an.
b) In den ersten Tagen blieb die Harte des in NH3 einge¬
legten Hornes wie die von frischem. Nach einiger Zeit aber stei¬
gerte sie sich. Aus der Flüssigkeit genommen, trocknete Horn
sehr rasch. Die Oberfläche war rauh geworden, da sich Horn-
spänchen etwas über die Oberflache emporhoben (ähnlich auch
bei Ammoniumfluorid); aber trotzdem war hier keine Gewichts¬
abnahme zu konstatieren.
Die sehr zahlreichen Versuche — von denen einer tabel¬
larisch beigelegt ist, — zeigten, dass die Hornsubstanz innerhalb
weniger Tage selbst durch die Einwirkung von V*—1 n Am¬
moniak keine Risse oder Spalten erhalt, dass sie aber nach
einiger Zeit — ca. 3 Wochen — hart und rauh wird und zum
Sprödewerden neigt.
c) Liess man das Horn wochen- und monatelang in der
Ammoniakflüssigkeit, so wurde es erweicht und oberflächlich
zersetzt.
Die bekannte grosse Furcht vor dem durch das Ammoniak
den Hufen zugefügten Schaden erscheint mir unbegründet. Bei
Zugpferden, die taglich arbeiten müssen, wird das Ammoniakziemlich unschädlich sein, denn es kommt einerseits stets in
-
— 41 —
sehr verdünnter Form mit den Hufen in Berührung, andererseits
wirkt das Arbeiten reinigend auf die Hornsubstanz, Wenn dazu
noch die Hufe von Zeit zu Zeit gewaschen werden, so ist
kaum irgend eine schädigende Wirkung zu befurchten.
Ammoniak lasst sich an Hufen nur in den ganz aussersten
Schichten nachweisen.
Höchstens, wenn die Reinhaltung der Tiere und des Stalles
vollständig vernachlässigt wird und Pferde weder zur Arbeit ge¬halten noch auf die Weide gelassen werden, ist eine schädi¬
gende Wirkung des Ammoniaks nicht ausgeschlossen: „Steter
Tropfen höhlt den Stein."
2. Schweitzersehes Reagens (= Cusulfat + NH3).
a) Die Absorptionsfähigkeit wurde nicht durch Wagen be¬
stimmt, sondern Versuche mit Hornspanen angestellt, wobei jeeine starke und eine schwache Losung zur Verwendung kam,die nach den Erfahrungen der Viscosetechnik kalt, wenigüber o ° C, aufgestellt wurden, indem nach dem jetzigen Ver¬
fahren die Quellung in diesen Reagenzien in der Kalte besser
vor sich geht.Nach 14 Tagen wurden die Versuche unterbrochen und es
waren nun folgende Erscheinungen mit dem Mikroskop kon¬
statierbar:
Bei durchfallendem Licht waren in den aufgehellten Horn-
spanchen bei stärkster Vergrosserung braune, zu Gruppen
vereinigte Kornchen zu erkennen; die Zellgrenzen der Horn¬
substanz zeigten sich meist schon doppelt kontunert, und in
diesen lagen die Pigmentkornchen. Auffallig wenig gequollenwaren die inneren Teile der Hornrohrchen.
Die Elastizität wurde erheblich erhöht.
b) Schwache Losungen zeigten gleiche Verhaltnisse.
Schweitzersches Reagens ist kolloide Losung.Cu-Sulfat wirkt sehr quellungsfordernd, Ammoniak zeigte an¬
fanglich eher gegenteilige Tätigkeit (schnelles Trocknen, Harte,Rauheit), später aber wirkte es ebenfalls erweichend (zersetzend).Wirken beide zusammen, so tritt innert kurzer Zeit Auflösungdes Hornes ein; also überwiegt diese Tätigkeit vollständig.
-
— 42 —
5. Nitrate.
i. Zinknitrat : Zn (NC>3)2. Konzentration = '/s n.
