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Institut für ManagementProduktion & Organisation, SS 2010
Produktion & Organisation
Sommersemester 2010
Vorlesung 10
Dipl. Wi.-Ing. Henrik Simon, MSc
Institut für ManagementProduktion & Organisation, SS 2010 2
Vorläufige Gliederung: Produktion
1. Grundlagen der Produktioni Allgemeines Verständnis von Produktion in der Ökonomiei Bereiche und Begriffe der Produktioni Ziele und Aufgaben des Produktionsmanagements
2. Produktions- und kostentheoretische Grundlageni Produktionsfunktioneni Grundbegriffe und Kostenverläufe
3. Produktionsprozessi Gestaltung von Produktionsprozesseni Grundlagen der Materialwirtschafti Produktionsplanung und –steuerung (Produktionsprogrammplanung)
4. Produktionsmanagement und Strategieni Strategische Planung und Produktgestaltungi Innovation
5. Standorte und Produktionsstruktureni Supply Chain Managementi Standortplanung
2
Gliederung
iÜbersicht zu Produktionsfunktionen
iSubstitutionale Produktionsfunktionen
- Produktionsfunktion vom Typ A(Gesetz des abnehmenden Grenzertrages)
- Neoklassische Produktionsfunktion (Cobb-Douglas)
iLimitationale Produktionsfunktionen
- Leontief-Produktionsfunktion
- Produktionsfunktion vom Typ B(Gutenberg-Produktionsfunktion)
iKurz- und langfristige Anpassungsreaktionen
Produktionsfunktion in allgemeiner Form
i Produktionsfunktionen lassen sich allgemein in der Form (x1, x2, …, xm) = f (r1, r2, …, rn)darstellen
i Im folgenden werden ausschließlich Einprodukt-Produktionsmodelle betrachtet, alsox = f (r1, r2, …, rn)
i Je nach Fragestellung werden dabei als ri die jeweils relevanten Inputfaktoren berücksichtigt, grundsätzlich also
- Arbeit- Betriebsmittel (Kapital)- Werkstoffe (Material, Komponenten, Betriebsstoffe etc.)
Darstellung im 3-D-Raum: Ertragsgebirge
r1
r2
0
x = 5
x
Quelle: Wöhe (Einführung, 2002), S. 347.
Typen von Produktionsfunktionen
i Substitutionale Produktionsfunktionen
- Produktionsfunktion vom Typ A (Ertragsgesetz) [mit Einschränkungen]
- Neoklassische Produktionsfunktion (insb. Cobb-Douglas-Produktionsfunktion)
i Limitationale Produktionsfunktion
- Leontief-Produktionsfunktion (Faktorverbrauch intensitätsunabhängig)
- Gutenberg-Produktionsfunktion (Faktorverbrauch intensitätsabhängig)
Gliederung
iÜbersicht zu Produktionsfunktionen
iSubstitutionale Produktionsfunktionen
- Produktionsfunktion vom Typ A(Gesetz des abnehmenden Grenzertrages)
- Neoklassische Produktionsfunktion (Cobb-Douglas)
iLimitationale Produktionsfunktionen
- Leontief-Produktionsfunktion
- Produktionsfunktion vom Typ B(Gutenberg-Produktionsfunktion)
iKurz- und langfristige Anpassungsreaktionen
Produktionsfunktionen: Beispiel Landwirtschaft
Zahl der Arbeiter
Gesamtertrag Grenz-produktivität
Durchschnitts-produktivität
1 5 8 5,02 13 12 6,53 25 14 8,34 39 16 9,85 55 15 11,06 70 14 11,77 84 12 12,08 96 10 12,09 106 8 11,810 114 7 11,411 121 5 11,012 126 4 10,513 130 2 10,014 132 0 9,415 132 -2 8,816 130 -3 8,117 127 7,5
-20
0
20
40
60
80
100
120
140
Zahl der A
rbeiter 2 4 6 8 10 12 14 16
Gesamtertrag
Grenz-produktivität
Durchschnitts-produktivität
Johann Heinrichvon Thünen(1783 - 1850)
„Agrar- und WirtschaftswissenschaftlerMusterlandwirt und AgrarpolitikerMenschenfreund und Sozialreformer“
Quelle: Fischbach (Volkswirtschaftslehre I, 1997), S. 258 sowie www.thuenen.de.
