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Rhetorik Sprache und Körpersprache Univ.-Prof. Dr. Henry Schäfer Betriebswirtschaftliches Institut Abteilung III Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Finanzwirtschaft

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Rhetorik

Sprache und Körpersprache

Univ.-Prof. Dr. Henry Schäfer

Betriebswirtschaftliches Institut Abteilung III

Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Finanzwirtschaft

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Rhetorik - Univ.-Prof. Dr. Henry Schäfer 2

Inhal tsverzeichnis 1. Allgemeines

2. Aufbau

3. Persönliche Einstellung

4. Lampenfieber

5. Fragen

6. Dialektik

7. Körpersprache

8. Übungen

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Allgemeines

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Rhetorik - Univ.-Prof. Dr. Henry Schäfer 4

Was werde ich

beibehalten ändern

Die wichtigsten Gedanken für mich

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Beurteilungsbogen einer Rede

schlecht gut

1 2 3 4 5 6 7

1. Anfang und Schluß

2. Stimme

3. Modulation

4. Dehnlaute

5. Tempo

6. Pausen

7. Beispiele

8. per. Ansprache

9. Blickkontakt

10. Mimik

11. Gestik

12. Haltung

13. Gliederung

14. Inhalt

15. Hilfsmittel

16. Medieneinsatz

17. Timing

18. inneres Engagement

19.

20.

21.

22.

23.

Andere Beobachtungen

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Rhetorik - Univ.-Prof. Dr. Henry Schäfer 6

Literaturliste Rhetorik

1. R. Lay: Manipulation durch die Sprache,

Hamburg 1980

2. N. Rogers: Frei reden - ohne Angst und Lampenfieber,

München 1995

3. A. Mohler: Die 100 Gesetze überzeugender Rhetorik,

München 1979

4. P. Ebeling: Rede ohne Lampenfieber,

Landsberg 1975

5. P. Ebeling: Das große Buch der Rhetorik,

Wiesbaden 1987

6. W. Fricke: Frei reden,

Köln 1985

7. H. Lemmermann: Lehrbuch der Rhetorik,

München 1979

8. K. Haberkorn: 88 Tips für erfolgreiche Redner,

Sindelfingen 1987.

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Aufbau

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Rhetorik - Univ.-Prof. Dr. Henry Schäfer 8

Standpunkt Rede

1. Standpunkt

"Mein Standpunkt zu diesem Thema ist ..."

2. Begründung

" Ich bin dieser Meinung, weil ..."

3. Beispiel

"Als Beispiel führe ich an ..."

4. Wiederholen und Steigern

"Um es nachdrücklich zu wiederholen ..."

5. Appell, Aufruf

"Und darum bitte ich Sie, ..."

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Aufbau einer Kurz-Rede

3. Planungsschritt:

situationsbezogener

Einstieg

Ich sage meinen Zuhörern,

was mein Thema mit ihnen

persönlich zu tun hat.

Warum rede ich?

- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - ⏐ - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -

2. Planungsschritt:

die Begründung

Ich beschreibe, wie die

Situation im Augenblick

aussieht - vielleicht auch, wie

es dazu gekommen ist, und

wen ich dafür verantwortlich

mache.

Wie ist die Situation?

Ich beschreibe, was ich

erreicht sehen will; wie eine

veränderte Situation aussehen

soll.

Was soll erreicht

werden?

Ich sage, mit welchen

Maßnahmen meiner Meinung

nach das Ziel erreicht werden

kann.

Wie kann das

erreicht werden?

- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -

1. Planungsschritt:

der Zwecksatz

Ich sage meinen Zuhörern,

was sie persönlich tun

können, damit das

angestrebte Ziel erreicht

wird!

Das will ich von euch!

Da der Aufbau einer Kurz-Rede aus zusammen fünf einzelnen Punkten besteht, nennen wir ihn in Zukunft: den Fünf-Schritt-Aufbau! Fricke: Frei reden Köln 1985, S. 33

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Persönliche

Einstellung

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Persönliche Einstellung zur Rede 1. Geistiger Standpunkt "Ich bin o.k. - ihr seid o.k." Hier steht vor allem die persönliche Einstellung zu sich selbst, zum Thema und

zum Publikum im Vordergrund. "Ich bin o.k." heißt, ich bin gut vorbereitet, ich stehe zu meinem Thema und zum

Inhalt, ich fühle mich wohl (bis auf einen kleinen Rest Lampenfieber). "Ihr seid o.k." heißt, daß ich mich freue, heute vor meinem Publikum zu

sprechen. 2. Keine Publikumsbeschimpfung Seien Sie freundlich. Strahlen Sie Herzlichkeit und Menschlichkeit aus. Seien Sie höflich. Seien Sie begeistert. Wenn Sie es sind, wird sich Ihre Begeisterung auch auf

Ihr Publikum übertragen. 3. Keinen Hammer loslassen, denn jeder Hammer kommt zurück Sprechen Sie über unkritische Themen. Stellen Sie Vorteile und Stärken Ihres Redeinhaltes bzw. des Themas dar. Vermeiden Sie Kritik an Mitbewerbern oder Konkurrenten. Wirken Sie integrierend auf die Teilnehmer. Arbeiten Sie mit Ihren Teilnehmern und nicht gegen sie. Alle negativen Dinge kommen, wenn Sie sie während einer Rede tun, wie ein

Bumerang oder ein Hammer zurück. Das Ergebnis ist ein schlechter Vortrag und für Sie persönlich zusätzlich ein großer Kompetenz- und Prestigeverlust.

Lassen Sie Ihren Hammer in der Werkzeugkiste.

