primäre, idiopathische, steroidresistente nephrose mit fsgs im kindesalter – überdiagnostiziert...

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Redaktion H. Haller, Hannover Nephrologe 2006 · 1:163–172 DOI 10.1007/s11560-006-0028-0 Online publiziert: 19. August 2006 © Springer Medizin Verlag 2006 J. H. H. Ehrich Abteilung für pädiatrische Nieren-, Leber- und Stoffwechselkrankheiten, Medizinische Hochschule Hannover Primäre, idiopathische, steroidresistente Nephrose mit FSGS im Kindesalter – überdiagnostiziert und untertherapiert? Therapie des steroidresistenten nephrotischen Syndroms mit fokal segmentaler Glomerulosklerose Leitthema Das steroidresistente nephrotische Syndrom (SRNS) tritt im Kindesalter weltweit mit einer Inzidenz von 0,3– 0,8 Neuerkrankungen pro 100.000 Kinder unter 18 Jahren und Jahr auf. Die Inzidenzraten aller SRNS weisen erhebliche geographische Schwan- kungen auf, d. h. höhere Raten finden sich bei Afrikanern bzw. bei Afroame- rikanern. Die Steroidresistenz des NS tritt altersabhängig relativ häufiger beim angeborenen und infantilen NS auf als beim NS der Klein- und Schul- kinder. Im Gegensatz zum steroidsen- siblen NS besteht keine Geschlechts- abhängigkeit bei der Häufigkeit des SRNS. Die Mehrzahl der Kinder weist ätiologisch ein primäres idiopa- thisches SRNS auf, sekundäre SRNS sind bei Kindern selten. Definitionen Als primäre nephrotische Syndrome (NS) werden NS definiert, die nicht Folge ei- ner anderen Erkrankung sind. Idiopa- thische NS haben eine unbekannte Ur- sache. Primäre idiopathische NS sind mit unterschiedlichen glomerulären Verände- rungen verbunden [29, 32]. Von 421 Kin- dern mit einer primären idiopathischen Nephrose aus der Kinderklinik der Me- dizinischen Hochschule Hannover hat- ten 80 minimale glomeruläre Verände- rungen (MCNS), 10 eine fokal segmen- tale Glomerulosklerose (FSGS) und die restlichen 10 verteilten sich auf idiopa- thische mesangioproliferative Glomeru- lonephritis, membranoproliferative Glo- merulonephritis und membranöse Glo- merulopathie. In der vorliegenden Arbeit wird ledig- lich die primäre FSGS behandelt, die his- tologisch durch eine elektronenmikrosko- pisch nachweisbare Retraktion der Fuß- fortsätze in den lichtmikroskopisch nicht veränderten Glomerulussegmenten ge- kennzeichnet ist und durch die typischen lichtmikroskopisch nachweisbaren foka- len und segmentalen Läsionen. Steroidresistenz Es gibt weltweit in der Kindernephrologie zwei verschiedene, konsensfähige Defini- tionen zur Steroidresistenz. Die Internati- onal Study of Kidney Disease in Children (ISKDC) und die Arbeitsgemeinschaft für Pädiatrische Nephrologie (APN) de- finieren Steroidresistenz als eine fehlende Urinremission nach einer 4-wöchigen kontinuierlichen Standardinitialtherapie mit Predniso(lo)n (PRED: 60 mg/m 2 bzw. 2 mg/kg; . Tab. 1; [28, 49]). Ein bis 3 der Kinder mit MCNS können allerdings nach Ablauf der initialen PRED-Therapie noch auf eine verlängerte PRED-Gabe an- sprechen [49]. Daher führen u. a. franzö- sische Kindernephrologen nach den ers- ten 4 Wochen bei Nichtansprechen noch eine dreimalige intravenöse Methylpred- nisolongabe durch, um auch diese weni- gen Fälle noch durch Steroide in die Re- mission zu bringen, und sprechen erst von einer Steroidresistenz, wenn auch da- nach noch keine Vollremission eingetre- ten ist [80]. E Die APN empfiehlt derzeit eine insgesamt 6-wöchige, kontinuier- liche PRED-Therapie [28]. Damit stellt das Nichtansprechen nach 6 Wochen eine praktikable Kompromiss- definition dar, obwohl auch nach noch längeren PRED-Gaben späte Remissionen erzielt werden können [42]. Die kumula- tive, kontinuierliche PRED-Dosis nach 6- wöchiger oraler Gabe beträgt 84 mg/kg Körpergewicht (entsprechend 2520 mg/ m 2 Körperoberfläche) und ist sehr ähnlich einer 4-wöchigen oralen PRED-Gabe plus dreimaligem intravenösem Methyl-Pred- nisolon-Puls (IV-MPRED) mit insgesamt 92 mg/kg Körpergewicht, und die Neben- wirkungen der Therapie sind moderat 163 Der Nephrologe 3 · 2006 |

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Redaktion

H. Haller, Hannover

Nephrologe 2006 · 1:163–172

DOI 10.1007/s11560-006-0028-0

Online publiziert: 19. August 2006

© Springer Medizin Verlag 2006

J. H. H. Ehrich

Abteilung für pädiatrische Nieren-, Leber- und Stoffwechselkrankheiten,

Medizinische Hochschule Hannover

Primäre, idiopathische, steroidresistente Nephrose mit FSGS im Kindesalter – überdiagnostiziert und untertherapiert?

Therapie des steroidresistenten nephrotischen Syndroms mit fokal segmentaler Glomerulosklerose

Leitthema

Das steroidresistente nephrotische

Syndrom (SRNS) tritt im Kindesalter

weltweit mit einer Inzidenz von 0,3–

0,8 Neuerkrankungen pro 100.000

Kinder unter 18 Jahren und Jahr auf.

Die Inzidenzraten aller SRNS weisen

erhebliche geographische Schwan-

kungen auf, d. h. höhere Raten finden

sich bei Afrikanern bzw. bei Afroame-

rikanern. Die Steroidresistenz des NS

tritt altersabhängig relativ häufiger

beim angeborenen und infantilen NS

auf als beim NS der Klein- und Schul-

kinder. Im Gegensatz zum steroidsen-

siblen NS besteht keine Geschlechts-

abhängigkeit bei der Häufigkeit des

SRNS. Die Mehrzahl der Kinder weist

ätiologisch ein primäres idiopa-

thisches SRNS auf, sekundäre SRNS

sind bei Kindern selten.

Definitionen

Als primäre nephrotische Syndrome (NS)

werden NS definiert, die nicht Folge ei-

ner anderen Erkrankung sind. Idiopa-

thische NS haben eine unbekannte Ur-

sache. Primäre idiopathische NS sind mit

unterschiedlichen glomerulären Verände-

rungen verbunden [29, 32]. Von 421 Kin-

dern mit einer primären idiopathischen

Nephrose aus der Kinderklinik der Me-

dizinischen Hochschule Hannover hat-

ten 80 minimale glomeruläre Verände-

rungen (MCNS), 10 eine fokal segmen-

tale Glomerulosklerose (FSGS) und die

restlichen 10 verteilten sich auf idiopa-

thische mesangioproliferative Glomeru-

lonephritis, membranoproliferative Glo-

merulonephritis und membranöse Glo-

merulopathie.

In der vorliegenden Arbeit wird ledig-

lich die primäre FSGS behandelt, die his-

tologisch durch eine elektronenmikrosko-

pisch nachweisbare Retraktion der Fuß-

fortsätze in den lichtmikroskopisch nicht

veränderten Glomerulussegmenten ge-

kennzeichnet ist und durch die typischen

lichtmikroskopisch nachweisbaren foka-

len und segmentalen Läsionen.

