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1 Repetitorium aus Zivilverfahrensrecht SS 2012 Mag. Andrea Wall 2 Aufbau - Prozessbausteine - Prozessgrundsätze - Prozessvoraussetzungen - Streitgegenstand - Klage - Prozesshandlungen - Verfahren erster Instanz - Beweisrecht 3 Tagsatzungen Tagsatzungen sind Zeiträume zu gemeinschaftlichem Handeln des Gerichts mit den Parteien oder dritten Personen allgemeine Regelungen in §§ 130 bis 143 ZPO; spezielle Regelungen für die mündliche Streitverhandlung in §§ 171 ff ZPO mündliche Streitverhandlung: mündliche Verhandlung, bei der die Parteien mit dem Gericht über die Sache verhandeln Gericht legt Zeit und Ort fest und stellt Ladungen zu Erstreckungsmöglichkeit wegen Urlaubs (§ 222 Abs 3 ZPO neu) - im Zeitraum 15.7. bis 17.8. und 24.12. bis 6.1. - bei rechtzeitiger Bekanntgabe des Urlaubs Gerichtstage: Tagsatzungen außerhalb des Gerichtssitzes (zB in ASG-Prozessen bei verschiedenen BG)

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Repetitorium ausZivilverfahrensrecht

SS 2012

Mag. Andrea Wall

2

Aufbau

- Prozessbausteine

- Prozessgrundsätze

- Prozessvoraussetzungen

- Streitgegenstand

- Klage

- Prozesshandlungen

- Verfahren erster Instanz

- Beweisrecht

3

Tagsatzungen

Tagsatzungen sind Zeiträume zu gemeinschaftlichem Handeln des Gerichts mit den Parteien oder dritten Personen

allgemeine Regelungen in §§ 130 bis 143 ZPO; spezielle Regelungen für die mündliche Streitverhandlung in §§ 171 ff ZPO

mündliche Streitverhandlung: mündliche Verhandlung, bei der die Parteien mit dem Gericht über die Sache verhandeln

Gericht legt Zeit und Ort fest und stellt Ladungen zu

Erstreckungsmöglichkeit wegen Urlaubs (§ 222 Abs 3 ZPO neu) - im Zeitraum 15.7. bis 17.8. und 24.12. bis 6.1.- bei rechtzeitiger Bekanntgabe des UrlaubsGerichtstage: Tagsatzungen außerhalb des Gerichtssitzes (zB in ASG-Prozessen bei verschiedenen BG)

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Stillstand des Verfahrens

1. Unterbrechungvollständiger Stillstand des Verfahrens (insb Fristenlauf)

Unterbrechung kraft Gesetzes- ex lege- deklarativer Beschluss kann gefasst werden- zB Tod einer unvertretenen Partei, InsolvenzeröffnungUnterbrechung kraft Beschlusses („Aussetzung“) - Gericht hat die Möglichkeit, das Verfahren zu unterbrechen

zB Abwarten einer präjudiziellen Entscheidung eines anderen Gerichts- Gesetz sieht Unterbrechung zwingend vor, Richter muss aber Beschluss fassen

zB Antrag auf einvernehmliche Scheidung während streitiger ScheidungAufnahme auf Antrag oder von Amts wegen

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Stillstand des Verfahrens

2. Ruhenweitgehender Stillstand des Verfahrens (insb Notfristen laufen weiter)

Vereinbartes Ruhen- durch Mitteilung der Parteien an das Gericht- für von den Parteien festgelegte Dauer, mind drei Monate- Vereinbarung „ewigen Ruhens“ strSäumnisruhen- besondere Säumnisfolge, wenn beide Parteien nicht zur Tagsatzung erscheinen- für mind drei Monate- gewisse Handlungen bleiben möglich (zB Beweisaufnahme vor ersuchtem Richter,

Tagsatzung über Wiedereinsetzungsantrag)Aufnahme nur auf Antrag

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Stillstand des Verfahrens

3. Wirkungen

Unterbrechung (§ 163 ZPO)Fristen werden unterbrochenLadungen sind wirkungslosParteihandlungen sind unzulässigGerichthandlungen sind unzulässig undbei Vornahme nichtigUrteilsfällung, Gerichtshandlungenzur Umsetzung der Unterbrechungs-wirkungen sind zulässig

Ruhen (§ 168 ZPO)Fristen werden grundsätzlichunterbrochen, Notfristen laufen weiterLadungen sind wirkungslosParteihandlungen sind grundsätzlichunzulässig, ausgenommen Disposi-tionshandlungen zur Verfahrens-beendigungGerichthandlungen sind unzulässig undbei Vornahme nichtig

(Ausnahmen wie bei Unterbrechung)

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Protokolle

Verhandlungsprotokolle sind Beurkundungen des Gerichts über seine Handlungen bzwihm gegenüber abgegebene Erklärungen

§§ 207 bis 217 ZPO

bestehen aus Kopf und relevanten Erklärungen (Vorbringen der Parteien etc)

Flickprotokoll: Verweis auf Schriftsätze

Abschnittsprotokoll: Verhandlung in Abschnitten, Vorbringen wird anschließend protokolliert

idR mit elektronischen Aufzeichnungsgeräten

Beweiskraft des Verhandlungsprotokolls (§ 215 ZPO): öffentliche Urkunde, die vollen Beweis über Verlauf und Inhalt einer Verhandlung liefert- Widerspruch nimmt Protokoll diese Beweiskraft- Möglichkeit des Beweises des Gegenteils (str)

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Prozessgrundsätze

= Leitideen bei der Gestaltung des Prozesses durch den Gesetzgebernicht ausdrücklich normiert

zT verfassungsrechtlich garantiert

Grundsätze der „Arbeitsgemeinschaft Zivilprozess“- Dispositionsgrundsatz- abgeschwächter Untersuchungs- / Kooperations- / Verhandlungsgrundsatz - AmtsbetriebProzessgrundsätze des „fair trial“- Mündlichkeit- Unmittelbarkeit- Öffentlichkeit- Verfahrenskonzentration- beiderseitiges rechtliches Gehör

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Prozessgrundsätze

1. DispositionsgrundsatzParteien setzen den Prozess in Gang und legen seinen Inhalt fest

Gegenteil Offizialgrundsatz: Gericht eröffnet Verfahren amtswegig

im streitigen Verfahren reiner Dispositionsgrundsatz, im Außerstreitverfahren auch Offizialgrundsatz

Ausgestaltung im streitigen VerfahrenKläger eröffnet das Verfahren, legt Gericht, Parteien und Streitgegenstand fest

§ 405 ZPO: Gericht ist nicht befugt, einer Partei etwas zuzusprechen, was diese nicht beantragt hat- Urteil ohne Klage Nichturteil- mehr oder etwas anderes als das Geforderte wird zugesprochen

Rsp: Verfahrensmangel, hL: Nichtigkeit Kläger und Beklagter können Dispositionshandlungen vornehmen

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Prozessgrundsätze

2. Abgeschwächter Untersuchungs- / KooperationsgrundsatzUntersuchungsgrundsatz: Ermittlung der entscheidungsrelevanten Umstände auch

amtswegig durch das Gericht

vs Verhandlungsgrundsatz: Behauptungen und Beweise kommen nur von den Parteien, Parteien grenzen die Nachforschungen des Gerichts ein

Mischsystem der ZPO => Abgeschwächter Untersuchungs- od Kooperationsgrundsatz

Ausgestaltung im streitigen VerfahrenParteienvorbringen- Wahrheits- und Vollständigkeitspflichtdiskretionäre Gewalt des Richters

amtswegige Beweisaufnahme- Grenze: Ausforschungsbeweis- Einschränkungen der richterlichen Ermittlungstätigkeit durch Säumnis

(Versäumungsurteil), zugestandene Tatsachen, beim Zeugen- und Urkundenbeweis

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Prozessgrundsätze

3. AmtsbetriebZuständigkeit für den „formalen“ Verfahrensablauf liegt beim Gericht

Gegenteil Parteibetrieb

Ausgestaltung im streitigen Verfahrenamtswegige Verfahrensdurchführung- (idR) Zustellung von Schriftsätzen (§ 87 Abs 1 ZPO)- Anberaumung von Tagsatzungen- Ladungen (zB der Zeugen)Prozessförderungspflicht der Parteien

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Prozessgrundsätze

4. MündlichkeitKombination zwischen Mündlichkeit und Schriftlichkeit im Zivilprozess

Mündlichkeit der Verhandlung verfassungsrechtlich verankert (Art 90 B-VG)

Ausgestaltung im streitigen VerfahrenProzesseingangsphase schriftlich: (idR) Klage, jedenfalls Klagebeantwortung