Produktionsfunktion vom Typ A:Ertragsgesetz (Gesetz vom abnehmenden Grenzertrag)
Ertragsgesetzliche Produktionsfunktion mit Ableitungen
4-Phasen-Schema des Ertragsgesetzes
Kritische Würdigung des Ertragsgesetzes
i Gewisser Erklärungswert für
- Landwirtschaftliche- Chemische- Biologische Prozesse
i Kaum geeignet für mechanisch verarbeitende Produktionsprozesse, weil bei diesen Prozessen:
- Limitationale Faktoreinsatzbeziehungen- Es werden mehrere Produkte hergestellt- Die Einsatzmengen eines Inputfaktors sind nicht beliebig teilbar- Die Qualität der Inputfaktoren schwankt.- Produktionstechnik, -dauer, -intensität sind veränderlich
Gliederung
iÜbersicht zu Produktionsfunktionen
iSubstitutionale Produktionsfunktionen
- Produktionsfunktion vom Typ A(Gesetz des abnehmenden Grenzertrages)
- Neoklassische Produktionsfunktion (Cobb-Douglas)
iLimitationale Produktionsfunktionen
- Leontief-Produktionsfunktion
- Produktionsfunktion vom Typ B(Gutenberg-Produktionsfunktion)
iKurz- und langfristige Anpassungsreaktionen
Neoklassische Produktionsfunktion (1|2)
r
Gesamtertragsfunktion x = f(r)
Durchschnittsertrag e = f(r)/r
Grenzproduktivität f‘(r)
x
Neoklassische Produktionsfunktion (2|2)
i Substitutionale Produktionsfunktion mit positiven, aber kontinuierlich sinkenden Grenzerträgen.
i Konkrete neoklassische Produktionsfunktionen wurden erstmals 1928 von Charles W. Cobb und Paul H. Douglas entwickelt (sog. Cobb-Douglas-Produktionsfunktion).
i Die Gültigkeit neoklassischer Produktionsfunktionen konnte empirisch häufig nachgewiesen werden.
i Da auf Betriebsebene jedoch kurzfristig häufig limitationaleFaktoreinsatzverhältnisse vorherrschen, kann die Abbildung der betrieblichen Realität mit Hilfe substitutionaler Produktionsfunktionen wie der neoklassischen Produktionsfunktion jedoch nur in Ausnahmefällen gelingen.
2121021 ),( ααα rrrrfx ⋅⋅==
Gliederung
iÜbersicht zu Produktionsfunktionen
iSubstitutionale Produktionsfunktionen
- Produktionsfunktion vom Typ A(Gesetz des abnehmenden Grenzertrages)
- Neoklassische Produktionsfunktion (Cobb-Douglas)
iLimitationale Produktionsfunktionen
- Leontief-Produktionsfunktion
- Produktionsfunktion vom Typ B(Gutenberg-Produktionsfunktion)
iKurz- und langfristige Anpassungsreaktionen
Leontief-Produktionsfunktion (1|3)
iWassily Leontief (1905-1999), russischer Nationalökonom, Wirtschaftsnobelpreis 1973.
i Limitationale Faktoreinsatzbedingungen (d.h. Produktionsfaktoren stehen in einem festen, technisch bestimmten Verhältnis zueinander und können nicht gegeneinander substituiert werden)
i Maximal erreichbarer Output wird durch einen Engpassfaktor limitiert.
i Minimum-Funktion:
i Minimum-Funktion ist genau genommen keine Produktionsfunktion, da ineffiziente Alternativen nicht ausgeschlossen werden.
⎭⎬⎫
⎩⎨⎧
=2
2
1
1 ,minar
arx
Leontief-Produktionsfunktion (2|3)
r10
r2
x = 5
x = 9
x = 7
Prozessgerade p
Quelle: Wöhe (Einführung, 2002), S. 348.
Leontief-Produktionsfunktion (3|3)
i Leontief-Produktionsfunktion ist linear-limitational: Beziehungen zwischen Faktoreinsatz- und Ausbringungsmengen sind linear proportionaler Natur.
i Das Faktoreinsatzverhältnis ist unabhängig von der Ausbringungsmenge konstant (homogene Produktionsfunktion), so dass sich die auf einen Punkt reduzierten Isoquanten durch eine Prozessgerade miteinander verbinden lassen.
i Senkung der Einsatzmenge eines Faktors führt immer zur Senkung der Ausbringungsmenge, da es zur Erzeugung der Outputmenge x nur einen technisch effizienten Produktionsplan gibt.