Steroidresistenz

Es gibt weltweit in der Kindernephrologie

zwei verschiedene, konsensfähige Defini-

tionen zur Steroidresistenz. Die Internati-

onal Study of Kidney Disease in Children

(ISKDC) und die Arbeitsgemeinschaft

für Pädiatrische Nephrologie (APN) de-

finieren Steroidresistenz als eine fehlende

Urinremission nach einer 4-wöchigen

kontinuierlichen Standardinitialtherapie

mit Predniso(lo)n (PRED: 60 mg/m2 bzw.

2 mg/kg; . Tab. 1; [28, 49]). Ein bis 3

der Kinder mit MCNS können allerdings

nach Ablauf der initialen PRED-Therapie

noch auf eine verlängerte PRED-Gabe an-

sprechen [49]. Daher führen u. a. franzö-

sische Kindernephrologen nach den ers-

ten 4 Wochen bei Nichtansprechen noch

eine dreimalige intravenöse Methylpred-

nisolongabe durch, um auch diese weni-

gen Fälle noch durch Steroide in die Re-

mission zu bringen, und sprechen erst

von einer Steroidresistenz, wenn auch da-

nach noch keine Vollremission eingetre-

ten ist [80].

E Die APN empfiehlt derzeit eine

insgesamt 6-wöchige, kontinuier-

liche PRED-Therapie [28].

Damit stellt das Nichtansprechen nach

6 Wochen eine praktikable Kompromiss-

definition dar, obwohl auch nach noch

längeren PRED-Gaben späte Remissionen

erzielt werden können [42]. Die kumula-

tive, kontinuierliche PRED-Dosis nach 6-

wöchiger oraler Gabe beträgt 84 mg/kg

Körpergewicht (entsprechend 2520 mg/

m2 Körperoberfläche) und ist sehr ähnlich

einer 4-wöchigen oralen PRED-Gabe plus

dreimaligem intravenösem Methyl-Pred-

nisolon-Puls (IV-MPRED) mit insgesamt

92 mg/kg Körpergewicht, und die Neben-

wirkungen der Therapie sind moderat

163Der Nephrologe 3 · 2006 |

[28]. Länger als 6 Wochen andauernde,

kontinuierliche PRED-Gaben und höhere

kumulative PRED-Dosen werden wegen

unzumutbar hoher Nebenwirkungsra-

ten (z.B. Striae >15, Katarakt >3) von

der Mehrzahl der Kindernephrologen als

nicht indiziert angesehen.

Das Vorhandensein einer Steroidre-

sistenz beim NS bedeutet, dass PRED als

Monotherapie keine ausreichende Wir-

kung hat, um Remissionen zu erzielen.

Allerdings bedeutet dies nicht, dass PRED

bei diesen Patienten überhaupt keine Wir-

kung zeigt und auch für Kombinations-

therapien nicht angewandt werden sollte.

Die FSGS mit früher und später Ste-

roidresistenz [20, 39, 109, 118, 134] stel-

len eine große therapeutische Herausfor-

derung im Kindesalter dar. Fünfundfünf-

zig von 60 Kindern aus der Kinderklinik

der Medizinischen Hochschule Hannover

und der Charité Kinderklinik wiesen eine

frühe Steroidresistenz auf, d. h. bereits bei

Erstbehandlung mit PRED-Monotherapie

kam es nicht zu einer Remission; 5 Kinder

waren zunächst steroidsensibel und ent-

wickelten erst bei Rezidiven des NS eine

späte Steroidresistenz.

Durch erweiterte Immunsuppressions-

therapien konnte bei der steroidresistenten

FSGS je nach Art und Intensität der Thera-

pie bei 20–88 der Kinder und Erwachse-

nen eine komplette Remission und bei 10–

50 eine partielle Remission erzielt wer-

den. In der vorliegenden Arbeit sollen die

Gründe für die so unterschiedlichen Re-

missionsraten kritisch analysiert werden.

Herausforderungen

Die Behandlung von Kindern mit SRNS

stellt aus verschiedenen Gründen eine be-

sondere Herausforderung für Kinderne-

phrologen dar [108]: Erstens hat das SRNS

bei FSGS aus unbekannten Gründen in

den letzten 15 Jahren im Gegensatz zum

steroidsensiblen NS zugenommen [16, 52],

und zwar sowohl die Verlaufsformen mit

früher Steroidresistenz als auch mit später

Resistenz. Zweitens wies nach verschie-

denen immunsuppressiven Behandlungs-

formen weniger als ein Drittel der Pati-

enten eine langfristig komplette Remissi-

on auf [42]. Drittens war die Prognose bei

Nichtansprechen auf Immunsuppressiva

mittelfristig schlecht, und 34 der Kin-

der entwickelten innerhalb von 11 Jahren

eine terminale Niereninsuffizienz [20].

Von den terminal niereninsuffizient ge-

wordenen Kinder mit FSGS wurden 50

innerhalb von 5 Jahren nach Beginn des

NS dialysepflichtig [30, 31]. Viertens war

die FSGS mit 10 die häufigste zur termi-

nalen Niereninsuffizienz führende Einze-

lerkrankung im Kindesalter, und fünftens

entwickelte mindestens ein Drittel der

Patienten mit idiopathischen Formen der

FSGS nach Nierentransplantation ein Re-

zidiv im Transplantat, das nur bei weni-

gen Patienten in die permanente Remissi-

on gebracht werden konnte [30, 31].

Primäre, idiopathische, steroidresistente Nephrose: überdiagnostiziert?

Meyrier [66] bezeichnete die FSGS mit

NS als „eine Krankheitsgruppe, die 1. kei-

ne Entität darstellt, die 2. glomeruläre Läsi-

onen aufweist, deren Ätiologie und Patho-

physiologie unklar ist, und die 3. mit Me-

dikamenten behandelt wird, deren Mecha-

nismen wenig verstanden werden“. Mole-

kulargenetische Studien zur Ätiologie des

Tab. 1 Pädiatrisch-nephrologische Definitionen für die Diagnose und Behandlung des idiopathischen nephrotischen Syndroms

Definitionen Kriterien

Nephrotisches Syndrom (NS) Proteinurie >1,7 g/Tag und 1,73 m2 Körperoberfläche, Serumalbumin <25 g/l, Hypercholesterinämie, Ödeme

Primäres idiopathisches NS NS unklarer Genese, das nicht Folge einer anderen Erkrankung ist

Sekundäres NS NS, das einer bekannten Erkrankung vorhergeht, diese begleitet oder ihr nachfolgt

Konnatales NS NS mit Manifestation innerhalb der ersten 3 Lebensmonate

Infantiles NS NS zwischen 3. und 12. Lebensmonat

Familiäres NS NS bei 2 oder mehreren Familienmitgliedern

Hereditäres (genetisches) NS, syn-

dromatisches NS

NS bei bekannter Genmutation, NS assoziiert mit angeborenen Missbildungen anderer Organe und Gewebe (mit

oder ohne bekanntem Gendefekt)

Steroidsensibles NS (SSNS) Normalisierung der Proteinurie innerhalb von 4 Wochen nach Start der Standardinitialtherapie

Steroidresistentes NS (SRNS) Nephrotisches Syndrom ohne Ansprechen auf Steroide nach 4-wöchiger Predniso(lo)n-Standardtherapie mit

60 mg/m2 und Tag bzw. auf eine kumulative Predniso(lo)n-Dosis von 56 mg/kg Körpergewicht