Verhandlung erster Instanz mündlich

Entscheidungsverkündung- Urteil: gesetzlich ist mündliche Verkündung als Regelfall vorgesehen (in der Praxis:

vorbehaltenes Urteil)- Beschluss: mündlich oder schriftlichRechtsmittelverfahren- uU mündliche Berufungsverhandlung- Revisions- und Rekursverfahren sind (fast immer) schriftlichVerstoß ist sonstiger Verfahrensmangel; bei gleichzeitigem Verstoß gg das rechtliche

Gehör Nichtigkeitsgrund

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Prozessgrundsätze

5. UnmittelbarkeitVerhandlung erfolgt vor dem Richter, der die Entscheidung fällt Vorteil: persönlicher Eindruck, insb von der Beweisaufnahme

Ausgestaltung im streitigen Verfahrenpersönliche Unmittelbarkeit- Urteil wird von dem Richter gefällt, der an der Verhandlung teilgenommen hat - Verstoß ist Nichtigkeitsgrund (§ 477 Abs 1 Z 2 ZPO)sachliche Unmittelbarkeit- Beweise sind vom verhandelnden Richter aufzunehmen- Ausnahmen: Beweisaufnahme im Wege der Rechtshilfe, Beweissicherung, mittelbare

Verwertung von Beweisen (§ 281a ZPO)- Verstoß ist Verfahrensmangel; bei gleichzeitiger Verletzung des rechtl Gehörs

Nichtigkeitsgrundzeitliche Unmittelbarkeit- Entscheidung soll rasch nach Ende der Sachverhaltsermittlungen gefällt werden- Urteil: 4 Wochen nach Ende der Streitverhandlung

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Prozessgrundsätze

6. ÖffentlichkeitVolksöffentlichkeit: die Allgemeinheit darf teilnehmenParteiöffentlichkeit: nur die Parteien dürfen teilnehmen

Ausgestaltung im streitigen VerfahrenVerhandlung und Urteilsverkündung sind volksöffentlichTeilnahme nach Maßgabe des PlatzesMöglichkeit zum Ausschluss der Öffentlichkeit- von Amts wegen bei Gefährdung der Sittlichkeit und der öffentlichen Ordnung, bei

Störung der Verhandlung - auf Parteienantrag bei Erörterung von Tatsachen der Familienlebens,

Geschäftsgeheimnissen, Tatsachen, die dem Amtsgeheimnis unterliegen- ungerechtfertigter Ausschluss ist Nichtigkeitsgrund (§ 477 Abs 1 Z 7 ZPO)auch wenn Volksöffentlichkeit ausgeschlossen ist, besteht Parteiöffentlichkeit- Ausnahmen: abgesonderte Vernehmung (§§ 289a f ZPO), geheime Prozessabschnitte - Verstoß ist Nichtigkeitsgrund (§ 477 Abs 1 Z 7 ZPO)

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Prozessgrundsätze

7. KonzentrationsgrundsatzVerfahren sollen rasch und effizient ablaufenArt 6 EMRK: Entscheidung „innerhalb angemessener Frist“

Ausgestaltung im streitigen VerfahrenErste Instanz ist Tatsacheninstanz NeuerungsverbotSchriftliche Eingangsphase: rasche Zahlungsbefehle im Mahnverfahren, VersäumungsurteileAmtsbetrieb und materielle ProzessleitungSanktionen bei Verfahrensverschleppung durch die Parteien:- Präklusion aufgrund grob schuldhaft verspäteten Vorbringens (§ 179 ZPO)- Kostenseparation, KostenstrafeFristenFristsetzungsantrag bei Säumigkeit des Gerichts (§ 91 GOG)- Antrag an das Rechtsmittelgericht- bei Unterinstanz einzubringen Gericht kann Handlung innerhalb von 4 Wochen

durchführen, dann gilt Antrag als zurückgezogen

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Prozessgrundsätze

8. Rechtliches GehörArt 6 EMRK: jeder in seinen Rechten Betroffene muss die Möglichkeit haben, vor Gericht gehört zu werdenRechtsmittelverfahren ist nicht zwingend vorgesehen, muss aber Art 6 EMRK entsprechen

Ausgestaltung im streitigen VerfahrenGehörgewährung kann mündlich oder schriftlich, vor oder nach Entscheidung erfolgen (zB Einspruch gegen den Zahlungsbefehl)Verletzung des rechtlichen Gehörs bewirkt Nichtigkeit- wurde Partei Möglichkeit zu verhandeln (teils) entzogen § 477 Abs 1 Z 4 ZPO- konnte sich Partei überhaupt nicht am Verfahren beteiligen § 477 Abs 1 Z 5 ZPO und

Nichtigkeitsklage nach Rechtskraft (§ 529 Abs 1 Z 2 ZPO)

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Prozessvoraussetzungen

1. GrundlagenProzessvoraussetzungen sind Voraussetzungen für die Entscheidung in der Sacheallgemeine und besondere Prozessvoraussetzungen- allgemeine: müssen in jedem Prozess vorliegen

zB Zuständigkeit- besondere: notwendig für bestimmte Verfahren oder Verfahrensabschnitte

zB Rechtsmittelvoraussetzungenpositive und negative Prozessvoraussetzungen- positive: müssen vorliegen

zB Zuständigkeit- negative: dürfen nicht vorliegen „Prozesshindernisse“

zB Streitanhängigkeitabsolute und relative Prozessvoraussetzungen- absolute: in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen wahrzunehmen

zB Zulässigkeit des streitigen Rechtswegs- relative: nur bis zu einem vor Rechtskraft der Entscheidung liegenden Zeitpunkt

wahrzunehmen; häufig nur über rechtzeitige Einrede des BeklagtenzB Zuständigkeit

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Prozessvoraussetzungen

2. Einteilung in Gruppendas Gericht betreffende Prozessvoraussetzungen- Zulässigkeit des Rechtswegs - inländische Gerichtsbarkeit - Zulässigkeit des (außer)streitigen Rechtswegs- sachliche, örtliche und internationale Zuständigkeit die Parteien betreffende Prozessvoraussetzungen- Parteifähigkeit- Prozessfähigkeit (bzw Vertretung durch den gesetzlichen Vertreter, ggfs Ermächtigung

zur Prozessführung)- Vollmacht des gewillkürten Vertretersdie Sache betreffende Prozessvoraussetzungen- Rechtskraft- Streitanhängigkeit- Klagsrücknahme unter Anspruchsverzicht

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Prozessvoraussetzungen

3. Prüfung und MängelAmtswegige Prüfung- bei Klagseinbringung („in limine litis“) oder später, sofern noch keine Heilung erfolgt ist- Untersuchungsgrundsatz - keine bestimmte PrüfungsreihenfolgePrüfung auf Antrag- Einrede in Klagebeantwortung, Einspruch oder mündlicher Verhandlung, sofern noch

keine Heilung eingetreten ist- über Einrede ist mündlich zu verhandelnEntscheidung mit Beschluss- Klagszurückweisung oder - Abweisung des Zurückweisungsantrags- als selbständiger Beschluss gesondert anfechtbar

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Streitgegenstand

GrundlagenStreitgegenstand legt den sachlichen Umfang des Prozesses fest (Dispositionsgrundsatz)

relevant für Prozessvoraussetzungen (Zulässigkeit des Rechtswegs, Zuständigkeit)

relevant für Klagsänderung, Streitanhängigkeit, Rechtskraft

hM: prozessualer Streitgegenstandsbegriff- Behauptung des Klägers, einen bestimmten Anspruch zu haben- zu trennen vom materiellrechtlichen AnspruchGesetz definiert die Kriterien des Streitgegenstands nicht eindeutig Streitgegenstandstheorien in Rsp und Lehre zu den Kriterien

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Streitgegenstandstheorien

1. Zweigliedriger StreitgegenstandhL und Rsp in Österreich

Streitgegenstand = Klagebegehren und zugrunde liegende TatsachenTheorie vom rechtserzeugenden Sachverhalt (Rsp)- zum Streitgegenstand gehören alle Tatsachen, die zusammen den Tatbestand erfüllen- enger Streitgegenstandsbegriff Theorie vom Lebenssachverhalt- zum Streitgegenstand gehören alle Tatsachen, die auf das Begehren hinauslaufen und

bei „natürlicher Betrachtung“ einen Lebenssachverhalt bilden- Abgrenzung schwierigBsp: Mangel einer Speziesschuld: Wandlung nach Gewährleistung oder Rücktritt wegen Irrtums möglich- Theorie vom rechtserzeugenden Sachverhalt: zwei Streitgegenstände- Theorie vom Lebenssachverhalt: ein Streitgegenstand