Beispiel: Autoherstellung
i Die Herstellung eines Autos erfordert (vereinfacht betrachtet) nur die beiden Produktionsfaktoren Karosserie (1) und Reifen (4).
i Die Verbrauchsfunktionen lauten: r1 = 1x und r2 = 4x
i Die Produktionskoeffizienten sind also:a1 = 1 und a2 = 4
i Für die Produktion befinden sich 10 Karosserien und 100 Räder auf Lager. Aus den gegebenen Faktoreinsatzmengen kann auf den möglichen Output geschlossen werden
{ } 1025,10min4100,
110min ==
⎭⎬⎫
⎩⎨⎧=x
Produktionskoeffizient
i Anzahl der im Produktionsprozess durchschnittlich verbrauchten Faktoreinsatzmengen r1 bzw. r2 zur Produktion einer Einheit x.
i Die Leontief-Produktionsfunktion geht von fixen Produktionskoeffizienten aus.
i Folglich ist die resultierende Kostenfunktion linear.
xra
xra 2
21
1 , ==
Leontief-Kostenfunktion
x
KK
K‘ = k
Kritische Würdigung der Leontief-Produktionsfunktion
i Die Leontief-Produktionsfunktion ist besonders geeignet bei ein- und mehrstufigen Produktionen: aus Komponenten werden komplexe Produkte hergestellt
i Die Annahme von linearen Input-Output-Beziehungen ist in der Praxis oft eine hinreichend genaue Näherung für die Produktionsprozesse
i Fixkosten sind auf Basis der Leontief-Produktionsfunktion nicht erklärbar
i Die Leontief-Produktionsfunktion beschreibt nur als unveränderlich angesehene Produktionsbedingungen: Technischer Fortschritt kann nicht beschrieben werden.
Gliederung
iÜbersicht zu Produktionsfunktionen
iSubstitutionale Produktionsfunktionen
- Produktionsfunktion vom Typ A(Gesetz des abnehmenden Grenzertrages)
- Neoklassische Produktionsfunktion (Cobb-Douglas)
iLimitationale Produktionsfunktionen
- Leontief-Produktionsfunktion
- Produktionsfunktion vom Typ B(Gutenberg-Produktionsfunktion)
iKurz- und langfristige Anpassungsreaktionen
Gutenberg-Produktionsfunktion (1|3)
i Erich Gutenberg (1897-1984), Nestor der deutschen, mikroökonomisch fundierten Betriebswirtschaftslehre.
i Ausgangspunkt: Potentialfaktoren leisten technische Arbeit in Abhängigkeit von - den technischen Daten des Aggregats - der Intensität, mit der ein Aggregat betrieben wird
Technische Eigenschaften (Daten) des Aggregats
i z-Situation i Bsp. Hubraum eines Verbrennungsmotors; Durchmesser einer Turbine
Leistung/ Intensität (d)
i Die Leistung bzw. Intensität d wird bestimmt durch die Anzahl der Basisprozesse oder Produktionsvorgänge b, die pro Zeiteinheit t erbracht werden (Durchschnittsbetrachtung).
i Bsp: Verbrauch des Faktors Schmieröl an einer Bohrmaschine in Abhängigkeit von der Drehzahl (Umdrehungen pro Minute)
Beispiel: Verbrauch und Leistung eines Motors
Leistung
Verbrauch
Drehzahl2000 2200 2400 2600 2800 3000 3200400
5
6
l/Std.
600
500
PS 7
Quelle: Wöhe (Einführung, 2002), S. 411.
Gutenberg-Produktionsfunktion (2|3)
i Annahme der Limitationalität: feste Faktoreinsatzrelationen
i Anders als bei Leontief jedoch Differenzierung der Produktionsfaktoren in Gebrauchs- und Verbrauchsfaktoren:
Berücksichtigt werden damit – anders als Leontief-Produktionsfunktion – auch mittelbare Beziehungen zwischen Input und Output
i Die Beziehung zwischen Input und Output lässt sich mit Hilfe von Verbrauchsfunktionen darstellen
Gutenberg-Produktionsfunktion (3|3)
i Intensitätsabhängige Produktionskoeffizienten pro Inputfaktor pro Maschine
i Verbrauchsfunktion pro Inputfaktor pro Maschine pro Zeiteinheit
i Produktionsfunktion: Output über alle Maschinen über die gesamte Produktionszeit
i Dabei existiert für die Intensität d jeweils ein technischer bedingter Definitionsbereich, z.B. 800 < d < 8‘000 für einen Motor.