Frühe Steroidresistenz Predniso(lo)n-Resistenz bei Initialtherapie

Späte Steroidresistenz Predniso(lo)n-Resistenz bei Rezidiv nach initialer Steroidsensibilität

Häufig rezidivierendes NS (HRNS) 2 oder mehr Rezidive pro 6 Monate bzw. 4 oder mehr Rezidive pro 12 Monate

Steroidabhängiges NS (SDNS) Häufig rezidivierendes NS mit 2 sof. schnellen Rezidiven, d. h. Auftreten unter alternierender PRED-Gabe oder inner-

halb von 14 d nach Absetzen (Definition der Arbeitsgemeinschaft für Pädiatrische Nephrologie); alternativ: ein NS,

das nur mit einer bestimmten Predniso(lo)n-Dosis (kontinuierlich als „tapering down“, oder alternierend als „tapering

down“ gegeben) in Dauerremission gehalten werden kann [Angabe des Grades der Steroidabhängigkeit durch die

kumulative Predniso(lo)n-Dosis (Definition der Société de Nephrologie Pédiatrique)]

Vollremission des NS Proteinurie <150 mg/1,73 m2 und Tag

Partielle Remission Serumalbumin >25 g/l bei fortbestehender Proteinurie >150 mg/1,73 m2 und Tag

Rezidiv des NS Proteinurie >150 mg/1,73 m2 und Tag oder Albustix >2+ an 3 aufeinander folgenden Tagen oder an 3 von 7 Tagen

Nephrotische Krise Akutes oligurisches Nierenversagen während Erstmanifestation oder Rezidiv eines NS

Monotherapie: Verwendung eines einzelnen Immunsuppressivums, z. B. CSA;Kombinationstherapie: Verwendung von mindestens 2 Immunsuppressiva, z. B. CSA und Predniso(lo)n.

164 | Der Nephrologe 3 · 2006

Leitthema

primären SRNS und molekularbiologische

Untersuchungen zur Rolle der Podozyten

ermöglichten es in den letzten Jahren, ei-

ne Differenzierung [99] der ursprünglich

überwiegend einheitlich als idiopathisch

angesehenen Patientengruppe mit SRNS

und FSGS vorzunehmen: 1. Angeborene

Gendefekte mit vorwiegender bzw. iso-

lierter Beteiligung der Podozyten [5) wur-

den unterschieden von 2. Gendefekten mit

komplexer, syndromatischer Manifesta-

tion auch anderer Körperteile (. Tab. 2)

(. Abb. 1, 2, 3, 4). 3. Erworbene virale

Schäden und toxische podozytären Schä-

den wurden differenziert. 4. Erworbene

immunologische Schäden der Podozyten

im Sinne proteinurischer Faktoren wur-

den postuliert und – obwohl die Pathoge-

nese mittels proteinurischer Faktoren zwar

überaus plausibel erscheinen mag – bisher

in der Regel nur in wenigen Einzelfällen

bewiesen ([35, 104].

Die pathohistologische Unterschei-

dung der FSGS in eine klassische (NOS -)

Va ri ante, eine perihiläre, eine zelluläre, ei-

ne Tip-Variante und eine kollabierende Va-

riante [23, 101, 117] ist deskriptiv, ihre kli-

nische Bedeutung jedoch nicht vollstän-

dig geklärt. Die Korrelation der fünf Vari-

anten zur 1. unterschiedlichen Ätiologie der

FSGS [15], zur 2. Alter-, Geschlechts- und

ethnischer Zugehörigkeit des Patienten [3],

und zum 3. Verlaufsstadium des SRNS blei-

ben offen, ebenso 4. die Bedeutung der Va-

rianten für den Therapieerfolg [20, 22, 23,

101, 117]. Es ist unklar, inwieweit andere pro-

gnostische Faktoren als die Ansprechbar-

keit auf die Immunsuppression ein ausrei-

chend sicheres Kriterium für die Entschei-

dung über eine „maßgeschneiderte“ Inten-

sität der Therapie sein können [60].

> Die ätiologische und histo- logische Heterogenität der FSGS wurde meist ignoriert

Nach Analyse von über 100 Publikationen

zur Therapie des SRNS bei FSGS ist kri-

tisch festzustellen, dass die überwiegende

Mehrheit aller Arbeiten die ätiologische

und histologische Heterogenität der FSGS

ignorierten. Die Mehrzahl der Autoren

ordneten die untersuchten und behandel-

ten Patienten aller Altersstufen nichtse-

lektiv einer idiopathischen Form zu. Das

Ausmaß der hierdurch entstandenen Un-

Zusammenfassung · Abstract

Nephrologe 2006 · 1:163–172 DOI 10.1007/s11560-006-0028-0

© Springer Medizin Verlag 2006

J. H. H. Ehrich

Primäre, idiopathische, steroidresistente Nephrose mit FSGS im Kindesalter – überdiagnostiziert und untertherapiert? Therapie des steroidresistenten nephrotischen Syndroms mit fokal segmentaler Glomerulosklerose

Zusammenfassung

Der Prozentsatz kompletter Remissionen

nach Induktionstherapie des steroidresisten-

ten nephrotischen Syndroms mit fokal seg-

mentaler Glomerulosklerose wurde in 6 ran-

domisierten und mehr als 50 retrospektiven

Studien mit 20 bis 88% angegeben. Kinder

mit einer genetischen Form der FSGS wur-

den häufig unterdiagnostiziert und überthe-

rapiert, d. h. sie sprachen in der Regel sehr

schlecht auf die Immunsuppression an. Kin-

der mit einer idiopathischen FSGS wurden

häufig überdiagnostiziert und unterthera-

piert, d. h. durch eine intensivierte Kombina-

tionstherapie mit CSA und IV-MPRED konn-

ten 88% der Kinder in die komplette Remissi-

on gebracht werden. Zusammenfassend soll-

ten Kinder mit einer idiopathischen FSGS mit

einer ausreichend langen Kombinationsthe-

rapie in die Remission gebracht werden und

anschließend eine immunsuppressive Erhal-

tungstherapie erhalten. Dagegen ist die In-

dikation für eine immunsuppressive Thera-

pie bei genetischer FSGS zurückhaltend zu

stellen.

Schlüsselwörter

Steroidresistentes nephrotisches Syndrom ·

Fokal segmentale Glomerulosklerose · Im-

munsuppression · Induktionstherapie · Erhal-

tungstherapie · Rezidivtherapie

Primary idiopathic steroid-resistant nephrosis with focal and segmental glomerulosclerosis in childhood – Over-diagnosed and under-treated? Therapy of the steroid-resistant nephrotic syndrome with focal segmental glomerulosclerosis

Abstract

The rate of complete remission after induc-

tion therapy of steroid-resistant nephrot-

ic syndrome (SRNS) with focal and segmen-

tal glomerulosclerosis (FSGS) was reported to

be 20–88% in 6 randomised and the majori-

ty of more than 50 retrospective studies. Chil-

dren with a genetic type of FSGS were often

under-diagnosed and over-treated because

they barely responded to immunosuppres-

sion. Children with an idiopathic type of FSGS

were frequently over-diagnosed and under-

treated. The rate of patients with complete

remission reached more than 80% when a

long-term combination therapy with Cyclo-

sporin A (CSA) and intravenous Methylpred-

nisolone (IV-MPRED) was used. In conclusion,

an intensified treatment using a combina-

tion of immunosuppressive agents for sever-

al months to 1 year or more should be given

to children with idiopathic, non-genetic SRNS

and FSGS to induce remission. Relapses of NS

may occur in half the patients during or after

cessation of maintenance therapy. Relapse

therapy with combined IV-MPRED+CSA ther-

apy resulted in a high rate of remission. By

contrast, children with a genetic type of FSGS

should be withheld from immunosuppres-

sive therapies.