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4. Nutzen Sie Ihre persönlichen Stärken Spielen Sie in Ihrer Rede Ihre persönlichen Stärken aus. Stellen Sie Ihre weniger starken Seiten in den Hintergrund. Wenn Sie z.B. eher

ein sachlicher und nüchterner Mensch sind, dann verhalten Sie sich auch so. Sie wirken auf Ihre Teilnehmer echt, natürlich und damit überzeugend.

Schauspielern Sie also nicht. Versuchen Sie aber in Ihren Reden wenigstens eine Schwäche abzubauen. Wenn Sie z.B. festgestellt haben, daß Sie in der Rede wie angewachsen an

einer Stelle stehen, dann nehmen Sie sich beim nächstenmal vor, mindestens 3 mal den Standort zu wechseln.

So schaffen Sie es, von Rede zu Rede selbstsicherer in Ihrem Auftreten und

Verhalten zu werden. 5. Störungen haben Vorrang Störungen während einer Rede lassen sich nie ganz vermeiden. Planen Sie mögliche Störungen und Ihre Behebung mit in die Rede ein. Störungen haben Vorrang. Wenn eine Störung eintritt, dann ist die Aufmerk-

samkeit des Publikums eher auf die Störung als auf Ihre Rede gerichtet. Warten Sie mit der Fortsetzung der Rede, bis die Störung vorbei ist. Unter

Umständen müssen Sie etwas tun, um die Störung möglichst schnell zu beenden; tun Sie es selber, oder beauftragen Sie jemanden damit.

Ist die Störung vorüber, wiederholen Sie ruhig kurz den Sachverhalt, den sie vor der Störung vorgetragen haben, und fahren Sie dann fort.

Diesen technischen Störungen stehen zwischenmenschliche Störungen

gegenüber. Gemeint sind hiermit Störungen, die im Bereich der Kommunikation liegen, also Störungen, die sowohl von Ihnen als auch von den Teilnehmern ausgehen können. Kommunikationsstörungen können Sie vermeiden, in dem Sie laut und deutlich, kurz und klar sprechen (vor allem zu den Teilnehmern und nicht zu den Wänden). Unter Umständen fragen Sie bitte die Teilnehmer, ob sie alles verstanden haben, oder ob Sie noch etwas erklären müssen.

Kommunikationsstörungen haben fatale Folgen für die Verständlichkeit Ihrer

Rede. Denn schließlich soll Ihre Botschaft bei den Teilnehmern so ankommen, wie Sie es gemeint haben.

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S p r a c h e 1. Angemessene Lautstärke Sprechen Sie laut und deutlich, nicht zu schnell und nicht zu langsam. Wenn sie Probleme mit Ihrer Sprechlautstärke haben, benutzen sie folgenden

Trick: Sprechen Sie zur letzten Reihe, sprechen Sie so, daß die von Ihnen am

weitesten entfernte Person Sie verstehen kann (sofern Sie nicht mit einem Mikrofon arbeiten). Wenn Sie die letzte Reihe ansprechen, werden alle anderen Teilnehmer Sie auch verstehen.

Nichts ist schlimmer, als wenn Sie ständig durch Ausrufe "Bitte etwas lauter" gestört werden.

Wenn Sie zu leise sprechen sollten, kann dies auch als Unsicherheit vom Publikum ausgelegt werden.

Im Gegensatz dazu führen Sie aber bitte Ihre Rede nicht wie ein Marktschreier durch.

2. Mit der Sprache auf die Teilnehmer einstellen Achten Sie in Ihrer Vorbereitung, aber auch während der Rede darauf, daß Sie

adressatengerechte Formulierungen, Abkürzungen und Fachbegriffe benutzen. Wenn Sie sich nicht ganz sicher über die Wissensebenen Ihrer Zuhörer sind,

z.B. Abkürzungen, dann nennen Sie die Abkürzung und die Langform. So gewöhnen Sie Ihr Publikum an das Fachvokabular.

Denken Sie in Ihrer Vorbereitung daran, sich selbst alle Abkürzungen und Fachbegriffe nochmals schriftlich zu erklären. Es ist für Sie und Ihre Rede tödlich, wenn Sie während der Veranstaltung nicht in der Lage sind, Fachbegriffe zu erklären.

Stellen Sie ruhig das Selbstverständliche in Frage. Spielen Sie mit der Sprache. Sie haben hier ein hervorragendes Instrument zur

dramaturgischen Gestaltung. Sprechen Sie lebhaft. Lassen Sie Ihre Teilnehmer Ihre Begeisterung für das

Thema und die Rede spüren. Spielen Sie mit der Lautstärke Ihrer Stimme, spielen Sie mit der Modulation

(hohe oder tiefe Stimme) und der Artikulation (Deutlichkeit der Aussprache). Hören Sie sich im Radio Hörspiele an, oder legen Sie Märchenplatten auf. Sie

hören dann, was gemeint ist. Eine monoton oder ohne Begeisterung durchgeführte Rede hat noch keinen

Teilnehmer vom Stuhl gerissen.

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Tips 1. Den Blick auf das Medium immer freihalten Vergewissern Sie sich während der Rede, daß alle Zuhörer einen freien Blick

auf Ihre Medien haben. Wenn Sie Blickkontakt mit Ihrem Publikum haben, können Sie das kontrollieren. Notfalls fragen Sie kurz nach, ob jeder das sehen kann, was Sie am Medium

präsentieren. 2. Standort wechseln Wechseln Sie ruhig während der Rede Ihren Standort. Rennen Sie nicht wie wild durch die Gegend. Sie bekommen kein

Kilometergeld. Außerdem wirkt dies nur beunruhigend auf die Zuhörer. Standortwechsel geben Ihnen die Möglichkeit, Ihre Gedanken zu sammeln und

zu formulieren; deshalb reden Sie am besten nicht, wenn Sie Ihren Standort wechseln.