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Streitgegenstandstheorien

2. Eingliedriger StreitgegenstandStreitgegenstand = Klagebegehrenbei Zahlungsklagen muss das Begehren anhand des Sachvorbringens individualisiert werdensehr weiter Streitgegenstandsbegriff

3. Dreigliedriger StreitgegenstandStreitgegenstand = Klagebegehren und zugrunde liegende Tatsachen und rechtliche

Qualifikation durch den Klägersehr enger Streitgegenstandsbegriff

4. Streitgegenstand nach BöhmStreitgegenstand = Klagebegehren und zugrunde liegende Tatsachen und

RechtschutzzielRechtsschutzziel: das vom Kläger angestrebte Urteil im Umfang seiner typischen Wirkungenzwischen dem eingliedrigen und dem zweigliedrigen Streitgegenstand

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Streitgegenstandstheorien

5. Autonomer Streitgegenstandsbegriff des EuGHfür internationale Streitanhängigkeit (Art 27 EuGVVO)

Kernpunkttheorie: Kernpunkt Wirksamkeit eines Vertrags oder Bestehen einer Haftung

zB Klage auf Leistung aus Vertrag und Klage auf Feststellung des Nichtbestehens eines Vertrags haben denselben Streitgegenstand

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Klagenkonkurrenz

= mehrere Rechtsschutzbegehren, die auf dieselbe Leistung, Feststellung oder Rechtsgestaltung gerichtet sind

1. Anspruchsgrundlagenkonkurrenzaus einem Sachverhalt lässt sich aufgrund mehrerer Tatbestände ein Begehrenableiten (Bsp: Schadenersatz bei Taxiunfall – Vertrag, Delikt, EKHG)hM: ein Streitgegenstand (anders: dreigliedriger Streitgegenstandsbegriff)

2. Anspruchskonkurrenz (Realkonkurrenz)aus mehreren Sachverhalten lassen sich mehrere Ansprüche mit demselben Ziel ableiten (Bsp: Herausgabeanspruch aus Vertrag und aufgrund Eigentums)zweigliedriger Streitgegenstandsbegriff: zwei Streitgegenständeeingliedriger Streitgegenstandsbegriff und Streitgegenstand nach Böhm: ein Streitgegenstand

3. Idealkonkurrenzaus einem Sachverhalt ergeben sich Ansprüche, die auf dasselbe Ziel gerichtet sind, deren Anspruchsgrundlagen sich aber gegenseitig ausschließen (Bsp: Wert einer Sache aus Vertrag oder ungerechtfertigter Bereicherung)zweigliedriger Streitgegenstandsbegriff nach Theorie vom rechtserzeugenden Sachverhalt: zwei Streitgegenständealle anderen Theorien: ein Streitgegenstand

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Die Klage: Form und Inhalt

1. Kopf der Klageallgemeine Angaben

2. Klagserzählung (§ 226 Abs 1 ZPO) Tatsachen, auf die sich der Anspruch stützt- kurz und vollständig (Substantiierungstheorie)- völliges Fehlen Verbesserung, sonst Klagszurückweisung- Unschlüssigkeit str, ob Verbesserung, zusätzliches Vorbringen in der VerhandlungBeweismittel

3. Klagebegehren (§ 226 Abs 1 ZPO) vom Kläger beantragter UrteilsspruchHaupt- und Nebenbegehren (Zinsen, Kosten)Bestimmtheitserfordernis - Stufenklage: Manifestationsanspruch und Leistungsanspruch- Sozialrechtssachen: Leistungen „im gesetzlichen Ausmaß“völliges Fehlen oder unbestimmtes Begehren Verbesserung, sonst KlagszurückweisungUnrichtigkeit des Begehrens str, ob Verbesserung, Klagsabweisung

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Arten von Klagen

1. Leistungsklagengerichtet auf bestimmtes Verhalten des Beklagten Exekutionstitel

Leistungsklagen ieS- Verurteilung zu aktivem Tun, häufig Geldzahlung

- Fälligkeit: Anspruch muss bei Schluss der mündlichen Verhandlung fällig sein

- „Alimente“ und Sozialversicherungsleistungen können auch für die Zukunft eingeklagt werden

Duldungsklagen und Unterlassungsklagen- Verurteilung zu künftigem passivem Verhalten

- Duldung: Handeln des Klägers muss hingenommen werden

- Unterlassung: Beklagter muss eigenes Handeln einstellen

- Wiederholungs- oder Eingriffsgefahr hM: Fehlen führt zu Klagsabweisung

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Arten von Klagen

2. Feststellungsklagen (§ 228 ZPO)gerichtet auf Feststellung des Bestehen oder Nichtbestehen von Rechten und Rechtsverhältnissen sowie Urkundenechtheit

Feststellungsgegenstand- Recht oder Rechtsverhältnis des Privatrechts- keine Tatsachen (Ausnahme: Urkundenechtheit, Sozialrechtssachen)- keine rechtlich relevanten Umstände (Ausnahme: Ersatzpflicht für künftige Schäden)rechtliches Interesse- rechtliche Beeinträchtigung: Kläger muss in der Rechtssphäre berührt sein- aktuelles Interesse- Tauglichkeit der Feststellung- Subsidiarität der Feststellungsklage- hRsp: Element des Feststellungsanspruchs Fehlen führt zu Klagsabweisung- hL: besondere Prozessvoraussetzung Fehlen führt zu Klagszurückweisung

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Arten von Klagen

3. Zwischenantrag auf Feststellung (§§ 236, 259 Abs 2 ZPO)Sachantrag des Klägers oder des Beklagten auf Klärung eines präjudiziellen Rechtsverhältnisses oder Anerkennung ausländischer Urkunden

Zweck: Verselbständigung der Vorfrage über präjudizielles Rechtsverhältnis wird (bindend) im Urteilsspruch und nicht nur in den Gründen entschieden

Voraussetzungen- Antrag bis Schluss der mündlichen Streitverhandlung

- Feststellungsgegenstand: während des Verfahrens streitige präjudizielle Rechte und Rechtsverhältnisse (bzw Anerkennung ausländischer Urkunden)

- rechtliches Interesse: Feststellung muss über Anlassprozess hinaus Bedeutung haben

Entscheidung über Zwischenfeststellungsantrag

- bei Unzulässigkeit Zurückweisung mit Beschluss

- bei Zulässigkeit Entscheidung im Urteilsspruch (ggfs Zwischenurteil)

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Arten von Klagen

4. Rechtsgestaltungsklagengerichtet auf Begründung, Änderung oder Aufhebung von Rechtsverhältnissen zwischen den Parteien

nicht vollstreckbar, konstitutiv

Grund für die Rechtsgestaltungsklage- Gesetz sieht nur diese Möglichkeit der Gestaltung vor oder- Parteien können sich nicht einigen Anwendungsfälle- materiellrechtliche Änderung

zB Scheidung, Nichtigerklärung der Ehe- prozessrechtliche Änderung

zB Nichtigkeitsklage, Wiederaufnahmsklage

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Widerklage

1. Widerklage nach nationalem RechtWiderklage ist selbständige Klage des Beklagten gegen den Kläger eines anhängigen Rechtsstreits beim selben GerichtHauptanwendungsfall: ScheidungVoraussetzungen:- Parteienidentität - mündliche Verhandlung erster Instanz noch nicht geschlossen- Konnexität, Kompensabilität oder Präjudizialität des Anspruchs der Widerklage

2. Widerklage nach Art 6 Z 3 EuGVVOWiderklage ist ein selbständiges Angriffsmittel des Beklagten gegen den Kläger des Hauptprozesses (verordnungsautonomer Begriff)Zuständigkeit für Widerklage, wenn sich Hauptklage nach EuGVVO richtetGerichtsstand beim Gericht der HauptklageVoraussetzungen:- Parteienidentität - Klagen müssen sich auf denselben Vertrag oder Sachverhalt stützen- keine Zwangszuständigkeit gem Art 22 EuGVVO

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Klagenhäufung

1. Subjektive Klagenhäufung2. Objektive Klagenhäufung:

derselbe Kläger macht gegen denselben Beklagten in einer Klage mehrere Ansprüche geltend

Voraussetzungen- Zusammenrechnung gem § 55 JN oder- § 227 ZPO: Gerichts sachl u örtl zuständig und dieselbe VerfahrensartArten- Kumulative Klagenhäufung- Eventualbegehren- Alternativbegehren

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Klagsänderung (§ 235 ZPO)