Keywords

Steroid resistant nephrotic syndrome ·

Focal and segmental glomerulosclerosis ·

Immunsuppression · Induction therapy ·

Maintenance therapy · Relapse therapy

165Der Nephrologe 3 · 2006 |

Abb. 1 8 Patient mit Akroosteolyse-Syndrom und FSGS

Abb. 2 8 Röntgenhandskelett bei Akroosteo-lyse-Syndrom

Abb. 3 8 Patientin mit Schimke-Syndrom und FSGS (Kleinwuchs, Naevi, kurzer und breiter Thorax, Hüftdysplasie, Fischwirbelkörper)

sicherheit und das Risiko der Fehlinterpre-

tationen hinsichtlich der Therapieerfolge

oder -versager ist nur schwer abschätzbar.

Im eigenen Patientengut von 72 Kindern

mit SRNS und FSGS waren 28 aller Pa-

tienten den genetischen Formen der FSGS

zugeordnet, davon die Hälfte den syndro-

matischen Formen (SMARCAL-Defekt

bei Schimkes immunoossärer Dysplasie,

oder WT1-Gendefekt bei Denys-Drash-

oder Frasier-Syndrom) und die andere

Hälfte den Podocin-Mutationen.

Es muss somit davon ausgegangen

werden, dass in der Vergangenheit gene-

tische, d. h. isolierte, familiäre und syn-

dromatische FSGS im Kindesalter unter-

diagnostiziert wurden und damit die idio-

pathische FSGS überdiagnostiziert wurde.

Inwieweit diese Schlussfolgerung auch auf

erwachsene Patienten zutrifft, ist unklar.

Genetisch bedingte, isolierte, familiäre oder syndromatische FSGS im Kindesalter: übertherapiert?

Von den 20 Kindern aus der Kinderklinik

der Medizinischen Hochschule Hannover

und der Charité Kinderklinik mit nach-

gewiesenen genetisch bedingten Formen

des SRNS bei FSGS konnte in keinem Fall

durch eine immunsuppressive Kombina-

tionstherapie mit Ciclosporin A (CSA)

und PRED eine Remission erzielt wer-

den. Diese nichtpublizierten Ergebnisse

unterstützen die Befunde von Ruf et al.

[97], die bei Patienten mit Podocin-Mu-

tationen keine Therapieerfolge nach un-

terschiedlicher Immunsuppression nach-

weisen konnten. Sie unterstützen auch die

Befunde von Boerkoel et al. [14], die nur

in Ausnahmefällen eine Remission des

NS nach Immunsuppression syndroma-

tischer Formen (wie bei der Schimke-Er-

krankung) beschrieben.

> Zu viele Kinder mit genetischen FSGS-Formen werden immunsuppressiv behandelt

Trotz der problematischen Datenlage auf-

grund der geringen Anzahl publizierter

Fälle kann derzeit gefolgert werden, dass

Kinder mit isolierter, familiärer oder syn-

dromatischer FSGS und nachgewiesener

Mutation weder einer Steroidtherapie

noch einer erweiterten Immunsuppressi-

on unterzogen werden sollten.

Nach Analyse der Literatur muss an-

genommen werden, dass ein zu hoher

Anteil von Kindern mit genetischen For-

men der FSGS immunsuppressiv behan-

delt wird. Stattdessen ist bei diesen Pati-

enten die Nierentransplantation das Mit-

tel der Wahl nach Progression des SRNS

in die chronische Niereninsuffizienz. Re-

kurrente Verläufe nach Nierentransplan-

tation sind bei genetischen FSGS-Formen

selten [13].

Primäre, idiopathische, steroidresistente Nephrose im Kindesalter: untertherapiert?

Studienqualität und Datenlage

Die Cochrane-Analyse der randomisier-

ten, kontrollierten prospektiven Studien

zum SRNS bei FSGS [18, 42] bei Kindern

zeigte, dass CSA ein Drittel aller Kinder in

die komplette Remission bringen konnte

[42]. Weder orales noch intravenöses Cyc-

lophosphamid (CYC) waren in der Lage,

die Remissionsrate wesentlich gegenü-

ber einer PRED-Monotherapie von etwa

20–30 zu steigern. Auch die Kombina-

tionstherapie von PRED mit Azathioprin

(AZA) war nicht in der Lage, die Effek-

tivität einer Monotherapie mit PRED zu

übertreffen.

Die Aussagefähigkeit der meisten bis-

her publizierten, nichtrandomisierten

retrospektiven Studien zum SRNS ist

durch geringe Patientenzahlen stark ein-

geschränkt. Zwei Drittel von insgesamt

mehr als 50 retrospektiven Studien mit

Kindern und Erwachsenen beschrieben

den Verlauf des SRNS bei weniger als 10

Patienten mit FSGS. Zahlreiche Arbeiten

schlossen zusätzlich Kinder und Erwach-

sene mit MCNS oder mesangialer Proli-

feration ein, ohne die Ergebnisse entspre-

chend der unterschiedlichen Altersgrup-

pen und Histologien zu differenzieren.

Die Hälfte der Studien beinhalteten nicht

nur steroidresistente, sondern auch stero-

idabhängige Patienten [54, 59]. Einzelne

Arbeiten verwendeten abweichende oder

unklare Definitionen der Steroidresistenz

[42, 48]. Die Hälfte der Artikel hatte ei-

ne Beobachtungsdauer von weniger als 2

Jahren nach Beginn der immunsuppres-

166 | Der Nephrologe 3 · 2006

Leitthema

siven Therapie, nur wenige Arbeiten be-

schrieben Langzeitverläufe von bis zu 10

Jahren [36, 71, 72, 112]. Besonders proble-

matisch sind Studien zu beurteilen, die

„flexible“ Therapien mit simultaner oder

sukzessiver Gabe mehrere Medikamente

beinhalten [12, 48]. Das Problem lang an-

dauernder immunsuppressiver Kombi-

nationstherapien unter Verwendung von

PRED liegt beispielsweise darin, dass die

kontinuierliche PRED-Gabe als Mono-

therapie über die Dauer von 2 Monaten

hinaus noch zu Remissionen führen kann

[19] und damit der Wirkungsanteil der zu-

sätzlichen Immunsuppressiva unklar blei-

ben kann. Wenige Arbeiten beinhalteten

Daten zur Komorbidität und zum Kör-

perwachstum während des Krankheits-

verlaufes [83, 100]. Von besonderer Be-

deutung für die Verlaufsbeurteilung ist

v. a. die fehlende Unterscheidung von In-

duktionstherapie und Erhaltungstherapie

bei 54 der publizierten Artikel sowie die

fehlende Differenzierung von Initialthera-

pie und Rezidivtherapie. Überraschend ist

der hohe Anteil von 18 aller Artikel zum

Thema FSGS, die keine eigenen Patien-

tendaten vorstellen und stattdessen ledig-

lich eine Stellungnahme zur Therapiestra-

tegie abgeben („policy papers“; [54, 55, 62,

136]), und zwar ohne auf die Problematik

der unzureichenden Datenlage bei der Be-

handlung von Kindern und Erwachsenen

hinzuweisen.

Die Begründung für die immunsup-

pressive Therapie des primären idiopa-

thischen SRNS beruht auf der Hypothe-

se, dass sie die Produktion proteinurischer

Faktoren stoppen kann. Es ist unklar, ob

– und wenn ja, wie – die Immunsuppres-

siva eine direkte Wirkung auf Podozyten

ausüben [50].