An¬ Nach Nach Nach Nach °/o
Hornart fangs¬Nach 3 4 M 21 Zunahme
gew. 24 h. Tagen Tagen Tagen Tagen nachgr gf gr gr ! gr gr 4 Tagen
Zehe 10,039 11,095 11,082 10,970 — 9,27-10,51Seite ä 9>254 9.56o 9,56o 9,473 — — 2,37—3-31Trachte 3.M7 3.370 3,378 3,38i — — 7,43Sohle S 5.030 5,368 5,379 5,385 — — 7,06Strahl 5,o39 5.707 5,645 5,600 — — 11,13- '3,25Wand (lufttrocken) 4.952 5,28i 5,456 5,533 5,868 5,998 21,12Wand (fris di) 10,529 10,652 10,701 10,722 10,674 10,655 i,i97 ',833
Maximale Absorption: Durch Wandhorn 2,37—10,5 t°/o,durch Sohlenhorn 7,06 °/o, durch Strahlhorn 11,13—'3,25°/o-
Die Gewichtsvermehrung war besonders bei Strahlhorn auf¬
fallend gering, denn sie wurde bei frischem Horn beinahe von
der des Wandhorns erreicht.
Lufttrockenes Wandhorn wies nur 21,12 °/o Gewichts¬
vermehrung auf.
Da die Absorption des Zinkchlorides die unterste Stelle
in der Absorptionstabelle unter den Chloriden einnahm, so ist
daraus zu schliessen, dass das Zink absorptionshemmend wirkt.
Die Probestücke, welche 3—4 Monate lang vollständigvon Zinknitratlösung umgeben waren, Hessen sich trotz der
langen Einwirkungszeit nur wenig und schwer biegen, obwohl
sie kaum etwas mehr als */* cm dick waren.
Ausser der Quellungshemmung, die aber sehr ausgesprochenwar, haben die Versuche mit dieser Lösung keine anderen Er¬
gebnisse gezeitigt.
2. Calciumnitrat : Ca (NC>3)2. Konzentration = '/2 n.
Die maximale Absorption = 1,73 —20,79 °/o. Auch Ca-
nitrat wirkte nicht quellungsfördernd.
Der Absorptionsverlauf vollzog sich sehr unregelmässig;teilweise trat sogar eine Gewichtsabnahme ein.
-
- 43 —
An¬ Nach Nach Nach Nach
Hornartfangs-gew.
Nach
24 h.2
Tagen3
Tagen Tagen Tagen Zunahme
gr gr gr gr gr gr
Zehe 11,267 11,502 11,429 11,462 11,429 ".350 1.73-0,73
Seite J3 7,952 8,108 8,200 8,220 8,212 8,203 3.37-3,16Trachte
u
3.884 4.155 4,177 4,200 4.222 4,238 9,11Sohle t_ 4-995 5.235 5415 5.449 5,450 5.362 9."- 7-35Strahl 5.298 5.580 5,622 5.650 5,650 5,667 6,96Wand 1
' lufttrocken3.297 3.651 — — — 3.895 18,13
Wand 8,840 9.493 — — — 10,678 20,79
Getrocknet war Horn, das vorher in Ca-nitratlösung ge¬
legen, unelastisch und brach bei Biegeversuchen.
Es wäre hier noch eine blutrote Färbung der Innenseite des
Wandhorns bis ungefähr in die Mitte oder Zweidrittel der
Probestücke zu erwähnen. Sohlenhorn wies überall diese blutrote
Färbung, untermischt mit der dunkeln Hornfärbung, auf. Das¬
selbe ist vom Strahlhorn zu sagen; doch fand sich hier die Rot¬
färbung mehr in Ritzen, andere Teile des Strahles erschienen
eher noch dunkler gefärbt, ähnlich getrocknetem oder geron¬nenem Blute.
Diese Färbung hatte sich erst nach Wochen eingestellt.
Zusammenfassung.
Die Versuche mit Nitraten haben als gemeinschaftliches,hervorstechendes Merkmal die Tendenz gezeigt, die Quellungteilweise zu hemmen und das Horn etwas spröde zu machen.