Klagsänderung ist die Änderung des Streitgegenstands während des Prozesses

Klagsänderung iSd § 235 ZPO- Erweiterung des Klagebegehrens: quantitativ oder qualitativ- Änderung des Klagegrundes: Änderung des rechtserzeugenden Sachverhalts- Änderung von Klagebegehren und KlagegrundKeine Klagsänderung iSd § 235 ZPO- Ergänzung des Klagegrunds- Klagseinschränkung- Austausch des Klagebegehrens: anderer gleichwertiger Gegenstand, Interesse- Zwischenantrag auf Feststellung Zulässigkeit der Klagsänderung- bis Streitanhängigkeit: bei Vorliegen der Prozessvoraussetzungen uneingeschränkt

zulässig- nach Eintritt der Streitanhängigkeit: Zustimmung des Beklagten oder Zulassung

durch das Gericht, wenn keine erhebliche Erschwerung oder Verzögerung des Prozesses zu befürchten ist

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Klagszurücknahme (§ 237 ZPO)

Klagszurücknahme ist die im Prozess abgegebene Erklärung des Klägers, auf den gerichtlichen Rechtsschutz zu verzichtenstr, ob Klagseinschränkung als Klagszurücknahme zu behandeln ist (Rsp dagegen)Zulässigkeit der Klagszurücknahme- bis Einlangen der Klagebeantwortung, des Einspruchs bzw im BG-Verfahren ohne

Mahnklage bis Beginn der Streitverhandlung uneingeschränkt zulässig- nach diesem Zeitpunkt mit ausdrücklicher Zustimmung des Beklagten oder unter

Anspruchsverzicht zulässiggesetzlich fingierte Klagszurücknahme- Klagszurücknahme ohne Anspruchsverzicht- zB Rücknahme der Scheidungsklage bei Nichterscheinen des KlägersForm und Wirkungen- durch Erklärung an das Gericht- Gerichts- und Streitanhängigkeit aufgehoben- deklarativer Beschluss möglich- Klagszurücknahme unter Anspruchsverzicht Prozesshindernis für neuen Prozess

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Prozesshandlungen

1. GrundlagenProzesshandlungen sind Handlungen von Gericht und Parteien, die auf die Durchführung eines Prozesses gerichtet sind

2. Prozesshandlungen des Gerichtsamtliche Handlungen des Gerichts

objektiver Erklärungswert ist maßgeblich

Entscheidungen: Anordnungen zur Verfahrensdurchführung oder Verfahrensbeendigung

Prozessleitung- formelle Prozessleitung: Handlungen betreffend den äußeren Gang des Prozesses - materielle Prozessleitung: Handlungen zur Sammlung, Gliederung und Aufbereitung des

Prozessstoffes VerhandlungsleitungSitzungspolizei: Aufrechterhaltung der Ordnung in der Verhandlung, zB Geldstrafen

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Prozesshandlungen

3. Prozesshandlungen der ParteienWillensbetätigungen der Parteien zur Gestaltung des ProzessesDispositionen über den Streitgegenstand, Anträge zum ProzessablaufErwirkungshandlungen- Sachanträge, Prozessanträge, Beweisanträge- zB KlageBewirkungshandlungen- schaffen unmittelbar neue Prozesslage- zB Klagsrücknahmeaußergerichtliche Prozesshandlungen- Vereinbarungen außerhalb des Prozesses, die sich auf den Prozess beziehen- zB Gerichtsstandvereinbarung, SchiedsvereinbarungDoppelfunktionelle Prozesshandlungen - Handlungen, die auch dem materiellen Recht bekannt sind- Theorie von der Doppelnatur: sowohl Voraussetzungen des materiellen Rechts als

auch des Prozessrechts müssen gegeben sein - Theorie vom Doppeltatbestand: für prozessuale Wirkungen genügt es, dass die

prozessrechtlichen Voraussetzungen gegeben sind

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Prozesshandlungen

3. Prozesshandlungen der Parteien (Fortsetzung)Voraussetzungen- Parteifähigkeit, Prozessfähigkeit, Postulationsfähigkeit, Vollmacht des gewillkürten

Vertreters- richtige Form, Zeit, Adressat objektiver Erklärungswert ist maßgeblich

Bedingungen und Befristungen- idR unzulässig- zT zulässig, wenn sie sich an innerprozessualen Ereignissen orientieren- unzulässig bei konstitutiven ProzesshandlungenWillensmängel idR unbeachtlich

Widerruf, solange Prozesshandlung nicht Grundlage einer anderen geworden ist

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Vergleich (§§ 204, 206 ZPO)

1. GrundlagenVergleich ist eine vor Gericht geschlossene und protokollierte Vereinbarung zwecks gütlicher Beendigung oder Bereinigung einer Zivilrechtsstreitigkeit

Prozessvergleich oder prätorischer Vergleich

Doppelfunktionelle Prozesshandlung, Rechtsnatur strittig hM: DoppeltatbestandVergleich ist keine Entscheidung, kann nicht mit Rechtsmitteln angefochten werden

2. VoraussetzungenAbschluss zwischen den Parteien

Vorliegen der Prozessvoraussetzungen

Vergleichsfähigkeit des Anspruchs- nach materiellem Recht- nicht vergleichsfähig: zB Bestand einer Ehe, prozessuale FragenEinigung muss inhaltlich bestimmt sein (Exekutionstitel)

nicht notwendig, dass beide Seiten nachgeben

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Vergleich (§§ 204, 206 ZPO)

3. ZustandekommenParteieneinigung (ggfs unter Mitwirkung des Gerichts)

Beurkundung durch das Gericht mit Protokoll

Widerrufsvorbehalt möglich- Wirkungen treten mit Ablauf der Frist ein- hM: materiellrechtliche Frist

4. WirkungenBereinigungswirkung

Beendigungswirkung- Prozessvergleich beendet Prozess ohne gerichtliche Entscheidung- erneute Einklagung des ursprünglichen Anspruchs hM: materiellrechtliche Einwendung- Einklagung des novierten Anspruchs hM: zulässigVollstreckbarkeit

keine Rechtskraft

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Vergleich (§§ 204, 206 ZPO)

5. Auswirkung von Mängeln (Lehre vom Doppeltatbestand)Materiellrechtliche Unwirksamkeit- Vergleich muss mit neuer Klage angefochten werden

- verfahrensrechtliche Wirkungen des Vergleichs bleiben aufrecht

- Oppositionsklage gegen Exekution aus dem Vergleich

Prozessrechtliche Unwirksamkeit- Vergleich hat keine Prozessbeendigungswirkung jede Partei kann Antrag auf

Fortsetzung des Prozesses stellen

- materiell wirksamer Vergleich kann mit Einwendung geltend gemacht werden

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Anerkenntnis (§ 395 ZPO)

1. GrundlagenAnerkenntnis ist die einseitige Erklärung des Beklagten, sich dem Rechtsschutzbegehren des Klägers zu unterwerfen

Abgrenzung: Geständnis ist Wissenserklärung hinsichtlich der vom Kläger behaupteten Tatsachen

Rechtsnatur strittig: reine Prozesshandlung; (potentiell) doppelfunktionelle Prozesshandlung

2. VoraussetzungenWillenserklärung des Beklagten

Dispositionsbefugnis über den Anspruch

3. WirkungenGrundlage für ein Anerkenntnisurteil- beendet nicht automatisch den Prozess- Kläger muss Urteil beantragen

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Verzicht (§ 394 ZPO)

Verzicht ist die prozessuale Erklärung des Klägers, den geltend gemachten Streitgegenstand aufzugeben

funktioniert analog Anerkenntnis

praktisch bedeutungslos wegen Möglichkeit der Klagszurücknahme

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Aufrechnung (Kompensation)

1. GrundlagenAufrechnung ist der Sachantrag des Beklagten, mit Urteil zu entscheiden, dass der Klagsanspruch durch Aufrechnung ganz oder teilweise erloschen und die Klage deshalb in diesem Umfang abzuweisen ist

unselbständiger Sachantrag Entscheidung erfolgt nur, wenn über Klagsanspruchentschieden wird

Abgrenzung: außergerichtliche Aufrechnung stellt Tilgungseinwendung dar

2. VoraussetzungenMateriellrechtliche Aufrechnungsvoraussetzungen- Gegenseitigkeit, Gleichartigkeit, Gültigkeit und Fälligkeit - kein Aufrechnungsverbot Vorliegen der Prozessvoraussetzungen (Ausnahme: Zuständigkeit, Verfahrensart)

wirksame Aufrechnungseinrede (Sachantrag im Verfahren)

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43

Aufrechnung (Kompensation)

3. WirkungenGerichtsanhängigkeit, aber keine Streitanhängigkeit der Gegenforderung

hM: Beweiserhebungstheorie- Aufrechnungseinrede hat Eventualcharakter, primär wird Klagsforderung bestritten

- Bestehen der Hauptforderung muss geklärt werden, auch wenn Bestehen der Gegenforderung bereits klar ist