Die immunsuppressive Therapie star-

tet bei Erstmanifestation des SRNS mit

einer Induktionstherapie und wird nach

Erzielen der Remission von einer Erhal-

tungstherapie abgelöst, um Rezidive zu

verhindern. Bei Versagen einer Therapie

werden Rescue-Therapien eingesetzt und

bei Rezidiven eine Rezidivtherapie.

Induktionstherapien und Remissionsraten

CSA konnte als Monotherapie ein Drittel

aller Kinder und Erwachsener mit FSGS

in die komplette Remission bringen [19,

25, 27, 36, 42, 57, 91, 103, 107, 114, 130, 131].

Die Kombination von CSA und PRED

konnte die Remissionsraten weiterhin er-

höhen [19, 78, 79, 81, 82, 115, 116]. Aller-

dings nahm v. a. die Rate an partiellen und

vorübergehenden Remissionen zu [20]. In

den „gepoolten“ Daten von 128 Kindern

erzielten 26 eine komplette Remissi-

on und 11 eine partielle Remission, im

Vergleich hierzu 19 bzw. 18 der 226 Er-

wachsenen [66]. In einer eigenen, zur Pu-

blikation eingereichten Studie an 52 Kin-

dern mit primärem idiopathischem SRNS

konnte durch eine Kombination von ora-

lem PRED mit CSA eine Rate der kom-

pletten Remissionen von 68 erzielt wer-

den, die durch die Kombination von IV-

MPRED + CSA noch auf 88 gesteigert

werden konnte. Alle Kinder mit einer par-

tiellen Remission wurden durch Intensi-

vierung und ausreichend lange Thera-

pie in die komplette Remission gebracht.

Es ist ungeklärt, ob die intravenöse CSA-

Gabe der oralen Applikation beim SRNS

überlegen ist [93]. Das Auftreten einer se-

kundären CSA-Resistenz wurde beschrie-

ben [98].

Eine kritische Analyse sämtlich er im-

munsuppressiver Verfahren (. s. Info-

box 1) zeigt, dass IV-MPRED in der Kom-

binationstherapie eine sehr gute therapeu-

tische Wirkung bescheinigt werden kann

[1, 8, 53, 65, 74, 76, 122, 123, 128, 129, 133].

Alternativ zum IV-MPRED hatten auch

hohe Dexamethason-Dosen einen posi-

tiven Effekt [45].

> IV-MPRED in der Kombi- nationstherapie ist therapeutisch sehr wirksam

Zahlreiche Arbeiten befassten sich mit

dem Therapieeffekt von Chlorambucil

(CHL) bzw. Cyclophosphamid (CYC oral

oder IV-CYC-Pulse) als 2- bis mehrmo-

natige Mono- oder Kombinationsthera-

pie bei Kindern und Erwachsenen [2, 9,

40, 41, 42, 43, 44, 46, 61, 96, 113, 121]. Kei-

ne der publizierten Therapiestudien mit

CYC, wie auch die noch nicht veröffentli-

chte APN-Studie zur Verwendung von IV-

CYC-Pulsen, konnte ähnlich hohe Remis-

sionsraten erzielen wie CSA [42, 86]; sie

haben sich daher nicht durchgesetzt. Die

langfristige Kombinationstherapie von IV-

Tab. 2 Syndromatische Erkrankungen mit einem steroidresistenten nephrotischen

Syndrom (SRNS)

Syndrom Nierenmorphologie

Kongenitaler Glykolisierungsdefekt (CDG-Syndrom) Mäßig charakterisiert

Charcot-Marie-Tooth-Syndrom FSGS

Cockayne-Syndrom und Variationen FSGS

Denys-Drash-Syndrom Mesangiale Sklerose

Duane-Syndrom FSGS

Familiäres Dysautonomie-Syndrom FSGS

Familiäres infantiles NS mit okulären Anomalien FSGS

Frasier-Syndrom Mesangiale Sklerose

Hutterit-Zerebro-Osteo-Nephrodysplasie FSGS

Idiopathisches Akroosteolysesyndrom FSGS

Galloway-Mowat-Syndrom Mäßig charakterisiert

Nail-Patella-Syndrom FSGS

SRNS und polyzystische Nierenerkrankung FSGS

SRNS und Hexadaktylie MCNS

Megalokornea/Hornhaut, Dandy-Walker-Missbildung,

Vorhofseptumdefekt

Mesangiale Sklerose

Myoklonische Enzephalopathie und angeborenes NS Mäßig charakterisiert

Pierson-Syndrom FSGS

Pulmonalstenose, Hypertelorimsus und NS FSGS

Schimke immunoossäre Dysplasie FSGS

Infantile Spasmen und mentale Retardierung FSGS

Tracheoesophageale Fistel und Ösophagusatresie mit NS Mäßig charakterisiert

Turner-Syndrom (Mosaik) FSGS

168 | Der Nephrologe 3 · 2006

Leitthema

MPRED mit CYC oder CHL führte aller-

dings zu besseren Remissionsraten von et-

wa 66 [65, 122, 123]. Obwohl diese The-

rapieform seit 1995 gut bekannt ist, wurde

sie seither nur von 17 aller nordamerika-

nischen Kindernephrologen häufig einge-

setzt [126]. Die Gründe für die mangeln-

de Akzeptanz sind nicht klar. Möglicher-

weise haben der Erfolg der CSA-Thera-

pien und die fehlenden Erfolge der CYC-

und CHL-Gaben in anderen Studien hier-

zu beigetragen. Das Verdienst der Arbei-

ten von Tune und Mendoza [122, 123] be-

steht darin, dass sie 1. den positiven Effekt

der IV-MPRED-Gabe herausgestellt ha-

ben und 2. die Notwendigkeit einer lang-

fristigen, kombinierten Immunsuppressi-

on.

Die Datenlage zur Verwendung von

Tacrolimus (TAC) bei dem SRNS ist man-

gels publizierter Patienten problematisch

[102, 120]. Die Auswertung von 4 Veröf-

fentlichungen ergab bei 17 von 30 Pati-

enten eine komplette und bei 6 von 30 ei-

ne partielle Remission [26, 58, 63]. Vier-

zehn der 30 Patienten erhielten eine Mo-

notherapie mit TAC. In der Studie von

Loef fler et al. [58] wurde zusätzlich zum

TAC eine Steroidtherapie durchgeführt,

und 8 von 186 Patienten hatten ein steroi-

dabhängiges NS.

Die Analyse von 44 Patienten aus 8

publizierten Arbeiten bzw. Abstracts mit

Mycophenolatmofetil(MMF)-Therapie

ergab bei 50 eine komplette Remission

[10, 11, 17, 21, 70, 73, 75, 137]. Einschrän-

kend ist festzustellen, dass in 6 von 8 Ar-

beiten eine zusätzliche Immunsuppressi-

on mit PRED oder CSA erfolgte. Inwie-

weit die geplante multizentrische kollabo-

rative Studie zum Vergleich einer kombi-

nierten MMF-Gabe und Dexamethason-

Pulstherapie mit einer CSA-Monothera-

pie [4] neue Aspekte zur Induktionsthera-

pie beitragen kann, bleibt abzuwarten.

Die Induktionstherapie der FSGS mit

Mizoribine war nicht ausreichend erfolg-

reich [47, 51, 106, 111, 135]. Pefloxacin war

nicht wirksam [94, 105]. Vincristin wur-

de seit 1994 immer wieder als Immunsup-

pressivum zur Behandlung des SRNS und

der FSGS vorgeschlagen [37]. Die Remis-

sionsrate von 25 bei 44 der bis 2006 pu-

blizierten Patienten ist jedoch zu niedrig,

um eine eigene Therapiestudie zu recht-

fertigen.