Als dramaturgisches Element eingesetzt, können Sie mit Standortwechseln Themenabschnitte beenden oder neu beginnen.

3. Blickkontakt Halten Sie Blickkontakt zur Ihrem Publikum. Es fühlt sich dadurch auch

persönlich angesprochen. Suchen Sie Ihre Formulierungen nicht auf dem Boden oder an der Decke. Es

wirkt sonst unterwürfig oder überheblich. Fixieren Sie nicht einzelne Personen, sondern schauen Sie in die gesamte

Runde, von rechts nach links außen (oder umgekehrt). Schauen Sie dabei nicht über die Köpfe hinweg, sondern kurz in die Augen der

Teilnehmer. Wenn Sie Blickkontakt mit dem Publikum haben und halten, können Sie sofort

Reaktionen des Publikums erkennen und darauf eingehen (fragende Blicke, Zustimmung durch Kopfnicken).

4. Nicht auf einzelne Teilnehmer fixieren Es gibt in der Rhetorik die Weisheit: "Du hast immer einen Freund in der

Gruppe". Wer Ihr Freund während der Rede ist, finden Sie schnell heraus. Es ist jemand, der Ihnen freundlich zunickt, zulächelt, zustimmt in Dingen, die Sie präsentieren. Behalten Sie Ihren Freund im Auge, aber fixieren Sie ihn nicht ständig an.

Fixieren Sie auch keine anderen Personen, z.B. Vorgesetzte oder andere wichtige Persönlichkeiten. Schließlich reden Sie für alle Anwesenden und nicht für bestimmte Personen.

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Lampenfieber

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L a m p e n f i e b e r Lampenfieber ist ein fester Bestandteil einer jeden Rede. Lampenfieber hat sehr viel mit Angst zu tun. Mit der Angst, daß Ihre Inhalte nicht richtig präsentiert werden, daß Sie vorher krank werden, daß Sie Ihr Manuskript verlieren, daß Ihr Publikum uninteressiert ist und vieles andere mehr. Lampenfieber tritt meistens in zwei Phasen auf - mit der Kenntnis, daß Sie eine Rede durchzuführen haben und unmittelbar vor der Rede. Die erste Phase beginnt mit dem Zeitpunkt, wo Ihnen mitgeteilt wird, daß Sie eine Rede durchzuführen haben. Meistens ist der Zeitraum für die Vorbereitung sehr knapp. Die Tagesarbeit muß verschoben, Prioritäten neu gesetzt werden. Allerdings ist es während der Vorbereitung der Rede dann schwer, die Gedanken an das Tagesgeschäft auf die Seite zu schieben. Hinzu kommt meistens, daß Sie sehr viel Zeit verlieren, weil der Auftrag für die Rede nicht genau abgegrenzt ist, und Sie häufig nachfragen müssen. Die zweite Phase des Lampenfiebers beginnt kurz vor der Rede (entweder am Vorabend oder am Morgen des Tages). Zweifel an der Richtigkeit des Vorgehens, der getroffenen Themenwahl und der Reihenfolge erfüllen Sie mit Angst und manchmal mit Panik.

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Was können sie gegen das Lampenfieber tun? Hier ein paar nützliche Tips. 1. Richtige Vorbereitung Mit dem Wissen, daß Sie sich fachlich, technisch und persönlich optimal

vorbereitet haben, gehen Sie gegen das Lampenfieber an. 2. Wissensreserven Beschränken Sie Ihre inhaltliche Vorbereitung nicht nur auf den aktuellen

eigentlichen Inhalt, sondern versuchen Sie, Ihr Wissen zu vertiefen, alle Aspekte des Themas vorzubereiten.

Die Wissensreserve schafft Selbstsicherheit und Ruhe. 3. Adressatenanalyse Die sorgfältige Adressatenanalyse verschafft Ihnen genügend Kenntnisse über

Ihren Zuhörerkreis und dessen Erwartungen, Probleme oder Interessen. 4. Fragen und Einwände In der Vorbereitung der Rede haben Sie alle zu erwartenden Fragen und

Einwände aufgelistet und sich alle Ihre Antworten und Entgegnungen notiert. 5. Rede- oder Vortragsprobe In einer (oder mehreren) Redeproben haben Sie sich über alle Phasen Ihrer

Rede ein Bild machen können. Ein großer Teil des Lampenfiebers läßt sich also durch eine gründliche und gute Vorbereitung auf die Rede ausschalten.

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T i p s Wie bekämpfen Sie nun das Lampenfieber unmittelbar vor der Rede? 1. Fertigen Sie eine Checkliste an, welche Dinge Sie vor der Rede noch erledigen

wollen. Planen Sie genügend Zeit für die Erledigung dieser Dinge ein. 2. Machen Sie sich mit den Räumlichkeiten vertraut. Sollte es notwendig sein, dann reisen Sie zur Rede am Vortag an. So sind Sie auch genügend für Ihre Rede ausgeruht. 3. Werfen Sie Ihr Redekonzept nicht um. Sowas geht nie gut. 4. Trinken Sie vorher keinesfalls Alkohol. 5. Gehen Sie vorher auf die Toilette. 6. Ordnen Sie alle für die Rede wichtigen Dinge, und legen Sie sie bereit. 7. Lernen Sie die ersten drei Sätze Ihrer Rede auswendig, oder üben Sie die ersten

2 Minuten Ihrer Rede, bis Sie sie voll im Griff haben und im Schlaf beherrschen. 8. Machen Sie vor Beginn eine kurze Entspannungsübung. Ziehen Sie sich zurück. Setzen Sie sich irgendwo bequem hin und schließen Sie

die Augen. Denken Sie an nichts, auch nicht an die bevorstehende Rede. Machen Sie 10 tiefe Atemzüge.