Kontrollversuche mit Salpetersäure zeigten, dass diese Säure,
wenn sie auch etwas Gewichtsvermehrung herbeiführt, dennoch
viel weniger die Quellung fördert, als viele organische Säuren.
So ist es denn leicht erklärlich, dass ihre Salze dieselbe Ten¬
denz aufweisen, und zwar in noch gesteigertem Masse.
Die Praxis dürfte die angeführten Nitrate als den Hufen
schädlich ansehen, da sie härtend wirken und die Sprodigkeitfördern.
-
— 44 -
6. Sulfate.
I. Chromsulfat: &2 (S04)a. Konzentration = gesättigt.
Hornart
An¬
fangs-gew,
gr
Nach
24 h
gr-
Nach
48 h
gr
Nach
4
Tagengr
Nach
Tagengr
Nach
60
Tagengr
7»Zunahme
Wandhorn
Fohlenwandh.
5,088
6,1305,733
6-757
5,878
5,l696,4377,677
6.458
7,682
6,552
7,721
28,77
25,95
Die Hauptabsorption vollzog sich während der ersten 24Stunden. Nach drei Tagen war schon ziemlich genau das Maximal¬
gewicht erreicht; es folgten während der Gewichtskontrolle
nur noch geringe Schwankungen, weshalb die Tabelle von den
spätem Wägeresultaten nur dasjenige bei Abbruch der Ver¬
suche enthält.
Es trat keine nachhaltige Veränderung der Härte durch
Chromsulfat ein.
Das Horn war nach dem Trocknen blaugrün gefärbt. Durch¬
sägte Proben zeigten ein Eindringen der Färbung bis ca. 2 mm,und zwar bei Wandhorn besonders auf der Innenseite. Schon
vor dem Zersägen konnte auf der Innenseite deutlich ein Ein¬
dringen des Stoffes festgestellt werden. Auf der Aussenseite
waren nur ganz schwache Andeutungen.
2. Kupfersulfat (CUSO4). Konzentr. = ca. */» n, gesättigt.
Hornart
An¬
fangs-gew.
gr
Nach
24 h.
gr
Nach
36 h.
gr
Nach
Tagengr
Nach
Tagengr
Nach
60
Tagengr
7»Zunahme
Wand 6,396 7,42 7 7,603 8,417 8,459 9,250 44,62
Maximale Absorptionsfähigkeit: Wandhorn = 44,62 °/o.
In den ersten 24 Stunden erfolgte starke Gewichtsver¬
mehrung, die sich bald verminderte, ohne aber 'ganz gering zuwerden.
-
— 45 —
Sohlenhorn zeigte auf der Untenseite makroskopisch guti cm tiefes Eindringen der Kupfersulfatlösung, auf der Innenseite
i mm tiefe Blaufärbung: ungefähr ebensoviel an den beidenSeiten.
Kupfersulfat fördert die Quellung des Horns, eine Tätig¬
keit, die sich im Verein mit NH3 (als Schweitzersches Reagens)
bis zur Lösung von Horn steigert.
Beide untersuchten Sulfate eignen sich gut zu Hornfärbe-
versuchen.
6 b. Alaun.
i. Eisenalaun, Fe2 (SCu)3 + (NH4) 2SO*). Eisenammonium¬
sulfat. Konzentriert.
Hornart
An¬
fangs-gew.
gr
Nach
24 h.
gr
Nach
48 h.
gr
Nach
Tagengr
Nach
5
Tagengr
Nach
60
Tagengr
7»Zunahme
Wandhorn
Fohlenwandh.
6,051
5-732
6,520
6,539
6,780
6,833
6,928
6,9887,122
7,042
7,543
7,298
24,66
27,32
Die Absorptionsfähigkeit für Eisenalaun dauerte länger an-
als die für Chromsulfat, erreichte aber bei weitem nicht die bei
Kupfersulfat. Fohlenhorn absorbierte viel heftiger als älteres-
Wandhorn, blieb aber nach vier Tagen zurück. (Jüngere Zellen
sind bekanntlich permeabler.)
Die Hornstücke erwiesen sich nach dem Trocknen wieder
hart und etwas brüchig.