Entscheidung mit dreigliedrigem Urteil- Bestand der Klagsforderung

- Bestand der Gegenforderung

- Resultat: Klagsstattgebung oder Klagsabweisung

über Klagsanspruch kann mit Teilurteil entschieden werden

Entscheidung über Bestand der Gegenforderung wird bis zur Höhe der Klagsforderung rechtskräftig (§ 411 Abs 1 ZPO)

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Versäumung von Prozesshandlungen

Säumnis liegt vor, wenn eine Prozesshandlung nicht oder nicht wirksam zur dafür vorgesehenen Zeit vorgenommen wird

- Prozesshandlung wird überhaupt nicht vorgenommen oder

- Prozesshandlung ist unwirksam

Voraussetzung: Handlungsmöglichkeit wurde ordnungsgemäß eingeräumt

Säumnis des Gerichts- Fristsetzungsantrag (§ 91 GOG)

- Aufsichtsbeschwerde

Säumnis der Parteien- Grundsatz: kein Zwang der Parteien zu Handlungen

- allgemeine Säumnisfolge: Partei ist von der versäumten Prozesshandlung ausgeschlossen

- besondere Säumnisfolgen: ex lege oder auf Antrag; zB Versäumungsurteil

- Rechtsbehelfe zur Beseitigung von Säumnisfolgen: Wiedereinsetzung

- Rechtsbehelfe zur Beseitigung eines VU: Wiedereinsetzung, Widerspruch, Berufung

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Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§§ 146 ff ZPO)

1. GrundlagenRechtsbehelf gegen Versäumungsfolgen, die auf Ereignisse in der Parteisphäre zurückzuführen sind

nur bei Versäumung einer prozessualen, nicht materiellrechtlichen Frist

Inhaltliche Voraussetzungen - unvorhergesehenes Ereignis: Hindernis, das die Partei nach ihren subjektiven

Fähigkeiten nicht erkennen konnte

- unabwendbares Ereignis: Hindernis, das von einem Durchschnittsmenschen nicht überwunden werden kann

- minderer Grad des Versehens (leichte Fahrlässigkeit) schadet nicht

Prozessuale Voraussetzungen- Frist: 14 Tage ab Fortfall des Hindernisses

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46

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§§ 146 ff ZPO)

2. VerfahrenAntrag schriftlich oder (im BG-Verfahren) mündlich zu Protokoll

Inhalt des Antrags- Antrag auf Wiedereinsetzung

- Wiedereinsetzungsgründe Eventualmaxime

- Bescheinigungsmittel

Nachholung der versäumten Prozesshandlung gleichzeitig mit Wiedereinsetzungsantrag

Antrag ist der Gegenpartei zur Äußerung zuzustellen

Entscheidung mit Beschluss

Rekurs nur gegen die abweisende Entscheidung

Bewilligung der Wiedereinsetzung Verfahren tritt in den Stand vor Säumnis zurück

Antragsteller trägt Kosten

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Widerspruch gegen Versäumungsurteile

1. GrundlagenRechtsbehelf gegen bestimmte Versäumungsurteile- Versäumungsurteil im LG-Verfahren nach Versäumung der Frist für die

Klagebeantwortung (§ 397a Abs 1 ZPO)

- Versäumungsurteil im BG-Verfahren, wenn noch kein Widerspruch oder Einspruch erfolgt ist (§ 442a ZPO)

Inhaltliche Voraussetzungen - keine Begründung erforderlich

Prozessuale Voraussetzungen- Frist: 14 Tage ab Zustellung des Versäumungsurteils

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Widerspruch gegen Versäumungsurteile

2. VerfahrenAntrag schriftlich oder (im BG-Verfahren) mündlich zu Protokoll

Widerspruch muss Inhalt einer Klagebeantwortung haben (auch im BG-Verfahren!)

Anberaumung einer Tagsatzung

- Versäumungsurteil wird aufgehoben

- Verhandlung wird fortgesetzt

Antragsteller trägt Kosten

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Erstinstanzliches Verfahren

Klage

GerichtsanhängigkeitZeitpunkt- Einlangen der Klage bei Gericht

- nachträgliche Sachanträge mit Geltendmachung in der mündlichen Verhandlung oder Einlangen des Schriftsatzes

Wirkungen- Prozessrechtsverhältnis entsteht (zweiseitig)

- Perpetuatio fori tritt ein

- Gerichtsanhängigkeit wahrt bzw unterbricht Fristen

- höchstpersönliche Rechte werden vererblich

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Erstinstanzliches Verfahren

Prüfung der Klage durch das GerichtVorliegen der Prozessvoraussetzungen- formelles Prüfungsrecht bei sachlicher und örtlicher Zuständigkeit

- materielles Prüfungsrecht

Einhaltung der Form- und Inhaltsvorschriftenbei positiver Klagsprüfung- Geldleistungsanspruch bis max 75.000 € => Mahnverfahren

- GH-Verfahren: Zustellung an den Beklagten mit Auftrag zur Klagebeantwortung

- BG-Verfahren und Arbeitsrechtssachen: Zustellung an den Beklagten und Anberaumung der vorbereitenden Tagsatzung

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Mahnverfahren

1. Grundlagen§§ 244 bis 251, § 448 ZPO

Schriftliches Verfahren, das zwingend vorgesehen ist, wenn auf Zahlung eines Geldbetrags bis inkl 75.000 € geklagt wird

Zweck: schnelle, kostensparende Erlangung eines Exekutionstitels

Zuständigkeit:- sachliche Zuständigkeit: je nach Materie und Streitwert BG oder LG- Mahnverfahren ist auch in Arbeitsrechtssachen vorgesehen- örtliche Zuständigkeit nach allgemeinen Regeln- funktionelle Zuständigkeit des Rechtspflegers

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Mahnverfahren

2. EinleitungMahnklage mit Formblatt

Zulässigkeitsprüfung

Besondere Prozesshindernisse (§ 244 ZPO)- Klage lautet nicht (nur) auf Zahlung- Forderung ist offenkundig nicht klagbar, nicht fällig oder von einer Gegenleistung abhängig- Beklagter ist unbekannten Aufenthalts- Beklagter hat Wohnsitz, gewöhnlichen Aufenthalt oder Sitz im Ausland- Klage ist unschlüssig

Fehlen allgemeiner Prozessvoraussetzungen

Besondere ProzesshindernisseKlagsprüfung ok

Bedingter Zahlungsbefehl Klagszurückweisung Ordentliches Verfahren

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Mahnverfahren

3. Bedingter ZahlungsbefehlAuftrag, binnen 14 Tagen die Forderung zu bezahlen oder binnen 4 Wochen Einspruch zu erheben zusätzliche HinweiseZustellung an den Beklagtenmangels rechtzeitigen Einspruchs Zahlungsbefehl rechtskräftig und vollstreckbar

4. EinspruchFrist: 4 Wochen ab ZustellungEinbringung- GH-Verfahren: schriftlich, mit Unterschrift eines Rechtsanwalts- BG: schriftlich oder mündlich, keine AnwaltspflichtInhalt- GH-Verfahren: Inhalt eine Klagebeantwortung- BG: Absicht, Einspruch zu erheben, muss deutlich werdenWirkung: - Zahlungsbefehl tritt ex lege außer Kraft- ordentliches Verfahren wird eingeleitet

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EuMahnVO

1. GrundlagenGeltungsbereich- grenzüberschreitende Rechtssachen in Zivil- und Handelssachen- in allen Mitgliedstaaten außer Dänemark- seit 12.12.2008Zweck: Schaffung rascher Exekutionstitel für unbestrittene Geldforderungen, der ohne

Vollstreckbarerklärungsverfahren vollstreckt werden kann

fakultatives VerfahrenBetreibung bezifferter Geldforderungen- keine Wertgrenze- Fälligkeit zum Zeitpunkt der Einreichung des Antragsinternationale Zuständigkeit nach EuGVVO

Sammelzuständigkeit beim BG für Handelssachen Wien

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55

EuMahnVO

2. AntragAntrag auf Europäischen Zahlungsbefehl mit Formblatt

keine Anwaltspflicht

3. Erlass des Europäischen Zahlungsbefehls Gericht hat Zahlungsbefehl binnen 30 Tagen zu erlassen

Zustellung an den Gegner: Antrag, Zahlungsbefehl, Formblatt für Einspruch

4. Einspruch gegen den ZahlungsbefehlFrist: 30 Tage ab Zustellung

keine Begründung erforderlich

rechtzeitiger Einspruch- Einleitung des ordentlichen Verfahrens, sofern Antragsteller das nicht im Antrag

abgelehnt hat- neue Zuständigkeitkein (rechtzeitiger) Einspruch Zahlungsbefehl für vollstreckbar erklärt