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Wenn diese Entspannungsübung nicht so ganz funktioniert, dann machen Sie folgende Übung: Ziehen Sie sich zurück, am besten so, daß Sie niemand beobachten kann. Stellen Sie sich mit leicht gespreizten Beinen hin. Atmen Sie mit geschlossenen Augen tief ein und ziehen dabei Ihre Schultern hoch. Wenn Sie ausatmen, lassen Sie die Schultern fallen. Wiederholen Sie diese Übung 3 bis 5 mal. Am Ende der Übung öffnen Sie die Augen, springen kurz in die Luft und klatschen laut in die Hände. Denken Sie daran, daß Sie sich nach der Rede etwas Gutes gönnen. Führen Sie dann Ihre Präsentation durch. Alle angesprochenen Punkte haben sich in der Praxis bewährt. Es gibt Redner, die sich zur Bekämpfung des Lampenfiebers ein richtiges Ritual zurecht gelegt und damit Erfolg haben. Wenn Sie dies auch machen wollen, dann tun Sie es. Die Erfahrungen haben gezeigt, daß sich das Lampenfieber im Laufe der Zeit mit der steigenden Zahl von Reden auf ein Minimum reduziert.

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Fragen

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F r a g e n Fragen in einer Rede sind immer ein gutes Zeichen. Sie signalisieren, daß die Zuhörer sich mit den Inhalten der Rede auseinandergesetzt haben. Fragen schaffen einen direkten Kontakt zwischen Ihnen und Ihrem Publikum. Für Fragen in einer Rede gibt es ein paar wichtige Regeln: 1. Klären Sie in Ihrer Einleitung ab, daß Fragen gestellt werden können;

entweder während der Rede ("Bitte stellen Sie Ihre Fragen während der Rede") oder nach der Rede ("Fragen beantworte ich Ihnen gerne am Ende meiner Rede. Ich bitte Sie, sich Ihre Fragen zu notieren.")

2. Geben Sie den Zuhörern eine Chance, Fragen zu stellen. Motivieren Sie Ihre Zuhörer zu Fragen. ("Gibt es von Ihnen noch Anregungen, Anmerkungen oder Fragen

zum Inhalt?). 3. Gehen Sie mit den Fragen des Publikums sorgsam um. Jeder, der eine Frage stellt, möchte auch eine ausreichende Antwort. Denken Sie daran, es gibt keine dummen Fragen, sondern nur

dumme Antworten. Beantworten Sie die Fragen offen und ehrlich. Wenn Sie keine Antwort auf die Frage haben, dann geben Sie es

ruhig zu. Sie können ja nicht alles wissen. 4. Danken Sie dem Fragesteller. Viele Zuhörer haben Angst, vor großen Gruppen zu reden oder auch

nur Fragen zu stellen. Durch das Loben des Fragestellers werden andere Zuhörer zum

Fragen animiert. 5. Wenn nötig, wiederholen Sie die Frage laut und deutlich. Damit

können alle Zuhörer die Frage aufnehmen. Wenn Sie die Frage wiederholen, dann richten Sie Ihre Aufmerksamkeit auf das gesamte Publikum und nicht auf den Fragenden.

Durch die Wiederholung der Fragen können Sie aggressive Töne entschärfen.

Entstellen Sie aber nicht den Sinn der Frage.

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6. Lassen Sie unverständliche oder aggressive Fragen vom Fragenden wiederholen. Meistens werden sie verständlicher und auch weniger aggressiv.

7. Bleiben Sie bei allen, auch bei aggressiven Fragen ruhig. 8. Hören Sie aktiv zu. Hören Sie sich die Frage richtig an und konzentrieren Sie sich auf

den Inhalt der Frage. 9. Beantworten Sie die Fragen kurz und bündig, aber vollständig. Weitschweifende Erklärungen führen zu nichts. 10. Versuchen Sie zu erkennen, ob der Fragende ein echtes Interesse

an einer Antwort hat, oder ob er sich nur aufspielen will. 11. Lassen Sie sich mit der Beantwortung der Frage etwas, aber nicht

zuviel Zeit. Nutzen Sie diese Pause, um Ihre Gedanken zu sammeln und Ihre

Antwort zu suchen. Oft ist es schon passiert, daß in dieser Zeit der Fragende selbst oder

ein Zuhörer aus dem Publikum die Antwort gibt. 12. Wenn Sie während der Rede Fragen zurückgestellt haben, dann

rufen Sie die entsprechende Person auf und bitten sie, die Frage nochmals zu stellen.

13. Streiten Sie sich nie mit dem Fragesteller. Meistens schlägt sich das

Publikum auf die Seite des Fragenden. Damit ist Ihre Rede unter Umständen ein Mißerfolg. 14. Geben Sie am Ende der Befragung den Hinweis, daß Sie noch für

weitere Informationen ansprechbar sind. Es gibt viele Zuhörer, die noch Fragen haben, die nur teilweise mit

der Rede zu tun haben. Geben Sie diesen Personen eine Chance, ihre Fragen loszuwerden.