)()(txadaa
xr
iiii ==≡
xtxadar iii ⋅== )()(
dtzx ⋅⋅=
Generische Anpassungsformen
variiertunverändertunverändertIntensitäts-mäßige
Anpassung
unverändertvariiertunverändertZeitmäßige Anpassung
unverändertunverändertvariiertQuantitative Anpassung
Betriebs-intensität
BetriebsdauerMaschinenzahl
Intensitätsmäßige Anpassung
i Bei einer U-förmigen Verbrauchskurve ergibt sich eine S-förmige Kostenkurve
i Bei intensitätsmäßigerAnpassung über das Optimum hinweg fallen überproportionale Betriebskosten an
x0dmin.
x1dopt.
x2dmax.
K
d
Optimaler Leistungsgrad eines Aggregats
i Optimum ist erreicht, wenn die Summe der mit Preisen bewerteten Verbrauchsmengen der Inputfaktoren je Einheit ein Minimum bildet
k3 = k1 + k2
k1
k2
kj
dd2
spez. min.d1
spez. min.dopt.
Gliederung
iÜbersicht zu Produktionsfunktionen
iSubstitutionale Produktionsfunktionen
- Produktionsfunktion vom Typ A(Gesetz des abnehmenden Grenzertrages)
- Neoklassische Produktionsfunktion (Cobb-Douglas)
iLimitationale Produktionsfunktionen
- Leontief-Produktionsfunktion
- Produktionsfunktion vom Typ B(Gutenberg-Produktionsfunktion)
iKurz- und langfristige Anpassungsreaktionen
Anpassung an geänderte Outputmengen
SubstitutionaleProduktionsfunktion
i Output-Erhöhung durch Wechsel zur entsprechenden Minimalkostenkombination
LimitationaleProduktionsfunktion
i Leontief-Produktionsfunktion: Output-Erhöhung entlang der Prozeßgeraden
i Gutenberg-Produktionsfunktion:Theorie der Anpassungsformen
r1
r2
r2*
r1*
r2‘*
r1‘*
Anpassung an geänderte Faktorpreise
SubstitutionaleProduktionsfunktion
iWechsel zur neuen Minimalkostenkombination
LimitationaleProduktionsfunktion
i Leontief-Produktionsfunktion: Keine Anpassungsmöglichkeiten (außer Umrüstung der Maschinen)
i Gutenberg-Produktionsfunktion:- Intensitätsmäßige Anpassung
bei geänderten Faktorpreisen der Repetierfaktoren
- Wahl der jeweils optimalen Anpassungsform bei geändertem Lohnsatz
r1
r2
Kq2
Kq2‘
K q1‘
Kq1
r2*
r1*
r2‘*
r1‘*
Langfristige Anpassungen durch Technologiewechsel
i Kurzfristig sind Unternehmen bei limitationalen Produktionsprozessen in ihren Anpassungsmöglichkeiten beschränkt.
i Langfristig können sich Unternehmen an geänderte Outputmengen und Faktorpreise jedoch durch einen Technologiewechsel anpassen.
i Der Unterschied zwischen limitationalen und substitutionalenProduktionsprozessen ist dementsprechend primär eine Frage der Anpassungsgeschwindigkeit.
i Die Anpassungsgeschwindigkeit hängt u.a. von folgenden Faktoren ab:
- Anpassungsmöglichkeiten bestehender Maschinen- Verfügbarkeit neuer Maschinen entsprechend des technischen
Fortschritts- Volumen der Ersatz- und Neuinvestitionen- Lernaufwand durch Qualifizierungsbedarf der Mitarbeiter
Substitutionale vs. limitationale Faktorbeziehungen
i Tendenzielle Bedeutung unterschiedlicher Produktionsfunktionen
Fristigkeit
Kurz
Makro
Mikro
Lang
Pers
pekti
ve
Schematisch
SubstitutionaleFaktor-
beziehungen
LimitationaleFaktor-
beziehungen
Beispiel Straßenverkehr
i Entwicklung des durchschnittlichen Benzinverbrauchs (PKW und Kombi)*
7,5
8,0
8,5
9,0
9,5
10,0
10,5
1965 1970 1975 1980 1985 1990 1995 20000
0,2
0,4
0,6
0,8
1
1,2
Durchschnitts-verbrauch (l/100km)Benzinpreis (€/l)
* Inländerfahrleistung; Benzinpreise bis 1983 Bedienungstanken, ab 1984 Selbstbedienung; bis 1985 verbleites, aber 1990 bleifreies Normalbenzin. Die durchschnittliche Motorleistung stieg im selben Zeitraum (1965 bis 2000) von 31 kW auf 68 kW.
Quelle: Verkehr in Zahlen 2003/2004, S. 280 f.
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Literatur
- Corsten, Hans (2007): Produktionswirtschaft: Einführung in das industrielle Produktionsmanagement, Oldenbourg.