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EuMahnVO

5. Überprüfung (Art 20 EuMahnVO)nach Ablauf der Einspruchsfrist in Ausnahmefällen- Zustellmängel- außergewöhnliche Umstände, die am rechtzeitigen Einspruch hinderten- Zahlungsbefehl wurde offensichtlich zu Unrecht erlassenZahlungsbefehl für nichtig erklärt ordentliches Verfahren

Ö: BG für Handelssachen zuständig

6. Vollstreckungvollstreckbar in allen Mitgliedstaaten

keine Vollstreckbarerklärung erforderlich

zu behandeln wie inländischer Exekutionstitel

ausnahmsweise Verweigerung der Vollstreckung

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Erstinstanzliches Verfahren

StreitanhängigkeitZeitpunkt- Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks an den Beklagten

- nachträgliche Ansprüche mit Geltendmachung in der mündlichen Verhandlung

- Ende mit formeller Rechtskraft (Umwandlung in Rechtskraftwirkung) oder durch sonstige definitive Erledigung des Streitgegenstands in diesem Verfahren

Wirkungen- materiellrechtliche Wirkungen (§1335 ABGB – Zinsen, §§ 338, 825 ABGB – unredl

Besitzer, § 892 ABGB – Solidarschuld)

- Prozessrechtsverhältnis wird dreiseitig

- Klagsänderung erfordert Zustimmung des Beklagten

- Zwischenantrag auf Feststellung kann gestellt werden

- Regeln zur Veräußerung der streitverfangenen Sache gelten

- Prozesshindernis der Streitanhängigkeit entsteht

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Erstinstanzliches Verfahren

Internationale Streitanhängigkeit (Rechtshängigkeit) Art 27 EuGVVO:

- Klagen wegen desselben Anspruchs zwischen denselben Parteien bei Gerichten mehrerer Mitgliedstaaten anhängig

- später angerufenes Gericht muss Verfahren aussetzen und Zuständigkeitsentscheidung des ersten Gerichts abwarten

- Art 19 Abs 2 und 3 EuEheKindVO ebenso für Verfahren über elterliche Verantwortung

Art 19 Abs 1 EuEheKindVO: Sonderregel für Eheverfahren

- Prozesshindernis der Rechtshängigkeit ist auch dann gegeben, wenn die Eheverfahren unterschiedliche Ansprüche betreffen

- Grundsatz der Einheitlichkeit des Eheverfahrens

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Erstinstanzliches Verfahren

StreiteinlassungPartei bringt schriftlich und/oder mündlich zur Sache vor

GH-Verfahren- Kläger durch Klage und mündliches Vorbringen zur Sache

- Beklagter durch Klagebeantwortung oder Einspruch im Mahnverfahren undmündliches Vorbringen zur Sache

BG-Verfahren- Kläger durch Klage und mündliches Vorbringen zur Sache

- Beklagter durch mündliches Vorbringen zur Sache

Wirkungen- kein Versäumungsurteil mehr möglich

- Heilung von Mängeln

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Erstinstanzliches Verfahren

Klagebeantwortung (§§ 230, 239 ZPO) Klagebeantwortung ist der auf Klagsabweisung gerichtete Rechtsschutzantrag des Beklagten

Frist: 4 Wochen ab Zustellung

Form und Inhalt - Kopf mit allgemeinen Angaben- Bezeichnung „Klagebeantwortung“- Urteilsgegenantrag: bestimmtes Begehren auf gänzliche oder teilweise Abweisung der

Klage oder Klagszurückweisung; ggfs Anerkenntnis- Tatsachen, auf die sich Anträge des Beklagten stützen, kurz und vollständig- Beweismittel- „leere Klagebeantwortung“: allgemeine Formerfordernisse vorhanden, aber keine

Tatsachen und uU auch kein Urteilsgegenantrag Zulässigkeit strrechtzeitige Einbringung der Klagebeantwortung Anberaumung der vorbereitenden Tagsatzung

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Mündliche Streitverhandlung

1. GrundlagenVerhandlung des Gerichts mit den Parteien über Prozess- und Sachfragen

zentraler Teil des erstinstanzlichen Verfahrens

Inhalt- Vorträge der Parteien- Klärung prozessualer Fragen- Beweisverfahren- ErörterungVorbereitung- Vorbereitung durch Klage, Klagebeantwortung, allenfalls vorbereitende Schriftsätze- gerichtliche Aufträge (zB Urkundenvorlage)Anberaumung der vorbereitenden Tagsatzung- GH-Verfahren: Vorbereitungsfrist für die Parteien muss mind 3 Wochen betragen- BG-Verfahren: Vorbereitungsfrist soll 3 Wochen betragen

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Mündliche Streitverhandlung

2. Vorbereitende Tagsatzung (§ 258 ZPO) erste mündliche Verhandlung

Programm- Entscheidung über Prozesseinreden- Vortrag der Parteien in der Hauptsache- Erörterung des Sach- und Rechtsvorbringens („Rechtsgespräch“)- Vornahme eines Vergleichsversuchs- Bekanntgabe des weiteren Prozessprogramms (Beweisverfahren etc)- ggfs BeweisaufnahmePartei hat persönlich zu erscheinenBesonderheiten im BG-Verfahren- Beweisverfahren tunlichst in der vorbereitenden Tagsatzung durchzuführen- Programm kann beschränkt werden, wenn Streiteinlassung des Beklagten nicht zu

erwarten istVersäumung: Versäumungsurteil auf Antrag der erschienenen Partei

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Mündliche Streitverhandlung

3. Weitere mündliche StreitverhandlungAblauf vom Gericht bestimmt

Vortrag der Parteien- Anträge, Tatsachenvorbringen, Rechtsausführungen- zwingend mündlich- Vorbringen neuer Tatsachen und Beweise zulässig- Wahrheits-, Vollständigkeits- und Prozessförderungspflicht (§ 178 ZPO)Fragerecht- Gericht und Parteien- Gericht kann unangemessene Fragen der Parteien zurückweisen

4. Rüge von Verfahrensmängeln (§ 196 ZPO)Verfahrensmängel müssen unverzüglich gerügt werden

Rsp: anwendbar auf Mängel der mündlichen Verhandlung außer Stoffsammlungsmängeln

Lehre: steht im Widerspruch zu § 496 Abs 1 Z 2 ZPO über wesentliche Verfahrensmängel als Berufungsgrund

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Mündliche Streitverhandlung

5. Schluss der mündlichen Verhandlung erster InstanzGericht schließt mündliche Verhandlung, wenn es die Sache für spruchreif hält

prozessleitender Beschluss

Wiedereröffnung möglich

Neuerungsverbot- Parteien können im Verfahren keine neuen Tatsachen oder Beweismittel vorbringen- „nova reperta“: Tatsachen sind vor diesem Zeitpunkt entstanden

(ggfs Wiederaufnahmsklage)- „nova producta“: Tatsachen entstehen nach diesem Zeitpunkt

(neue Klage)Entscheidungsmaßgeblicher Zeitpunkt- Rechtslage und Beweisergebnis zu diesem Zeitpunkt- alle anspruchsbegründenden Tatsachen müssen vorliegen- Prozessvoraussetzungen müssen vorliegen, soweit sie nicht perpetuierenAuswirkung auf prozessuale Möglichkeiten (zB kein Zwischenantrag auf Feststellung mehr)

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Grundlagen des Beweisrechts

1. Beweisgegenstandäußere und innere Tatsachen

Erfahrungssätze

keine Rechtnormen - „iura novit curia“- für ausländisches Recht und inländisches Sonderrecht => Erhebungsverfahren eigener Art

2. BeweisbedürftigkeitBeweisbedürftig sind die tatbestandsrelevanten strittigen Tatsachen, die nicht beweisbefreit sind

zugestandene Tatsachen- Geständnis: Wissenserklärung einer Partei, dass tatsächliche Behauptung des Gegners

richtig ist - Rsp: ausdrücklich zugestandene Tatsachen sind als wahr anzunehmen und der

Entscheidung ungeprüft zugrunde zu legen- Lehre kritisch

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Grundlagen des Beweisrechts

2. Beweisbedürftigkeit (Fortsetzung)offenkundige Tatsachen- allgemeinkundige Tatsachen- gerichtskundige Tatsachen- Partei muss Tatsachen weder behaupten noch beweisen

gesetzlich vermutete Tatsachen- Tatsachenvermutung- Rechtsvermutung - Partei muss nur die Vermutungsbasis beweisen und die vermutete Tatsache behaupten- Gegenbeweis hinsichtlich Vermutungsbasis oder Beweis des Gegenteils