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Fragearten

O f f e n e F r a g e n - beginnen mit einem Fragewort was? wer? wo? wann? warum? - sind aufschließende Fragen - ermöglichen schnelle Informationen - sind günstig zu Beginn eines Gesprächs - sind dialogfördernd - geben dem Partner die Chance, sich umfassend zu äußern

G e s c h l o s s e n e F r a g e n - lassen nur die Antwort "ja" oder "nein" zu - Partner legt sich fest - Bestätigung von Zusammenfassungen

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D ia lekt ik Die 3 Regeln des Platon 1 . R e g e l : Sei "alterozentriert! "Alterozentriert" meint eine psychische Grundeinstellung, die es dem Menschen erlaubt, von sich selbst und seinen Interessen (Bedürfnissen und Erwartungen) abzusehen und sich dabei auf das Ziel, das er verfolgt und auf die Menschen, die dabei eine Rolle spielen, möglichst umfassend einzustellen, um sein Ziel (Problemlösung oder Überzeugungstransfer) zu erreichen. 2 . R e g e l : Sprich die Emotionalität an Um von etwas überzeugen zu können, muß ich selbst davon überzeugt sein. Um zu überzeugen, muß ich die emotionalen Schichten des oder der anderen Personen erreichen, und zwar so, daß ich dessen oder deren rationale Kontrolle funktionsfähig halte. 3 . R e g e l : Beachte die Kommunikative Intention der Partner Die Regel unterscheidet zwischen 2 kommunikativen Intentionen: a) der informatorischen Intention b) der kontaktiven Intention Besteht auf der kontaktiven Intention Unsicherheit (sind sich also die Partner nicht über ihre wechselseitigen Beziehungen angstfrei im klaren), werden auch Informationen nicht zutreffend gegeben, abgenommen und verarbeitet. Aus: R. Lay, Dialektik für Manager, 1988 S. 19ff

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Dialektik

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Rhetorik - Univ.-Prof. Dr. Henry Schäfer 26

Verständl ichmacher Eine Wirksame und erfolgreiche Rede ist dadurch gekennzeichnet, daß die Inhalte für alle Teilnehmer verständlich dargestellt werden.

E i n f a c h h e i t

K ü r z e / P r ä g n a n z

G l i e d e r u n g

z u s ä t z l i c h e S t i m u l i e r u n g

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Rhetorik - Univ.-Prof. Dr. Henry Schäfer 27

E i n f a c h h e i t Benutzen Sie kurze Sätze. Reden Sie nicht in Schachtelsätzen, die nur dazu verführen, wenn genügend Zeit vorhanden ist, mit entsprechend hohem Abstraktionsniveau der Teilnehmer, "viel zu viel Informationen zu streuen, ohne daß den Teilnehmern Zeit gelassen wird, alle präsentierten Informationen zu verarbeiten. Sie sehen, diese Sätze sind schon beim Lesen schwer zu verstehen. Sprechen Sie etwas langsamer als gewöhnlich. Die richtige Sprechgeschwindigkeit bei Präsentationen liegt bei 80 - 100 Worten pro Minute. Sprechen Sie natürlich. Sprechen Sie lebendig. Erklären Sie die Fachbegriffe. "Die voluminöse Expansion subterrarer Agrarprodukte verhält sich reziprok zum Intellekt des Agrarökonoms". Klingt sehr wissenschaftlich, intelligent und intellektuell, nur kaum einer versteht es. Besser ist: "Der dümmste Bauer bekommt die dicksten Kartoffeln." Erklären Sie Abkürzungen. Verwenden Sie n.d.T.b.A.u.S. (nur den Teilnehmern bekannte Abkürzungen und Symbole). G l i e d e r u n g Achten Sie darauf, daß Ihre Aussagen und die Inhalte logisch aufgebaut sind und eine innere Folgerichtigkeit haben. Springen sie nicht wie ein Gummiball zwischen den einzelnen Themen hin und her, sondern handeln Sie Ihre Themen folgerichtig und aufeinander aufbauend ab. Unterstreichen Sie den Wechsel von Überschriften auch sprachlich, indem Sie z.B. kurze Pausen einlegen oder in einen Vortrag oder einer Präsentation einen Standortwechsel durchführen. K ü r z e u n d P r ä g n a n z Eine Rede lebt davon, daß das Thema kurz, prägnant und greifbar vorgestellt wird. Bringen Sie viele Informationen mit wenig Worten. Lassen Sie den Teilnehmern aber Zeit, Ihre Informationen zu verarbeiten und zu verdauen. Zuviele Informationen stehen dem Verständnis des Themas im Wege. Wägen Sie sorgfältig ab, wie groß Ihre Informationsdichte in der Rede ist. Beschränken Sie sich auf wesentliche Kernaussagen. Lassen Sie zuviel schmückendes Beiwerk weg. Wenige, aber wichtige Informationen sind immer besser als viele unwichtige. Z u s ä t z l i c h e S t i m u l i e r u n g Eine Rede lebt von der zusätzlichen Stimulierung. Treffende Beispiele aus dem Alltag der Teilnehmer haben eine ebenso große Wirkung wie passender Humor. Aber Achtung: Nichts ist schlimmer, als wenn Sie einen Witz erzählen, und Sie der einzige sind, der lacht. Verstärkt wird die Rede durch "Salz-in-der-Suppe"-Informationen, also z.B. Insidertips, absolut neue Nachrichten, Ankündigungen, d.h. durch alles, was eine Präsentation für die Teilnehmer interessant macht.