Angiotensin-Converting-Enzyme-In-

hibitoren können bei der FSGS einen re-

duzierenden Effekt auf die Proteinurie

ausüben, ohne allerdings allein komplette

Remissionen zu erzielen [7, 110].

Es ist unklar, wie stark sich die Thera-

pieerfolge bei früher und später Steroid-

resistenz voneinander unterscheiden. In

den eigenen Daten ergibt sich eine Ten-

denz zu besseren Remissionsraten bei spä-

ter Steroidresistenz gegenüber früher Re-

sistenz (100 vs. 74, p=0,06).

Es wird allgemein angenommen, dass

beim Übergang des SRNS in die Nieren-

insuffizienz eine weitere Progression nicht

aufgehalten werden kann. Fünf der eige-

nen 52 Patienten mit idiopathischer FSGS

wiesen eine glomerulären Filtrationsra-

te (GFR) <60 auf. Keines dieser Kinder

sprach auf die kombinierte PRED + CSA-

Therapie an. Lediglich Aviles et al. [6]

berichteten von einer Verbesserung

der GFR bei 3 von 5 Patienten nach IV-

MPRED + CHL.

E Von besonderer therapeutischer

Bedeutung ist somit der frühe

Beginn der kombinierten

Immunsuppression einer FSGS.

Aufgrund der schlechten Remissionsraten

der genetischen Formen der FSGS nach

Immunsuppression ist davon auszugehen,

dass die Mehrzahl der bisher publizierten

Remissionsraten von Kindern mit idio-

pathischem SRNS bei FSGS falsch-nied-

rig sind. Dieser negative Effekt wirkt sich

je nach Anteil der nicht identifizierten ge-

netisch bedingten Fälle am Gesamtkollek-

tiv der „idiopathischen“ Fälle unterschied-

lich stark aus. In der eigenen Studie an 72

Kindern mit 52 idiopathischen und 20 ge-

netischen Fällen war die Remissionsrate

aller Kinder 55, bei den idiopathischen

Formen 77 und bei den genetischen For-

men 0.

Zusammenfassend zeigen die publi-

zierten Daten, dass das idiopathische SRNS

mit FSGS in vielen Fällen untertherapiert

wurde, und zwar immer dann, wenn Mo-

notherapien angewandt wurden, bzw. wenn

die Therapiedauer (z. B. mit teils nur 3 Mo-

naten) zu kurz war. Insbesondere wurde in

vielen Studien die Chance ungenutzt gelas-

sen, durch Intensivierung der Immunsup-

pression die partiell in Remission gekom-

menen Patienten noch in die komplette

Remission zu bringen. Als Schlussfolge-

rung ist zu empfehlen, dass die Therapie

des idiopathischen SRNS bei FSGS mit ei-

ner Kombinationstherapie von mindestens

zwei immunsuppressiven Substanzen erfol-

gen sollte, und dass diese Therapie ausrei-

chend lang, d. h. mindestens 1 Jahr durch-

geführt werden sollte, bevor eine komplette

Therapieresistenz angenommen werden

muss [38, 87, 90, 92, 123].

Rescue-Therapien

Zahlreiche nichtkontrollierte Studien ha-

ben nach Versagen der initialen Immun-

suppression weitere Medikamente simul-

tan oder sukzessiv eingesetzt, um noch ei-

ne Remission zu erzielen. Die verabreich-

ten Medikamente oder Verfahren sind in

Abb. 4 8 Nagel-Patella-Syndrom mit FSGS (fehlende Patella, ankylosiernde Ellenbogenge-lenke, Nageldysplasie)

169Der Nephrologe 3 · 2006 |

. Tab. 2 aufgeführt. Insbesondere die

Indikation für oder wider Plasmaphere-

se, Immunadsorption und LDL-Apherese

wurde wiederholt geführt [33, 69, 77, 125,

132]. In der Kindernephrologie haben sich

diese Verfahren nur in wenigen Fällen

durchgesetzt. In dem eigenen Patienten-

gut wurde die Plasmapherese bei 4 von 52

Patienten eingesetzt und konnte bei 2 von

4 Kindern zusammen mit der fortgeführ-

ten CSA + PRED-Therapie eine Remis-

sion erzielen. Weder der Stellenwert von

Rapamycin noch der von Antikörperthe-

rapien (Anti-TNFα und Anti-CD20) bei

simultanen und sukzessiven Kombinati-

onstherapien mit CSA und anderen alter-

nativen Immunsuppressiva ist derzeit bei

der primären FSGS abzuschätzen [67, 68,

84, 85, 89, 95, 127].

Erhaltungstherapien

Die Datenlage zur den Erhaltungsthera-

pien ist mangels genauer Beschreibungen

unbefriedigend. In dem eigenen Patien-

tengut erhielten alle Patienten eine CSA-

Monotherapie mit einem angestrebten

Talsohlenspiegel von 80–120 ng/ml. Di-

ese Therapie wurde über 3 und mehr

Jahre durchgeführt. Bei Auftreten einer

CSA-Nephrotoxizität wurde die CSA-

Dosis nach zusätzlicher Gabe von MMF

auf Talsohlenspiegel von 60–80 ng/ml ge-

senkt. Ghiggeri et al. [36] beschrieben ei-

ne Langzeittherapie mit CSA, die gut ver-

tragen wurde und innerhalb von 5 Jahren

zu keiner nachweisbaren Nephrotoxizität

in den Kontrollbiopsien führte. Daten zur

MMF-Erhaltungstherapie liegen von 17

publizierten und 5 eigenen Patienten vor

[10, 17, 24, 64] und berichten bei 15 von 22

Fällen einen positiven, d. h. insbesondere

PRED- and CSA-sparenden Effekt [124].

Es ist unklar, welche Kriterien für die

Beendigung einer Erhaltungstherapie her-

angezogen werden können. Bei den eige-

nen Fällen wurde die Erhaltungstherapie

für eine Mindestdauer von 3 Jahren fortge-

führt, bei Rezidivpatienten auch länger.

Rezidivtherapien

Nach einer mittleren Beobachtungsdauer

von 8 Jahren hatten 40 der 40 eigenen

Remissionspatienten ein Rezidiv (. s.

Infobox 2). Zwei Drittel der Rezidivpa-

tienten entwickelten das Rezidiv unter

CSA-Erhaltungstherapie, ein Drittel nach

Absetzen der Immunsuppression. Cattran

et al. [20] berichteten von einer Rezidiv-

rate von 60 bei ihren Patienten.

Alle 16 eigenen Rezidivpatienten konn-

ten durch Erhöhung der CSA-Dosis und

durch zusätzliche IV-MPRED-Gaben wie-

der in die Remission gebracht werden. Die

Datenlage in der Literatur zu Art und Dau-

er der Rezidivtherapie ist unzureichend.

Arterieller Hypertonus, Niereninsuffizienz und Nebenwirkungen der Therapie

Das Auftreten einer arteriellen Hyperten-

sion im Verlauf der FSGS ist sehr häufig

[20]. Das SRNS mit FSGS ging bei 69

der eigenen 52 Patienten bereits initial mit

einem arteriellen Hypertonus einher, der

auch nach Remission bei 28 der Remis-

sionspatienten bestehen blieb. Nahezu al-

le nicht in Remission gekommenen Pati-

enten waren antihypertensiv behandelt.