Beweisbefreiungen gem § 273 ZPO- § 273 Abs 1 ZPO: Forderung steht dem Grunde nach fest, Beweis über Höhe nicht oder nur

mit unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich- § 273 Abs 2 ZPO: einzelne, im Vergleich zur Gesamtforderung unbedeutende Ansprüche

oder Anspruch, der 1.000 € nicht übersteigt, wenn sie sich dem Grunde nach nur mit unverhältnismäßigen Schwierigkeiten feststellen lassen

- Gericht legt Betrag nach freier Überzeugung fest

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Grundlagen des Beweisrechts

3. Behauptungslastobjektive Behauptungslast- tatbestandsrelevante Tatsachen müssen vorgebracht werdensubjektive Behauptungslast- Kläger trägt Behauptungslast für anspruchsbegründende Tatsachen- Beklagter trägt Behauptungslast für Einwendungen- Behauptungslücke Unschlüssigkeit

4. BeweislastBeweislosigkeit => Beweislastregeln

objektive Beweislast (Feststellungslast)- Träger trifft Nachteil, wenn Tatsache nicht als wahr festgestellt werden kann- Partei trägt Beweislast für Vorliegen aller tatsächlichen Voraussetzungen der ihr günstigen

Rechtsnorm (Rosenbergsche Formel)subjektive Beweislast (Beweisführungslast)- Träger muss für bestimmte Tatsache Beweismittel beantragen

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Grundlagen des Beweisrechts

5. Beweismaßnotwendiger Grad an Überzeugung des Richter

Regelbeweismaß: hohe WahrscheinlichkeitWahrheitsüberzeugungstheorie - subjektive Beweismaßtheorie - Richter muss von Tatsachen vollständig überzeugt seinWahrscheinlichkeitsüberzeugungstheorie- objektive Beweismaßtheorie- in Beweiswürdigung sind Wahrscheinlichkeiten festzustellenBeweismaßabstufungen:- erhöhtes Beweismaß: an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit- verringertes Beweismaß (Glaubhaftmachung, Bescheinigung): überwiegende

Wahrscheinlichkeit

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Grundlagen des Beweisrechts

6. Beweisrichtung Hauptbeweis: Beweis der beweisbelasteten Partei zum Nachweis einer TatsachenbehauptungGegenbeweis: Beweis des Gegners zur Widerlegung dieser TatsachenbehauptungBeweis des Gegenteils: Hauptbeweis gegen eine gesetzliche Vermutung

7. Mittelbarer Beweisvon nicht tatbestandsrelevanten, aber erweislichen Umständen wird mit Hilfe von Erfahrungssätzen auf das Vorliegen von Tatbestandsmerkmalen geschlossenIndizienbeweis- von bewiesener, tatbestandsfremder Tatsache wird auf nicht beweisbare,

tatbestandsrelevante Tatsache geschlossen- keine Reduzierung des BeweismaßesAnscheinsbeweis („prima facie“-Beweis)- Beweismaßerleichterung bei Beweisnotstand- von Rsp für Schadenersatzprozesse entwickelt- ist typischer Geschehensablauf bewiesen, der auf tatbestandsrelevanten Umstand

hinweist, gilt auch dieser als erwiesen- Entkräftung: Gegenbeweis der ernsthaften Möglichkeit eines atypischen Geschehensablaufs

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70

Grundlagen des Beweisrechts

8. BeweisverboteBeweisthemenverbot - Gericht darf über bestimmte Tatsache keine Beweise aufnehmen- Rsp: zugestandene TatsacheBeweismittelverbot- bestimmtes Beweismittel darf nicht verwendet werden- zB Geistliche über Tatsachen, die dem Beichtgeheimnis unterliegen Beweismethodenverbot- Gericht darf bestimmte Methoden zur Beweiserlangung nicht verwenden- zB Zwangsmaßnahmen zur Erzwingung der Parteienvernehmung Folgen eines Verstoßes- Beweisverwertungsverbot: Beweis darf Entscheidung nicht zu Grunde gelegt werden- Beweisaufnahmeverbot: Beweisergebnisse verwertbar

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Beweisverfahren

1. Beweisaufnahmevon Amts wegen oder aufgrund Beweisanbots der Parteien - von Amts wegen: materielle Prozessleitungspflicht, Untersuchungsgrundsatz, Erhebungen

- Beweisanbot: Grundsatz der Beweisverbindung Prozessprogramm

Zurückweisung von Beweisanträgen- mit Beschluss nicht abgesondert anfechtbar- unerhebliche Beweise- Beweise für bereits nachgewiesene Tatsachen- Prozessverschleppungsabsicht- grob schuldhaft verspätete Beweisanträge, die Prozess erheblich verzögern würden - präkludierte BeweiseBeweiserörterung nach Beweisaufnahme

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Beweisverfahren

2. GrundsätzeUnmittelbarkeitsgrundsatz- Grundsatz: sachliche Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme

- Verletzung ist wesentlicher Verfahrensmangel

- Beweisaufnahme durch ersuchten oder beauftragten Richter, wenn Beweisaufnahme vor erkennendem Gericht erhebliche Schwierigkeiten entgegenstehen

bei Zeugen- oder Parteienvernehmung aber auch hier primär Videovernehmung

- Übernahme von Protokollen oder Sachverständigengutachten (§ 281a ZPO)Voraussetzung: am früheren Verfahren beteiligte Partei widerspricht nicht, nicht beteiligte Partei stimmt ausdrücklich zu

Konzentrationsgrundsatz- Zurückweisung von Beweisanträgen

- Rechtmittelbeschränkungen im Beweisverfahren

Amtswegigkeit

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Beweisaufnahme im Ausland

1. EuBVO (VO [EG] 2001/1206)Beweisaufnahme in Zivil- und Handelssachen

alle Mitgliedstaaten außer Dänemark

Rechtshilfe teils erleichtert- Gericht des anderen Mitgliedstaats, in dem Beweisaufnahme stattfinden soll, wird um

Beweisaufnahme für erkennendes Gericht ersucht- Gericht kann direkt mit anderem Gericht Kontakt aufnehmen Formblättergrenzüberschreitende unmittelbare Beweisaufnahme- erkennendes Gericht nimmt unmittelbar in anderem Staat Beweis auf- keine Zwangsmaßnahmendialogische Beweisaufnahme Zwischenform

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Beweiswürdigung

Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 272 Abs 1 ZPO)

- Gericht muss nach freier Überzeugung beurteilen, ob eine tatsächliche Angabe für wahr zu halten ist

- Berücksichtigung der Ergebnisse der gesamten Verhandlung und Beweisführung

- ausnahmsweise gebundene Beweiswürdigung (zB öffentliche Urkunden)

Ausführungen zur Beweiswürdigung in der Urteilsbegründung- Überprüfung der Beweiswürdigung durch Berufungsgericht

- Mangel der Begründung wesentlicher Verfahrensmangel

- völliges Fehlen Nichtigkeitsgrund (§ 477 Abs 1 Z 9 ZPO)

Davon zu unterscheiden: Ermessen- räumt dem Richter einen Gestaltungsspielraum ein

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Beweismittel

Beweismittel sind Personen oder Gegenstände, mittels derer ein Beweis erbracht werden soll

fünf klassische Beweismittel- Urkunden, Zeugen, Sachverständige, Augenschein, Parteienvernehmung

- in der ZPO geregelt

- nicht taxativ

„neue Beweismittel“- idR einem der klassischen Beweismittel zuordenbar

- Behördenanfrage Urkunden-, Sachverständigen- oder Zeugenbeweis

- Bild- und Tonträger Urkunde oder Augenscheinsgegenstand

- EDV-Träger elektronische Urkunde oder Augenscheinsgegenstand

- Meinungsforschung Sachverständigenbeweis (str)

Grundsatz der Gemeinschaftlichkeit

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Urkunden

1. GrundlagenUrkunde ist eine schriftliche Verkörperung von Gedanken auf einem der Sinneswahrnehmung unmittelbar zugänglichen Trägermedium§§ 292 bis 319 ZPOAbgrenzung- Augenscheinsgegenstand keine Verkörperung von Gedanken- Auskunftssache Verkörperung von Gedanken, die nicht schriftlich ist

(§ 318 ZPO; zB Denkmal, Grenzstein)Absichtsurkunde: zu Beweiszwecken erstelltZufallsurkundeÖffentliche Urkunde (§§ 292, 293 ZPO)- von österr Behörde oder mit öffentlichem Glauben versehener Urkundsperson in

vorgeschriebener Form errichtete Urkunde- zur öffentlichen Urkunde erklärte Urkunde- ausländische öffentliche Urkunde Privaturkundeöffentlich beglaubigte Urkunde: Privaturkunde, mit gerichtlicher oder notarieller Bestätigung, dass sie vom genannten Aussteller unterschrieben wurde