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Rhetorik - Univ.-Prof. Dr. Henry Schäfer 28

Verständl ichmacher Einfachheit • kurze Sätze • bekannte Wörter • Fachbegriffe und Abkürzungen

Gliederung • innere Folgerichtigkeit • "Überschriften" oder Themenwechsel mittels sprachlicher Formulierungen oder Sprechpausen setzen

Kürze Prägnanz • Viel Informationen mit wenig Worten • Beschränkung auf das Wesentliche

zusätzliche Stimulierung • treffende Beispiele • passender Humor • "Salz-in-der-Suppe"-

Informationen

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Rhetorik - Univ.-Prof. Dr. Henry Schäfer 29

Körpersprache

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Rhetorik - Univ.-Prof. Dr. Henry Schäfer 30

K ö r p e r s p r a c h e ( K i n e s i k ) Die Körpersprache übermittelt unentwegt Botschaften. Jede Körperhaltung, jede Geste, ist eine Ich-Aussage über uns selbst, aber auch eine Aussage über die Beziehung zu unserem Gesprächspartner. Insgesamt gibt es in der Kinesik 4 Bewegungsrichtungen 1. Oben - Unten 2. Rechts- Links 3. Vorne-Hinten 4. Innen - Außen D a s S t e h e n Beobachten Sie die Bodenhaftung, die Sie beim Stehen haben: • wenig Bodenhaftung / sprunghaft, wenig in sich gefestigt

• gute Bodenhaftung / leben aus der inneren Mitte heraus

• zu feste Bodenhaftung / unbeweglich, auf seinen Standpunkt fixiert. Beobachten Sie, ob Sie frei im Raum stehen können. Wenn Sie ständig das Bedürfnis haben, sich irgendwo festzuhalten, so läßt das darauf schließen, daß Sie wenig Halt in sich selbst und im Leben ein starkes Anlehnungsbedürfnis haben. Je gerader ein Mensch steht, desto aufrechter ist seine innere Haltung. Er zeigt sich offen gegenüber der Außenwelt, wach und aufnahmebereit. Beugt er sich nach vorn mit der Tendenz nach unten, so ist das ein Zeichen von Ängstlichkeit, Unsicherheit, Fluchtverhalten, Introvertiertheit. Der Blick ist dabei häufig von unten nach oben oder auch mehr nach innen gerichtet. Steht ein Mensch dagegen so gerade, daß er sich schon ein wenig nach hinten lehnt, so signalisiert er Sicherheit: "Mir gehört die Welt!" Sogar Arroganz, wenn gleichzeitig der Blick von oben nach unten gerichtet ist. Grundsätzlich gilt: Ein Körpersignal allein hat keine Aussagekraft. Ein Signal ist nur ein Hinweis, der überprüft werden muß. Wir müssen immer mehrere Signale beobachten. Wenn alle auf dasselbe hinweisen, können wir davon überzeugt sein, daß unsere Beobachtung richtig ist. Auf folgende Kriterien sollten wir unser Augenmerk richten: 1. Körperhaltung 2. Mimik 3. Gestik 4. Abstand (Distanz zum Mitmenschen) 5. Tonfall G e s t i k R i c h t u n g O b e n - U n t e n

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Rhetorik - Univ.-Prof. Dr. Henry Schäfer 31

In der Körpersprache gilt eine ganz einfache Regel: Alle Bewegungen mit der Tendenz nach oben wirken heiter und positiv, so wie sich ja auch beim Lächeln unsere Mundwinkel nach oben verziehen. Rufen wir "Hurra" oder "Tor", werfen wir die Arme automatisch in die Höhe. Alle freudigen und einladenden Bewegungen haben die Tendenz nach oben. Bewegungen, mit der Tendenz nach unten wirken ernst und oft negativ, z.B. wegwerfende Bewegungen, abwertende Bewegungen, müde Bewegungen, pessimistische Bewegungen. G e s t i k R i c h t u n g I n n e n - A u ß e n Wir unterscheiden die Gesten, die mehr nach innen gerichtet sind, also dem Körper zugewandt, und die Gesten, die in die Außenwelt weisen. Ein introvertierter Mensch wird sich hauptsächlich mit folgenden Gesten ausdrücken: • kleine Gesten • unscheinbare Gesten • runde Gesten • nach innen gerichtete Gesten • sich abschirmende Gesten • Sprechen mit schützender Hand vor dem Mund • aufgestützter Arm • sämtliche Schutzgesten • geschlossene Hände • Blick nach innen gerichtet, leise Sprechweise • eher langsame Gesten Der extrovertierte Mensch dagegen wird vorwiegend folgende Gesten benutzen: • große Gesten • impulsive Gesten • offene Haltung • offene Handstellung • nach außen gerichtete Gesten • schnelle Gesten • einladende Gesten • Blick sehr wach in die Außenwelt gerichtet • laute Sprechweise

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Die 7 Bewegungsgruppen der Kinesik 1. Die Gestik der Sympathie offene, weiche Bewegungen, Tendenz nach oben gerichtete Bewegungen,

einladende Bewegungen, fließende Bewegungen, verbindende Bewegungen. 2. Die Gestik der Antipathie sich abschließende, sich nicht verbindende, harte Bewegungen, sich abwenden,

Verweigern des Blickkontakt, sich seitlich wegdrehen, wegwerfende Bewegungen, negative Bewegungen, abstoßende Bewegungen

3. Die Gestik der Ratlosigkeit und Unsicherheit formlos, vage, ziellos, Achselzucken, flatternde Bewegungen, Rudern mit den

Händen in der Luft, zitternde Bewegungen 4. Die Gestik des Deutenden, Belehrenden Zielstrebige Bewegungen, sehr bestimmte Bewegungen, klare, eindeutige

Bewegungen, mit dem Zeigefinger deuten, befehlende Bewegungen, stark nach außen gerichtete Bewegungen

5. Die Gestik der Nachdenklichkeit und Bedächtigkeit in sich gekehrte Bewegungen, langsame Bewegungen, in sich ruhende

Bewegungen, sich mit der Hand abschirmen vor der Außenwelt, oft Augen zu, kleine Bewegungen, Zeigefinger seitlich an die Nase gelegt, Kinn reiben, Kopf kratzen, Fingerspitzen an die Stirn gelegt, mit der Hand durch die Haare fahren

6. Die Gestik der Entrüstung und des Zorns kraftvolle Bewegungen, Fäuste ballen, Faust auf den Tisch schlagen, Hände in

die Hüfte gestemmt, mahnende Bewegungen, mit Finger oder Hand drohen, Hände eindringlich schütteln.