Patienten mit einer FSGS, die nicht in

Remission kamen, gingen häufiger und

schneller in die Niereninsuffizienz über als

Remissionspatienten [20, 54, 60]. Nach ei-

ner mittleren Beobachtungszeit von 8 Jah-

ren entwickelten 2 der eigenen 40 Remis-

sionspatienten eine milde Niereninsuffizi-

enz mit einem Serumkreatinin von 100–

140 μmol/l. Im Vergleich hierzu hatten 10

von 12 der nicht in die Remission gekom-

menen Kinder eine chronische Nierenin-

suffizienz und 8 von 10 wurden dialysiert

bzw. transplantiert.

Das Wachstum der eigenen Remis-

sionspatienten war nicht beeinträchtigt,

Kinder ohne Remission entwickelten ei-

ne Wachstumsstörung.

Bleibende Nebenwirkungen der Ste-

roid-Induktionstherapie wurden bei den

eigenen Patienten und in anderen Arbei-

ten nicht oder selten beobachtet. Die we-

sentlichen Nebenwirkungen der CSA-

Erhaltungstherapie waren Hypertricho-

se und Gingivahyperplasie bei bis zu 50

der Kinder [59] und Nephrotoxizität [34,

36]. Die Nebenwirkungen der Induktions-

und Erhaltungstherapien mit CYC und

CHL waren bei steroidabhängigen Pati-

enten ähnlich wie bei den steroidresisten-

ten Kindern dosisabhängig und wurden

von Latta et al. [56] zusammengefasst.

Nierentransplantation und Rezidive

Niedrige Remissionsraten nach immun-

suppressiven Therapien und eine schlech-

te Prognose führten Mitte der 1980er-Jah-

re dazu, die Eskalation der Immunsup-

pression bei vielen Kindern mit einem

SRNS und FSGS zu beenden und den na-

türlichen Verlauf der Erkrankung abzu-

warten, bis die Kinder schließlich dialy-

Infobox 1 Stellungnahme zur Verwen-

dung immunsuppressiver Substanzen

bei der Behandlung des steroidresisten-

ten nephrotischen Syndroms mit FSGS

Orales Predniso(lo)n: als Monotherapie per

definitionem nach 4 Wochen nicht wirksam,

nach längermonatiger, kontinuierlicher

Einnahme aber in Einzelfällen noch wirksam,

cave Nebenwirkungen

IV MPRED Pulse: seit langem bekannt, als

Monotherapie mäßig wirksam, als Kombina-

tionstherapie mit CSA sehr wirksam, Anzahl

der Pulse und Dosis nicht standardisiert

Orales Dexamethason (5 mg/kg): als Mono-

therapie ähnlich IV-MPRED wirksam

Ciclosporin A: gut bekannt und wirksam,

aber effektiver in Kombination mit oralem

PRED, besser noch mit IV-MPRED

Orales Cyclophosphamid: gut bekannt aber

wenig wirksam bei Monotherapie

IV Cyclophosphamid: neu, aber nicht wirk-

samer als orales CYC

Chlorambucil: alt und wenig wirksam bei

Monotherapie

Tacrolimus: selten eingesetzt, wenn, dann

wirksam

Mycophenolatmofetil: neu und modisch, als

Monotherapie nicht erprobt

Mizoribine: neu und nicht wirksam, in Euro-

pa nahezu unbekannt

Levamisol: alt und nicht wirksam

Vincristin: seit langem diskutiert, aber zu

geringer Effekt bei den wenigen publizierte

Fällen

Plasmapherese: wirksam in Einzelfällen bei

Kombinationstherapie, aber wenig beliebt

bei Kindernephrologen

Immunoadsorption: nicht wirksamer als

Plasmapherese

LDL-Apherese: selten eingesetzt

ACE-Inhibitoren: als Monotherapie nicht

wirksam, beliebt als zusätzliches Medikament

zum Senken der Proteinurie

Chinesische Kräuter: wenig wirksam, cave

tubulointerstitielle Nephritis als Komplikation

Beachte: Zahlreiche Autoren kombinierten

verschiedene Immunsuppressiva in einer

„flexiblen“ Weise, ohne in den Publikationen

genaue Angaben zum Therapieprotokoll zu

geben.

170 | Der Nephrologe 3 · 2006

Leitthema

siert und transplantiert wurden [88, 108,

119]. Nach der Transplantation entwickel-

ten jedoch etwa 30 der Transplantierten

ein Rezidiv im Transplantat, dessen The-

rapie sich ähnlich problematisch darstell-

te wie der Behandlung in den Eigennie-

ren. Eine Intensivierung der Immunsup-

pression nach Transplantation durch Er-

höhung der CSA-Dosis oder durch intra-

venöse CSA-Gabe sowie zusätzliche The-

rapieverfahren wie die Plasmapherese wa-

ren in der Lage, bei einem Teil der Kinder

noch Remissionen von unterschiedlicher

Dauer zu erzielen [33].

Während dieses passive Vorgehen

bei Kindern mit genetischer FSGS we-

gen mangelnder Effektivität der Immun-

suppression heute als sinnvoll angesehen

werden muss (und nach der Transplanta-

tion von einer niedrigen Rezidivrate ge-

folgt wird), ist für Kinder mit einer idi-

opathischen FSGS ein aktiveres thera-

peutisches Vorgehen im Initialstadium

der Erkrankung sinnvoll, bevor es zu ei-

ner Einschränkung der GFR gekommen

ist. Der Verlauf einer Nierentransplanta-

tion ist beim idiopathischen FSGS deut-

lich komplizierter aufgrund der über die

30 hinausgehende Rezidivrate.

Fazit für die Praxis

Die idiopathische FSGS wurde in der Ver-

gangenheit in vielen Fällen überdiagnos-

tiziert, da genetische, d. h. isolierte, fami-

liäre und syndromatische Formen im Kin-

desalter unterdiagnostiziert und fälsch-

licherweise den idiopathischen Formen

zugeordnet wurden. Die genetischen

Formen sprechen in der Regel nicht auf

eine immunsuppressive Therapie an und

wurden in der Vergangenheit überthe-

rapiert.

Das idiopathische SRNS mit FSGS wur-

de in vielen Fällen untertherapiert, und

zwar insbesondere dann, wenn Mono-

therapien angewandt wurden, bzw.

wenn die Therapiedauer mit teilweise

nur 3 Monaten zu kurz war.

Als Schlussfolgerung ist zu empfehlen,

dass die Induktionstherapie des idiopa-

thischen SRNS bei FSGS mit einer Kom-

bination von mindestens 2 immunsup-

pressiven Substanzen, wie z. B. IV-MPRED

und CSA, erfolgen sollte und dass die In-

duktionstherapie ausreichend lang, d. h.

mindestens 1 Jahr durchgeführt werden

sollte, bevor eine Therapieresistenz an-

genommen werden kann.

Korrespondierender AutorProf. Dr. J. H. H. Ehrich

Abteilung für pädiatrische Nie-ren-, Leber- und Stoffwech-selkrankheiten, Medizinische Hochschule HannoverCarl-Neuberg-Straße 1, 30625 [email protected]

Interessenkonflikt. Es besteht kein Interessenkon-

flikt. Der korrespondierende Autor versichert, dass kei-

ne Verbindungen mit einer Firma, deren Produkt in

dem Artikel genannt ist, oder einer Firma, die ein Kon-

kurrenzprodukt vertreibt, bestehen. Die Präsentation

des Themas ist unabhängig und die Darstellung der In-

halte produktneutral.

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Infobox 2 Fallbericht: 16-jähriger Krankheitsverlauf eines idiopathischen SRNS mit FSGS

Der 2-jährige Junge erkrankte an einem steroidsensiblen NS mit glomerulären Minimalläsionen.