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Urkunden

2. Echtheit von UrkundenEchte Urkunde stammt vom angegebenen Aussteller Gegenteil: gefälschte Urkunde

Vermutung der Echtheit inländischer öffentlicher Urkunden (§ 310 Abs 1 ZPO)- einfache Vermutung, keine Beweislastumkehr- bei Zweifeln muss Echtheit bewiesen werdenQualifizierte Echtheitsvermutung (§ 294 ZPO)- bei Privaturkunden- Voraussetzung: Echtheit der Unterschrift bewiesen- Vermutung, dass auch der unterschriebene Text vom Aussteller stammt - Beweislastumkehr, Beweis des Gegenteils möglichFeststellungsklage über Urkundenechtheit möglich

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Urkunden

3. Richtigkeit von UrkundenInhalt einer richtigen Urkunde stimmt mit den Tatsachen übereinBeweisregel für öffentliche Urkunden (§ 292 Abs 1 ZPO)

- öffentliche Urkunden begründen vollen Beweis über das, was von der Behörde verfügt oder erklärt oder von der Behörde bzw der Urkundsperson bezeugt wurde

- schließt freie Beweiswürdigung aus

- Beweis der Unrichtigkeit der Verfügung ausgeschlossen

- Beweis des Gegenteils, dass der bezeugte Vorgang sich nicht so ereignet hat, möglich

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Urkunden

4. UrkundenvorlageUrkunde beim Beweisführer Vorlage bei GerichtUrkunde bei Behörde oder Notar Beischaffung durch das GerichtUrkunde beim Prozessgegner- unbedingte Vorlagepflicht („Editionspflicht“): wenn Prozessgegner selbst mit Urkunde

Beweis führt, wenn er nach bürgerlichem Recht zur Ausfolgung verpflichtet ist oder wenn es eine gemeinschaftliche Urkunde ist

- bedingte Vorlagepflicht: bestimmte Verweigerungsgründe (§ 305 ZPO)- Gericht erteilt Auftrag zur Vorlage der Urkunde nicht anfechtbar oder vollstreckbarUrkunde bei dritter Person- unbedingte Vorlagepflicht: wenn er nach bürgerlichem Recht zur Ausfolgung

verpflichtet ist oder Urkunde eine gemeinschaftliche des Dritten und des Beweisführers ist

- sonst keine Vorlagepflicht- Gericht erteilt Auftrag zur Vorlage der Urkunde anfechtbar und vollstreckbarGericht darf Urkunden nicht beischaffen oder Vorlage verfügen, wenn sich beide Parteien dagegen aussprechen

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Zeugen

1. GrundlagenZeugen sind natürliche Personen, die über von ihnen gemachte Wahrnehmungen von Tatsachen vor Gericht aussagen

§§ 320 bis 350 ZPO

Aussage muss mündlich erfolgen

Abgrenzung- Sachverständiger bewertet oder zieht Schlussfolgerungen, ersetzbar- sachverständiger Zeuge Zeuge mit besonderer Sachkunde, als Zeuge vernommen- Parteienvernehmung als Zeuge darf nur vernommen werden, wer nicht als Partei zu

vernehmen istZeugnisunfähigkeit- absolute (physische) Zeugnisunfähigkeit- relative Zeugnisunfähigkeit: Geistliche, Staatsbeamte und Mediatoren im Rahmen ihrer

Geheimhaltungspflicht- Verstoß sanktionslos

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Zeugen

2. ZeugenpflichtenPflicht zum Erscheinen vor Gericht- Ordnungsstrafe bei unentschuldigtem Nichterscheinen (bis max 2.000 €)- bei wiederholtem Nichterscheinen auch zwangsweise VorführungAussagepflicht- Pflicht zur Aussage über alle Wahrnehmungen, hinsichtlich derer kein

Aussageverweigerungsrecht besteht- Aussageverweigerungsrecht nur hinsichtlich einzelner Fragen- Aussageverweigerungsgründe (§ 321 ZPO):

- Schande oder Gefahr strafrechtlicher Verfolgung- unmittelbarer vermögensrechtlicher Nachteil- Verletzung von staatlich anerkannter Verschwiegenheitspflicht- Verletzung von Geschäftsgeheimnis- Ausübung des geheimen Wahlrechts

Eidespflicht

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Zeugen

3. ZeugenvernehmungGericht darf Zeugen nicht laden bzw vernehmen, wenn sich beide Parteien dagegen aussprechen

Vernehmung einzeln, in Abwesenheit späterer Zeugen

Belehrung über Aussageverweigerungsgründe, Wahrheitserinnerung

Abfrage der Generalien und Befragung zur Sache

Fragen der Parteien

Protokollierung der Aussage

4. ZeugengebührErsatz notwendiger Reise- und Aufenthaltskosten

Entschädigung für Zeitversäumnis

Kostenvorschusspflicht, wenn Kosten voraussichtlich 200 € übersteigen werden

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Sachverständige

1. GrundlagenSachverständige sind Personen, die dem Richter aufgrund ihrer besonderen Fachkunde Kenntnis von Erfahrungssätzen vermitteln, Schlussfolgerungen ziehen oder streiterhebliche Tatsachen feststellen§§ 351 bis 367 ZPO

Abgrenzung zum Privatgutachter von Partei beauftragt, Gutachten ist Urkunde

Bestellung unbeschränkt von Amts wegen möglich

physische oder juristische Person

kann wie ein Richter abgelehnt werden

Verpflichtung, als Sachverständiger tätig zu werden- Personen, die zur Erstattung von Gutachten öffentlich bestellt sind (Sachverständigenlisten)- Personen, die die betreffende Wissenschaft etc öffentlich ausüben oder dazu öffentlich

angestellt oder ermächtigt sind Sachverständiger kann Enthebung beantragen (Aussageverweigerungsgründe)

Gericht muss bei Bestellung Frist zur Gutachtenserstellung setzen

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Sachverständige

2. PflichtenPflicht zum Erscheinen- Ordnungsstrafe und Kostenersatz bei Weigerung zur Gutachtenserstellung oder

Nichterscheinen zur Tagsatzung- keine Zwangsmittel Gericht kann anderen Sachverständigen bestellenPflicht zur Erstattung von Befund und Gutachten- Befund: Beschreibung und Feststellung der ermittelten Tatsachen- Gutachten: Schlussfolgerungen aus ErfahrungssätzenPflicht zum Sachverständigeneid

3. SachverständigengebührKostenersatz, Entschädigung für Zeitversäumnis, Gebühr für Mühewaltung

Kostenvorschusspflicht

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Augenschein

Augenschein ist jede direkte Sinneswahrnehmung des Gerichts über Eigenschaften und Zustände von Personen und Sachen

§§ 368 bis 370 ZPO

Aufnahme unbeschränkt von Amts wegen möglich

Duldung des Augenscheins- Objekt beim Beweisführer Vorlage bei Gericht- Objekt bei Behörde oder Notar Beischaffung auf Antrag durch das Gericht- Objekt beim Prozessgegner Regeln über Urkundenvorlage gelten - Objekt bei dritter Person keine Verpflichtung zur Vorlage oder DuldungKostenvorschuss kann auferlegt werden

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Parteienvernehmung

Parteienvernehmung ist die in der gesetzlich vorgeschriebenen Form durchgeführte Befragung der Parteien über streitige, für die Entscheidung erhebliche Tatsachen

§§ 371 bis 383 ZPO

Aufnahme unbeschränkt von Amts wegen möglich

Parteien, gesetzliche Vertreter, Masseverwalter, Gesellschafter einer Partei

Zeugnisunfähigkeit schließt auch Vernehmung als Partei aus

Erscheinenspflicht, Aussagepflicht und Eidespflicht- kein Aussageverweigerungsrecht wegen vermögensrechtlicher Nachteile- nicht erzwingbarWahrheitspflicht- gilt für alles Vorbringen während des Verfahrens- Falschaussage unter Eid strafbarParteienvernehmung erfolgt wie Zeugenvernehmung

Reisekosten und Entschädigung für Zeitversäumnis können als Prozesskosten geltend gemacht werden, wenn Erscheinen notwendig war

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Beweissicherung

Vorsorgliche Beweisaufnahme vor einem Rechtsstreit, um zu verhindern, dass Beweismittel verloren gehen

§§ 384 bis 389 ZPO

nur Zeugen-, Sachverständigen-, und Augenscheinsbeweis

Voraussetzungen- objektive Gefährdung künftiger Beweisaufnahme oder- rechtliches Interesse an der Feststellung des gegenwärtigen ZustandsZuständigkeit- BG, in dessen Sprengel sich das Beweisobjekt befindet- Prozessgericht während des anhängigen VerfahrensVerwertung im Prozess durch Verlesung des Beweisaufnahmeprotokollsbeide Parteien können sich auf Beweisergebnis berufen