7. Die Gestik der räumlichen Bewegungen dazu gehört alles, was mit den Händen als groß, klein, zierlich, dick, klobig

angedeutet werden kann.

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Übungen

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D e r R e d e - B e g i n n Entspannte Standposition (Sollte einige Male geübt werden!): Auftritt und Rede:

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Leicht gegrätschte Beine (Füße ca. 20 - 30 cm auseinander, Fußspitzen nach außen). Locker in den Knien. Schultern leicht fallenlassen. Bauch- und Gesäßmuskeln entspannen. Arme leicht angewinkelt, Hände schweben in Bauchnabelhöhe vor dem Körper. Entspannte Standposition einnehmen (vom Rednerpult einen halben Schritt zurück). Blickkontakt aufnehmen. Dann Blick auf's Konzept, Lesen des ersten Stichwortes. Hochschauen und mit der Rede beginnen. Ständig Blickkontakt suchen. Immer wieder kurz auf das Stichwortkonzept schauen, Stichwort aufnehmen, hochsehen und frei weiterreden; Kontakt zum Stichwortkonzept nicht abreißen lassen. Pausen nicht vergessen. Hände weg vom Rednerpult = Gestik.

Fricke: Frei reden, Köln 1985, S. 89

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Ratschläge für einen schlechten Redner. Fang nie mit dem Anfang an, sondern immer drei Meilen vor dem Anfang! Etwa so: "Meine Damen und Herren! Bevor ich zum Thema des heutigen Abends komme, lassen Sie mich Ihnen kurz..." Hier hast Du schon so ziemlich alles, was einen schönen Anfang ausmacht: eine steife Anrede; den Anfang vor dem Anfang; die Ankündigung, daß und was Du zu sprechen beabsichtigst, und das Wörtchen kurz. So gewinnst Du im Nu die Herzen und die Ohren der Zuhörer. Denn das hat der Zuhörer gern: daß er Deine Rede wie ein schweres Schulpensum aufbekommt; daß Du mit dem drohst, was Du sagen wirst, sagst und schon gesagt hast. Immer schön unverständlich. Sprich nicht frei - das macht einen so unruhigen Eindruck. Am besten ist es, Du liest Deine Rede ab. Das ist sicher, zuverlässig, auch freut sich jedermann, wenn der lesende Redner nach jedem Viertelsatz mißtrauisch hochblickt, ob auch noch alle da sind. Wenn Du gar nicht hören kannst, was man Dir so freundlich rät, und Du willst durchaus und durchum frei sprechen ... Du Laie! Du lächerlicher Cicero! Nimm Dir doch ein Beispiel an unseren professionellen Rednern, an den Reichstagsabgeordneten - hast Du die schon mal frei sprechen hören? Die schreiben sich sicherlich zu Hause auf, wenn sie "Hört! Hört!" rufen..., ja also, wenn Du denn frei sprechen mußt: Sprich wie Du schreibst. Und ich weiß, wie Du schreibst. Sprich mit langen, langen Sätzen - solchen, bei denen Du, der Du Dich zu Hause, wo Du ja die Ruhe, deren Du so sehr bereitet, genau weißt, wie das Ende ist, die Nebensätze schön ineinandergeschachtelt, so daß der Hörer ungeduldig auf seinem Sitz hin und her träumend, sich in einem Kolleg wähnend, in dem er früher so gern geschlummert hat, auf das Ende solcher Periode wartet... nun, ich habe Dir eben ein Beispiel gegeben. So mußt Du sprechen. Fang immer bei den alten Römern an, und gib stets, wovon Du auch sprichst, die geschichtlichen Hintergründe der Sache. Das ist nicht nur deutsch - das tun alle Brillenmenschen. Ich habe einmal an der Sorbonne einen chinesischen Studenten sprechen hören, der sprach glatt und gut französisch, aber er begann zu allgemeiner Freude so: "Lassen Sie mich Ihnen in aller Kürze die Entwicklungsgeschichte meiner chinesischen Heimat seit dem Jahre 2000 vor Christi Geburt..." Er blickte ganz erstaunt auf, weil die Leute lachten. So mußt Du das auch machen. Du hast ganz recht, man versteht es ja sonst nicht, wer kann denn das alles verstehen, ohne die geschichtlichen Hintergründe... sehr richtig"! Die sind doch nicht

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in Deinen Vortrag gekommen, um lebendiges Leben zu hören, sondern das, was sie auch in den Büchern nachschlagen können ... sehr richtig! Immer gib ihm Historie, immer gib ihm. Kümmere Dich nicht darum, ob die Wellen, die von Dir ins Publikum laufen, auch zurückkommen - das sind Kinkerlitzchen. Sprich unbekümmert um die Wirkung, um die Leute, um die Luft im Saale, immer sprich, mein Guter. Gott wird es Dir lohnen. Du mußt alles in die Nebensätze legen. Sag nie. "Die Steuern sind zu hoch." Das ist zu einfach: Sag: "Ich möchte zu dem, was ich soeben gesagt habe, noch kurz bemerken, daß mir die Steuern bei weitem...", so heißt das. Trink den Leuten ab zu ein Glas Wasser vor - man sieht das so gern. Wenn Du einen Witz machst, lach vorher, damit man weiß, wo die Pointe ist. Eine Rede ist, wie könnte es anders sein, ein Monolog. Weil doch nur einer spricht. Du brauchst auch nach vierzehn Jahren öffentlicher Rednerei noch nicht zu wissen, daß eine Rede nicht nur ein Dialog, sondern ein Orchesterstück ist: eine stumme Masse spricht nämlich ununterbrochen mit. Und das mußt Du hören. Nein, das brauchst du nicht zu hören. Sprich nur, lies nur, donnere nur, geschichtele nur. Zu dem was ich soeben über die Technik der Rede gesagt habe, möchte ich noch kurz bemerken, daß viel Statistik eine Rede immer sehr hebt. Das beruhigt ungemein, und da jeder imstande ist, zehn verschiedene Zahlen mühelos zu behalten, so macht das viel Spaß. Kündige den Schluß Deiner Rede lang vorher an, damit die Hörer vor Freude nicht einen Schlaganfall bekommen (Paul Lindau hat einmal einen dieser gefürchteten Hochzeitstoaste so angefangen: " Ich komme zum Schluß"). Kündige den Schluß an, und dann beginne Deine Rede von vorn und rede noch eine halbe Stunde. Die kann man mehrere Male wiederholen. Du mußt Dir nicht nur eine Disposition machen, Du mußt sie den Leuten auch vortragen - das würzt die Rede. Sprich nie unter anderthalb Stunden, sonst lohnt es sich gar nicht, erst anzufangen. Wenn einer spricht, müssen die anderen zuhören, das ist Deine Gelegenheit! Mißbrauche sie! (Kurt Tucholsky) Quelle: P. Ebeling; Das große Buch der Rhetorik