Dem nachträglich getrockneten Hörne war auf der Aussen-
seite eine dünne, hellgelbe Schicht aufgelagert, darunter eine
rote, fleischfarbige. Durchschnittenes Fohlenhorn war fast voll
ständig von dem schwach fleischroten Farbenton durchzogen,Horn älterer Pferde bis nicht ganz zur Hälfte. Dabei waren
die Hornkanälchen äusserlich hellgelb gefärbt, die Schicht
zwischen den einzelnen Kanälchen aber fleischfarbig. So das-
Bild des getrockneten Hornes.
-
- 46 -
7. Bichromat.
i. Kaliumbichromat, KsCrgOr. Konzentration = gesättigt.
Hornart
An¬
fangs-gew,
gr
Nach
24 h.
gr
Nach
48 h.
gr
Nach
4
Tagengr
Nach
t5
lagengr
Nach60
Tagengr
Zunahme
Wandhorn 2,917 3.23i 3,378 3,385 3,392 3,404 16,69
Die grösste Absorptionstätigkeit konnte nach 48 h. als ab¬
geschlossen betrachtet werden.
Nach zwei Monaten war nur mehr eine geringe Gewichts¬
zunahme konstatierbar.
Das Horn blieb trotz längeren Trocknens an der Luft noch
eine Zeitlang elastischer als nicht chromiertes Horn.
Die schwarzbraun verfärbten Hornstücke fühlten sich an
der Aussenseite rauh an.
8. Hydroxyde, Antiformin, Sulfide.
2. Natronlauge, NaOH (Konzentration = V2 n.).Das konstatierbare maximale Absorptionsvermögen betrug
nach 24 Stunden 28,48 °/o (ungenau).Die Quellung erwies sich dabei schon so stark, dass man
nur mehr eine höchst ungenaue Wägung vornehmen konnte,denn es lösten sich beim Trocknen mit Fliesspapier Teilchen los.
Das Horn wurde nach 1—n Tagen (je nach Konzentration)
äusserst elastisch (wie Froschlaich).Innerhalb kürzester Zeit durchdrang die Lauge die dicksten
Hornstücke, quellte sie auf und erweichte sie vollständig (wieGallerte). Anfangs wurde dabei die Elastizität sehr erhöht;bald aber trat Auflösung der Hornstruktur ein und das Horn
zerfiel in elastische Stückchen, die immer kleiner wurden,
bis schliesslich nur noch eine Flüssigkeit zurückblieb, deren Farbe
grünschwarz, bisweilen auch bräunlich war.
Auch in einer 25 °/o Lösung wurde das Horn nach einigen
Tagen so vollständig aufgelöst, dass nur noch die Pigment¬schollen erhalten blieben, aber jeglicher Zusammenhang unter
ihnen verloren ging.
-
— 47 —
Eine 30 % Lösung zeigte entsprechend schneller ein¬tretende vollständige Auflösung des Hornes. — Eine 15% Lösungwies dasselbe Bild auf wie das durch das Schweitzersche
Reagens hervorgerufene.
Wand-, Strahl- und Sohlenhorn gaben gleiche Resultate,d. h. alle wurden aufgelöst.
Unterbrach man die Versuche und Hess das vorher aus¬
gewaschene Hornstück trocknen, so zeigte das Wandhorn
makroskopisch ein ähnliches Aussehen wie Strahlhorn, d. h.
seine Struktur erschien feiner und dichter.
Bei Wandhorn, das in NaOH-lösung plus absol. Alkohol
(letzerer in grossem Ueberschuss) eingelegt wurde, trat neben
dem Alkoholgeruch nach 10—14 Tagen ein starker Ammoniak¬
geruch auf. Das sich entwickelnde Ammoniak konnte mit HCl
nachgewiesen werden.
Das Horn war dabei nicht vollständig gelöst, sondern
ähnlich der äussersten verholzten Rinde der Birnbäume in Schich¬
ten gespalten und von Rissen durchzogen, dunkel bis schwarz¬
braun gefärbt. In den äussern Partien hatte das Horn jedeElastizität verloren und fühlte sich breiig an.