Unter alternierende PRED-Therapie trat ein frühes Rezidiv auf, das steroidresistent blieb. Eine orale

CYC-Therapie (kumulative Dosis 270 mg/kg) mit alternierender PRED-Gabe erzielte keine Remis-

sion. Eine zweite Nierenbiopsie ergab eine FSGS. Eine molekulargenetische Untersuchung schloss

eine Podocin-Mutation aus. Eine CSA-Induktionstherapie (5 mg/kg/d) wurde 8 Monate nach der

Erstdiagnose begonnen. Nach 12 Therapiemonaten kam der Patient in eine Teilremission, nach

weiteren 11 in eine Vollremission. Unter kontinuierlicher CSA-Therapie hielt die Remission 3 Jahre

an. In dieser Zeit ging die GFR von einer initialen Hyperfiltration in eine normale GFR über. Mit 7

und 9 Jahren hatte der Junge das erste und zweite Rezidiv unter CSA-Erhaltungstherapie. Durch

IV-MPRED und weitergeführtes CSA wurde der Patient innerhalb von 2 Wochen erneut in Remission

gebracht. Im Alter von 11 Jahren hatte der Patient ein drittes Rezidiv, das mit einem CSA-Spiegel

von 70 ng/l korrelierte. Der Patient gelangte durch IV-MPRED innerhalb einer Woche wieder in die

Remission. Mit 14 und 17 Jahren traten das 4. und 5. Rezidiv unter kontinuierlicher CSA-Therapie

auf; in beiden Fällen kam es mit IV-MPRED und CSA erneut zur Remission. Trotz Remission stieg das

Serum-Kreatinin innerhalb von 3 Jahren auf 140 μmol/l. Eine CSA-Nephrotoxizität konnte in der 3.

und 4. Biopsie im Alter von 10 und 18 Jahren histologisch nicht nachgewiesen werden. Aufgrund

des Kreatininanstieges wurde MMF zur Therapie hinzugefügt und die CSA-Dosis langsam reduziert

(CSA-Spiegel 80–100 ng/l).

Im Alter von 18 Jahren war der Patient 182 cm (50er-Perzentile) groß und wog 79,7 kg (50er-

Perzentile). Er besuchte die Realschule und hatte gute Noten. Sein physischer Zustand war sehr

gut, er spielte aktiv Golf. Er hatte eine milde chronische Niereninsuffizienz mit einem Kreatinin von

188 μmol/l, ein Serumharnstoff von 14,3 mmol/l, eine Albuminurie von 0,5 g/l, ein normales Serum-

albumin von 36 g/l und eine Hypercholesterinämie von 6 mmol/l. Der Patient hatte einen arteriel-

len Hypertonus, der mit Ramipril 2,5 mg/d und Dihydrochlorothiazid 12,5 mg/d behandelt wurde.

Die weitere Medikation bestand aus CSA 2-mal 150 mg/d mit einem Talsohlenspiegel von 90 ng/ml,

MMF 2-mal 500 mg/d und Pravastatin 10 mg/d.

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Das komplette Literaturverzeichnis...

... finden Sie in der elektronischen Version

dieses Beitrags unter www.DerNephrologe.de

Klapp

Abgabe und Übernahme einer ArztpraxisHeidelberg: Springer Medizin Verlag 2006, 3.

Aufl., 194 S., (ISBN 3-540-25689-X), 39,00 EUR

Auch bei der Abgabe

oder Übernahme einer

Arztpraxis sind die

Zeiten vorbei, in denen

der hierzu notwendige

Vertrag vom Umfang

her auf den (ander-

weitig bekanntlich in

Mode gekommenen,

fast schon sprichwörtlichen) Bierdeckel

passte. Seit dem haben Bücher wie das von

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Konjunktur.

Eindrucksvoll arbeitet Klapp die Vielzahl

von Problemkreisen ab, die es bei dieser

Transaktion zu berücksichtigen gilt, wobei

anzumerken bleibt, dass nicht in jedem Fall

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Probleme einschlägig sein dürften. Immerhin

belegt die Darstellung des Gesamtkomplexes

„Praxisabgabe/Praxisübernahme“ die Sinn-

haftigkeit des Sprichwortes „Am Arzt und An-

walt sparen nur die Narren“. Ohne Zuziehung

kompetenter Berater (des Rechtsanwaltes

wie des Steuerberaters) lässt sich dieses Ge-

biet nämlich (selbst wenn es in grauer Vorzeit

einmal möglich gewesen sein sollte) nicht

mehr erfolgreich meistern.

Das Buch trägt auch den durch das Gesund-

heitsmodernisierungsgesetz und ein liberali-

siertes ärztliches Berufsrecht erst möglich ge-

wordenen zahlreichen Kooperationsformen

in der ärztlichen Berufsausübung Rechnung,

die sich auch auf die Rechtsformen ausge-

wirkt haben, in welchen der Betrieb einer

ärztlichen Praxisführung jetzt möglich ist.

Fazit: Dieses Werk richtet sich vorrangig an

den betroffenen Arzt, erst in zweiter Linie

an den Juristen. Dass der Autor die zum

Teil überaus komplexe Zusammenhänge

verständlich darstellt, kann ihm nicht hoch

genug angerechnet werden und hängt wohl

nicht zuletzt mit seiner jahrelangen Erfah-

rung auf diesem Spezialgebiet zusammen.

Der Leser und die Leserin werden es ihm

danken.

H.-D. Lippert (Ulm)

Schüller, Dumont

Die erfolgreiche ArztpraxisPatientenorientierung, Mitarbeiterfüh-

rung, Marketing

Heidelberg: Springer Medizin Verlag 2006,

2. Aufl., 177 S., 15 Abb., (ISBN 3-540-29861-4),

39,00 EUR

Die Autorinnen, dem

Rezensenten bekannt

durch viele sehr gut

besuchte Wirtschafts-

seminare für nieder-

gelassene Ärzte, sind

Diplom-Betriebswir-

tinnen mit langjähriger

Erfahrung in Consul-

ting, Marketing und Praxismanagement. Sie

haben in der 2. Auflage ihres erfolgreichen

Werkes ihr Konzept für eine erfolgreiche

Praxisführung aktualisiert. Dabei zieht sich

wie ein roter Faden die Feststellung durch

das Buch, dass es heute nicht mehr genügt,

nur ein guter Arzt zu sein, sondern dass man

eine ganze Menge betriebswirtschaftliche,

marketingstrategische und kommunikations-

technische Aspekte beachten muss, um seine

Praxis erfolgreich zu führen. Dies steht in star-

kem Widerspruch zur früheren Auffassung, so

dass betriebwirtschaftliches Denken bislang

im Medizinstudium nicht gelehrt wird.

Das Buch besteht aus folgenden Abschnitten:

1. aktuelle Praxisanalyse,

2. Entwicklung einer Marketingstrategie,

3. Patienten- und Mitarbeiterorientierung,

4. Werbestrategien,

5. patientenorientierte Kommunikation,

6. patientenorientierte Praxisführung und

7. praktische Umsetzung.

Das Buch ist flüssig und unterhaltsam ge-

schrieben, spart nicht an praktischen Tipps

mit zahlreichen Abstechern in die ange-

wandte Psychologie und ist damit eine wich-

tige Hilfe für den niedergelassenen Arzt zur

modernen und erfolgreichen Praxisführung.

Fazit: Gerade in einer Zeit des Umdenkens

zur servicebetonten Arztpraxis ist dieses Buch

eine wichtige Hilfe für den Praxisinhaber.

Th. A. Angerpointner, München

Buchbesprechungen

172 | Der Nephrologe 3 · 2006