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G e s a m m e l t e S c h n e l l s p r e c h s ä t z e Auf dem Türmchen steht ein Würmchen mit dem Schirmchen unterm Ärmchen. Kommt ein Stürmchen, bläst das Würmchen mit dem Schirmchen unterm Ärmchen von dem Türmchen. Bald blüht breitblättriger Wegerich, breitblättriger Wegerich blüht bald. Blaukraut bleibt Blaukraut und Brautkleid bleibt Brautkleid. Brauchbare Bierbrauersburschen brauen brausendes Braubier. Die Cottbusser Postkutscher putzen den Cottbusser Postkutschkasten. Der fließende Fluß voller Floße und flößenden Schiffern. Der Leutnant von Leuthen befahl seinen Leuten, nicht eher zu läuten, bis der Leutnant von Leuthen seinen Leuten das Läuten befahl. Der Zweck hat den Zweck, den Zweck zu bezwecken, wenn der Zweck seinen Zweck nicht bezweckt, hat der Zweck keinen Zweck. Die Katze frißt den Spatz. Die Katze tritt die Treppe krumm, die Treppe tritt die Katze krumm. Ein krummer Krebs kroch über eine krumme Schraube. Ein krummköpfiger, kürbisgroßer, grasgrüner grauer Karnickelkopf. Ein stolzer Student stieß an einen spitzen Stein und stolperte. Ein Krähe kratzt den Backtrog aus. Es gibt nicht so viel Tag' im Jahr, als wie der Fuchs am Schwanz hat Haar. Es kann vorkommen, daß die Nachkommen mit dem Einkommen nicht auskommen und daran umkommen. Es saßen zwei zischende Schlagen zwischen zwei spitzen Steinen und zischten sich zuweilen an. Es wollte ein Kätzchen Knoten kau'n, es kaut ein Kätzchen Knoten. Es klapperten die Klapperschlagen, bis ihre Klappern schlapper klangen. Zinnoberrotes Flanell-Läppchen. Zwischen zwei Zwetschgensteinen zwitschern zwei Schwalben.

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Milch macht müde Männer munter. Öffne mir, schleichender Schließer, das schlotternde Schloß. König Kuno klaut Kaisers Kleider. Esel essen Nesseln gern, Nesseln essen Esel gern. Fetter Speck schmeckt der Schnecke schlecht, schlecht schmeckt der Schnecke fetter Speck. Fischers Fritze fischt frische Fische. Fritz-Franz Fräderich fragt nach Fritz-Frank Flederwisch. Große Krebse krabbeln in dem Kober. Helene hält helle Halbe in den Händen. Hinkende Helden hauen helle Hellebarden mit Handschuhen. Hinter Hansens Hühnerhaus hüpfen hundert Hasen raus. In Baden-Baden baden Baden-Badener gern. In Ulm, um Ulm und um Ulm herum. Kaiser Karl kann keine Kartoffelklöße kochen. Keine kleinen Kinder können Kirschkerne knacken, keine Kirschkerne können kleine Kinder knacken. Kleiner Zwerg schießt schwarzes Schwein, schwarzes Schwein schießt kleiner Zwerg. Koalition und Kanalisation. Meister Müller, mahl mir eine Metze-Mehl; meine Mutter muß mir morgen Milchmus machen. Meßwechsel, Wachsmaske - Wachsmaske, Meßwechsel. Nachbars Hund heißt Kunterbunt, Kunterbunt heißt Nachbars Hund. Nichts ist fertig! Erst dann, wenn ich sag' fertig, dann ist fertig fertig. Schneiders Schere schneidet schnell. Sechsundzwanzig Stück sächsische Schuhzwecken.

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Staunend stand ich am Gestande, stieß den Stock an einen Stein. Thomas trank tausend Tassen Tee, tausend Tassen Tee trank Thomas. Vor dem Scheibenschießschützenhaus schätzen Schützen Schießdistanzen. Wegen der Wecken weckt der Wecker den Bäcker, er muß sich strecken, regen und recken wegen der Wecken. Rege, strecke, recke dich! Backe, Bäcker, Wecken für mich. Wenn vor Fliegen Fliegen fliegen, fliegen Fliegen Fliegen nach. Wer nichts weiß und weiß, daß er nichts weiß, weiß viel mehr als der, der nichts weiß und nicht weiß, das er nichts weiß. Wie oft ess' ich Essig, ess' ich Essig im Salat. Wir Wiener Waschweiber würden weiße Wäsche waschen, wenn wir wüßten, wo warmes Wasser wäre.