Ein Beweis für die ungemein starke Einwirkung von NaOHauf Horn, die durch absol. Alkohol nur höchst wenig paralysiertwerden konnte.
2. Kalilauge (KOH) zeigte dasselbe Verhalten.KOH sowie NaOH wirkten also, kurze Zeit und in ge¬
ringen Konzentrationen angewandt, sehr elastizitätssteigernd,in höheren Konzentrationen aber als kräftige Hornlosungs-mittel.
3. Anliformin (Zusammensetzung: 3,442 gr Natronlauge+ 150 cm8 Eau de Javelle).
Das gefundene maximale Absorptionsvermögen betrug 23,54bis 32,58%. Die Absorption vollzog sich aber sehr rasch, wes¬halb auch hier wie bei NaOH nach 24—48 Stunden die
Wägungen nicht mehr genau ausführbar waren.Das Horn wurde auch hier anfänglich sehr elastisch.Die vollständige Durchweichung ging nicht so rasch vor
sich wie bei NaOH (für Hornschneidemethoden verwendbar).
-
- 48 -
Eau de Javelle (KOCl) allein vermag Horn in keiner Weise
zu lösen. Ihm ist hier die verlangsamende Wirkung zuzu¬schreiben.
Das Horn wurde korkzieherförmig gedreht, was wohl auf
die verschieden starke Quellung der alten und jungen Horn-zellen zurückzuführen ist. Diese Erscheinung trat bei allen.Versuchen auf.
Je weniger NaOH man beifügte, desto langsamer erfolgtedie Auflösung des Hornes, aber umso gummiähnlicher wurde
der eingedampfte Rückstand. Dampfte man nämlich gelöstesHorn ein, so bekam man einen schönen gelben, der Farbe des
Waldhonigs ähnlichen, spiegelnden Rückstand, der klebrig wie
Gummi arabicum anzufühlen war und der sich länger als ein Jahrunverändert erhielt. War dagegen viel NaOH in der Lösung,so kristallisierte diese bei der Eindampfung als ein Salz teilweise
aus und es bildeten sich Krusten mit unschönen Missfarben.Antiformin ist wegen seiner langsameren, durch KOCl regu¬
lierbaren hornauflösenden Tätigkeit für therapeutische Zwecke
der NaOH oder KOH vorzuziehen.
Wie weit die Hornlösung für die Färb- und Firnistechnik,sowie für elektrische Widerstände etc. verwertbar ist, entzieht
sich unserer Beurteilung.
4. Calciumhydroxyd, Ca(OH)a. (Konzentriert.)Um zu erforschen, ob auch andere Hydroxyde innert
wenigen Stunden die starke, hornauflösende Tätigkeit aus¬
üben wie KOH und NaOH., wurden mit Ca(OH)s Versuche
ausgeführt, ohne jedoch die Gewichtsvermehrung durch Wä-
gungen zahlenmässig festzustellen. Es zeigte sich, dass dies nicht
vollständig der Fall ist; denn obwohl Cahydroxyd die unter¬
suchten Hornstücke sehr stark erweichte, sodass sie viel besser
schneidbar waren als frische, konnte dennoch keine so rasche auf¬
lösende Wirkung wahrgenommen werden, wie bei obigen, son¬dern es trat selbst nach Wochen nur ein geringes Lösen des
Hornes ein. Dabei wurde die Flüssigkeit etwas gelb gefärbt.Erst nach Monaten stellte sich auch hier vollständige Auf¬
lösung ein.
Für die Praxis dürfte dieses Reagens als hornerweichendes
Mittel seine grosse Bedeutung haben.
-
— 49 —
8h. Sulfide.
i. Natriumsulfid, Na2S. (Konzentr. = ljt n).
Hornart
An¬
fangs-gew.
gr
Nach
15 h.
gr
Nach
24 h.
gr
%Zunahme
Wandhorn 7.840 10,467 10,903 (?) 40,2
Das Horn wurde durch NasS erweicht. Diese Erweich